Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 216/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 174/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.09.1997 und die Bescheide der Beklagten vom 18.01.1995 und 27.03. 1995 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen einer Berufskrankheit der Nummer 2108 der Anlage 1 der BKVO Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
II. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1926 geborene Kläger fordert Verletztenrente wegen einer Wirbelsäulenerkrankung.
Der Kläger war von 1945 bis 1991 mit kurzen Unterbrechungen als Maurer bzw. Verputzer tätig. Auf seinen Antrag vom 23.06.1992 hin beschaffte sich die Beklagte zunächst Unterlagen über die ärztlichen Behandlungen des Klägers in der Vergangenheit und bat sodann den Technischen Aufsichtsdienst um eine Stellungnahme zu der Frage, ob es sich bei dem Beruf als Maurer und Verputzer um einen Beruf mit extremer Hebe- und Tragebelastung oder Dauerzwangshaltung handle; dabei sei insbesondere das Bewegen bzw. besonders ein wiederholtes Anheben und Absetzen von Lasten im allgemeinen von mehr als 25 Kilogramm bei einer Gesamtexpositionszeit von mindestens 10 Jahren zu bewerten. Der Technische Aufsichtsdienst teilte am 13.01.1994 mit, auf der Basis der vom Kläger als Maurer zugebrachten Zeiträume von 1945 bis 1952, 1953 bis 1970 und 1972 bis 1991 (also insgesamt von über ca. 43 Jahren) sei es nach den dort bestehenden Erkenntnissen aus Betriebsbegehungen an Vergleichsarbeitsplätzen wahrscheinlich, dass der Kläger Hebe- oder Tragetätigkeiten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung entsprechend der Dokumentation zum Beruf des Maurers ausgeübt habe. Daraufhin beauftragte die Beklagte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M ... mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 25.04.1994 führte der Arzt für Orthopädie Dr. G ... aus, die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit im Sinne der Ziffer 2109 müssten bereits deshalb verneint werden, weil das dafür erforderliche Tragen von Lasten von mindestens 50 Kilogramm und eine dabei erzwungene verdrehte Kopfhaltung nicht nachzuweisen seien. Was die Ziffer 2108 angehe, so müsse das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS bejaht werden. Jedoch fänden sich nicht nur im Bereich der Lendenwirbelsäule Zeichen einer fortgeschrittenen Degeneration, sondern auch im Bereich der Halswirbelsäule, ohne dass insoweit eine besondere Belastung der Wirbelsäule nachzuweisen sei. Ferner fänden sich Hinweise auf degenerative Veränderungen auch im Bereich der rechten Schulter und der rechten Hüfte; es seien daher Verschleißerscheinungen anlagebedingt über das gesamte Skelettsystem verteilt zu finden, weshalb eine berufliche Genese der banscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht bejaht werden könne.
Gestützt auf das Gutachten des Dr. G ... lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18.01.1995 ab. Der Widerspruch führte zum Widerspruchsbescheid vom 27.03.1995.
Das daraufhin angerufene Sozialgericht München beauftragte den Arzt für Chirurgie und Orthopädie Prof. Dr. W ... mit der Begutachtung. In seinem Gutachten vom 25.01.1996 kam dieser zu der Feststellung, es liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, und zwar auch an mehreren Segmenten; die Röntgenbilder zeigten jedoch eindeutig, dass die Veränderungen nicht auf die Lendenwirbelsäule beschränkt seien; auch im Bereich der Halswirbelsäule fänden sich erhebliche Verschleißerscheinungen; zudem leide der Kläger auch an weiteren zahlreichen verschleißbedingten Veränderungen des Haltungs- und Bewegungsapparates, weshalb der ursächliche Zusammenhang mit der angeschuldigten beruflichen Belastung nicht bejaht werden könne. Nunmehr legte der Kläger das von ihm selbst beschaffte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B ... vom 28.01.1997 vor, in welchem im wesentlichen ausgeführt ist, die Annahme, die Halswirbelsäule sei nicht auch einer besonderen Belastung ausgesetzt gewesen, sei unrichtig; vielmehr sei der einschlägigen Literatur u.a. zu entnehmen, dass bei der Berufsgruppe der Maurer überzufällig häufig Wirbelsäulenbeschwerden und Gelenkbeschwerden auftreten würden, und dass insoweit auch überzufällig häufig derartige Beschwerden gleichzeitig vorkämen. Außerdem legte der Kläger ein Attest des Allgemeinarztes Dr. A ... vom 24.01.1997 vor, wonach dieser den Kläger seit 1988 zu keiner Zeit wegen Hüftbeschwerden behandelt habe, und fügte ein Attest des Arztes für Orthopädie Dr. H ... von 24.01.1997 bei, mit welchem dieser bescheinigt, den Kläger im Zeitraum seit 1997 nur ein einziges Mal wegen seiner Hüftbeschwerden untersucht zu haben, insoweit eine Behandlung aber auch damals nicht durchgeführt zu haben.
Mit Urteil vom 29.01.1997 wies das Sozialgericht die Klage im wesentlichen aus den in den Gutachten des Dr. G ... und Prof. Dr. W ... dargestellten Gründen ab.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, es sei erforderlich, dass die Beklagte eine nachvollziehbare Berechnung der Gesamtbelastungsdosis des Klägers vorlege; des weiteren führt der Kläger aus, trotz jahrelanger Beschwerden habe er die belastende Tätigkeit erst 1991 aufgegeben; es sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sich die Arbeitsbedingungen im Laufe des Berufslebens des Klägers stark verändert hätten, so hätten früher auch schwerste Lasten wie z.B. Mörtelkästen auf der Schulter mehrere Leitern die Baugerüste hinauf befördert werden müssen, und auch das Abladen von Lastkraftwagen und das Umladen auf der Baustelle sei zunächst per Hand durchgeführt worden, wobei bis zu 40 Kilogramm schwere Säcke anzuheben, zu tragen und abzuladen gewesen seien. Damals sei auch das Bewegen von schweren Einschalungselementen, Tragebalken, Gebinden von Mauersteinen und Dachziegeln usw. per Hand üblich gewesen, wobei vor allem die Halswirbelsäule und die Lendenwirbelsäule belastet worden sei. Die Ausführungen des Dr. G ..., die Verschleißerscheinungen beim Kläger seien anlagebedingt über das gesamte Skelettsystem verteilt, seien falsch; die Brustwirbelsäule sei offensichtlich nicht befallen, und auch die Hüftgelenke zeigten keine wesentlich größere als die altersbedingte Abnutzung. Soweit der ursächliche Zusammenhang im übrigen deshalb verneint werde, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen auf eine andere Ursache als die berufliche Exposition zurückgeführt werden sollten, müsse diese andere Ursachen nicht nur eine Möglichkeit darstellen, sondern erwiesen sein.
Der Kläger beantragt, das Ersturteil aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten zu verurteilen, die beim Kläger festgestellten Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheiten nach Nr. 2108 und Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen und gesetzlich zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt noch vor, eine erneute Bewertung der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BeKV sei nicht angezeigt; diese Voraussetzungen könnten unstreitig bejaht werden.
Der Senat hat den Arzt für Orthopädie Dr. F ... mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.02.1998 ausgeführt: um eine Berufskrankheit nach der Nr. 2108 anerkennen zu können, müssten neben dem bereits erfolgten Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule sowohl bestimmte arbeitstechnische Voraussetzungen als auch medizinisch-rechtliche Bedingungen erfüllt sein. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen könnten nach der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten als gegeben angesehen werden. Was die medizinisch-rechtlichen Bedingungen angehe, so müsse zunächst festgestellt werden, dass einschlägige Veränderungen vorlägen, die das altersdurchschnittliche Ausmaß überschritten; es lägen ungewöhnlich massive Verschleißerscheingungen aller Segmente zwischen dem 2. Lendenwirbelkörper bis zum 1. Kreuzbeinwirbel vor, die nicht als altersspezifisch klassifiziert werden könnten. Darüberhinaus könne festgestellt werden, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Einwirkung korreliere; denn es sei nahezu fast die gesamte Lendenwirbelsäule in von unten nach oben abnehmender Intensität geschädigt, sodass hier bei multisegmentalem Befall von einer positiven Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und der beruflichen Einwirkung ausgegangen werden müsse. Des weiteren sei auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der spezifischen beruflichen Belastung und dem Auftreten der geltend gemachten Gesundheitsstörungen gesichert. Zudem könnten auch konkurrierende Ursachen nicht mit ausreichender Sicherheit gegen den Anspruch des Klägers ins Feld geführt werden. Zwar lägen zweifellos multiple Funktionsstörungen an Gelenken der oberen und unteren Extremitäten vor, die mit großer Sicherheit einer chronischen Harnsäureerhöhung anzulasten seien, und es müsse auch darauf hingewiesen werden, dass an allen drei Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen abliefen. Zu beachten sei jedoch, dass sich die weitaus intensivsten Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule manifestiert hätten, wo vier Bewegungssegmente erheblich degenerativ verändert seien, an der Halswirbelsäule dagegen nur zwei Bewegungssegmente. Weniger gravierend seien zudem die nur mäßigen Bandscheibenschäden der Brustwirbelsäule. Was jedoch die Berufskrankheit der Nr. 2109 angehe, so könne deren Vorliegen ausgeschlossen werden, da schon die hierfür erforderliche berufliche Belastung auszuschließen sei. Was die Höhe der MdE für die Berufskrankheit an der Lendenwirbelsäule angehe, so sei diese ohne Berücksichtigung etwaiger neurologischer Befunde auf 20 v. H. einzuschätzen; denn die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei hochgradig, es lägen hier massive Verschleißerscheinungen, eine Bewegungsstörung, vor allem bei Vor- und Seitneigung des Rumpfes, und eine Gefügestörung im mittleren Abschnitt vor, die sich besonders ungünstig auf das subjektive Beschwerdebild auswirke; es sei beim Kläger bereits zu einer reflektorischen Streckhaltung der Lendenwirbelsäule gekommen, denn der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Rumpf völlig aufzurichten, wobei die bretthart verspannte Rückenstreckmuskulatur ein Zeichen für die statische Insuffizienz der Lendenwirbelsäule sei. Nunmehr hat der Senat das neurologische Gutachten des Prof. Dr. C ... vom 04.10.2000 und das neuroradiologische Gutachten der Frau Prof. Dr. E ... vom 27.10.2000 eingeholt. Prof. Dr. C ... hat ausgeführt, die ausgeprägtesten degenerativen Bandscheibenveränderungen lägen in der Tat im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule vor; diese Veränderungen seien jedoch nicht erheblich. Infolgedessen sei der streitige Kausalzusammenhang zu verneinen. Allerdings seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen auch für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule zu bejahen. Eine berufskrankehitsbedingte MdE auf neurologischem Fachgebiet hat Prof. Dr. C ... nicht beschrieben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils und die darin angeführten Beweismittel Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist zum überwiegenden Teil auch begründet. Dem Kläger stehen entgegen der Einschätzung durch das Erstgericht wegen einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 der BKVO Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage einer MdE um 20 v. H. zu. Im übrigen, d.h. für eine gleichzeitig bestehende Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2109 der Anlage 1 der BKVO haben sich die gesetzlichen Voraussetzungen jedoch nicht feststellen lassen.
Wegen der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalles im Sinne der hier noch anwendbaren Bestimmungen der RVO (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO) wird gemäß § 581 Abs. 1 RVO Verletztenrente gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalles die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist; nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt in diesem Sinne als Arbeitsunfall mit entsprechender Entschädigungspflicht auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung sind diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO benannten Tätigkeiten erleidet. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO (vgl. dazu auch BSG vom 23.03.1999, BSGE 84, 30) bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes sind beim Kläger erfüllt.
Der Kläger ist im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versichert gewesen. Er leidet nach den Feststellungen aller in diesem Rechtsstreit gehörter Orthopäden an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Dabei fällt es nicht ins Gewicht, dass der Arzt für Neurologie Prof. Dr. C ... die Befunde an der Wirbelsäule des Klägers nicht als in ausreichendem Maße kranheitswertig angesehen hat. Denn insoweit ist aufgrund ihres besonderen medizinischen Fachgebietes den Feststellungen der Ärzte Dr. G ..., Prof. Dr. W ... und Dr. F ... zu folgen.
Beim Kläger müssen auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Erkrankung im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO angenommen werden. Dabei kann hier durchaus unerörtert bleiben, was insoweit als langjährig anzusehen ist, und von welcher Grenze an das Bewegen schwerer Lasten bejaht werden muss. Zum einen ist dabei darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzungen von allen am Verfahren Beteiligten ausdrücklich bejaht worden sind. Auch wenn es im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anders als in zivilprozessualen Rechtsstreiten eine Fiktion der Wahrheit durch Nichtbestreiten seitens der Parteien nicht gibt, so kann doch auch hier die übereinstimmende Erklärung der Beteiligten, die Arbeit des Klägers sei in diesem Sinne langjährig schwer gewesen, als gewichtiges Indiz für das Vorliegen der dieses Tatbestandsmerkmal erfüllenden Tatsachen angesehen werden. Zum anderen muss auch berücksichtigt werden, dass der Kläger nicht nur einen der klassischen Berufe mit körperlicher Schwerarbeit, nämlich den des Maurers, nahezu ohne Unterbrechung, und bereits zu einer Zeit, zu welcher ein Einsatz technischer Hilfsmittel noch weitaus seltener als heute war, ausgeübt hat, sondern dass er darüberhinaus dies auch über eine weit längere Zeitspanne getan hat, als dies in der Fachliteratur für die Bejahung der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO gefordert wird. Denn der Kläger ist insgesamt etwa 43 Jahre als Maurer tätig gewesen, und zwar von seinem neunzehnten bis in sein fünfundsechzigstes Lebensjahr, also durchaus für die Dauer eines gesamten Erwerbslebens, während die medizinische Fachliteratur für die arbeitstechnischen Voraussetzungen hier überwiegend eine 10jährige Expositionsdauer fordert, höchstens jedoch eine 20jährige Exposition (vgl. z.B. Schröter, Begutachtung bei Berufskrankheiten, Der Orthopäde, 2001, S. 109 m.w.N.).
Liegen die genannten Voraussetzungen in Gestalt der einschlägigen Erkrankung und der erforderlichen beruflichen Belastungen vor, so ist jedoch auch dann noch nicht der Schluss zulässig, dass auch der ursächliche Zusammenhang zumindest wahrscheinlich sei. Dieser Schluss kann vielmehr erst gezogen werden, wenn das Schadensbild zugleich belastungskonform (Schröter a.a.O.) ist. Auch dies muss hier bejaht werden. Dies ist aus dem Gutachten des Dr. F ... zu folgern. Danach könne festgestellt werden, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Einwirkung korreliere; es sei nahezu fast die gesamte Lendenwirbelsäule in von unten nach oben abnehmender Intensität geschädigt, sodass hier bei multisegmentalem Befall von einer positiven Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und der beruflichen Einwirkung ausgegangen werden müsse. Der Senat folgt in diesem wie auch in den anderen strittigen Punkten den Ausführungen des Dr. F ... Zwar sind diese hier nicht unwidersprochen geblieben. Gleichwohl erscheinen sie uneingeschränkt überzeugend. Die Ausführungen des Dr. F ... sind sorgfältig erstellt; sie beruhen in allen Einzelheiten auf gesicherten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen, und die ihn ihnen gezogenen Folgerungen sind differenziert und frei von Widersprüchen. Hinzukommt, dass dieser Sachverständige dem Senat seit mehr als einem Jahrzehnt als besonders kompetenter, durchaus kritischer und zuverlässiger Gutachter auf orthopädischem Fachgebiet bekannt ist.
Erkenntnisse, die das Vorliegen der geschilderten Tatbestandsmerkmale in relevanter Weise in Frage stellen würden, haben sich nicht gewinnen lassen. Dies gilt insbesondere auch für die Gründe, aus denen Dr. G ... und Prof. Dr. W ... und mit ihnen das Erstgericht den streitigen Ursachenzusammenhang verneint haben. Deren Einschätzung liegt im Grunde die Überlegung zugrunde, dass beim Kläger ein genereller Degenerationsprozess an der Wirbelsäule abläuft und auch sichtbare Zeichen hinterlassen hat, weswegen nicht entschieden werden könne, ob die Schäden an der Lendenwirbelsäule bestimmten, diesen Wirbelsäulenabschnitt besonders betreffenden beruflichen Einwirkungen zuzurechnen seien oder dem generellen Degenerationsprozess, und weswegen somit auch nicht mehr behauptet werden könne, nicht der Degenerationsprozess sei die Ursache der Schäden, sondern die berufliche Exposition. Diesen gedanklichen Ansatz teilt der Senat zwar durchaus. Dennoch überzeugt diese Einschätzung hier deshalb nicht, weil ihre Voraussetzungen in Gestalt von Krankheitszeichen für einen generellen Degenerationsprozess nicht zweifelsfrei gegeben sind. Vielmehr trifft es nach den Ausführungen des Dr. F ... in Wirklichkeit nicht zu, dass beim Kläger ein genereller Degenerationsprozess im Vordergrund der Entwicklung steht. Denn Dr. F ... hat ausgeführt, es müsse durchaus darauf hingewiesen werden, dass an allen drei Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen abliefen; zu beachten sei jedoch, dass sich die weitaus intensivsten Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule manifestiert hätten, wo vier Bewegungssegmente erheblich degenerativ verändert seien, an der Halswirbelsäule dagegen nur zwei Bewegungssegmente, und zudem seien die nur mäßigen Bandscheibenschäden der Brustwirbelsäule noch weniger gravierend.
Die MdE für die Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO ist mit 20 v. H. einzuschätzen. Diese Einschätzung stützt sich auf die von Dr. F ... beschriebenen funktionellen Einschränkungen in Gestalt einer Bewegungsstörung, vor allem bei Vor- und Seitneigung des Rumpfes, und einer Gefügestörung im mittleren Abschnitt, die sich besonders ungünstig auf das subjektive Beschwerdebild auswirke; es sei beim Kläger auch zu einer reflektorischen Streckhaltung der Lendenwirbelsäule gekommen, denn der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Rumpf völlig aufzurichten, wobei die bretthart verspannte Rückenstreckmuskulatur ein Zeichen für die statische Insuffizienz der Lendenwirbelsäule sei. Der Vergleich mit anderen Gesundheitsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat nach den Maßstäben der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung angewandten Maßstäben bestätigt die Einschätzung mit 20 v. H.; dafür dass zusätzliche Funktionseinbußen auf neurologischem Fachgebiet vorliegen würden, haben sich Anhaltspunkte nicht ergeben.
Was die Geltendmachung auch einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2109 der Anlage 1 zur BKVO angeht, so sind deren Voraussetzungen nicht erwiesen. Denn dafür wäre der Nachweis einer im heutigen Berufsleben ganz ungewöhnlichen (Schröter a.a.O., S. 112) langjährigen Belastung mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter von 50 Kilogramm und mehr erforderlich, und dabei zugleich eine dadurch erzwungene Fehlhaltung des Kopfes. Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, dass der Kläger insbesondere zu Beginn seines Berufslebens zeitweise auch solchen Belastungen ausgesetzt gewesen ist. Dennoch kann nicht unterstellt werden, dass im Beruf des Maurers derartige Belastungen so häufig vorgekommen sind, dass der hierfür erforderliche Anteil an der Gesamtarbeitszeit (30 %, Schröter a.a.O.) erreicht würde, und dass der Kläger angesichts der laufenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Baugewerbe solche Tätigkeiten auch noch über mindestens 10 Jahre hinweg (Schröter a.a.O.) und in dieser Häufigkeit hat ausführen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung der zu §§ 91 ff. ZPO entwickelten Grundsätze (§§ 193, 202 SGG). Ein Grund für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG besteht nicht.
II. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1926 geborene Kläger fordert Verletztenrente wegen einer Wirbelsäulenerkrankung.
Der Kläger war von 1945 bis 1991 mit kurzen Unterbrechungen als Maurer bzw. Verputzer tätig. Auf seinen Antrag vom 23.06.1992 hin beschaffte sich die Beklagte zunächst Unterlagen über die ärztlichen Behandlungen des Klägers in der Vergangenheit und bat sodann den Technischen Aufsichtsdienst um eine Stellungnahme zu der Frage, ob es sich bei dem Beruf als Maurer und Verputzer um einen Beruf mit extremer Hebe- und Tragebelastung oder Dauerzwangshaltung handle; dabei sei insbesondere das Bewegen bzw. besonders ein wiederholtes Anheben und Absetzen von Lasten im allgemeinen von mehr als 25 Kilogramm bei einer Gesamtexpositionszeit von mindestens 10 Jahren zu bewerten. Der Technische Aufsichtsdienst teilte am 13.01.1994 mit, auf der Basis der vom Kläger als Maurer zugebrachten Zeiträume von 1945 bis 1952, 1953 bis 1970 und 1972 bis 1991 (also insgesamt von über ca. 43 Jahren) sei es nach den dort bestehenden Erkenntnissen aus Betriebsbegehungen an Vergleichsarbeitsplätzen wahrscheinlich, dass der Kläger Hebe- oder Tragetätigkeiten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung entsprechend der Dokumentation zum Beruf des Maurers ausgeübt habe. Daraufhin beauftragte die Beklagte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M ... mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 25.04.1994 führte der Arzt für Orthopädie Dr. G ... aus, die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit im Sinne der Ziffer 2109 müssten bereits deshalb verneint werden, weil das dafür erforderliche Tragen von Lasten von mindestens 50 Kilogramm und eine dabei erzwungene verdrehte Kopfhaltung nicht nachzuweisen seien. Was die Ziffer 2108 angehe, so müsse das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS bejaht werden. Jedoch fänden sich nicht nur im Bereich der Lendenwirbelsäule Zeichen einer fortgeschrittenen Degeneration, sondern auch im Bereich der Halswirbelsäule, ohne dass insoweit eine besondere Belastung der Wirbelsäule nachzuweisen sei. Ferner fänden sich Hinweise auf degenerative Veränderungen auch im Bereich der rechten Schulter und der rechten Hüfte; es seien daher Verschleißerscheinungen anlagebedingt über das gesamte Skelettsystem verteilt zu finden, weshalb eine berufliche Genese der banscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht bejaht werden könne.
Gestützt auf das Gutachten des Dr. G ... lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18.01.1995 ab. Der Widerspruch führte zum Widerspruchsbescheid vom 27.03.1995.
Das daraufhin angerufene Sozialgericht München beauftragte den Arzt für Chirurgie und Orthopädie Prof. Dr. W ... mit der Begutachtung. In seinem Gutachten vom 25.01.1996 kam dieser zu der Feststellung, es liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, und zwar auch an mehreren Segmenten; die Röntgenbilder zeigten jedoch eindeutig, dass die Veränderungen nicht auf die Lendenwirbelsäule beschränkt seien; auch im Bereich der Halswirbelsäule fänden sich erhebliche Verschleißerscheinungen; zudem leide der Kläger auch an weiteren zahlreichen verschleißbedingten Veränderungen des Haltungs- und Bewegungsapparates, weshalb der ursächliche Zusammenhang mit der angeschuldigten beruflichen Belastung nicht bejaht werden könne. Nunmehr legte der Kläger das von ihm selbst beschaffte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B ... vom 28.01.1997 vor, in welchem im wesentlichen ausgeführt ist, die Annahme, die Halswirbelsäule sei nicht auch einer besonderen Belastung ausgesetzt gewesen, sei unrichtig; vielmehr sei der einschlägigen Literatur u.a. zu entnehmen, dass bei der Berufsgruppe der Maurer überzufällig häufig Wirbelsäulenbeschwerden und Gelenkbeschwerden auftreten würden, und dass insoweit auch überzufällig häufig derartige Beschwerden gleichzeitig vorkämen. Außerdem legte der Kläger ein Attest des Allgemeinarztes Dr. A ... vom 24.01.1997 vor, wonach dieser den Kläger seit 1988 zu keiner Zeit wegen Hüftbeschwerden behandelt habe, und fügte ein Attest des Arztes für Orthopädie Dr. H ... von 24.01.1997 bei, mit welchem dieser bescheinigt, den Kläger im Zeitraum seit 1997 nur ein einziges Mal wegen seiner Hüftbeschwerden untersucht zu haben, insoweit eine Behandlung aber auch damals nicht durchgeführt zu haben.
Mit Urteil vom 29.01.1997 wies das Sozialgericht die Klage im wesentlichen aus den in den Gutachten des Dr. G ... und Prof. Dr. W ... dargestellten Gründen ab.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, es sei erforderlich, dass die Beklagte eine nachvollziehbare Berechnung der Gesamtbelastungsdosis des Klägers vorlege; des weiteren führt der Kläger aus, trotz jahrelanger Beschwerden habe er die belastende Tätigkeit erst 1991 aufgegeben; es sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sich die Arbeitsbedingungen im Laufe des Berufslebens des Klägers stark verändert hätten, so hätten früher auch schwerste Lasten wie z.B. Mörtelkästen auf der Schulter mehrere Leitern die Baugerüste hinauf befördert werden müssen, und auch das Abladen von Lastkraftwagen und das Umladen auf der Baustelle sei zunächst per Hand durchgeführt worden, wobei bis zu 40 Kilogramm schwere Säcke anzuheben, zu tragen und abzuladen gewesen seien. Damals sei auch das Bewegen von schweren Einschalungselementen, Tragebalken, Gebinden von Mauersteinen und Dachziegeln usw. per Hand üblich gewesen, wobei vor allem die Halswirbelsäule und die Lendenwirbelsäule belastet worden sei. Die Ausführungen des Dr. G ..., die Verschleißerscheinungen beim Kläger seien anlagebedingt über das gesamte Skelettsystem verteilt, seien falsch; die Brustwirbelsäule sei offensichtlich nicht befallen, und auch die Hüftgelenke zeigten keine wesentlich größere als die altersbedingte Abnutzung. Soweit der ursächliche Zusammenhang im übrigen deshalb verneint werde, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen auf eine andere Ursache als die berufliche Exposition zurückgeführt werden sollten, müsse diese andere Ursachen nicht nur eine Möglichkeit darstellen, sondern erwiesen sein.
Der Kläger beantragt, das Ersturteil aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten zu verurteilen, die beim Kläger festgestellten Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheiten nach Nr. 2108 und Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen und gesetzlich zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt noch vor, eine erneute Bewertung der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BeKV sei nicht angezeigt; diese Voraussetzungen könnten unstreitig bejaht werden.
Der Senat hat den Arzt für Orthopädie Dr. F ... mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.02.1998 ausgeführt: um eine Berufskrankheit nach der Nr. 2108 anerkennen zu können, müssten neben dem bereits erfolgten Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule sowohl bestimmte arbeitstechnische Voraussetzungen als auch medizinisch-rechtliche Bedingungen erfüllt sein. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen könnten nach der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten als gegeben angesehen werden. Was die medizinisch-rechtlichen Bedingungen angehe, so müsse zunächst festgestellt werden, dass einschlägige Veränderungen vorlägen, die das altersdurchschnittliche Ausmaß überschritten; es lägen ungewöhnlich massive Verschleißerscheingungen aller Segmente zwischen dem 2. Lendenwirbelkörper bis zum 1. Kreuzbeinwirbel vor, die nicht als altersspezifisch klassifiziert werden könnten. Darüberhinaus könne festgestellt werden, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Einwirkung korreliere; denn es sei nahezu fast die gesamte Lendenwirbelsäule in von unten nach oben abnehmender Intensität geschädigt, sodass hier bei multisegmentalem Befall von einer positiven Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und der beruflichen Einwirkung ausgegangen werden müsse. Des weiteren sei auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der spezifischen beruflichen Belastung und dem Auftreten der geltend gemachten Gesundheitsstörungen gesichert. Zudem könnten auch konkurrierende Ursachen nicht mit ausreichender Sicherheit gegen den Anspruch des Klägers ins Feld geführt werden. Zwar lägen zweifellos multiple Funktionsstörungen an Gelenken der oberen und unteren Extremitäten vor, die mit großer Sicherheit einer chronischen Harnsäureerhöhung anzulasten seien, und es müsse auch darauf hingewiesen werden, dass an allen drei Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen abliefen. Zu beachten sei jedoch, dass sich die weitaus intensivsten Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule manifestiert hätten, wo vier Bewegungssegmente erheblich degenerativ verändert seien, an der Halswirbelsäule dagegen nur zwei Bewegungssegmente. Weniger gravierend seien zudem die nur mäßigen Bandscheibenschäden der Brustwirbelsäule. Was jedoch die Berufskrankheit der Nr. 2109 angehe, so könne deren Vorliegen ausgeschlossen werden, da schon die hierfür erforderliche berufliche Belastung auszuschließen sei. Was die Höhe der MdE für die Berufskrankheit an der Lendenwirbelsäule angehe, so sei diese ohne Berücksichtigung etwaiger neurologischer Befunde auf 20 v. H. einzuschätzen; denn die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei hochgradig, es lägen hier massive Verschleißerscheinungen, eine Bewegungsstörung, vor allem bei Vor- und Seitneigung des Rumpfes, und eine Gefügestörung im mittleren Abschnitt vor, die sich besonders ungünstig auf das subjektive Beschwerdebild auswirke; es sei beim Kläger bereits zu einer reflektorischen Streckhaltung der Lendenwirbelsäule gekommen, denn der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Rumpf völlig aufzurichten, wobei die bretthart verspannte Rückenstreckmuskulatur ein Zeichen für die statische Insuffizienz der Lendenwirbelsäule sei. Nunmehr hat der Senat das neurologische Gutachten des Prof. Dr. C ... vom 04.10.2000 und das neuroradiologische Gutachten der Frau Prof. Dr. E ... vom 27.10.2000 eingeholt. Prof. Dr. C ... hat ausgeführt, die ausgeprägtesten degenerativen Bandscheibenveränderungen lägen in der Tat im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule vor; diese Veränderungen seien jedoch nicht erheblich. Infolgedessen sei der streitige Kausalzusammenhang zu verneinen. Allerdings seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen auch für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule zu bejahen. Eine berufskrankehitsbedingte MdE auf neurologischem Fachgebiet hat Prof. Dr. C ... nicht beschrieben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils und die darin angeführten Beweismittel Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist zum überwiegenden Teil auch begründet. Dem Kläger stehen entgegen der Einschätzung durch das Erstgericht wegen einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 der BKVO Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage einer MdE um 20 v. H. zu. Im übrigen, d.h. für eine gleichzeitig bestehende Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2109 der Anlage 1 der BKVO haben sich die gesetzlichen Voraussetzungen jedoch nicht feststellen lassen.
Wegen der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalles im Sinne der hier noch anwendbaren Bestimmungen der RVO (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO) wird gemäß § 581 Abs. 1 RVO Verletztenrente gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalles die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist; nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt in diesem Sinne als Arbeitsunfall mit entsprechender Entschädigungspflicht auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung sind diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO benannten Tätigkeiten erleidet. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO (vgl. dazu auch BSG vom 23.03.1999, BSGE 84, 30) bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes sind beim Kläger erfüllt.
Der Kläger ist im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versichert gewesen. Er leidet nach den Feststellungen aller in diesem Rechtsstreit gehörter Orthopäden an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Dabei fällt es nicht ins Gewicht, dass der Arzt für Neurologie Prof. Dr. C ... die Befunde an der Wirbelsäule des Klägers nicht als in ausreichendem Maße kranheitswertig angesehen hat. Denn insoweit ist aufgrund ihres besonderen medizinischen Fachgebietes den Feststellungen der Ärzte Dr. G ..., Prof. Dr. W ... und Dr. F ... zu folgen.
Beim Kläger müssen auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Erkrankung im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO angenommen werden. Dabei kann hier durchaus unerörtert bleiben, was insoweit als langjährig anzusehen ist, und von welcher Grenze an das Bewegen schwerer Lasten bejaht werden muss. Zum einen ist dabei darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzungen von allen am Verfahren Beteiligten ausdrücklich bejaht worden sind. Auch wenn es im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anders als in zivilprozessualen Rechtsstreiten eine Fiktion der Wahrheit durch Nichtbestreiten seitens der Parteien nicht gibt, so kann doch auch hier die übereinstimmende Erklärung der Beteiligten, die Arbeit des Klägers sei in diesem Sinne langjährig schwer gewesen, als gewichtiges Indiz für das Vorliegen der dieses Tatbestandsmerkmal erfüllenden Tatsachen angesehen werden. Zum anderen muss auch berücksichtigt werden, dass der Kläger nicht nur einen der klassischen Berufe mit körperlicher Schwerarbeit, nämlich den des Maurers, nahezu ohne Unterbrechung, und bereits zu einer Zeit, zu welcher ein Einsatz technischer Hilfsmittel noch weitaus seltener als heute war, ausgeübt hat, sondern dass er darüberhinaus dies auch über eine weit längere Zeitspanne getan hat, als dies in der Fachliteratur für die Bejahung der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO gefordert wird. Denn der Kläger ist insgesamt etwa 43 Jahre als Maurer tätig gewesen, und zwar von seinem neunzehnten bis in sein fünfundsechzigstes Lebensjahr, also durchaus für die Dauer eines gesamten Erwerbslebens, während die medizinische Fachliteratur für die arbeitstechnischen Voraussetzungen hier überwiegend eine 10jährige Expositionsdauer fordert, höchstens jedoch eine 20jährige Exposition (vgl. z.B. Schröter, Begutachtung bei Berufskrankheiten, Der Orthopäde, 2001, S. 109 m.w.N.).
Liegen die genannten Voraussetzungen in Gestalt der einschlägigen Erkrankung und der erforderlichen beruflichen Belastungen vor, so ist jedoch auch dann noch nicht der Schluss zulässig, dass auch der ursächliche Zusammenhang zumindest wahrscheinlich sei. Dieser Schluss kann vielmehr erst gezogen werden, wenn das Schadensbild zugleich belastungskonform (Schröter a.a.O.) ist. Auch dies muss hier bejaht werden. Dies ist aus dem Gutachten des Dr. F ... zu folgern. Danach könne festgestellt werden, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Einwirkung korreliere; es sei nahezu fast die gesamte Lendenwirbelsäule in von unten nach oben abnehmender Intensität geschädigt, sodass hier bei multisegmentalem Befall von einer positiven Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und der beruflichen Einwirkung ausgegangen werden müsse. Der Senat folgt in diesem wie auch in den anderen strittigen Punkten den Ausführungen des Dr. F ... Zwar sind diese hier nicht unwidersprochen geblieben. Gleichwohl erscheinen sie uneingeschränkt überzeugend. Die Ausführungen des Dr. F ... sind sorgfältig erstellt; sie beruhen in allen Einzelheiten auf gesicherten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen, und die ihn ihnen gezogenen Folgerungen sind differenziert und frei von Widersprüchen. Hinzukommt, dass dieser Sachverständige dem Senat seit mehr als einem Jahrzehnt als besonders kompetenter, durchaus kritischer und zuverlässiger Gutachter auf orthopädischem Fachgebiet bekannt ist.
Erkenntnisse, die das Vorliegen der geschilderten Tatbestandsmerkmale in relevanter Weise in Frage stellen würden, haben sich nicht gewinnen lassen. Dies gilt insbesondere auch für die Gründe, aus denen Dr. G ... und Prof. Dr. W ... und mit ihnen das Erstgericht den streitigen Ursachenzusammenhang verneint haben. Deren Einschätzung liegt im Grunde die Überlegung zugrunde, dass beim Kläger ein genereller Degenerationsprozess an der Wirbelsäule abläuft und auch sichtbare Zeichen hinterlassen hat, weswegen nicht entschieden werden könne, ob die Schäden an der Lendenwirbelsäule bestimmten, diesen Wirbelsäulenabschnitt besonders betreffenden beruflichen Einwirkungen zuzurechnen seien oder dem generellen Degenerationsprozess, und weswegen somit auch nicht mehr behauptet werden könne, nicht der Degenerationsprozess sei die Ursache der Schäden, sondern die berufliche Exposition. Diesen gedanklichen Ansatz teilt der Senat zwar durchaus. Dennoch überzeugt diese Einschätzung hier deshalb nicht, weil ihre Voraussetzungen in Gestalt von Krankheitszeichen für einen generellen Degenerationsprozess nicht zweifelsfrei gegeben sind. Vielmehr trifft es nach den Ausführungen des Dr. F ... in Wirklichkeit nicht zu, dass beim Kläger ein genereller Degenerationsprozess im Vordergrund der Entwicklung steht. Denn Dr. F ... hat ausgeführt, es müsse durchaus darauf hingewiesen werden, dass an allen drei Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen abliefen; zu beachten sei jedoch, dass sich die weitaus intensivsten Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule manifestiert hätten, wo vier Bewegungssegmente erheblich degenerativ verändert seien, an der Halswirbelsäule dagegen nur zwei Bewegungssegmente, und zudem seien die nur mäßigen Bandscheibenschäden der Brustwirbelsäule noch weniger gravierend.
Die MdE für die Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2108 der Anlage 1 zur BKVO ist mit 20 v. H. einzuschätzen. Diese Einschätzung stützt sich auf die von Dr. F ... beschriebenen funktionellen Einschränkungen in Gestalt einer Bewegungsstörung, vor allem bei Vor- und Seitneigung des Rumpfes, und einer Gefügestörung im mittleren Abschnitt, die sich besonders ungünstig auf das subjektive Beschwerdebild auswirke; es sei beim Kläger auch zu einer reflektorischen Streckhaltung der Lendenwirbelsäule gekommen, denn der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Rumpf völlig aufzurichten, wobei die bretthart verspannte Rückenstreckmuskulatur ein Zeichen für die statische Insuffizienz der Lendenwirbelsäule sei. Der Vergleich mit anderen Gesundheitsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat nach den Maßstäben der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung angewandten Maßstäben bestätigt die Einschätzung mit 20 v. H.; dafür dass zusätzliche Funktionseinbußen auf neurologischem Fachgebiet vorliegen würden, haben sich Anhaltspunkte nicht ergeben.
Was die Geltendmachung auch einer Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2109 der Anlage 1 zur BKVO angeht, so sind deren Voraussetzungen nicht erwiesen. Denn dafür wäre der Nachweis einer im heutigen Berufsleben ganz ungewöhnlichen (Schröter a.a.O., S. 112) langjährigen Belastung mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter von 50 Kilogramm und mehr erforderlich, und dabei zugleich eine dadurch erzwungene Fehlhaltung des Kopfes. Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, dass der Kläger insbesondere zu Beginn seines Berufslebens zeitweise auch solchen Belastungen ausgesetzt gewesen ist. Dennoch kann nicht unterstellt werden, dass im Beruf des Maurers derartige Belastungen so häufig vorgekommen sind, dass der hierfür erforderliche Anteil an der Gesamtarbeitszeit (30 %, Schröter a.a.O.) erreicht würde, und dass der Kläger angesichts der laufenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Baugewerbe solche Tätigkeiten auch noch über mindestens 10 Jahre hinweg (Schröter a.a.O.) und in dieser Häufigkeit hat ausführen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung der zu §§ 91 ff. ZPO entwickelten Grundsätze (§§ 193, 202 SGG). Ein Grund für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG besteht nicht.
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