L 3 U 17/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 139/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 17/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 30.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Rentenentziehung zum 01.12.1999 streitig. Der Kläger begehrt die Gewährung von Verletztenrente - nach einer MdE um 20 v.H. - wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 02.07.1996 über den 30.11. 1999 hinaus.

Der am 1948 geborene Kläger hat am 02.07.1996 einen Arbeitsunfall erlitten, als ihm beim Betonieren einer Bodensohle mit Flüssigbeton nach Einschalten der Pumpe der gefüllte Schlauch mit einer peitschenhiebartigen Bewegung mit großer Wucht auf den Unterschenkel des rechten Beines prallte. Er hat dabei eine erstgradig offene, proximale Unterschenkeltrümmerfraktur des rechten Beines erlitten (Durchgangsarztbericht Dr.G. vom 02.07.1996).

Die Beklagte hat ihm - nach Einholung eines Gutachtens von Dr.V./Dr.L. vom 22.05.1998 und einer Stellungnahme des Dr.S. vom 11.08.1998 - nachfolgend wegen der Unfallfolgen ("Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes, Muskelminderung im Bereich des rechten Oberschenkels, deutliche Kalksalzminderung im Bereich des rechten Kniegelenkes, Blutumlaufstörungen im Bereich des rechten Unterschenkels") mit Bescheid vom 18.11.1998 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. gewährt.

Nach Einholung eines Gutachtens zur Rentennachprüfung von Dr.H. vom 20.04.1999, der eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen annahm und die unfallbedingte MdE nur noch mit 10 v.H. bewertete, sowie Anhörung des Klägers über die beabsichtigte Rentenentziehung (Schreiben vom 27.04.1999) hat die Beklagte mit Bescheid vom 19.05.1999 die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente mit Ablauf des Mai 1999 wegen wesentlicher Besserung entzogen. Dem Widerspruch des Klägers vom 27.05.1999 hiergegen hat sie nachfolgend mit Bescheid vom 18.08.1999 abgeholfen und den Bescheid vom 19.05.1999 (wegen Verstoß nach § 74 Abs.1 Satz 1 SGB VII) zurückgenommen und wieder bis auf Weiteres Rente gewährt.

Nach weiterer Anhörung (Schreiben vom 13.10.1999) über die beabsichtigte Rentenentziehung wegen wesentlicher Besserung hat sie sodann mit Bescheid vom 18.11.1999 die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente mit Ablauf des Monats November 1999 entzogen, weil eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen eingetreten sei. Denn die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes sei nicht mehr eingeschränkt, die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk habe sich gebessert, die Bewegungseinschränkung im rechten unteren Sprunggelenk liege nicht mehr vor, die Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur rechts sei weitgehend zurückgegangen. Die MdE betrage jetzt 10 v.H. Die Voraussetzungen für eine Rentengewährung nach § 56 Abs.1 SGB VII lägen somit nicht mehr vor.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, gestützt auf das Attest des Dr.E. , vom 31.01.2000, hat die Beklagte nach Einholung eines weiteren Gutachtens des Orthopäden und Chirurgen Dr.E. vom 24.03.2000 das nach ambulanter Untersuchung erstattet worden ist, mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat zur Aufklärung Gutachten von Chefarzt Dr.D. , Orthopädische Klinik S. , vom 22.09.2000 und auf Antrag des Klägers - § 109 SGG - von Prof.Dr.N./ Oberarzt Dr.R. , Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, R. , vom 26.04.2001 eingeholt. Beide Sachverständigen bejahten eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen und nahmen ab 01.01.1999 (Dr.D.) bzw. 01.12.1999 (Prof.Dr.N. ) nur noch eine unfallbedingte MdE von 10 v.H. an.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 26.04.2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 30.11.2001 hat das Sozialgericht die Klage abge- wiesen: Die Beklagte habe mit Recht die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente entzogen, weil eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen eingetreten sei (§ 48 SGB X). Das Gericht stützte sich dabei auf die schlüssigen Ausführungen der von ihm gehörten Sachverständigen. Hinsichtlich des von den Gutachtern unterschiedlich angenommenen Besserungszeitpunkts führte das SG aus, dass eine Entscheidung hierüber dahingestellt bleiben könne, weil die Beklagte erst zum 01.12.1999 die Rente entzogen habe. Nach allem habe dem Klageantrag nicht stattgegeben werden können.

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27.12.2001 Berufung einlegen lassen, ohne sie zunächst zu begründen, er bemühe sich noch um die Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung hat er mit Schriftsatz vom 18.06.2002 vorgetragen, dass er nach wie vor der Ansicht sei, dass der bei ihm vorliegende Gesundheitszustand eine MdE von zumindest 20 v.H. bedinge. Entgegen der gutachterlichen Ansicht in erster Instanz sei davon auszugehen, dass nach wie vor eine ständige ärztliche Behandlung durchgeführt werde. Insoweit verweise er auf das bereits bei den Akten befindliche Attest des Orthopädisch-chirurgischen Zentrums vom 02.11.2000; von diesem Zentrum hat er auch ein ärztliches Attest des Dr.E. vom 10.01.2002 vorgelegt, wonach eine schwere Arthrose des Kniegelenkes festgestellt worden sei und darin eine derzeitige MdE um 30 v.H. in Vorschlag gebracht wurde. Berücksichtige man dies, sei davon auszugehen, dass die Einschätzungen der in erster Instanz gehörten Gutachter nicht zutreffend seien, sie würden den derzeitigen Gesundheitszustand des Klägers nicht ausreichend würdigen. Mit Schriftsatz vom 18.06. 2002 wurde mitgeteilt, dass der Bevollmächtigte des Klägers den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht wahrnehmen werde; ob der Kläger selbst den Termin wahrnehme, sei noch nicht sicher. Sofern nicht, sollte nach Aktenlage entschieden werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 30.11.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten, sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn der Rentenentziehungsbescheid der Beklagten vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist auch nach Ansicht des Senats darin zutreffend davon ausgegangen, dass zwischenzeitlich in den Folgen des Arbeitsunfalls des Klägers vom 02.07.1996 eine wesentliche Besserung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist, die es rechtfertigt, die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente mit Ablauf des November 1999 zu entziehen. Diese Auffassung wird bestätigt durch die übereinstimmenden Ergebnisse der vom Sozialgericht eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr.D. und Prof.Dr.N. , die mit eingehender Begründung zutreffend zu der Auffassung gelangt sind, dass eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen eingetreten ist und eine rentenberechtigende MdE zumindest ab dem 01.12.1999 nicht mehr begründet werden kann.

Dem eingehend begründeten und zutreffenden Urteil des Sozialgerichts stimmt der Senat zu und nimmt zur weiteren Begründung auf die dortigen Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG ergänzend Bezug.

Demgegenüber ist das Berufungsvorbringen des Klägers (Schriftsatz vom 18.06.2002 und vorgelegte Unterlagen) nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu Gunsten des Klägers herbeizuführen; sie ergeben auch keine Veranlassung für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht. Denn sie enthalten nichts - entscheidungserhebliches - Neues. Dr.E. hatte bereits in dem im Widerspruchsverfahren vorgelegten Attest vom 31.01.2000 ausgeführt, dass der Kläger infolge eines berufs- genossenschaftlich versicherten Unfalls unter erheblichen Beschwerden im Bereich des rechten Beines leide. Die Kniegelenksfunktion sei nicht wieder hergestellt. Es liege mindestens eine MdE von 30 v.H. vor. Diese Auffassung wiederholt er im Wesentlichen im Klageverfahren (Stellungnahme vom 24.07.2000, Attest vom 02.11.2000) und nunmehr in dem im Berufungsverfahren vorgelegten Attest vom 11.02.2002. Dass beim Kläger wegen der Schmerzhaftigkeit im Bereich des rechten Beines eine ständige ärztliche Behandlung durchgeführt wird, wurde bereits im ärztlichen Attest des Orthopädisch-chirurgischen Zentrums vom 02.11.2000 angeführt und war Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens, insbesondere auch dem vom Sozialgericht nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Prof.Dr.N. bei seiner Gutachtenserstattung bekannt. Das nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegte Attest des vorgenannten Orthopädisch-chirurgischen Zentrums wiederholt den bereits bekannten Sachverhalt, dass sich der Kläger in diesem Zentrum nach wie vor wegen Schäden und Folgen des Unfalls vom 02.07.1996 in Behandlung befinde. Im Gegensatz zur Auffassung des Dr.E. sind jedoch nicht alle Beschwerden, wegen denen der Kläger durch ihn behandelt wird, durch die Unfallfolgen bedingt. Insoweit haben bereits die Vorgutachter (zuletzt Prof.Dr.N. im sozialgerichtlichen Verfahren) zur Überzeugung des Senats zutreffend ausgeführt, dass die vom Kläger geschilderten Beschwerden im Bereich des Sprunggelenks nur für einen gewissen Zeitraum durch die Unfallfolgen und die Behandlung der Unfallfolgen erklärbar sind. Die Röntgenaufnahmen des Sprunggelenkes haben im weiteren Verlauf jedoch keinen Hinweis für traumatisch bedingte Abnutzungserscheinungen ergeben. Soweit Beschwerden des Klägers im rechten Kniegelenk im Raum stehen, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger insoweit bereits bei der Begutachtung durch Prof.Dr.N. (ambulante Untersuchung des Klägers am 21.03.2001) darauf hingewiesen hat, dass sich insoweit zwischenzeitlich eine Verschlimmerung ergeben habe. Er führt insbesondere Schmerzen im Bereich des rechten Knies an der Innenseite an. Insoweit kam jedoch Prof.Dr.N. dann abschließend zu dem Ergebnis, dass auch die im Bereich des Kniegelenks erhobenen Befunde nicht geeignet seien, eine wesentliche MdE herbeizuführen. Im Bereich des Kniegelenks bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen der Bewegung während des Gehens, dem Bewegungsausmaß bei der klinisch aktiven Überprüfung, dem Bewegungsausmaß bei der klinisch passiven Überprüfung und dem möglichen Bewegungsausmaß im Kniegelenk. Insgesamt sei das Bewegungsausmaß im Seitenvergleich frei. Auch wenn man den degenerativen Innenmeniskusschaden als unfallbedingt ansehen würde, sei keine wesentliche MdE hierdurch bedingt. Den Ausführungen in den vorgelegten ärztlichen Attesten sind die vorgenannten Gutachter im Ergebnis nicht gefolgt. Insoweit nunmehr Dr.E. im Attest vom 10.01.2002 auf eine neue Kniespiegelung des rechten Kniegelenks mit der Feststellung einer schweren Arthrose hinweist, so ergibt sich daraus noch nicht zwangsläufig, dass der Umfang der Arthrose unfallbedingt ist. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der Wortwahl des Dr.E. , soweit er ausführt, dass die schwere Arthrose im Sinne einer "sogenannten posttraumatischen Arthrose" anzusehen sei. Dies legt nahe, dass es sich um eine Gesundheitsentwicklung in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall handeln könnte, die jedoch für die Anerkennung einer weiteren Unfallfolge im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ausreicht, weil hierfür allein die Annahme des zeitlichen Zusammenhanges nicht genügt. Weitere Ausführungen, die die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs begründen könnten und damit die bisherigen Gutachten in Zweifel ziehen könnten, ergeben sich aus dem kurzen Attest nicht.

Nach allem konnte daher die Berufung keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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