L 17 U 184/96

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 148/93
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 184/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.02.1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Harnblasentumor des verstorbenen Ehemannes der Klägerin durch berufliche Einwirkung von aromatischen Aminen verursacht worden ist und als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der am ...1930 geborene Ehemann der Klägerin, ..., hatte von 1945 bis 1949 den Beruf des Schreiners bei der Firma V ... erlernt und als Geselle ausgeübt, war von 1949 bis 1953 als Montierer, Spritzer und Polierer in der Pfälzischen Möbelfabrik, von 1953 bis 1957 als Vorarbeiter bei der Firma Gi ..., von 1957 bis 1960 bei der Firma G ... und von 1960 bis 1969 bei der Firma K ... bzw K ... jeweils als Schreinermeister tätig. In sämtlichen Beschäftigungsverhältnissen war er Holzstäuben, Lackstaub, Leimen und Beizen, Lösemitteln, Oxalsäure, Polituren und Porenfüllern ausgesetzt. Die Firmen, in denen er gearbeitet hatte, sind nach seinen Angaben überwiegend in Konkurs gegangen. Von 1969 bis 1991 arbeitete der verstorbene Versicherte bei den Firmen R ..., Bergolin und zuletzt seit 1977 bei der Firma V ... als Lackanwendungstechniker, überwiegend im Lackierraum der Firma R ... Ende Mai 1983 erkrankte der Versicherte an einem Harnblasentumor, der am 13.05.1997 zu seinem Tod führte.

Am 13.03.1990 zeigte er der Beklagten eine Berufskrankheit an, im Dezember erfolgte eine Unternehmeranzeige.

Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Auskünfte der Firmen R ... vom 14.11.1990, V ... vom 17.12.1990 und L ... (Herr G ...) vom 12.06.1991/27.08.1991, der DAK Miltenberg vom 03.01.1991, einen Entlassungsbericht der Sonnenbergklinik über den Kuraufenthalt des Versicherten vom 14.05.1991 bis 08.06.1991, Befundberichte des Internisten Dr.L ... (Miltenberg) vom 04.12.1990, des Dr.T ..., Chefarzt der Urologischen Abteilung der Missionsärztlichen Klinik Würzburg vom 03.12.1990, Fremdbefunde des Dr.S ... (Miltenberg), die Akten des AVF Würzburg und Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 10.04.1991/14.10.1992 und des Internisten und Arbeitsmediziners Dr.S ... (Titisee) vom 09.11.1992 bei. Dr.S ... führte aus, das aromatische Amin N,N-Dimethylanilin, gegen das der Versicherte exponiert gewesen sei, sei nach der MAK-Werteliste 1991 als III B-Stoff mit begründetem Verdacht auf ein krebserzeugendes Potenzial ausgewiesen. Bisher lägen aber noch keine eindeutigen Hinweise darüber vor, dass dadurch Harnblasenkarzinome induziert würden. Die staatl. Gewerbeärztin Dr.H ... stimmte in ihrer Stellungnahme vom 09.12.1992 dieser Auffassung zu.

Mit Bescheid vom 09.02.1993 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 09.08.1993 - lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 1301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) mit der Begründung ab, ihre Feststellungen hätten ergeben, dass der Versicherte während seiner beruflichen Tätigkeit nicht mit aromatischen Aminen, die beim Menschen Krebs verursachen könnten, Umgang gehabt habe.

Hiergegen hat der Versicherte Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.02.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1993 zu verurteilen, die Harnblasenkarzinom-Erkrankung als Berufskrankheit nach Ziffer 1301 der BKV anzuerkennen und zu entschädigen.

Das SG hat ein Gutachten des Prof.Dr.Dr.B ..., Direktor der Abteilung für Toxikologie und Arbeitsmedizin der Universität Dortmund vom 11.08.1994 und gem § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Prof.Dr.F ... (Bremen) vom 07.07.1995 eingeholt. Prof.B ... hat die Auffassung vertreten, dass bis auf Dimethylanilin der Versicherte während seiner beruflichen Tätigkeiten seit 1969 nicht gegenüber aromatischen Aminen oder daraus produzierten löslichen Azofarbstoffen exponiert gewesen sei. Zwar sei N,N-Dimethylanilin in die Gruppe III B der krebserzeugenden Arbeitsstoffe eingestuft. Danach könne aber nur von der Möglichkeit einer kanzerogenen Wirkung ausgegangen werden. Es gebe keinen sicheren Nachweis für eine krebserzeugende Wirkung des N,N-Dimethylanilin. Damit sei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zwischen Erkrankung und beruflicher Exposition nicht gegeben. Ebenfalls als möglich erscheine es, dass die Rauchgewohnheiten des Versicherten - nach seinen Angaben habe er bis 1970 täglich 40 Zigaretten geraucht - mit dem Auftreten des Harnblasenkarzinoms in ursächlichem Zusammenhang stehen. Prof.F ... hat ausgeführt, eine Berufskrankheit nach Nr 1301 liege nur dann vor, wenn eine Synkarzinogenese angenommen werde, so dass die durch Dimethylanilin mögliche iniziierende Wirkung durch andere promovierende Faktoren - Lösungsmittel iS Nrn 1302, 1303, 1304 Anlage 1 zur BKV - verstärkt worden sei und damit zur klinischen Auslösung der Berufskrankheit geführt habe. Diese Kombinationswirkung betrachte er als mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich für das Auftreten des Blasenkarzinoms.

Das SG hat, gestützt auf das Gutachten des Prof.B ..., die Klage - dem Antrag der Beklagten entsprechend - mit Urteil vom 08.02.1996 abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Versicherte Berufung eingelegt, die von seiner Ehefrau als seine Rechtsnachfolgerin nach seinem Tod fortgesetzt wurde. Er hat vorgetragen, er sei mit Prof.F ... der Auffassung, dass eine Kombinationswirkung von Dimethylanilin und verschiedener Lösungsmittel mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich für das Auftreten des Blasenkarzinoms gewesen sei. Er bezog sich dabei auf eine Auskunft seines früheren Vorgesetzten H.G ... vom 07./08.05.1996.

Der Senat hat nach Beiziehung von Befundberichten des Internisten Dr.L ... vom 06.08.1997, des Urologen Dr.L ... (Miltenberg) vom 01.08.1997, des Oberarztes Dr.F ..., Urologische Klinik des Krankenhauses Miltenberg, vom 13.03.1997 und der Krankenblätter der Missionsärztlichen Klinik Würzburg ein Gutachten des Privatdozenten Dr.P ..., Institut für Hygiene- und Arbeitsmedizin der Universitätsklinik Essen vom 04.05.1998/ 20.11.1998 eingeholt. PD Dr.P ... hat zunächst die Auffassung vertreten, dass nach arbeitsmedizinischer Erfahrung viele Gründe für eine lange und relativ hohe Exposition des Versicherten gegenüber Azo-Farbstoffen sprächen. Die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 1301 werde empfohlen, sofern weitere Ermittlungen die haftungsbegründende Kausalität bestätigten. Durch die Exposition gegenüber Dimethylanilin allein könne jedoch der Ursachenzusammenhang mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden. Ergänzend hat PD Dr.P ... am 20.11.1998 zum Ausdruck gebracht, dass auf Grund gutachterlicher Erfahrung mit vergleichbaren Expositionsverhältnissen insbesondere für den Zeitraum 1945 bis 1969 gefolgert werden könne, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Exposition gegenüber Azo-Farbstoffen und aromatischen Aminen vorgelegen habe. Auch erscheine die Bildung von Nitrosaminen aus Triethanolamin möglich. Die Beklagte hat eine ergänzende Stellungnahme des TAD vom 21.08.1998 vorgelegt, nach der eine Exposition gegenüber Azo-Farbstoffen oder Nitrosaminen nicht rekonstruierbar sei.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 08.02.1996 und des Bescheides vom 09.02.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1993 zu verurteilen, das Harnblasenkarzinom des Versicherten Wolfgang Ellspermann nach Nr 1301 der Anlage 1 zur BKV als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.02.1996 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Schwerbehindertenakten des AVF Würzburg sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Versicherten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Die Klägerin hat als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten keinen Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 551 I Reichsversicherugsordnung - RVO - iVm Nr 1301 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKV -, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Der Anspruch ist noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu beurteilen, da eine etwaige Berufskrankheit jedenfalls vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SBG VII) am 01.01.1997 eingetreten wäre (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Nach § 551 Abs 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung bezeichnet und die sich ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen hat. Nach Nr 1301 der Anl 1 zur BKV gelten als Berufskrankheit Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine. Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 1301 ist somit, dass das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses iS der unfallrechtlichen Kausalitätslehre mit Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf die berufliche Einwirkung zurückzuführen ist (vgl Ricke, Kasseler Komm, § 9 SGB VII RdNr 11; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3 - Stand 1997 - § 9 SGB VII RdNr 21 ff). Aromatische Amine kommen als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, vor allem in Betrieben der Farbstoffsynthese vor; auch in bestimmten Laboratorien u. a. können sie eine Gefahrenquelle sein. Arbeiten mit dem fertigen Farbstoff und den gebrauchsfertigen Farben sind jedoch ungefährlich, falls nicht infolge Zersetzung oder Zerstörung aromatische Amine frei werden (Merkblatt für die ärztliche Untersuchung, Bekanntmachung des BMA vom 12.06.1963). Die Aufnahme der aromatischen Amine erfolgt inhalativ und perkutan. Unter die BK-Nr 1301 fallen entzündliche Veränderungen der harnableitenden Wege sowie alle Urothel-Tumore, die durch aromatische Amine hervorgerufen werden. Das sind Nierenbecken-, Harnleiter-, Blasen- und Harnröhrentumore (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6.Aufl S.1103).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der Senat davon aus, dass der Versicherte während seiner Tätigkeit als Lackanwendungstechniker bei der Firma V ... (ab 01.04.1977) keinen Zugang zu aromatischen Aminen hatte. Wie dieser Arbeitgeber am 17.12.1990 bestätigte, wurden die genannten Rohstoffe bei der Lackherstellung nicht eingesetzt. Auch dem TAD sind keine Arbeitsweisen und Verfahren bekannt, bei denen aromatische Amine in derartigen Lackfabriken Verwendung gefunden hätten (Stellungnahme vom 10.04.1991). Während seiner Beschäftigung als Lackanwendungstechniker bei der Lackfabrik R ... (01.10.1969 bis 31.12.1976) hatte der Versicherte nach Auskunft seines früheren Vorgesetzten, H. G ..., vom 27.08.1991 mit großer Wahrscheinlichkeit keine Berührung mit den aromatischen Aminen 4-Aminodiphenyl, Benzidin und seiner Salze, 2-Naphtylamin, 4-Chlor-O-Toluidin, Arbeitsstoffe bei denen ein gesicherter Kausalzusammenhang für das Auftreten von Karzinomen im Bereich der ableitenden Harnwege und Harnblase gegeben ist (Schönberger aaO S.1102). Auch eine berufliche Exposition in der Zeit ab 1969 gegen lösliche Azo-Farbstoffe, die aus den o. a. Aminen produziert wurden und dieselbe kanzerogene Wirkung haben, ist nach der Beurteilung des Prof.B ... und des TAB Friedel vom 14.10.1992 unwahrscheinlich. Dagegen bestätigte H.G ... im Schreiben vom 12.06.1991 Kontakt mit tertiärem Dimethylanilin für die Zeit der Tätigkeit des Versicherten bei der Firma R ... als Anwendungstechniker (Vorführmeister) im Außendienst. Bei Dimethylanilin handelt es sich um ein chemisches Zwischenprodukt, das auf Grund der Bewertung beruflicher Expositionen durch die International Agency for Research on Cancer, Lyon (IARC) in die Gruppe 2B - Stoffe, Stoffgruppen und Zubereitungen, die möglicherweise humankarzinogen sind - eingeordnet wurde (Schönberger aaO S.1061). Die Zuordnung in Abschnitt III der MAK- und BAT-Werte-Liste 1998 der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG erfolgte nach Kategorie 2 - Stoffe, die auf Grund der Ergebnisse von Langzeit-Tierversuchen als krebserzeugend für den Menschen anzusehen sind (Schönberger aaO S.1051 ff). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Gültigkeit der Ergebnisse aus Tierversuchen auf die Krankheitslehre des Menschen geklärt sein muss. Nach PD Dr.P ... zeigte NN-Dimethylanilin im Tierversuch ein schwach kanzerogenes Potenzial, jedoch nicht an der Blase. Daher ist die Verursachung des Blasentumors beim Versicherten nach der übereinstimmenden Beurteilung der Professoren B ... und F ... sowie des PD Dr.P ... durch Dimethylanilin zwar möglich, kann jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeit auf diesen Stoff zurückgeführt werden.

Die Ansicht des Sachverständigen PD Dr.P ..., es müsse beim Versicherten im Zeitraum von 1945 bis 1969 von einem langjährigen Kontakt mit Azo-Farbstoffen und damit von einer Exposition gegenüber aromatischen Aminen ausgegangen werden, teilt der Senat nicht. Zunächst ist festzustellen, dass das Arbeiten mit dem fertigen Farbstoff und den gebrauchsfähigen Farben ungefährlich war (Merkblatt BMA aaO). Selbst wenn man unterstellt, dass der Versicherte in der Zeit von 1945 bis 1969 in erheblichem Umfang mit Holzbehandlungsmitteln zu tun hatte, in denen auch Azo-Farbstoffe und Azo-Pigmente enthalten waren, kann nicht eine Freisetzung aromatischer Amine im Organismus des Versicherten angenommen werden. Zwar gibt es epidemiologische Hinweise, dass eine berufliche Exposition gegenüber aus Benzidin aufgebauten Azo-Farbmitteln die Inzidenz von Blasenkarzinomen erhöhen kann. Diese Deutungen sind aber aus klinischer Sicht umstritten und bedürfen noch wissenschaftlicher Bestätigung (Schönberger aaO S.1104).

Außerdem finden sich - abgesehen von einigen älteren Studien und retrospektiv unzureichender spezifischer Analytik - keine konkreten Anhaltspunkte, dass sowohl nach oraler als auch inhalativer Aufnahme von Azo-Pigmenten eine arbeitsmedizinisch-relevante Resorption dieser Stoffe und eine reduktive Spaltung in primäre Amine beim Menschen stattfindet (Schönberger aaO). Damit fehlt auch für die Zeit bis 1969 der Nachweis einer Exposition des Versicherten gegenüber aromatischen Aminen nach Nr 1301 Anl 1 BKV. Weitere Ermittlungen zu den erwähnten Expositionen erübrigten sich nicht nur, weil die Firmen, in denen der Versicherte arbeitete, überwiegend nicht mehr existieren, sondern vor allem angesichts der herrschenden wissenschaftlichen Auffassung.

Bei der Kausalitätsprüfung sind unter dem Gesichtspunkt der Synkarzinogenese begünstigende berufliche, aber auch außerberufliche Faktoren der Krebsentstehung zu berücksichtigen. Prof.Dr.F ... wie auch Prof.Dr.B ... weisen darauf hin, dass der Versicherte berufsbedingt einer erhöhten Exposition gegenüber Polyesterlacken, Nitrolacken und Lösemitteln ausgesetzt war. Im Gegensatz zu Prof.B ..., der kanzerogene Wirkungen dieser Arbeitsstoffe verneint, vertritt Prof.Dr.F ... die Auffassung, die Kombination von Aminverbindungen und Promotionswirkungen durch spezifische Lösungsmittel iS der Nrn 1302, 1303, 1304 Anl 1 zur BKV sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich für das Auftreten des Blasenkarzinoms beim Versicherten gewesen. Dieser Auffassung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil - wie PD Dr.P ... zutreffend ausführt - eine synkarzinogene bzw promovierende Wirkung von Lösemitteln im Hinblick auf das Zielorgan Blase nicht belegt ist. Im Übrigen wird die Bildung von Nitrosaminen aus Triethanolamin von PD Dr.P ... lediglich vermutet. Nach der Stellungnahme des TAD vom 21.08.1998 werden in der Möbelindustrie schon aus Gründen der Produktschonung hohe Temperaturen vermieden, so dass bereits aus diesem Grunde nicht die Entstehung von Nitrosaminen angenommen werden kann. Auch spielen Nitrosamine die wesentliche Rolle in der Gummiindustrie (Schönberger aaO S 1110); sie sind der Listenkrankheit nach Nr 1301 nicht zugeordnet. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist jedoch lediglich die Frage der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 1301 und nicht nach anderen Listenkrankheiten oder die Anerkennung "wie eine Berufskrankheit" nach § 551 Abs 2 RVO.

Müssen somit bei der Zusammenhangsbeurteilung unter dem Gesichtspunkt der Synkarzinogenese berufliche Faktoren außer Betracht bleiben, gilt dies nicht für die Rauchgewohnheiten des Versicherten. Nach eigenen Angaben hat der Versicherte bis 1970 täglich 40 Zigaretten geraucht. Das Rauchen ist aber ein wesentlicher außerberuflicher Faktor bei der Entstehung von Harnblasentumoren. Zwar hat der Versicherte bis zum Auftreten seiner Erkrankung 1983 dreizehn Jahre nicht geraucht. Diese Zeitspanne reicht aber nicht aus, einen möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und der Entstehung des Harnblasentumors zu verneinen. Nach Prof.B ... sinkt bei Exrauchern das Risiko an Harnblasenkrebs zu erkranken auf das Risiko des lebenslangen Nichtrauchers erst nach 15 bis 20 Jahren des Nichtrauchens.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Harnblasentumors beim Versicherten als Berufskrankheit nach Nr 1301 Anl 1 zur BKV liegen somit nicht vor. Das Rechtsmittel der Klägerin muss daher erfolglos bleiben.

Die Bescheide der Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.02.1996 sind nicht zu beanstanden. Die Berufung ist als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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