Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 23 U 328/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 190/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Körpereigene Bewegungen, wie das Laufen, sind äußere Vorgänge und können den Unfallbegriff erfüllen. Folglich kann ein Schüler durch eine Drehbewegung des Kniegelenks während des Sportunterrichts einen Unfall im Sinn des § 548 RVO erleiden.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1981 geborene Kläger verletzte sich am 05.05.1993 beim Hochsprung-Training im Sportunterricht des Gymnasiums Penzberg. Der Chirurg Dr ... vom Städt. Krankenhaus Penzberg äußerte am 05.05.1993 einen Verdacht auf Kniebinnentrauma links. Nach stationärer Behandlung vom 05.05. bis 19.05. 1993 im Städt. Krankenhaus Penzberg stellte Dr ... eine Teilruptur der Quadricepssehne am linken Kniegelenk fest.
Das Gymnasium Penzberg erklärte in der Unfallanzeige, die Verletzung sei beim Absprung mit dem lattenfernen Bein erfolgt. Beim Orthopäden Dr ... gab der Kläger an, er habe beim Absprung wohl eine Drehbewegung im Kniegelenk gemacht; wegen des plötzlichen Schmerzes habe das Knie nachgegeben, und er sei gestürzt. Gegenüber Dr ... erklärte er, während des Hochsprungs sei plötzlich ein knacksendes Geräusch mit Schmerz im linken Knie aufgetreten. Das Gymnasium Penzberg erklärte am 16.06.1993, es sei zu einer gewaltsamen Verdrehung des Kniegelenks gekommen. Am 11.11.1993 wurde der Kläger in der Unfallklinik Murnau von Privatdozent Dr ... untersucht. Dort erwähnte er, daß er bereits vor dem letzten Sprungversuch Schmerzen im linken Knie verspürt habe. Beim Absprung habe er sich auf dem linken Bein gedreht, danach habe es im linken Knie geschnackelt. Er habe noch die Latte überquert, aber beim Aufkommen sofort starke Schmerzen gehabt.
Unter Berücksichtigung der Unterlagen des Dr ... sowie des Krankenhauses Penzberg mit Bericht über eine Arthroskopie am 05.05.1993 kam Privatdozent Dr ... im Gutachten vom 01.12. 1993 zu dem Ergebnis, durch den anlagebedingt vermehrt nachgiebigen Bandapparat des linken Kniegelenkes und die anlage- bedingte X-Bein-Fehlstellung sei es durch die plötzliche Streckung des Kniegelenkes beim Absprung zu einer Verlagerung der Kniescheibe nach seitlich außen gekommen. Auch ohne das angeschuldigte Ereignis wäre es zu der Knieverletzung in etwa demselben Ausmaß etwa zu derselben Zeit gekommen.
Mit Bescheid vom 11.02.1994 lehnte der Beklagte die Entschädigung der Kniegelenksverletzung mit der Begründung ab, der angeschuldigte Vorgang stelle weder die Ursache noch die rechtserhebliche wesentlich mitverursachende Teilursache der Schädigung des linken Kniegelenks dar, sondern es handele sich um eine Gelegenheitsursache.
Den Widerspruch des Klägers vom 03.03.1994 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.1994 zurück. Das angeschuldigte Ereignis stelle lediglich die rechtlich unerhebliche Gelegenheitsursache für das Bemerkbarwerden eines bereits latent vorhandenen Schadens dar.
Mit der Klage vom 08.06.1994 hat der Kläger geltend gemacht, wesentliche Ursache und Bedingung für die Verletzung sei der Sprungvorgang, verbunden mit Drehung und kurzfristiger Überlastung, gewesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens des Chirurgen und Sportmediziners Dr.Dr ..., der den Kläger am 04.10.1995 ambulant untersuchte. Dr.Dr ... hat den Kläger nochmals zum Unfallhergang befragt. Der Kläger hat angegeben, nach dem zweiten oder dritten Hochsprung habe er unbestimmte Schmerzen im linken Kniegelenk empfunden. Beim nochmaligen Anlaufen von halbrechts auf die Latte zu sei er mit dem Oberkörper in Linksdrehung über den geradeaus weisenden linken Fuß abgesprungen. Dabei sei es im Moment des Absprunges zu einem Schnalzer im linken Kniegelenk gekommen. Nach dem Sprung habe er heftigste Knieschmerzen gehabt. Dr.Dr ... ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, die Möglichkeit einer adäquaten Unfalleinwirkung sei nicht auszuschließen. Die Wahrscheinlichkeit einer wesentlichen Unfallbedeutung für den Quadricepsteilriß mit feinem Kapseneinriß lasse sich aber nicht annehmen. Die biomechanischen und anatomischen Verhältnisse für ein schädigendes Ereignis seien nicht hinreichend dokumentiert. Der Sehnenschaden wäre auch außerhalb des Schulsports bei geplantem Bewegungsablauf eingetreten.
Mit Urteil vom 10.05.1996 hat das Sozialgericht München (SG) die Klage abgewiesen. Das Eintreten des Körperschadens sei nicht auf einen Unfall zurückzuführen, sondern auf eine innere Ursache.
Mit der Berufung vom 04.06.1996 macht der Kläger geltend, die Möglichkeit einer körpereigenen Ursache schließe die Annahme eines Schulunfalles nicht aus. Es sei die wertende Entscheidung zu treffen, ob beide Ursachen wesentlich für den Unfall gewesen seien und folglich beide als Ursache anzusehen seien oder ob die körpereigene Ursache von so überragender Bedeutung gewesen sei, daß hier allein die wesentliche Ursache liege. Das erstinstanzliche Gericht habe den Unfallbegriff verkannt.
Der Kläger stellt mit Schriftsatz vom 03.06.1996 den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.02.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.1994 zu verurteilen, das Ereignis vom 05.05.1993 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Hilfsweise stellt er den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII iVm § 580 RVO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen wegen des Unfalles vom 05.05.1993. Die Entschädigung einer Gesundheitsstörung gemäß §§ 548, 581 RVO hat zur Voraussetzung, daß die Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles ist. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet, gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 14 b RVO gehört hierzu auch der Schulbesuch. Ein Unfall ist ein körperlich schädigendes, zeitlich eng begrenztes, plötzliches Ereignis, das von außen auf den Körper einwirkt (KassKomm § 548 RVO RdNr. 5, 9 mwN). Körpereigene Bewegungen, wie das Laufen sind äußere Vorgänge in diesem Sinn, selbst wenn sie gewohnt und üblich sind (Kasseler Komm. aaO). Somit könnte der Kläger während des Sportunterrichts einen Unfall erlitten haben.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit, nämlich deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Kausalität zwischen dem Hochsprung und der Verletzung, ist aber nicht gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest im Hinblick auf das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.Dr ..., der unter Berücksichtigung der ärztlichen Unterlagen in den Akten und nach ambulanter Untersuchung des Klägers inbesondere auf die Nachgiebigkeit der Gelenkbänder und die bis zum Wachstumsschub 1995 vorliegende X-Bein-Stellung hingewiesen hat. Zu berücksichtigen ist auch die auf der ersten Röntgenaufnahme sichtbare flaue Verkalkungssichel unter der Patellaspitze, die zwar möglicherweise auf eine noch unvollständig ausgereifte Kniescheibe hindeutet, andererseits aber auch Ausdruck einer Sinding-Larsen- Erkrankung sein kann. Diese Vermutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, daß auf der rechten Seite nach den Aufnahmen vom November 1994 eine Veränderung des Knochenansatzes der Patella-Strecksehne im Sinne des abheilenden Morbus Osgood-Schlatter vorliegt. Beide Erkrankungen treten in der Jugendzeit nicht selten kombiniert auf.
Auf eine hohe Einrißbereitschaft der Sehne deutet auch die Angabe des Klägers, er habe schon vor dem letzten Sprung Schmerzen verspürt, hin. Zwar ist die Möglichkeit, daß der Sehnenriß durch den Sprungversuch wesentlich verursacht wurde, gegeben. Wahrscheinlichkeit kann aber nicht angenommen werden. Hierfür reicht der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Sprungversuch und Sehnenriß nicht aus. Eine Gewebeschädigung durch den Sprungmechanismus ist nicht wahrscheinlich. Es ist davon auszugehen, daß der Sehnenschaden ebensogut bei einem anderen privaten Ereignis ungefähr zur gleichen Zeit aufgetreten wäre.
Das Unfallereignis war damit nicht wesentliche Bedingung für das Entstehen des Sehnenschadens, sondern die Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für den Fall, daß die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, daß es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkungen bedurfte, sondern daß jedes alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die körpereigenen Urachen müssen erwiesen sein. Nur im Hinblick auf ihre jeweilige Beziehung zum Erfolg reicht das Vorliegen der Wahrscheinlichkeit aus. Kann eine Ursache dagegen nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (BSG vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Der Vorschaden, nämlich die vermehrte Nachgiebigkeit der Seitenbänder und Kreuzbänder beider Kniegelenke, die muskulär nicht vollständig kompensierbar ist, und eine X-Bein-Stellung steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen des Privatdozent Dr ... im Verwaltungsverfahren, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (BSG SozR Nr. 66 zu § 128 SGG) und denjenigen des Dr.Dr ... Damit fehlt es am Vorliegen eines Arbeitsunfalles. Denn ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis, ist nicht als Unfall anzusehen (BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr.35, KassKomm § 548 RVO Rdnr.14 ff.)
Dem Hilfsantrag auf Zurückverweisung ist der Senat nicht gefolgt, da die Streitsache im Hinblick auf das überzeugende Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.Dr ... entscheidungsreif ist.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1981 geborene Kläger verletzte sich am 05.05.1993 beim Hochsprung-Training im Sportunterricht des Gymnasiums Penzberg. Der Chirurg Dr ... vom Städt. Krankenhaus Penzberg äußerte am 05.05.1993 einen Verdacht auf Kniebinnentrauma links. Nach stationärer Behandlung vom 05.05. bis 19.05. 1993 im Städt. Krankenhaus Penzberg stellte Dr ... eine Teilruptur der Quadricepssehne am linken Kniegelenk fest.
Das Gymnasium Penzberg erklärte in der Unfallanzeige, die Verletzung sei beim Absprung mit dem lattenfernen Bein erfolgt. Beim Orthopäden Dr ... gab der Kläger an, er habe beim Absprung wohl eine Drehbewegung im Kniegelenk gemacht; wegen des plötzlichen Schmerzes habe das Knie nachgegeben, und er sei gestürzt. Gegenüber Dr ... erklärte er, während des Hochsprungs sei plötzlich ein knacksendes Geräusch mit Schmerz im linken Knie aufgetreten. Das Gymnasium Penzberg erklärte am 16.06.1993, es sei zu einer gewaltsamen Verdrehung des Kniegelenks gekommen. Am 11.11.1993 wurde der Kläger in der Unfallklinik Murnau von Privatdozent Dr ... untersucht. Dort erwähnte er, daß er bereits vor dem letzten Sprungversuch Schmerzen im linken Knie verspürt habe. Beim Absprung habe er sich auf dem linken Bein gedreht, danach habe es im linken Knie geschnackelt. Er habe noch die Latte überquert, aber beim Aufkommen sofort starke Schmerzen gehabt.
Unter Berücksichtigung der Unterlagen des Dr ... sowie des Krankenhauses Penzberg mit Bericht über eine Arthroskopie am 05.05.1993 kam Privatdozent Dr ... im Gutachten vom 01.12. 1993 zu dem Ergebnis, durch den anlagebedingt vermehrt nachgiebigen Bandapparat des linken Kniegelenkes und die anlage- bedingte X-Bein-Fehlstellung sei es durch die plötzliche Streckung des Kniegelenkes beim Absprung zu einer Verlagerung der Kniescheibe nach seitlich außen gekommen. Auch ohne das angeschuldigte Ereignis wäre es zu der Knieverletzung in etwa demselben Ausmaß etwa zu derselben Zeit gekommen.
Mit Bescheid vom 11.02.1994 lehnte der Beklagte die Entschädigung der Kniegelenksverletzung mit der Begründung ab, der angeschuldigte Vorgang stelle weder die Ursache noch die rechtserhebliche wesentlich mitverursachende Teilursache der Schädigung des linken Kniegelenks dar, sondern es handele sich um eine Gelegenheitsursache.
Den Widerspruch des Klägers vom 03.03.1994 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.1994 zurück. Das angeschuldigte Ereignis stelle lediglich die rechtlich unerhebliche Gelegenheitsursache für das Bemerkbarwerden eines bereits latent vorhandenen Schadens dar.
Mit der Klage vom 08.06.1994 hat der Kläger geltend gemacht, wesentliche Ursache und Bedingung für die Verletzung sei der Sprungvorgang, verbunden mit Drehung und kurzfristiger Überlastung, gewesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens des Chirurgen und Sportmediziners Dr.Dr ..., der den Kläger am 04.10.1995 ambulant untersuchte. Dr.Dr ... hat den Kläger nochmals zum Unfallhergang befragt. Der Kläger hat angegeben, nach dem zweiten oder dritten Hochsprung habe er unbestimmte Schmerzen im linken Kniegelenk empfunden. Beim nochmaligen Anlaufen von halbrechts auf die Latte zu sei er mit dem Oberkörper in Linksdrehung über den geradeaus weisenden linken Fuß abgesprungen. Dabei sei es im Moment des Absprunges zu einem Schnalzer im linken Kniegelenk gekommen. Nach dem Sprung habe er heftigste Knieschmerzen gehabt. Dr.Dr ... ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, die Möglichkeit einer adäquaten Unfalleinwirkung sei nicht auszuschließen. Die Wahrscheinlichkeit einer wesentlichen Unfallbedeutung für den Quadricepsteilriß mit feinem Kapseneinriß lasse sich aber nicht annehmen. Die biomechanischen und anatomischen Verhältnisse für ein schädigendes Ereignis seien nicht hinreichend dokumentiert. Der Sehnenschaden wäre auch außerhalb des Schulsports bei geplantem Bewegungsablauf eingetreten.
Mit Urteil vom 10.05.1996 hat das Sozialgericht München (SG) die Klage abgewiesen. Das Eintreten des Körperschadens sei nicht auf einen Unfall zurückzuführen, sondern auf eine innere Ursache.
Mit der Berufung vom 04.06.1996 macht der Kläger geltend, die Möglichkeit einer körpereigenen Ursache schließe die Annahme eines Schulunfalles nicht aus. Es sei die wertende Entscheidung zu treffen, ob beide Ursachen wesentlich für den Unfall gewesen seien und folglich beide als Ursache anzusehen seien oder ob die körpereigene Ursache von so überragender Bedeutung gewesen sei, daß hier allein die wesentliche Ursache liege. Das erstinstanzliche Gericht habe den Unfallbegriff verkannt.
Der Kläger stellt mit Schriftsatz vom 03.06.1996 den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.02.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.1994 zu verurteilen, das Ereignis vom 05.05.1993 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Hilfsweise stellt er den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.1996 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII iVm § 580 RVO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen wegen des Unfalles vom 05.05.1993. Die Entschädigung einer Gesundheitsstörung gemäß §§ 548, 581 RVO hat zur Voraussetzung, daß die Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles ist. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet, gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 14 b RVO gehört hierzu auch der Schulbesuch. Ein Unfall ist ein körperlich schädigendes, zeitlich eng begrenztes, plötzliches Ereignis, das von außen auf den Körper einwirkt (KassKomm § 548 RVO RdNr. 5, 9 mwN). Körpereigene Bewegungen, wie das Laufen sind äußere Vorgänge in diesem Sinn, selbst wenn sie gewohnt und üblich sind (Kasseler Komm. aaO). Somit könnte der Kläger während des Sportunterrichts einen Unfall erlitten haben.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit, nämlich deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Kausalität zwischen dem Hochsprung und der Verletzung, ist aber nicht gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest im Hinblick auf das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.Dr ..., der unter Berücksichtigung der ärztlichen Unterlagen in den Akten und nach ambulanter Untersuchung des Klägers inbesondere auf die Nachgiebigkeit der Gelenkbänder und die bis zum Wachstumsschub 1995 vorliegende X-Bein-Stellung hingewiesen hat. Zu berücksichtigen ist auch die auf der ersten Röntgenaufnahme sichtbare flaue Verkalkungssichel unter der Patellaspitze, die zwar möglicherweise auf eine noch unvollständig ausgereifte Kniescheibe hindeutet, andererseits aber auch Ausdruck einer Sinding-Larsen- Erkrankung sein kann. Diese Vermutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, daß auf der rechten Seite nach den Aufnahmen vom November 1994 eine Veränderung des Knochenansatzes der Patella-Strecksehne im Sinne des abheilenden Morbus Osgood-Schlatter vorliegt. Beide Erkrankungen treten in der Jugendzeit nicht selten kombiniert auf.
Auf eine hohe Einrißbereitschaft der Sehne deutet auch die Angabe des Klägers, er habe schon vor dem letzten Sprung Schmerzen verspürt, hin. Zwar ist die Möglichkeit, daß der Sehnenriß durch den Sprungversuch wesentlich verursacht wurde, gegeben. Wahrscheinlichkeit kann aber nicht angenommen werden. Hierfür reicht der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Sprungversuch und Sehnenriß nicht aus. Eine Gewebeschädigung durch den Sprungmechanismus ist nicht wahrscheinlich. Es ist davon auszugehen, daß der Sehnenschaden ebensogut bei einem anderen privaten Ereignis ungefähr zur gleichen Zeit aufgetreten wäre.
Das Unfallereignis war damit nicht wesentliche Bedingung für das Entstehen des Sehnenschadens, sondern die Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für den Fall, daß die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, daß es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkungen bedurfte, sondern daß jedes alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die körpereigenen Urachen müssen erwiesen sein. Nur im Hinblick auf ihre jeweilige Beziehung zum Erfolg reicht das Vorliegen der Wahrscheinlichkeit aus. Kann eine Ursache dagegen nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (BSG vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Der Vorschaden, nämlich die vermehrte Nachgiebigkeit der Seitenbänder und Kreuzbänder beider Kniegelenke, die muskulär nicht vollständig kompensierbar ist, und eine X-Bein-Stellung steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen des Privatdozent Dr ... im Verwaltungsverfahren, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (BSG SozR Nr. 66 zu § 128 SGG) und denjenigen des Dr.Dr ... Damit fehlt es am Vorliegen eines Arbeitsunfalles. Denn ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis, ist nicht als Unfall anzusehen (BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr.35, KassKomm § 548 RVO Rdnr.14 ff.)
Dem Hilfsantrag auf Zurückverweisung ist der Senat nicht gefolgt, da die Streitsache im Hinblick auf das überzeugende Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.Dr ... entscheidungsreif ist.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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