Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 185/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 191/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil vom 26.04.2001 sowie der Bescheid vom 11.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall.
Der am 1952 geborene Kläger beteiligte sich am Freitag den 30.01.1998 gegen 15.00 Uhr an einem Rodelfahren, das im Rahmen einer betrieblichen Jahrestagung seines Arbeitgebers, der L. GmbH (Stuttgart), stattfand. Dabei stürzte er nach vorne, wurde von dem Rodel überfahren und erlitt eine distale Unterschenkelfraktur rechts (Durchgangsarztbericht Dr.W. vom 30.01.1998). Zu der Jahrestagung am Freitag und Samstag 30./31.01.1998 hatte der Arbeitgeber des Klägers, ein überregional tätiger und auf das Pkw-Geschäft spezialisierter Leasinggeber mit insgesamt 210 Arbeitnehmern die Beschäftigten der oberen Unternehmensebene geladen. Teilnehmer waren beide Geschäftsführer mit ihrer Assistentin sowie die Leiterin der Verwaltung, 9 Niederlassungsleiter - darunter der Kläger - zusammen mit den 37 Verkaufskräften des Vertriebes und 13 Gruppen- bzw Verwaltungsleiter. Die Tagung war eine in dieser Form jährlich wiederkehrende, vom Arbeitgeber finanzierte und durchorganisierte Veranstaltung. Die Anwesenheit an ihr war vom Arbeitgeber nachdrücklich erwünscht und wurde von ihm registriert. Sie wurde auch als Arbeitszeit angerechnet. Für die übrigen Betriebsangehörigen führte der Arbeitgeber eine anderweitige Jahrestagung durch. Das Programm war festgelegt wie folgt:
Freitag, 30.01.1998
9.30 Uhr Begrüßung durch die Geschäftsführer
10.00 Uhr Abfahrt mit dem Bus ins Skigebiet
10.45 Uhr "Spiele im Schnee" mit anschließender Wanderung zur Skihütte
13.00 Uhr Mittagessen
14.30 Uhr Schlittenfahren
15.00 Uhr Kaffeetrinken mit anschließendem Gedankenaustausch
16.30 Uhr Ansprache durch den Geschäftsführer Herrn U.
ab 18.00 Uhr Abendessen
Samstag, 31.01.1998
9.30 Uhr Arbeitstagung. Geschäftsjahr 1997. Kennzahlen zur Geschäftsentwicklung. Soll-/Ist-Vergleich. Planung 1998. Marketingaktivitäten 1998
12.30 Uhr Mittagessen und Tagungsende.
Am Unfalltag wurden die Teilnehmer vom Tagungshotel in A. mit einem vom Arbeitgeber gestellten Omnibus nach D./ Schwäbische Alb gefahren. Das dortige sportliche Programm wurde von einem Beschäftigten des Arbeitgebers geleitet. Die Teilnehmer wurden in Gruppen eingeteilt, die zur Unterscheidung verschiedenfarbige Mützen zu tragen hatten. Nach einem Staffellauf am Vormittag waren am Nachmittag die Rodel bereit gestellt und ein Schlepplift zur exklusiven Nutzung angemietet worden. Der Leiter bestimmte für diesen Progammteil, dass jeder Rodel mit einem Mitarbeiter des Innen- und einem Mitarbeiter des Außendienstes zu besetzen war.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.03.1998 die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Der Kläger sei nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit, sondern einer eigenwirtschaftlichen, der Freizeitgestaltung gleichzustellenden Betätigung verunfallt. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch, den der Kläger mit der Pflicht zur Teilnahme an beiden Teilen der Veranstaltung sowie dem engen Zusammenhang von fachlichem und sportiven Teil begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.05.1998).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Nach Einholung von Auskünften des Arbeitgebers zur Veranstaltung hat das SG mit Urteil vom 26.04.2001 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Veranstaltung sei nicht dem betrieblichen Bereich zuzuordnen, weil nicht alle Betriebsangehörigen hätten teilnehmen können. Außerdem sei der erste Tag der Veranstaltung - anders als der zweite - nichtbetrieblichen Angelegenheiten gewidmet gewesen, und es habe für den Kläger kein Zwang zur Teilnahme bestanden.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und auf den betrieblichen Charakter der gesamten Tagung verwiesen. Faktisch hätte sich kein Mitarbeiter der Veranstaltung entziehen können. Die Tagung hätte auch dem Interesse des Arbeitgebers an gruppendynamischen Prozessen und der Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Betriebsteilen gedient.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2001 zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Beklagtenakte und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall gemäß § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) - Siebtes Buch - (VII) und auf Entschädigungsleistungen gemäß §§ 26 ff SGB VII.
Nach § 8 SGB VII ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit erleidet. Erforderlich ist, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (st. Rspr., vgl BSGE 61, 127, 128 zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift § 548 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung - zur Inhaltsgleichheit s. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch, BR-Drs. 263/95 S 219). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sogenannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (st.Rspr., vgl zuletzt BSG NJW 2001, 1669). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 27 mwN).
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen auch Geschäfts- und Dienstreisen, die dazu bestimmt sind, den betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen. Sie stehen versicherungsrechtlich der Betriebsarbeit gleich (BSGE 45, 254, 256; BSGE 51, 257, 259, BSG SozR 2200 § 548 Nr 95). Dabei sind Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehen versichert, während diejenigen, die der Privatsphäre angehören, unversichert sind. (BSG SozR 2200 § 548 Nrn 21 und 95).
Nach den hierfür entwickelten Grundsätzen nimmt der Senat Unfallversicherungsschutz des Klägers bei der Rodelfahrt am 30.01.1998 an. Wie sich aus dem Programm für die Tagung am 30./31.01.1998 und der Auskunft des Arbeitgebers vom 19.02.2001 ergibt, diente die sich über zwei Tage erstreckende Tagung in ihrer Gesamtheit betrieblichen Belangen. Sie war darauf ausgerichtet, die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Innendienst zu festigen. Dementsprechend waren 37 Verkaufskräfte des Vertriebs geladen. Die Tagung war vom Arbeitgeber vollständig durchorganisiert, die Geschäftsführung und ihre engsten Mitarbeiter waren während der gesamten Veranstaltung anwesend. Der Arbeitgeber, der wegen seiner überregionalen Präsenz in Form von mehreren verstreuten Niederlassungen an einer engverzahnten Kommunikation zwischen den Mitarbeitern aller Bereiche speziell interessiert war, hatte die Veranstaltung bewusst mit einem Tag beginnen lassen, der vollständig dem gruppendynamisch gesteuerten Abbau von Spannungen diente, dem Knüpfen von neuen Beziehungen und zusätzlichen Kontakten. Das sportliche Programm am 30.01.1998 zwischen der Begrüßung durch den Geschäftsführer um 9.30 Uhr und der Ansprache durch den Geschäftsführer um 16.30 Uhr sollte offenbar der gemeinsamen Einstimmung und der Stärkung der Verbundenheit unter den Betriebsangehörigen dienen. Das wird nach den glaubhaften Angaben des Klägers darin deutlich, dass eine Abwesenheit zu dieser Zeit unerwünscht gewesen wäre. Für den inneren Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit spricht auch, dass die Teilnehmer keine eigene individuelle Gestaltungsmöglichkeit bezüglich des sportlichen Programmablaufs hatten, sondern sich alle in das vom Arbeitgeber vorgegebene Programm einzuordnen hatten. So wurden die Teilnehmer vom Tagungshotel in A. mit einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Bus in die Schwäbische Alb gefahren und ihnen dort an der exklusiv gemieteten Liftanlage das Sportgerät (Schlitten) zur Verfügung gestellt. Sie wurden von einem Mitarbeiter in Gruppen eingeteilt und es wurden ihnen je nach Gruppenzugehörigkeit verschiedenfarbige Mützen gegeben und angeordnet, in welcher Zusammensetzung die Schlitten zu besetzen waren. Der Arbeitgeber hatte also Ablauf und Durchführung so ausgestaltet, dass spezielle Fähigkeiten der Mitarbeiter wie Kontaktfähigkeit, die Fähigkeit offen auf andere Personen zuzugehen, Konflikte anzusprechen und einer Lösung zuzuführen, wie das Verständnis als Wettbewerber untereinander trainiert werden konnten. Die Einteilung in verschiedene Gruppen hatte einen wettbewerblichen Charakter, Konkurrenzdenken konnte durch das anschließende gemeinsame Mittagessen wieder abgebaut werden. Die Besetzung beim Rodelwettbewerb mit einem Mitarbeiter des Innen- und einem Mitarbeiter des Außendienstes diente dazu, die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den örtlich getrennten Niederlassungen zu fördern, worauf der Arbeitgeber als überregionales Unternehmen besonders angewiesen war.
Damit handelt es sich bei der Schlittenfahrt nicht um eine Verrichtung, die der unversicherten Privatsphäre angehört wie etwa bei touristischen Vorhaben, Besichtigungsfahrten und kulturellen Veranstaltungen im Rahmen von Incentivereisen oder Motivationsreisen (SozR 3-2200 BSG § 548 Nr 21). Entgegen der Auffassung des Erstgerichts steht auch der Annahme einer betrieblichen Tätigkeit nicht entgegen, dass nicht alle Betriebsangehörigen teilnehmen konnten. Dieses Kriterium ist von der Rechtsprechung für die Frage des Versicherungsschutzes bei Gemeinschaftsveranstaltungen, die der versicherten Betriebstätigkeit gleichgesetzt werden können (vgl BSGE 1, 179, 7, 249; 56, 283, 284 = SozR 2200 § 548 Nr 65), entwickelt worden. Im vorliegenden Fall war eindeutig keine derartige Gemeinschaftsveranstaltung gewollt, sondern es handelte sich um eine betrieblich orientierte Tagung eines nach bestimmten Kriterien ausgesuchten Personenkreises, die betriebliche Zusammenhänge erörterten wie sich aus dem Programm vom 31.01.1998 ergibt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall.
Der am 1952 geborene Kläger beteiligte sich am Freitag den 30.01.1998 gegen 15.00 Uhr an einem Rodelfahren, das im Rahmen einer betrieblichen Jahrestagung seines Arbeitgebers, der L. GmbH (Stuttgart), stattfand. Dabei stürzte er nach vorne, wurde von dem Rodel überfahren und erlitt eine distale Unterschenkelfraktur rechts (Durchgangsarztbericht Dr.W. vom 30.01.1998). Zu der Jahrestagung am Freitag und Samstag 30./31.01.1998 hatte der Arbeitgeber des Klägers, ein überregional tätiger und auf das Pkw-Geschäft spezialisierter Leasinggeber mit insgesamt 210 Arbeitnehmern die Beschäftigten der oberen Unternehmensebene geladen. Teilnehmer waren beide Geschäftsführer mit ihrer Assistentin sowie die Leiterin der Verwaltung, 9 Niederlassungsleiter - darunter der Kläger - zusammen mit den 37 Verkaufskräften des Vertriebes und 13 Gruppen- bzw Verwaltungsleiter. Die Tagung war eine in dieser Form jährlich wiederkehrende, vom Arbeitgeber finanzierte und durchorganisierte Veranstaltung. Die Anwesenheit an ihr war vom Arbeitgeber nachdrücklich erwünscht und wurde von ihm registriert. Sie wurde auch als Arbeitszeit angerechnet. Für die übrigen Betriebsangehörigen führte der Arbeitgeber eine anderweitige Jahrestagung durch. Das Programm war festgelegt wie folgt:
Freitag, 30.01.1998
9.30 Uhr Begrüßung durch die Geschäftsführer
10.00 Uhr Abfahrt mit dem Bus ins Skigebiet
10.45 Uhr "Spiele im Schnee" mit anschließender Wanderung zur Skihütte
13.00 Uhr Mittagessen
14.30 Uhr Schlittenfahren
15.00 Uhr Kaffeetrinken mit anschließendem Gedankenaustausch
16.30 Uhr Ansprache durch den Geschäftsführer Herrn U.
ab 18.00 Uhr Abendessen
Samstag, 31.01.1998
9.30 Uhr Arbeitstagung. Geschäftsjahr 1997. Kennzahlen zur Geschäftsentwicklung. Soll-/Ist-Vergleich. Planung 1998. Marketingaktivitäten 1998
12.30 Uhr Mittagessen und Tagungsende.
Am Unfalltag wurden die Teilnehmer vom Tagungshotel in A. mit einem vom Arbeitgeber gestellten Omnibus nach D./ Schwäbische Alb gefahren. Das dortige sportliche Programm wurde von einem Beschäftigten des Arbeitgebers geleitet. Die Teilnehmer wurden in Gruppen eingeteilt, die zur Unterscheidung verschiedenfarbige Mützen zu tragen hatten. Nach einem Staffellauf am Vormittag waren am Nachmittag die Rodel bereit gestellt und ein Schlepplift zur exklusiven Nutzung angemietet worden. Der Leiter bestimmte für diesen Progammteil, dass jeder Rodel mit einem Mitarbeiter des Innen- und einem Mitarbeiter des Außendienstes zu besetzen war.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.03.1998 die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Der Kläger sei nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit, sondern einer eigenwirtschaftlichen, der Freizeitgestaltung gleichzustellenden Betätigung verunfallt. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch, den der Kläger mit der Pflicht zur Teilnahme an beiden Teilen der Veranstaltung sowie dem engen Zusammenhang von fachlichem und sportiven Teil begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.05.1998).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Nach Einholung von Auskünften des Arbeitgebers zur Veranstaltung hat das SG mit Urteil vom 26.04.2001 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Veranstaltung sei nicht dem betrieblichen Bereich zuzuordnen, weil nicht alle Betriebsangehörigen hätten teilnehmen können. Außerdem sei der erste Tag der Veranstaltung - anders als der zweite - nichtbetrieblichen Angelegenheiten gewidmet gewesen, und es habe für den Kläger kein Zwang zur Teilnahme bestanden.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und auf den betrieblichen Charakter der gesamten Tagung verwiesen. Faktisch hätte sich kein Mitarbeiter der Veranstaltung entziehen können. Die Tagung hätte auch dem Interesse des Arbeitgebers an gruppendynamischen Prozessen und der Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Betriebsteilen gedient.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2001 zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Beklagtenakte und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 30.01.1998 als Arbeitsunfall gemäß § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) - Siebtes Buch - (VII) und auf Entschädigungsleistungen gemäß §§ 26 ff SGB VII.
Nach § 8 SGB VII ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit erleidet. Erforderlich ist, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (st. Rspr., vgl BSGE 61, 127, 128 zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift § 548 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung - zur Inhaltsgleichheit s. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch, BR-Drs. 263/95 S 219). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sogenannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (st.Rspr., vgl zuletzt BSG NJW 2001, 1669). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 27 mwN).
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen auch Geschäfts- und Dienstreisen, die dazu bestimmt sind, den betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen. Sie stehen versicherungsrechtlich der Betriebsarbeit gleich (BSGE 45, 254, 256; BSGE 51, 257, 259, BSG SozR 2200 § 548 Nr 95). Dabei sind Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehen versichert, während diejenigen, die der Privatsphäre angehören, unversichert sind. (BSG SozR 2200 § 548 Nrn 21 und 95).
Nach den hierfür entwickelten Grundsätzen nimmt der Senat Unfallversicherungsschutz des Klägers bei der Rodelfahrt am 30.01.1998 an. Wie sich aus dem Programm für die Tagung am 30./31.01.1998 und der Auskunft des Arbeitgebers vom 19.02.2001 ergibt, diente die sich über zwei Tage erstreckende Tagung in ihrer Gesamtheit betrieblichen Belangen. Sie war darauf ausgerichtet, die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Innendienst zu festigen. Dementsprechend waren 37 Verkaufskräfte des Vertriebs geladen. Die Tagung war vom Arbeitgeber vollständig durchorganisiert, die Geschäftsführung und ihre engsten Mitarbeiter waren während der gesamten Veranstaltung anwesend. Der Arbeitgeber, der wegen seiner überregionalen Präsenz in Form von mehreren verstreuten Niederlassungen an einer engverzahnten Kommunikation zwischen den Mitarbeitern aller Bereiche speziell interessiert war, hatte die Veranstaltung bewusst mit einem Tag beginnen lassen, der vollständig dem gruppendynamisch gesteuerten Abbau von Spannungen diente, dem Knüpfen von neuen Beziehungen und zusätzlichen Kontakten. Das sportliche Programm am 30.01.1998 zwischen der Begrüßung durch den Geschäftsführer um 9.30 Uhr und der Ansprache durch den Geschäftsführer um 16.30 Uhr sollte offenbar der gemeinsamen Einstimmung und der Stärkung der Verbundenheit unter den Betriebsangehörigen dienen. Das wird nach den glaubhaften Angaben des Klägers darin deutlich, dass eine Abwesenheit zu dieser Zeit unerwünscht gewesen wäre. Für den inneren Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit spricht auch, dass die Teilnehmer keine eigene individuelle Gestaltungsmöglichkeit bezüglich des sportlichen Programmablaufs hatten, sondern sich alle in das vom Arbeitgeber vorgegebene Programm einzuordnen hatten. So wurden die Teilnehmer vom Tagungshotel in A. mit einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Bus in die Schwäbische Alb gefahren und ihnen dort an der exklusiv gemieteten Liftanlage das Sportgerät (Schlitten) zur Verfügung gestellt. Sie wurden von einem Mitarbeiter in Gruppen eingeteilt und es wurden ihnen je nach Gruppenzugehörigkeit verschiedenfarbige Mützen gegeben und angeordnet, in welcher Zusammensetzung die Schlitten zu besetzen waren. Der Arbeitgeber hatte also Ablauf und Durchführung so ausgestaltet, dass spezielle Fähigkeiten der Mitarbeiter wie Kontaktfähigkeit, die Fähigkeit offen auf andere Personen zuzugehen, Konflikte anzusprechen und einer Lösung zuzuführen, wie das Verständnis als Wettbewerber untereinander trainiert werden konnten. Die Einteilung in verschiedene Gruppen hatte einen wettbewerblichen Charakter, Konkurrenzdenken konnte durch das anschließende gemeinsame Mittagessen wieder abgebaut werden. Die Besetzung beim Rodelwettbewerb mit einem Mitarbeiter des Innen- und einem Mitarbeiter des Außendienstes diente dazu, die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den örtlich getrennten Niederlassungen zu fördern, worauf der Arbeitgeber als überregionales Unternehmen besonders angewiesen war.
Damit handelt es sich bei der Schlittenfahrt nicht um eine Verrichtung, die der unversicherten Privatsphäre angehört wie etwa bei touristischen Vorhaben, Besichtigungsfahrten und kulturellen Veranstaltungen im Rahmen von Incentivereisen oder Motivationsreisen (SozR 3-2200 BSG § 548 Nr 21). Entgegen der Auffassung des Erstgerichts steht auch der Annahme einer betrieblichen Tätigkeit nicht entgegen, dass nicht alle Betriebsangehörigen teilnehmen konnten. Dieses Kriterium ist von der Rechtsprechung für die Frage des Versicherungsschutzes bei Gemeinschaftsveranstaltungen, die der versicherten Betriebstätigkeit gleichgesetzt werden können (vgl BSGE 1, 179, 7, 249; 56, 283, 284 = SozR 2200 § 548 Nr 65), entwickelt worden. Im vorliegenden Fall war eindeutig keine derartige Gemeinschaftsveranstaltung gewollt, sondern es handelte sich um eine betrieblich orientierte Tagung eines nach bestimmten Kriterien ausgesuchten Personenkreises, die betriebliche Zusammenhänge erörterten wie sich aus dem Programm vom 31.01.1998 ergibt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.
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