Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 1721/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 24/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 2/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 geändert. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 werden auch aufgehoben, soweit die Beklagte sachlich-rechnerische Richtigstellungen für die Quartale III/1991, IV/1991, III/1992 und IV/1992 vorgenommen hat und für die Quartale III/1991 bis IV/1992 Honorarzahlungen in Höhe von insgesamt 377.482,06 DM zurückfordert. Im übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten 2/3, die Beklagte dem Kläger 1/3 der außergerichtlichen Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zur Aufhebung von Honorarbescheiden.
Der Kläger war als Leiter der Abteilung für pädiatrische Genetik der Kinderpoliklinik M. seit Juli 1981 für humangenetische Begutachtungen und zytogenetische Untersuchungen zur Teilnahme an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt; seine durchschnittliche Fallzahl pro Quartal belief sich 1992/93 auf 1.092 Fälle. Der Kläger rechnete gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die von ihm durchgeführten Leistungen nach Nr 115 des Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) bzw der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) ("Chromosomenanalyse aus Amnionzellen oder Chorionzotten, einschließlich vorangehender Kultiverung und ggf langzeitiger Subkultivierung" - seinerzeit mit 5.500 Punkten bewertet) - zunächst in einigen Fällen, ab dem Quartal II/1992 regelmäßig - je Untersuchungsfall entsprechend der Zahl der durchgeführten Zelluntersuchungen, dh unter Umständen mehrfach, ab. Nachdem die Beklagte diese Leistungen in den Quartalen seit I/1991 zunächst entsprechend den Honoraranforderungen des Klägers vergütet hatte, informierte sie ihre Bezirksstellen im Mai 1991 darüber, daß Nr 115 BMÄ/E-GO nur einmal berechnungsfähig sei, sofern sie in einem zeitlichen Zusammenhang erbracht werde (Ausnahme: Mehrlingsschwangerschaften). Für die Quartale I und II/1992 setzte die Beklagte sodann im Rahmen sachlich-rechnerischer Richtigstellungen die mehrfach abgerechneten Positionen nach Nr 115 BMÄ/E-GO ab.
Auf die Widersprüche des Klägers hin nahm die Beklagte jeweils eine "Richtigstellung" bzw "Berichtigung" der für diese Quartale erteilten Honorarabrechnungen vor und vergütete ihm insgesamt 34.072,50 DM nach (Bescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992). Für die Quartale ab III/1992 vergütete sie ihm Nr 115 BMÄ/E-GO wieder entsprechend seinen Anforderungen ggf je Untersuchungsfall mehrfach.
Gegenüber einem anderen Kassen-(Vertrags-)arzt hatte die Beklagte in ihren Honorarbescheiden die Ansicht vertreten und daran festgehalten, daß die Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO jeweils nur einmal zu gewähren sei. Klage und Berufung dieses Arztes blieben ohne Erfolg (Urteile des Sozialgerichts (SG) München vom 11. August 1992 und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 27. Oktober 1993).
Am 16. November 1993 fand ua zwischen dem Vorsitzenden der zuständigen Bezirksstelle der Beklagten und Berufsvertretern der Humangenetiker - ua dem Kläger sowie dem Vorsitzenden des Berufsverbandes niedergelassener Humangenetiker in der Bundesrepublik Deutschland eV - ein Gespräch über die streitige Abrechnungsfrage statt, das mit dem Ergebnis der Beibehaltung des bisherigen Verfahrens der Mehrfachvergütung endete. Einzelheiten dieses Gesprächs werden von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt.
Nachdem der Beklagten die schriftlichen Entscheidungsgründe des Urteils des Bayerischen LSG vom 27. Oktober 1993 vorlagen, teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 6. April 1994 mit, die mehrfache Abrechnung der Nr 115 BMÄ/E-GO werde ab dem Quartal IV/1993 "nur noch unter Vorbehalt" erfolgen; falls das Bundessozialgericht (BSG) die genannten Entscheidungen des SG und LSG bestätige, müßten die Honorarbescheide berichtigt und überzahlte Beträge zurückgefordert werden.
Das BSG verneinte mit Urteil vom 1. Februar 1995 (SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1) in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen die mehrfache Abrechenbarkeit der streitigen Chromosomenanalysen. Als der Beklagten dieses Urteil vorlag, vergütete sie die Nr 115 BMÄ/E-GO nur noch einmal je Untersuchungsfall.
Mit den im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheiden führte sie zudem bei dem Kläger für die zurückliegenden Quartale sachlich-rechnerische Richtigstellungen durch. Sie errechnete für die Quartale I/1991 bis II/1994, für die sie ihm insgesamt Honorar in Höhe von ca 4,5 Mio DM gewährt hatte, eine Überzahlung von 1.277.210,21 DM. Dabei kündigte sie eine Verrechnung mit künftigen Zahlungen in Höhe von 50.000 DM je Quartal an. Auf den Widerspruch des Klägers hin nahm die Beklagte von der Richtigstellung die Quartale I und II/1991 aus, weil insoweit die für Richtigstellungen maßgebliche Vierjahresfrist verstrichen sei, und beschränkte mithin die Rückforderung auf 1.261.048,25 DM; die für die Quartale III/1991 bis II/1994 durchgeführten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen entsprächen dem Urteil des BSG; die Einschränkungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) habe sie nicht beachten müssen (Bescheid vom 18. Januar 1996; Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1996).
In dem hiergegen anhängig gemachten Klageverfahren hat die Beklagte den Rückforderungsbetrag um einen 10%-igen Investitionskostenabschlag auf 1.134.943,44 DM gekürzt (Bescheid vom 25. März 1998). Das SG hat die darüber hinausgehende Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil es der Beklagten oblegen habe, die vom Kläger eingereichten Abrechnungen auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen und unabhängig von den Voraussetzungen des § 45 SGB X zu berichtigen (Urteil vom 17. Dezember 1998).
Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert (Urteil vom 26. Juli 2000). Es hat die Bescheidänderungen und Honorarrückforderungen für die Quartale I und II/1992 aufgehoben, die Klageabweisung des SG für die Quartale III und IV/ 1991 sowie III/1992 bis II/1994 hingegen bestätigt. Im Urteil ist ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund der Bestimmungen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm den bundesmantelvertraglichen Regelungen grundsätzlich berechtigt, nachträgliche Richtigstellungen durchzuführen. Diese Vorschriften verdrängten als Sonderbestimmungen die §§ 44 ff SGB X. Der Vertragsarzt könne nicht auf den Bestand des Honorarbescheides vertrauen, solange die für Wirtschaftlichkeitsprüfungen anerkannte und für sachlich-rechnerische Richtigstellungen ebenfalls geltende Vierjahresfrist noch nicht verstrichen sei. Sei allerdings ein Richtigstellungsverfahren bereits durchgeführt worden - gleichgültig mit welchem Ergebnis -, so stehe der Honorarbescheid nicht mehr unter Vorbehalt. Daher habe eine Richtigstellung hinsichtlich der Quartale I/1992 und II/1992 nicht mehr erfolgen dürfen. Vielmehr wäre insoweit nur eine Rücknahme gemäß § 45 SGB X möglich gewesen, dessen Voraussetzungen aber erkennbar nicht vorlägen. Der Kläger habe von einer abschließend durchgeführten Überprüfung der Quartalsabrechnungen I und II/1992 auch deshalb ausgehen können, weil der Beklagten bereits bei Erlaß ihrer Abhilfebescheide das Verfahren beim SG München bekannt gewesen sei. Anders liege es bei den Quartalen III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994. Die Honorarbescheide für diese Quartale hätten noch richtiggestellt werden können; die dafür geltende Vierjahresfrist sei gewahrt. Vertrauensschutz bestehe insoweit nicht, auch wenn die Beklagte dem Kläger die Leistungen über längere Zeit hinweg vergütet habe. Ebensowenig liege darin, daß die Beklagte in ihren Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 dem Widerspruchsbegehren des Klägers auf Anerkennung des mehrfachen Ansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO stattgegeben habe, eine Gestattung des Mehrfachansatzes auch für weitere Quartale. Denn schon die Kenntnis des Klägers von dem gegen die Beklagte geführten Rechtsstreit, der mit dem Urteil des SG München vom 11. August 1992, dem Urteil des Bayerischen LSG vom 27. Oktober 1993 sowie dem Urteil des BSG vom 1. Februar 1995 endete, habe der Entwicklung von Vertrauen entgegengestanden. Auf die von ihm am 16. November 1993 geführten Gespräche mit Vertretern der KÄV-Bezirksstelle komme es nicht an. Soweit hier eine mehrfache Vergütung zugesagt worden sein sollte, habe dies frühestens für das Quartal IV/1993 Vertrauen begründen können, welches aber durch die ausdrücklich nur vorläufige Zahlung ab dem Quartal IV/1993 iVm dem Schreiben der Beklagten vom 6. April 1994 wieder zerstört worden sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wenden sich sowohl der Kläger (wegen seines Unterliegens hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994) als auch die Beklagte (wegen ihres Unterliegens hinsichtlich der Quartale I und II/1992) mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen.
Der Kläger ist der Ansicht, der Korrekturbescheid sei auch hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994 aufzuheben. Er stützt sich dazu ua auf ein für den Kläger eines Parallelverfahrens erstelltes Rechtsgutachten von Prof. Dr. Lerche. Darin wird neben anderem ausgeführt, auch bei der Rücknahme vertragsärztlicher Honorarbescheide müßten entsprechend den Regelungen der §§ 45, 48 SGB X Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt werden; sachlich-rechnerische Richtigstellungen müßten nach Maßgabe dieser Voraussetzungen erfolgen, wenn es um standardisierte Rechtsfragen wie die mehrfache Abrechenbarkeit einer Gebührennummer und nicht um Fragen der tatsächlichen Leistungserbringung und ihrer Wirtschaftlichkeit gehe; außerdem könnten Richtigstellungen grundsätzlich nur innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden. - Als Rechtsgrundlage einer Aufhebung der weiteren Honorarbescheide komme ebenso wie hinsichtlich der Quartale I und II/1992 nur § 45 SGB X in Betracht, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt seien. Das Verfahren sachlich-rechnerischer Richtigstellung gelte nur für offensichtliche Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten, nicht indessen für die unklare Auslegung einer Gebührenordnungsposition. Spezialvorschriften iS von § 37 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), die die Anwendung des § 45 SGB X ausschlössen, bestünden nicht. Wie das Rechtsgutachten ergebe, tauge dafür insbesondere § 83 Abs 2 SGB V nicht. Vielmehr müsse nach dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz die Möglichkeit bestehen, gegenüber einer Rücknahme oder einem Widerruf begünstigender Verwaltungsakte Vertrauensschutz geltend zu machen. Für ein Vertrauen spreche hier, daß die bestandskräftig gewordenen Honorarbescheide keinen Vorbehalt oä enthalten hätten sowie daß hinsichtlich der Quartale I und II/1992 bereits Überprüfungen mit dem Ergebnis mehrfacher Vergütung stattgefunden hätten, die sich zu seinen Gunsten auch für die vorher liegende und nachfolgende Zeit auswirkten. Das am 16. November 1993 geführte Gespräch habe sein Vertrauen bestärkt. Die Beklagte bringe ohne Erfolg vor, daß nur im konkreten Umfang der Prüfungen für die Quartale I und II/1992 ein Verbrauch der Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung in Betracht komme; denn sonst könnte eine KÄV stets behaupten, nur eine Teilprüfung vorgenommen zu haben, und so die Rechtsprechung, daß der Honorarbescheid durch die Überprüfung der Abrechnung verbindlich werde, unterlaufen. Die Beklagte habe erstmals in dem Schreiben vom 6. April 1994 angekündigt, den mehrfachen Ansatz der streitigen Gebührennummer nur noch unter Vorbehalt anzuerkennen. Dieses Schreiben habe sein Vertrauen frühestens ab Mitte des Quartals II/1994 zerstört. Die Rückforderung sei auch unter dem Blickwinkel des venire contra factum proprium rechtswidrig. Hätte die Beklagte sein Vertrauen früher erschüttert, zB ein Schreiben wie dasjenige vom 6. April 1994 eher versandt, so hätte er in Fällen, in denen bereits die erste Zellkultur eindeutige Ergebnisse geliefert habe, keine weitere Zelluntersuchung durchgeführt und so erhebliche Kosten eingespart. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß infolge des Urteils des BSG vom 1. Februar 1995 die Bewertung der Nr 115 BMÄ/E-GO erheblich angehoben worden sei, um auszugleichen, daß nunmehr nur noch eine einfache Vergütung gewährt werde. Dies belege, daß die Rückforderung der in der Vergangenheit gewährten zusätzlichen Zahlungen eine massive - zudem rückwirkende - Untervergütung ergäbe. Er habe die Honorare auch bereits verbraucht, mit ihnen nämlich seine Praxiskosten gedeckt und im Vertrauen auf die Richtigkeit der ausdrücklich gebilligten Doppelabrechnung kostensenkende Maßnahmen unterlassen. Die Höhe des Rückforderungsbetrages würde darauf hinauslaufen, ihn - den Kläger - beruflich zu ruinieren. Im übrigen sei die für Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide geltende Frist verstrichen, denn die im Bayerischen Gesamtvertrag normierte Sechs- bzw Zwölfmonatsfrist hätte beachtet werden müssen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 und des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 insgesamt aufzuheben, ferner,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 insoweit zu ändern, als es das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 geändert sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 teilweise aufgehoben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 in vollem Umfang zurückzuweisen, ferner,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des LSG, soweit es die Richtigstellungen als rechtmäßig angesehen hat. Sie macht geltend, die Richtigstellungen seien auch für die Quartale I und II/1992 rechtmäßig. Das insoweit durchgeführte Prüfverfahren sei nicht abschließend gewesen. Die Nachvergütung der Nr 115 BMÄ/E-GO sei nur mit Blick auf die damals noch nicht abgeschlossene Diskussion über die Abrechenbarkeit erfolgt. Gegenüber berechtigten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sei zudem kein Raum für Vertrauensschutz. Die Richtigstellungen hätten ferner nur Teile der abgerechneten Leistungen betroffen, so daß allenfalls bezogen auf die nachgewährten Ansätze das Recht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung "verbraucht" sein könne. Im übrigen sei der Kläger intensiv in die damaligen berufspolitischen Bemühungen der humangenetisch tätigen Ärzte um eine höhere Vergütung eingebunden und über die rechtlichen Auseinandersetzungen informiert gewesen. Es sei darüber hinaus nicht ersichtlich, aus welchem Grunde sie (die Beklagte) nicht berechtigt sein solle, die vom LSG genannte Summe von 112.833,33 DM zurückzufordern. Da die Gesamtforderung für das Quartal I/1992 539,55 DM und für das Quartal II/1992 112.233,83 DM betrage, ergäben sich zusammen 112.773,38 DM. Insgesamt könne es nach den getroffenen Abhilfeentscheidungen aber nur um einen Betrag von 34.072,50 DM gehen.
Der Kläger erwidert, die Beklagte habe sich in ihren Abhilfebescheiden ausdrücklich und ohne Einschränkung seiner Rechtsauffassung angeschlossen. Im Widerspruchsverfahren müsse dabei eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage stattgefunden haben, aufgrund derer die Honorarbescheide Bestandskraft erlangt hätten. Eine Rücknahme der Abhilfebescheide über § 45 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 3 SGB X scheide aus. Er (der Kläger) habe trotz positiver Bescheide nicht mehr mit einer Aufhebung rechnen müssen, zumal eine Vorläufigkeit nicht zum Ausdruck gebracht worden sei.
II
Die Revision des Klägers ist zu einem Teil begründet, die der Beklagten unbegründet. Der Senat hat das Urteil des LSG auf die Revision des Klägers dahingehend geändert, daß die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide nicht nur hinsichtlich der Quartale I und II/1992, sondern auch hinsichtlich der Quartale III/1991, IV/1991, III/1992 und IV/1992 aufgehoben werden und seine Klage lediglich bezüglich der Quartale I/1993 bis II/1994 abgewiesen wird. Die Beklagte war nur berechtigt, für die letztgenannten Quartale die ursprünglichen Honorarbescheide wegen des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO aufzuheben und Überzahlungen zurückzufordern.
Die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind nicht deshalb formell rechtswidrig, weil der Kläger vor ihrem Erlaß entgegen § 24 Abs 1 SGB X nicht angehört wurde. Die Notwendigkeit einer Anhörung besteht zwar auch für die (Teil-)Aufhebung und Ersetzung eines Honorarbescheides, der seiner Rechtsnatur nach lediglich vorläufig ist (BSGE 87, 122, 123 = SozR 3-3900 § 22 Nr 2 S 10 f; zuletzt Urteile vom 31. Oktober 2001 - zB B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der Mangel der Anhörung kann aber gemäß § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X (Abs 2 in der hier anzuwendenden, bis zum Inkrafttreten des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 - BGBl I 1983 - geltenden Fassung) dadurch geheilt werden, daß dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 11 S 72 f mwN; Urteile vom 31. Oktober 2001 aaO). Das ist im vorliegenden Fall geschehen.
Die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind bezüglich der Quartale I/1993 bis II/1994 auch ansonsten rechtmäßig. Hingegen sind sie hinsichtlich der Quartale III/1991, IV/1991, (mit dem Berufungsgericht) für die Quartale I und II/1992 sowie hinsichtlich der Quartale III/1992 und IV/1992 aufzuheben; die nachträgliche Berichtigung der ursprünglichen Honorarbescheide war insoweit rechtswidrig.
Rechtsgrundlage der Bescheidaufhebungen und Rückforderungen sind die Regelungen des Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und des Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) über die Befugnis der KÄV zur Durchführung sachlich-rechnerischer Berichtigungen auch im Wege nachgehender Berichtigung (im BMV-Ä: § 45 Abs 2 Satz 1 der seit 1. Januar 1995 bzw § 40 Abs 1 der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung; im EKV-Ä: § 34 Abs 4 Satz 2 der seit 1. Juli 1994 geltenden bzw § 21 Abs 7 der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung). Nach diesen im wesentlichen gleichlautenden Vorschriften berichtigt die KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes bei sachlich-rechnerischer Unrichtigkeit. Für das sich hieraus ergebende Recht der KÄV zur nachträglichen Korrektur von Honorarbescheiden ist es ohne Bedeutung, ob die KÄV das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse (KK) durchführt (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 22 S 71). Sachlich-rechnerische Richtigstellungen können insbesondere erfolgen, wenn sich wie hier nachträglich - nach gerichtlicher Klärung einer Auslegungsfrage - herausstellt, daß ein Vertragsarzt nicht berechtigt war, in einem Untersuchungsfall die Vergütung für ein Analyseverfahren mehrfach anzusetzen. Darüber hinaus besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Berichtigungsbefugnis der KÄV auch in den Fällen, in denen bei Erlaß des Honorarbescheides Unsicherheit über die Wirksamkeit rechtlicher Normen besteht, die Einfluß auf die Honorarhöhe haben. Honorarbescheide im Vertragsarztrecht ergehen - ungeachtet ihres Charakters als Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X - unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen (s dazu im einzelnen Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die Bestimmungen über die Befugnis der KÄVen, vertragsärztliche Honoraranforderungen und -bescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen iS des § 37 Satz 1 SGB I dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V, erlassen worden sind (vergleichbar insoweit BVerwG DVBl 1987, 694, 695, betr Regelung, die lediglich in einer Rechtsverordnung enthalten und pauschal gefaßt ist). Die Erwägungen, die für die grundsätzliche Nichtanwendung des § 45 SGB X auf die Korrektur von Honorarbescheiden maßgeblich sind, hat der erkennende Senat mehrfach dargelegt (insbesondere BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 und zuletzt Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; ebenso ua BSGSozR 3-5533 Nr 3512 Nr 1 S 2; SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 3 mwN).
Die gesetzliche Grundlage der bundesmantelvertraglichen Regelungen, deren Bestehen in dem vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten in Zweifel gezogen wird, findet sich in § 82 Abs 1 SGB V. Danach ist der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der KKn in Bundesmantelverträgen zu vereinbaren. Diese Ermächtigung umfaßt auch die Schaffung von Verfahren zur rechnerischen und gebührenordnungsgemäßen Prüfung sowie zur Richtigstellung (Aufhebung) bescheidmäßig festgestellter vertragsärztlicher Honoraranforderungen (vgl insbesondere BSGE 74, 44, 48 f = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 65; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 10 S 42; s auch BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 2; vgl ferner das oben zitierte Urteil BVerwG DVBl 1987, 694, 695).
Im Hinblick auf die Besonderheiten der Honorarverteilung kann ein Vertragsarzt nicht, wie in der Rechtsprechung bereits aufgezeigt worden ist, auf den Bestand eines Honorarbescheides, der vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilt wurde, vertrauen (s zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Denn die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung (§ 85 Abs 4 Satz 1 SGB V) ist dadurch gekennzeichnet, daß die KÄV quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne daß sie bis dahin - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Hinzu kommt, daß Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (zB Abrechnung von Leistungen, obwohl der jeweilige Leistungsinhalt nicht bzw nicht vollständig erbracht worden ist) nicht der systematischen Überprüfung durch die KÄV zugänglich sind, sondern oft nur aufgrund besonderer Umstände, oftmals zufällig, aufgedeckt werden (können). Vor diesem Hintergrund besteht ein Bedürfnis dafür, daß die KÄV die Möglichkeit behält, nach endgültiger Klärung der Sach- und Rechtslage die - der Sache nach erst vorläufige - Entscheidung zu korrigieren und durch eine endgültige zu ersetzen, ohne an die Regelungen über die Rücknahme von Verwaltungsakten nach § 45 SGB X gebunden und ohne durch einen Vertrauensschutz des Leistungsempfängers daran gehindert zu sein. Diese Korrekturmöglichkeit entspricht dem Rechtszustand in anderen Bereichen, in denen die Befugnis zum Erlaß vorläufiger Entscheidungen teilweise ohne ausdrückliche normative Ermächtigung anerkannt (zB im Subventionsrecht, vgl BVerwGE 67, 99) bzw gesetzlich vorgesehen ist (vgl außer der allgemeinen Vorschrift des § 42 SGB I über die Bewilligung von Vorschüssen zB die vorläufigen Leistungsbewilligungen gemäß § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und vorläufigen Steuerfestsetzungen gemäß § 165 Abgabenordnung; zu diesen Beispielen vgl BSG, Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die bundesmantelvertraglichen Regelungen, die die Aufhebung von Honorarbescheiden ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 SGB X zulassen, halten sich innerhalb der Vorgabe des § 82 Abs 1 SGB V. Sie sind die verwaltungsverfahrensrechtliche Reaktion auf das im Interesse der Vertragsärzte vorgegebene Ziel jeder Honorarverteilung, daß nach jedem Quartal möglichst schnell und möglichst umfassend die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge ausgekehrt werden. Den Vertragsärzten liegt - insbesondere wegen der zu bestreitenden Praxiskosten - daran, daß die Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung möglichst kurz ist. Die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Honorar über einen längeren Zeitraum hinweg widerspräche dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein BSGE 81, 213, 220 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 155). Vorschriften darüber, daß die KÄV alsbald nach Abschluß des jeweiligen Quartals die Abrechnung vorzunehmen und den Vertragsärzten einen Honorarbescheid zu erteilen hat, sind bundesgesetzlich zwar nicht normiert. Die KÄVen sind jedoch gehalten, die ihnen von den KKn gezahlten Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 1 SGB V) umgehend an die Vertragsärzte zu verteilen (§ 85 Abs 4 SGB V), mithin den Vertragsärzten alsbald nach Quartalsschluß Honorarbescheide zu erteilen. Dementsprechend legen zahlreiche Bestimmungen sowohl der Bundesmantelverträge als auch des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) fest bzw setzen voraus, daß die vertragsärztlichen Leistungen in einem Kalendervierteljahr zusammengefaßt, vom Vertragsarzt abgerechnet und von der KÄV honoriert werden. So gelten die Leistungen eines Arztes in einem Quartal gegenüber einem Patienten als ein Behandlungsfall (§ 21 Abs 1 BMV-Ä bzw - früher - § 18 Abs 3 BMV-Ä). Die KÄV kann von einem Vertragsarzt verspätet eingereichte Abrechnungsunterlagen bis zur Abrechnung des nächsten Kalendervierteljahres zurückstellen (§ 34 Abs 3 Satz 3 EKV-Ä bzw - früher - § 21 Abs 3 Satz 2 EKV-Ä). Die Regelungen des BMV-Ä und EKV-Ä (so heute ausdrücklich § 42 Abs 3 und 4 BMV-Ä, § 35 Abs 3 und 4 EKV-Ä) gehen von der "Quartalsabrechnung" aus. Im EBM-Ä sind gleichfalls viele Leistungspositionen auf die quartalsmäßige Erfassung ausgerichtet, wie zB diejenigen, die auf eine Inanspruchnahme oder Erbringung im Quartal abstellen (vgl beispielhaft BSGE 83, 218, 219 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 108 zu Nr 16 EBM-Ä; BSG SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1). Die Regelungen des EBM-Ä über die Praxisbudgets nehmen ebenfalls auf den Behandlungsfall iS des BMV-Ä Bezug (vgl zB BSGE 86, 16 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23). Auch die Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (§§ 5, 6, 7 - früher ausdrücklich § 1 Abs 2 Satz 1) gehen davon aus, daß die Abrechnung vierteljährlich erfolgt.
In den ersten Monaten nach Abschluß eines Quartals steht aber die Höhe des auf den einzelnen Vertragsarzt entfallenden Anteils an der Gesamtvergütung und damit die Höhe seines Honorars, selbst nach Abschluß der Honorarberechnung durch die KÄV, oftmals noch nicht endgültig fest. Die Ursachen dafür können, wie bereits aufgezeigt worden ist, dem Verantwortungsbereich des einzelnen Arztes, aber auch demjenigen der vertragsärztlichen Institutionen zuzurechnen sein. Aus diesem Bereich kommt vor allem in Betracht, daß selbst in einem längeren Zeitraum nach Ende des Quartals generelle Grundlagen der Honorarverteilung noch nicht abschließend geklärt sind, zB daß die Höhe der an die KÄV zu leistenden Gesamtvergütungen für das jeweilige Quartal noch nicht endgültig feststeht, weil die Verhandlungen mit den KKn noch nicht abgeschlossen sind, einer der Vertragspartner ein Schiedsverfahren eingeleitet hat oder gegen einen bereits ergangenen Schiedsspruch gerichtlich vorgegangen wird. Vergleichbares gilt, wenn Zweifel darüber bestehen, ob die für vertragsärztliche Leistungen angeforderten Punkte aus Rechtsgründen (zB wegen Überschreitung von Budgetgrenzen) in vollem Umfang zu honorieren sind. Schließlich ist - wie hier - der Fall denkbar, daß die Auslegung von Vergütungstatbeständen umstritten ist. Entschließt sich die KÄV dennoch, im Interesse der Vertragsärzte ihnen (einstweilen) ihre Leistungen zu vergüten und hierüber Bescheide zu erteilen, so handelt es sich um eine Situation, in der die Anerkennung der Honorarbescheide als nur vorläufig unabweisbar ist. Wenn sich dann später zeigt, daß die Regelungen fehlerhaft angewendet wurden und anders als von der KÄV zunächst angenommen auszulegen sind, so folgt daraus die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit und damit auch die Rechtswidrigkeit der auf ihnen beruhenden Honorarbescheide.
Mit der Anerkennung der Vorläufigkeit der Honorarbescheide wird nicht nur die Möglichkeit geschaffen, auch auf unsicherer Grundlage schon Zahlungen vorzunehmen, sondern ebenso das Interesse an einer sachgerechten Verteilung im Verhältnis der Vertragsärzte zueinander berücksichtigt. Haben die einen mehr an Honorar erhalten, als ihnen zusteht, so haben andere zu wenig erhalten. Denn mit der Höhervergütung in einem Bereich ist aufgrund der begrenzten Gesamtvergütung regelmäßig eine Absenkung des Honorarniveaus in anderen Bereichen - im Zweifel aufgrund der sog floatenden Punktwerte bei den sog sonstigen bzw restlichen Leistungen - verbunden. Dieses Absinken wieder auszugleichen - durch höhere Punktwerte für den anderen Bereich rückwirkend in dem (bzw den) betroffenen Quartal(en) oder durch höhere Vergütungen in einem späteren Quartal -, liegt im Interesse einer sachgerechten Honorarverteilung und zugleich im Interesse aller Vertragsärzte.
Die Alternative zum Erlaß nur vorläufiger Honorarbescheide könnte darin bestehen, daß die KÄV in Zweifelsfällen niedrigere Vergütungen auszahlt und einen Teil der von den KKn geleisteten Gesamtvergütungen zurückhält, um ggf spätere Nachvergütungsansprüche derjenigen Ärzte erfüllen zu können, denen nach endgültiger Klärung der Rechtslage ein höheres Honorar zusteht. Die Einbehaltung, dh Vornahme von Rückstellungen, könnte jedoch, wie der Senat dargelegt hat, unerwünschte Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit vertragsärztlicher Praxen und damit letztlich auch auf die Versorgung der Versicherten haben (vgl Senatsurteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mit Bezugnahme auf BSGE 82, 50 = SozR 3-1300 § 44 Nr 23). Den betroffenen Ärzten würde es nichts mehr nützen, die zunächst einbehaltenen Vergütungsanteile später nachgezahlt zu erhalten, wenn sie ihre Praxis mangels ausreichender liquider Mittel nicht fortführen konnten. Auch die berechtigten Belange der KKn können tangiert sein, wenn diese die Gesamtvergütung in gesetzeskonformer Höhe an die KÄV entrichten, die Vertragsärzte davon aber nur Teile erhalten, die - zumindest für einzelne Arztgruppen - eine angemessene Vergütung für die von ihnen erbrachten Leistungen nicht gewährleisten. Deshalb stellen schnelle, unter Umständen zu hohe, Honorarzahlungen auf der Grundlage nur vorläufiger Honorarbescheide, den sachgerechteren Weg - im Sinne des "kleineren Übels" - dar. Auf dieser Grundlage kann der Arzt, der damit rechnen muß, möglicherweise einen Teil des ihm zunächst gezahlten Honorars nicht behalten zu dürfen, sondern zurückzahlen zu müssen, selbst entscheiden, ob er die vorläufig erhaltenen Honoraranteile verbraucht, nutzt oder zinsbringend anlegt.
Nach alledem erweisen sich die Aufhebungsbestimmungen der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä als rechtmäßige Ausgestaltungen der Ermächtigungsgrundlage des § 82 Abs 1 SGB V. Honorarbescheide können somit zunächst ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Ungeachtet der Überprüfung auf Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (§ 106 SGB V), die besonderen Regelungen unterliegt, werden Honorarbescheide im Rahmen der sachlich-rechnerischen Überprüfung erst in vollem Umfang verbindlich, wenn die bescheidmäßig festgestellten Honoraranforderungen umfassend auf sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft worden sind und/oder wegen Ablaufs der gesetzlichen bzw bundesmantelvertraglichen oder gesamtvertraglichen Fristen - auch auf Antrag der KKn, denen generell ein Antragsrecht zusteht (§ 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, § 34 Abs 5 EKV-Ä) - nicht mehr überprüft werden dürfen. Hat eine KÄV eine sachlich-rechnerische Richtigstellung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht, so ist ihre Berechtigung zur (nochmaligen) Richtigstellung gemäß § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä entfallen; denn die für die Berichtigungsbefugnis notwendige, zunächst bestehende Vorläufigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides wird durch die Abhilfebescheide jedenfalls im Verhältnis zur KÄV aufgehoben. Überprüft diese nämlich in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren die Abrechenbarkeit von Leistungen, so bestehen - Fälle betrügerischen Abrechnungsverhaltens ggf ausgenommen - keine Gründe mehr, die Bindungswirkung der Honorarfestsetzung anders zu beurteilen als bei sonstigen Verwaltungsakten. Das bedeutet, daß nach erfolgter Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung nunmehr die Regelungen des SGB X über die Aufhebung von Verwaltungsakten auf den Honorarbescheid anzuwenden sind. Demgemäß kann die KÄV nach Erlaß eines Abhilfebescheides ohne einen entsprechenden Antrag der KKn einen fehlerhaften begünstigenden Honorarbescheid regelmäßig nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl Urteile vom 31. Oktober 2001 aaO). Hinzu kommt, daß sich aus den Abhilfebescheiden unter Vertrauensschutzgesichtspunkten Auswirkungen für den Bestandsschutz von Honorarbescheiden für weitere Quartale ergeben können.
Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze kann der Entscheidung des Berufungsgerichts nur zT gefolgt werden. Das LSG hat entschieden, daß die vom Kläger insgesamt angefochtenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen hinsichtlich der Nr 115 BMÄ/E-GO für die Quartale III und IV/1991 sowie von III/1992 bis II/1994 rechtmäßig und lediglich für die Quartale I und II/1992 (insoweit wegen der bereits einmal vorgenommenen früheren Richtigstellungen) rechtswidrig waren. Zutreffend daran ist, daß die Beklagte aufgrund der 1992 vorgenommenen Aufhebungen der sachlich-rechnerischen Richtigstellungen für die Quartale I und II/1992 zu einer nochmaligen sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht mehr berechtigt war. Ihre Berichtigungsbescheide bewirkten aber auch für die vorangegangenen Quartale III/1991 und IV/1991 sowie für die folgenden Quartale III/1992 und IV/1992, daß der Kläger davon ausgehen durfte, er habe Anspruch auf Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO entsprechend der Zahl der von ihm durchgeführten Zelluntersuchungen. Der Vertrauensschutz des Klägers entfiel erst mit Wirkung für die Zukunft, nachdem ihm das Urteil des SG München vom 11. August 1992 bekannt wurde. Die Kenntnisnahme erfolgte im Quartal IV/1992.
Im einzelnen ergibt sich folgendes: Ursprünglich existierten allein die Honorarbescheide zu den (hier streitigen) Quartalsabrechnungen des Klägers vom Quartal III/1991 an. Diesen Bescheiden kam nach den obigen Ausführungen lediglich eine vorläufige Wirkung mit der Folge zu, daß er sich berechtigterweise nicht auf Dauer auf die darin enthaltenen, ihm gegenüber ergangenen begünstigenden Festlegungen einrichten durfte. Sodann nahm die Beklagte hinsichtlich der Quartale I und II/1992 eine Änderung ihrer Abrechnungspraxis vor, indem sie den Mehrfachansatz der Nr 115 BMÄ/E-GO nachträglich sachlich-rechnerisch berichtigte, nämlich die ursprünglichen Honorarbescheide insoweit nachträglich aufhob. Auf die dagegen eingelegten Widersprüche des Klägers reagierte die Beklagte mit ihren Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992, mit denen sie ihm ausdrücklich die mehrfache Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO im Sinne einer "Richtigstellung" bzw "Berichtigung" für die Quartale I und II/1992 zuerkannte und die zuvor gestrichenen Leistungen mit insgesamt 34.072,50 DM nachvergütete. Dies hatte in Anwendung der aufgezeigten Grundsätze zur Folge, daß sie sich von nun an nicht mehr auf die Vorläufigkeit der Honorarbescheide berufen konnte. Eine nochmalige Berichtigung desselben Gebührenansatzes auf der Grundlage der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä war danach nicht mehr möglich.
Die gegenteilige Vorstellung der Beklagten, es habe gleichwohl in diesen Quartalen und auch ansonsten in der Vergangenheit bei der Vorläufigkeit der Berechnungsfähigkeit des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO verbleiben sollen, ist bei dieser Sachlage für einen verständigen Bescheidempfänger nicht ausreichend deutlich in den Abhilfebescheiden erkennbar gemacht worden. Die Beklagte hat damit, daß sie den Widersprüchen des Klägers gegen die Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale I und II/1992 abgeholfen hat, ihm gegenüber (trotz ihres gegenteiligen Verhaltens im Zusammenhang mit dem gleichzeitig anhängigen Klageverfahren vor dem SG München) ein qualifiziertes Verwaltungshandeln an den Tag gelegt, das aufgrund der Bindungswirkung der Abhilfebescheide einer nochmaligen Richtigstellung auf bundesmantelvertraglicher Grundlage entgegenstand. Bei demjenigen, der sich mit in einem Rechtsbehelf vorgetragenen Argumenten gegen einen belastenden Verwaltungsakt gewandt hat, muß der Inhalt eines als Reaktion darauf ergehenden Abhilfebescheides regelmäßig eine besonders ausgeprägte und daher gerechtfertigte Erwartungshaltung bezüglich der materiellen Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungshandelns auslösen. Das damit verbundene Schutzbedürfnis geht über dasjenige hinaus, welches bei einem Betroffenen besteht, dem die Behörde nicht mit einer individuellen Reaktion auf vorgebrachte Einwendungen hin gegenübergetreten ist. Da es die Behörde durch entsprechend klare Abfassung ihrer schriftlichen Äußerungen stets in der Hand hat, ihre eigenen Vorstellungen unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, gehen verbleibende Unklarheiten eines Bescheides regelmäßig zu ihren Lasten; dieses gilt auch, soweit es Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit des Bescheides anbelangt (so BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 6 S 18 f (Sozialzuschlag); Engelmann in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl 2001, § 33 RdNr 4 mwN). Die Klarstellungsfunktion eines Verwaltungsaktes gebietet es, ihn so zu würdigen, daß die davon Betroffenen ihr Verhalten nach seinem Inhalt ausrichten können, wobei auf die Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Erklärungsempfängers abzustellen ist (vgl Engelmann, aaO, § 31 RdNr 26 mwN und § 33 RdNr 3 mwN; Krasney in Kasseler Kommentar, § 31 SGB X RdNr 11 mwN). Wenn es daher in den Bescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 unter dem Betreff "Richtigstellung der Abrechnung für das Quartal ... - Absetzung der BMÄ/E-GO-Nr 115" heißt, "aufgrund Ihres Widerspruches vom ... gegen die vorgenommene Änderung haben wir eine Berichtigung ... vorgenommen" und "Wir erteilen deshalb eine Gutschrift über ...", konnte ein verständiger Bescheidempfänger in der Lage des Klägers daraus nur entnehmen, daß sich die Beklagte für die betroffenen Quartale nunmehr nach Prüfung im Widerspruchsverfahren seiner Rechtsansicht zur Bewertung der streitigen Leistungen angeschlossen hatte und die Vorläufigkeit des Honorarbescheides insoweit aufgehoben war.
Aufgrund der Abhilfebescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992 war die Berechtigung der Beklagten entfallen, ihre Honorarbescheide für die Quartale I und II/1992 auf der Rechtsgrundlage der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä nochmals hinsichtlich des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO zu berichtigen. Diese hätten nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden können. Dessen Voraussetzungen liegen indessen - wie das LSG rechtsfehlerfrei dargelegt hat - nicht vor; insbesondere kann einem nicht juristisch gebildeten Hochschullehrer der Medizin nicht angelastet werden, die Rechtswidrigkeit der für bereits abgelaufene Quartale erteilten Abhilfebescheide infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt zu haben (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).
Die Abhilfebescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992 gebieten es allerdings auch, anders als die Beklagte und das LSG angenommen haben, dem Kläger für die den Quartalen I und II/1992 unmittelbar vorangegangenen Quartale III und IV/1991 sowie für die ihnen nachfolgenden Quartale III und IV/1992 ebenfalls Schutz gegen sachlich-rechnerische Richtigstellungen der Honorarbescheide durch die im hiesigen Verfahren angefochtenen Korrekturbescheide zuzubilligen. Auch wenn sich die Abhilfebescheide nach ihren Verfügungssätzen unmittelbar nur auf die Quartale I und II/1992 und die dort korrigierten Gebührenansätze bezogen, entfalten sie eine über den eigentlichen Regelungsgegenstand hinausgehende vertrauensschützende Wirkung hinsichtlich der Zulässigkeit der Mehrfachabrechnung der Nr 115 BMÄ/E-GO in weiteren Quartalen.
Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung ist der Senat davon ausgegangen, daß die Befugnis der KÄVen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung Einschränkungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes unterliegen kann. Er hat wiederholt ausgeführt, daß sachlich-rechnerische Richtigstellungen aus Vertrauensschutzgründen nicht erfolgen dürfen, wenn die KÄV über einen längeren Zeitraum eine systematisch fachfremde oder eine ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübte Tätigkeit wissentlich geduldet und der Vertragsarzt im Vertrauen auf die weitere Vergütung solcher Leistungen weiterhin entsprechende Leistungen erbracht hat (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 38 f und BSGE 84, 290, 296 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 91, jeweils betr fachfremde Betätigung; s auch BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35 betr Computertomographien ohne entsprechende anerkannte Qualifikation). Er hat dafür eine längere Verwaltungspraxis gefordert, die über eine Zeit von wenigen Monaten hinausgehen muß (BSGE 84, 290, 296 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 91 (knapp fünf Monate nicht ausreichend)). Diesem wissentlichen Dulden systematisch-fachfremder oder ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübter Tätigkeiten muß es gleichstehen, wenn eine KÄV im Streit um die Abrechenbarkeit einer Leistung auf den Widerspruch des Vertragsarztes hin eine Abhilfeentscheidung zu seinen Gunsten trifft, ohne die Honorierung in ihrem Bescheid zeitlich klar zu begrenzen bzw ohne sie als nur "vorläufig bis zur endgültigen Klärung" zu kennzeichnen. In einem solchen Fall begründet die Aufhebung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung ein Vertrauen des Vertragsarztes, daß die von ihm erreichte günstige Honorierung in Einklang mit der Rechtslage steht.
Ein derart begründeter Vertrauensschutz unterliegt indessen auch Begrenzungen. Das Handeln im Vertrauen auf die Richtigkeit derartigen Verwaltungshandelns schützt den Vertragsarzt zum einen nur gegenüber demjenigen, der den Vertrauenstatbestand gesetzt hat. Dieses ist im vorliegenden Fall, in dem die beklagte KÄV aus eigener Initiative die sachlich-rechnerische Richtigstellung vorgenommen hatte, allein die Beklagte. Nicht ohne weiteres geschützt wäre der Arzt in einer solchen Lage zB, wenn eine an dem bisherigen Verfahren nicht beteiligte KK ihrerseits ein wiederum gegenläufiges Verfahren zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung betreiben würde.
Ein einmal geschaffener Vertrauenstatbestand entfaltet zudem nicht für alle Zukunft Schutzwirkungen, da er wieder entfallen kann. Ein solcher Wegfall ist etwa denkbar, wenn sich die Sach- oder Rechtslage maßgeblich ändert oder wenn die KÄV den Betroffenen gegenüber deutlich macht, daß sich Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung einer Leistungslegende ergeben oder verstärkt haben, und sie die betroffenen Vertragsärzte zB durch Rundschreiben oä entsprechend informiert bzw den Abrechnungsbescheiden deutliche Hinweise auf die Zweifel beifügt. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage kann darin liegen, daß eine andere dazu autorisierte Stelle - zB der Bewertungsausschuß - eine von der Abrechnungspraxis der KÄV abweichende Entscheidung trifft. Dem steht gleich, wenn eine zum gleichen Komplex ergangene gerichtliche Entscheidung anders als die bisherige Abrechnungspraxis der KÄV lautet.
Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt enthält im dargestellten Sinne einerseits Umstände für die Begründung schützenswerten Vertrauens für einen Vertragsarzt. Andererseits weist er auch Elemente auf, die das zunächst begründete Vertrauen zeitlich begrenzt haben.
So muß sich zugunsten des Klägers auswirken, daß die Beklagte in ihren Abhilfebescheiden die Quartale aus der Zeit vor 1992 selbst mit angesprochen und damit den Anschein erweckt hat, diese mittelbar mitgewürdigt zu haben. In der Bescheidbegründung heißt es nämlich, daß sie für die Quartale I und II/1992 eine "Änderung" ihrer vorherigen Abrechnungspraxis vorgenommen habe. Wenn sie mit den Abhilfebescheiden den Widersprüchen des Klägers stattgab, konnte ihre Vorgehensweise vernünftigerweise nur so verstanden werden, daß sie nunmehr zu ihrer alten, die weiter zurückliegenden Honorarabrechnungen unbeanstandet lassenden Abrechnungspraxis wieder zurückkehrte und ihre alten Honorarbescheide als inhaltlich zutreffend bestätigte. Zum selben Ergebnis führt auch die Heranziehung des Rechtsinstituts der Verwirkung zugunsten des Klägers. Die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Verwirkung tritt - auch im Kassenarztrecht (vgl BSGE 72, 271, 278 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 113 mwN; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 11 S 61) - bei illoyaler Verspätung ein, dh insbesondere dann, wenn der Berechtigte ein Recht für längere Zeit nicht ausgeübt hat ("Zeitmoment") und der Verpflichtete sich aufgrund eines besonderen Verhaltens des Berechtigten darauf einstellen durfte, daß dieses Recht nicht mehr ausgeübt werden würde ("Umstandsmoment", zum Ganzen vgl zB BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6). Die von der Beklagten einschränkungslos erteilten Abhilfebescheide für die Quartale I und II/1992 erfüllen die Anforderungen an ein solches erweitertes vertrauenbegründendes Verhalten auch für die nicht unmittelbar von ihrem Regelungsgegenstand her umfaßten Quartale; denn sie mußten nach Wortlaut, Inhalt und Bedeutung berechtigterweise bei dem Kläger den Eindruck aufkommen lassen, daß die Beklagte die entsprechenden, über mehrere Quartale hinweg akzeptierten Abrechnungen aus der noch weiter zurückliegenden Vergangenheit - wegen derer es niemals Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung gegeben hatte - dann erst recht unbeanstandet lassen würde. Da von der Beklagten keine Hinweise auf eine mögliche erneute Änderung der Abrechnungspraxis in der Zukunft mitgeteilt wurden und zunächst auch keine Anhaltspunkte für eine solche Änderung ersichtlich waren, bestand der Vertrauensschutz für den Kläger wegen der anscheinend unverändert gebliebenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände auch noch für die Quartale III und IV/1992 fort.
Keinen Vertrauensschutz kann der Kläger indessen aus den Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 für alle weitere Zukunft herleiten. Am 11. August 1992 entschied das SG München, daß in einem Behandlungsfall auch bei Durchführung mehrerer Zelluntersuchungen die Vergütung für die Chromosomenanalyse nach Nr 115 BMÄ/E-GO jeweils nur einmal abrechenbar ist. Dieses Urteil ist dem Kläger nach den von beiden Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG am 4. November 1992, also noch vor Ablauf des Quartals IV/1992, bekannt gewesen. Damit entfiel das bei ihm durch die Abhilfebescheide für die Quartale I und II/1992 über ihren unmittelbaren Regelungsgegenstand hinaus begründete Vertrauen auf der Basis der obigen Ausführungen nunmehr mit Wirkung für die Zukunft. Er konnte sich daher ab dem Beginn des Folgequartals I/1993 nicht mehr auf Vertrauensschutz berufen. Da das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungspraxis durch ein dem Betroffenen bekannt gewordenes Urteil - wie hier durch dasjenige des SG München vom 11. August 1992 - nicht mehr schützenswert war, hätte es erst wieder durch einen dem Urteil gleichstehenden oder höherrangigen gegenläufigen Akt erneuert werden können. Dazu wäre zB das Urteil einer nachfolgenden höheren Instanz geeignet gewesen, nicht aber ein bloßer Verwaltungsakt, jedenfalls nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände von erheblichem Gewicht, für die es hier keine ausreichenden Anhaltspunkte gibt. Insbesondere war die vom Kläger angeführte Besprechung vom 16. November 1993 - unabhängig davon, welchen Verlauf und Inhalt sie hatte, und gleichgültig, ob sie für sich allein oder in Verbindung mit den Abhilfebescheiden der Beklagten gewichtet wird - nicht in der Lage, den einmal infolge der Erlangung der Kenntnis vom SG-Urteil beeinträchtigten Vertrauensschutz wieder aufleben zu lassen.
Nach alledem war die Beklagte nicht gehindert, die Mehrfachvergütung für die Quartale ab I/1993 mit den im vorliegenden Rechtsstreit angefochtenen Bescheiden im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung rückgängig zu machen.
Dieser Richtigstellung stand schließlich auch nicht der Ablauf einer Ausschlußfrist entgegen. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen sind innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Ergehen des Quartalsabrechnungsbescheides zulässig. Die Gründe, die dafür sprechen, die vierjährige Frist, wie sie im sonstigen Sozialrecht zB für die Verjährung von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen gilt (dazu Engelmann, aaO, § 52 RdNr 4), auch auf den Erlaß von Bescheiden im Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren iS des § 106 SGB V anzuwenden (vgl BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; vgl dazu auch BSGE 76, 285, 289 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 169), gelten ebenso für sachlich-rechnerische Richtigstellungen. Dies hat der Senat für Richtigstellungen bereits im vertragszahnärztlichen Bereich entschieden (s BSG SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 2 f). Nichts anderes gilt für den vertragsärztlichen Bereich. Die mithin auch insoweit maßgebende vierjährige Frist hat die Beklagte hinsichtlich aller hier in Rede stehenden Quartale gewahrt. Für die Anwendung kürzerer Fristen, wie sie gesamtvertraglich mit sechs bzw zwölf Monaten nach Quartalsschluß vereinbart worden sind (speziell zu den bayerischen Regelungen s Lepsius, VSSR 1998, 95, 130), ist entgegen der Ansicht des Klägers kein Raum. Sie betreffen nur Teilbereiche des Verwaltungsverfahrens, wie etwa die zeitliche Beschränkung der Antragstellung und der Bekanntgabe der Prüfentscheidung, nicht dagegen die zeitliche Höchstdauer des gesamten Überprüfungsverfahrens (vgl dazu BSGE 72, 271, 276 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f).
Soweit danach die Richtigstellung in zeitlicher Hinsicht erfolgen durfte, nämlich vom Quartal I/1993 an, als dem Kläger kein Vertrauensschutz mehr zur Seite stand, war sie auch im übrigen inhaltlich rechtmäßig. Denn für die Chromosomenanalyse in einem Untersuchungsfall kann die Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO nur einmal beansprucht werden, auch wenn der Vertragsarzt zur Erlangung des Testergebnisses mehr als eine Zelluntersuchung durchführt bzw durchführen muß. Dies hat der Senat in zwei Urteilen vom 1. Februar 1995 entschieden (BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 und - unveröffentlicht - das weitere Urteil vom selben Tag mit dem Az 6 RKa 29/94). Daran hält er fest; auf die Ausführungen in jenen Urteilen wird verwiesen. Der Bewertungsausschuß hat zum 1. Januar 1996 den Leistungstatbestand im Sinne der Ausführungen dieser Urteile klargestellt und zugleich die Bewertung auf 8.000 Punkte je Untersuchungsfall angehoben.
Nach alledem sind die Korrekturbescheide der Beklagten für die Quartale I/1993 bis II/1994 nicht zu beanstanden. Die Änderungen hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie I bis IV/1992 sind dagegen rechtswidrig.
Soweit der Korrekturbescheid Bestand hat, war auch die Rückzahlungsforderung berechtigt (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X). Diese beläuft sich - auf der Basis der von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 30. März 1998 mitgeteilten Beträge - zu Lasten des Klägers auf 757.461,38 DM, nämlich auf die Summe folgender Einzelbeträge:
Quartal
I/1993 158.412,38 DM
II/1993 137.555,55 DM
III/1993 175.546,80 DM
IV/1993 93.144,15 DM
I/1994 98.861,40 DM
II/1994 93.941,10 DM.
Der Betrag, hinsichtlich dessen der Kläger im Rechtsstreit erfolgreich ist, macht demgegenüber 377.482,06 DM aus und setzt sich wie folgt zusammen:
Quartal
III/1991 539,55 DM
IV/1991 2.715,07 DM
I/1992 539,55 DM
II/1992 112.233,83 DM
III/1992 119.564,78 DM
IV/1992 141.889,28 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz. Dabei hat der Senat den Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten nach billigem Ermessen in der Kostenquote zum Ausdruck gebracht.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zur Aufhebung von Honorarbescheiden.
Der Kläger war als Leiter der Abteilung für pädiatrische Genetik der Kinderpoliklinik M. seit Juli 1981 für humangenetische Begutachtungen und zytogenetische Untersuchungen zur Teilnahme an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt; seine durchschnittliche Fallzahl pro Quartal belief sich 1992/93 auf 1.092 Fälle. Der Kläger rechnete gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die von ihm durchgeführten Leistungen nach Nr 115 des Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) bzw der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) ("Chromosomenanalyse aus Amnionzellen oder Chorionzotten, einschließlich vorangehender Kultiverung und ggf langzeitiger Subkultivierung" - seinerzeit mit 5.500 Punkten bewertet) - zunächst in einigen Fällen, ab dem Quartal II/1992 regelmäßig - je Untersuchungsfall entsprechend der Zahl der durchgeführten Zelluntersuchungen, dh unter Umständen mehrfach, ab. Nachdem die Beklagte diese Leistungen in den Quartalen seit I/1991 zunächst entsprechend den Honoraranforderungen des Klägers vergütet hatte, informierte sie ihre Bezirksstellen im Mai 1991 darüber, daß Nr 115 BMÄ/E-GO nur einmal berechnungsfähig sei, sofern sie in einem zeitlichen Zusammenhang erbracht werde (Ausnahme: Mehrlingsschwangerschaften). Für die Quartale I und II/1992 setzte die Beklagte sodann im Rahmen sachlich-rechnerischer Richtigstellungen die mehrfach abgerechneten Positionen nach Nr 115 BMÄ/E-GO ab.
Auf die Widersprüche des Klägers hin nahm die Beklagte jeweils eine "Richtigstellung" bzw "Berichtigung" der für diese Quartale erteilten Honorarabrechnungen vor und vergütete ihm insgesamt 34.072,50 DM nach (Bescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992). Für die Quartale ab III/1992 vergütete sie ihm Nr 115 BMÄ/E-GO wieder entsprechend seinen Anforderungen ggf je Untersuchungsfall mehrfach.
Gegenüber einem anderen Kassen-(Vertrags-)arzt hatte die Beklagte in ihren Honorarbescheiden die Ansicht vertreten und daran festgehalten, daß die Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO jeweils nur einmal zu gewähren sei. Klage und Berufung dieses Arztes blieben ohne Erfolg (Urteile des Sozialgerichts (SG) München vom 11. August 1992 und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 27. Oktober 1993).
Am 16. November 1993 fand ua zwischen dem Vorsitzenden der zuständigen Bezirksstelle der Beklagten und Berufsvertretern der Humangenetiker - ua dem Kläger sowie dem Vorsitzenden des Berufsverbandes niedergelassener Humangenetiker in der Bundesrepublik Deutschland eV - ein Gespräch über die streitige Abrechnungsfrage statt, das mit dem Ergebnis der Beibehaltung des bisherigen Verfahrens der Mehrfachvergütung endete. Einzelheiten dieses Gesprächs werden von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt.
Nachdem der Beklagten die schriftlichen Entscheidungsgründe des Urteils des Bayerischen LSG vom 27. Oktober 1993 vorlagen, teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 6. April 1994 mit, die mehrfache Abrechnung der Nr 115 BMÄ/E-GO werde ab dem Quartal IV/1993 "nur noch unter Vorbehalt" erfolgen; falls das Bundessozialgericht (BSG) die genannten Entscheidungen des SG und LSG bestätige, müßten die Honorarbescheide berichtigt und überzahlte Beträge zurückgefordert werden.
Das BSG verneinte mit Urteil vom 1. Februar 1995 (SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1) in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen die mehrfache Abrechenbarkeit der streitigen Chromosomenanalysen. Als der Beklagten dieses Urteil vorlag, vergütete sie die Nr 115 BMÄ/E-GO nur noch einmal je Untersuchungsfall.
Mit den im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheiden führte sie zudem bei dem Kläger für die zurückliegenden Quartale sachlich-rechnerische Richtigstellungen durch. Sie errechnete für die Quartale I/1991 bis II/1994, für die sie ihm insgesamt Honorar in Höhe von ca 4,5 Mio DM gewährt hatte, eine Überzahlung von 1.277.210,21 DM. Dabei kündigte sie eine Verrechnung mit künftigen Zahlungen in Höhe von 50.000 DM je Quartal an. Auf den Widerspruch des Klägers hin nahm die Beklagte von der Richtigstellung die Quartale I und II/1991 aus, weil insoweit die für Richtigstellungen maßgebliche Vierjahresfrist verstrichen sei, und beschränkte mithin die Rückforderung auf 1.261.048,25 DM; die für die Quartale III/1991 bis II/1994 durchgeführten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen entsprächen dem Urteil des BSG; die Einschränkungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) habe sie nicht beachten müssen (Bescheid vom 18. Januar 1996; Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1996).
In dem hiergegen anhängig gemachten Klageverfahren hat die Beklagte den Rückforderungsbetrag um einen 10%-igen Investitionskostenabschlag auf 1.134.943,44 DM gekürzt (Bescheid vom 25. März 1998). Das SG hat die darüber hinausgehende Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil es der Beklagten oblegen habe, die vom Kläger eingereichten Abrechnungen auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen und unabhängig von den Voraussetzungen des § 45 SGB X zu berichtigen (Urteil vom 17. Dezember 1998).
Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert (Urteil vom 26. Juli 2000). Es hat die Bescheidänderungen und Honorarrückforderungen für die Quartale I und II/1992 aufgehoben, die Klageabweisung des SG für die Quartale III und IV/ 1991 sowie III/1992 bis II/1994 hingegen bestätigt. Im Urteil ist ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund der Bestimmungen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm den bundesmantelvertraglichen Regelungen grundsätzlich berechtigt, nachträgliche Richtigstellungen durchzuführen. Diese Vorschriften verdrängten als Sonderbestimmungen die §§ 44 ff SGB X. Der Vertragsarzt könne nicht auf den Bestand des Honorarbescheides vertrauen, solange die für Wirtschaftlichkeitsprüfungen anerkannte und für sachlich-rechnerische Richtigstellungen ebenfalls geltende Vierjahresfrist noch nicht verstrichen sei. Sei allerdings ein Richtigstellungsverfahren bereits durchgeführt worden - gleichgültig mit welchem Ergebnis -, so stehe der Honorarbescheid nicht mehr unter Vorbehalt. Daher habe eine Richtigstellung hinsichtlich der Quartale I/1992 und II/1992 nicht mehr erfolgen dürfen. Vielmehr wäre insoweit nur eine Rücknahme gemäß § 45 SGB X möglich gewesen, dessen Voraussetzungen aber erkennbar nicht vorlägen. Der Kläger habe von einer abschließend durchgeführten Überprüfung der Quartalsabrechnungen I und II/1992 auch deshalb ausgehen können, weil der Beklagten bereits bei Erlaß ihrer Abhilfebescheide das Verfahren beim SG München bekannt gewesen sei. Anders liege es bei den Quartalen III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994. Die Honorarbescheide für diese Quartale hätten noch richtiggestellt werden können; die dafür geltende Vierjahresfrist sei gewahrt. Vertrauensschutz bestehe insoweit nicht, auch wenn die Beklagte dem Kläger die Leistungen über längere Zeit hinweg vergütet habe. Ebensowenig liege darin, daß die Beklagte in ihren Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 dem Widerspruchsbegehren des Klägers auf Anerkennung des mehrfachen Ansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO stattgegeben habe, eine Gestattung des Mehrfachansatzes auch für weitere Quartale. Denn schon die Kenntnis des Klägers von dem gegen die Beklagte geführten Rechtsstreit, der mit dem Urteil des SG München vom 11. August 1992, dem Urteil des Bayerischen LSG vom 27. Oktober 1993 sowie dem Urteil des BSG vom 1. Februar 1995 endete, habe der Entwicklung von Vertrauen entgegengestanden. Auf die von ihm am 16. November 1993 geführten Gespräche mit Vertretern der KÄV-Bezirksstelle komme es nicht an. Soweit hier eine mehrfache Vergütung zugesagt worden sein sollte, habe dies frühestens für das Quartal IV/1993 Vertrauen begründen können, welches aber durch die ausdrücklich nur vorläufige Zahlung ab dem Quartal IV/1993 iVm dem Schreiben der Beklagten vom 6. April 1994 wieder zerstört worden sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wenden sich sowohl der Kläger (wegen seines Unterliegens hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994) als auch die Beklagte (wegen ihres Unterliegens hinsichtlich der Quartale I und II/1992) mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen.
Der Kläger ist der Ansicht, der Korrekturbescheid sei auch hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie III/1992 bis II/1994 aufzuheben. Er stützt sich dazu ua auf ein für den Kläger eines Parallelverfahrens erstelltes Rechtsgutachten von Prof. Dr. Lerche. Darin wird neben anderem ausgeführt, auch bei der Rücknahme vertragsärztlicher Honorarbescheide müßten entsprechend den Regelungen der §§ 45, 48 SGB X Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt werden; sachlich-rechnerische Richtigstellungen müßten nach Maßgabe dieser Voraussetzungen erfolgen, wenn es um standardisierte Rechtsfragen wie die mehrfache Abrechenbarkeit einer Gebührennummer und nicht um Fragen der tatsächlichen Leistungserbringung und ihrer Wirtschaftlichkeit gehe; außerdem könnten Richtigstellungen grundsätzlich nur innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden. - Als Rechtsgrundlage einer Aufhebung der weiteren Honorarbescheide komme ebenso wie hinsichtlich der Quartale I und II/1992 nur § 45 SGB X in Betracht, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt seien. Das Verfahren sachlich-rechnerischer Richtigstellung gelte nur für offensichtliche Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten, nicht indessen für die unklare Auslegung einer Gebührenordnungsposition. Spezialvorschriften iS von § 37 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), die die Anwendung des § 45 SGB X ausschlössen, bestünden nicht. Wie das Rechtsgutachten ergebe, tauge dafür insbesondere § 83 Abs 2 SGB V nicht. Vielmehr müsse nach dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz die Möglichkeit bestehen, gegenüber einer Rücknahme oder einem Widerruf begünstigender Verwaltungsakte Vertrauensschutz geltend zu machen. Für ein Vertrauen spreche hier, daß die bestandskräftig gewordenen Honorarbescheide keinen Vorbehalt oä enthalten hätten sowie daß hinsichtlich der Quartale I und II/1992 bereits Überprüfungen mit dem Ergebnis mehrfacher Vergütung stattgefunden hätten, die sich zu seinen Gunsten auch für die vorher liegende und nachfolgende Zeit auswirkten. Das am 16. November 1993 geführte Gespräch habe sein Vertrauen bestärkt. Die Beklagte bringe ohne Erfolg vor, daß nur im konkreten Umfang der Prüfungen für die Quartale I und II/1992 ein Verbrauch der Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung in Betracht komme; denn sonst könnte eine KÄV stets behaupten, nur eine Teilprüfung vorgenommen zu haben, und so die Rechtsprechung, daß der Honorarbescheid durch die Überprüfung der Abrechnung verbindlich werde, unterlaufen. Die Beklagte habe erstmals in dem Schreiben vom 6. April 1994 angekündigt, den mehrfachen Ansatz der streitigen Gebührennummer nur noch unter Vorbehalt anzuerkennen. Dieses Schreiben habe sein Vertrauen frühestens ab Mitte des Quartals II/1994 zerstört. Die Rückforderung sei auch unter dem Blickwinkel des venire contra factum proprium rechtswidrig. Hätte die Beklagte sein Vertrauen früher erschüttert, zB ein Schreiben wie dasjenige vom 6. April 1994 eher versandt, so hätte er in Fällen, in denen bereits die erste Zellkultur eindeutige Ergebnisse geliefert habe, keine weitere Zelluntersuchung durchgeführt und so erhebliche Kosten eingespart. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß infolge des Urteils des BSG vom 1. Februar 1995 die Bewertung der Nr 115 BMÄ/E-GO erheblich angehoben worden sei, um auszugleichen, daß nunmehr nur noch eine einfache Vergütung gewährt werde. Dies belege, daß die Rückforderung der in der Vergangenheit gewährten zusätzlichen Zahlungen eine massive - zudem rückwirkende - Untervergütung ergäbe. Er habe die Honorare auch bereits verbraucht, mit ihnen nämlich seine Praxiskosten gedeckt und im Vertrauen auf die Richtigkeit der ausdrücklich gebilligten Doppelabrechnung kostensenkende Maßnahmen unterlassen. Die Höhe des Rückforderungsbetrages würde darauf hinauslaufen, ihn - den Kläger - beruflich zu ruinieren. Im übrigen sei die für Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide geltende Frist verstrichen, denn die im Bayerischen Gesamtvertrag normierte Sechs- bzw Zwölfmonatsfrist hätte beachtet werden müssen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 und des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 insgesamt aufzuheben, ferner,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juli 2000 insoweit zu ändern, als es das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 geändert sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 teilweise aufgehoben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 in vollem Umfang zurückzuweisen, ferner,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des LSG, soweit es die Richtigstellungen als rechtmäßig angesehen hat. Sie macht geltend, die Richtigstellungen seien auch für die Quartale I und II/1992 rechtmäßig. Das insoweit durchgeführte Prüfverfahren sei nicht abschließend gewesen. Die Nachvergütung der Nr 115 BMÄ/E-GO sei nur mit Blick auf die damals noch nicht abgeschlossene Diskussion über die Abrechenbarkeit erfolgt. Gegenüber berechtigten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sei zudem kein Raum für Vertrauensschutz. Die Richtigstellungen hätten ferner nur Teile der abgerechneten Leistungen betroffen, so daß allenfalls bezogen auf die nachgewährten Ansätze das Recht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung "verbraucht" sein könne. Im übrigen sei der Kläger intensiv in die damaligen berufspolitischen Bemühungen der humangenetisch tätigen Ärzte um eine höhere Vergütung eingebunden und über die rechtlichen Auseinandersetzungen informiert gewesen. Es sei darüber hinaus nicht ersichtlich, aus welchem Grunde sie (die Beklagte) nicht berechtigt sein solle, die vom LSG genannte Summe von 112.833,33 DM zurückzufordern. Da die Gesamtforderung für das Quartal I/1992 539,55 DM und für das Quartal II/1992 112.233,83 DM betrage, ergäben sich zusammen 112.773,38 DM. Insgesamt könne es nach den getroffenen Abhilfeentscheidungen aber nur um einen Betrag von 34.072,50 DM gehen.
Der Kläger erwidert, die Beklagte habe sich in ihren Abhilfebescheiden ausdrücklich und ohne Einschränkung seiner Rechtsauffassung angeschlossen. Im Widerspruchsverfahren müsse dabei eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage stattgefunden haben, aufgrund derer die Honorarbescheide Bestandskraft erlangt hätten. Eine Rücknahme der Abhilfebescheide über § 45 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 3 SGB X scheide aus. Er (der Kläger) habe trotz positiver Bescheide nicht mehr mit einer Aufhebung rechnen müssen, zumal eine Vorläufigkeit nicht zum Ausdruck gebracht worden sei.
II
Die Revision des Klägers ist zu einem Teil begründet, die der Beklagten unbegründet. Der Senat hat das Urteil des LSG auf die Revision des Klägers dahingehend geändert, daß die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide nicht nur hinsichtlich der Quartale I und II/1992, sondern auch hinsichtlich der Quartale III/1991, IV/1991, III/1992 und IV/1992 aufgehoben werden und seine Klage lediglich bezüglich der Quartale I/1993 bis II/1994 abgewiesen wird. Die Beklagte war nur berechtigt, für die letztgenannten Quartale die ursprünglichen Honorarbescheide wegen des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO aufzuheben und Überzahlungen zurückzufordern.
Die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind nicht deshalb formell rechtswidrig, weil der Kläger vor ihrem Erlaß entgegen § 24 Abs 1 SGB X nicht angehört wurde. Die Notwendigkeit einer Anhörung besteht zwar auch für die (Teil-)Aufhebung und Ersetzung eines Honorarbescheides, der seiner Rechtsnatur nach lediglich vorläufig ist (BSGE 87, 122, 123 = SozR 3-3900 § 22 Nr 2 S 10 f; zuletzt Urteile vom 31. Oktober 2001 - zB B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der Mangel der Anhörung kann aber gemäß § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X (Abs 2 in der hier anzuwendenden, bis zum Inkrafttreten des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 - BGBl I 1983 - geltenden Fassung) dadurch geheilt werden, daß dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 11 S 72 f mwN; Urteile vom 31. Oktober 2001 aaO). Das ist im vorliegenden Fall geschehen.
Die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind bezüglich der Quartale I/1993 bis II/1994 auch ansonsten rechtmäßig. Hingegen sind sie hinsichtlich der Quartale III/1991, IV/1991, (mit dem Berufungsgericht) für die Quartale I und II/1992 sowie hinsichtlich der Quartale III/1992 und IV/1992 aufzuheben; die nachträgliche Berichtigung der ursprünglichen Honorarbescheide war insoweit rechtswidrig.
Rechtsgrundlage der Bescheidaufhebungen und Rückforderungen sind die Regelungen des Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und des Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) über die Befugnis der KÄV zur Durchführung sachlich-rechnerischer Berichtigungen auch im Wege nachgehender Berichtigung (im BMV-Ä: § 45 Abs 2 Satz 1 der seit 1. Januar 1995 bzw § 40 Abs 1 der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung; im EKV-Ä: § 34 Abs 4 Satz 2 der seit 1. Juli 1994 geltenden bzw § 21 Abs 7 der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung). Nach diesen im wesentlichen gleichlautenden Vorschriften berichtigt die KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes bei sachlich-rechnerischer Unrichtigkeit. Für das sich hieraus ergebende Recht der KÄV zur nachträglichen Korrektur von Honorarbescheiden ist es ohne Bedeutung, ob die KÄV das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse (KK) durchführt (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 22 S 71). Sachlich-rechnerische Richtigstellungen können insbesondere erfolgen, wenn sich wie hier nachträglich - nach gerichtlicher Klärung einer Auslegungsfrage - herausstellt, daß ein Vertragsarzt nicht berechtigt war, in einem Untersuchungsfall die Vergütung für ein Analyseverfahren mehrfach anzusetzen. Darüber hinaus besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Berichtigungsbefugnis der KÄV auch in den Fällen, in denen bei Erlaß des Honorarbescheides Unsicherheit über die Wirksamkeit rechtlicher Normen besteht, die Einfluß auf die Honorarhöhe haben. Honorarbescheide im Vertragsarztrecht ergehen - ungeachtet ihres Charakters als Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X - unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen (s dazu im einzelnen Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die Bestimmungen über die Befugnis der KÄVen, vertragsärztliche Honoraranforderungen und -bescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen iS des § 37 Satz 1 SGB I dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V, erlassen worden sind (vergleichbar insoweit BVerwG DVBl 1987, 694, 695, betr Regelung, die lediglich in einer Rechtsverordnung enthalten und pauschal gefaßt ist). Die Erwägungen, die für die grundsätzliche Nichtanwendung des § 45 SGB X auf die Korrektur von Honorarbescheiden maßgeblich sind, hat der erkennende Senat mehrfach dargelegt (insbesondere BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 und zuletzt Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; ebenso ua BSGSozR 3-5533 Nr 3512 Nr 1 S 2; SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 3 mwN).
Die gesetzliche Grundlage der bundesmantelvertraglichen Regelungen, deren Bestehen in dem vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten in Zweifel gezogen wird, findet sich in § 82 Abs 1 SGB V. Danach ist der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der KKn in Bundesmantelverträgen zu vereinbaren. Diese Ermächtigung umfaßt auch die Schaffung von Verfahren zur rechnerischen und gebührenordnungsgemäßen Prüfung sowie zur Richtigstellung (Aufhebung) bescheidmäßig festgestellter vertragsärztlicher Honoraranforderungen (vgl insbesondere BSGE 74, 44, 48 f = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 65; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 10 S 42; s auch BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 2; vgl ferner das oben zitierte Urteil BVerwG DVBl 1987, 694, 695).
Im Hinblick auf die Besonderheiten der Honorarverteilung kann ein Vertragsarzt nicht, wie in der Rechtsprechung bereits aufgezeigt worden ist, auf den Bestand eines Honorarbescheides, der vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilt wurde, vertrauen (s zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Denn die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung (§ 85 Abs 4 Satz 1 SGB V) ist dadurch gekennzeichnet, daß die KÄV quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne daß sie bis dahin - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Hinzu kommt, daß Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (zB Abrechnung von Leistungen, obwohl der jeweilige Leistungsinhalt nicht bzw nicht vollständig erbracht worden ist) nicht der systematischen Überprüfung durch die KÄV zugänglich sind, sondern oft nur aufgrund besonderer Umstände, oftmals zufällig, aufgedeckt werden (können). Vor diesem Hintergrund besteht ein Bedürfnis dafür, daß die KÄV die Möglichkeit behält, nach endgültiger Klärung der Sach- und Rechtslage die - der Sache nach erst vorläufige - Entscheidung zu korrigieren und durch eine endgültige zu ersetzen, ohne an die Regelungen über die Rücknahme von Verwaltungsakten nach § 45 SGB X gebunden und ohne durch einen Vertrauensschutz des Leistungsempfängers daran gehindert zu sein. Diese Korrekturmöglichkeit entspricht dem Rechtszustand in anderen Bereichen, in denen die Befugnis zum Erlaß vorläufiger Entscheidungen teilweise ohne ausdrückliche normative Ermächtigung anerkannt (zB im Subventionsrecht, vgl BVerwGE 67, 99) bzw gesetzlich vorgesehen ist (vgl außer der allgemeinen Vorschrift des § 42 SGB I über die Bewilligung von Vorschüssen zB die vorläufigen Leistungsbewilligungen gemäß § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und vorläufigen Steuerfestsetzungen gemäß § 165 Abgabenordnung; zu diesen Beispielen vgl BSG, Urteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die bundesmantelvertraglichen Regelungen, die die Aufhebung von Honorarbescheiden ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 SGB X zulassen, halten sich innerhalb der Vorgabe des § 82 Abs 1 SGB V. Sie sind die verwaltungsverfahrensrechtliche Reaktion auf das im Interesse der Vertragsärzte vorgegebene Ziel jeder Honorarverteilung, daß nach jedem Quartal möglichst schnell und möglichst umfassend die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge ausgekehrt werden. Den Vertragsärzten liegt - insbesondere wegen der zu bestreitenden Praxiskosten - daran, daß die Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung möglichst kurz ist. Die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Honorar über einen längeren Zeitraum hinweg widerspräche dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein BSGE 81, 213, 220 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 155). Vorschriften darüber, daß die KÄV alsbald nach Abschluß des jeweiligen Quartals die Abrechnung vorzunehmen und den Vertragsärzten einen Honorarbescheid zu erteilen hat, sind bundesgesetzlich zwar nicht normiert. Die KÄVen sind jedoch gehalten, die ihnen von den KKn gezahlten Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 1 SGB V) umgehend an die Vertragsärzte zu verteilen (§ 85 Abs 4 SGB V), mithin den Vertragsärzten alsbald nach Quartalsschluß Honorarbescheide zu erteilen. Dementsprechend legen zahlreiche Bestimmungen sowohl der Bundesmantelverträge als auch des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) fest bzw setzen voraus, daß die vertragsärztlichen Leistungen in einem Kalendervierteljahr zusammengefaßt, vom Vertragsarzt abgerechnet und von der KÄV honoriert werden. So gelten die Leistungen eines Arztes in einem Quartal gegenüber einem Patienten als ein Behandlungsfall (§ 21 Abs 1 BMV-Ä bzw - früher - § 18 Abs 3 BMV-Ä). Die KÄV kann von einem Vertragsarzt verspätet eingereichte Abrechnungsunterlagen bis zur Abrechnung des nächsten Kalendervierteljahres zurückstellen (§ 34 Abs 3 Satz 3 EKV-Ä bzw - früher - § 21 Abs 3 Satz 2 EKV-Ä). Die Regelungen des BMV-Ä und EKV-Ä (so heute ausdrücklich § 42 Abs 3 und 4 BMV-Ä, § 35 Abs 3 und 4 EKV-Ä) gehen von der "Quartalsabrechnung" aus. Im EBM-Ä sind gleichfalls viele Leistungspositionen auf die quartalsmäßige Erfassung ausgerichtet, wie zB diejenigen, die auf eine Inanspruchnahme oder Erbringung im Quartal abstellen (vgl beispielhaft BSGE 83, 218, 219 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 108 zu Nr 16 EBM-Ä; BSG SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1). Die Regelungen des EBM-Ä über die Praxisbudgets nehmen ebenfalls auf den Behandlungsfall iS des BMV-Ä Bezug (vgl zB BSGE 86, 16 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23). Auch die Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (§§ 5, 6, 7 - früher ausdrücklich § 1 Abs 2 Satz 1) gehen davon aus, daß die Abrechnung vierteljährlich erfolgt.
In den ersten Monaten nach Abschluß eines Quartals steht aber die Höhe des auf den einzelnen Vertragsarzt entfallenden Anteils an der Gesamtvergütung und damit die Höhe seines Honorars, selbst nach Abschluß der Honorarberechnung durch die KÄV, oftmals noch nicht endgültig fest. Die Ursachen dafür können, wie bereits aufgezeigt worden ist, dem Verantwortungsbereich des einzelnen Arztes, aber auch demjenigen der vertragsärztlichen Institutionen zuzurechnen sein. Aus diesem Bereich kommt vor allem in Betracht, daß selbst in einem längeren Zeitraum nach Ende des Quartals generelle Grundlagen der Honorarverteilung noch nicht abschließend geklärt sind, zB daß die Höhe der an die KÄV zu leistenden Gesamtvergütungen für das jeweilige Quartal noch nicht endgültig feststeht, weil die Verhandlungen mit den KKn noch nicht abgeschlossen sind, einer der Vertragspartner ein Schiedsverfahren eingeleitet hat oder gegen einen bereits ergangenen Schiedsspruch gerichtlich vorgegangen wird. Vergleichbares gilt, wenn Zweifel darüber bestehen, ob die für vertragsärztliche Leistungen angeforderten Punkte aus Rechtsgründen (zB wegen Überschreitung von Budgetgrenzen) in vollem Umfang zu honorieren sind. Schließlich ist - wie hier - der Fall denkbar, daß die Auslegung von Vergütungstatbeständen umstritten ist. Entschließt sich die KÄV dennoch, im Interesse der Vertragsärzte ihnen (einstweilen) ihre Leistungen zu vergüten und hierüber Bescheide zu erteilen, so handelt es sich um eine Situation, in der die Anerkennung der Honorarbescheide als nur vorläufig unabweisbar ist. Wenn sich dann später zeigt, daß die Regelungen fehlerhaft angewendet wurden und anders als von der KÄV zunächst angenommen auszulegen sind, so folgt daraus die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit und damit auch die Rechtswidrigkeit der auf ihnen beruhenden Honorarbescheide.
Mit der Anerkennung der Vorläufigkeit der Honorarbescheide wird nicht nur die Möglichkeit geschaffen, auch auf unsicherer Grundlage schon Zahlungen vorzunehmen, sondern ebenso das Interesse an einer sachgerechten Verteilung im Verhältnis der Vertragsärzte zueinander berücksichtigt. Haben die einen mehr an Honorar erhalten, als ihnen zusteht, so haben andere zu wenig erhalten. Denn mit der Höhervergütung in einem Bereich ist aufgrund der begrenzten Gesamtvergütung regelmäßig eine Absenkung des Honorarniveaus in anderen Bereichen - im Zweifel aufgrund der sog floatenden Punktwerte bei den sog sonstigen bzw restlichen Leistungen - verbunden. Dieses Absinken wieder auszugleichen - durch höhere Punktwerte für den anderen Bereich rückwirkend in dem (bzw den) betroffenen Quartal(en) oder durch höhere Vergütungen in einem späteren Quartal -, liegt im Interesse einer sachgerechten Honorarverteilung und zugleich im Interesse aller Vertragsärzte.
Die Alternative zum Erlaß nur vorläufiger Honorarbescheide könnte darin bestehen, daß die KÄV in Zweifelsfällen niedrigere Vergütungen auszahlt und einen Teil der von den KKn geleisteten Gesamtvergütungen zurückhält, um ggf spätere Nachvergütungsansprüche derjenigen Ärzte erfüllen zu können, denen nach endgültiger Klärung der Rechtslage ein höheres Honorar zusteht. Die Einbehaltung, dh Vornahme von Rückstellungen, könnte jedoch, wie der Senat dargelegt hat, unerwünschte Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit vertragsärztlicher Praxen und damit letztlich auch auf die Versorgung der Versicherten haben (vgl Senatsurteile vom 31. Oktober 2001 - ua B 6 KA 16/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mit Bezugnahme auf BSGE 82, 50 = SozR 3-1300 § 44 Nr 23). Den betroffenen Ärzten würde es nichts mehr nützen, die zunächst einbehaltenen Vergütungsanteile später nachgezahlt zu erhalten, wenn sie ihre Praxis mangels ausreichender liquider Mittel nicht fortführen konnten. Auch die berechtigten Belange der KKn können tangiert sein, wenn diese die Gesamtvergütung in gesetzeskonformer Höhe an die KÄV entrichten, die Vertragsärzte davon aber nur Teile erhalten, die - zumindest für einzelne Arztgruppen - eine angemessene Vergütung für die von ihnen erbrachten Leistungen nicht gewährleisten. Deshalb stellen schnelle, unter Umständen zu hohe, Honorarzahlungen auf der Grundlage nur vorläufiger Honorarbescheide, den sachgerechteren Weg - im Sinne des "kleineren Übels" - dar. Auf dieser Grundlage kann der Arzt, der damit rechnen muß, möglicherweise einen Teil des ihm zunächst gezahlten Honorars nicht behalten zu dürfen, sondern zurückzahlen zu müssen, selbst entscheiden, ob er die vorläufig erhaltenen Honoraranteile verbraucht, nutzt oder zinsbringend anlegt.
Nach alledem erweisen sich die Aufhebungsbestimmungen der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä als rechtmäßige Ausgestaltungen der Ermächtigungsgrundlage des § 82 Abs 1 SGB V. Honorarbescheide können somit zunächst ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Ungeachtet der Überprüfung auf Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (§ 106 SGB V), die besonderen Regelungen unterliegt, werden Honorarbescheide im Rahmen der sachlich-rechnerischen Überprüfung erst in vollem Umfang verbindlich, wenn die bescheidmäßig festgestellten Honoraranforderungen umfassend auf sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft worden sind und/oder wegen Ablaufs der gesetzlichen bzw bundesmantelvertraglichen oder gesamtvertraglichen Fristen - auch auf Antrag der KKn, denen generell ein Antragsrecht zusteht (§ 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, § 34 Abs 5 EKV-Ä) - nicht mehr überprüft werden dürfen. Hat eine KÄV eine sachlich-rechnerische Richtigstellung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht, so ist ihre Berechtigung zur (nochmaligen) Richtigstellung gemäß § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä entfallen; denn die für die Berichtigungsbefugnis notwendige, zunächst bestehende Vorläufigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides wird durch die Abhilfebescheide jedenfalls im Verhältnis zur KÄV aufgehoben. Überprüft diese nämlich in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren die Abrechenbarkeit von Leistungen, so bestehen - Fälle betrügerischen Abrechnungsverhaltens ggf ausgenommen - keine Gründe mehr, die Bindungswirkung der Honorarfestsetzung anders zu beurteilen als bei sonstigen Verwaltungsakten. Das bedeutet, daß nach erfolgter Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung nunmehr die Regelungen des SGB X über die Aufhebung von Verwaltungsakten auf den Honorarbescheid anzuwenden sind. Demgemäß kann die KÄV nach Erlaß eines Abhilfebescheides ohne einen entsprechenden Antrag der KKn einen fehlerhaften begünstigenden Honorarbescheid regelmäßig nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl Urteile vom 31. Oktober 2001 aaO). Hinzu kommt, daß sich aus den Abhilfebescheiden unter Vertrauensschutzgesichtspunkten Auswirkungen für den Bestandsschutz von Honorarbescheiden für weitere Quartale ergeben können.
Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze kann der Entscheidung des Berufungsgerichts nur zT gefolgt werden. Das LSG hat entschieden, daß die vom Kläger insgesamt angefochtenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen hinsichtlich der Nr 115 BMÄ/E-GO für die Quartale III und IV/1991 sowie von III/1992 bis II/1994 rechtmäßig und lediglich für die Quartale I und II/1992 (insoweit wegen der bereits einmal vorgenommenen früheren Richtigstellungen) rechtswidrig waren. Zutreffend daran ist, daß die Beklagte aufgrund der 1992 vorgenommenen Aufhebungen der sachlich-rechnerischen Richtigstellungen für die Quartale I und II/1992 zu einer nochmaligen sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht mehr berechtigt war. Ihre Berichtigungsbescheide bewirkten aber auch für die vorangegangenen Quartale III/1991 und IV/1991 sowie für die folgenden Quartale III/1992 und IV/1992, daß der Kläger davon ausgehen durfte, er habe Anspruch auf Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO entsprechend der Zahl der von ihm durchgeführten Zelluntersuchungen. Der Vertrauensschutz des Klägers entfiel erst mit Wirkung für die Zukunft, nachdem ihm das Urteil des SG München vom 11. August 1992 bekannt wurde. Die Kenntnisnahme erfolgte im Quartal IV/1992.
Im einzelnen ergibt sich folgendes: Ursprünglich existierten allein die Honorarbescheide zu den (hier streitigen) Quartalsabrechnungen des Klägers vom Quartal III/1991 an. Diesen Bescheiden kam nach den obigen Ausführungen lediglich eine vorläufige Wirkung mit der Folge zu, daß er sich berechtigterweise nicht auf Dauer auf die darin enthaltenen, ihm gegenüber ergangenen begünstigenden Festlegungen einrichten durfte. Sodann nahm die Beklagte hinsichtlich der Quartale I und II/1992 eine Änderung ihrer Abrechnungspraxis vor, indem sie den Mehrfachansatz der Nr 115 BMÄ/E-GO nachträglich sachlich-rechnerisch berichtigte, nämlich die ursprünglichen Honorarbescheide insoweit nachträglich aufhob. Auf die dagegen eingelegten Widersprüche des Klägers reagierte die Beklagte mit ihren Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992, mit denen sie ihm ausdrücklich die mehrfache Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO im Sinne einer "Richtigstellung" bzw "Berichtigung" für die Quartale I und II/1992 zuerkannte und die zuvor gestrichenen Leistungen mit insgesamt 34.072,50 DM nachvergütete. Dies hatte in Anwendung der aufgezeigten Grundsätze zur Folge, daß sie sich von nun an nicht mehr auf die Vorläufigkeit der Honorarbescheide berufen konnte. Eine nochmalige Berichtigung desselben Gebührenansatzes auf der Grundlage der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä war danach nicht mehr möglich.
Die gegenteilige Vorstellung der Beklagten, es habe gleichwohl in diesen Quartalen und auch ansonsten in der Vergangenheit bei der Vorläufigkeit der Berechnungsfähigkeit des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO verbleiben sollen, ist bei dieser Sachlage für einen verständigen Bescheidempfänger nicht ausreichend deutlich in den Abhilfebescheiden erkennbar gemacht worden. Die Beklagte hat damit, daß sie den Widersprüchen des Klägers gegen die Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale I und II/1992 abgeholfen hat, ihm gegenüber (trotz ihres gegenteiligen Verhaltens im Zusammenhang mit dem gleichzeitig anhängigen Klageverfahren vor dem SG München) ein qualifiziertes Verwaltungshandeln an den Tag gelegt, das aufgrund der Bindungswirkung der Abhilfebescheide einer nochmaligen Richtigstellung auf bundesmantelvertraglicher Grundlage entgegenstand. Bei demjenigen, der sich mit in einem Rechtsbehelf vorgetragenen Argumenten gegen einen belastenden Verwaltungsakt gewandt hat, muß der Inhalt eines als Reaktion darauf ergehenden Abhilfebescheides regelmäßig eine besonders ausgeprägte und daher gerechtfertigte Erwartungshaltung bezüglich der materiellen Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungshandelns auslösen. Das damit verbundene Schutzbedürfnis geht über dasjenige hinaus, welches bei einem Betroffenen besteht, dem die Behörde nicht mit einer individuellen Reaktion auf vorgebrachte Einwendungen hin gegenübergetreten ist. Da es die Behörde durch entsprechend klare Abfassung ihrer schriftlichen Äußerungen stets in der Hand hat, ihre eigenen Vorstellungen unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, gehen verbleibende Unklarheiten eines Bescheides regelmäßig zu ihren Lasten; dieses gilt auch, soweit es Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit des Bescheides anbelangt (so BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 6 S 18 f (Sozialzuschlag); Engelmann in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl 2001, § 33 RdNr 4 mwN). Die Klarstellungsfunktion eines Verwaltungsaktes gebietet es, ihn so zu würdigen, daß die davon Betroffenen ihr Verhalten nach seinem Inhalt ausrichten können, wobei auf die Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Erklärungsempfängers abzustellen ist (vgl Engelmann, aaO, § 31 RdNr 26 mwN und § 33 RdNr 3 mwN; Krasney in Kasseler Kommentar, § 31 SGB X RdNr 11 mwN). Wenn es daher in den Bescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 unter dem Betreff "Richtigstellung der Abrechnung für das Quartal ... - Absetzung der BMÄ/E-GO-Nr 115" heißt, "aufgrund Ihres Widerspruches vom ... gegen die vorgenommene Änderung haben wir eine Berichtigung ... vorgenommen" und "Wir erteilen deshalb eine Gutschrift über ...", konnte ein verständiger Bescheidempfänger in der Lage des Klägers daraus nur entnehmen, daß sich die Beklagte für die betroffenen Quartale nunmehr nach Prüfung im Widerspruchsverfahren seiner Rechtsansicht zur Bewertung der streitigen Leistungen angeschlossen hatte und die Vorläufigkeit des Honorarbescheides insoweit aufgehoben war.
Aufgrund der Abhilfebescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992 war die Berechtigung der Beklagten entfallen, ihre Honorarbescheide für die Quartale I und II/1992 auf der Rechtsgrundlage der § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä nochmals hinsichtlich des Mehrfachansatzes der Nr 115 BMÄ/E-GO zu berichtigen. Diese hätten nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden können. Dessen Voraussetzungen liegen indessen - wie das LSG rechtsfehlerfrei dargelegt hat - nicht vor; insbesondere kann einem nicht juristisch gebildeten Hochschullehrer der Medizin nicht angelastet werden, die Rechtswidrigkeit der für bereits abgelaufene Quartale erteilten Abhilfebescheide infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt zu haben (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).
Die Abhilfebescheide vom 29. September und 1. Dezember 1992 gebieten es allerdings auch, anders als die Beklagte und das LSG angenommen haben, dem Kläger für die den Quartalen I und II/1992 unmittelbar vorangegangenen Quartale III und IV/1991 sowie für die ihnen nachfolgenden Quartale III und IV/1992 ebenfalls Schutz gegen sachlich-rechnerische Richtigstellungen der Honorarbescheide durch die im hiesigen Verfahren angefochtenen Korrekturbescheide zuzubilligen. Auch wenn sich die Abhilfebescheide nach ihren Verfügungssätzen unmittelbar nur auf die Quartale I und II/1992 und die dort korrigierten Gebührenansätze bezogen, entfalten sie eine über den eigentlichen Regelungsgegenstand hinausgehende vertrauensschützende Wirkung hinsichtlich der Zulässigkeit der Mehrfachabrechnung der Nr 115 BMÄ/E-GO in weiteren Quartalen.
Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung ist der Senat davon ausgegangen, daß die Befugnis der KÄVen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung Einschränkungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes unterliegen kann. Er hat wiederholt ausgeführt, daß sachlich-rechnerische Richtigstellungen aus Vertrauensschutzgründen nicht erfolgen dürfen, wenn die KÄV über einen längeren Zeitraum eine systematisch fachfremde oder eine ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübte Tätigkeit wissentlich geduldet und der Vertragsarzt im Vertrauen auf die weitere Vergütung solcher Leistungen weiterhin entsprechende Leistungen erbracht hat (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 38 f und BSGE 84, 290, 296 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 91, jeweils betr fachfremde Betätigung; s auch BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35 betr Computertomographien ohne entsprechende anerkannte Qualifikation). Er hat dafür eine längere Verwaltungspraxis gefordert, die über eine Zeit von wenigen Monaten hinausgehen muß (BSGE 84, 290, 296 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 91 (knapp fünf Monate nicht ausreichend)). Diesem wissentlichen Dulden systematisch-fachfremder oder ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübter Tätigkeiten muß es gleichstehen, wenn eine KÄV im Streit um die Abrechenbarkeit einer Leistung auf den Widerspruch des Vertragsarztes hin eine Abhilfeentscheidung zu seinen Gunsten trifft, ohne die Honorierung in ihrem Bescheid zeitlich klar zu begrenzen bzw ohne sie als nur "vorläufig bis zur endgültigen Klärung" zu kennzeichnen. In einem solchen Fall begründet die Aufhebung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung ein Vertrauen des Vertragsarztes, daß die von ihm erreichte günstige Honorierung in Einklang mit der Rechtslage steht.
Ein derart begründeter Vertrauensschutz unterliegt indessen auch Begrenzungen. Das Handeln im Vertrauen auf die Richtigkeit derartigen Verwaltungshandelns schützt den Vertragsarzt zum einen nur gegenüber demjenigen, der den Vertrauenstatbestand gesetzt hat. Dieses ist im vorliegenden Fall, in dem die beklagte KÄV aus eigener Initiative die sachlich-rechnerische Richtigstellung vorgenommen hatte, allein die Beklagte. Nicht ohne weiteres geschützt wäre der Arzt in einer solchen Lage zB, wenn eine an dem bisherigen Verfahren nicht beteiligte KK ihrerseits ein wiederum gegenläufiges Verfahren zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung betreiben würde.
Ein einmal geschaffener Vertrauenstatbestand entfaltet zudem nicht für alle Zukunft Schutzwirkungen, da er wieder entfallen kann. Ein solcher Wegfall ist etwa denkbar, wenn sich die Sach- oder Rechtslage maßgeblich ändert oder wenn die KÄV den Betroffenen gegenüber deutlich macht, daß sich Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung einer Leistungslegende ergeben oder verstärkt haben, und sie die betroffenen Vertragsärzte zB durch Rundschreiben oä entsprechend informiert bzw den Abrechnungsbescheiden deutliche Hinweise auf die Zweifel beifügt. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage kann darin liegen, daß eine andere dazu autorisierte Stelle - zB der Bewertungsausschuß - eine von der Abrechnungspraxis der KÄV abweichende Entscheidung trifft. Dem steht gleich, wenn eine zum gleichen Komplex ergangene gerichtliche Entscheidung anders als die bisherige Abrechnungspraxis der KÄV lautet.
Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt enthält im dargestellten Sinne einerseits Umstände für die Begründung schützenswerten Vertrauens für einen Vertragsarzt. Andererseits weist er auch Elemente auf, die das zunächst begründete Vertrauen zeitlich begrenzt haben.
So muß sich zugunsten des Klägers auswirken, daß die Beklagte in ihren Abhilfebescheiden die Quartale aus der Zeit vor 1992 selbst mit angesprochen und damit den Anschein erweckt hat, diese mittelbar mitgewürdigt zu haben. In der Bescheidbegründung heißt es nämlich, daß sie für die Quartale I und II/1992 eine "Änderung" ihrer vorherigen Abrechnungspraxis vorgenommen habe. Wenn sie mit den Abhilfebescheiden den Widersprüchen des Klägers stattgab, konnte ihre Vorgehensweise vernünftigerweise nur so verstanden werden, daß sie nunmehr zu ihrer alten, die weiter zurückliegenden Honorarabrechnungen unbeanstandet lassenden Abrechnungspraxis wieder zurückkehrte und ihre alten Honorarbescheide als inhaltlich zutreffend bestätigte. Zum selben Ergebnis führt auch die Heranziehung des Rechtsinstituts der Verwirkung zugunsten des Klägers. Die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Verwirkung tritt - auch im Kassenarztrecht (vgl BSGE 72, 271, 278 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 113 mwN; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 11 S 61) - bei illoyaler Verspätung ein, dh insbesondere dann, wenn der Berechtigte ein Recht für längere Zeit nicht ausgeübt hat ("Zeitmoment") und der Verpflichtete sich aufgrund eines besonderen Verhaltens des Berechtigten darauf einstellen durfte, daß dieses Recht nicht mehr ausgeübt werden würde ("Umstandsmoment", zum Ganzen vgl zB BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6). Die von der Beklagten einschränkungslos erteilten Abhilfebescheide für die Quartale I und II/1992 erfüllen die Anforderungen an ein solches erweitertes vertrauenbegründendes Verhalten auch für die nicht unmittelbar von ihrem Regelungsgegenstand her umfaßten Quartale; denn sie mußten nach Wortlaut, Inhalt und Bedeutung berechtigterweise bei dem Kläger den Eindruck aufkommen lassen, daß die Beklagte die entsprechenden, über mehrere Quartale hinweg akzeptierten Abrechnungen aus der noch weiter zurückliegenden Vergangenheit - wegen derer es niemals Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung gegeben hatte - dann erst recht unbeanstandet lassen würde. Da von der Beklagten keine Hinweise auf eine mögliche erneute Änderung der Abrechnungspraxis in der Zukunft mitgeteilt wurden und zunächst auch keine Anhaltspunkte für eine solche Änderung ersichtlich waren, bestand der Vertrauensschutz für den Kläger wegen der anscheinend unverändert gebliebenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände auch noch für die Quartale III und IV/1992 fort.
Keinen Vertrauensschutz kann der Kläger indessen aus den Abhilfebescheiden vom 29. September und 1. Dezember 1992 für alle weitere Zukunft herleiten. Am 11. August 1992 entschied das SG München, daß in einem Behandlungsfall auch bei Durchführung mehrerer Zelluntersuchungen die Vergütung für die Chromosomenanalyse nach Nr 115 BMÄ/E-GO jeweils nur einmal abrechenbar ist. Dieses Urteil ist dem Kläger nach den von beiden Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG am 4. November 1992, also noch vor Ablauf des Quartals IV/1992, bekannt gewesen. Damit entfiel das bei ihm durch die Abhilfebescheide für die Quartale I und II/1992 über ihren unmittelbaren Regelungsgegenstand hinaus begründete Vertrauen auf der Basis der obigen Ausführungen nunmehr mit Wirkung für die Zukunft. Er konnte sich daher ab dem Beginn des Folgequartals I/1993 nicht mehr auf Vertrauensschutz berufen. Da das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungspraxis durch ein dem Betroffenen bekannt gewordenes Urteil - wie hier durch dasjenige des SG München vom 11. August 1992 - nicht mehr schützenswert war, hätte es erst wieder durch einen dem Urteil gleichstehenden oder höherrangigen gegenläufigen Akt erneuert werden können. Dazu wäre zB das Urteil einer nachfolgenden höheren Instanz geeignet gewesen, nicht aber ein bloßer Verwaltungsakt, jedenfalls nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände von erheblichem Gewicht, für die es hier keine ausreichenden Anhaltspunkte gibt. Insbesondere war die vom Kläger angeführte Besprechung vom 16. November 1993 - unabhängig davon, welchen Verlauf und Inhalt sie hatte, und gleichgültig, ob sie für sich allein oder in Verbindung mit den Abhilfebescheiden der Beklagten gewichtet wird - nicht in der Lage, den einmal infolge der Erlangung der Kenntnis vom SG-Urteil beeinträchtigten Vertrauensschutz wieder aufleben zu lassen.
Nach alledem war die Beklagte nicht gehindert, die Mehrfachvergütung für die Quartale ab I/1993 mit den im vorliegenden Rechtsstreit angefochtenen Bescheiden im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung rückgängig zu machen.
Dieser Richtigstellung stand schließlich auch nicht der Ablauf einer Ausschlußfrist entgegen. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen sind innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Ergehen des Quartalsabrechnungsbescheides zulässig. Die Gründe, die dafür sprechen, die vierjährige Frist, wie sie im sonstigen Sozialrecht zB für die Verjährung von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen gilt (dazu Engelmann, aaO, § 52 RdNr 4), auch auf den Erlaß von Bescheiden im Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren iS des § 106 SGB V anzuwenden (vgl BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; vgl dazu auch BSGE 76, 285, 289 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 169), gelten ebenso für sachlich-rechnerische Richtigstellungen. Dies hat der Senat für Richtigstellungen bereits im vertragszahnärztlichen Bereich entschieden (s BSG SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 2 f). Nichts anderes gilt für den vertragsärztlichen Bereich. Die mithin auch insoweit maßgebende vierjährige Frist hat die Beklagte hinsichtlich aller hier in Rede stehenden Quartale gewahrt. Für die Anwendung kürzerer Fristen, wie sie gesamtvertraglich mit sechs bzw zwölf Monaten nach Quartalsschluß vereinbart worden sind (speziell zu den bayerischen Regelungen s Lepsius, VSSR 1998, 95, 130), ist entgegen der Ansicht des Klägers kein Raum. Sie betreffen nur Teilbereiche des Verwaltungsverfahrens, wie etwa die zeitliche Beschränkung der Antragstellung und der Bekanntgabe der Prüfentscheidung, nicht dagegen die zeitliche Höchstdauer des gesamten Überprüfungsverfahrens (vgl dazu BSGE 72, 271, 276 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f).
Soweit danach die Richtigstellung in zeitlicher Hinsicht erfolgen durfte, nämlich vom Quartal I/1993 an, als dem Kläger kein Vertrauensschutz mehr zur Seite stand, war sie auch im übrigen inhaltlich rechtmäßig. Denn für die Chromosomenanalyse in einem Untersuchungsfall kann die Vergütung nach Nr 115 BMÄ/E-GO nur einmal beansprucht werden, auch wenn der Vertragsarzt zur Erlangung des Testergebnisses mehr als eine Zelluntersuchung durchführt bzw durchführen muß. Dies hat der Senat in zwei Urteilen vom 1. Februar 1995 entschieden (BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 und - unveröffentlicht - das weitere Urteil vom selben Tag mit dem Az 6 RKa 29/94). Daran hält er fest; auf die Ausführungen in jenen Urteilen wird verwiesen. Der Bewertungsausschuß hat zum 1. Januar 1996 den Leistungstatbestand im Sinne der Ausführungen dieser Urteile klargestellt und zugleich die Bewertung auf 8.000 Punkte je Untersuchungsfall angehoben.
Nach alledem sind die Korrekturbescheide der Beklagten für die Quartale I/1993 bis II/1994 nicht zu beanstanden. Die Änderungen hinsichtlich der Quartale III und IV/1991 sowie I bis IV/1992 sind dagegen rechtswidrig.
Soweit der Korrekturbescheid Bestand hat, war auch die Rückzahlungsforderung berechtigt (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X). Diese beläuft sich - auf der Basis der von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 30. März 1998 mitgeteilten Beträge - zu Lasten des Klägers auf 757.461,38 DM, nämlich auf die Summe folgender Einzelbeträge:
Quartal
I/1993 158.412,38 DM
II/1993 137.555,55 DM
III/1993 175.546,80 DM
IV/1993 93.144,15 DM
I/1994 98.861,40 DM
II/1994 93.941,10 DM.
Der Betrag, hinsichtlich dessen der Kläger im Rechtsstreit erfolgreich ist, macht demgegenüber 377.482,06 DM aus und setzt sich wie folgt zusammen:
Quartal
III/1991 539,55 DM
IV/1991 2.715,07 DM
I/1992 539,55 DM
II/1992 112.233,83 DM
III/1992 119.564,78 DM
IV/1992 141.889,28 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz. Dabei hat der Senat den Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten nach billigem Ermessen in der Kostenquote zum Ausdruck gebracht.
Rechtskraft
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