B 6 KA 37/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 125/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 29/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 37/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung als Registerstelle, den für die Arztregistereintragung eines approbierten Psychologischen Psychotherapeuten erforderlichen Fachkundenachweis zu prüfen, ist darauf beschränkt, ob das für die Approbation erforderliche Behandlungsvolumen in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren erbracht worden ist.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2001 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Januar 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Eintragung der Klägerin in das Arztregister für Psychologische Psychotherapeuten.

Die 1969 geborene Klägerin erwarb 1995 den akademischen Grad einer Diplom-Psychologin. Seit September 1996 arbeitet sie als angestellte Psychologin im Beratungszentrum I. des Zweckverbandes für psychologische Beratungen und Hilfen. Daneben ist sie seit November 1996 als freie Mitarbeiterin einer psychotherapeutischen Praxis in A. tätig. Bis zum 24. Juni 1997 rechnete sie 129 Stunden psychotherapeutischer Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit den gesetzlichen Krankenkassen im Kostenerstattungsverfahren ab. Ihre Approbation als Psychologische Psychotherapeutin erhielt sie im Februar 1999. Ihr Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin in A. hatte keinen Erfolg.

Zusammen mit der Zulassung beantragte die Klägerin die Eintragung in das von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geführte Arztregister. Dies lehnte die Beklagte ab, weil die Fachkunde nicht nachgewiesen sei. Insbesondere sei die Behandlungstätigkeit bei Erwachsenen nicht hinreichend dokumentiert. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit der Begründung zurück, zwar habe die Klägerin den erforderlichen Nachweis der theoretischen Kenntnisse in der Verhaltenstherapie von Erwachsenen geführt, doch seien die psychotherapeutischen Behandlungen mit Ausnahme von vier Fällen jeweils gegenüber Kindern und Jugendlichen erbracht worden (Bescheid vom 8. September 1999, Widerspruchsbescheid vom 27. März 2000).

Im Klageverfahren ist die Klägerin erfolgreich gewesen. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte zu ihrer Eintragung in das Arztregister verurteilt. Die Klägerin habe mit den von ihr vorgelegten 35 Falldokumentationen die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt. Weder das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) noch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) unterschieden zwischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits. Die Schaffung des eigenständigen Berufsbildes des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten habe lediglich das Ziel verfolgt, auch Absolventen der Pädagogik und Sozialpädagogik die Einbeziehung in die psychotherapeutische Versorgung zu ermöglichen (Urteil vom 23. Januar 2001).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das sozialgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Der für die Eintragung in das Arztregister erforderliche Fachkundenachweis setze gemäß § 95c Satz 2 Nr 3 SGB V voraus, dass bei nach § 12 PsychThG approbierten Psychotherapeuten die für eine Approbation erforderliche Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle sowie die theoretische Ausbildung in einem vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren nachgewiesen würden. Dieser Nachweis könne nicht allein durch die Vorlage der Approbation geführt werden. Die Beklagte habe vielmehr hinsichtlich der Fachkunde ein eigenes Prüfungsrecht. Sie sei nicht auf die Prüfung beschränkt, ob die Behandlungsstunden in einem vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren erbracht worden seien. Im Falle der Klägerin fehle der Nachweis der psychotherapeutischen Berufstätigkeit im Umfang von 2000 Stunden oder 30 dokumentierten Behandlungsfällen (§ 12 Abs 3 Satz 3 Nr 1 PsychThG). Zwar habe die Klägerin 35 Dokumentationen abgeschlossener Behandlungsfälle in Verhaltenstherapie vorgelegt, doch bezögen sich diese ganz überwiegend auf Kinder und Jugendliche. Allenfalls für diesen besonderen Personenkreis habe die Klägerin den Nachweis ihrer Befähigung geführt. Für die Behandlung von Erwachsenen sei das nicht der Fall. Der Fachkundenachweis für einen Psychologischen Psychotherapeuten erfordere, dass jedenfalls der Schwerpunkt seiner nachgewiesenen Behandlungstätigkeit bei der Behandlung von Erwachsenen gelegen habe. Bei vier Behandlungsfällen von Erwachsenen sei das nicht der Fall (Urteil vom 12. September 2001).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 95c SGB V und des § 12 Abs 3 PsychThG. Sie ist der Auffassung, die Prüfungskompetenz der Beklagten beschränke sich darauf, ob die bereits für die Approbation nachgewiesene Fachkunde in einem anerkannten Behandlungsverfahren/Richtlinienverfahren erworben worden sei. Für die weiter gehende Auslegung des LSG sei angesichts des eindeutigen Wortlauts kein Raum. § 95c Satz 2 Nr 3 SGB V verlange neben der Approbation den Nachweis der Behandlung in einem anerkannten Behandlungsverfahren. Im Übrigen sei die Fachkunde bereits von der staatlichen Approbationsbehörde geprüft worden. Ein Qualitätsgefälle zwischen der Behandlung von privat gegen Krankheit versicherten Personen und Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dürfe es nicht geben und habe der Gesetzgeber auch nicht gewollt.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Januar 2001 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2001 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und sieht sich durch die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Bindung der Zulassungsgremien an im Arztregisterverfahren ergangene Statusentscheidungen gestützt. Mit Rücksicht darauf bestehe keine Drittbindung der Entscheidung der Approbationsbehörde für die KÄV, soweit es um die Frage gehe, ob die für eine Approbation geforderte Qualifikation in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren nachgewiesen worden sei. Diese Prüfung schließe unmittelbar die Frage der Alterszugehörigkeit der im Rahmen des anerkannten Behandlungsverfahrens therapierten Patienten mit ein. Die Psychotherapie-Vereinbarungen, auf die in den Psychotherapie-Richtlinien verwiesen werde, differenziere zwischen der Psychotherapie bei Erwachsenen einerseits und bei Kindern und Jugendlichen andererseits; die Behandlung letzterer sei an besondere Voraussetzungen geknüpft. Da der Nachweis der fachlichen Befähigung für die Durchführung von Psychotherapie bei Erwachsenen auf der Grundlage des Fachkundenachweises nach § 95c SGB V geführt werde, könne § 6 Abs 4 der Psychotherapie-Vereinbarungen im Gegenschluss nur dahin ausgelegt werden, dass sich der Fachkundenachweis in einem Richtlinienverfahren auf die psychotherapeutische Behandlung von Erwachsenen beziehen müsse. Die Klägerin habe die erforderliche Zahl von Behandlungsstunden im Rahmen der Therapie von Erwachsenen nicht nachgewiesen.

II

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie hat Anspruch auf die Eintragung als Psychologische Psychotherapeutin in das bei der Beklagten geführte Arztregister.

Nach § 95 Abs 2 iVm § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V kann sich derjenige Psychologische Psychotherapeut um die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Die Eintragung Psychologischer Psychotherapeuten in die von den KÄVen geführten Arztregister (§ 95 Abs 2 Satz 2 SGB V) erfolgt auf Antrag, wenn sie die Voraussetzungen des § 95c SGB V erfüllen (Abs 2 Satz 3 Nr 1 aaO). Nach § 95c Satz 1 SGB V setzt die Eintragung die Approbation nach § 2 oder § 12 PsychThG (Nr 1 aaO) und den Fachkundenachweis (Nr 2 aaO) voraus. Damit ist der Fachkundenachweis neben der Approbation Voraussetzung für die Eintragung in das Arztregister an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Ausschusses für Gesundheit zum PsychThG, BT-Drucks 13/9212, S 41, zu Nr 11, zu § 95c SGB V).

Das Verfahren über die Arztregistereintragung ist gem § 95 Abs 2 Satz 4 SGB V in der Ärzte-ZV geregelt, die nach § 1 Abs 3 Ärzte-ZV für Psychotherapeuten entsprechend gilt. Aus § 4 Abs 2 Satz 2 Buchst b Ärzte-ZV folgt, dass der Nachweis über die Approbation regelmäßig durch die Vorlage der Approbationsurkunde geführt wird.

Für die Erteilung der Approbation ist gem § 10 Abs 1 bis 4 PsychThG die nach Landesrecht bestimmte Landesbehörde zuständig. Diese prüft in dem Approbationsverfahren, ob die Voraussetzungen für die Approbation nach § 2 oder nach § 12 PsychThG erfüllt sind.

Die Prüfung des nach § 95c Satz 1 Nr 2 SGB V für die Eintragung in das Arztregister weiter erforderlichen Nachweises der Fachkunde fällt in die Zuständigkeit der KÄV in ihrer Funktion als registerführende Stelle.

Die Vorausetzungen für den Nachweis der Fachkunde sind gem § 95c Satz 2 SGB V unterschiedlich, je nachdem, auf welcher Rechtsgrundlage die Approbation erteilt worden ist. Bei Psychotherapeuten, die gem § 2 PsychThG approbiert worden sind, knüpft der Fachkundenachweis an die an das Psychologiestudium anschließende vertiefte Ausbildung nach § 8 PsychThG bzw an die der Approbation zu Grunde liegende Ausbildung und Prüfung an (§ 95c Satz 2 Nr 1 und 2 SGB V). Für Psychotherapeuten, deren Approbation auf der übergangsrechtlichen Regelung des § 12 PsychThG beruht, verweisen die Bestimmungen über den Fachkundenachweis auf die Anforderungen an Qualifikation und durchgeführte Behandlungen bzw Falldokumentationen, die für die Approbation nachgewiesen werden müssen (§ 95c Satz 2 Nr 3 SGB V). In allen drei Varianten des § 95c Satz 2 SGB V ist der Gegenstand der Prüfung seitens der KÄV derselbe. Sie muss ermitteln und entscheiden, ob die der Approbation zu Grunde liegende Ausbildung, Prüfung, Qualifikation bzw Weiterbildung sowie ggf die erforderlichen Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und theoretische Ausbildung für ein Behandlungsverfahren nachgewiesen ist, das der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien auf der Grundlage des § 92 SGB V anerkannt hat.

Die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung setzt voraus, dass der Psychotherapeut in der Lage ist, die Versicherten in einem in der GKV anerkannten Behandlungsverfahren zu behandeln (s Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Ausschusses für Gesundheit zum PsychThG, BT-Drucks 13/9212, S 41, zu Nr 11, zu § 95c SGB V). Die Fachkundeprüfung dient damit dem Zweck, anhand der im Approbationsverfahren nachgewiesenen Befähigung zu klären, ob Behandlungsverfahren erlernt oder in der Vergangenheit praktiziert worden sind, die zu den Leistungen der GKV gehören. Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung in anderen Behandlungsverfahren absolviert oder diese in der Vergangenheit ausschließlich angewandt haben, dürfen zwar außerhalb der GKV Psychotherapie anbieten und durchführen, sollen aber nicht in das Arztregister eingetragen und nicht zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen werden können.

Für die nach § 2 PsychThG approbierten Psychotherapeuten, die ihre Vertiefungsausbildung nach dem ab 1. Januar 1999 geltenden Recht absolvieren, sind insoweit die zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen und auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1 iVm Abs 6a SGB V erlassenen "Richtlinien über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinien)" vom 11. Dezember 1998 (BAnz 1999 Nr 6 S 249) maßgeblich. Bei dem in § 95c Satz 2 Nr 3 SGB V angesprochenen Personenkreis der nach § 12 PsychThG approbierten Psychotherapeuten kommt es darauf an, welche Verfahren in den Psychotherapie-Richtlinien des Bundesausschusses in der Fassung des Beschlusses vom 17. Dezember 1996 (BAnz Nr 49 vom 12. März 1997, S 2946) als von der Leistungspflicht der GKV umfasst anerkannt waren (Kasseler Komm Hess, § 95 SGB V, RdNr 108).

Die dargestellte Zielsetzung des Fachkundenachweises nach § 95c Satz 2 SGB V begrenzt den Umfang der Prüfungsbefugnis der KÄV als Registerstelle. Diese Befugnis ist allein darauf ausgerichtet festzustellen, ob der Bewerber die Qualifikation, die die Approbationsbehörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, in einem Behandlungsverfahren erworben hat, das in den Richtlinien des Bundesausschusses anerkannt ist bzw war (so auch Spellbrink, NZS 1999, 1, 6). Die Beschränkung der Prüfungsbefugnis der KÄV darauf, ob die Zuordnung der der Approbation zu Grunde liegenden Behandlungsstunden oder Behandlungsfälle zu einem der vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren zuzuordnen sind, ist im Gesetzgebungsverfahren mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen. Nachdem der ursprüngliche Gesetzentwurf der (damaligen) Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP zu § 95c SGB V den Fachkundenachweis noch einer Regelung in Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hatte vorbehalten wollen (BT-Drucks 13/8035, S 22), hat der BT-Ausschuss für Gesundheit die entsprechenden Anforderungen aus verfassungsrechtlichen Gründen im Gesetz selbst verankert. Hinsichtlich der Fachkunde für die auf der Grundlage des § 12 PsychThG approbierten Psychotherapeuten ist in der Begründung zur geänderten und später Gesetz gewordenen Fassung des § 95c SGB V formuliert, der nach § 12 PsychThG approbierte Psychotherapeut erfülle diese Voraussetzungen durch den Nachweis, dass er die für die Approbation geltenden Qualifikationsanforderungen in einem der Richtlinienverfahren erfüllt hat. Das heiße, er könne den Fachkundenachweis bereits mit der Approbation erwerben oder auch zu einem späteren Zeitpunkt erwerben (BT-Drucks 13/9212 S 41, zu Nr 11, zu § 95c SGB V).

Dieser Zielrichtung des § 95c Satz 2 SGB V entspricht unter kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten die Beschränkung der Prüfungsbefugnis der KÄV darauf, ob die bereits gegenüber der Approbationsbehörde nachgewiesenen Behandlungsstunden bzw Fälle zumindest in dem dort vorgesehenen Umfang in Richtlinienverfahren absolviert worden sind. Für eine Absicht des Gesetzgebers, die psychotherapeutische Grundqualifikation eines approbierten Psychotherapeuten seitens der KÄV erneut überprüfen zu lassen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

Bei Psychotherapeuten, deren Approbation auf der Grundlage des § 12 Abs 3 Satz 3 PsychThG beruht, hat die KÄV danach im Rahmen des § 95c Satz 2 SGB V zu prüfen, ob zumindest die 2000 Stunden psychotherapeutischer Berufstätigkeit bzw die 30 dokumentierten Behandlungsfälle iS des § 12 Abs 3 Satz 3 Nr 1 PsychThG, die mindestens fünf Behandlungsfälle unter Supervision iS der Nr 2 aaO, die mindestens 280 Stunden theoretischer Ausbildung iS der Nr 3 aaO und die Tätigkeit für die Krankenkasse iS der Nr 4 aaO Behandlungen in einem Richtlinienverfahren zum Gegenstand hatten. Soweit die psychotherapeutische Grundqualifikation betroffen ist, muss sich die KÄV indessen auf eine formale Prüfung beschränken. Sie hat zu überprüfen, ob die in § 12 Abs 3 Satz 3 PsychThG festgelegten Fall- und Stundenzahlen nachgewiesen sind. Nur wenn das der Fall ist, kann die KÄV beurteilen, ob ein ausreichendes Behandlungsvolumen in Anwendung eines anerkannten Behandlungsverfahrens belegt ist. Rechnerische Fehler der Approbationsbehörde binden die KÄV im Rahmen der Fachkundeprüfung ebenso wenig wie etwaige Mehrfachanrechnungen von Behandlungsstunden oder Falldokumentationen. Weiterhin muss die KÄV tatsächlich prüfen können, ob die dokumentierten Behandlungen im Richtlinienverfahren erbracht worden sind. Kann sie dies nicht, weil zB - im Extremfall - keine aussagefähigen Bescheinigungen oder Dokumentationen vorliegen, darf sie die Fachkunde nicht bescheinigen.

Eine Berechtigung der KÄV zur inhaltlichen Überprüfung der Behandlungsfälle und der vorgelegten Falldokumentationen besteht dagegen nicht, soweit es nicht um die Zuordnung der Behandlungen zu einem Richtlinienverfahren geht. Es ist nicht Aufgabe der KÄV, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft der Bescheinigungen von Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die bereits die Approbationsbehörde überprüft hat, oder zB zu bezweifeln, dass Tätigkeiten eines Psychotherapeuten in einer Beratungsstelle Behandlungen iS des § 12 PsychThG zum Gegenstand gehabt haben, soweit die Approbationsbehörde dies zu Gunsten des Psychotherapeuten so beurteilt hat (so auch Plagemann/Kies, MedR 1999, 413, 414, im Hinblick auf die Zulassungsgremien).

Würde man hingegen die Prüfungsbefugnis der KÄV als Registerstelle umfassender verstehen, hätte dies eine Entwertung der dem Psychotherapeuten erteilten Approbation zur Folge. Trotz der Approbation könnte die KÄV deren Voraussetzungen bei der Eintragung in das Arztregister verneinen und den Eintragungsbewerber so behandeln, als wäre er nicht approbiert. Das wäre mit den Grundsätzen der Drittbindung statusbegründender behördlicher Entscheidungen ebenso wenig vereinbar wie mit der jahrzehntelangen Praxis der KÄV im ärztlichen Bereich. Wegen der erheblichen Auswirkungen einer umfassenden Prüfungsberechtigung der KÄV hinsichtlich der Approbationsvoraussetzungen auf die grundrechtlich in Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Psychotherapeuten bedürfte eine derartige Kompetenz der KÄV zumindest einer eindeutigen ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Eine solche enthält die allein in Betracht kommende Vorschrift des § 95c Satz 2 SGB V nicht.

In seinem Urteil vom 13. Dezember 2000 (BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2) hat der Senat in Anwendung der Grundsätze über die Drittbindungswirkung von konstitutiv-feststellenden Verwaltungsentscheidungen entschieden, dass die Zulassungsgremien auch an eine fehlerhafte Eintragung im Arztregister gebunden sind und diesen Umstand im Zulassungsverfahren nicht aufgreifen dürfen. In der diesem Urteil zugrunde liegenden Fallkonstellation hatten die Zulassungsgremien dem Bewerber die Zulassung mit der - in der Sache zutreffenden - Begründung versagt, er erfülle die Voraussetzungen für eine Eintragung in das Arztregister als "Praktischer Arzt" nach den damals noch geltenden Übergangsvorschriften nicht. Die Zulassungsgremien hatten nicht den Tatbestand der Eintragung in das Arztregister als solchen negiert, im Ergebnis aber die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister als Vorfrage des Rechtsanspruchs auf die Zulassung eigenständig geprüft und verneint. Das hat der Senat mit der Erwägung beanstandet, der Eintragung in das Arztregister komme Drittbindungswirkung (auch) gegenüber den Zulassungsgremien zu, und kraft dieser Bindung seien die Zulassungsgremien gehindert, die fehlenden materiellen Voraussetzungen über die Eintragung dem Zulassungsbewerber entgegen zu halten (aaO S 10). Diese Erwägungen gelten für das Verhältnis von Approbation und Arztregistereintragung entsprechend. Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Approbationsbehörden iS des § 10 PsychThG einerseits und der KÄV als Registerstelle andererseits macht nur Sinn, wenn die jeweils auf gleichgeordneter Ebene tätig gewordene Behörde eine Eigenverantwortlichkeit für ihre Entscheidung trifft, und zwar sowohl gegenüber dem Betroffenen wie auch gegenüber drittbeteiligten Behörden iS einer sich auf diese erstreckenden Bindungswirkung.

Im ärztlichen Bereich ist bislang nicht in Frage gestellt worden, dass die KÄV bei der Arztregistereintragung an die Approbation als erste Voraussetzung (§ 95a Abs 1 Nr 1 SGB V) auch materiell in dem Sinne gebunden ist, dass sie einen nicht approbierten Bewerber nicht eintragen und den Eintragungsantrag eines approbierten Bewerbers nicht mit der Begründung zurückweisen darf, er erfülle die Voraussetzungen der Approbation der Sache nach nicht. Dieselbe Bindung trifft die KÄV hinsichtlich der zusätzlichen Voraussetzung der Weiterbildung als Facharzt oder als Facharzt für Allgemeinmedizin nach § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V. Das Gesetz stellt hier ua auf die "Befugnis zum Führen einer Gebietsbezeichnung" bzw die "Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin nach landesrechtlichen Vorschriften" ab. Damit ist klargestellt, dass sich die Prüfung der KÄV darauf beschränkt, ob der Bewerber einschlägige Urkunden vorzulegen im Stande ist, und sie grundsätzlich nicht zu prüfen hat, ob die jeweilige Befähigung zu Recht zugesprochen worden ist. Dem entspricht die Praxis der KÄVen, die berufsrechtlich bescheinigte Qualifikation von Ärzten im Eintragungsverfahren nicht erneut zu prüfen. Da der Gesetzgeber die Eintragungsvoraussetzungen für Psychotherapeuten nach § 95c SGB V in enger Anlehnung an die Regelungen für Ärzte in § 95a SGB V ausgestaltet hat, hätte es einer ausdrücklichen Anordnung einer erweiterten Prüfungskompetenz der KÄV für Psychotherapeuten bedurft, wenn eine solche gewollt gewesen wäre. Dafür bieten jedoch - wie oben näher dargestellt - weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 95c Satz 2 SGB V hinreichende Anhaltspunkte.

Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabs können die Entscheidungen der Beklagten und des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Beide ziehen nicht in Zweifel, dass die Klägerin die in § 12 Abs 3 PsychThG erforderlichen Behandlungsstunden und Falldokumentationen in dem quantitativ geforderten Umfang erbracht und ihre Behandlungen ausschließlich im anerkannten Behandlungsverfahren der Verhaltenstherapie durchgeführt hat. Sie sehen indessen die Voraussetzungen des § 12 Abs 3 Satz 3 Nr 1 PsychThG allein deshalb als nicht gegeben an, weil die Klägerin nicht in hinreichendem Umfang Behandlungen gegenüber Erwachsenen dokumentiert habe. Damit dringt die Beklagte jedoch schon aus Rechtsgründen nicht durch. Nachdem die Approbationsbehörde der Klägerin berufsrechtlich die Berechtigung zugesprochen hat, als Psychologische Psychotherapeutin alle Patienten behandeln zu dürfen, darf die KÄV als Registerstelle die Grundqualifikation der Klägerin zur Behandlung (auch) von Erwachsenen nicht mehr in Frage stellen. Die Fachkunde der Klägerin iS des § 95c Satz 2 SGB V könnte sie nur verneinen, wenn dem Tatbestandsmerkmal des "anerkannten Behandlungsverfahrens" iS des § 95c Satz 2 Nr 3 SGB V zu entnehmen wäre, dass die Behandlungen nur gegenüber Erwachsenen durchgeführt worden sein dürfen. Das ist nicht der Fall.

Schon berufsrechtlich besteht zwischen den in § 1 Abs 1 PsychThG genannten Berufen der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach der gesetzlichen Konzeption keine wechselseitige Ausschließlichkeit. Zwar ist die Behandlungsberechtigung der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auf Kinder und Jugendliche begrenzt. § 1 Abs 2 Satz 1 PsychThG bestimmt in diesem Zusammenhang, dass sich die Berechtigung zur Ausübung des Berufs des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten grundsätzlich auf Patienten erstreckt, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Umgekehrt besteht jedoch keine Beschränkung der Psychologischen Psychotherapeuten auf die Behandlung von Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben. Vorbehaltlich abweichender Regelungen insbesondere im vertragspsychotherapeutischen Bereich dürfen Psychologische Psychotherapeuten berufsrechtlich auch Kinder- und Jugendliche behandeln (vgl Tittelbach, SGb 2001, 364, 369). Insoweit gilt nichts anderes als im ärztlichen Berufsrecht. Kinderärzte sind auf die Behandlung von Kindern beschränkt, während Allgemeinärzte und Ärzte mit anderen Gebietsbezeichnungen auch Kinder und Jugendliche behandeln dürfen. Im psychotherapeutischen Bereich beruht die Aufgliederung der psychotherapeutischen Tätigkeit in zwei unterschiedliche Berufe vor allem darauf, dass der Zugang zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen auch solchen Personen ermöglicht werden soll, die kein Psychologiestudium absolviert haben. Das ergibt sich aus § 5 Abs 2 PsychThG. Nach § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 PsychThG ersetzt die im Inland an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule bestandene Abschlussprüfung in den Studiengängen Pädagogik oder Sozialpädagogik für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten das für Psychologische Psychotherapeuten unverzichtbare Diplom in Psychologie.

Die Normgeber im vertragsärztlichen Bereich gehen von diesem Befund aus und legen zusätzlich fest, dass die Behandlung von Kindern und Jugendlichen einer speziellen Fachkunde bedarf, die nicht jeder Psychologische Psychotherapeut besitzt. So müssen nach Abschnitt F III der Psychotherapie-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung (BAnz 1999 Nr 6 S 249) die Gutachter, die die Notwendigkeit psychotherapeutischer Behandlung im Einzelfall zu prüfen haben, im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie über eine spezielle Fachkunde verfügen und diese nachweisen. Nach §§ 6 und 7 der Vereinbarungen über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarungen) vom 7. Dezember 1998 (DÄ 1998, A-3315) gelten unterschiedliche Qualifikationsanforderungen für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Ein Psychologischer Psychotherapeut, der Kinder- und Jugendliche im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung behandeln will, muss ebenso wie ein ärztlicher Psychotherapeut eine spezielle Befähigung gegenüber der KÄV nachweisen (§ 6 Abs 4 und § 5 Abs 4 der Psychotherapie-Vereinbarungen). Dagegen ist ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, der durch seinen Fachkundenachweis auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränkt ist, generell nicht berechtigt, gegenüber Erwachsenen tätig zu werden (§ 7 Abs 6 der Psychotherapie-Vereinbarungen). Auch insoweit entsprechen die vertragspsychotherapeutischen Regelungen denjenigen im ärztlichen Bereich. Für Kinderärzte sind grundsätzlich sämtliche Behandlungen von Erwachsenen fachfremd, während regelmäßig Behandlungsleistungen gegenüber Kindern auch von anderen Ärzten erbracht werden dürfen. Ein in § 95c Satz 2 SGB V zum Ausdruck kommender oder als selbstverständlich vorausgesetzter Grundsatz, wonach die Befähigung zur Behandlung in vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen "anerkannten Behandlungsverfahren" nur oder ganz überwiegend durch die Behandlung Erwachsener nachgewiesen werden kann, besteht danach nicht.

Schließlich sind die Bedenken der Beklagten gegen die Qualifikation der Klägerin für die Behandlung von Erwachsenen auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen (§ 163 SGG) hat die Klägerin Falldokumentationen vorgelegt, in denen vielfach zumindest auch die psychischen Probleme von Erwachsenen Gegenstand der Beratung bzw Behandlung gewesen sind. Dass diese häufig - der Aufgabenstellung einer Beratungsstelle entsprechend - gerade auf dem Hintergrund von Problemen der eigenen (heranwachsenden) Kinder thematisiert worden sind, belegt nicht, dass die Klägerin im Verlauf ihrer Tätigkeit in der Beratungsstelle nicht die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen für die psychotherapeutische Behandlung auch von Erwachsenen hätte erwerben können. Es liegt zumindest nahe, dass im Rahmen der vertragspsychotherapeutischen Behandlung von den behandlungsbedürftigen Patienten Probleme angesprochen werden, die mit Konflikten in der Partnerschaft bzw mit den eigenen Kindern zu tun haben. Im Übrigen stehen Jugendliche iS des Rechts der Psychotherapeuten, also Personen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsentwicklung Erwachsenen nahe, so dass nicht angenommen werden kann, dass eine Therapeutin, die sich schwerpunktmäßig dieser Altersgruppe zugewandt hat, generell zu den psychischen Problemen Erwachsener keinen Zugang finden könnte.

Danach hat das SG die Beklagte zu Recht verurteilt, die Klägerin in das Arztregister für Psychologische Psychotherapeuten einzutragen. Die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten sowie das Urteil des Berufungsgerichts sind aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und deshalb hier noch anwendbaren Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Rechtskraft
Aus
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