L 3 U 1063/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3139/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1063/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Berufungsrechtszug Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall, zum Teil im Überprüfungswege nach gerichtlichem Vergleich. 1. Der am 23.01.1955 geborene Kläger war als angestellter Stuckateur bei einem Unternehmen in Ravensburg im Jahre 1992 bei einer der Rechtsvorgängerinnen der beklagten Berufsgenossenschaft (im Folgenden einheitlich: Beklagte) gesetzlich unfallversichert. Während seiner Arbeit auf einer Baustelle in einem Krankenhaus stürzte er am 22.10.1992 in einen nicht abgedeckten Schacht. Er arbeitete etwa zwei Stunden weiter, bis er Blut im Harn bemerkte und ärztliche Hilfe suchte. Am selben Tag diagnostizierte Dr. P. eine Prellung der linken Niere. Dr. H. beschrieb in dem D-Bericht vom 23.10.1992 eine Nierenkontusion links mit Verdacht auf Einblutung bei Hämaturie und Verdacht auf ein stumpfes Bauchtrauma sowie in dem Nachschaubericht vom 26.10.1992 einen dringenden Verdacht auf eine Nierenruptur. Ab dem 23.10.1992 wurde der Kläger stationär behandelt. Hierzu berichtete Dr. P. unter dem 05.01.1993 von einem langsamen Ausheilen der Nierenruptur nach konservativer Therapie. Der Kläger wurde am 24.11.1992 entlassen. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 03.01.1993, der Kläger arbeitete wieder ab dem 18.01.1993 (Bericht Dr. H. vom 22.03.1993). In dem genannten Bericht schilderte Dr. H. auch wieder vermehrte Schmerzen in der linken Flanke, sah aber an der Niere keinen pathologischen Befund und äußerte den Verdacht auf eine Vergrößerung der Milz, der sich aber nach einer radiologischen Untersuchung nicht bestätigte, wobei an der linken Niere nur ein narbiges Residuum am unteren Pol beschrieben wurde (Bericht von Dres. S., K. vom 25.03.1993). Unter dem 07.08.1994 wandte sich der Kläger an die Beklagte und klagte über anhaltenden Schmerzen am linken unteren Nierenpol, die auch Dr. M. bei einer Untersuchung im März 1994 bestätigt habe. Der Kläger führte die Schmerzen auf die Narbenbildung zurück. Dr. H. beschrieb in seinem Nachschaubericht vom 21.12.1994 einen deutlichen Druckschmerz im linken Nierenlager. Dr. M. teilte unter dem 27.09.1994 mit, eine komplette Diagnostik einschließlich eines Sediments und einer Ultraschall-Untersuchung habe keinen pathologischen Befund ergeben, regte aber eine Begutachtung an. Der Kläger reichte noch eine von einer privaten Unfallversicherung eingeholte ärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 08.12.1994 ein, wonach eine Untersuchung einen bei Druck und Beugung mehrfach reproduzierbaren massivsten Schmerz und eine unveränderte geringe Minderleistung der linken Niere ergeben habe. Die Beklagte holte das internistische Gutachten bei Prof. Dr. J. vom 13.06.1995 mit radiologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. A. vom 31.05.1995 ein. Diese Gutachter kamen zu dem Ergebnis, bei dem Kläger bestehe als Folge der unfallbedingten Nieren-Parenchym-Ruptur eine narbige Einziehung am unteren Pol der linken Niere mit Irritation der die Nieren und die Nierenkapsel versorgenden Nerven, die zu starken, analgetikapflichtigen, unter körperlicher Belastung verstärkten Schmerzen der linken Flanke führe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage dauerhaft 30 v.H. Eine weitere Tätigkeit im angestammten Beruf sei ausgeschlossen. Zur Beschwerdelinderung sei eine Nierenteilresektion mit Entfernung des vernarbten Gewebes zu diskutieren, die allerdings weder gefordert werden könne noch sicher Erfolg haben werde. Diesen Einschätzungen Prof. Dr. J.s konnte sich der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. K., nicht anschließen; er sah mangels nachweisbarer Funktionsstörungen nur eine vorübergehende MdE von 20 v.H ... Daraufhin wurde der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau fachübergreifend begutachtet. In dem nervenärztlichen Gutachten vom 27.06.1996 verneinte Dr. N. unfallbedingte Nervenschädigungen und konnte die vom Kläger geklagten Schmerzen nicht - organisch - erklären. PD Dr. T. gelangte in seinem urologischen Gutachten vom 27.06.1996 zu der Einschätzung, dass als Folge der Ruptur der linken Niere ein Spontan- und Druckschmerz an der linken Flanke, eine leichte Einbuße der Nierenfunktion bei normgerechter Gesamtclearance mit geringgradiger Erhöhung des Harnstoffwerts bestehe. Es sei eine Teil-MdE von 10 v.H. anzunehmen. Auf internistischem Gebiet sah Dr. L. in dem Gutachten vom 27.06.1996 keine gesonderten Unfallfolgen. Er schätzte die Gesamt-MdE, gestützt auf die urologischen Befunde, auf 10 v.H. Beratungsarzt R. schlug daraufhin unter dem 23.10.1996 eine MdE von 20 v.H. vom 04.01. bis 30.09.1994 und von 10 v.H. danach zur Anerkennung vor. 2. Diesem Vorschlag folgend gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28.10.1996 unter Anerkennung einer narbigen Einziehung am Unterpol der linken Niere mit leichter Leistungseinbuße der Clearance links nach Nierenruptur als Unfallfolgen eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. vom 04.01. bis 30.09.1994 und lehnte eine Rentengewährung über diesen Zeitpunkt hinaus ab. Den Widerspruch des Klägers, den dieser mit anhaltenden Schmerzen begründete, wies die Beklagte unter dem 28.05.1997 zurück. Der Kläger erhob Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), die zunächst unter dem Aktenzeichen S 8 U 943/97 geführt wurde. Er beklagte fortbestehende starke Schmerzen. Er habe seit Januar 1993 seine Berufstätigkeit nur mit Mühe und unter ständiger Schmerzmedikation ausüben können. Der behandelnde Arzt Dr. W. vom Universitätsklinikum U. bekundete unter dem 29.08.1997 schriftlich als Zeuge, alle somatischen Behandlungsansätze seien erfolglos geblieben, eine MdE für eine reine Schmerzsymptomatik ohne funktionelle Einschränkungen sei schwierig zu ermitteln. Sodann beauftragte das SG Prof. Dr. I. mit einem nervenärztlichen Zusammenhangsgutachten. Dieser Sachverständige teilte unter dem 30.10.1997 mit, als Folgen des Arbeitsunfalls beständen bei dem Kläger Schmerzen der linken Flanke. Sonografisch habe sich gezeigt, dass der geklagte Schmerzpunkt nicht direkt an der Niere, sondern etwas unterhalb liege und daher eher dem Weichteilgewebe bzw. der inneren Bauchwandmuskulatur zuzurechnen sei. Das bei den Infiltrationsbehandlungen gezeigte Verschwinden des Schmerzes weise ein morphologisches Substrat nach. Es sei bei dem Trauma 1992 wahrscheinlich nicht nur zu einer Nierenruptur, sondern auch zu Rissen in der Bauchwand bzw. der Bauchwandmuskulatur gekommen. Wenn dort verletzte Nerven nicht richtig zusammenwüchsen, könne es zu Neuromen (gutartigen Knoten) kommen, die sehr schmerzhaft seien. Es ergebe sich eine Einschränkung der Berufstätigkeit bei körperlichen Bewegungen. Die MdE betrage (auch) ab dem 01.10.1994 20 v.H. Die Beschwerden seien einer chirurgischen Behandlung zugänglich, es sollte daher zunächst eine Therapie stattfinden. Nach Eingang dieses Gutachtens ordnete das SG im Einverständnis mit den Beteiligten im Hinblick auf die Behandlung eine beabsichtigte weitere Begutachtung am 12.12.1997 das Ruhen des Verfahrens an. In der Folgezeit erbrachten schmerztherapeutische Behandlungen keinen Erfolg. Dr. O. von der Oberschwabenklinik teilte unter dem 21.09.1998 mit, er gehe von einem unklaren, möglicherweise auf einem Neurinom beruhenden chronischen Schmerzsyndrom aus, es beständen leicht erhöhte Werte auf der Depressivitätsskala, der Kläger wünsche sich von der Beklagten ein klares Bekenntnis zu den Unfallfolgen, aus schmerztherapeutischer Sicht seien bestimmte operative Behandlungen überhaupt nicht und alle anderen Behandlungen erst nach definitivem Abschluss des Sozialgerichtsverfahrens sinnvoll. Prof. Dr. G., Leiter der Schmerztherapie am Universitätsklinikum U., teilte unter dem 12.01.1999 mit, der Kläger gebe aktuell eine etwa 6 x 6 cm große Stelle an der linken Flanke zwischen Rippenbogen und Beckenkamm mit einem Dauerschmerz in der Tiefe an, der ziehend und stechend wie Zahnweh sei. Der Schmerz strahle bei Belastungen aus. Es liege mutmaßlich ein Neurom vor, das aber bildgebend nicht geortet werden könne, sodass es sich um ein Mirkoneurom handeln müsse. Die Schmerztherapie sei nicht ausgeschöpft. Eine Tätigkeit als Stuckateur sei gegenwärtig ausgeschlossen, eine Umschulung nötig. Allerdings teilte Prof. Dr. G. unter dem 19.04.1999 mit, er habe seine Meinung deutlich geändert, weitere körperbezogene Diagnostiken einschließlich der Suche nach einem Neurom seien nicht erfolgversprechend, vielmehr seien die Schmerzen nicht nur rein körperlich erklärbar, es handle sich um ein seit vielen Jahren chronifiziertes Schmerzsyndrom, das eine andere Behandlungsstrategie benötige als bisher. Der Kläger absolvierte in der Folgezeit eine stationäre psychosomatische Behandlung bei Prof. Dr. G. und anschließend vom 22.06. bis zum 27.07.1999 eine stationäre Rehabilitation in der K.-Klinik B ... Der Entlassungsbericht von Dr. Z. u. a. vom 16.08.1999 nennt als Diagnosen eine somatoforme Schmerzstörung, eine reaktive Depression und Zustände nach Flanken- und Nierenkontusion links 1992 und nach Schilddrüsenresektion 1990. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig entlassen. In der Folgezeit drängte der Kläger auf eine Umschulung durch die Beklagte. Dem schloss sich u. a. der behandelnde Schmerztherapeut Prof. Dr. G. an, der auch von einer weiteren chirurgischen Begutachtung dringend abrat (Bericht vom 02.08.1999). Eine Umschulung wurde aber nicht gewährt. Die Beklagte erhob sodann ein chirurgisches Rentengutachten vom 15.11.1999 bei dem Orthopäden Dr. Ü ... Dieser Gutachter teilte mit, wesentliche Unfallfolgen beständen nicht, eine messbare MdE fehle, der Kläger könne weiter und dauerhaft als Stuckateur und Bauhelfer arbeiten, berufliche Rehabilitationsmaßnahmen seien nicht erforderlich. Dagegen beschrieb Dr. Q. in dem von der Beklagten auf Anregung Dr. Ü.s eingeholten allgemeinchirurgischen Zusatzgutachten vom 19.01.2000 Schmerzen der linken Flanke unklarer Genese mit Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung (Differenzialdiagnose: Neurom), die er mit einer MdE von 20 v.H. bewertete. Beratungsarzt Dr. R. hingegen hielt in seiner Stellungnahme vom 26.01.2000 Unfallfolgen für fraglich und nahm eine MdE von unter 10 v.H. an. Mit Bescheid vom 08.02.2000 lehnte die Beklagte (unter anderem) eine Rentengewährung nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab. Der Bescheid enthielt den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens. Der Kläger rief daraufhin das Verfahren vor dem SG wieder auf (Az. nunmehr S 1 U 303/00 und später S 7 U 303/00). Parallel begehrte er in einem Eilverfahren (S 1 U 304/00 ER) die weitere Gewährung von Verletztengeld, nachdem er sich für weiterhin arbeitsunfähig hielt und keine Einkünfte hatte, nahm diesen Antrag aber wieder zurück, auch nachdem die zuständige Krankenkasse Krankengeld gewährt hatte. In dem Klageverfahren holte das SG den Arztbrief der Dipl.-Psychologin C. vom 18.05.2000 über die Behandlung des Klägers ein. Das SG holte ferner das neurologische Gutachten vom 02.11.2000 von Prof. Dr. F. ein. Dieser Sachverständige bekundete, für die glaubhafte Schmerzsymptomatik habe sich eine Ursache nicht finden lassen können. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Auftreten der Schmerzen reiche jedoch aus, um Unfallabhängigkeit zu bejahen. Unter den notwendigen hochdosierten Schmerzmedikamenten könnten Arbeiten an gefährdenden Maschinen oder in Höhe nicht mehr ausgeübt werden. Die MdE betrage 20 v.H. ab 01.01.1994. Eine dauerhafte spezielle Schmerztherapie sei notwendig. Beratungsarzt Dr. M. kritisierte in seiner Stellungnahme vom 14.12.2000, dass Prof. Dr. F. die psychiatrisch-psychosomatischen Gesichtspunkte nicht ausreichend gewürdigt habe. Im Hinblick auf eine weitere, in Auftrag gegebene Begutachtung bei Dr. X. ordnete das SG sodann mit Beschluss vom 08.03.2001 erneut das Ruhen des Gerichtsverfahrens an. In der Folgezeit blieben urologische Kontrolluntersuchungen bei Dr. G. ohne Befunde, dies bestätigte Dr. Z. nach einer radiologischen Untersuchung unter dem 26.07.2001. Prof. Dr. G. berichtete unter dem 27.11.2001, dass der Kläger, der eine neue Arbeitsstelle (Hol- und Bringdienst, v. a. für Wäsche, in der O.-Klinik) angetreten habe, seine Schmerzen aktuell als erträglich einschätze und mit seinen Medikamenten gut zurechtkomme. Unter dem 06.02.2002 berichtete er, es hätten einige Schmerzmedikamente abgesetzt und andere verringert werden können, ohne dass es zu einer Schmerzverstärkung gekommen sei. Nachdem Dr. X. das psychosomatische Gutachten vom 30.04.2002 vorgelegt hatte, rief das SG von Amts wegen das Verfahren wieder an (neues Az. S 7 U 1892/02). Der Sachverständige sah Diskrepanzen zwischen den Beschwerdeschilderungen des Klägers und seinem Verhalten bei der dreistündigen Exploration sowie seinen Angaben über die ausgeübten beruflichen Tätigkeiten (Schieben von Wäschewagen). Als Krankheiten diagnostizierte er eine nicht näher bezeichnete somatoforme Störung leichten Grades, einen schädlichen Gebrauch von Analgetika und einen Zustand nach Flanken- und Nierenkontusion mit nachweisbarer Vernarbung des linken unteren Nierenpols. Die vom Kläger geschilderten Schmerzen seien unfallabhängig. Arbeitsunfähigkeit bestehe nicht, eine MdE ab dem 01.10.1994 ebenfalls nicht, Rehabilitationsmaßnahmen seien wegen der gegenwärtigen, leichten Berufstätigkeit des Klägers in der O.-Klinik aktuell nicht notwendig. Der Kläger trat diesem Gutachten detailliert entgegen. Auf seinen Antrag und sein Kostenrisiko hin erhob das SG daraufhin das schmerztherapeutische Gutachten vom 30.10.2003 bei Dr. B. mit psychologischem Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. T. vom 09.10.2003. Dr. B. beschrieb einen Neuromschmerz des Klägers, wobei diese Diagnose noch bildgebend zu bestätigen sei. Eine somatoforme Störung und ein schädlicher Medikamentengebrauch lägen nicht vor. Die MdE liege, selbst wenn man die urologische Teil-MdE hinzu nehme, nicht höher als 10 v.H. Das SG holte daraufhin bei dem Radiologen Prof. Dr. L. die Zusatzgutachten vom 12.08.2004 und vom 01.12.2004 ein. Dieser Sachverständige verneinte letztlich den Nachweis von Neuromen, die er zunächst gemutmaßt hatte, bejahte aber einen erheblichen Substanzdefekt von 2x2 cm an der unteren linken Niere nach zwischenzeitlichem Auftreten progredienter uringefüllter Zysten (Urinome), der geeignet sei, die geklagten Schmerzen zu erklären. Dieser Feststellung schloss sich Dr. E. als Beratungsarzt in der Stellungnahme vom 01.03.2005 an und schlug insoweit eine MdE von 20 v.H. zur Anerkennung vor. Allerdings folgte die Beklagte diesem Vorschlag zunächst nicht, weil ein Urinom nicht nachgewiesen sei. Nachdem jedoch Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 20.05.2005 seine Einschätzung verteidigt hatte, bot die Beklagte dem Kläger unter dem 08.08.2005 vergleichsweise die Gewährung einer Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H. vom 01.10.1994 bis 30.11.2001 an. Danach bestehe keine unfallbedingte MdE mehr, was sich aus dem Bericht von Prof. Dr. G. vom 27.11.2001 sowie den Gutachten von Dr. X. und Dr. B. ergebe. Außerdem bot die Beklagte dem Kläger unter dem 28.09.2005 eine Behandlung der Urinome in der Unfallklinik in Murnau an. Der Kläger nahm in dem Schriftsatz vom 13.10.2005 das Vergleichsangebot an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt, wobei er sich eine spätere Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausdrücklich vorbehielt. Auch den Antritt der Behandlung sagte er zu. Das SG stellte das Gerichtsverfahren daraufhin ein. Mit Bescheid vom 13.12.2005 führte die Beklagte den Vergleich aus und zahlte an den Kläger ? 25.719,22 aus. Die Zinsen wurden später nachentrichtet. 3. Von der geplanten operativen Behandlung in Murnau riet Dr. K. unter dem 11.10.2005 ab, da eine (Teil-)Nephrektomie zu erneuter Narbenbildung führen werde. Der Kläger sah jedoch die laufende analgetische Therapie nicht mehr als ausreichend an. Er ließ daher am 25.11.2005 die Operation (Neu¬ro¬ly¬se und Exhärese [Verödung und Entfernung] des Nervus iliohypogastricus [Erster Lendennerv] über dorso-lumbalem Schnitt) durchführen. In dem Abschlussbericht vom 01.12.2005 berichtete Dr. E., man habe den Befund eines Urinoms nicht bestätigen können. Es habe auch kein typischer Nierenkapselschmerz, sondern eher ein fortgeleiteter Schmerz in Versorgung des Ersten Lendennervs bestanden. Man (der Operateur) habe daher die Hypothese gestellt, dass dieser Nerv durch den Unfall mit verletzt worden sei. Daraufhin habe man den Nerv freigelegt und resektiert. Ab dem Operationstag seien keine Schmerzen mehr vorhanden gewesen, die Schmerzmedikation sei abgesetzt worden. Unter dem 11.01.2006 und dem 07.02.2006 beschrieb Dr. M. von der O.-Klinik eine Bauchwandschwäche mit Ausstrahlung(sschmerz) in die Leistenregion, eine rentenberechtigende MdE werde nicht verbleiben. Der Kläger führte bei der O.-Klinik als Arbeitgeberin eine Belastungserprobung durch, die erfolgreich beendet wurde. 4. Wegen dieser Bauchwandschwäche u. a. fragte der Kläger ab dem 05.01.2006 mehrfach bei der Beklagten nach und bat um Entscheidung über weitere Leistungen und die verbleibende MdE. Sein Bevollmächtigter äußerte in dem Schriftsatz vom 10.01.2006 die Ansicht, es sei ein Gutachten auch über den Zustand des Klägers seit dem 01.12.2001 einzuholen. Auf Anfrage der Beklagten berichtete Dr. M. unter dem 15.03.2006, in Folge der Resektion der Nerven sei eine partielle Lähmung der Bauchwandmuskulatur aufgetreten, die bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks zu einer Wulstbildung geführt habe. Es seien ein Stützgurt und Krankengymnastik zur Stärkung der Bauchmuskulatur angezeigt. Der Kläger sei arbeitsfähig. In der Folgezeit klagte der Kläger über zunehmende Schmerzen im Bereich der Operationsnarbe, es wurde dann an TENS-Gerät verschrieben (Bericht vom 13.06.2006). Die Beklagte erhob sodann das urologische Fachgutachten bei Dr. E. vom 09.11.2006. Darin ist ausgeführt, es bestehe als verbliebene Unfallfolge eine leichtgradige Funktionseinbuße der linken Niere durch narbige Parenchym-Schrumpfung im Unterpolbereich, die vollständig durch die rechte Niere kompensiert sei, ferner ein leichtgradiges Schmerzsyndrom der linken Flanke sowie eine partielle lokale Bauchwandparalyse auf Grund posttraumatischer Neuralgie nach OP am 25.11.2005. Die MdE sei mit 10 v.H. einzuschätzen. Mit Bescheid vom 05.07.2007 stellte die Beklagte fest, es bestehe weiterhin kein Anspruch auf Rente. Über etwaige Ansprüche bis zum Abschluss des Vergleichs im Jahre 2005 sei bereits entschieden. Für die danach liegende Zeit habe das Gutachten von Dr. E. keine Rentenberechtigung ergeben. Den Widerspruch des Klägers, der die Unfallfolgen als schwerer bewertete als Dr. E., wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2007 zurück. Am 16.11.2007 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Er hat vorgetragen, er leide unter den Folgen der Parästhesien und der Muskelschwäche der linken lateralen Bauchwand. Er führe diese Beschwerden sowohl auf den Unfall als auch auf die zu Lasten der Beklagten durchgeführte Operation am 25.11.2005 zurück. Er hat zunächst eine Verurteilung der Beklagten zur Rentengewährung ?ab Antragstellung? begehrt. Auf Nachfrage des SG hat er sodann mit Schriftsatz vom 23.04.2008 klargestellt, dass er eine Rente über den 30.11.2001 hinaus begehre. Die Beklagte hat zunächst eingewandt, über die Zeiträume bis zum Vergleichsschluss am 13.10.2005 sei bindend entschieden, insoweit scheide auch ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X aus (Schriftsatz vom 14.04.2008). Sie hat dann gleichwohl ein Überprüfungsverfahren eingeleitet. Das SG hat daraufhin mit Beschluss vom 24.07.2008 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Bescheid vom 28.10.2008 lehnte die Beklagte ?die Rücknahme des Bescheids vom 13.12.2005 (?) ab?. Sie führte darin aus, sie habe bei Erlass jenes Bescheids den richtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt und das Recht richtig angewandt. Der Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits. Daraufhin hat der Kläger am 05.11.2008 das Verfahren vor dem SG wieder angerufen und sich auch gegen diesen Bescheid gewandt. Das SG hat den Beteiligten unter dem 30.01.2009 mitgeteilt, es liege kein Fall der Einbeziehung nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor, sondern eine Klageänderung, die sachdienlich sei (§ 99 Abs. 1 SGG). Der Kläger legte deshalb auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.10.2008 ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2009 zurückwies. Das SG hat sodann die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Aussagen von Prof. Dr. M. vom 06.03., 16.03. und 23.03.2009, von Dr. A. vom 17.03.2009, Dr. K. vom 23.03.2009 und Dr. S. vom 08.04.2009 verwiesen. Dr. S. hat berichtet, der Kläger habe bei einer - einmaligen - Untersuchung am 15.03.2006 über eine immer wieder auftretende Vorwölbung der Muskulatur der lateralen Bauchwand links geklagt, die - insbesondere bei schwerer Arbeit - mit Schmerzen verbunden sei. Eine Bruchlücke habe sich nicht gefunden. Es sei eine bei Flankenschnitten häufige Folgeerscheinung, die als Bauchwandrelaxation bezeichnet werde. Eine operative Stabilisierung sei nur durch eine aufwändige OP mit Einbringen eines Kunststoffnetzes möglich, die mit einem erheblichen Trauma verbunden wäre; solche OPs zeitigten oft nicht befriedigende Ergebnisse; dem Kläger sei daher geraten worden, eine Bauchbandage zu tragen. Der Kläger hat noch den Zwischenbericht von Prof. Dr. M. vom 20.02.2009 vorgelegt, in dem belastungsabhängige Beschwerden, eine regelmäßige Einnahme von Voltaren und die Verwendung von Bauchstützgurten erwähnt wurden. Im Anschluss hat das SG von Amts wegen bei Prof. Dr. M. ein unfallchirurgisch-orthopädisches Hauptgutachten mit urologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. C. sowie neurologischem Zusatzgutachten von PD Dr. B. über den Kläger erhoben: Prof. Dr. C. hat in seinem urologischem Zusatzgutachten vom 11.11.2010 ausgeführt, der Kläger leide an einem Zustand nach Nierenkontusion links mit Ruptur des Unterpols sowie an einer persistierenden Bauchwandschwäche nach operativer Exhärese des Nervus iliohypogastricus am 25.11.2005. Der Z.n. Nierenkontusion zeitige aktuell weder klinisch noch sonomorphologisch Auffälligkeiten. Die Bauchwandschwäche führe zu rezidivierenden Flankenschmerzen links im Rahmen eines chronischen Schmerzsyndroms mit dauernder Analgetikaeinnahme. Es sei davon auszugehen, dass die Nervenentfernung zum damaligen Zeitpunkt - hinsichtlich der Unfallfolgen - indiziert gewesen sei, sie habe jedoch die nun vorliegende Bauchwandschwäche verursacht, die daher als mittelbare Unfallfolge eingestuft werden könne. Die MdE betrage jetzt 10 v.H. Der Kläger solle nach Möglichkeit vom Heben und Tragen schwerer Lasten befreit werden. Prof. Dr. M. hat in seinem (ersten) Gutachten vom 02.03.2011 bekundet, der Kläger leide unter einer Schwäche der linken Bauchwand mit Vorwölbung insbesondere unter Belastung, einer Narbenbildung am Rücken links, einer Gefühlsminderung der linken Flanke, einer Verschiebung der Mittellinie der Bauchwand nach rechts, einem Unvermögen, das linke Bein gegen Widerstand gestreckt anzuheben (Streckung/Beugung des Hüftgelenks bds. 10-0-110°) sowie einer Muskelminderung am linken Oberschenkel um 1 cm (Umfangmaße rechts 51/43, links 50/42 cm jeweils 20 bzw. 10 cm über Kniegelenk). Diese Befunde seien mittelbare Folge des Unfallereignisses, denn die Operation vom 25.11.2005 sei als Folge der anhaltenden Beschwerden nach dem Unfall vom 22.10.1992 durchgeführt worden. Nur die Schwäche des linken Beins beim gestreckten Anheben gegen Widerstand lasse sich nicht als alleinige Folge der Exhärese des Nerven erklären; sie müsse jedoch trotzdem als Unfallfolge gewertet werden. Auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet sei vor dem Eingriff am 25.11.2005 nicht von einer MdE auszugehen, nach der Operation bzw. nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit betrage sie 10 v.H. PD Dr. B. hat in seinem neurologischen Zusatzgutachten vom 21.04.2011 ausgeführt, bei dem Kläger handle es sich um einen Z.n. Nierenkontusion und Verletzung der linken Flanke, einem chronischen Schmerzsyndrom neuropathischen Charakters, einem Z.n. Exhärese des Nervus iliohypogastricus links mit konsekutiver partieller Bauchwandparese links und - hieraus folgenden - belastungsassoziierten Schmerzen. Der Ausfall des Ersten Lendennervs an den Wirbelsäulensegmenten Th12/L1 sei mittelbare Unfallfolge, ebenso die resultierende Sensibilitätsstörung und Bauchwandschwäche. Die verursachten Ausfallerscheinungen träten vor allem bei schweren körperlichen Arbeiten auf. Auf neurologischem Fachgebiet sei die durch den Nervenausfall bedingte MdE auf 10 v.H. zu schätzen. Unter dem 02.05.2011 hat der Hauptgutachter, Prof. Dr. M., ausgeführt, es lägen jeweils MdE von 10 v.H. auf unfallchirurgischem, urologischem und neurologischem Fachgebiet vor. Die unfallchirurgisch gefundene Schwäche des linken Beins habe der neurologische Gutachter nicht verifizierten können. Die jeweils beschriebenen Folgen auf unfallchirurgischem und neurologischem Fachgebiet überlappten sich weitgehend, sodass sich letztlich eine Gesamteinschränkung unter Hinzunahme der urologischen MdE von 20 v.H. ergebe. Wegen der Ausführungen und Vorschläge der Sachverständigen im Einzelnen wird auf die genannten schriftlichen Gutachten Bezug genommen. Die Beklagte ist dem Vorschlag des Gutachters, eine Gesamt-MdE von 20 v.H. anzunehmen, unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 05.11.2011 entgegengetreten. Darin ist ausgeführt, es erschließe sich nach Aktenlage nicht, warum sich aus den drei einzelnen MdE von je 10 v.H. bei nahezu vollständiger Überlappung der Beschwerden eine Gesamt-MdE von 20 v.H. ergeben solle. Eine vollständig kompensierte leichtgradige Funktionsminderung der linken Niere bei normwertiger Gesamtnierenfunktion rechtfertige keine MdE höher als 10 v.H. Die Gesamt-MdE betrage 10 v.H. 5. Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Streitgegenstand sei neben dem Bescheid vom 05.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2007 auch der Bescheid vom 28.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2009. Dieser sei zwar nicht nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogen worden, wohl aber durch die vom Kläger vorgenommene Klageänderung, die sachdienlich sei (§ 99 Abs. 1 SGG). Das insoweit notwendige Vorverfahren sei durchgeführt worden. Mit dem Bescheid vom 05.07.2007 habe die Beklagte nur über etwaige Ansprüche ab dem 09.08.2005 entschieden, denn sie habe darin ausgeführt, über die Zeit davor sei ?durch den Abschluss des Vergleichs vom 08.08.2005? bereits entschieden. Über die Zeit davor habe die Beklagte im Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X mit dem Bescheid vom 28.10.2008 entschieden, mit dem sie eine Abänderung des (Ausführungs)bescheids vom 13.12.2005 abgelehnt habe. Der erstgenannte Bescheid betreffend die Zeit ab dem 09.08.2005 sei rechtmäßig. In seinem Geltungszeitraum sei zu unterscheiden zwischen der Zeit vor und der Zeit nach der Operation am 25.11.2005. In der Zeit vor der OP seien von der reinen Nierenverletzung vom 22.10.1992 unmittelbar keine funktionalen Einschränkungen von Bedeutung mehr ausgegangen. Dies sei die Ansicht sämtlicher urologischer Gutachter. Auch Dr. B. habe die Nierenverletzung als ausgeheilt angesehen. Die geringgradige Funktionseinschränkung der linken Niere habe die rechte Niere vollständig kompensiert. Die im Gutachten von Prof. Dr. C. angenommene Teil-MdE von 10 v.H. auf urologischem Fachgebiet lasse sich nur durch die bestehende Schmerzhaftigkeit erklären, die aber gesondert zu bewerten sei. Diese Schmerzhaftigkeit habe im Zentrum gestanden. Gleichwohl habe auch auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet vor der OP keine messbare MdE bestanden. Zwar hätten die Schmerzen bestanden. Dies sei durch die eingeholten Gutachten und ärztlichen Aussagen nachgewiesen. Auch die Beklagte habe die Schmerzen anerkannt, sonst hätte sie im Vorprozess kein Vergleichsangebot abgegeben. Dabei werde nicht verkannt, dass die diagnostische Einordnung schwierig gewesen sei. Aber bereits Prof. Dr. I. habe die vom Kläger damals geklagten Schmerzen als glaubhaft angesehen und Hinweise auf Aggravation verneint. Auch Prof. Dr. G. habe in seiner Stellungnahme vom 12.01.1999 nicht an den Schmerzen gezweifelt. Auch Prof. Dr. F. habe in seinem Gutachten auf den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall 1992 und dem Auftreten der Schmerzen hingewiesen. Prof. Dr. E. habe in seiner gutachterlichen Stellungnahme ausgeführt, die Ursachen von Schmerzen nach Nierenverletzungen ließen sich oftmals nicht durch bildgebende Verfahren eruieren, zumeist handle es sich um Narbenschmerzen. Hieran habe er in seiner weiteren Stellungnahme festgehalten, auch wenn sich seine Annahme, es sei ein Urinom aufgetreten, nicht habe bestätigen lassen. Für die zuletzt von Prof. Dr. E. vertretene Hypothese einer Verletzung des Nervus iliohypogastricus spreche, dass der Kläger nach der Operation am 25.11.2005 beschwerdefrei gewesen sei; dagegen spreche aber das spätere Wiederauftreten der Schmerzen. Schmerzen nun könnten zu einer Erhöhung der allein durch die funktionalen Einschränkungen bedingten MdE führen, wenn sie über das übliche Maß hinausgingen. Bei der Bewertung für die Zeit vor der OP beständen Unsicherheiten. Prof. Dr. G. habe unter dem 27.11.2001 nur eine ganz ungefähre Darstellung der Angaben des Klägers wiedergegeben. Dr. X. und Dr. B., auf die sich die Beklagte bei ihrem damaligen Vergleichsangebot ebenfalls bezogen habe, hätten unterschiedliche Ansichten vertreten und im Gegensatz zu anderen ärztlichen Stimmen nur eine MdE von 10 v.H. bzw. sogar nur von 0 v.H. vorgeschlagen. Diese Ärzte seien wegen ihrer Fachrichtungen für die Bewertung von Schmerzen besonders kompetent gewesen. Auch Prof. Dr. M. habe in dem aktuellen Gutachten die MdE in der Zeit vor der OP nicht einzuschätzen vermocht. Letztlich habe der Kläger auch bei Annahme des Vergleichsangebots Ende 2005 zu erkennen gegeben, dass er von einer Besserung ausgegangen sei. Vor diesem Hintergrund verblieben hinsichtlich der Höhe der MdE vor dem 25.11.2005 Zweifel, die zu Lasten des Klägers gingen. Auch in der Zeit nach der OP habe keine rentenberechtigende MdE vorgelegen. Das SG habe zwar keine Zweifel, dass die Schmerzen wegen Folgen des Unfalls fortbestanden hätten und fortbeständen. Ob es sich dabei um ein chronisches Schmerzsyndrom handle, wie Prof. Dr. C. angenommen habe, könne offen gelassen werden. Was Umfang und Intensität anbelange, bestehe jedenfalls keine Verschlechterung gegenüber dem Zustand vor der OP. Zu dem (nunmehr bestehenden) Flankenschmerz links sei die persistierende Bauchwandschwäche hinzugekommen. PD Dr. B. habe Einschränkungen bei der Berufstätigkeit des Klägers beim Heben und Tragen von Gegenständen bis zu 40 kg erwähnt, die aber auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne Weiteres übertragen werden könnten. Dieser sei jedoch der Maßstab für die Bewertung der MdE. Eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) liege nicht vor. Nach der OP habe nach der Aussage des Operateurs Beschwerdefreiheit vorgelegen. Hiervon ausgehend sei keine Verschlechterung eingetreten, die (wieder) zu einer MdE von 20 v.H. geführt hätte. Der Kläger selbst habe gegenüber Prof. Dr. C. von regelmäßig auftretenden Beschwerden, die aber abhängig von äußeren Umständen wie Kälte und Nässe und schwerer Arbeit seien, berichtet. In Ruhestellung dagegen seien die Schmerzen erträglich. Vergleiche man dies mit den Angaben des Klägers gegenüber Dr. X. und Dr. B., sei eher von einer Verringerung der Schmerzen gegenüber früher auszugehen. Eine andere Einschätzung ergebe sich auch nicht aus den drei aktuellen Gutachten, die je für sich eine MdE von 10 v.H. annähmen, dies aber im Wesentlichen auf die gleiche Schmerzhaftigkeit stützten. Wenn man auf urologischem Gebiet überhaupt eine MdE von 10 v.H. annähme, so überlappten sich die einzelnen Beeinträchtigungen nicht nur teilweise, sondern vollständig. Für die Gefühlsminderung der linken Flanke, die ebenfalls als (mittelbare) Unfallfolge anzuerkennen sei, sei mangels funktionaler Einschränkung die MdE nicht zu erhöhen. Das von Prof. Dr. M. beschriebene Unvermögen, das linke Bein gegen Widerstand durchzustrecken, habe PD Dr. B. nicht bestätigen können; außerdem habe keiner der Gutachter eine Begründung dafür geliefert, dass es sich hierbei um eine Unfallfolge handle. d) Für die Zeit vom 01.12.2001 bis zum 08.08.2005, so das SG weiter, bestehe ein Anspruch des Klägers nur, wenn die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X erfüllt seien. Die Erledigung eines Anspruchs durch gerichtlichen Vergleich schließe einen Anspruch auf Neufeststellung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht aus, sofern der Vergleich keinen Verzicht auf das materielle Recht nach § 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) enthalte; hierfür spreche hier nichts. Die Voraussetzungen einer Zurücknahme lägen jedoch nicht vor. Wie bereits dargelegt, könne sich das SG nicht von einer rentenberechtigenden MdE in der Zeit vor dem 25.11.2005 überzeugen, dies gelte mithin auch für die Zeit vor dem 08.08.2005. 6. Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 03.02.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 02.03.2012 bei dem SG Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, er sei bei Vergleichsschluss Ende 2005 davon ausgegangen, die weiterhin bestehenden Schmerzen würden durch die anstehende OP behoben. Es sei jedoch allenfalls eine Schmerzfreiheit von kurzer Dauer eingetreten. Die Schmerzen hätten die beteiligten Gutachter Prof. Dr. I. und Dr. B. als glaubhaft eingestuft. Es sei auch keineswegs so, dass die Schmerzen erträglich seien. Aus der Äußerung des Klägers, es gehe, könne allenfalls abgeleitet werden, dass er sich an die Schmerzen gewöhnt habe. Die von Prof. Dr. M. festgestellte Unmöglichkeit, das linke Bein zu strecken, habe PD Dr. B. keineswegs ausgeschlossen, vielmehr in seinem Gutachten bestätigt. Auch er habe beschrieben, dass u. a. beim Aufrichten aus liegender Position zum Sitzen die Bauchwandparese mit vorspringender Muskulatur links zu sehen gewesen sei. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2007 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2009 zu verpflichten, den Bescheid vom 13. Dezember 2005 teilweise zurückzunehmen sowie zu verurteilen, wegen der Folgen des Unfalls vom 22. Oktober 1992 ab dem 01. Dezember 2001 eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Auf Antrag des Klägers hat der Senat den Operationsbericht (Kurzbericht) der BG-Klinik Murnau vom 25.11.2005 beigezogen. Auf seinen Inhalt wird verwiesen. Vergleichsbemühungen sind erfolglos geblieben. Zur Stellung eines zuvor angekündigten Antrags nach § 109 Abs. 1 SGG hat der Senat dem Kläger unter dem 28.08.2012 Frist bis zum 14.09.2012 gesetzt. Der Antrag wurde nicht gestellt.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG seine Anfechtungs- und Leistungsklage (hinsichtlich einer Gewährung von Verletztenrente ab dem 08.08.2005) und seine Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (hinsichtlich der Rücknahme des Bescheids vom 13.12.2005 und der anschließenden Gewährung von Verletztenrente über den 30.11.2001 hinaus) abgewiesen. Die Klagen waren mit den genannten Anträgen zulässig. Insbesondere war auch der Bescheid vom 28.10.2008 zulässigerweise Gegenstand des Verfahrens geworden. Es kann dahin gestellt bleiben, ob er nach § 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren einbezogen worden ist, obwohl er einen anderen Zeitraum betraf und außerdem in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X ergangen war. Jedenfalls nach § 99 Abs. 1 SGG war er zum Verfahrensgegenstand geworden, und zwar unabhängig von der Sachdienlichkeit der Klageänderung, denn die Beklagte hat sich spätestens mit ihren Schriftsätzen vom 11.06.2006 und vom 11.07.2006 rügelos auf die Klage eingelassen, in denen sie ausführte, sie werde nun doch ein Überprüfungsverfahren einleiten und der dann ergehende Bescheid könne Gegenstand des Klageverfahrens werden. Die Klagen sind aber unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nach einer MdE von 20 v.H. wegen der Folgen des Unfalls am 22.10.1992 von 01.12.2001 bis laufend besteht nicht. Insofern war die Beklagte auch nicht aus § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, den Bescheid vom 13.12.2005, mit dem auf Grund des damaligen Vergleichs (konkludent) Leistungen für die Zeit vom 01.12.2001 bis zum Vergleichsschluss (08.08.2005) abgelehnt worden waren, insoweit zurückzunehmen. Es kann daher offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch aus § 44 Abs. 1 SGB X ausgeschlossen ist, wenn der angegriffene Bescheid ein Ausführungsbescheid nach einem gerichtlichen Vergleich war. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente nach § 56 Abs. 1, Abs. 2 SGB VII, insbesondere hinsichtlich einer etwaigen besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII, hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargestellt. Der Senat schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen jenen Ausführungen an, § 153 Abs. 2 SGG. Ebenso folgt der Senat den Ausführungen des SG zur Höhe der bei dem Kläger vorliegenden MdE in den einzelnen streitigen Zeiträumen, insbesondere auch der Würdigung der drei Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M., Prof. Dr. C. und PD Dr. B., die das SG eingeholt hat. Ergänzend ist lediglich auszuführen: a) Der Senat konnte in der Sache entscheiden, nachdem ein Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG in gesetzter Frist nicht gestellt worden ist. b) Allerdings stände dem Kläger ein Anspruch auf Verletztenrente jedenfalls für den Dezember 2001 selbst dann nicht zu, wenn die Beklagte mit dem Bescheid vom 13.12.2005 tatsächlich zu Unrecht Leistungen für die Zeit ab dem 01.12.2001 abgelehnt hätte und insoweit nach § 44 Abs. 1 SGB X zur Rücknahme verpflichtet gewesen wäre. Nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X werden nach einer durch Antrag ausgelösten Rücknahme Leistungen rückwirkend höchstens für vier Jahre vor dem Rücknahmeantrag gewährt. Es handelt sich um einen Anspruchsausschluss. Der Kläger nun hatte erst am 05.01.2006 eine weitere Rentengewährung beantragt, und aus dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10.01.2006 konnte entnommen werden, dass sich der Antrag auch auf die Zeit ab dem 01.12.2001 bis zum Vergleichsschluss und dem Ausführungsbescheid vom 13.12.2005 bezog. Ausgehend hiervon konnte der Kläger im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens Leistungen rückwirkend erst ab dem 01.01.2002 begehren. c) Ebenso wie das SG und die Beteiligten meint der Senat, dass auch die unmittelbar durch die Operation am 25.11.2005 verursachten Gesundheitsschäden noch als Folge des Unfalls vom 22.10.1992 einzustufen sind. Es handelt sich um mittelbare Folgen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Nach dieser Vorschrift sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden, die der Versicherte infolge der Durchführung einer Heilbehandlung erleidet. Gemeint ist eine Behandlung anerkannter oder vorliegender Unfallfolgen, die im Auftrag oder zu Lasten des zuständigen Unfallversicherungsträgers durchgeführt wird. Die Operation vom 25.11.2005 sollte der Linderung der seit dem Unfall bestehenden Schmerzen dienen, die auch die Beklagte mit ihrem Vergleichsangebot vom 08.08.2005 als Unfallfolgen anerkannt hatte. Diese Behandlungsintention ergibt sich deutlich aus dem Abschlussbericht vom 01.12.2005 und auch aus dem im Berufungsverfahren eingeholten OP-Bericht vom 25.11.2005. Darin hat der Operateur, Dr. E., auf die seit (13) Jahren bestehenden ?neuralgieformen? Beschwerden des Klägers hingewiesen und ausgeführt, er habe sich ?deshalb? zur Neurolyse des Ersten Lendennervs entschlossen. Dass Dr. E. präoperativ in seiner Stellungnahme vom 01.03.2005, gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 12.08. und 01.12.2004, noch von einer Urinombildung als Ursache der geklagten Schmerzen ausgegangen war, diese Hypothese jedoch bei der OP nicht bestätigt fand, ändert hieran nichts. Auch die Urinombildung wäre auf die Unfallfolgen zurückzuführen gewesen, sodass die OP ihren Charakter einer Heilbehandlung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht verloren hätte. Außerdem kommt es für einen mittelbaren Zusammenhang nach dieser Vorschrift nicht auf hypothetische, sondern die wirklichen Verläufe an. Den Lendennerv entfernt hat Dr. E. bei der OP, weil er nunmehr mutmaßte, dieser Nerv sei bei der Nierenkontusion 1992 verletzt worden. d) Bei dem Kläger ist gegenwärtig eine einheitliche MdE (Gesamt-MdE) festzustellen, nicht etwa mehrere einzelne MdE auf den verschiedenen Fachgebieten. In Streit stehen die Folgen nur eines einzelnen Versicherungsfalles nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Auch wenn die heutigen Beeinträchtigungen ganz oder teilweise durch die OP vom 25.11.2005 verursacht worden sind, so handelt es sich bei ihnen doch - der ausdrücklichen Regelung in § 11 Abs. 1 SGB VII folgend - um (mittelbare) Folgen desselben Unfalls vom 22.10.1992, der die Ursache für die OP gewesen war. Nicht etwa liegen bei dem Kläger mehrere Versicherungsfälle im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII vor. Eine solche Gesamt-MdE ist nicht nach einer Addition der einzelnen Teil-MdE-Werte zu bilden. Nötig ist vielmehr eine integrierende Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionsbeeinträchtigungen, und zwar nach dem Maßstab des § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Hierbei liegt die Gesamt-MdE unter der Summe der Teil-MdE-Werte, wenn und soweit sich die Funktionseinschränkungen überlagern bzw. überlappen (vgl. im Einzelnen Schönberger/Mehr¬tens/Va¬len¬tin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Nr. 3.6.3, S. 103 f.). e) Diese Gesamt-MdE des Klägers, die nach der Operation verblieben bzw. vorhanden ist, bewertet auch der Senat nur mit 10 v.H. Er stützt sich bei dieser Einschätzung ebenso wie das SG im Wesentlichen auf die drei im Klageverfahren eingeholten Gutachten sowie die Stellungnahmen der seit 2005 behandelnden Ärzte: Auf urologischem Gebiet kann entgegen dem Vorschlag von Prof. Dr. C. in dem Gutachten vom 11.11.2010 keine Teil-MdE von wenigstens 10 v.H. angenommen werden. Der Sachverständige hat seinen Vorschlag im Wesentlichen mit der Bauchwandschwäche und den persistierenden Schmerzen begründet, auf seinem eigenen Fachgebiet aber nur einen Z.n. Nierenkontusion ohne verbleibende klinische oder sonografische Auffälligkeiten diagnostiziert. Bei erhaltener gesunder Niere (bei dem Kläger rechts) beurteilt sich die MdE nach der verbliebenen Clearance (Entgiftungsleistung), dem Ausmaß der Störungen der Harnproduktion und/oder des Harntransports (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 979). Erfahrungswerte bestehen insoweit für eine einseitige Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung) mit ausreichender (Gesamt-)Nierenfunktion (MdE 10 bis 20 v.H.) und einseitige vesiko-renale Refluxe (Harnrückflüsse) ohne Infekte und ohne Funktionseinschränkung (MdE 0 bis 10 v.H.). Selbst bei vollständigem Nierenverlust bei vollständiger Übernahme der Entgiftung durch die andere Niere liegt nur eine MdE von 20 v.H. vor, gestützt auf die Erwägung, dass ein Versicherter zum Schutze der gesunden Niere beruflich eingeschränkt ist, weil ihm nur noch mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen zumutbar sind (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 979). Ausgehend hiervon besteht bei dem Kläger wegen der Folgen der Nierenverletzung keine MdE. Es liegen keinerlei klinische Symptome vor, weder eine Entzündung noch Rückflüsse oder dgl. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist keine Nierenfunktionsstörung vorhanden. Die Miktion ist nach den Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen nicht beeinträchtigt. Beide Nieren waren in Form, Größe und Lage unauffällig. Anhalte für Harnstau, Konkremente (abgelagerte Fremdkörper, z. B. Nierensteine) oder Raumforderungen waren nicht zu finden. Die Reinigungsfunktion beider Nieren (Gesamtclearance) war nicht eingeschränkt, sowohl der ERPF (effektiver renaler Plasmafluss) als auch die TER (tubuläre Extraktionsrate) betrug 100 % der altersadaptierten Norm. Zwar ist die Funktion der linken Niere nach wie vor geringgradig eingeschränkt, denn sie erbringt nur 44 % der Gesamtleistung. Diese Einbuße ist jedoch durch die rechte Niere vollständig kompensiert, die entsprechend 56 % der Gesamtleistung erbringt. Die Ergebnisse des Bluttestes vom 03.11.2010, den Prof. Dr. C. hat vornehmen lassen, entsprechen in allen Werten den Referenzbereichen, insbesondere waren der Harnstoff- und der Kreatininspiegel nicht erhöht. Die vom Kläger noch geltend gemachte Furcht vor einer zukünftigen Einschränkung der Nierenfunktion wäre selbst bei vollständigem Verlust einer Niere nicht zu berücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).

Die übrigen Beeinträchtigungen des Klägers einschließlich des im Vordergrund stehenden Schmerzsyndroms bedingen auch zusammen betrachtet ebenfalls keine MdE von 20 v.H. Der Verlust des Nervus iliohypogastricus allein bedingt keine relevante MdE. Lähmungen und Ausfälle peripherer Nerven sind primär nach den Ausfällen in der Beweglichkeit und Einsetzbarkeit von Gliedmaßen zu bestimmen. Nachdem der Ausfall des Ersten Lendennervs jedoch grundsätzlich keine solchen Folgen hat, ist diese Nervenschädigung in den einschlägigen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Nr. 5.6, S. 229) nicht aufgeführt. Auch bei dem Kläger liegen keine solchen Folgen der Beweglichkeit vor. Beschrieben ist im Wesentlichen - nur - eine Gefühlsminderung an der linken Flanke des Bauchs, also eine Sensibilitätsstörung, die aber selbst keine nennenswerten Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit hat. Die von Prof. Dr. M. außerdem beobachtete Unmöglichkeit, das linke Bein gegen Widerstand gestreckt anzuheben, führt nicht zu einer relevanten MdE. Prof. Dr. M. hat als Folgen der genannten Bewegung Schmerzen und eine Vorwölbung der linken Leiste beschrieben; insoweit decken sich seine Feststellungen mit jenen des neurologischen Sachverständigen PD Dr. B. (Hervortreten der Bauchwand). Aber diese Folgen sind nicht einem Ausfall der Beinfunktion gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass die Sachverständigen selbst, auch Prof. Dr. M., diese Beobachtung nicht mit der Durchtrennung des haben hat erklären können. Andere Beweglichkeitseinschränkungen, insbesondere an den unteren Gliedmaßen, liegen nicht vor. Die Hüftgelenke des Klägers sind auf beiden Seiten gleichermaßen und altersentsprechend beweglich. Die geringfügige Muskelminderung am linken Oberschenkel hat keine Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dagegen kann die Bauchwandschwäche als unmittelbare Folge der Operation mit einer MdE von 10 v.H. bewertet werden. Sie führt dazu, dass dem Kläger schwere Arbeiten, insbesondere das Heben und Tragen schwerer Lasten, nicht mehr zumutbar sind. Dies ist eine nennenswerte qualitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Auch das Tragen eines Bauchgurts oder dgl. kann die Auswirkungen der Bauchwandschwäche nur abmildern, führt aber nicht dazu, dass der Kläger beruflich uneingeschränkt einsatzfähig wäre. Bei der Bewertung der funktionalen Folgen stützt sich der Senat auf den Vorschlag von Prof. Dr. M ... Diesem kann gefolgt werden, nachdem eine Narbenhernie, insbesondere eine nach Bauchtrauma aufgetretene Hernie, wenn sie Beschwerden verursacht, mit einer MdE von 10 bis 30 v.H. zu bewerten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Nr. 12.2.3, S. 898; vgl. ferner LSG für das Saarland, L 2 U 102/03 v. 15.02.2006, Juris Rn. 48 m.w.N.). Von dieser Bewertung der Bauchwandschwäche sind aber die vom Kläger geklagten Schmerzen mit umfasst. Diese Schmerzen sind Teil jener Beschwerden, die vorliegen müssen, damit insoweit überhaupt eine MdE vergeben werden kann. Es gilt der Grundsatz, dass übliche Schmerzen mit der Bewertung der weiteren Funktionseinbußen einer Verletzung abgegolten sind und nur außergewöhnliche, über das übliche Maß weit hinausgehende Schmerzen zu einer Erhöhung führen können. Solche Schmerzen liegen bei dem Kläger nach der Operation nicht vor. Die Schmerzen sind belastungsabhängig, sie treten insbesondere nur bei schweren Arbeiten auf, aber nicht bei jeder beruflichen Tätigkeit und auch nicht im Ruhezustand. Die früher anscheinend erheblichere Schmerzhaftigkeit im Bereich der ursprünglichen Nierenverletzung ist nach der Operation 2005 zurückgegangen. Die medikamentöse Schmerzbehandlung konnte zunächst erheblich verringert werden, und auch nach dem Auftreten der Bauchwandschwäche und der damit verbundenen Schmerzen hat sie nicht wieder das Ausmaß aus der Zeit vor der Operation erreicht. Gegenüber Prof. Dr. M. hatte der Kläger angegeben, dass es ?in Ruhe von den Schmerzen her? gehe und er dann keine Schmerztabletten nehme. Bei PD Dr. B. hat er angegeben, er nehme - nach Bedarf - 1 bis 3 mal täglich Voltaren/Diclofenac. Hierbei handelt es sich um nichtopioides Analgetikum, das bei leichteren bis mittleren Schmerzen eingesetzt wird. Insgesamt berücksichtigt der Senat bei der Einschätzung der Gesamt-MdE auch, dass der Kläger vollschichtig berufstätig ist und nicht ersichtlich ist, dass diese Berufstätigkeit auf Kosten der Restgesundheit ausgeübt wird.

f) Für die Zeit vor der Operation am 25.11.2005 kann ebenfalls keine MdE höher als 10 v.H. festgestellt werden, weder für die Zeit unmittelbar davor noch für die Zeit vor dem 09.08.2005, die Gegenstand des Überprüfungsverfahrens und damit des Bescheids vom 28.10.2008 war. Die Beklagte hatte im Herbst 2005 ihr Vergleichsangebot einer Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H. bis November 2001 im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. L. und die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. E. vom 01.03.2005 gestützt. Dort waren Urinome als Ursachen der anhaltenden Schmerzen nach der Nierenkontusion für möglich gehalten worden. Jedenfalls ab dem 01.12.2001 bedingten aber die damals vorhandenen Schmerzen - andere Funktionseinbußen gab es nicht, insbesondere noch nicht die nach der OP aufgetretene Bauchwandschwäche - keine MdE von 20 v.H. mehr. Prof. Dr. G. hatte unter dem 27.11.2001 von einer Besserung berichtet; ihm gegenüber hatte der Kläger angegeben, nach dem Antritt der neuen Arbeitsstelle im Klinikum seien die Schmerzen erträglich und er komme mit den Medikamenten gut zurecht. Insbesondere die Gutachten von Dr. X. vom 30.04.2002 und Dr. B. vom 30.10.2003 haben gezeigt, dass sich die Schmerzhaftigkeit des Klägers etwas gebessert hatte. Die medikamentöse Behandlung wurde damals als zu weitgehend eingestuft. Vor diesem Hintergrund kann ein Fortbestehen der MdE von 20 v.H. über November 2001 hinaus nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden. Dass die insoweit verbleibenden Zweifel nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu Lasten des Klägers gehen, hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

3. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved