L 4 R 1284/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 2221/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1284/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Januar 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2009 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 01. Mai 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere um den Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls und damit zusammenhängend die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Die am 1963 in Kasachstan geborene Klägerin war in Kasachstan unterbrochen durch Zeiten der Schwangerschaft und des Mutterschutzes sowie der Kindererziehung vom 28. August 1980 bis 27. November 1996 als Schreibkraft, Sekretärin, Kindergärtnerin und Buchhalterin - Kassiererin versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 05. Januar 1997 war sie vom 07. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 arbeitslos, teilweise ohne Leistungsbezug. In der Zeit vom 01. Juni 1999 bis 31. März 2001 verrichtete sie eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung. Gleichzeitig war sie vom 01. Januar 2000 bis 31. März 2001 auch wieder arbeitslos ohne Leistungsbezug gemeldet. Vom 01. April bis 31. Mai 2001 und vom 01. Oktober 2001 bis 31. März 2002 sind im Versicherungsverlauf der Beklagten vom 19. August 2009 weitere Pflichtbeitragszeiten und vom 01. Juni 2001 bis 30. September 2001 sowie vom 01. April 2002 bis 31. Oktober 2004 weitere Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung gespeichert. Vom 01. November 2004 bis 21. Mai 2007 war die Klägerin mit Ausnahme einer Zeit des Bezugs von Sozialleistungen in der Zeit vom 29. März bis 03. April 2005 und vom 06. bis 30. Mai 2005 als Reinigungskraft - das letzte Beschäftigungsverhältnis war bis Oktober 2007 befristet - versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie bis 02. Juli 2007 Lohnfortzahlung und sodann vom 03. Juli 2007 bis 18. November 2008 Kranken- bzw. Übergangsgeld. Vom 19. November 2008 bis 19. Dezember 2008 erhielt die Klägerin Arbeitslosengeld. Seither bezieht sie keine Leistungen. Ihr Grad der Behinderung beträgt 50 seit 24. September 2007 und 60 seit 22. Mai 2008.

Am 18. Mai 2007 wurde bei der Klägerin eine Mittelohrentzündung links diagnostiziert, die ab 22. Mai 2007 zur Arbeitsunfähigkeit führte, und zunächst ambulant antibiotisch behandelt wurde. Am 24. Mai 2007 wurde als Komplikation der Mittelohrentzündung eine otogen fortgeleitete bakterielle Meningitis mit Streptokokken pneumoniae diagnostiziert, die bis Juni 2007 weiter antibiotisch behandelt wurde. Sodann war der Erreger nicht mehr nachweisbar. Komplizierend durch die Meningitis kam es bei der Klägerin aufgrund von Verklebungen der Gehirnhäute zu einem Hydrocephalus malresorptivus, der mit starken Kopfschmerzen und Erbrechen verbunden war und bis März 2008 Nervenwasserpunktionen und eine medikamentöse Therapie erforderte. Im März 2008 hatte sich die Liquorzirkulation normalisiert und die Klägerin gab eine Besserung ihrer Kopfschmerzsymptomatik an. Am 24. März 2008 traten bei der Klägerin infolge eines Abszesses im Bereich des linken Warzenfortsatzes mit Zystenbildung erneut Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen auf. Als Komplikation kam es wiederum zu einer bakteriellen Meningitis durch Streptokokken pneumoniae. Der Abszess musste operativ ausgeräumt werden. Als weitere Komplikation trat als Folge der Mastoidrevision ein Leck der harten Gehirnhaut und Austritt von Nervenwasser durch die Nase auf, das seinerseits eine erneute operative Revision erforderlich machte (Berichte des Prof. Dr. W. bzw. Prof. Dr. R., Neurozentrum Universitätsklinik F. vom 09. Juni 2007, 31. Januar, 03. März und 07. April 2008, des Oberarztes PD Dr. B. und der Oberärztin Dr. K., HNO-Klinik der Universitätsklinik F. vom 20. Juni und 15. September 2008 sowie Entlassungsberichte der Dr. Ko. vom 26. Juli und 24. November 2007, 22. April, 08. Mai und 16. Juli 2008). Wegen dieser Erkrankungen absolvierte die Klägerin mehrere stationäre Heilverfahren in der Schwarzwaldklinik - Neurologie in B. K ... Aus dem ersten zwischen dem 15. Juni und 26. Juli 2007 durchgeführten Heilverfahren wurde sie unter Nennung der Diagnosen Bakterielle Meningitis, Nachweis von Streptococcus pneumoniae, Erstdiagnose 25. Mai 2007, Zustand nach Akustikusneurinom, Operation links mit postoperativ schwerer peripherer Facialisparese links 2000, Lidkorrektur sowie Facialis-Hypoglossus-Anastomose bei Facialisparese links und asymptomatischer mittelgradiger Aortenstenose wegen einer noch deutlichen psychisch/physischen Minderbelastbarkeit arbeitsunfähig entlassen. Nach dem Entlassungsbericht von Dr. Ko. vom 26. Juli 2007 sei von einem Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit von ca. acht Wochen auszugehen. Die Tätigkeit als Reinigungskraft sei der Klägerin aus neurologischer Sicht nicht mehr zumutbar. Tätigkeiten in vornehmlich sitzender Position mit Möglichkeiten des Positionswechsels, feinmotorischen Fähigkeiten wie z.B. PC-Arbeit seien vertretbar. Bei hoher Sozialkompetenz seien auch Tätigkeiten im sozialen Bereich in kleinen Gruppen ohne schwere körperliche Belastung denkbar. Bei weiter positivem Verlauf werde im Anschluss an ein vorgesehenes ambulantes Therapie-Intervall über einen Zeitraum von acht Wochen eine neuropsychologische Re-Testung und eine Belastungserprobung empfohlen. Gegebenenfalls sei vor einer beruflichen Rehabilitation eine medizinische stationäre Maßnahme erforderlich. Am 10. August 2007 ging Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in dem an diesem Tag für die Krankenkasse der Klägerin erstatteten sozialmedizinischen Gutachten davon aus, dass die Klägerin aufgrund der schweren cerebralen Infektion voraussichtlich auf Dauer die zuletzt ausgeübte körperlich schwere Tätigkeit als Reinigungskraft nicht wieder werde ausüben können; zukünftig sei von einem Leistungsvermögen der Klägerin für leichte bis vorübergehend mittelschwere Frauenarbeiten, ohne besondere seelische Belastbarkeit, Ansprüche an Schnelligkeit und Flexibilität zu rechnen. Am 23. Juli 2007 beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ärztin für Nervenheilkunde Be. empfahl in ihrer Stellungnahme vom 24. September 2007 zunächst ein vorzeitiges Heilverfahren mit Belastungserprobung. Vom 29. Oktober bis 26. November 2007 erfolgte ein weiteres stationäres Heilverfahren in der Schwarzwaldklinik - Neurologie B. K ... Dr. Ko. ging in ihrem Entlassungsbericht vom 24. November 2007 davon aus, dass die Belastbarkeit der Klägerin derzeit bei unter drei Stunden liege. Die neuropsychologischen Defizite hätten sich während des stationären Aufenthalts deutlich verbessert, die Arbeitsfähigkeit sei aber noch nicht wiederhergestellt. Zur erneuten Re-Evaluation sei eine erneute Beurteilung unter neuropsychologischen Gesichtspunkten und einer Belastungserprobung etwa Ende Februar bzw. Anfang März 2008 dringend zu empfehlen. Die Klägerin sei zur Zeit noch deutlich eingeschränkt belastbar. Empfohlen werde, dass die Klägerin auf eigene Initiative einen Deutschkurs durchführe. In Abhängigkeit der erneuten Beurteilung im Frühjahr 2008 sei bei ihr bei weiterhin positivem Verlauf voraussichtlich eine leichte bis gelegentlich grenzwertig mittelschwere Tätigkeit ohne Hebe- und Tragebelastungen über zehn kg, ohne Lärmbelästigung als angelernte Tätigkeit zumutbar. Der Empfehlung folgend absolvierte die Klägerin ab 03. Dezember 2007 einen vierwöchigen Sprachkurs ?Deutsch als Fremdsprache?, der 20 Einheiten pro Woche umfasste (Teilnahmebestätigung vom 28. Januar 2008). Am 13. März 2008 kam es, um die Belastung zu steigern und eine neuropsychologische Diagnostik zu wiederholen, im Rahmen eines stationären Heilverfahrens zu einer erneuten stationären Aufnahme der Klägerin in der S.-klinik - Neurologie in B. K ... Ausweislich des Entlassungsberichts von Dr. Ko. vom 22. April 2008 ließen die Ergebnisse der neuropsychologischen Testuntersuchung weitere verzögerte Reaktionszeiten auf auditive Reize bei linksseitiger Gehörlosigkeit der Klägerin erkennen. Dazu hätten sich Hinweise auf fortbestehende konzentrative Minderbelastbarkeit, die sich in langsam werdendem Arbeitstempo im Verlauf auch nur kürzerer Belastung gezeigt habe, ergeben. Die übrigen Bereiche der Aufmerksamkeit seien unverändert unauffällig gewesen, die Umstellfähigkeit deutlich gebessert und normalisiert. Die beim letzten Aufenthalt gebesserten Arbeitsgedächtnisleistungen seien stabil geblieben. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit sei alters- und ausbildungsentsprechend. Wegen des Verdachts auf erneute Meningitis konnte die Testuntersuchung nicht abgeschlossen werden und eine abschließende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit vor Verlegung nicht erfolgen. Die Klägerin wurde in die Universitätsklinik F. verlegt, wo die erneute Pneumokokken-Meningitis diagnostiziert wurde. Vom 29. April bis 08. Mai 2008 befand sich die Klägerin erneut in der S.-klinik - Neurologie in B. K ... Aufgrund der Akuität der Erkrankung war das Rehabilitationsergebnis nicht zu bewerten (Entlassungsbericht von Dr. Ko. vom 08. Mai 2008). Ab 25. Juni 2008 absolvierte die Klägerin das letzte stationäre Heilverfahren in der S.-klinik - Neurologie in B. K ... Ausweislich des Entlassungsberichts vom 16. Juli 2008 über den bis 16. Juli 2008 andauernden Aufenthalt diagnostizierte Dr. Ko. eine translabyrinthäre Felsenbeinrevision und Duraplastik bei Liquorfistel, eine zweimalige Pneumokokken-Meningitis Mai 2007 und März 2008, eine operative Sanierung des Mastoids bei Abszess, eine Akustikusneurom-Operation 2000 links, einen Hydrocephalus malresorptivus und eine Medikamentenunverträglichkeit, Differenzialdiagnose Medikamentenallergie auf Sobelin oder Diclofenac. Nach der sozialmedizinischen Epikrise sei die Klägerin aus neuropsychologischer Sicht aufgrund der erheblichen Minderung der konzentrativen Belastbarkeit nur für deutlich weniger als drei Stunden belastbar und nicht in der Lage, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Auch die längerfristige Erwerbsprognose erscheine im überschaubaren Zeitraum der nächsten Monate ungünstig.

Am 06. Mai 2008 stellte die Klägerin, der gegenüber die Beklagte mit bestandskräftigem Feststellungsbescheid vom 15. Januar 2008 die Zeiten bis 31. Dezember 2001 verbindlich festgestellt hatte, einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung und gab u.a. an, sie halte sich seit 24. Mai 2007 wegen einer Pneumokokken-Meningitis und Facialisparese links für erwerbsgemindert. Nach Einholung einer Stellungnahme der Ärztin Be. vom 15. September 2008, die die Auffassung vertrat, die Klägerin könne seit Mai 2007 nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten, lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab (Bescheid vom 23. September 2008). Bei der Klägerin bestehe zwar seit 18. Mai 2007 eine volle Erwerbsminderung. Im damit maßgeblichen Zeitraum vom 18. Mai 2002 bis 17. Mai 2007 seien jedoch nur zwei Jahre und sieben Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt. Die Zeit vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung sei auch nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, die Erwerbsminderung desweiteren nicht vor dem 01. Januar 1984 eingetreten und die Wartezeit nicht vorzeitig erfüllt.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Den Entlassungsberichten über die stationären Heilbehandlungen in der Rehaklinik B. K. sei zu entnehmen, dass eine Erwerbsunfähigkeit keineswegs bereits ab 17. Mai 2007 bestanden habe. Es habe Einschätzungen gegeben, nach denen eine Erwerbstätigkeit durchaus möglich gewesen sei, insoweit seien auch Rechte zur Teilhabe und Rehabilitation gewährt worden. Die Erwerbsunfähigkeit sei erst im Jahr 2008 eingetreten. Damit seien weitere Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Im Übrigen seien in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegte Zeiten, die zu einer Verlängerung des Fünfjahreszeitraums führten, nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Beklagte holte erneut eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztin Be. ein, die unter dem 05. Februar 2009 bei ihrer bisherigen Leistungseinschätzung, wonach die Leistungsminderung seit Mai 2007 bestehe, verblieb. Die Leistungsminderung beruhe auf den Folgen der im Mai 2007 aufgetretenen bakteriellen Meningitis. Da es sich um die Folgen einer akuten Erkrankung handele, könne der Eintritt der Leistungsminderung mit dem Datum der Erkrankung an der akuten bakteriellen Meningitis exakt angegeben werden. Bereits beim ersten Heilverfahren im Juni/Juli 2007 seien deutliche neuropsychologische Defizite beschrieben und die Klägerin arbeitsunfähig entlassen worden. Das zweite Heilverfahren habe dann gezeigt, dass der Verlauf ungünstiger gewesen sei als zunächst angenommen. Es sei ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden angenommen worden. Aus zwei weiteren Heilverfahren im März und April/Mai 2008 habe die Klägerin akut verlegt werden müssen. Im letzten Heilverfahrensentlassungsbericht vom Juli 2008 seien nach wie vor ausgeprägte kognitive Einschränkungen beschrieben worden. Während des gesamten Zeitraums sei zu keinem Zeitpunkt eine berufliche Belastbarkeit bzw. Arbeitsfähigkeit erreicht worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte Arbeiten unter drei Stunden täglich zu verrichten. Diese Beeinträchtigung bestehe seit 22. Mai 2007 (Datum der Arbeitsunfähigkeit). Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchsverfahren ergäben sich nach Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes keine Hinweise, welche die Annahme eines späteren Leistungsfalles zuließen. Die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Die allgemeine Wartezeit sei bei der Klägerin zum 22. Mai 2007 erfüllt. Allerdings habe sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet. Im maßgeblichen Zeitraum vom 22. Mai 2002 bis 21. Mai 2007 seien lediglich 31 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Darüber hinaus sei auch der Zeitraum vom 01. Januar 1984 bis 30. April 2007 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung frühestens am 02. Oktober 2007 eingetreten wäre. Die Anerkennung als Schwerbehinderte führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Grad der Behinderung gebe nur das Ausmaß der Beeinträchtigung der gesundheitlichen Unversehrtheit an und sage nichts darüber aus, wie sich diese auf die Leistungsfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung auswirke. Im Übrigen seien die in der Widerspruchsbegründung geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten bereits im Versicherungskonto der Klägerin berücksichtigt bzw. im Feststellungsbescheid vom 15. Januar 2008 über die Anrechnung entschieden. Des Weiteren könnten diese nicht zur Verlängerung des Fünfjahreszeitraums dienen, da diese weit außerhalb dieses Zeitraumes lägen.

Mit der am 30. April 2009 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte wisse nicht, ob am 17. Mai 2007 tatsächlich Erwerbsunfähigkeit bei ihr vorgelegen habe. Die sachverständige Zeugenauskunft des Neurologen Dr. C. vom 25. November 2009 (hierzu im Folgenden), wonach sie noch sechs Stunden täglich arbeiten könne, bestreite sie. Die sachverständige Zeugenauskunft des Internisten Dr. Sc. vom 16. November 2009 (hierzu im Folgenden) bestätige, dass ihre Erwerbsminderung erst ab Juni 2008 eingetreten sei. Damit sei der maßgeblich Fünfjahreszeitraum Juni 2003 bis Juni 2008. Dieser Zeitraum sei mit 44 Monaten Pflichtbeitragszeiten belegt. Die Pflichtbeitragszeiten bis zur Beendigung ihrer Tätigkeit als Raumpflegerin seien zu berücksichtigen. Dieses Arbeitsverhältnis sei wegen Ablauf einer Befristung, nicht wegen einer unterstellten Arbeitsunfähigkeit beendet worden. Darüber hinaus seien rentenrechtliche Zeiten in der Sowjetunion und Kindererziehungszeiten, die zu einer Verlängerung des Fünfjahreszeitraums führten, zu berücksichtigen.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage des Versicherungsverlaufs für die Klägerin vom 19. August 2009 entgegen. Die Klägerin sei bereits aus den Rehamaßnahmen März 2008, April/Mai 2008 und Oktober/November 2007 mit einem auch quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen worden. Die Auffassung des Dr. Sc. könne daher nicht überzeugen. Dass Dr. C. leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich für durchführbar halte, verwundere. Dies als zutreffend unterstellt, bestünde allerdings auch kein Rentenanspruch. Die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die am 03. Januar 1984 und 24. April 1988 geborenen Kinder endeten am 23. April 1998. Im Übrigen sei die Klägerin bereits am 05. Januar 1997 in das Bundesgebiet zugezogen. Weitere Ausführungen zu Ausbildungszeiten im Herkunftsland erübrigten sich damit.

Das SG hörte Dr. Sc. und Dr. C. als sachverständige Zeugen. Dr. Sc. teilte unter dem 16. November 2009 unter Beifügung u.a. bisher unbekannter Arztbriefe des Oberarztes Dr. N., HNO-Klinik der Universitätsklinik F., des Dr. C. und des Internisten Dr. Wy. aus den Jahren 2008 und 2009, eines Laborbefunds der Kliniken B. K. und seiner Karteieinträge für die Zeit vom 25. Mai 2007 bis 14. Juli 2009 mit, dass bei der Klägerin ein langwieriger komplexer Krankheitsverlauf nach schwerer Meningitis 2007 mit mehreren Rezidiven, mehreren stationären Heilverfahren und nun vorliegend dauerhaften neurologischen Schäden vorliege. Seit Juni 2008 (siehe Briefkopie Reha) sei die Arbeitszeit der Klägerin auf maximal drei Stunden täglich gesunken, danach komme es zu einer deutlich nachlassenden Konzentration und erheblichen Erschöpfung. Dr. C. führte unter dem 25. November 2009 aus, er habe bei der Klägerin im Jahr 2007 eine ausgeprägte periphere Facialisparese links mit inkom-plettem Lidschluss sowie auftretende Konzentrationsstörungen und zwischen August 2008 und Januar 2009 eine depressive Symptomatik befundet. Allein seitens der von ihm erhobenen Befunde halte er eine leichte körperliche Erwerbstätigkeit mit qualitativen Einschränkungen in einem Zeitraum von sechs Stunden arbeitstäglich für durchführbar.

Im Anschluss daran erhob das SG das am 25. Mai 2010 erstattete neurologische Gutachten des Arztes für Neurologie Dr. Wi ... Dieser diagnostizierte bei der Klägerin einen Zustand nach Meningitis Mai 2007 und Meningitis-Rezidiv März 2008 mit anhaltender, ausgeprägter Einschränkung der psycho-physischen Belastbarkeit und einen Zustand nach Operation eines Akustikusneurinoms links mit anhaltender Gesichtslähmung und Taubheit links. Im Vordergrund stehe bei der Klägerin eine Einschränkung der Konzentration, Aufmerksamkeit und der körperlichen und psychischen Ausdauer. Bereits bei geringen Belastungen komme es zu verstärkten Kopfschmerzen, Affekt- und Stimmungsstörungen und frühzeitiger Erschöpfung. Möglicherweise bestehe ein sekundärer, durch Schmerzmittel induzierter Dauerkopfschmerz. Vorbestehend seit 2000 liege eine Gesichtslähmung und vollständige Taubheit links vor. Die Erwerbsunfähigkeit auf Dauer bestehe seit 24. März 2008. Zwar sei die Klägerin schon nach der ersten Meningitis Mai 2007 eingeschränkt belastbar und insbesondere bezüglich konzentrativer und Ausdauerleistungen sowie der Umstellungsfähigkeit eingeschränkt gewesen. Es sei jedoch zu einer deutlichen Besserung im Verlauf gekommen, sodass letztlich für Frühjahr 2008 bei positiver Beurteilung der Belastbarkeit im Rahmen eines abschließenden Rehaaufenthalts die anschließende Arbeitsaufnahme geplant gewesen sei. Somit sei die Klägerin in dieser Zeit zwar arbeitsunfähig, jedoch nicht dauerhaft erwerbsunfähig. Durch die erneute, akute Gehirnhautentzündung am 24. März 2008 mit nachfolgend deutlich komplizierterem Verlauf, Abszessentfernung im linken Ohr mit Duraplastik und seither anhaltenden Beschwerden sei der zunächst positive Verlauf unterbrochen worden. Diese seither dauerhaft stark eingeschränkte Belastbarkeit habe auch durch eine erneute stationäre und ambulante Rehabehandlung nicht mehr verbessert werden können. Seit dieser zweiten Erkrankung sei die Klägerin nicht mehr erwerbsfähig.

Die Beklagte führte hierzu unter Vorlage einer Stellungnahme des Neurologen Dr. Wa. vom 06. Juli 2010 aus, es handele sich bei den genannten Hirnhautentzündungen jeweils um den gleichen Erreger (Pneumokokken), mithin also um ein und dieselbe Erkrankung. Bei den von Dr. Wi. herangezogenen prognostischen Leistungseinschätzungen im Rehaentlassungsbericht vom 26. Juli 2007 handele es sich um die prospektive Einschätzung des günstigsten anzunehmenden Verlaufs aus Sicht des 26. Juli 2007. Zum Zeitpunkt dieser (wie auch der nachfolgenden Rehabehandlung im Oktober 2007) prospektiven Einschätzung seien die tatsächlichen Leistungsdefizite (mit deutlich eingeschränkter Umstellungsfähigkeit und Erschöpfung bereits nach 15-minütiger konzentrativer Belastung) derart ausgeprägt gewesen, dass das Leistungsvermögen bereits auf unter drei Stunden täglich abgesunken gewesen sei und im weiteren Verlauf auch nicht mehr hierüber hinaus habe angehoben werden können. Wegen der günstigen Leistungserwartung, die nicht habe realisiert werden können, dürfe nicht auf ein tatsächlich erzieltes Leistungsvermögen rückgeschlossen werden. Die Klägerin habe in tatsächlicher Hinsicht nicht nur ihre Arbeitsfähigkeit, sondern auch ihre Erwerbsfähigkeit zu keinem Zeitpunkt wiedererlangt. Die Verbesserung eines sehr schlechten Gesundheitszustandes zu einem nur noch schlechten Gesundheitszustand könne keinesfalls mit einer Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gleichgesetzt werden. (Klammer und Unterstreichungen im Original).

Die Klägerin erwiderte hierauf, das Gutachten des Dr. Wi. bestätige, dass Erwerbsunfähigkeit auf Dauer erst seit 24. August 2008 eingetreten sei. Nach der ersten Meningitiserkrankung sei auch die Beklagte von ihrer Wiedereingliederungsfähigkeit ausgegangen. Dies werde auch daraus deutlich, dass sie veranlasst worden sei, einen Sprachkurs zu absolvieren.

Mit Urteil vom 20. Januar 2011 wies das SG die Klage ab. Ausgehend von den vorliegenden Pflichtbeitragszeiten seien erst im Oktober 2007 36 Monate im vorangegangenen Fünfjahreszeitraum mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Zuvor wären zuletzt bei einem Leistungsfall im August 1999 36 Monate im vorangegangenen Fünfjahreszeitraum mit Pflichtbeitragszeiten belegt gewesen. Berücksichtigungszeiten oder Anrechnungszeiten, die den Fünfjahreszeitraum verlängern, seien nicht vorhanden. Gestützt auf das Gutachten des Dr. Wi. und die vorliegenden Entlassberichte der S.-klinik in B. K., wonach die Klägerin unter einem Zustand nach Meningitis im Mai 2007 und Meningitis-Rezidiv im März 2008 leide, stehe zwar fest, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr drei Stunden täglich arbeiten könne. Es, das SG, sei jedoch vor allem gestützt auf die vorliegenden Entlassberichte der S.-klinik in B. K. davon überzeugt, dass der Leistungsfall bereits im Mai 2007 eingetreten sei. Aus den Wertungen der behandelnden Ärzte werde deutlich, dass prognostisch durchaus die Möglichkeit bestanden habe, dass sich die Klägerin von der ersten Erkrankung im Mai 2007 hinreichend erhole, um wieder vollschichtig Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Jedoch habe sich diese günstige Prognose aufgrund des Rezidivs am 24. März 2008 zu keinem Zeitpunkt tatsächlich erfüllt. Bei der Festlegung des Leistungsfalls sei entgegen der Ansicht nicht auf eine zunächst gestellte Prognose, sondern auf die tatsächliche Entwicklung der Erkrankung abzustellen. Soweit die Klägerin zu keinem Zeitpunkt tatsächlich drei Stunden habe erwerbstätig sein können, verbleibe die (ursprünglich günstige) Prognose lediglich eine hypothetische Einschätzung der behandelnden Ärzte, von der nicht geklärt werden könne, ob sie sich tatsächlich erfüllt hätte. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass es sich bei der Erkrankung der Klägerin am 24. März 2008 nicht um eine neue, eigenständige Erkrankung gehandelt habe. Vielmehr hätten die gleichen Erreger einen Rückfall bzw. eine Verschlechterung der Erkrankung ausgelöst. Sofern sich aber die gleiche Krankheit wieder verschlimmere, bevor der Heilungsprozess so weit fortgeschritten sei, dass eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder aufgenommen werden könne, sei nicht von zwei verschiedenen Leistungsfällen auszugehen. Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne auch nicht aus dem von ihr im Dezember 2007 und Januar 2008 besuchten Sprachkurs gezogen werden. Der Sprachkurs habe nur drei Zeitstunden täglich umfasst und habe lediglich über einen kurzen Zeitraum von vier Wochen stattgefunden; zudem sei er noch von Weihnachtsferien unterbrochen gewesen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie am 10. Mai 1963 und damit nicht vor dem maßgeblichen Stichtag, dem 02. Januar 1961, geboren sei. Vorliegend seien auch die Voraussetzungen des § 241 SGB VI nicht erfüllt. Die Klägerin habe weder die allgemeine Wartezeit vor dem 01. Januar 1984 erfüllt, noch seien alle Monate seit dem 01. Januar 1984 mit anspruchserhaltenden Zeiten belegt.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. Februar 2011 zugestellte Urteil am 28. März 2011 Berufung eingelegt. Dass bei ihr bereits ab 22. Mai 2007 Erwerbsunfähigkeit bestanden habe, sei weder durch ärztliche Gutachten noch durch ärztliche Feststellungen ausreichend festgestellt worden, es werde lediglich rückwirkend vermutet. Dem zeitlich ersten Entlassbericht vom 26. Juli 2007 sei zu entnehmen, dass aus medizinischer Sicht zwar die bisher von ihr verrichtete Tätigkeit nicht mehr vertretbar scheine, es sei aber die Möglichkeit einer beruflichen Rehabilitation in anderen Tätigkeitsbereichen gesehen worden. Sie, die Klägerin, sei lediglich als arbeitsunfähig entlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe damit ärztlicherseits keine abschließende Feststellung einer Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Im weiteren Entlassbericht vom 24. November 2007 sei zur erneuten Re-Evaluation eine erneute Beurteilung unter neurophysiologischen Gesichtspunkten und einer Belastungserprobung etwa Ende Februar/März 2008 empfohlen worden. Der Entlassbericht vom 22. April 2008 habe zunächst von großen Fortschritten, jedoch dann vom plötzlichen Auftreten eines ausgeprägten Meningismus, berichtet. Eine abschließende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit habe nicht erfolgen können. Erst im ärztlichen Entlassbericht vom 16. Juli 2008 sei festgestellt worden, dass sie nach durchgeführten Tests nun deutlich weniger als drei Stunden belastbar sei und somit nicht in der Lage, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Eindeutig gescheitert sei die berufliche Eingliederung erst durch das Auftreten einer Meningitis am 23. März 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt liege Erwerbsunfähigkeit vor. Dies ergebe sich eindeutig aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Sc. vom 16. November 2009 und dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Wi. vom 25. Mai 2010. Das SG hebe die eindeutigen Feststellungen der medizinischen Sachverständigen dadurch auf, dass es die Einschätzungen der Ärzte als ?hypothetisch? einschätze. Tatsächlich seien aber die laienhaften Feststellungen des SG zum angeblichen ?tatsächlichen Verlauf? der Erkrankung ebenfalls hypothetisch und in keiner Weise nachvollziehbar begründet. Wenn Feststellungen zur Erwerbsminderung im Nachhinein nun erschwert seien, dann könne dies nicht zu ihren Lasten gehen. Dass sie am 22. Mai 2007 nicht erwerbsunfähig gewesen sei, ergebe sich auch aus ihren konkreten Fähigkeiten. Ihr Gesundheitszustand habe sich ab Mai/Juni 2007 mit Blick auf Haushalts- und Hauswirtschaftstätigkeiten und auch Gartenarbeiten laufend verbessert. Wäre nicht die zweite Meningitis aufgetreten, wäre sie eindeutig erwerbsfähig gewesen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass ihr im Jahr 2007 ein Grad der Behinderung von nur 50 und nach dem Eintritt der zweiten Meningitis von 60 zugebilligt worden sei. Den Rentenantrag mit der Angabe, ab wann sie sich für erwerbsgemindert halte, habe nicht sie, sondern eine Rathausmitarbeiterin der Gemeinde U., der sie sich anvertraut habe, ausgefüllt. Sie habe den Antrag lediglich unterschrieben. Mit dem Eintrag habe die Rathausmitarbeiterin lediglich die Diagnose und Art der Erkrankung eingetragen, jedoch keine Aussage darüber getroffen, was sie, die Klägerin, subjektiv empfinde. Nach ihrer, der Klägerin, Erinnerung sei es so gewesen, dass sie der Rathausmitarbeiterin gesagt habe, dass sie am 24. Mai 2007 im Krankenhaus in Behandlung gewesen sei. Dies habe dann zu der zeitlichen Angabe geführt. Nicht ausreichend berücksichtigt habe das SG auch ihre nach dem Fremdrentenrecht zurückgelegten Zeiten. Eine Kürzung um ein Sechstel sei nicht gerechtfertigt. Sie habe die Zeiten mittels des Arbeitsbuchs nachgewiesen. Dass die Anerkennungszeiten bereits mit Bescheid vom 15. Januar 2008 festgestellt worden seien, enthebe die Beklagte nicht davon, die Richtigkeit dieser Feststellungen wegen des vorliegenden Leistungsfalls zu prüfen und substantiiert darzustellen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Januar 2011 sowie den Bescheid vom 23. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01. Mai 2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Urteil und trägt unter Vorlage einer Stellungnahme des Dr. Wa. vom 09. August 2011 ergänzend vor, dass sich aus den über Dr. Sc. beigezogenen Unterlagen keine neuen Erkenntnisse ergäben.

Der Senat hat von Dr. Sc. den Entlassungsbericht von Oberärztin Dr. P.-W., Universitäts-Hautklinik F., vom 25. August 2008, den Arztbrief des PD Dr. J., Universitäts-Augenklinik F., vom 05. Dezember 2008, den Operationsbericht des Prof. Dr. Mi., Universitäts-Augenklinik F., vom 03. Dezember 2008 und Arztbriefe der Ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. L. aus der Zeit vom 25. Februar 2008 bis 12. April 2011 beigezogen.

Sodann hat der Senat Dr. N., Leitende Oberärztin der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation des C. G. mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin beauftragt. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2012 ausgeführt, bei der Klägerin lägen auf neurologischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen vor: periphere Facialisparese links Grad IV, Anakusis links, Läsion des Nervus trigeminus links, leichte Gangataxie, chronisches Schmerzsyndrom und neurokognitive Defizite. Bei der Klägerin sei am 18. Mai 2007 zunächst eine Mittelohrentzündung links, als erste Komplikation am 25. Mai 2007 eine bakterielle Meningitis und als Folge der Meningitis ein Hydrocephalus malresorptivus, der bis März 2008 punktionswürdig gewesen sei, aufgetreten. Am 24. März 2008 sei dann als eigenständige Neuerkrankung mit weitaus komplizierterem Verlauf ein Abszess des Warzenfortsatzes mit einer bakteriellen Meningitis als erster Komplikation aufgetreten. Der Abszess habe operativ ausgeräumt werden müssen. Als zweite Komplikation sei es als Folge der Mastoidrevision zu einem Leck der harten Gehirnhaut und Austritt von Nervenwasser durch die Nase gekommen, das eine erneute operative Revision erforderlich gemacht habe. Die Mastoiditis März 2008 sei im Vergleich zur Otitis media Mai 2007 wesentlich komplikationsreicher verlaufen und habe als Folge die Erwerbsminderung herbeigeführt. Im März 2008 vor Auftreten der zweiten Meningitis sei die vorherige Erkrankung erfolgreich behandelt gewesen, der Eintritt der Arbeitsfähigkeit sei nach der Einschätzung der Ärzte der Rehaklinik und des Prof. Dr. W. im Arztbrief vom 31. Januar 2008 als wahrscheinlich und damit die Erwerbsprognose als positiv einzuschätzen gewesen. Auch die Beklagte habe sich dem - wie aus der Bewilligung einer weiteren Rehamaßnahme hervorgehe - angeschlossen. Dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit, die seit 24. März 2008 bestehe, behoben werden könne, sei unwahrscheinlich.

Die Beklagte hat hierauf unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Dr. Wa. vom 30. Mai 2012 erwidert. Danach sei weder bewiesen noch widerlegt, ob es sich bei der ersten Meningitis im Mai 2007 (behandlungsbedürftig bis März 2008) und bei der meningitischen Symptomatik ab 24. März 2008 um ein und dieselbe Erkrankung oder um zwei eigenständige, jeweils durch denselben Erreger verursachte Erkrankungen gehandelt habe. Derartige ätiologische Zuordnungen könnten unter sozialmedizinischen Gesichtspunkten allerdings dahinstehen, da es sozialmedizinisch ausschließlich um die Einschätzung resultierender krankheitsbedingter Auswirkungen auf das Leistungsvermögen gehe und vorliegend entscheidend sei, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin seit Beginn der Meningitis im Mai 2007 aufgehoben gewesen sei und sich in der Folgezeit nicht habe wiederherstellen lassen. Faktisch sei zum Entlassungszeitpunkt der Klägerin aus der Rehamaßnahme am 26. Juli 2007 eine Arbeitsfähigkeit nicht gegeben gewesen. Dr. N. ziehe aus der Einschätzung der Ärzte der Rehaklinik am 26. Juli 2007 den Fehlschluss, dass die Klägerin bei Antritt der berufsfördernden Maßnahme in der Rehaklinik B. K. am 29. Oktober 2007 zwar als arbeitsunfähig, nicht aber als erwerbsunfähig gesehen und eingestuft worden sei, andernfalls wäre eine erneute Rehamaßnahme nicht bewilligt worden. Richtig zu stellen sei insoweit, dass die Bewilligung einer Rehamaßnahme eine positive Erwerbsprognose voraussetze, nicht aber eine Erwerbsfähigkeit. Bei einer positiven Erwerbsprognose handele es sich richtigerweise also lediglich um ein sozialmedizinisch begründetes Wahrscheinlichkeitsurteil zum Erreichen des Rehabilitationsziels einer für die Zukunft zu erwartenden Verbesserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Vorliegend habe sich die für die Zukunft erhoffte positive Entwicklung nicht realisiert. In tatsächlicher Hinsicht könne demnach keineswegs von einer positiven Rehabilitationsprognose auf das Vorliegen einer tatsächlichen Erwerbsfähigkeit zurückgeschlossen werden, sondern lediglich auf die bestehende Wahrscheinlichkeit/Möglichkeit einer Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit aus vorheriger ex ante Sicht. Insoweit habe das SG richtigerweise dargetan, dass die Einschätzung der positiven Beurteilung der Belastbarkeit rein hypothetisch im Sinne von spekulativ zu gewichten sei, da die Annahme zu diesem Zeitpunkt ja nicht beweisbar oder verifizierbar gewesen sei. Die Sachverständige Dr. N. versteife sich in ihrer Bezugnahme auf die bloße prognostische, auf die Zukunft gerichtete Wahrscheinlichkeitseinschätzung der Rehaklinik, die sich allerdings nicht realisiert habe. Die Sachverständige lasse außerdem die Notwendigkeit der bis März 2008 erforderlichen Behandlung der Meningitiskomplikationen bzw. des Hydrocephalus malresorptivus außer Acht und sehe die Erkrankung März 2008 als ?abschließend erfolgreich behandelt? an, ohne im Umkehrschluss zu berücksichtigen, dass letztlich eine kontinuierliche Behandlung des ersten Erkrankungsereignisses von Mai 2007 bis März 2008 erfolgt sei und dann bereits wieder ab 24. März 2008 eine erneute (oder fortgesetzte?) Behandlung der Klägerin erforderlich gewesen sei bei durchgehend nicht gegebenem Leistungsvermögen. Damit, dass die Sachverständige zum Zeitpunkt der am 13. März 2008 erneut begonnenen Rehamaßnahme in B. K. bei der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit, nicht aber eine Erwerbsunfähigkeit annehme, setze die Sachverständige ihre offenbar auf rein neurologischer Sicht und somit fehlender sozialmedizinischer Würdigung beruhenden denklogisch falschen Schlussfolgerung fort. Indem die Sachverständige formuliere, dass am 24. März 2008 - zehn Monate nach antibiotisch behandelter Otitis media und bakterieller Meningitis und zehn Tage nach Wiedereinnahme der Rehamaßnahme - plötzlich erneut Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen aufgetreten seien, die eine sofortige Einweisung der Klägerin in die Neurologische Akutklinik erforderlich gemacht habe, suggeriere sie, dass die Behandlung der ersten Erkrankung bereits zehn Monate abgeschlossen sein soll, bis dann eine akute Neuerkrankung neue Symptome ausgelöst habe. Unter sozialmedizinischer Würdigung stelle sich der Sachverhalt indes völlig anders dar. Noch im März 2008 seien die Folgen der im Mai 2007 aufgetretenen Meningitis behandelt worden. Die anfängliche antibiotische Behandlung der initialen Otitis media sei zehn Monate zurückgelegen, nicht aber die Behandlung der Meningitis bzw. ihrer Folgen insgesamt. Am 24. März 2008 sei also nicht einmal ein Monat vergangen gewesen und man möge spekulieren, inwieweit die Beendigung der Hydrocephalustherapie zu einer Begünstigung der erneuten Kopfschmerzen beigetragen haben möge. Da aber erst jetzt eine intensivierte Diagnostik erfolgt sei, sei entsprechend auch erst zu diesem Zeitpunkt eine Abszedierung im Bereich des linken Warzenfortsatzes nachgewiesen worden. Denkbar sei, dass sich ein solcher Abszess allmählich bereits im Vorfeld entwickelt haben könnte, aber eben erst mit Intensivierung der Kopfschmerzen und dadurch veranlasster MRT-Untersuchung festgestellt worden sei. Unter Leistungsgesichtspunkten sei jedenfalls davon auszugehen, dass bei noch behandlungsbedürftigen Meningitisfolgen Anfang März 2008 die (bereits im Mai 2007 eingetretene) Leistungsminderung bei der Klägerin fortbestanden habe und sich auch nicht wieder gebessert habe, da ja bereits am 24. März 2008 eine erneute Komplikation (Abszess) im Verlauf aufgetreten sei. Die Sachverständige beziehe sich auf prognostische Erwägungen aus der ex ante Sicht und nicht auf das tatsächlich vorliegende Leistungsbild der Klägerin. Selbstverständlich sei im Intervall zwischen zunächst antibiotisch behandelter Erstsymptomatik Mai 2007 und erneuter Exazerbation März 2008 die Prognose günstiger gestellt worden - sonst wäre ja auch nicht eine stationäre Rehamaßnahme zu Lasten der Beklagten veranlasst worden - als nach den erneuten Komplikationen Mai 2008. Entscheidend sei aber nicht die rein spekulative, auf die Zukunft gerichtete Prognose, sondern der tatsächlich erreichte Stand der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit habe zu keinem Zeitpunkt so weit verbessert werden können, dass Erwerbsfähigkeit vorgelegen hätte. Unter Plausibilitäts- und Konsistenzgesichtspunkten seien die von der Sachverständigen aufgestellten Thesen zu einem späteren Eintritt der Erwerbsunfähigkeit nicht nachvollziehbar. Aus prüfärztlicher Sicht sei weiterhin von einem Leistungsfall im Mai 2007 auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Leistungsminderung bei der Klägerin eingetreten. Eine Erwerbsfähigkeit habe seither nicht wiederhergestellt werden können.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Juni 2012 hat Dr. N. hierauf noch einmal daran festgehalten, dass die am 24. März 2008 aufgetretene Mastoiditis als eigenständige, neue Erkrankung zu sehen sei, deren Auftreten nach abgeschlossener Behandlung der Meningitis im Mai 2007 und des Hydrocephalus malresorptivus nicht vorhersehbar gewesen sei. Nicht die Meningitis sei bis März 2008 behandlungsbedürftig gewesen, sondern die daraus resultierende Komplikation des Hydrocephalus malresorptivus. Es sei damit unbestreitbar, dass es im März 2008 zu einer Neuinfektion mit Streptokokkus pneumoniae gekommen sei. Da 80% aller Hirnhautentzündungen durch Streptokokkus pneumoniae ausgelöst würden, könne nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich um ein und dieselbe Erkrankung handele. Es müsse nach den Unterlagen der Rehaklinik postuliert werden, dass nach erfolgreich antibiotisch behandelter Meningitis und erfolgreichen Entlastungspunktionen des Hydrocephalus malresorptivus die Wahrscheinlichkeit ?einer für die Zukunft zu erwartenden Verbesserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit? ?ex ante? für die Klägerin mit Antritt der Rehabilitationsmaßnahme am 13. März 2008 bestanden und dass das Leistungsvermögen durch die akut aufgetretene Mastoiditis und Meningitis am 24. März 2008 und damit verbundenen Akutbehandlung und Abbrechen der Rehamaßnahme nicht abschließend - wie die Rehaklinik ausgeführt habe - habe beurteilt werden können. Im Entlassbrief der Rehaklinik vom November 2007 sei eine positive Erwerbsprognose abgegeben worden, der die Ärzte des Neurozentrums Freiburg und die Beklagte gefolgt seien. Hierüber könne man sich retrospektiv nicht einfach hinwegsetzen.

Für die Beklagte hat Dr. Wa. unter dem 08. August 2012 noch einmal eingewandt, dass die bisherige ?Vorhersehung? (= Prognose) eines unkomplizierten Verlaufs und damit eine Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gerade nicht eingetreten sei. Es bleibe bei der faktisch durchgehenden Leistungsminderung der Klägerin, die zu keinem Zeitpunkt im Verlauf der Erkrankung wieder erwerbsfähig geworden sei. Eine Prognose hinsichtlich einer positiven Leistungsbewertung sei nicht gleichbedeutend mit einem tatsächlich gegebenen Leistungsvermögen.

Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, dass das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Dr. N. die Einwendungen der Beklagten widerlegten und wie das Gutachten von Dr. Wi. den Eintritt ihrer Erwerbsunfähigkeit zum 24. März 2008 bestätige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs.1 SGG ist nicht gegeben. Denn streitig sind Sozialleistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Abs.2 SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ab 01. Mai 2008 Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das SG hätte daher den Bescheid vom 23. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2009 aufheben und die Beklagte zur Leistung verurteilen müssen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2009, mit welchem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte. Nicht von diesem Streitgegenstand erfasst wird die Bewertung der von der Klägerin nach dem Fremdrentenrecht zurückgelegten Zeiten und die Berücksichtigung von Anerkennungszeiten. Hierüber hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid nicht entschieden.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Hiervon ausgehend ist der Senat aufgrund der durchgeführten Rehamaßnahmen und der hierüber gefertigten Entlassungsberichte vom 26. Juli, 24. November 2007, 22. April, 08. Mai und 16. Juli 2008 sowie der im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte des Dr. Sc. vom 16. November 2009 und Dr. C. vom 25. November 2009 sowie der Gutachten von Dr. Wi. vom 25. Mai 2010 und von Dr. N. vom 24. Januar 2012 und deren ergänzender Stellungnahme vom 22. Juni 2012 zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin (erst) seit 24. März 2008, dem Zeitpunkt des erneuten Auftretens einer Pneumokokken-Meningitis, voll erwerbsgemindert ist. Ob die Klägerin bereits ab 25. Mai 2007 mit Auftreten der ersten bakteriellen Meningitis voll oder teilweise erwerbsgemindert war, weil sie wegen dieser Krankheit auf nicht absehbare Zeit außer Stande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, vermag der Senat indessen nicht festzustellen. Die unter Heranziehung der Entlassungsberichte über die von der Klägerin durchgeführten Rehamaßnahmen in der Zeit ab 15. Juni 2007 bis 24. März 2008 schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilungen in den Gutachten von Dr. Wi. und Dr. N., wonach erst seit 24. März 2008 feststeht, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist, wird durch die Ausführungen des Dr. Wa. in dessen Stellungnahmen nicht widerlegt. Der Sachverhalt und das Leistungsvermögen der Klägerin sind auf der Grundlage der Rehabilitationsentlassungsberichte und der Berichte der Universitätsklinik Freiburg, auf die sich Dr. Wi. und Dr. N., aber auch Dr. Wa., gestützt haben, geklärt. Die Notwendigkeit zu weiterer Beweiserhebung besteht nicht.

Bei der Klägerin kam es am 18. Mai 2007 zu einer Mittelohrentzündung links, die zunächst ambulant antibiotisch behandelt wurde und bis 21. Mai 2007 noch nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit verbunden war. Am 24. Mai 2007 traten dann bei der Klägerin Fieber, Kopf- und Rückenschmerzen sowie Nackensteifigkeit auf. Diagnostiziert wurde eine bakterielle Meningitis mit Streptococcus pneumoniae. Diese bakterielle Meningitis erforderte bis Juni 2007 eine antibiotische Behandlung. Ab Juni 2007 waren dann keine Erreger mehr nachweisbar. Komplizierend durch die Meningitis kam es bei der Klägerin jedoch zu einer gestörten Nervenwasserzirkulation, die dumpf drückende Kopfschmerzen und Erbrechen zur Folge hatte und bis März 2008 immer wieder Liquorpunktionen und zusätzlich eine medikamentöse Therapie mit Acetazolamid zur Hirndrucktherapie erforderte. Ab März 2008 hatte sich die Liquorzirkulation normalisiert, die Klägerin gab eine Besserung ihrer Kopfschmerzsymptomatik an. Dies ergibt sich aus den Reha-Entlassungsberichten vom 26. Juli, 24. November 2007 und 22. April 2008, den Arztbriefen der Universitätsklinik Freiburg vom 31. Januar und 03. März 2008 sowie den Gutachten von Dr. Wi. vom 25. Mai 2010 und Dr. N. vom 24. Januar 2012 und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Juni 2012, aber auch den Stellungnahmen von Dr. Wa. vom 30. Mai und 08. August 2012. Wegen dieser Erkrankungen führte die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten mehrere Rehamaßnahmen in der Schwarzwaldklinik - Neurologie in B. K. durch. Die erste Rehabmaßnahme fand im Anschluss an die akut stationäre Behandlung in der Neurologischen Uniklinik in F. vom 15. Juni bis 26. Juli 2007 statt. Bei Entlassung war nach dem Entlassungsbericht von Dr. Ko. vom 26. Juli 2007 eine Arbeitsfähigkeit noch nicht gegeben, es wurde eine weitere Arbeitsunfähigkeit von acht Wochen angenommen. Aus medizinischer Sicht wurde eine Re-Testung und Belastungserprobung empfohlen. Ihre bisherige Tätigkeit als Reinigerin könne die Klägerin aufgrund der Schwere der körperlichen Tätigkeit nicht mehr durchführen. Es wurde ein Antrag auf berufsfördernde Maßnahmen bei der Beklagten gestellt. Auch Dr. N. ging in seinem für den MDK erstatteten Gutachten vom 10. August 2007 von einem zukünftigen Leistungsvermögen der Klägerin für leichte, vorübergehend mittelschwere Frauenarbeiten aus. Am 29. Oktober 2007 kam es zu einer erneuten stationären Aufnahme der Klägerin in der S.-klinik - Neurologie in B. K., um vor der Entscheidung des von der Klägerin gestellten Antrags auf berufsfördernde Maßnahmen die Erwerbsfähigkeit zu prüfen. Zum Abschluss der Rehamaßnahme lag die Belastbarkeit der Klägerin nach dem Entlassungsbericht von Dr. Ko. vom 24. November 2007 noch bei unter drei Stunden. Zur erneuten Re-Evaluation wurde jedoch eine erneute Beurteilung unter neuropsychologischen Gesichtspunkten und einer Belastungserprobung etwa Ende Februar bzw. Anfang März 2008 dringend empfohlen. Die Ärzte des Neurozentrums Freiburg schlossen sich ausweislich des Arztbriefs vom 31. Januar 2008 dieser Einschätzung an. Sie gingen angesichts der im Rehabericht geäußerten Fortschritte von einer weiteren Besserungstendenz aus und hielten ebenfalls eine erneute Beurteilung unter neuropsychologischen Gesichtspunkten sowie eine Belastungserprobung im März 2008 für sinnvoll. Am 13. März 2008 begann die Klägerin diese dritte Rehamaßnahme, nachdem sie zwischenzeitlich über vier Wochen einen Deutschkurs absolviert hatte. Bei Aufnahme der Klägerin bestand noch eine deutliche körperliche Minderbelastbarkeit mit einer Belastungsgrenze von zwei Stunden und fortbestehenden Kopfschmerzen. Die neuropsychologischen Testuntersuchungen ließen weiterhin verzögerte Reaktionszeiten auf auditive Reize bei linksseitiger Gehörlosigkeit der Klägerin erkennen. Es ergaben sich Hinweise auf eine fortbestehende konzentrative Minderbelastbarkeit, die übrigen Bereiche der Aufmerksamkeit waren jedoch unverändert unauffällig, die Umstellfähigkeit deutlich gebessert und normalisiert, die Arbeitsgedächtnisleistungen stabil. Da die Klägerin am 24. März 2008 erneut akut an einer Meningitis erkrankte, war eine abschließende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht möglich. Der für die Meningitis ursächliche Abszess musste operativ entfernt werden. In der Folge war eine weitere Operation mit Felsenbeinrevision und Duraplastik erforderlich. Die ab 29. April 2008 mit Unterbrechungen durchgeführte weitere Rehamaßnahme hatte dann zum Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund der erheblichen Minderung der konzentrativen Belastbarkeit nur für deutlich weniger als drei Stunden belastbar war und auch die längerfristige Erwerbsprognose im überschaubaren Zeitraum der nächsten Monate ungünstig war (Reha-Entlassungsbericht vom 16. Juli 2008).

Aufgrund dieses Krankheitsverlaufs lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden erst ab 24. März 2008 feststellen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der zweiten Meningitis um ein und dieselbe Erkrankung oder um zwei eigenständige, jeweils durch denselben Erreger verursachte Erkrankungen handelte, da lediglich der zeitliche Umfang der Leistungseinschränkung und nicht die Ursache der Erkrankung maßgeblich ist. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung von Dr. Ko. im Reha-Entlassungsbericht vom 16. Juli 2008. Diese hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Belastbarkeitsgrenze der Klägerin bei maximal 45 Minuten lag und sich danach erhebliche Erschöpfungsanzeichen zeigten und diesbezüglich eine deutliche Besserung über einen Zeitraum von ca. drei Wochen nicht zu erkennen gewesen sei. Bestätigt wird dies auch von Dr. N. in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2012. Auch Dr. Wa., der Beratungsarzt der Beklagten, hält die Klägerin zumindest seit 24. März 2008 für dauerhaft erwerbsgemindert.

Ob schon aufgrund des Auftretens der ersten Meningitis am 25. Mai 2007 eine Erwerbsminderung in der Gestalt vorlag, dass die Klägerin dauerhaft nicht mehr in der Lage war, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, lässt sich indessen nicht feststellen. Der Senat folgt insoweit der Beurteilung von Dr. Wi. und Dr. N. in ihren Gutachten vom 25. Mai 2010 bzw. 24. Januar 2012, die nachvollziehbar dargelegt haben, dass die Klägerin nach der ersten Meningitis zwar eingeschränkt belastbar und auch arbeitsunfähig gewesen sei, jedoch eine positive Prognose gestellt worden sei, weshalb der Klägerin auch erneute Rehamaßnahmen bewilligt worden seien. Eine Bestätigung findet das Vorliegen einer positiven Prognose in der Tatsache, dass die Rehamaßnahmen, die vom 15. Juni bis 26. Juli 2007 bzw. 29. Oktober bis 26. November 2007 durchgeführt wurden, jeweils Verbesserungen des Gesundheitszustandes der Klägerin zur Folge hatten. So sei etwa die Aufmerksamkeitsleistungen der Klägerin nach dem Entlassungsbericht der Dr. Ko. vom 26. Juli 2007 während der Maßnahme zwar eingeschränkt geblieben, es hätte sich jedoch eine Tendenz zur Besserung gezeigt. Ihre Ausdauer habe die Klägerin wesentlich steigern können. Nach dem Entlassungsbericht vom 24. November 2007 ließen sich die neuropsychologischen Defizite deutlich verbessern. Das Vorliegen einer positiven prognostischen Einschätzung bestreitet auch Dr. Wa. nicht. Darauf, dass diese Prognose der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Klägerin wegen des Auftretens einer zweiten Meningitis im März 2008 nicht eintrat, kommt es nicht an. Tatsächlich verhielt es sich so, dass bis zum Eintritt der zweiten Meningitis am 24. März 2008 nicht feststand, ob die Klägerin wegen der ersten Meningitis-Erkrankung und der sich hieraus ergebenden Komplikationen auf nicht absehbare Zeit außer Stande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erst aufgrund der zweiten Meningitis mit dem deutlich komplizierteren Verlauf konnten nach dem Entlassungsbericht von Dr. Ko. vom 16. Juli 2008 deutliche Verbesserungen der Belastbarkeit während des Aufenthalts nicht mehr erreicht werden. Damit ist der Eintritt des Leistungsfalls bereits mit Auftreten der ersten Meningitis am 24. Mai 2007 und in der Folge bis 23. März 2008 nicht feststellbar.

Die neben der vollen Erwerbsminderung erforderlichen weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sind gegeben, wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufs vom 19. August 2009 ergibt. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt, weil sie mehr als 60 Kalendermonate mit Beitragszeiten, die auf die allgemeine Wartezeit angerechnet werden können (§ 51 Abs. 1 SGB VI), zurückgelegt hat. Des Weiteren sind in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 24. März 2003 bis 23. März 2008 41 Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden, nämlich für November und Dezember 2004 (zwei Monate), für die Jahre 2005 bis 2007 (jeweils 12 Monate) sowie für Januar bis März 2008 (drei Monate).

Die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist unbefristet zu leisten. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI werden Renten wegen Erwerbsminderung, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Anspruch der Klägerin besteht unabhängig von der Arbeitsmarktlage und schwerwiegende medizinische Gründe sprechen gegen eine rechtlich relevante Besserungsaussicht. Behandlungsmöglichkeiten, die zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit führen könnten, vermag der Senat nicht festzustellen. Die Sachverständige Dr. N. hat in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2012 erklärt und begründet, dass die Gesundheitsstörungen der Klägerin zwar durch weitere schmerztherapeutische Einbindung und ergotherapeutische Behandlung leicht gebessert werden könnten, dass es aber unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Eine Bestätigung findet diese Einschätzung im Gutachten von Dr. Wi. und auch Dr. Wa. geht in seinen Stellungnahmen von einem auf Dauer aufgehobenen Leistungsvermögen der Klägerin aus.

Da der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung am 24. März 2008 eingetreten ist, die Klägerin den Rentenantrag am 06. Mai 2008 gestellt hat und die Rente wegen voller Erwerbsminderung unbefristet zu leisten ist, beginnt die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI am 01. Mai 2008.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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