L 8 U 2988/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 1450/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2988/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. April 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte dem Grunde nach verurteilt wird, für die Zeit vom 26. November 2005 bis 05. Dezember 2005, vom 27. Februar 2006 bis 09. Juli 2006, vom 28. Oktober 2006 bis 19. November 2006 und vom 21. Dezember 2006 bis 02. März 2007 Verletztengeld unter Anrechnung gezahlter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und gezahlten Krankengelds und ab 14. September 2005 bis auf Weiteres Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte erstattet auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Folgen eines Wegeunfalls und die Gewährung einer Rente wegen dieser Unfallfolgen.

Der 1983 geborene Kläger ist als Produktionsmitarbeiter bei der F. Kunststoff GmbH in B. tätig. Am 01.09.2005 erlitt er gegen 21.50 Uhr auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall. Ein entgegenkommendes Fahrzeug überholte auf seiner Fahrspur, dabei kam es zu einem Zusammenstoß auf der linken Seite frontal mit diesem Fahrzeug (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 26.09.2005). Das Fahrzeug des Klägers kam darauf hin nach rechts von der Straße ab, fuhr in einen Wassergraben und kam vor einem Zaun zum Stehen. Es kippte dort zunächst auf die beiden rechten Räder und fiel zurück auf alle vier Räder. Bei dem Anstoß durch das andere Fahrzeug schlug der Kläger mit der linken Schulter gegen die linke Tür seines Fahrzeugs. Beim Zurückkippen des Fahrzeugs auf alle vier Räder schlug der Kläger mit dem Kopf und der Schulter auf der linken Seite des Fahrzeugs an (Unfallschilderung des Klägers gegenüber der W. Versicherung vom 01.09.2005 und dem SG).

Der Kläger wurde am Unfalltag von einem Arbeitskollegen zur ärztlichen Behandlung bei Prof. Dr. B. in die V. Klinik, Bad R. , gefahren (Ankunft um 23.20 Uhr). Prof. Dr. B. berichtete in einem Durchgangsarztbericht vom 05.09.2005 über Schmerzen am linken Schultergelenk dorsal bei freier Bewegung. DMS sei intakt, eine Wunde oder Schwellung konnte er im Bereich der linken Schulter nicht feststellen. Am rechten Unterarm und Ellenbogen litt der Kläger unter Schmerzen, es bestand eine Schürfwunde am rechten Unterarm. Die Bewegung war frei, DMS intakt. Der Kläger habe angegeben, mit dem Kopf an die Frontscheibe angeschlagen zu sein, eine Wunde sei nicht erkennbar, ebenso keine Commotiozeichen, kein Erbrechen, kein Gedächtnisausfall. Prof. Dr. B. diagnostizierte eine Prellung der linken Schulter und des rechten Unterarms und Ellenbogen. Er versorgte den Kläger mit einem Gilchristverband zur Ruhigstellung des linken Schultergelenks und Ibuprofen 400 und entließ ihn nach Hause.

Am Folgetag stellte sich der Kläger zur Verlaufskontrolle vor und gab deutlich gelinderte Beschwerden an. An der linken Schulter bestünden noch Restbeschwerden (RM Zone 2-3, ACG frei, keine sensomotorischen Defizite, keine radikulären Schmerzen).

Der Kläger stellte sich dann am 07.11.2005 bei dem Orthopäden H. L. vor. Dieser teilte in einem H-Arztbericht vom gleichen Tag mit, es bestünden anhaltende belastungsabhängige Schmerzen in der linken Schulter. Das linke Schultergelenk sei klinisch stabil, es bestehe ein geringer Erguss um die lange Bizepssehne und eine mäßig ausgeprägte Bursitis subacromialis. Die Rotatorenmanschette sei intakt, die Abduktion der Schulter um 20% eingeschränkt, die Außenrotation bis 30°, die Innenrotation endgradig schmerzhaft.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. D. berichtete am 28.11.2005 über Schmerzen bei der Arbeit. Beim Drehen in der Schulter berichte der Kläger über das Gefühl, die Schulter springe halb heraus. Dr. D. ging weiterhin von einer Schulterprellung mit anhaltenden Beschwerden aus.

Am 27.02.2006 stellte H. L. einen regelrechte Beweglichkeit der linken Schulter, eine kräftig entwickelte Muskulatur und keinerlei Luxationstendenz bei der klinischen Untersuchung fest. Schmerzen würden bei der Untersuchung nicht angegeben. Dr. D. stellte am 06.03.2006 einen Druckschmerz am Sehnenansatz des Muskulus deltoideus links fest. Ein painful arc bestehe nicht. Er äußerte den Verdacht auf wiederkehrende Subluxationen links. Der Kläger habe angegeben, es komme bei vielen Gelegenheiten zur Subluxation der linken Schulter. Das tue dann sehr weh, er habe sich angewöhnt, die Schulter selbst durch Drehbewegungen ?einzurenken?. Das gelinge auch jeweils, bereite aber für ein bis zwei Tage Schmerzen bei der Arbeit.

Die Beklagte zog den Bericht über ein MRT der linken Schulter vom 17.03.2006 des Radiologen Dr. S. bei. Er beschrieb eine Impression des kranialen Humeruskopfes, die er als Hill-Sachs-Deformität interpretierte. Es bestanden Veränderungen des vorderen Labrums und eine Erweiterung der Gelenkkapsel ventral kranial mit Verdacht auf persistierende Kapsel-Insuffizienz. Weiterhin stellte Dr. S. eine diskrete Tendinose der Supraspinatussehne bei angedeutetem Impingement und eine Tendovaginitis der langen Bizepssehne fest.

Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK bei, in dem sich im Jahr 2001 der Eintrag ?Impingement-Syndrom der Schulter? ohne Seitenbezeichnung mit einer Arbeitsunfähigkeit über drei Tage befand.

Die Beklagte legte den Sachverhalt ihrem ärztlichen Berater Dr. Bi. vor, der am 17.05.2006 zu dem Ergebnis kam, dass das beschriebene Ereignis vom 01.09.2005 keine Luxation der Schulter habe hervorrufen können, weil ein direkter Anprall stattgefunden habe. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit könne allenfalls für vier Wochen angenommen werden. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei Null. Es könne eine unfallunabhängige rezidivierende oder habituelle Schulterluxation vorliegen.

Vom 08.05.2006 bis 13.05.2006 war der Kläger in stationärer Behandlung in der B. Unfallklinik in T ... Dort wurde am 10.05.2006 eine Arthroskopie der linken Schulter mit Refixation des Labrum genoidale und Kapselraffung durchgeführt. Prof. Dr. We. ging in seinem Entlassungsbericht vom 15.05.2006 von einer chronischen Instabilität des linken Schultergelenks nach Verkehrsunfall aus.

Mit Schreiben vom 18.05.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Schulterluxation nicht als Folge des Arbeitsunfalls vom 01.09.2005 anerkennen werde. Bei dem Unfall sei es nach seinen Angaben gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten am 10.05.2006 zu einem direkten Anprall auf die Schulter gekommen. Dieser könne die Luxation nicht auslösen. Wegen der unfallbedingten Prellung der linken Schulter, des rechten Unterarms und Ellenbogen habe Arbeitsunfähigkeit bis 13.09.2005 bestanden. Die darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit gehe zu Lasten der Krankenkasse.

Der Kläger legte ein Gutachten des Prof. Dr. We. für die W. Versicherung vom 30.03.2006 vor. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. We. gab der Kläger Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule (HWS und LWS) an, mit denen er gut zurechtkomme. Die Schulter tue nachts weh und wenn er etwas über den Kopf heben wolle, spanne sich in der Schulter etwas an, es knacke und er könne die Schulter nicht richtig bewegen. Er müsse dann an der Schulter ziehen und diese drehen. Dann gebe es einen erneuten Knacks und es gehe wieder. Links seien die Instabilitätstests bei 30°, 60° und 90° positiv gewesen, rechts durchgehend negativ. Links bestehe eine endgradige Behinderung des Schürzengriffs und eine endgradige Bewegungseinschränkung von etwa zehn Grad im Vergleich zu rechts. Prof. We. sah einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Subluxation der linken Schulter und dem Ereignis vom 01.09.2005 und eine unfallbedingte MdE von 20.

Die Beklagte veranlasste die Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. R. , Universitätsklinik H. Bei der dortigen Begutachtung gab der Kläger an, die Beschwerden hätten sich durch die Operation eher verschlimmert. Er habe jetzt überall Schmerzen mit Ausstrahlung in HWS und Brustwirbelsäule (BWS) und bis in die Finger. Die Instabilität sei jedoch geringer. Die Armseitswärts- und ?vorwärtsbewegung sei problemlos möglich, das Bewegen nach hinten bei gleichzeitiger Außenrotation sei eingeschränkt. Beim Schürzengriff bestehe ein Höhenunterschied von 6cm im Vergleich zu rechts, der Nackengriff sei links nur mit Mühe möglich. Die Impingementtests seien positiv. Die Schultern seien stabil. In seinem Gutachten vom 12.09.2006 kam Prof. Dr. R. zu dem Ergebnis, dass auf den Röntgenbildern vom 01.09.2005 und 07.11.2005 keine Hinweise auf eine Luxation der linken Schulter erkennbar seien. Gegebenenfalls vorliegende Verletzungen nach Luxationen der Schulter seien auf konventionellen Röntgenbilder allerdings häufig nicht erkennbar. Die beschriebenen Befunde des MRT vom 17.03.2006 und 07.08.2006 beurteile er zurückhaltend, es könne sich auch um einen Normalbefund handeln. Eine genaue Beurteilung sei aufgrund der Aufnahmequalität nicht möglich. Eine freie Beweglichkeit zwei Stunden nach dem stattgefundenen Unfall sei mit einer traumatischen Erstluxation nicht vereinbar. Eine Luxation bei dem Unfall sei deshalb unwahrscheinlich. Auch die Unfallschilderung der Klägers spreche eher gegen eine Luxation des Schultergelenks.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte H. L. mit Schreiben vom 13.10.2006 mit, dass seine Erstdiagnose ?Zustand nach Schulterluxation? auf den Angaben des Klägers beruht habe, weil er zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine Unterlagen vorgelegt habe. Prof. Dr. B. teilte auf Nachfrage mit (Schreiben vom 23.10.2006), dass die Angaben ?sonst Bewegung frei? im Durchgangsarztbericht bedeute, dass keine eingeschränkte Extension/Flexion, Abduktion/Adduktion, Innenrotation/Außenrotation und keine Luxation vorgelegen habe.

Mit Bescheid vom 10.11.2006 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls vom 01.09.2005 eine Prellung der Schulter links und rechts, Schürfwunde und Prellung im Bereich des rechten Unterarms an. Nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 01.09.2005 sei eine Instabilität des linken Schultergelenks, weder im Sinne einer Entstehung noch im Sinne einer Verschlimmerung. Die anerkannten Beschwerden seien bis 25.11.2006 behandlungsbedürftig gewesen. Ein Anspruch auf eine Rente wegen der als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsschäden bestehe nicht.

Dagegen erhob der Kläger am 07.12.2006 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, dass es nicht zutreffend sei, dass er sich unmittelbar zur V. Klinik begeben habe. Der Unfall habe sich um 21.50 Uhr ereignet, er sei aber erst um 23.20 Uhr in der V. Klinik eingetroffen. Er sei dorthin gefahren, nachdem die Schmerzen und Schwellung im linken Arm zugenommen hätten. Es könne ihm nicht angelastet werden, wenn Prof. Dr. B. unzureichende Aufzeichnungen habe und die MRT Aufzeichnungen eine unzureichende Qualität aufwiesen. Weiterhin beanstandete er die Sorgfältigkeit des Gutachtens von Prof. Dr. R ... Er bezog sich auf das Gutachten des Prof. Dr. We. vom 30.03.2006.

Am 15.01.2007 befand sich der Kläger in Behandlung beim Orthopäden E. Ba., der eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit des linken Schulterbogens feststellte. Die aktive Abduktion war bis 110°, die Anteversion bis 140°, Außen-/Innenrotation mit 50/0/70° möglich. Er ging von einer Hill-Sachs-Läsion am 01.09.2005 aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 17.04.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), zu deren Begründung er ausführte, bei dem Unfall sei es zu einer Schulterluxation links und anschließend zu einer Instabilität der Schulter gekommen, die durch die Operation am 10.05.2006 zumindest habe verringert werden können. Es bestehe deshalb noch eine MdE von 20. Die Befundangaben im Durchgangsarztbericht von Prof. B. entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen am 01.09.2005. Er habe sich deshalb dort in Behandlung begeben, weil er Schmerzen und eine Bewegungseinschränkung gehabt habe. Außerdem habe die Beklagte von Prof. Dr. R. aufgeführte Unklarheiten nicht hinreichend aufgeklärt. Es sei deshalb dem Gutachten von Prof. Dr. We. zu folgen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der nachgewiesene Unfallhergang sei nicht geeignet für die Verursachung einer Schulterluxation links.

Der Kläger legte ein Gutachten von Prof. Dr. We. vom 17.04.2007 für die W. Versicherung vor. Dort gab der Kläger an, eigentlich immer Schmerzen in der Schulter zu haben. Wenn er etwas Schweres hebe oder länger schwer arbeite, schmerze die Schulter am Abend. Zwei Monate zuvor sei ihm die Schulter beim Duschen erneut ausgekugelt. Er habe sie selbst wieder eingerenkt. Prof. Dr. We. stellte bei der Untersuchung fest, dass die Schultergelenke fest seien. Nacken- und Schürzengriff seien beidseits vollständig möglich. Die verschiedenen Tests auch für ein Impingement seien negativ, der Instabilitätstest links bei 30° negativ, bei 60° und 90° positiv. Prof. We. ging von einer verbliebenen Restinstabilität des linken Schultergelenks trotz der Operation aus. Im Übrigen bestehe nur eine endgradige Bewegungseinschränkung. Die MdE schätzte er auf 20.

Das SG holte von Amts ein Gutachten von Dr. I. , Chirurg, vom 22.10.2007 ein. Bei seiner Untersuchung zeigte sich eine hochgradige Einschränkung der Beweglichkeit im linken Schultergelenk, vor allem für die Seitwärts- (120/0/40°) und Vorwärtshebung (40/0/130°) sowie die Auswärtsdrehung (30/0/90°). Beim aktiven Abspreizen des linken Arms zur Seite komme es zu einer eindrucksvollen faustgroßen, gut sichtbaren Vorwölbung des Oberarmkopfes nach vorne. Das sei ein klassisches Zeichen einer vorderen Instabilität. Beim passiven Durchbewegen seien reibende Geräusche tast- und hörbar. Dr. I. kam zu dem Ergebnis, dass nach der Unfallschilderung keine geradlinigen sondern schräg verformende Kräfte auf den Kläger eingewirkt hätten. Er sei deshalb wahrscheinlich nicht im 90° Winkel auf die Fensterscheibe aufgeprallt, sondern eher schräg. Ein solcher schräger Aufprall sei für die Herbeiführung einer strukturellen Schädigung der vorderen und unteren Gelenklippe und der Schultergelenkskapsel geeignet. Eine solche Schädigung sei in einem Röntgenbild nicht zu sehen. Die beim MRT am 17.03.2006 beschriebenen Befunde seien aber als typische Traumafolge zu bewerten. An einer traumatischen Kapselverletzung könne angesichts des Austritts von Kontrastmittel kein vernünftiger Zweifel bestehen. In der Arthroskopie am 10.05.2006 sei zumindest der in dem Befund geäußerte Verdacht einer Abscherverletzung des ventralen unteren Labrums bestätigt worden. Die noch vorliegende unidirektionale Instabilität sei Folge des Unfalls vom 01.09.2005. Aufgrund dessen sei der Kläger nicht mehr in der Lage größere Lasten zu heben. Die Beweglichkeit sei eingeschränkt, es sei zu einer Verschlechterung der Bewegungsausmaße der Vorgutachten gekommen. Für die unidirektionale Instabilität müsse eine vorherige Luxation nicht eingetreten sein. Es genügten grob auf das Schultergelenk einwirkende Scherkräfte, um zu einem Einriss der Gelenkkapsel und zu Abschermechanismen im Bereich der Gelenklippe zu führen. Die während der Arthroskopie erhobenen Befunde belegten eindeutig und zwingend eine traumatische Verursachung. Eine alternative Ursache bestehe nicht. Insbesondere bestehe keine angeborene Schulterlaxizität. Diese trete üblicherweise beidseits auf, die rechte Schulter sei aber stabil. Die MdE sei mit 20 v. H. zu beziffern.

Dem trat die Beklagte entgegen. Das SG forderte Dr. I. zu einer ergänzenden Stellungnahme auf. Er führte dazu am 28.04.2008 aus, dass der Unfallhergang nicht mehr genau zu rekonstruieren sei. Nach den Angaben des Klägers sei er davon ausgegangen, dass der Aufprall vorne links erfolgt sei und das Auto dann nach rechts in den Graben abgedrängt worden sei. Dieser Mechanismus führe mit einiger Wahrscheinlichkeit zu schräg auf den Körper des Klägers einwirkenden Kräften. Prof. Dr. R. sei demgegenüber von einem Aufprall in einem Winkel von 90° ausgegangen, ohne diesen Mechanismus seinerseits sicher behaupten zu können. Der MRT Befund spreche auch nicht nur von Spuren von Kontrastmitteln sondern von einem eindeutigen Kontrastmittelaustritt. An einer strukturellen traumatischen Schädigung der Gelenkkapsel könne kein vernünftiger Zweifel bestehen. Die Symptomatik einer Schulterinstabilität sei im frühen Verlauf nach einer Verletzung aufgrund der schmerzbedingten Einschränkung und Schonhaltung der Schulter kaum nachzuweisen. In typischer Weise werde erst bei fortbestehenden Beschwerden und bei im weiteren Verlauf auf eine Instabilität hinweisenden Symptomen eine weitergehende bildgebende Diagnostik veranlasst.

Dem trat die Beklagte mit dem Argument entgegen, dass eine Abscherverletzung am 01.09.2005 nicht mit dem nötigen Vollbeweis möglich sei. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit habe Dr. I. nicht angegeben. Weiterhin sei eine Arbeitsunfähigkeit über den 25.11.2006 hinaus nicht bescheinigt worden. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum Dr. I. von einer Arbeitsunfähigkeit bis 05.12.2005 ausgehe, aber erst ab 01.01.2006 von einer MdE von 20 ausgehe. Schließlich sei ausweislich der Arztberichte im Februar 2006 eine Instabilität nicht nachweisbar gewesen.

Die Beklagte legte eine Stellungnahme von Dr. Bi. vom 05.12.2007 vor, der bestätigte, dass ein Abriss des Labrum im Hinblick auf die Refixierung desselben in der BG Unfallklinik T. bewiesen sei. Ein Aufprall auf die linke Schulter sei in den Beschreibungen nicht gesichert. Der Aufprall sei erst beim Zurückkippen des PKW erfolgt, als also die Einwirkung des gegnerischen PKW von links vorne nicht mehr gewirkt habe. Gegen die Interpretation des MRT durch Prof. Dr. R. spreche der OP Befund vom 10.05.2006. Dennoch sei die Instabilität der linken Schulter nicht anzuerkennen, weil der Unfallmechanismus nicht nachgewiesen sei.

Das SG erfragte bei der AOK folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers wegen der Schulterverletzung: 02.09.2005 ? 13.09.2005, 07.11.2005 bis 05.12.2005 und 27.02.2006 bis 09.07.2006. Krankengeld sei wegen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung erst ab 28.02.2006 gezahlt worden. Die Beklagte legte eine Erstattungsforderung der AOK mit weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 28.10.2006 bis 19.11.2006 und vom 21.12.2006 bis 02.03.2007 vor.

In einer weiteren vom SG angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 06.08.2009 führte Dr ... aus, dass über den 25.11.2005 hinaus Behandlungsbedürftigkeit der Verletzungsfolgen des Arbeitsunfalls vom 01.09.2005 bestanden habe. Auch die nachfolgenden Arbeitsunfähigkeitszeiten seien auf die Unfallfolgen zurückzuführen und nachvollziehbar. Die MdE von 20 bestehe seit 06.12.2005.

Die Beklagte legte eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. W. vom 28.09.2009 vor. Er führte aus, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass als angeschnallter Fahrer eine Verrenkung des Schultergelenks eingetreten sei. Aus den OP Berichten sei eine Hill-Sachs-Läsion erkennbar. Dieser müsse zwingend eine Schulterluxation vorausgegangen sein. Der Raum im Fahrzeug sei dafür nicht ausreichend. Der Kläger müsse sich die Luxation anderswo zugezogen haben. Die Operation habe acht Monate nach dem Unfall stattgefunden. Einblutungen könnten nach so langer Zeit nicht mehr Unfallfolgen sein. Dass die Gelenklippe nach so langer Zeit noch nicht wieder verwachsen gewesen sei, belege indirekt dass die Läsion auch schon älter gewesen sein könne. Eine Verrenkung der Schulter während des Unfalls am 01.09.2005 sei unwahrscheinlich.

In der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2011 hat das SG den Kläger persönlich angehört. Er hat angegeben, dass der Gurtstopper beim Aufprall stark angezogen habe. Das habe er gespürt. Dann sei das Auto nach rechts abgedrängt worden und die linke Seite sei abgehoben. Dabei sei sein rechter Arm an die Handbremse gedrückt worden. Beim Zurückfallen auf alle vier Räder sei er mit der linken Schulter auf die Fensterseite geknallt. Er habe dann in der linken Hand ein Ameisenlaufen gehabt. Er sei dann nach Hause gebracht worden und habe sich das Gesicht gewaschen, dabei habe er es mehrmals in der linken Schulter knacken gehört bzw. gespürt. Es sei dann zu Prof. Dr. B. in die V. Klinik gebracht worden, der habe den Arm erstmal in einen Verband gelegt. An Beschwerden in der Schulter im Jahr 2001 könne er sich nicht erinnern.

Mit Urteil vom 13.04.2011 stellte das SG eine chronische Instabilität und schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit hochgradiger Einschränkung der Belastbarkeit jeweils des linken Schultergelenks als weitere Folge des Unfalls vom 01.09.2005 fest und verurteilte die Beklagte zur Gewährung von Verletztengeld und einer Rente nach einer MdE von 20 nach den gesetzlichen Bestimmungen. Zur Begründung führte es aus, das Unfallereignis habe zu einer Luxation der linken Schulter geführt und diese zu den genannten Gesundheitsschäden. Das stehe zu seiner Überzeugung aufgrund der Gutachten von Prof. Dr. We. und Dr. I. fest. Die Kammer sei davon überzeugt, dass der Kläger beim Zurückfallen des Fahrzeugs auf die vier Räder mit der linken Schulter gegen die linke Fahrertür geschleudert sei. Diese Krafteinwirkung sei geeignet eine Schulterluxation herbei zu führen wie Prof. Dr. We. und Dr. I. überzeugend ausgeführt hätten. Letztlich gehe auch Dr. W. davon aus, dass eine Schultergelenksverrenkung stattgefunden habe. Die von ihm geäußerte Überlegung, dass eine anderes Ereignis die Schulter verrenkt haben müsse, sei lediglich eine Überlegung und nicht geeignet die Überzeugung des Gerichts zu erschüttern. Andere Alternativursachen wie z.B. eine Laxizität der Schulter habe Dr. I. ausschließen können. Eine dreitägige Arbeitsunfähigkeit wegen eines Impingements der Schulter, bei der nicht einmal nach der Seite differenziert werde, spreche nicht gegen einen ursächlichen Zusammenhang.

Gegen das ihr am 17.06.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.07.2011 eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Unfallgeschehen nicht für eine Schulterverrenkung bzw. eine Abscherverletzung der Schulter typisch geeignet sei. Eine Schulterluxation widerspreche auch dem Sonographiebefund vom 07.11.2005. Das SG habe das Zeitintervall zwischen der MRT Untersuchung und dem Unfall von nahezu sechseinhalb Monaten nicht hinreichend gewürdigt. Schließlich sei die MdE Beurteilung von 20 ohne zeitliche Begrenzung nicht überzeugend. Die letzte Untersuchung durch Dr. I. liege 3,75 Jahre zurück.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint, schon Dr. I. habe sich ausführlich mit dem Gutachten von Prof. Dr. R. auseinandergesetzt. Auf dessen Ausführungen nimmt der Kläger im Wesentlichen Bezug.

Mit Beschluss vom 15.12.2011 hat der Vorsitzende die Vollstreckung aus dem Urteil ausgesetzt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Heilbronn und die beim Senat angefallenen Akten.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat zu Recht als weitere Folge des Unfalls vom 01.09.2005 eine chronische Instabilität des linken Schultergelenks mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und hochgradiger Einschränkung der Belastbarkeit festgestellt. Der Senat nimmt zur weiteren Begründung seiner Entscheidung Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG in seinem Urteil vom 13.04.2011, § 153 Abs. 2 SGG.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren ist ergänzend Folgendes auszuführen:

Entgegen der Ansicht der Beteiligten kommt es für die Feststellung dieser weiteren Unfallfolgen nicht darauf an, ob es am 01.09.2005 zu einer Luxation der Schulter gekommen ist. Wie Dr. I. überzeugend ausgeführt hat, muss einer "beim Kläger auch nach Ansicht der Beklagten vorliegenden" unidirektionalen Instabilität der Schulter nicht notwendig eine Schulterluxation (ausgekugelte Schulter) vorangegangen sein. Dr. I. hat insofern überzeugend ausgeführt, dass auch ein Abriss des Labrums zu einer Instabilität des Schultergelenks führt. Ein solcher Abriss des Labrums ist auch nach Auffassung der beratenden Ärzte der Beklagten nachgewiesen. Ebenso ist "auch das ist zwischen den Beteiligten unstreitig" eine Instabilität der linken Schulter nachgewiesen. Das entspricht im Wesentlichen auch dem Ergebnis der Gutachten von Prof. Dr. We. von 2006 und 2007.

Der Senat ist mit dem SG der Überzeugung, dass das Labrum in der linken Schulter des Klägers bei dem Unfall am 01.09.2005 abgerissen ist und der Kläger dabei eine Kapselverletzung an der linken Schulter erlitten hat, die ursächlich für die vorliegende Instabilität des linken Schultergelenks ist. Die Unfallschilderung des Klägers wird von der Beklagten nicht angezweifelt, der Unfallhergang steht wie im Tatbestand geschildert fest. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob der so geschilderte Unfallhergang geeignet ist, den Abriss des Labrums oder eine Schulterluxation zu verursachen. Dr. I. geht "ebenso wie im Ergebnis Prof. Dr. We." davon aus, dass auf den Kläger Kräfte von links vorne und damit schräg eingewirkt haben. Diese seien geeignet einen Abriss des Labrums im Sinne einer Abscherverletzung zu verursachen. Auch der Beratungsarzt der Beklagten Dr. W. zieht nicht grundsätzlich in Zweifel, dass ein Anprall von schräg vorne oder seitlich, was für ihn keinen Unterschied mache, eine Abquetschung der Gelenklippe und eine Schädigung der Bänder bewirken kann.

Prof. Dr. R. leitet demgegenüber aus der Unfallschilderung des Klägers ab, dass auf den Kläger keine schräg einwirkenden Kräfte eingewirkt haben, sondern eine Einwirkung in einem Winkel von 90° stattgefunden habe. Dr. I. ist insofern mit ihm einig, dass eine Einwirkung von 90° nicht geeignet ist, die beim Kläger bei der Arthroskopie am 10.05.2006 festgestellten Verletzungen hervorzurufen.

Der Senat kommt mit Dr. I. zu dem Ergebnis, dass am 01.09.2005 schräg auf den Körper des Klägers eingewirkt wurde. Der Kläger schilderte im Laufe des Verfahrens während des Unfalls zweimalige Einwirkungen auf sein linkes Schultergelenk. Zunächst sei er kurz nach dem Aufprall des entgegenkommenden Fahrzeugs auf die linke Vorderseite seines Fahrzeugs mit der linken Schulter gegen die Fahrertür gestoßen worden. Wie Dr. I. überzeugend ausführt, sind in diesem Moment nicht ausschließlich von links nach rechts auf den Kläger einwirkende Kräfte entfaltet worden, sondern der Kläger ist von links vorne, das heißt durch gleichzeitig von vorne und von links einwirkende Kräfte gegen die Fahrertür geschleudert worden. Bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h des Fahrzeugs des Klägers und einer mindestens ebenso hohen Geschwindigkeit der gegnerischen Unfallfahrzeugs müssen insofern erhebliche Kräfte auf den Kläger und sein Fahrzeug eingewirkt haben, die dann auch dazu führten, dass das Fahrzeug des Klägers nach rechts in den Straßengraben gedrückt und aufgrund der Wucht der Aufpralls links hochgehoben wurde. Bei dem erneuten Aufprall auf die linken Räder sind dann wiederum nicht nur Kräfte von der Seite sondern jedenfalls auch von unten, nämlich durch den Aufprall auf den Boden wirksam geworden. Das bedeutet, dass auch bei diesem Aufprall nicht ausschließlich eine gerade Krafteinwirkung auf den Kläger stattgefunden haben kann wie Prof. Dr. R. angenommen hat. Dem entspricht es auch, dass der Kläger bei der Unfallschilderung gegenüber Prof. Dr. B. angegeben hat, mit dem Kopf gegen die Frontscheibe geprallt zu sein. Bei Zugrundelegung dieser Schilderung kann der Kläger zur Überzeugung des Senats nur im vorderen Bereich der Fahrertür mit der Schulter angestoßen sein, so dass er nicht nur zur Seite sondern auch nach links vorne geschleudert wurde. Das entspricht auch der ? von der Beklagten insofern nicht bestrittenen Schilderung ? des Klägers, dass sein Fahrzeug im Wassergraben vor einer Umzäunung zum Stehen gekommen ist. Das Fahrzeug ist nach dieser Schilderung nicht ausgerollt, sondern abrupt zum Stehen gekommen, so dass auch durch die abrupte Abbremsung eigene Kräfte von immerhin 70 km/h auf den Körper des Klägers eingewirkt haben. Eine Einwirkung im rechten Winkel auf die Schulter des Klägers ist nach dieser ? insofern von der Beklagten unangegriffenen ? Schilderung des Klägers ausgeschlossen, so dass der Senat sich den Schlussfolgerungen von Prof. Dr. R. nicht anschließen kann. Der Senat ist daher vielmehr davon überzeugt, dass die von Dr. I. aufgezeigte Unfallmechanik zutreffend ist und auf die linke Schulter des Klägers bei beiden Aufprallereignissen schräge Kräfte eingewirkt haben, die auch nach Auffassung des Beratungsarztes Dr. W. geeignet waren, zumindest den Abriss des Labrums und eine Abscherverletzung des vorderen unteren Pfannenrands zu verursachen.

Dem steht nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. I. auch nicht entgegen, dass Prof. Dr ... bei den ersten Untersuchungen am 01. und 02.09.2005 keine Luxation feststellen konnte, denn eine Luxation ist gerade nicht Voraussetzung für die beim Kläger vorliegende Instabilität des linken Schultergelenks.

Aus dem gleichen Grund steht auch der Sonographiebefund des H. L. vom 07.11.2005 der Annahme einer Instabilität nicht entgegen, denn H. L. hat in seinem H-Arzt-Bericht vom 07.11.2005 eine Luxation der Schulter nicht ausgeschlossen. Dass sich in der Sonographie eine Kapselverletzung hätte zeigen müssen, hat selbst Prof. Dr. R. nicht gefordert.

Die fehlende Feststellung einer Gelenkinstabilität durch Prof. Dr. Ba. am 01. und 02.09.2005 steht der Überzeugung des Senats ebenfalls nicht entgegen, dass der Kläger am 01.09.2005 eine Verletzung des Labrums und des vorderen unteren Pfannenrands erlitten hat. Wie Dr. I. überzeugend ausgeführt hat, ist eine traumatisch bedingte Instabilität in der akuten Phase schwer zu diagnostizieren, weil aufgrund der auftretenden Schmerzen und schmerzbedingten Schonhaltung entsprechende Tests nicht durchgeführt werden. Auf Röntgenbildern ist eine solche Verletzung nach den übereinstimmenden Ausführungen aller beteiligten Ärzte nicht zu erkennen. Schmerzen bei der Bewegung hat aber auch Prof. Dr. Ba. in seinem ersten Bericht mitgeteilt und diese zum Anlass genommen, den Arm bzw. die linke Schulter des Klägers in einem Gilchristverband für einige Tage ruhig zu stellen.

Die von Dr. W. mitgeteilte Überzeugung, dass er nunmehr davon überzeugt sei, dass eine Schulterverrenkung eingetreten sei, jedoch die Größe des vom Kläger beim Unfall am 01.09.2005 gefahrenen BMW 320i nicht geeignet sei, eine Schulterverrenkung zuzulassen, erschüttert die Überzeugung des Senats von einem geeigneten Unfallmechanismus nicht. Dr. W. erklärt in dieser Stellungnahme nicht, warum für eine Schulterverrenkung ein größeres Platzangebot notwendig ist als es in einem BMW zur Verfügung steht. Schon deshalb ist seine Annahme, dass zu einem anderen Zeitpunkt ein weiteres Ereignis mit Schulterversenkung eingetreten sein müsse, nicht verständlich. Darüber hinaus ist sein Verdacht, dass der Kläger bereits vor dem 01.09.2005 einen Unfall mit einer Verletzung der linken Schulter erlitten habe, durch nichts belegt. Insbesondere weist keiner der vorliegenden Arztberichte auf eine solche Annahme hin. Schließlich bedarf es nach den insofern überzeugenden Ausführungen von Dr. I. für die Verletzung des Labrum und der Gelenkkapsel nicht unbedingt der Schulterverrenkung.

Auch die von der Beklagten zitierten Ausführungen im Handbuch von Schönberger/Mehrtens/Valentin Arbeitsunfall und Berufskrankheit 7. Aufl. S. 462 ist nicht geeignet, die Überzeugung des Senats für die Eignung des vom Kläger geschilderten Unfalls für eine Abscherverletzung der linken Schulter zu erschüttern. Unabhängig davon, dass dieses Handbuch sich auf der von der Beklagten zitierten Seite nicht mit Unfallfolgen im Bereich des Schultergelenks verhält, werden auch dort (8. Aufl. S. 515) zwar als seltene aber vorkommende bei einem Unfall unmittelbar auf den Oberarm wirkende Kräfte als geeignet beschrieben eine Verletzung von Pfannenrand und Labrum zu verursachen.

Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem beim Unfall eingetretenen Erstschaden ?Abscherverletzung am linken Schultergelenk mit Verletzung des unteren Pfannenrands? und der nunmehr vorliegenden Instabilität des linken Schultergelenks mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und Minderbelastbarkeit des linken Schultergelenks ist hinreichend wahrscheinlich. Wie Dr. I. und Prof. Dr. We. in ihren jeweiligen Gutachten überzeugend ausführen, hat der Abriss des Labrums und die Verletzung des Pfannenrands zu einer Instabilität der linken Schulter ab (noch) 60° geführt. Den ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen beiden Schäden bestreitet die Beklagte ihrerseits nicht. Er wird bestätigt durch die von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen.

Die Instabilität des linken Schultergelenks hat nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. I. , die im Wesentlichen mit der Einschätzung des Prof. Dr. We. übereinstimmen in der Zeit vom 02.09.2005 bis 13.09.2005, vom 07.11.2005 bis 05.12.2005, vom 27.02.2006 bis 09.07.2006, 28.10.2006 bis 19.11.2006 und vom 21.12.2006 bis 02.03.2007 zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt. Alle diese Arbeitsunfähigkeitszeiten haben nach Auskunft der AOK gegenüber der Beklagten vom 09.05.2007 und gegenüber dem SG vom 07.05.2009 ihren Grund in der Instabilität des linken Schultergelenks des Klägers. Die Beklagte hat deshalb nach §§ 47, 52 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) unter Anrechnung der gezahlten Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers und unter Beachtung der Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X, 52 SGB VII für das erbrachte Krankengeld der AOK in diesem Zeitraum Verletztengeld zu gewähren. Bis einschließlich 25.11.2005 ist die Beklagte dieser Verpflichtung schon mit den angefochtenen Bescheiden nachgekommen. Für die übrigen Zeiten hat Senat den insofern unklaren Tenor im Urteil des Sozialgerichts vom 13.04.2011 klarstellend neu gefasst.

Für die Zeit ab 14.09.2005 steht dem Kläger nach §§ 56, 72 Abs. 1, 74 Abs. 2 SGB VII eine Rente nach einer MdE von 20 auf unbestimmte Zeit zu. Insbesondere kann dem Kläger die Rente nicht als vorläufige Entschädigung nach § 62 SGB VII gewährt werden, denn die ersten drei Jahre nach dem Unfallereignis sind bereits abgelaufen.

Für eine Änderung der MdE seit Dezember 2005 ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der Senat sieht sich durch das Vorbringen der Beklagten, seit der letzten Begutachtung seien bereits 3,75 Jahre vergangen, nicht gedrängt, erneut in Ermittlungen einzutreten, denn die Beklagte hat nichts vorgetragen, das darauf schließen ließe, dass sich der Zustand des Klägers zwischenzeitlich geändert haben könnte. Die die Beschwerden und die Höhe der MdE von 20 wesentlich bedingende Instabilität des Schultergelenks entspricht nicht einer Verletzung, für die üblicherweise durch Zeitablauf im Zusammenhang mit einem gewissen Trainingseffekt eine Besserung zu erwarten ist. Ein Hinweis auf eine erneute Operation des linken Schultergelenks zur Refixation eines eventuell erneut abgerissenen Labrums besteht nicht und wurde von der Beklagten auch nicht vorgetragen, obwohl dafür aufgrund der Gutachten von Prof. Dr. We. und Dr. I. durchaus Anlass bestanden hätte.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved