L 8 SB 5083/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 3238/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5083/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die rückwirkende Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.

Die Klägerin ist 1948 geboren und beantragte erstmals am 15.04.2008 die Feststellung ihres GdB ab 16.11.2000, um Altersrente ohne Abschläge beziehen zu können. Dazu führte sie aus, sie haben vor ca. 20 Jahren einen Reitunfall mit Lendenwirbelbruch, ca. 1999 einen Skiunfall mit Bruch der rechten Schulter und weiterhin einen Treppensturz mit Bruch der linken Schulter erlitten. Dazu legte sie zahlreiche Arztunterlagen ab 1980 vor.

Im Juni 1986 erlebte die Klägerin eine Lungenentzündung, die ausheilte (Arztbriefe Internisten Dr. Ni./Dr. P. v. 30.08.1986 und 06.09.1986). 1988 wurden Hämorrhoiden Grad II und eine Analfissur mit abgehendem Blut festgestellt, die schließlich mehrfach operativ ausgeräumt wurden (Berichte Kreiskrankenhaus H. , 09.12.1988, 21.03.1991, 25.04.1991, 22.05.1991, 11.01.1993, 16.02.1993, 17.08.1993). Die Klägerin hatte seit 1986 (Arztbrief Dr. Ni./Dr. P. vom 02.09.1986) Beschwerden in der Wirbelsäule, 1990 wurde ein chronisches Cervikal-, Thorakal-, Lumbal-, Wurzelreizsyndrom, eine schwere Hyperlordose, Rund-rückenbildung, eine schwere Migräne gräncervikal, multiple Wirbelfrakturen, eine Varikosis und eine Coxa valga diagnostiziert (Arztbrief Dr. Wa. , Orthopäde, 20.07.1990). 1991 wurde eine leichtgradige Osteoporose festgestellt (Arztbrief Radiologe Dr. Schw. vom 05.07.1991). 1991 trat ein Bandscheibenvorfall im Bereich L4/5 ein (Arztbrief Dr. D. , Radiologe, 12.11.1991). 1993 war das Halswirbelsäulen- (HWS-) Syndrom ausgeheilt (Arztbrief Dr. Kä. , 03.11.1993). Im Jahr 1995 äußerte der Internist Dr. Kü. den Verdacht auf ein hyperreagibles Bronchialsystem bei Hyperventilationstetanie und Mitralklappenprolaps (Arztbrief vom 04.08.1995).

1999 kam es zu einer Fraktur des Humeruskopfes rechts mit Absprengung des Tuberculum majus ohne wesentliche Dislokation mit verbleibender Bewegungseinschränkung ohne Rotatorenmanschettenruptur (Berichte Kreiskliniken Z. , Chirurgische Abteilung, 05.02.1999, 26.03.1999, 22.06.1999, 16.07.1999). Im Jahr 2004 erlitt die Klägerin eine subkapitale Humeruskopffraktur mit Abriss des Tuberculum majus links (Bericht H. G. , Arzt für Chirurgie, 23.03.2004).

Der Beklagte befragte den behandelnden praktischen Arzt Dr. De. , der unter dem 24.02.2008 mitteilte, dass die Klägerin ihn zuletzt 2005 wegen Rückenschmerzen aufgesucht habe.

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (S. K., 08.02.2008) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 27.02.2008 einen GdB von 20 ab 16.11.2000 fest. Dabei berücksichtigte er eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom und eine Funktionsstörung durch Fußfehlform.

Dagegen erhob die Klägerin am 26.03.2008 Widerspruch, den der Beklagte zum Anlass nahm, den Chirurgen Dr. Scha. um einen Befundbericht zu bitten. Er teilte am 13.06.2008 mit, er habe die Klägerin nur wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden, nicht aber wegen Funktionsbeeinträchtigungen der Schulter- und Fußgelenke behandelt. Es fänden sich wiederkehrend Blockierungen im Bereich der HWS und des rechten Ileosakralgelenks. Bei der erstmaligen Behandlung im Jahr 2003 hätten die Blockierungen nach drei chirotherapeutischen Behandlungen gelöst werden können. Im Mai 2008 habe die Klägerin sich wegen derselben Beschwerden erneut vorgestellt. Zusätzlich habe sie über Beschwerden im linken Handgelenk mit Bewegungsschmerz geklagt.

Nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (K., 21.07.2008) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2008 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 11.09.2008 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), zu deren Begründung sie geltend machte, dass die Beschwerden in der Wirbelsäule, insbesondere dem Ileosakralgelenk und der HWS, massiv seien. Auch die Folgen der beiden Unfälle mit Schäden an den Schultern seien nicht hinreichend berücksichtigt. Außerdem habe sie eine schmerzhafte Arthrose im Bereich des linken Mittelhandknochens mit Ausstrahlung in die Finger. Das rechte Knie sei seit längerem bei Belastung angeschwollen. Insofern habe sie aber keinen Arzt aufgesucht. Schließlich leide sie an Belastungsasthma, sie müsse bei plötzlich bei Belastung auftretenden Anfällen ein Spray nehmen, weil die Anfälle im Extremfall zu Schwindel und Bewusstlosigkeit führten.

Sie legte u. a. den Arztbrief des Chirurgen Dr. Bl. vom 12.12.2008 vor, der eine leichte Heberdenarthrose, aber keine Bouchardarthrose an allen Endgelenken beider Hände feststellte. Es bestehe eine Bewegungseinschränkung mit einer Streckhemmung bis 5°. Die Daumensattelgelenke seien druckschmerzhaft verdickt, die Beweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt. Das rechte Handgelenk sei unauffällig bei freier Funktion. Das linke Handgelenk sei minimal deformiert. Die Funktion der beiden Schultern sei minimal eingeschränkt (Dorsal-/Ventralflexion 40/0/130° rechts bzw. 150° links, Abduktion 130° rechts, 150° links, Innen-/Außenrotation 90/0/30° rechts und 40° links). Die Rotation der HWS sei eingeschränkt (40/0/40°), die Beweglichkeit der Wirbelsäule im Übrigen bei einem Zeichen nach Ott mit 30/30 cm und Schober 10/12 cm ebenfalls. Die Seitwärtsbewegung der LWS sei deutlich eingeschränkt, die distale LWS bewege sich dabei nicht mit. Die Beweglichkeit der Hüften sei frei, das rechte Kniegelenk sei bis 0/0/130° beweglich, das linke frei beweglich, ein Gelenkserguss bestehe nicht. Es bestünden eine Epicondylitis radialis humeri links sowie Senk-Spreizfüße beidseits. Am 31.12.2008 berichtete Dr. Bl. unter Bezugnahme auf zwei Briefe des Radiologen Dr. Schw. vom 23.12.2008, dass keine Osteoporose der Lendenwirbelsäule, aber eine Chondromalazie des rechten Kniegelenks gefunden worden sei. In der rechten Schulter laufe es auf eine Prothese hinaus. Das linke Handgelenk habe er unter der Diagnose einer Arthritis ruhiggestellt. Der GdB betrage 60.

Das SG befragte Dr. De. , Dr. Bl. und Dr. Scha. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Scha. teilte unter dem 24.11.2008 mit, die Klägerin sei im Januar und Februar 2003 viermal und im Mai und Juni 2008 sechsmal bei ihm in Behandlung gewesen. 2003 hätten Blockierungen der HWS (C2, C3, C5) und des Ileosakralgelenks vorgelegen. Die Röntgenaufnahmen der HWS hätten eine Steilstellung und Randzackenbildung ergeben. In der LWS liege ebenfalls eine Steilstellung, Randzackenbildung sowie eine Deckplattenimpression L3 bei stehender Vorder- und Hinterkante. Im Jahr 2008 habe die Klägerin ständige Beschwerden in der HWS (Blockierung C2, C3, C5) und LWS geklagt, sie habe jetzt auch Schmerzen in beiden Schultern und beiden Handgelenken. Die Schulterbeweglichkeit sei massiv eingeschränkt.

Dr. Bl. teilte am 11.02.2009 seine Befunde aus den Arztbriefen vom 12.12.2008 und 31.12.2008 mit. Die Arthritis im linken Handgelenk bedingten einen GdB von 10, die Einschränkungen in beiden Schultern einen solchen von 40, die Wirbelsäulenbeschwerden von 30 und die Beschwerden in den Kniegelenken und Füßen einen solchen von 10. Daraus ergebe sich ein GesamtGdB von 60.

Dr. De. gab am 10.03.2009 (Eingang beim SG) an, die Klägerin werde seit zwei Jahren wegen einer Autoimmunthyreoditis mit daraus resultierender Hypothyreose und Hyperlipidämie substituiert, woraus keine Funktionseinschränkung resultiere. Immer wieder, aber nicht konstant, habe sie über Rücken- und Kniegelenkschmerzen geklagt. Eine rheumatoide Arthritis habe ausgeschlossen werden können. Der Spiegel der Schilddrüsenhormone sei durch die Substitution im Normbereich.

Der Beklagte legte eine ärztliche Stellungnahme des Versorgungsarztes Dep. vom 26.06.2009 vor.

Das SG holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. Schm. vom 04.11.2009 ein. Bei der Untersuchung fiel eine Ausweichbewegung im Bereich der Schulter beim Entkleiden auf. Die Drehbewegung der HWS sei in beide Richtungen mäßig eingeschränkt, ebenso die Seitneigung. Es bestünden deutliche Muskelverhärtungen. Der Finger-Boden-Abstand betrage 17cm. Die Seitneigung der LWS im Sitzen und die Drehbewegung seien vermindert möglich, hier bestünden Bewegungsschmerzen. Es bestünden Einschränkungen bei den Wirbelsäulenindices im thorako-lumbalen Bereich. Die Hüfteinbeugung sei vermindert möglich. Schürzen- und Nackengriff könne die Klägerin demonstrieren. Die Beweglichkeit der linken Schulter sei im Vergleich zu rechts vermindert möglich. Es bestünden Druckschmerzen in der rechten Schulter, beide Schultergelenke seien stabil. Die Bewegung des linken Handgelenks sei frei, die Klägerin gebe dabei Schmerzen an. Eine Einschränkung der Griffformen liege nicht vor. Die Kniegelenke seien frei beweglich, Schmerzen würden bei der Untersuchung am 24.09.2009 nicht beklagt. Aus den Röntgenbildern der HWS sei ein deutliches Fortschreiten degenerativer Veränderungen seit 1991 erkennbar. Wiederkehrende Wirbelsäulensyndrome erklärten sich daraus. Es lägen mittelgradige funktionelle Einschränkungen in diesem Wirbelsäulenabschnitt vor. In der LWS bestünden leichte funktionelle Auswirkungen ohne radikuläre Reizzeichen. An der rechten Schulter liege der eindeutige klinische Befund einer Engpasssymptomatik vor. An der linken Schulter bestehe eine leichte Bewegungseinschränkung, am linken Handgelenk eine schmerzhafte Bewegungsbeeinträchtigung. Im Bereich der unteren Extremitäten bestünden keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen. Auffällig sei eine leichte Umfangsverminderung des linken Beins im Vergleich zu rechts. Die Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks sei im Vergleich leicht eingeschränkt. Die Funktionsstörungen der Arme einschließlich der Beschwerden im Handgelenk seien mit einem GdB von 20 zu bewerten. Die Wirbelsäulenbeschwerden bedingten einen GdB von 30 unter Berücksichtigung der Messwerte für die LWS. Die Funktionsbeeinträchtigung der Hände bedinge einen GdB von 10. Die medikamentös therapierte Hypothyreose führe nicht zu einem relevanten GdB. Der Gesamt-GdB sei mit 40 ab 24.09.2009 zu bewerten. Für die zurückliegende Zeit lägen keine hinreichenden Befunde vor. Ab dem 16.11.2000 könne ein GdB von 30 angenommen werden.

Die Klägerin legte eine Stellungnahme von Dr. Bl. vom 13.12.2009 vor, der die Auffassung vertrat, dass für die Schultern ein GdB von 20 je Schulter, insgesamt also 40 zu berücksichtigen sei. Zwar seien die Funktionsbeschreibungen von Dr. Schm. richtig, es müsse aber eine Gebrauchsbegutachtung durchgeführt werden. In der rechten Schulter sei vor allem die Ausdauer infolge der Humeruskopffraktur stark eingeschränkt.

Der Beklagte bot einen Vergleich unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. Br. vom 23.03.2010 über einen GdB von 30 ab 16.11.2000 und 40 ab 24.09.2009 an, den die Klägerin nicht annahm. Daraufhin erklärte der Beklagte das Vergleichsangebot als Teilanerkenntnis (Schriftsatz vom 04.05.2010), das die Klägerin zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits annahm (Schriftsatz vom 31.05.2010).

Mit Urteil vom 28.07.2010 wies das SG die darüber hinausgehende Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerden in der Wirbelsäule seien mit einem GdB von 30 zu bewerten, diejenigen in den Schultern mit 20, in den Händen mit 10. Eine Funktionsbeeinträchtigung der Lunge könne nicht mit einem GdB berücksichtigt werden, weil 1995 lediglich der Verdacht auf ein hyperreagibles Bronchialsystem geäußert worden sei. In der Zeugenaussage von Dr. De. fänden sich keine Hinweise auf eine diesbezügliche Funktionsstörung. Die Hypothyreose werde erfolgreich therapiert. Es bleibe deshalb bei der GdB-Bewertung entsprechend dem Teilanerkenntnis des Beklagten.

Gegen das ihr am 15.10.2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.11.2010 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ausgeführt hat, dass das SG zu Unrecht die Beschwerden in den Handgelenken und Kniegelenken nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt habe. Auch die Beeinträchtigung in den Schultergelenken sei nicht ausreichend berücksichtigt.

Sie hat einen Bericht des Chirurgen Dr. F. vom 17.05.2011 vorgelegt, der eine Zervikobrachialgie bei Osteochondrose der unteren HWS und eine Rizarthrose beidseits diagnostiziert hat. Die HWS-Beweglichkeit sei konzentrisch endgradig eingeschränkt, die Schultergelenke seien frei beweglich ohne Impingementsymptomatik.

Sie hat weiterhin eine Bescheinigung von Dr. Da. vom 14.10.2011 über einen Kuraufenthalt in A. Therme vorgelegt. Er hat weiterhin eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS mitgeteilt. Die Beschwerden hätten während der Kur nicht befriedigend gelindert werden können.

Schließlich hat sie einen Bericht des Z. Klinikums B. vom 31.01.2012 vorgelegt, nach dem sie eine distale Radiusfraktur rechts erlitten hat, der im Rahmen eines dreitägigen stationären Aufenthalts operativ versorgt worden ist.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.07.2010 und den Bescheid vom 27.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2008 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 04.05.2010 werden abgeändert und der Beklagte verurteilt, ab 16.11.2000 einen GdB von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der nunmehr festgestellte Drehschwindel und der schnellende Finger bedingten keinen eigenen GdB.

Der Senat hat erneut den praktischen Arzt Dr. De. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat unter dem 15.01.2011 angegeben, die Klägerin habe sich im November 2008 mit Schwindel bei Rechtsdrehung und Extension des Kopfes vorgestellt. Es habe sich eine Einengung der Vertebralarterie und eine mittelgradige Einengung der Arteria carotis communis am Abgang gezeigt. Der Befund erkläre den beklagten Schwindel. Seit Sommer 2010 bestehe ein schnellender 3. Finger links. Dazu hat er einen Arztbrief des Radiologen Dr. C. vom 07.06.2010 über eine MR Angiographie der Hals-Arterien und u. a. einen Arztbrief von Dr. Bl. vom 17.05.2010 vorgelegt. Bei letzterem hat sich die Klägerin wegen des Schwindels in der Annahme vorgestellt, dass er von der HWS komme. Dr. Bl. hat eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke (Dorsal-/Ventralflexion 40/0/100°, Abduktion 100°, Innen-/Außenrotation 70/0/20°) und der HWS (Rotation 50/0/40°) festgestellt.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, Dr. De. behandele sie mit Medikamenten und Spritzen, man bekomme die Schwindelsymptomatik jedoch nicht in den Griff.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Reutlingen und die beim Senat angefallene Akte.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Senat konnte über den sinngemäßen gefassten Berufungsantrag der Klägerin durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 ab 16.11.2000 und als 40 ab 24.09.2009 zu. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1). In den davor liegenden Zeiträumen fanden die AHP Ausgabe 2004 bzw. 1996 Anwendung.

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).

Nach diesen Kriterien ist der GdB bei der Klägerin für die Zeit vom 16.11.2000 bis 23.09.2009 mit 30, danach mit 40 ausreichend bewertet. Bei der Klägerin liegen Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Schultern, Handgelenke, Knie, durch einen Drehschwindel und Atemnot bei Belastung vor.

Die Beschwerden in der Wirbelsäule sind mit einem GdB von 30 hinreichend berücksichtigt. Nach Nr. 18.9 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP unverändert seit 1996 entspricht, werden Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem GdB von 0 bewertet, bei geringen funktionellen Auswirkungen besteht ein GdB von 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt wird ein GdB von 20 festgestellt, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradigen bis schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Mittelgradige Auswirkungen sind dabei Verformung, häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Bei der Klägerin liegen Beschwerden in allen drei Wirbelsäulenabschnitten, vornehmlich allerdings in der HWS und LWS vor. In der HWS ist die Vor- und Rückneigefähigkeit nach den Befunden sowohl von Dr. Schm. als auch von den behandelnden Orthopäden und Chirurgen nicht eingeschränkt. Die Rotationsfähigkeit zeigt beidseits eine Einschränkung um ca. 15 bis 20°, die Seitneigung ist um 25° gegenüber dem Normalwert eingeschränkt. Es kommt seit den 90er Jahren wiederholt zu HWS-Syndromen, die nach Dr. Schm. gut nachvollziehbar als Folge der degenerativen Veränderungen in der HWS erklärt werden können. In der LWS ist die Seitneigung um ca. 15° in beide Richtungen, die Drehfähigkeit um 20 bis 30° gegenüber den Normwerten eingeschränkt. Die Klägerin erreichte bei der Untersuchung durch Dr. Schm. - und das entspricht im Wesentlichen auch den von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden - einen Finger-Boden-Abstand von 17 cm, der nicht für eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung der LWS spricht. Die Entfaltbarkeit der LWS ist um 2 cm (Zeichen nach Schober) eingeschränkt. Daraus ergeben sich – wie Dr. Schm. im Ergebnis in Übereinstimmung mit Dr. Bl. überzeugend ausgeführt hat – mittelgradige Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der HWS, und leicht- bis mittelgradige Auswirkungen in einem weiteren Wirbelsäulenabschnitt. Die Beschwerden sind mit einem GdB von 30 hinreichend berücksichtigt. Diese Beschwerden bestanden schon in den 90er Jahren und sind seitdem immer wieder aufgetreten, so dass ein GdB von 30 hier bereits seit 16.11.2000 gerechtfertigt ist.

Die Beschwerden im Bereich der Schultern sind für die Zeit vom 16.11.2000 bis 24.09.2009 mit einem GdB von 10, danach mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet. Nach Nr. 18.13 Teil V VG, der der seit 1996 unveränderten Nr. 26.18 AHP entspricht, bedingt eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit einer Einschränkung der Armhebung auf 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10, bei eine Einschränkung auf 90° einen GdB von 20, bei beidseitiger Einschränkung ist gegebenenfalls ein höherer GdB festzusetzen.

Die Klägerin hat im Bereich der Schultern zwei Unfälle erlitten. 1999 kam es zu einer Fraktur des Humeruskopfes rechts mit der nach den Befunden von Dr. Schm. verbliebenen Bewegungseinschränkung auf 120° mit Engpasssymptomatik. Dr. F. bezeichnet die Schultergelenksbeweglichkeit als frei. Höhergradige Bewegungseinschränkungen für die rechte Schulter ergeben sich aus den vorliegenden Arztunterlagen, insbesondere den Befunden von Dr. Bl. nicht. Die Klägerin hat Dr. Bl. darüber hinaus erst im Jahr 2008 erstmalig aufgesucht, so dass die von ihm dargelegte eingeschränkte Ausdauerfähigkeit der rechten Schulter für die davor liegenden Jahre nicht belegbar ist. Die bis 23.09.2009 belegte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter führt zur Bewertung mit einem GdB von höchstens 10 ab 16.11.2000.

Der Unfall betreffend die linke Schulter ist 2004 eingetreten. Die Klägerin wurde zunächst stationär behandelt, danach suchte sie bis 2008 keinen Arzt wegen ihrer Schulterbeschwerden mehr auf. Bei Dr. De. wurde sie nur wegen der Rückenschmerzen vorstellig. Dr. Scha. bekundete zwar eine massive Einschränkung Schultergelenksbeweglichkeit, machte aber insofern keine näheren Angaben betreffend Funktionsparametern. Bei der ersten Untersuchung durch Dr. Bl. im Dezember 2008 war die rechte Schulter etwas geringer als links beweglich, an beiden Schultern gelang eine Bewegung von deutlich mehr als 120°, die Seitwärtsbeweglichkeit war mit 140 bzw. 150° fast im Normbereich. Bei der Untersuchung durch Dr. Schm. am 24.09.2009 konnte die rechte Schulter vorwärts bis 135°, die linke bis 145° gehoben werden. Bei der Seitwärtsbeweglichkeit war die linke Schulter auf 90° eingeschränkt, die rechte Schulter auf 120°. Dr. F. bezeichnete die Schultergelenksbeweglichkeit im Jahr 2011 als frei. Aus diesen Befunden ergibt sich frühestens ab der Untersuchung durch Dr. Schm. eine relevante Funktionsbeeinträchtigung auch der linken Schulter. Ein höherer GdB als 20 ist in Anbetracht der Befunde von Dr. F. und Dr. Schm. nicht gerechtfertigt. Sofern Dr. Bl. insofern die fehlende Ausdauerfähigkeit der Schultern anführt, führt das zu keiner anderen Bewertung. Diese Einschränkung ist in der pauschalisierten Beschwerdebeschreibung nach dem verbliebenen Bewegungsmaß bereits in dem Wert von 20 berücksichtigt. Eine höhere Bewertung als 20 ab 24.09.2009 ergibt sich nicht, denn weder Dr. Bl. noch ein anderer Arzt haben mitgeteilt, dass die durch die Bewegungseinschränkung indizierte übliche Belastungseinschränkung deutlich überschritten wird.

Bei der Klägerin liegt weiterhin eine Arthrose im Bereich der Handgelenke vor, die einen GdB von höchstens 10 ab Mai 2008 bedingen. Diese Beschwerden wurden erstmals im Mai 2008 von Dr. Scha. beschrieben. Nach Nr. 18.13 Teil VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP 2008 entspricht, werden Bewegungseinschränkungen des Handgelenks geringen Grades (z.B. eine Streckung/Beugung bis 30/0/40) mit einem GdB von 0 bis 10 bewertet, weitergehende Einschränkungen rechtfertigen einen höheren GdB. Bei der Untersuchung durch Dr. Schm. waren die Handgelenke frei beweglich, Dr. Scha. und Dr. Bl. konnte nur eine Einschränkung der Streckbarkeit um 5° mitteilen. Die verschiedenen Grifffunktionen der Hände sind möglich. Die Arthrose drückt sich insofern im Wesentlichen durch Schmerzen aus, die im Jahr 2008 zu einer vorübergehenden Ruhigstellung des Handgelenks geführt haben. Höhergradige Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht aufgetreten. Der im Jahr 2010 aufgetretene schnellende Finger bedingt keine Erhöhung des GdB, denn weder Dr. De. noch die Klägerin selbst haben hierzu besondere Funktionsbeeinträchtigungen der Hand oder des Fingers mitgeteilt. Ein höherer GdB als 10 ist insofern nicht gerechtfertigt.

Die Beschwerden im Bereich der Knie, der Füße, durch die Folgen des Radiusbruchs im Januar 2012, durch die belastungsbedingte Atemnot, die Autoimmunthyreoditis und den Drehschwindel bedingen keinen GdB von mindestens 10.

Im Bereich der Knie klagte die Klägerin in der Vergangenheit immer wieder über Schmerzen, gelegentlich auch über ein Anschwellen des rechten Knies bei Belastung. In allen Untersuchungen wies das Knie eine weitgehend freie Beweglichkeit auf. Ein Erguss in den Knien konnte keiner der behandelnden oder begutachtenden Ärzte feststellen. Reizerscheinungen bei der festgestellten Chondromalazie sind nicht festgestellt worden. Ein GdB resultiert daraus nach Nr. 18.14 Teil B VG, 26.18 AHP, 1996, 2004 und 2008 nicht. Der Senk-Spreizfuß bedingt nach Nr. 18.14 Teil B VG, 26.18 AHP keinen eigenen GdB, denn statische Auswirkungen konnten weder Dr. Schm. noch die behandelnden Ärzte feststellen.

Die Folgen des Radiusbruchs sind nicht mit einem gesonderten GdB zu berücksichtigen. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, das darauf schließen ließe, dass von diesem im Januar 2012 eingetretenen Ereignis bleibende, d.h. mehr als sechs Monate anhaltende Folgen verblieben sind, die zu Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Nr. 18.13 Teil B VG geführt haben. Darauf lässt auch der vorgelegte Entlassungsbericht des Z. Klinikums vom 31.01.2012 nicht schließen. Der Senat sah sich insofern mangels weitergehender Hinweise auf Funktionsstörungen nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt.

Der Drehschwindel, der erstmals 2010 aufgetreten ist, bedingt keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 5.3 Teil B VG werden Gleichgewichtsstörungen ohne wesentliche Folgen, d.h. bei Beschwerdefreiheit, allenfalls Gefühl der Unsicherheit bei alltäglichen Belastungen, leichte Unsicherheit, geringen Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen und keinen nennenswerten Abweichungen bei Geh- und Stehversuchen, mit einem GdB von 0 bis 10 bewertet. Bei leichten Folgen, d.h. bei leichter Unsicherheit, geringen Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallschritte bei täglichen Belastungen wird ein GdB von 20 angenommen. Bei der Klägerin besteht ein Drehschwindel bei bestimmten Kopfbewegungen. Dr. Dre. hat weder ein Gefühl der Unsicherheit bei alltäglichen Belastungen noch Einschränkungen in Geh- und Stehversuchen geschildert. Letztere waren vielmehr bei der Untersuchung durch Dr. Schm. unauffällig möglich. Ein GdB von wenigstens 10 kann daraus nicht abgeleitet werden.

Auch die von der Klägerin angegeben Beschwerden durch ein Bronchialasthma bedingen keinen GdB von mindestens 10. Nach Nr. 8.5 Teil B VG, 26.8 AHP wird ein Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion bei seltenen und/oder leichten Anfällen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Eine Hyperreagibilität mit häufigen (mehrmals pro Monat) und/oder schweren Anfällen wird mit einem GdB von 30 bis 40 berücksichtigt. Die Klägerin hat bisher im Jahr 1995 einen behandlungsbedürftigen Atemnotanfall erlitten, der den Verdacht auf ein hyperreagibles Bronchialsystem begründet hat. Dieser Verdacht ist seitdem nicht bestätigt worden, selbst ihr Hausarzt Dr. De. hat sie trotz wiederholter Nachfrage sowohl des Beklagten als auch des SG und des Senats noch nie deshalb behandelt. Die Klägerin selbst schildert nur mögliche Anfälle bei Aufregung, konkrete Ereignisse hat sie nicht vorgetragen und sind mit Ausnahme desjenigen im Jahr 1995 auch nicht ersichtlich. Es ist insofern weder ein Hyperreagibilität nachgewiesen, noch ergeben sich Hinweise auf mehr als sehr seltene Anfälle. Ein GdB von wenigstens 10 ergibt sich daraus nicht.

Die eingeschränkte Schilddrüsenfunktion ist durch Medikamente erfolgreich behandelt. Nach 15.6 Teil B VG ist ein GdB insofern nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerden von Seiten der Hämorrhoiden und die in den 90er Jahren diagnostizierte Migräne waren nach den vorliegenden Arztunterlagen bereits vor dem 16.11.2000 ausgeheilt und können deshalb im hier streitigen Zeitraum nicht mit einem eigenen GdB berücksichtigt werden.

Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).

Bei der Klägerin lagen bis 24.09.2009 Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der rechten Schulter und ab Mai 2008 des linken Handgelenks vor, die mit einem GdB von 30, 10 und 10 zu bewerten sind. Insbesondere die Beschwerden von Seiten der rechten Schulter und der Wirbelsäule wirken sich nicht derart verstärkend aus, dass hier ausnahmsweise eine Erhöhung um 10 auf 40 oder sogar 50 in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Arthrose des linken Handgelenks.

Nach dem 24.09.2009 sind Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule mit einem GdB von 30, beider Schultergelenke mit einem GdB von 20, der Handgelenke mit einem GdB von 10 objektivierbar. Unter der Annahme, dass die Funktionseinschränkung der Schultergelenke sich erhöhend auf die Beschwerden in der Wirbelsäule auswirken, die in der HWS am stärksten ausgeprägt sind, ist ein höherer GesamtGdB als 40 im Hinblick auf die nur schwach ausgeprägten Bewegungseinschränkungen in den Schultern jedenfalls nicht gerechtfertigt.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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