Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 AS 90374/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 18/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten für den Zeitraum von Oktober 2005 bis Februar 2006.
Der im Jahr 1985 geborene Kläger beantragte nach Beendigung seiner Schulausbildung am 24. März 2005 bei dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er gab an, mietfrei bei seinen Eltern zu wohnen. Mit Bescheid vom 11. Mai 2005 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. August 2005 monatliche Leistungen iHv 207 EUR. Auf die Regelleistung iHv 331 EUR rechnete er das um die Versicherungspauschale iHv 30 EUR bereinigte Kindergeld iHv 154 EUR an. Auf den Fortzahlungsantrag vom 14. Juli 2005, in dem der Kläger erklärte, es hätten sich keine Änderungen ergeben, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 2005 für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 wieder monatliche Leistungen iHv 207 EUR.
Auf ein Einladungsschreiben des Beklagten vom 23. September 2005 zur Vorsprache am 30. September 2005 teilte der Kläger unter dem 26. September 2005 schriftlich mit, er werde der Aufforderung nicht nachkommen, da er am 1. Oktober 2005 ein Studium an der O.-v.-G.-Universität in M. aufnehme. Er sei an der Vermittlung von Stellenangeboten nicht mehr interessiert. Über diese Antwort fertigte der Beklagte am 30. September 2005 einen Vermerk in seinem Datenverarbeitungssystem. Die bewilligten Leistungen wurden in der Folgezeit weitergezahlt.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2006 hörte der Beklagte den Kläger gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) an. Er habe in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 SGB II-Leistungen iHv 1.035 EUR zu Unrecht bezogen. Denn er habe am 1. Oktober 2005 ein Studium begonnen. Daher errechne sich kein Leistungsanspruch mehr. Nach den vorliegenden Unterlagen habe er die Überzahlung verursacht. Über seine Pflichten als Leistungsempfänger sowie über die Tatbestände, unter denen die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen, sei er durch das "Merkblatt für Arbeitsuchende" unterrichtet worden.
Dazu führte der Kläger unter dem 12. Februar 2006 aus, er habe sich im September 2005 ordnungsgemäß bei dem Beklagten wegen des Studienbeginns abgemeldet. Gleichwohl seien Leistungen auf sein Konto überwiesen worden. Er habe sich dann auch telefonisch beim Beklagten gemeldet. Eine Vorsprache sei ihm nicht möglich gewesen, da er sich unter der Woche in M. aufhalte. Es sei ihm bestätigt worden, dass er ab Oktober 2005 als Student im Computer gemeldet sei. So sei es jeden Monat gegangen. Im Januar 2006 habe er persönlich vorgesprochen. Wieder sei ihm bestätigt worden, dass er seit Oktober 2005 als Student gespeichert sei. Der Beklagte habe vergessen, die Änderung an die Kasse weiter zu geben. Dies sei nicht sein Fehler.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hob der Beklagte seine Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 ganz iHv monatlich 207 EUR auf. Er stützte die Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Grund sei die Aufnahme eines Studiums. Zahlungen seien an die Kasse der Regionaldirektion H. zu leisten.
Dagegen legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2006 Widerspruch ein. Ihm seien Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Bescheid sei rechtswidrig.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2006 wiederholte der Beklagte seine Anhörung zur Aufhebung für den vorgenannten Zeitraum. Aufgrund der Aufnahme des Studiums bestehe kein SGB II-Leistungsanspruch mehr. Der Kläger habe zwar rechtzeitig die geänderten Verhältnisse angegeben. Es sei weiterhin Geld in der bewilligten Höhe überwiesen worden. Er habe dies beim Beklagten gemeldet und gewusst, dass ihm Leistungen ab Studienbeginn nicht mehr zustanden. Er hätte auch erkennen können, dass seitens des Beklagten die Änderung nicht umgesetzt worden sei, denn er habe keinen Aufhebungsbescheid erhalten. Bei Lektüre des Merkblattes sei dem Kläger bewusst gewesen, dass ihm als Student keine Leistungen mehr zustehen. Die Leistungen seien für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X aufzuheben und zu erstatten.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2006 führte der anwaltlich vertretene Kläger aus, es treffe nicht zu, dass er keinen Aufhebungsbescheid erhalten habe. Die Aufhebung sei mit Bescheid vom 28. Februar 2006 erfolgt, der mit Widerspruch angegriffen worden sei. Da er rechtzeitig alle Angaben wahrheitsgemäß gemacht habe, bestehe kein Rückforderungsanspruch. Er habe die Leistungen im guten Glauben verbraucht. Da er alle Mitwirkungshandlungen erbracht habe, habe er darauf vertrauen können, dass ihm die Leistungen auch zustehen.
Mit "Änderungsbescheid zum Aufhebungsbescheid vom 28.02.2006", der unter dem 30. Oktober 2006 ausgefertigt und am 1. November 2006 versandt wurde, hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 ganz iHv je 207 EUR auf und forderte den Kläger zur Erstattung gemäß § 50 SGB X iHv 1.035 EUR auf. Er habe gewusst, dass ihm Leistungen ab Studienbeginn nicht mehr zustanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006, der am 3. November 2006 zuging, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach Aufnahme des Studiums sei gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II die Leistungsberechtigung entfallen. Denn Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sei, seien von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Das Studium des Klägers sei nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sei die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, weil er gewusst habe, dass er mit Aufnahme des Studiums keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. Er selbst habe sich aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Aufgrund seiner Nachfragen sei deutlich, dass ihm bewusst gewesen sei, dass er unrechtmäßig weiterhin Geldleistungen erhielt. Er habe dann im Januar 2006 persönlich vorgesprochen, um die Angelegenheit zu klären. Bei dieser Sachlage hätte er die Leistungen nicht verbrauchen dürfen. Er könne sich nicht darauf berufen, dass die Überzahlung nicht sein Fehler gewesen sei. Die erbrachten Leistungen seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X in voller Höhe zu erstatten.
Am 4. Dezember 2006, einem Montag, hat der Kläger beim Sozialgericht Stenal (SG) Klage erhoben. Er berufe sich auf Vertrauensschutz, da der Beklagte die Leistungen trotz Anzeige der Aufnahme des Studiums weiter gezahlt habe. Er habe die Leistungen verbraucht. Er habe die Fehlerhaftigkeit der Leistungsgewährung nicht erkennen können, denn er habe auf die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung vertraut. Er habe mit seinen Nachfragen eine Klärung erreichen wollen, ob die weiteren Zahlungen ihre Richtigkeit hätten. Er habe auf das Behaltendürfen der Leistungen vertrauen können. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Rückforderung. Außerdem sei der Bescheid vom 30. Oktober 2006 nach Ablauf der Jahresfrist ab Kenntnis der Studiumsaufnahme ergangen.
Im Termin der mündlichen Verhandlung beim SG am 14. April 2008 hat der Kläger erklärt, nach Erhalt weiterer Leistungen habe er telefonisch nachgefragt. Ihm sei vom Beklagten gesagt worden, dass er bereits als Student vermerkt sei. Da er dann weiterhin Leistungen erhalten habe, habe sich gedacht, er könne das Geld auch ausgeben. Für das Studium seien ihm rückwirkend ab Oktober 2005 auch Leistungen nach dem BAföG bewilligt worden. Den Bewilligungsbescheid hat er vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Leistungsaufhebung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X, denn mit Aufnahme des Studiums sei der Leistungsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entfallen. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er erkannt habe, dass er ab Oktober 2005 keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. Die ergebe sich insbesondere aus seiner zeitnahen Stellungnahme vom 12. Februar 2006, in der er mitgeteilt habe, dass er sich ordnungsgemäß abgemeldet habe. "Trotzdem" seien weiterhin Leistungen gezahlt worden, was nicht sein Fehler gewesen sei. Er habe gewusst, dass sich die Studienaufnahme auf den Leistungsanspruch auswirke, denn anderenfalls sei nicht zu erklären, weshalb er mehrfach beim Beklagten nachgefragt habe. Daher seien seine Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar. Die Erstattungsentscheidung im Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 sei nicht Gegenstand der Klage. Sie sei nicht zu überprüfen, da sie nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 SGG geworden sei. Sie habe die ursprüngliche Aufhebungsentscheidung nicht abgeändert. Sie wäre aber rechtmäßig iSv § 50 SGB X.
Gegen den am 15. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. Januar 2009 Berufung eingelegt. Aus der Veränderungsanzeige könne nicht hergeleitet werden, dass er gewusst habe bzw. hätte wissen müssen, dass ihm ab Studienbeginn keine Leistungen mehr zustanden. Aufgrund der allein von der Verwaltung verschuldeten Weiterzahlung habe er eher davon ausgehen müssen, dass er auch weiterhin einen Leistungsanspruch hatte. Er habe nicht erkennen können, dass sein Leistungsanspruch entfallen sei. Er müsse als Leistungsempfänger nicht mehr wissen als der Leistungsträger. Es treffe nicht zu, dass er mehrfach beim Beklagten nachgefragt habe, warum er weiterhin Leistungen erhalte. Diese telefonischen Mitteilungen habe es nicht gegeben, weil er zuvor ausreichend mitgewirkt habe.
Im Erörterungstermin am 31. Mai 2012 hat der Kläger erklärt, er habe sich ja nicht nur zum Studium abgemeldet, sondern auch noch angerufen, um nachzufragen, ob die Zahlungen in Ordnung seien. Als ihm mitgeteilt worden sei, dass er als Student geführt werde, sei er davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 3. Dezember 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 28. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. Oktober 2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG erhoben worden. Sie ist auch statthaft iSv § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach ist die Berufung ohne Weiteres zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt trifft, 750 EUR übersteigt. Streitgegenständlich ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, bei des es um die Aufhebung einer Leistungsbewilligung iHv 207 EUR/Monat für die Dauer von fünf Monaten geht. Insoweit ist eine Erstattungsforderung iHv 1.035 EUR im Streit.
Der Beklagte ist gemäß § 70 Nr. 3 SGG als Rechtsnachfolger der Arbeitsgemeinschaft SGB II im Landkreis S. beteiligtenfähig.
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist – entgegen den Ausführungen des SG im angegriffenen Gerichtsbescheid – der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 28. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. Oktober 2006 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. November 2006.
Streitgegenständlich ist somit nicht allein die Aufhebung der Leistungsbewilligung, sondern auch die vom Beklagten gegen den Kläger geltend gemachte Erstattungsforderung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X. Denn das Rückzahlungsbegehren ist spätestens mit Erlass des Widerspruchsbescheids zum eigenständigen Verwaltungsakt geworden, da der Beklagte als Widerspruchsbehörde ihm diese "Gestalt" gegeben hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, Az.: 10 RKg 4/92, juris RN 17). Ein Widerspruchsbescheid kann aus einer schlichten Willenserklärung einer Behörde einen Verwaltungsakt machen (vgl. BSG, a.a.O., RN 18; BSG, Urteil vom 12. Februar 1980, BSGE 49, 291 [292]; ständige Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts: Urteil vom 26. Juni 1087, BVerwGE 78, 3ff.), der dann ohne weiteres Vorverfahren gemäß § 95 SGG im Klageweg angegriffen werden kann.
Es kann daher dahinstehen, ob schon dem Ausgangsbescheid seinem Regelungsgehalt nach neben der Aufhebungsentscheidung durch Auslegung (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) auch die Geltendmachung der Erstattungsforderung zu entnehmen ist. Jedenfalls ist das Rückzahlungsbegehren des Beklagten zumindest als Willensbekundung ("Zahlungen sind an die Kasse zu leisten. Die Kasse wird die Zahlungsweise, noch gesondert mitteilen.") bereits im Ausgangsbescheid thematisiert worden. Nach dem Empfängerhorizont, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 31 RN 26), hat der Kläger den Regelungsgehalt des Bescheids so verstanden, denn erhat sich in seiner Widerspruchsbegründung u.a. ausdrücklich gegen eine "Rückzahlungsverpflichtung" gewandt. Der Beklagte hat die im Ausgangsbescheid enthaltenen Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) im Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 und im zeitgleich versandten Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 klargestellt. Der Kläger hat mithin beide Regelungen, Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung, zulässigerweise zum Gegenstand der Klage gemacht.
Indes ist die Anfechtungsklage unbegründet, denn der zugrunde liegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist rechtmäßig.
Die Aufhebung der Bewilligung vom 25. Juli 2005 für die Zeit ab Oktober 2005 bis Februar 2006 beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt – mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist in den genannten Fällen der Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit aufzuheben. Damit scheiden eine Ermessensausübung (und ggf. die Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Behörde) aus. Es handelt sich in jedem Fall um eine gebundene Entscheidung des Leistungsträgers. Auch bei Überzahlungen, die allein durch den Leistungsträger verschuldet sind, ist der Bewilligungsbescheid rückwirkend zum Zeitpunkt seines Erlasses aufzuheben und eine Erstattung zu verlangen (vgl. Conradis in LPK–SGB II, 4. Auflage 2011, § 40 RN 14).
Der Kläger ist vor Erlass des streitgegenständlichen Ausgangsbescheids angehört worden. Soweit diese Anhörung möglicherweise den Erfordernissen des § 24 Abs. 1 SGB X nicht genügte, weil der erhobene Verschuldensvorwurf nicht hinreichend präzisiert wurde, ist dieser Mangel jedenfalls durch die erneute Durchführung des Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 30. Mai 2006 während des Verlaufs des Widerspruchsverfahrens geheilt worden. Denn der Betroffene soll bis zum Abschluss des Vorverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991, Az. 4 RK 4/91, juris RN 16; BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, Az. B 14 AS 144/10 R, juris RN 11 ff.) Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die vorgesehene Entscheidung zu beeinflussen. Hierzu ist es notwendig, dass der Verwaltungsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen den Betroffenen in einer Weise unterbreitet, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist – jedenfalls im Verlauf des Widerspruchsverfahrens – mit dem Anhörungsschreiben vom 30. Mai 2006 eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt und sind damit Fehler des vorausgegangenen Anhörungsverfahrens geheilt. Für den Kläger bestand ausreichend Gelegenheit, sich im Vorverfahren zu den vom Beklagten herangezogenen Gründen für die Aufhebung zu äußern. Dies hat er mit seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2006 sowie dem anwaltlichen Schreiben vom 24. Juni 2006 auch getan.
Der Aufhebungsbescheid ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Nach § 33 SGB X muss der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sein und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen können, sein Verhalten daran auszurichten. Bereits im Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 hat der Beklagte die aufgehobene Bewilligung im Einzelnen nach Höhe und Monat benannt. Der Kläger konnte im Hinblick auf die streitige Aufhebung den Regelungsgehalt des Bescheids erkennen. Rechtlich unerheblich ist, dass der Beklagte im Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 die Ermächtigungsgrundlage nicht hinreichend konkret aufgeführt und lediglich auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X Bezug genommen hat. Dies hat er spätestens im Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X).
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X liegen vor. Aufgrund der Aufnahme des Studiums durch den Kläger am 1. Oktober 2005 hat sich eine wesentliche Veränderung der Sachlage im Vergleich zu derjenigen bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 25. Juli 2005 ergeben, die den Beklagten berechtigt (und verpflichtet) hat, den Bewilligungsbescheid vollständig aufzuheben.
Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig, soweit die dem Kläger gewährten Leistungen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 ganz aufgehoben wurden. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder nach den §§ 60 bis 62 SGB III die Kosten des Lebensunterhalts umfasst. Im Grundsatz dient die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht dazu, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 AS 67/08 R, juris RN 13).
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II greift im Fall des Klägers ein, weil er im streitigen Zeitraum eine nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähige – und auch tatsächlich geförderte – Ausbildung absolvierte. Das betriebene Hochschulstudium, Lehramt an Berufsschulen, an der O.-v.-G. Universität M. ist förderungsfähig nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG. Es ist ab dem 1. Oktober 2005 auch nach dem BAföG gefördert worden (vgl. Bewilligungsbescheid des Studentenwerks M. vom 28. Oktober 2005).
Einer der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 6 SGB II, die wiederum eine Rückausnahme zu dem in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II geregelten Leistungsausschluss darstellen, liegt hier ersichtlich nicht vor.
Zudem wusste der Kläger zur Überzeugung des Senats, dass mit Aufnahme des Studiums sein SGB II-Leistungsanspruch entfallen war. Dies ergibt sich eindeutig aus seiner Stellungnahme im Verwaltungsverfahren vom 12. Februar 2006. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Gerichtsbescheid verwiesen und von einer erneuten Darstellung abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen: Ohne Kenntnis vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II für Studenten ergäben die Formulierungen in der Stellungnahme vom 12. Februar 2006, der Kläger habe sich "abgemeldet", "trotzdem" seien Leistungen weitergezahlt worden, sowie seine Darstellung von (telefonischen und persönlichen) Nachfragen beim Beklagten keinen Sinn.
Die Behauptung in der Berufungsbegründung, er habe bei dem Beklagten nicht nachgefragt, hat der Kläger im Erörterungstermin am 31. Mai 2012 nicht aufrechterhalten. Dort hat er eine telefonische Nachfrage eingeräumt. Im Übrigen ergibt sich aus der Stellungnahme des Klägers vor Erlass des Aufhebungsbescheids, dass ihm bereits zum damaligen Zeitpunkt bewusst war, dass es offensichtlich versehentlich, aufgrund eines behördeninternen Kommunikationsproblems zur Fortzahlung der Leistungen gekommen war. Denn er hat ausgeführt, der Beklagte habe vergessen, die Änderung an die Zahlstelle weiterzuleiten, was nicht sein Fehler sei.
Dementsprechend hat er im gerichtlichen Verfahren nie behauptet, er sei davon ausgegangen, BAföG- und SGB II-Leistungen gleichzeitig beziehen zu können. Eher ausweichend hat er in der Berufungsbegründung angeführt, er habe aufgrund des Verhaltens des Beklagten "eher vom Gegenteil ausgehen" müssen. Er hat jedoch nicht erklärt, vom Gegenteil auch tatsächlich ausgegangen zu sein.
Die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 iVm § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Danach muss die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen, den Aufhebungsbescheid erlassen haben. Dabei begann der Lauf der Jahresfrist – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht mit dem Zeitpunkt seiner Anzeige der veränderten Verhältnisse am 29. September 2005, sondern erst zu dem Zeitpunkt, als die behördliche Entscheidung keine weiteren Ermittlungen mehr erforderte. Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig erst nach der gemäß § 24 SGB X durchgeführten Anhörung des Betroffenen der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000, Az.: B 7 AL 88/99 R, juris; Urteil vom 6. April 2006, Az.: B 7a AL 64/05 R, juris; Urteil vom 8. Februar 1996, Az.: 13 RJ 35/94, juris RN 27 ff.; ebenso Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2006, Az.: 1 C 15/05, BVerwGE 126, 243). Diese Auffassung ist zwar in der Literatur nicht unumstritten, wird jedoch insbesondere dann, wenn es für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts auch auf die individuelle Einsicht oder Einsichtsfähigkeit des Begünstigten und auf Tatsachen ankommt, die für den subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff von Bedeutung sind, von den meisten Kritikern geteilt. Denn in einem derartigen Fall liegen die erforderlichen Tatsachen erst nach Abschluss der gebotenen Ermittlungen der Behörde und insbesondere der Einbeziehung einer Stellungnahme des Betroffenen vor (so auch Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 29. Juni 2012, Az.: OVG 6 M 116.12, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. März 2011, Az.: L 5 AS 1547/09, juris).
Voraussetzung für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nach § 48 SGB X war entweder eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis iSv § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Insoweit kam es vorliegend für die Aufhebung auf die persönliche Einsichtsfähigkeit bzw. die positive Kenntnis des Klägers an, die der Beklagte erst aufgrund der Einlassung im Anhörungsverfahren, die ihm am 14. Februar 2006 zuging, beurteilen konnte. Daher lief die Jahresfrist für die Aufhebung des Bescheids zumindest bis zum 14. Februar 2007.
Mithin wurden die streitgegenständlichen Bescheide, der Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 und der Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist erlassen.
Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB X. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, wobei die Behörde die zu erstattenden Leistungen durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen hat. Diesem Erfordernis ist genügt. Der schriftliche Verwaltungsakt liegt mit dem Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 vor. Über diesen ist mit dem Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 entschieden worden. Da der Kläger keine Leistungen für die KdU erhalten hat, kann vorliegend § 40 Abs. 2 SGB II keine Anwendung finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten für den Zeitraum von Oktober 2005 bis Februar 2006.
Der im Jahr 1985 geborene Kläger beantragte nach Beendigung seiner Schulausbildung am 24. März 2005 bei dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er gab an, mietfrei bei seinen Eltern zu wohnen. Mit Bescheid vom 11. Mai 2005 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. August 2005 monatliche Leistungen iHv 207 EUR. Auf die Regelleistung iHv 331 EUR rechnete er das um die Versicherungspauschale iHv 30 EUR bereinigte Kindergeld iHv 154 EUR an. Auf den Fortzahlungsantrag vom 14. Juli 2005, in dem der Kläger erklärte, es hätten sich keine Änderungen ergeben, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 2005 für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 wieder monatliche Leistungen iHv 207 EUR.
Auf ein Einladungsschreiben des Beklagten vom 23. September 2005 zur Vorsprache am 30. September 2005 teilte der Kläger unter dem 26. September 2005 schriftlich mit, er werde der Aufforderung nicht nachkommen, da er am 1. Oktober 2005 ein Studium an der O.-v.-G.-Universität in M. aufnehme. Er sei an der Vermittlung von Stellenangeboten nicht mehr interessiert. Über diese Antwort fertigte der Beklagte am 30. September 2005 einen Vermerk in seinem Datenverarbeitungssystem. Die bewilligten Leistungen wurden in der Folgezeit weitergezahlt.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2006 hörte der Beklagte den Kläger gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) an. Er habe in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 SGB II-Leistungen iHv 1.035 EUR zu Unrecht bezogen. Denn er habe am 1. Oktober 2005 ein Studium begonnen. Daher errechne sich kein Leistungsanspruch mehr. Nach den vorliegenden Unterlagen habe er die Überzahlung verursacht. Über seine Pflichten als Leistungsempfänger sowie über die Tatbestände, unter denen die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen, sei er durch das "Merkblatt für Arbeitsuchende" unterrichtet worden.
Dazu führte der Kläger unter dem 12. Februar 2006 aus, er habe sich im September 2005 ordnungsgemäß bei dem Beklagten wegen des Studienbeginns abgemeldet. Gleichwohl seien Leistungen auf sein Konto überwiesen worden. Er habe sich dann auch telefonisch beim Beklagten gemeldet. Eine Vorsprache sei ihm nicht möglich gewesen, da er sich unter der Woche in M. aufhalte. Es sei ihm bestätigt worden, dass er ab Oktober 2005 als Student im Computer gemeldet sei. So sei es jeden Monat gegangen. Im Januar 2006 habe er persönlich vorgesprochen. Wieder sei ihm bestätigt worden, dass er seit Oktober 2005 als Student gespeichert sei. Der Beklagte habe vergessen, die Änderung an die Kasse weiter zu geben. Dies sei nicht sein Fehler.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hob der Beklagte seine Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 ganz iHv monatlich 207 EUR auf. Er stützte die Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Grund sei die Aufnahme eines Studiums. Zahlungen seien an die Kasse der Regionaldirektion H. zu leisten.
Dagegen legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2006 Widerspruch ein. Ihm seien Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Bescheid sei rechtswidrig.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2006 wiederholte der Beklagte seine Anhörung zur Aufhebung für den vorgenannten Zeitraum. Aufgrund der Aufnahme des Studiums bestehe kein SGB II-Leistungsanspruch mehr. Der Kläger habe zwar rechtzeitig die geänderten Verhältnisse angegeben. Es sei weiterhin Geld in der bewilligten Höhe überwiesen worden. Er habe dies beim Beklagten gemeldet und gewusst, dass ihm Leistungen ab Studienbeginn nicht mehr zustanden. Er hätte auch erkennen können, dass seitens des Beklagten die Änderung nicht umgesetzt worden sei, denn er habe keinen Aufhebungsbescheid erhalten. Bei Lektüre des Merkblattes sei dem Kläger bewusst gewesen, dass ihm als Student keine Leistungen mehr zustehen. Die Leistungen seien für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X aufzuheben und zu erstatten.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2006 führte der anwaltlich vertretene Kläger aus, es treffe nicht zu, dass er keinen Aufhebungsbescheid erhalten habe. Die Aufhebung sei mit Bescheid vom 28. Februar 2006 erfolgt, der mit Widerspruch angegriffen worden sei. Da er rechtzeitig alle Angaben wahrheitsgemäß gemacht habe, bestehe kein Rückforderungsanspruch. Er habe die Leistungen im guten Glauben verbraucht. Da er alle Mitwirkungshandlungen erbracht habe, habe er darauf vertrauen können, dass ihm die Leistungen auch zustehen.
Mit "Änderungsbescheid zum Aufhebungsbescheid vom 28.02.2006", der unter dem 30. Oktober 2006 ausgefertigt und am 1. November 2006 versandt wurde, hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 ganz iHv je 207 EUR auf und forderte den Kläger zur Erstattung gemäß § 50 SGB X iHv 1.035 EUR auf. Er habe gewusst, dass ihm Leistungen ab Studienbeginn nicht mehr zustanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006, der am 3. November 2006 zuging, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach Aufnahme des Studiums sei gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II die Leistungsberechtigung entfallen. Denn Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sei, seien von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Das Studium des Klägers sei nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sei die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, weil er gewusst habe, dass er mit Aufnahme des Studiums keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. Er selbst habe sich aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Aufgrund seiner Nachfragen sei deutlich, dass ihm bewusst gewesen sei, dass er unrechtmäßig weiterhin Geldleistungen erhielt. Er habe dann im Januar 2006 persönlich vorgesprochen, um die Angelegenheit zu klären. Bei dieser Sachlage hätte er die Leistungen nicht verbrauchen dürfen. Er könne sich nicht darauf berufen, dass die Überzahlung nicht sein Fehler gewesen sei. Die erbrachten Leistungen seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X in voller Höhe zu erstatten.
Am 4. Dezember 2006, einem Montag, hat der Kläger beim Sozialgericht Stenal (SG) Klage erhoben. Er berufe sich auf Vertrauensschutz, da der Beklagte die Leistungen trotz Anzeige der Aufnahme des Studiums weiter gezahlt habe. Er habe die Leistungen verbraucht. Er habe die Fehlerhaftigkeit der Leistungsgewährung nicht erkennen können, denn er habe auf die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung vertraut. Er habe mit seinen Nachfragen eine Klärung erreichen wollen, ob die weiteren Zahlungen ihre Richtigkeit hätten. Er habe auf das Behaltendürfen der Leistungen vertrauen können. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Rückforderung. Außerdem sei der Bescheid vom 30. Oktober 2006 nach Ablauf der Jahresfrist ab Kenntnis der Studiumsaufnahme ergangen.
Im Termin der mündlichen Verhandlung beim SG am 14. April 2008 hat der Kläger erklärt, nach Erhalt weiterer Leistungen habe er telefonisch nachgefragt. Ihm sei vom Beklagten gesagt worden, dass er bereits als Student vermerkt sei. Da er dann weiterhin Leistungen erhalten habe, habe sich gedacht, er könne das Geld auch ausgeben. Für das Studium seien ihm rückwirkend ab Oktober 2005 auch Leistungen nach dem BAföG bewilligt worden. Den Bewilligungsbescheid hat er vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Leistungsaufhebung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X, denn mit Aufnahme des Studiums sei der Leistungsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entfallen. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er erkannt habe, dass er ab Oktober 2005 keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. Die ergebe sich insbesondere aus seiner zeitnahen Stellungnahme vom 12. Februar 2006, in der er mitgeteilt habe, dass er sich ordnungsgemäß abgemeldet habe. "Trotzdem" seien weiterhin Leistungen gezahlt worden, was nicht sein Fehler gewesen sei. Er habe gewusst, dass sich die Studienaufnahme auf den Leistungsanspruch auswirke, denn anderenfalls sei nicht zu erklären, weshalb er mehrfach beim Beklagten nachgefragt habe. Daher seien seine Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar. Die Erstattungsentscheidung im Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 sei nicht Gegenstand der Klage. Sie sei nicht zu überprüfen, da sie nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 SGG geworden sei. Sie habe die ursprüngliche Aufhebungsentscheidung nicht abgeändert. Sie wäre aber rechtmäßig iSv § 50 SGB X.
Gegen den am 15. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. Januar 2009 Berufung eingelegt. Aus der Veränderungsanzeige könne nicht hergeleitet werden, dass er gewusst habe bzw. hätte wissen müssen, dass ihm ab Studienbeginn keine Leistungen mehr zustanden. Aufgrund der allein von der Verwaltung verschuldeten Weiterzahlung habe er eher davon ausgehen müssen, dass er auch weiterhin einen Leistungsanspruch hatte. Er habe nicht erkennen können, dass sein Leistungsanspruch entfallen sei. Er müsse als Leistungsempfänger nicht mehr wissen als der Leistungsträger. Es treffe nicht zu, dass er mehrfach beim Beklagten nachgefragt habe, warum er weiterhin Leistungen erhalte. Diese telefonischen Mitteilungen habe es nicht gegeben, weil er zuvor ausreichend mitgewirkt habe.
Im Erörterungstermin am 31. Mai 2012 hat der Kläger erklärt, er habe sich ja nicht nur zum Studium abgemeldet, sondern auch noch angerufen, um nachzufragen, ob die Zahlungen in Ordnung seien. Als ihm mitgeteilt worden sei, dass er als Student geführt werde, sei er davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 3. Dezember 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 28. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. Oktober 2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG erhoben worden. Sie ist auch statthaft iSv § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach ist die Berufung ohne Weiteres zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt trifft, 750 EUR übersteigt. Streitgegenständlich ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, bei des es um die Aufhebung einer Leistungsbewilligung iHv 207 EUR/Monat für die Dauer von fünf Monaten geht. Insoweit ist eine Erstattungsforderung iHv 1.035 EUR im Streit.
Der Beklagte ist gemäß § 70 Nr. 3 SGG als Rechtsnachfolger der Arbeitsgemeinschaft SGB II im Landkreis S. beteiligtenfähig.
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist – entgegen den Ausführungen des SG im angegriffenen Gerichtsbescheid – der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 28. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. Oktober 2006 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. November 2006.
Streitgegenständlich ist somit nicht allein die Aufhebung der Leistungsbewilligung, sondern auch die vom Beklagten gegen den Kläger geltend gemachte Erstattungsforderung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X. Denn das Rückzahlungsbegehren ist spätestens mit Erlass des Widerspruchsbescheids zum eigenständigen Verwaltungsakt geworden, da der Beklagte als Widerspruchsbehörde ihm diese "Gestalt" gegeben hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, Az.: 10 RKg 4/92, juris RN 17). Ein Widerspruchsbescheid kann aus einer schlichten Willenserklärung einer Behörde einen Verwaltungsakt machen (vgl. BSG, a.a.O., RN 18; BSG, Urteil vom 12. Februar 1980, BSGE 49, 291 [292]; ständige Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts: Urteil vom 26. Juni 1087, BVerwGE 78, 3ff.), der dann ohne weiteres Vorverfahren gemäß § 95 SGG im Klageweg angegriffen werden kann.
Es kann daher dahinstehen, ob schon dem Ausgangsbescheid seinem Regelungsgehalt nach neben der Aufhebungsentscheidung durch Auslegung (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) auch die Geltendmachung der Erstattungsforderung zu entnehmen ist. Jedenfalls ist das Rückzahlungsbegehren des Beklagten zumindest als Willensbekundung ("Zahlungen sind an die Kasse zu leisten. Die Kasse wird die Zahlungsweise, noch gesondert mitteilen.") bereits im Ausgangsbescheid thematisiert worden. Nach dem Empfängerhorizont, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 31 RN 26), hat der Kläger den Regelungsgehalt des Bescheids so verstanden, denn erhat sich in seiner Widerspruchsbegründung u.a. ausdrücklich gegen eine "Rückzahlungsverpflichtung" gewandt. Der Beklagte hat die im Ausgangsbescheid enthaltenen Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) im Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 und im zeitgleich versandten Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 klargestellt. Der Kläger hat mithin beide Regelungen, Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung, zulässigerweise zum Gegenstand der Klage gemacht.
Indes ist die Anfechtungsklage unbegründet, denn der zugrunde liegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist rechtmäßig.
Die Aufhebung der Bewilligung vom 25. Juli 2005 für die Zeit ab Oktober 2005 bis Februar 2006 beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt – mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist in den genannten Fällen der Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit aufzuheben. Damit scheiden eine Ermessensausübung (und ggf. die Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Behörde) aus. Es handelt sich in jedem Fall um eine gebundene Entscheidung des Leistungsträgers. Auch bei Überzahlungen, die allein durch den Leistungsträger verschuldet sind, ist der Bewilligungsbescheid rückwirkend zum Zeitpunkt seines Erlasses aufzuheben und eine Erstattung zu verlangen (vgl. Conradis in LPK–SGB II, 4. Auflage 2011, § 40 RN 14).
Der Kläger ist vor Erlass des streitgegenständlichen Ausgangsbescheids angehört worden. Soweit diese Anhörung möglicherweise den Erfordernissen des § 24 Abs. 1 SGB X nicht genügte, weil der erhobene Verschuldensvorwurf nicht hinreichend präzisiert wurde, ist dieser Mangel jedenfalls durch die erneute Durchführung des Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 30. Mai 2006 während des Verlaufs des Widerspruchsverfahrens geheilt worden. Denn der Betroffene soll bis zum Abschluss des Vorverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991, Az. 4 RK 4/91, juris RN 16; BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, Az. B 14 AS 144/10 R, juris RN 11 ff.) Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die vorgesehene Entscheidung zu beeinflussen. Hierzu ist es notwendig, dass der Verwaltungsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen den Betroffenen in einer Weise unterbreitet, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist – jedenfalls im Verlauf des Widerspruchsverfahrens – mit dem Anhörungsschreiben vom 30. Mai 2006 eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt und sind damit Fehler des vorausgegangenen Anhörungsverfahrens geheilt. Für den Kläger bestand ausreichend Gelegenheit, sich im Vorverfahren zu den vom Beklagten herangezogenen Gründen für die Aufhebung zu äußern. Dies hat er mit seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2006 sowie dem anwaltlichen Schreiben vom 24. Juni 2006 auch getan.
Der Aufhebungsbescheid ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Nach § 33 SGB X muss der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sein und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen können, sein Verhalten daran auszurichten. Bereits im Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 hat der Beklagte die aufgehobene Bewilligung im Einzelnen nach Höhe und Monat benannt. Der Kläger konnte im Hinblick auf die streitige Aufhebung den Regelungsgehalt des Bescheids erkennen. Rechtlich unerheblich ist, dass der Beklagte im Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 die Ermächtigungsgrundlage nicht hinreichend konkret aufgeführt und lediglich auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X Bezug genommen hat. Dies hat er spätestens im Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X).
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X liegen vor. Aufgrund der Aufnahme des Studiums durch den Kläger am 1. Oktober 2005 hat sich eine wesentliche Veränderung der Sachlage im Vergleich zu derjenigen bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 25. Juli 2005 ergeben, die den Beklagten berechtigt (und verpflichtet) hat, den Bewilligungsbescheid vollständig aufzuheben.
Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig, soweit die dem Kläger gewährten Leistungen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 ganz aufgehoben wurden. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder nach den §§ 60 bis 62 SGB III die Kosten des Lebensunterhalts umfasst. Im Grundsatz dient die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht dazu, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 AS 67/08 R, juris RN 13).
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II greift im Fall des Klägers ein, weil er im streitigen Zeitraum eine nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähige – und auch tatsächlich geförderte – Ausbildung absolvierte. Das betriebene Hochschulstudium, Lehramt an Berufsschulen, an der O.-v.-G. Universität M. ist förderungsfähig nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG. Es ist ab dem 1. Oktober 2005 auch nach dem BAföG gefördert worden (vgl. Bewilligungsbescheid des Studentenwerks M. vom 28. Oktober 2005).
Einer der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 6 SGB II, die wiederum eine Rückausnahme zu dem in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II geregelten Leistungsausschluss darstellen, liegt hier ersichtlich nicht vor.
Zudem wusste der Kläger zur Überzeugung des Senats, dass mit Aufnahme des Studiums sein SGB II-Leistungsanspruch entfallen war. Dies ergibt sich eindeutig aus seiner Stellungnahme im Verwaltungsverfahren vom 12. Februar 2006. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Gerichtsbescheid verwiesen und von einer erneuten Darstellung abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen: Ohne Kenntnis vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II für Studenten ergäben die Formulierungen in der Stellungnahme vom 12. Februar 2006, der Kläger habe sich "abgemeldet", "trotzdem" seien Leistungen weitergezahlt worden, sowie seine Darstellung von (telefonischen und persönlichen) Nachfragen beim Beklagten keinen Sinn.
Die Behauptung in der Berufungsbegründung, er habe bei dem Beklagten nicht nachgefragt, hat der Kläger im Erörterungstermin am 31. Mai 2012 nicht aufrechterhalten. Dort hat er eine telefonische Nachfrage eingeräumt. Im Übrigen ergibt sich aus der Stellungnahme des Klägers vor Erlass des Aufhebungsbescheids, dass ihm bereits zum damaligen Zeitpunkt bewusst war, dass es offensichtlich versehentlich, aufgrund eines behördeninternen Kommunikationsproblems zur Fortzahlung der Leistungen gekommen war. Denn er hat ausgeführt, der Beklagte habe vergessen, die Änderung an die Zahlstelle weiterzuleiten, was nicht sein Fehler sei.
Dementsprechend hat er im gerichtlichen Verfahren nie behauptet, er sei davon ausgegangen, BAföG- und SGB II-Leistungen gleichzeitig beziehen zu können. Eher ausweichend hat er in der Berufungsbegründung angeführt, er habe aufgrund des Verhaltens des Beklagten "eher vom Gegenteil ausgehen" müssen. Er hat jedoch nicht erklärt, vom Gegenteil auch tatsächlich ausgegangen zu sein.
Die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 iVm § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Danach muss die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen, den Aufhebungsbescheid erlassen haben. Dabei begann der Lauf der Jahresfrist – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht mit dem Zeitpunkt seiner Anzeige der veränderten Verhältnisse am 29. September 2005, sondern erst zu dem Zeitpunkt, als die behördliche Entscheidung keine weiteren Ermittlungen mehr erforderte. Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig erst nach der gemäß § 24 SGB X durchgeführten Anhörung des Betroffenen der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000, Az.: B 7 AL 88/99 R, juris; Urteil vom 6. April 2006, Az.: B 7a AL 64/05 R, juris; Urteil vom 8. Februar 1996, Az.: 13 RJ 35/94, juris RN 27 ff.; ebenso Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2006, Az.: 1 C 15/05, BVerwGE 126, 243). Diese Auffassung ist zwar in der Literatur nicht unumstritten, wird jedoch insbesondere dann, wenn es für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts auch auf die individuelle Einsicht oder Einsichtsfähigkeit des Begünstigten und auf Tatsachen ankommt, die für den subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff von Bedeutung sind, von den meisten Kritikern geteilt. Denn in einem derartigen Fall liegen die erforderlichen Tatsachen erst nach Abschluss der gebotenen Ermittlungen der Behörde und insbesondere der Einbeziehung einer Stellungnahme des Betroffenen vor (so auch Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 29. Juni 2012, Az.: OVG 6 M 116.12, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. März 2011, Az.: L 5 AS 1547/09, juris).
Voraussetzung für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nach § 48 SGB X war entweder eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis iSv § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Insoweit kam es vorliegend für die Aufhebung auf die persönliche Einsichtsfähigkeit bzw. die positive Kenntnis des Klägers an, die der Beklagte erst aufgrund der Einlassung im Anhörungsverfahren, die ihm am 14. Februar 2006 zuging, beurteilen konnte. Daher lief die Jahresfrist für die Aufhebung des Bescheids zumindest bis zum 14. Februar 2007.
Mithin wurden die streitgegenständlichen Bescheide, der Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2006 und der Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist erlassen.
Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB X. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, wobei die Behörde die zu erstattenden Leistungen durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen hat. Diesem Erfordernis ist genügt. Der schriftliche Verwaltungsakt liegt mit dem Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2006 vor. Über diesen ist mit dem Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 entschieden worden. Da der Kläger keine Leistungen für die KdU erhalten hat, kann vorliegend § 40 Abs. 2 SGB II keine Anwendung finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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SAN
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