L 5 AS 902/12 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 2599/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 902/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. November 2012 wird hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstattung der Aufwendungen für die Umzugskosten abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellerinnen vorläufig für die voraussichtlich für den Umzug entstehenden Kosten höchstens 570 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verpflichtung in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, vorläufig nach § 22 Abs. 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) eine Mietkaution i.H.v. 620 EUR als Darlehen zu bewilligen sowie Aufwendungen für die Umzugskosten i.H.v. 1.190 EUR als Zuschuss zu erstatten.

Die am ... 1973 geborene Antragstellerin und ihre Tochter, die am ... 1999 geborene Antragstellerin zu 2., beziehen als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen seit Oktober 2009 eine 86 m² große Wohnung, für die beim Einzug eine Kaution von 940 EUR zu hinterlegen war. Der volljährige Sohn der Antragstellerin ist zum 1. Mai 2012 ausgezogen. Die Gesamtmiete - ohne Stellplatz - beträgt derzeit 635 EUR/Monat. Der Antragsgegner forderte die Antragstellerinnen unter dem 14. Juni und 4. Juli 2012 zur Kostensenkung bis 31. August 2012 auf. Zuletzt bewilligter er ihnen mit Bescheid vom 20. August 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Oktober 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2012 Leistungen für die Zeit von September 2012 bis Februar 2013. Dabei sind für die Kosten der Unterkunft und Heizung ab November 2012 380 EUR Mietkosten und 85 EUR Heizkosten zugrunde gelegt worden. Diese Beträge entsprechen den Werten von § 12 Wohngeldgesetz und des Bundesweiten Heizkostenspiegels.

Die Antragstellerinnen kündigten die bisherige Wohnung zum 30. November 2012. Am 18. September 2012 beantragten sie die Zusicherung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft ab 1. Dezember 2012 im neun Kilometer entfernten S. –B. , Ortsteil R. Diese Wohnung hat eine Größe von 58,70 m². Nach dem am 23. Oktober 2012 unterzeichneten Mietvertrag sind monatlich für Kaltmiete und Betriebskosten 370 EUR und für Heizkosten 60 EUR zu zahlen. Als Kaution ist ein Betrag von 620 EUR, zahlbar vor Wohnungsübergabe in Höhe von 220 EUR, sowie im Januar und Februar 2013 in Höhe von jeweils 200 EUR vereinbart. Sie gaben an, von mehreren angeschauten Wohnungen habe nur für diese der Vermieter eine hundertprozentige Schimmelfreiheit zusichern können. Dies sei wegen einer Schimmelallergie und einer schweren Neurodermitis der Antragstellerin zu 2. erforderlich. Außerdem liege die Wohnung am Ort ihrer Schule.

Gleichzeitig beantragten die Antragstellerinnen ein Darlehen für die Mietkaution sowie die Übernahme der Umzugskosten und legten zwei Angebote von Umzugsfirmen in Höhe von 1.305,73 EUR und 1.190 EUR vor. Sie könnten den Umzug nicht alleine machen, da Freunde und Bekannte an dem Umzugstermin nicht zur Verfügung stünden.

Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 4. Oktober 2012 die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II für die neue Unterkunft ab. Der Umzug sei zwar erforderlich, die Kosten seien aber unangemessen. Nach seiner Handlungsempfehlung könne monatlich nur eine Bruttokaltmiete von 336 EUR sowie Heizkosten von 87 EUR übernommen werden. Aufgrund der fehlenden Zusicherung könnten die Umzugskosten nicht übernommen werden. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2012 zurückgewiesen. Ergänzend führte der Antragsgegner aus, seine Handlungsempfehlung beruhe auf einem schlüssigen Konzept, basierend auf einem Bericht der Firma A. & K ... Das beantragte Darlehen für die Mietkaution sowie die Übernahme der Umzugskosten könnten nach § 22 Abs. 6 SGB II nicht anerkannt werden, da die Zusicherung der Kostenübernahme für die Wohnung abgelehnt worden sei. Dagegen ist mittlerweile Klage erhoben worden.

Bereits am 22. Oktober 2012 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Übernahme der Kaution und der Umzugskosten gestellt. Die neue Miete liege unter den Werten von § 12 Wohngeldgesetz und sei angemessen. Die Richtlinie des Antragsgegners beruhe nicht auf dem vom Bundessozialgericht geforderten schlüssigen Konzept. Die Antragstellerin zu 1. sei alleinerziehende Mutter ohne Lebenspartner. Sie selbst könnten den Umzug sowie den Ein- und Ausbau der Küche nicht realisieren.

Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 9. November 2012 verpflichtet, ein Darlehen für die Mietkaution in Höhe von 620 EUR zu gewähren und die Aufwendungen für Umzugskosten in Höhe von 1.190 EUR zu erstatten. Der Antragsgegner hätte den Antragstellerinnen eine Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II erteilen müssen. Diese sei nicht mit einer - nicht beantragten - Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II identisch. Der Umzug in die neue Wohnung sei notwendig im Sinne von § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II. Eine Unterkunft ohne Mietkaution und ohne Umzugskosten hätte in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden können. Die Wohnung sei auch zusicherungsfähig, da die Kosten unter denen von § 12 Wohngeldgesetz und des bundesweiten Heizkostenspiegels lägen. Die Verwaltungsvorschrift des Antragsgegners sei nicht heranzuziehen. Es bestünden begründete Zweifel an der Richtigkeit der dort zugrunde gelegten Grundmiete. Ein Anordnungsgrund bestehe schon deshalb, weil für Dezember 2012 die Mietzahlung für die alte Wohnung nicht mehr gewährleistet sei. Die Mietkaution könne nur als Darlehen übernommen werden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 15. November 2012. Er habe eine Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II ausdrücklich abgelehnt. Die Antragstellerinnen hätten auch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherungen. Eine gebundene Entscheidung im Sinne von § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II liege nicht vor, da die neuen Unterkunftskosten nicht angemessen seien. Nach den Erhebungen der Firma A. & K. betrage die angemessene Bruttokaltmiete 330,20 EUR/Monat. Das Sozialgericht hätte ihn lediglich nach § 22 Abs. 6 Satz 1SGB II zu einer neuen Ermessensentscheidung verpflichten dürfen. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden, da mit dem Umzug möglicherweise Mietschulden entstünden und weitere Kosten verursacht würden. Auch seien die Umzugskosten der Höhe nach nicht angemessen. Die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten für einen gewerblich organisierten Umzug lägen nicht vor. Leistungsbezieher seien grundsätzlich gehalten, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Es entstünden lediglich Kosten für die Anmietung eines mittleren LKW, für Umzugskartons sowie eine Verpflegungspauschale für die Umzugshelfer.

Hinsichtlich der Mietkaution sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerinnen hätten den neuen Vermieter um eine längerfristige Ratenzahlungsvereinbarung bitten können. Darüber hinaus hätten sie sich um die rasche Auszahlung der Kaution aus dem bisherigen Mietverhältnis bemühen können.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. November 2012 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Ergänzend haben sie am 27. November 2012 um 12:48 Uhr per Telefax eine Eidesstattliche Erklärung der Antragstellerin zu 1. vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Antragsgegners haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Ziffer 1 SGG. Der Beschwerdewert liegt über 750 EUR.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch teilweise begründet. Die Antragsteller haben nur einen Anspruch auf einen vorläufigen Zuschuss für die Durchführung des Umzugs i.H.v. höchstens 570 EUR glaubhaft gemacht. Unbegründet ist die Beschwerde dagegen hinsichtlich der Übernahme der Umzugskosten dem Grunde nach und der darlehensweise Übernahme der Kosten für die Kaution in Höhe von 620 EUR.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 86b Rn. 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung teilweise zu beanstanden.

1.a. Die Antragstellerinnen haben einem Anordnungsanspruch hinsichtlich der Übernahme der Umzugskosten dem Grunde nach gemäß § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II glaubhaft gemacht. Danach soll eine Zusicherung zu den Umzugskosten erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

Unstreitig ist der Umzug durch den Antragsgegner veranlasst worden. Denn dieser hat - nach Auszug des volljährigen Sohns der Antragstellerin zu 1. - die Antragstellerinnen zur Senkung ihrer unangemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung aufgefordert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Kostensenkung auf andere Weise als durch Auszug aus der zu teuren bislang bewohnten Wohnung möglich wäre.

Nach dem glaubhaften Vorbringen der Antragstellerinnen konnte auch ohne die beantragte Zusicherung eine andere geeignete als die neue Unterkunft nicht gefunden werden. Nach ihrem Vorbringen gaben alle anderen anvisierten Wohnungen keine Gewähr für die wegen der Erkrankung der Antragstellerin zu 2. erforderliche Schimmelfreiheit. Für die jetzt angemietete Wohnung fallen Umzugskosten an, da diese ca. 9 km entfernt der bisherigen Wohnung liegt. Die Antragstellerinnen selbst sind nicht in der Lage, die Kosten des Umzugs aufzubringen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist eine Zustimmung gemäß § 22 Abs. 4 SGB II zu der Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft nicht Voraussetzung für den Regelfall gemäß § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II (a. A. ohne Begründung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Januar 2011, L 14 AS 2337/10 B ER). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Denn die "vorherige Zusicherung" i.S.v. § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II ist mit der in § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht identisch. Nur Letztere setzt ausdrücklich voraus, dass die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sein müssen. Auch ist die Zuständigkeit für die Erteilung einer solchen Zusicherung anders geregelt: Für die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist der bisher örtlich zuständige kommunale Träger zuständig und der neue kommunale Träger zu beteiligen. Für die Umzugskosten ist der bisher örtlich zuständige kommunale Träger zuständig, für eine Mietkaution hingegen der neue kommunale Träger.

Daher kommt es im vorliegenden Fall auf die Frage, ob die Miete für die neue Wohnung angemessen ist bzw. ob die Richtlinie des Antragsgegners nach einem schlüssigen Konzept ermittelt worden ist, nicht an. Dies kann allenfalls eine Rolle spielen für die Höhe der laufenden Leistungen ab 1. Dezember 2012. Diese sind jedoch hier nicht streitgegenständlich.

Da hier ein Fall des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II vorliegt, hat das Sozialgericht zu Recht den Antragsgegner nicht zu einer vorläufigen ermessensfehlerfreien Neuentscheidung verpflichtet. Vielmehr liegt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Regelfall des Anspruchs vor ("soll"). Für die Notwendigkeit einer ausnahmsweise doch vorzunehmenden Ermessensausübung hat der Senat keinen Anhaltspunkt. Die Antragstellerinnen haben plausibel dargelegt, dass sie angesichts des Alters und der Schulsituation der Antragstellerin zu 2. ihre Suche auf den künftigen Wohnort beschränkt haben. Der Antragsgegner hat auch weder behauptet noch dargelegt, dass vergleichbare günstigere Mietwohnungen ab 1. Dezember 2012 tatsächlich anzumieten wären.

b. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten ist begrenzt durch deren Angemessenheit. Der Leistungsempfänger hat alles zu tun, um seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Er ist daher gehalten, grundsätzlich den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Lediglich wenn der Umzug wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vorgenommen oder durchgeführt werden kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Erstattungsfähig sind für einen in Eigenregie durchgeführten Umzug insbesondere Aufwendungen für Mietwagen, Anmietung von Umzugskartons sowie Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehörige und Bekannter (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010, B 14 AS 7/09 ER (14)).

Die Antragstellerinnen haben einen Anspruch auf durch eine Spedition verursachte Umzugskosten in Höhe von 1.190 EUR nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sie haben keine nachvollziehbaren Angaben hinsichtlich der Notwendigkeit der Durchführung des Umzugs durch ein Umzugsunternehmen gemacht.

Die Antragstellerin zu 1. hat nicht plausibel gemacht, weshalb sie den Umzug bereits am 28. November 2012, an dem weder die Freunde und Bekannten, der Sohn oder der Ex-Mann als Helfer zur Verfügung stehen, durchführen muss. Der Mietvertrag läuft bis zum 30. November 2012. Ein Umzug wäre ohne weiteres an diesem Tag möglich. Angesichts des in Deutschland üblichen Endes der Arbeitswoche am Freitag um die Mittagszeit stünden nach Auffassung des Senats dann genügend helfende Kräfte zur Verfügung. Die Renovierung der bisherigen Wohnung könnte am Wochenende erfolgen. Andere Geringverdiener, die nicht im Leistungsbezug nach dem SGB II stehen, kämen nicht auf die Idee, nur zum Zweck eines vorfristigen Umzugs unter der Woche ein Umzugsunternehmen zu beauftragen und auf eine zwei Tage später mögliche Mithilfe von Familienangehörigen zu verzichten.

c. Angesichts der Dringlichkeit der Entscheidung hat der Senat eine Schätzung der notwendigen Umzugskosten gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 287 ZPO vorgenommen.

Als Transportfahrzeug kann beispielsweise für den 30. November 2012 bei der Firma S. , Niederlassung B. , ein Mercedes-Benz Sprinter 313/316 für 110,48 EUR (Barzahlung) angemietet werden. Ein solches Fahrzeug ist nach den Ermittlungen des Senats auch verfügbar. Es reicht mit seinem Fassungsvermögen von 8,5 cbm aus, um mit drei Fuhren das Umzugsgut von 32 cbm zu transportieren. Die im Preis enthaltene Kilometerpauschale von 100 km wird somit nicht ausgeschöpft. Hinzu kommen Kraftstoffkosten.

Die Demontage und Montage der Möbel sowie das Einpacken der Sachgegenstände erfolgt durch die Antragstellerin zu 1. nach ihren Angaben selbst. Für die notwendigen Faltkartons sind laut Angebot der Firma T. 55,50 EUR zu veranschlagen.

Sollten private Umzugshelfer zum Transport des Umzugsguts nicht zur Verfügung stehen, könnten über www://umzugshelfer.studenten-vermittlung.com studentische Umzugskräfte aus dem Raum D. angestellt werden. Diese wären in der Lage, auch die Küche zu montieren. Die Kosten dafür belaufen sich auf 10 EUR/Stunde und die Vermittlungsgebühr für zwei Helfer auf 69,95 EUR. Nach dem Angebot der Firma T. entsteht ein Arbeitsanfall von insgesamt 21 h (=210 EUR).

Zusätzlich gerechtfertigt ist die Durchführung der Anschlüsse von Herd, Geschirrspüler, Spüle und Waschmaschine durch eine Fachfirma für einen Betrag von 125 EUR laut Angebot der Firma T.

Insgesamt dürfte mit einem Betrag von höchstens 570 EUR - selbst bei ausgeschlossener kostenfreier Mithilfe durch Freunde und Bekannte - der Umzug zu bewerkstelligen sein.

Die Antragstellerinnen haben allerdings die tatsächlich entstehenden und notwendigen Aufwendungen für den Umzug zu belegen. Nach ihrem bisherigen Vorbringen ist nicht klar, ob die oben aufgeführten Rechnungsposten tatsächlich notwendig sind. Zu vermuten ist, dass die Antragstellerin zu 1. ein Fahrzeug zur Verfügung hat. Nach ihren Angaben wird sie nämlich den Haushalt weitgehend selbst in die neue Wohnung fahren. Gegebenenfalls stehen auch am 30. November 2012 Umzugshelfer aus dem privaten Umfeld kostenfrei zur Verfügung. Dann werden professionelle Hilfskräfte nicht benötigt.

Ausdrücklich weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerinnen gemäß § 202 SGG i.V.m. § 945 ZPO zur Erstattung der in Anspruch genommenen Leistungen für den Umzug verpflichtet sind, wenn sich in einem Hauptsacheverfahren herausstellt, dass die Aufwendungen nicht tatsächlich entstanden oder nicht notwendig gewesen sind.

2. Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Sozialgerichts, die Kaution gemäß § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II im Wege des Darlehens zu übernehmen. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerinnen mit dem künftigen Vermieter den Verzicht auf eine Kaution hätten verhandeln können. Ebenso ist nicht anzunehmen, dass sie schon vor der Fälligkeit der neuen Kaution über die Kaution der bislang bewohnten Wohnung verfügen werden. Denn üblicherweise wird diese eine Zeit lang zurückgehalten, bis die Wohnungsabnahme sowie die Betriebskostenabrechnungen erfolgt sind.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved