Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 336/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid des Beklagten vom 25. Juli 2001 wird aufgehoben. Der Beigeladene zu 2) wird verurteilt, die Beigeladene zu 1) mit Wirkung vom 01. Januar des Jahres, das auf den Tag der Rechtskraft dieses Urteils folgt, aus der Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin zu überweisen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Übernahme der Beigeladenen zu 1) aus der Zuständigkeit der Klägerin in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2).
Die Beigeladene zu 1) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gegenstand nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28. April 1999 mit Änderung vom 31. August 1999 Dienstleistungen sind, soweit keine genehmigungspflichtigen Tätigkeiten nach dem KrWG-/AbfG ausgeübt werden, im Bereich der Sammlung von im Abfallwirtschaftskonzept der Stadt L. aufgeführten Abfällen und deren - nicht eigenständig durchgeführter - Transport zu umweltverträglichen Abfallverwertungs- und Abfallbeseitigungsanlagen. Die Handelsregistereintragung erfolgte unter dem 27. Oktober 1999.
Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 25.000 EUR hielt zunächst in voller Höhe die A. mbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt L. war. Die A. mbH wurde später in eine GmbH & Co KG umgewandelt und firmiert seither als A1 GmbH & Co KG, deren Eigentümer zu jeweils 50 % die Stadt L. und der B. Verband sind, wobei letzterer sich aus den beiden Landkreisen Rheinisch-Bergischer Kreis und Oberbergischer Kreis zusammensetzt.
Mit Schreiben vom 10. November 1999 beantragte die Beigeladene zu 1) beim Beklagten die Übernahme in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2).
Im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Anhörung der Klägerin äußerte letztere die Auffassung, dass städtische Müllabfuhrbetriebe und Stadtreinigungsunternehmen in selbstständiger Rechtsform Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien. Im Übrigen lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 3 SGB VII nicht vor, weil lediglich eine - nicht ausreichende - mittelbare Beteiligung der öffentlichen Hand vorliege. Außerdem sei die Beigeladene zu 1) erwerbswirtschaftlich tätig, und im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass sie - die Klägerin - im Bereich Abfallwirtschaft eine optimale Präventionsarbeit zu leisten im Stande sei.
Für die Beigeladene zu 1) wies die A. mbH darauf hin, dass sie alleiniger Vertragspartner der Beigeladenen zu 1) sei. Schwerpunkt der Dienstleistungen im Bereich der Sammlung von Abfällen und deren Transport zu Abfallverwertung und -beseitigung sei die Überlassung von Personal der Beigeladenen zu 1) an die A ... Erst in Zukunft sei geplant, die Beigeladene zu 1) in geringem Umfang mit eigenen Fahrzeugen auszustatten. Aber auch dann würden die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) weiterhin auf der Grundlage des zwischen den Gesellschaften geschlossenen Personalgestellungsvertrages auf Fahrzeugen der A. eingesetzt werden. Die gesamte Verwaltungstätigkeit der Beigeladenen zu 1) werde im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages für die Beigeladene zu 1) durch die A. erledigt. Auch der Geschäftsführer beider Gesellschaften sei identisch. Erwerbswirtschaftlichkeit liege nicht vor. Ein Wettbewerb mit privaten Unternehmern finde nicht statt.
In einem Betriebsfragebogen gab die Beigeladene zu 1) an, dass sie ihr Unternehmen im Juni 1999 eröffnet habe, dass ihr eine Transportgenehmigung erteilt worden sei und dass sie eine Erlaubnis für den Güterkraftverkehr beantragt habe. Als Gewerbezweig wurde Müllabfuhr angegeben. 15 Arbeitnehmer seien im technischen Teil beschäftigt.
Nachdem die Klägerin sich dahingehend eingelassen hatte, dass es unerheblich sei, ob Fahrzeuge gestellt würden, dass es entscheidend auf Art und Gegenstand des Unternehmens ankomme, wies die A. für die Beigeladene zu 1) darauf hin, dass die Beigeladene zu 1) gegründet worden sei, um die starren Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes zu umgehen, dass sie jedoch Aufgaben der Daseinsvorsorge erfülle und nicht erwerbswirtschaftlich tätig sei. Es handele sich um kein Verkehrsunternehmen. Hierunter seien z. B. Betriebe im Bereich des Personennahverkehrs zu fassen. Dass die Einsammlung und der Transport von Hausmüll durch Lastkraftfahrzeuge erfolge und zum Teil eine Transportgenehmigung erforderlich sei, sei zwangsläufig. Geprägt werde die gemeinsame Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und der A. dadurch, dass die Fahrzeuge die einzelnen Haushalte im Gebiet der Stadt L. anfahren und dort die Inhalte der verschiedenen Mülleinsammelgefäße in die Fahrzeuge verbringen. Ein Verkehrsunternehmen liege bei diesen Sammeltätigkeiten nicht vor, zumal die Schwerpunkte der Aufgaben sowie der dafür benötigte Zeitaufwand in der Einsammlung (Ladetätigkeit) liegen.
Nachdem sich in ähnlicher Weise auch der Beigeladene zu 2) geäußert hatte, entsprach der Beklagte dem Antrag der Beigeladenen zu 1) auf Übernahme in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) mit Bescheid vom 25. Juli 2001. Im Verfügungssatz hieß es weiter, dass der Zeitpunkt der Übernahme der Zuständigkeit sich nach § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB VII i.V.m. § 128 Abs. 4 Satz 5 SGB VII bestimme. In den Gründen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 3 SGB VII vorliegen. Eine mittelbare überwiegende Beteiligung der Stadt L. an der Beigeladenen zu 1) liege vor. Erwerbswirtschaftlichkeit könne bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge nicht festgestellt werden. Infolge des wirtschaftlichen, personellen und organisatorischen Zusammenhangs mit der Stadt L. sei eine Einheitlichkeit hinsichtlich der Unfallversicherung einschließlich der Prävention bei einem gemeinsamen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sinnvoll.
Hiergegen hat die Klägerin, die der Beigeladenen zu 1) vorläufigen Versicherungsschutz gewährte und sie in ihr Unternehmerverzeichnis eintrug, am 03. August 2001 Klage erhoben.
Die Klägerin, die auf Grund des vorläufigen Zuständigkeitsbescheides bis Ende 2001 Beiträge von der Beigeladenen zu 1) erhoben hat - seit dem 01. Januar 2002 führt der Beigeladene zu 2) die Versicherung der Beigeladenen zu 1) durch -, verbleibt im Wesentlichen bei ihrer vorgerichtlich geäußerten Auffassung, weist darauf hin, dass nach dem vorgelegten Bruttolohnnachweis durch die Beigeladene zu 1) ausschließlich Müllabfuhr betrieben werde, trägt zu ihrer besonderen Kompetenz im Bereich der Prävention durch Darstellung verschiedener Projekte auf diesem Gebiet vor und nimmt Bezug auf ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. November 2002, Az.: L 5 U 38/00, zum Begriff des Verkehrsunternehmens, sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23. April 2003, Az.: S 13 U 276/00, zum Begriff der Erwerbswirtschaftlichkeit.
Die Klägerin, die schriftsätzlich zunächst die Feststellung beantragt hat, dass ihre versicherungsrechtliche Zuständigkeit gegeben ist und keine Überweisung der Beigeladenen zu 1) an den Beigeladenen zu 2) zu erfolgen habe, beantragt nunmehr,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Juli 2001 aufzuheben und den Beigeladenen zu 2) zu verurteilen, die Beigeladene zu 1) aus der Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin mit Wirkung vom 01. Januar 2002 zu überweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch er verbleibt im Wesentlichen bei seiner vorgerichtlich geäußerten Auffassung.
Die Beigeladene zu 1) - und für sie auch die A1 GmbH & Co KG - wiederholt im Wesentlichen ebenfalls die vorgerichtlichen Äußerungen und stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene zu 2) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt ergänzend Bezug auf ein u.a. von ihm ein in Auftrag gegebenes Gutachten des Herrn Prof. Dr. W. vom März 2002 sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 23. Oktober 1997, Az.: S 3 U 35/94, und trägt - wie die Klägerin - vor, dass sie in der Lage sei, eine optimale Prävention zu gewährleisten und benennt verschiedene Projekte in diesem Bereich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 19. Mai 2003 sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten und der Klägerin, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist statthaft.
Soweit sie gegen den Beklagten gerichtet ist, ist die Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs.1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die richtige Klageart. Bei einem Übernahmebescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch [SGB X] mit Drittwirkung auch gegenüber dem gewerblichen Unfallversicherungsträger (vgl. u.a. Urteil des Bundessozialgerichts –BSG- vom 24. Februar 1988, Az.: 2 RU 24/87, m.w.N. zur vor Inkrafttreten des SGB VII so genannten Bezeichnungsverfügung im Sinne der §§ 653 Abs.1 Nr.2, 655 Abs. 1, 657 Abs.1 Nr.2 der Reichsversicherungsordnung –RVO-). Da bei Übernahmebescheiden der Bund bzw. ein Land in den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedsbestand einer gewerblichen Berufsgenossenschaft eingreift, liegt hier kein Gleichordnungsverhältnis, sondern ein Unterordnungsverhältnis – ähnlich wie bei einer Aufsichtsmaßnahme in Gestalt eines Verwaltungsaktes – vor, durch das eine gewerbliche Berufsgenossenschaft in ihren Rechten verletzt werden kann.
Auch die Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs.5 SGG gegen den Beigeladenen zu 2) auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) ist statthaft. Lehnt ein bisher als zuständig festgestellter Unfallversicherungsträger eine nach § 136 Abs.1 Sätze 4 und 5 SGB VII vorzunehmende Überweisung ab, so können sowohl der Unternehmer mit einer Anfechtungsklage als auch der Unfallversicherungsträger, an den das Unternehmen überwiesen werden soll, mit der Leistungsklage dagegen vorgehen (vgl. Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 136 SGB VII Rdz.7 m.N.).
Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist das eigentlich nach § 78 Abs.1 Satz 1 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage vorgeschriebene Vorverfahren nach § 78 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGG entbehrlich, weil ein Versicherungsträger klagt. Des Weiteren war die Klageerweiterung in Gestalt des Leistungsantrages gegen den Beigeladenen zu 2) als sachdienlich im Sinne des § 99 Abs.1 SGG zuzulassen, weil beiden Anträgen – sowohl gegen den Beklagten als auch den Beigeladenen zu 2) – derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt und durch die nach § 75 Abs.5 SGG mögliche Verurteilung des Beigeladenen zu 2) ein möglicher Folgeprozess der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 2) vermieden werden kann. Durch die bloße Aufhebung eines Übernahmebescheides kann eine gewerbliche Berufsgenossenschaft ihr Klageziel, das übernommene Unternehmen wiederum in ihre Zuständigkeit (zurück-) zu übernehmen, nicht erreichen, wenn die Übernahme bereits vollzogen ist - und sei es in Form eines so genannten formellen Versicherungsverhältnisses (vgl. hierzu Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 136 SGB VII Rdz.5.2) durch Erteilung eines (falschen) Zuständigkeitsbescheides oder auch nur eines Beitragsbescheides durch den Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Denn nach §§ 136 Abs.1 Sätze 4 und 5, 137 SGB VII ist hierfür ein Überweisungsakt des Eigenunfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand an die gewerbliche Berufsgenossenschaft vonnöten (vgl. hierzu im Einzelnen weiter unten).
II.
Die Klage ist, soweit sie gegen den Beklagten gerichtet ist, in vollem Umfang begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Oktober 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Die Klägerin ist der sachlich zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Beigeladene zu 1). Eine Übernahme der Beigeladenen zu 1) aus der Zuständigkeit der Klägerin in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) durch den Beklagten nach § 129 Abs.3 SGB VII kann nicht erfolgen, weil dieser § 129 Abs.3 SGB VII gemäß § 129 Abs.4 Nr.1 SGB VII nicht für Verkehrsunternehmen einschließlich Hafen- und Umschlagbetriebe gilt. Bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich um ein Verkehrsunternehmen.
Nach § 121 Abs.1 SGB VII sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) zuständig, soweit sich nicht aus dem 2. und 3. Unterabschnitt eine Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften oder der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt.
Eine Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand nach §§ 125 ff. SGB VII ergibt sich gerade nicht bei in selbständiger Rechtsform betriebenen Unternehmen – und zwar selbst dann nicht, wenn die öffentliche Hand an dem Unternehmen überwiegend beteiligt ist oder auf seine Organe einen ausschlaggebenden Einfluss hat. Anderenfalls wären die Vorschriften der §§ 125 Abs.3, 128 Abs.4 und 129 Abs.3 SGB VII überflüssig.
Nach § 122 Abs.1 Satz 1 SGB VII kann das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Eine solche Rechtsverordnung ist bisher nicht ergangen.
Nach § 122 Abs.2 SGB VII bleibt jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach Abs.1 erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt und soweit nichts anderes bestimmt ist.
Insoweit ist der die sachliche Zuständigkeit regelnde Bundesratsbeschluss vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143 ff.) nach wie vor geltendes Recht (vgl. BSGE, 39, 112; 71, 85). Die zu der Zeit bestehenden Unternehmen, Betriebe und Tätigkeiten hat der Bundesrat bei Bildung der Berufsgenossenschaften nach fachlicher und örtlicher Gliederung den einzelnen Berufsgenossenschaften zugewiesen. Das Reichsversicherungsamt (RVA) hat am 26. September 1885 (AN 1885, 254) ein alphabetisches Verzeichnis der Gewerbezweige veröffentlicht und später fortgeschrieben (AN 1886, 134; 1903, 404; 1906, 477). Ist ein Gewerbezweig in dem Bundesratsbeschluss und im alphabetischen Verzeichnis nicht aufgeführt und liegen keine späteren Beschlüsse des Bundes- oder Reichsrates oder des Reichsarbeitsministers und auch keine späteren Zuweisungen des RVA vor, so ist in entsprechender Anwendung der bezeichneten Bestimmungen ein Unternehmen derjenigen Berufsgenossenschaft zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand unter Berücksichtigung der Unfallverhütung und der Leistungsfähigkeit am nächsten steht (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 122 SGB VII Rdz.3).
Dementsprechend sind solche Unternehmen als Verkehrsunternehmen anzusehen, die ihrer Art nach zur Zeit des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 15. März 1942 (AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft, Privatbahn-Berufsgenossenschaft oder Berufsgenossenschaft für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gehörten (vgl. BSG, Breithaupt 1963, 591; in dieser Entscheidung wird auch ausgeführt, dass der Begriff Verkehrsunternehmen weit auszulegen sei, dass es auf eigene Betriebsmittel bzw. Transportfahrzeuge nicht ankomme).
Im alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige des Reichsversicherungsamtes (AN 1903, 403, 440) werden die Müllabfuhranstalten der Fuhrwerks-BG zugeordnet, die eine der Rechtsvorgängerinnen der Klägerin ist.
Danach handelt es sich bei der Beigeladenen zu 1), die ausschließlich Müllabfuhr betreibt – wenn auch ohne eigene Fahrzeuge -, um ein Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs.4 Satz 1 SGB VII, für das die Klägerin nach §§ 121, 122 SGB VII i.V.m. § 3 ihrer Satzung zuständiger Unfallversicherungsträger ist.
Dies ist auch sachgerecht. Entgegen der Auffassung des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) kann des bei der Definition des Begriffs des Verkehrsunternehmens nicht darauf ankommen, zu welchem Zweck Personen bzw. Güter transportiert werden.
Bei der Zuordnung der Gewerbezweige zu den einzelnen Berufsgenossenschaften ging und geht der Gesetzgeber vor allem von der Gewährleistung einer optimalen Prävention aus, was sich auch in der Ausnahmeregelung des § 129 Abs.4 SGB VII niederschlägt. Die Gefährdungen durch die Teilnahme am Verkehr, denen durch entsprechende Präventionsarbeit durch die Unfallversicherungsträger vorzubeugen ist, bestehen unabhängig davon, welche Güter zu welchem Zweck transportiert werden, und auch unabhängig davon, ob das jeweilige Unternehmen über eigene Fahrzeuge verfügt oder ihre Beschäftigte auf fremden Fahrzeugen fahren lässt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Beigeladenen zu 2) vorgelegten Schreiben des Vizepräsidenten des Deutschen Gemeindetags an die Träger der Gemeindeunfallversicherung vom 14. Januar 1944, dessen Rechtsqualität im Übrigen zweifelhaft ist, weil dort nur ein "Bescheid" des Reichsversicherungsamtes an ihn zitiert wird, der jedoch nicht bekannt ist, so dass die Frage, ob es sich um einen Bescheid im Rechtssinne handelte und wer rechtlich Adressat war, nicht beantwortet werden kann.
Unabhängig davon ist jedoch nur davon die Rede, dass zwischen dem Reichsarbeitsminister und dem Rechtsminister des Innern Übereinstimmung dahin erzielt worden sei, dass die Frage der versicherungsrechtlichen Zugehörigkeit der Versicherten in gemeindlichen Verkehrsunternehmungen nach gemeinderechtlichen Gesichtspunkten entsprechend der Abgrenzung des Begriffs Verkehrsbetriebe in der ersten Ausführungsanweisung des Reichsministers des Innern und des Reichsministers der Finanzen zur Eigenbetriebsverordnung entschieden werden solle, wonach die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe nicht als Verkehrsunternehmungen im Sinne der Nr.4 des Erlasses vom 16. März 1942 zu gelten haben.
Danach bezieht sich der zitierte "Bescheid" allein auf gemeindliche Unternehmen, u.a. Müllabfuhrbetriebe, nicht jedoch auf gewerbliche. Um ein solches gewerbliches Unternehmen -und nicht ein gemeindliches - handelt es sich jedoch bei der Beigeladenen zu 1), so dass eine von den oben entwickelten Zuständigkeitskriterien gegebenenfalls abweichende Beurteilung vorliegend jedenfalls nicht in Betracht kommt. Dies mag anders sein in dem vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im zitierten Urteil vom 21. November 2002 entschiedenen Fall, bei dem es um einen städtischen Entsorgungs- und Verkehrsbetrieb und damit um einen nicht in selbstständiger Rechtsform betriebenen Eigenbetrieb ging.
Danach kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten nicht mehr auf die Fragen an, ob die Beigeladene zu 1) erwerbswirtschaftlich tätig und ob die Entscheidung des Beklagten im Übrigen ermessensfehlerfrei ist.
III.
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Beigeladenen zu 2) richtet, im Wesentlichen begründet und nur hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Überweisung vorzunehmen ist, teilweise unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beigeladenen zu 2) auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) in ihre Zuständigkeit, weil der Übernahmebescheid des Beklagten, wie oben ausgeführt, rechtswidrig ist und damit kein Rechtsgrund für die seit dem 01. Januar 2002 formal bestehende Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) für die Beigeladene zu 1) vorliegt. Dieser Anspruch besteht jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft.
Nach § 136 Abs.1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger (§ 136 Abs.1 Satz 4 SGB VII). Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde.
Ist gegenüber dem Unternehmer die Zuständigkeit im Sinne des § 136 Abs.1 Satz 1 SGB VII festgestellt, hat er bis zu einer bindenden Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift alle Rechte und Pflichten gegenüber dem formell zuständigen Unfallversicherungsträger; zwischen ihm und dem Unfallversicherungsträger, der seine Zuständigkeit festgestellt hat, besteht ein formelles Versicherungsverhältnis (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 136 SGB VII Rdz.5.2 m.N.).
Grund für diese Regelung ist der Schutz des Vertrauens, der beim Unternehmer durch den – wenn auch falschen – Zuständigkeitsbescheid entstanden ist. Zur Durchführung der Präventionsarbeit, Beitragserhebung und Erbringung von Leistungen ist Rechtssicherheit erforderlich. Daher hat sich der Gesetzgeber auch mit der Regelung des § 137 Abs.1 SGB VII für den Grundsatz entschieden, dass ein Zuständigkeitsübergang nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen soll. Danach gilt: Geht die Zuständigkeit für Unternehmen nach § 136 Abs.1 Satz 4 SGB VII von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, bleibt bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, dieser Unfallversicherungsträger für das Unternehmen zuständig.
Dies ist auch sachlich gerechtfertigt. Eine Abwicklung der Beitragserhebung und der Erbringung unfallversicherungsrechtlicher Leistungen an die Beschäftigten für die Vergangenheit bringt erhebliche verwaltungstechnische Probleme mit sich, deren Inkaufnahme vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt ist, dass hier ein Interessenkonflikt zweier öffentlicher Unfallversicherungsträger besteht, im vorliegenden Fall zwischen einem Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sowie einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Gestalt der gewerblichen Berufsgenossenschaft. Diesen ist es zuzumuten, einen eigentlich rechtswidrigen Zustand vor dem Hintergrund der geschilderten Nachteile vorübergehend in Kauf zu nehmen.
Vorliegend ist nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ein so genanntes formelles Versicherungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) dadurch entstanden, dass seit dem 1. Januar 2002 die Beigeladene zu 1) von dem Beigeladenen zu 2) zu Beiträgen herangezogen wird, auch ohne dass ein formeller Zuständigkeitsbescheid im Sinne des § 136 Abs.1 Satz 1 SGB VII ergangen ist. Denn diese Vorschrift gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (vgl. § 136 Abs.24 SGB VII).
Nach Überzeugung des Gerichts sind jedoch die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätze über das formelle Versicherungsverhältnis auch auf die Fälle entsprechend anzuwenden, in denen ein Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand Beitragsbescheide gegenüber einem Unternehmen erlässt. Denn hierdurch entsteht der gleiche Vertrauensschutz auf Seiten des Unternehmens wie bei der Erteilung eines Zuständigkeitsbescheides durch eine gewerbliche Berufsgenossenschaft. Auch die übrigen oben genannten Gründe sprechen für die Annahme der formellen Zuständigkeit bis zum Eintritt der Rechtssicherheit durch Rechtskraft eines Überweisungsbescheides. Die Anwendbarkeit des § 136 SGB VII ist mit Ausnahme des Abs.1 Satz 1 und damit auch insbesondere bezogen auf den Abs.1 Satz 4 nach § 136 Abs.4 SGB VII auch nicht ausgeschlossen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) in ihre Zuständigkeit mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entbehrt jedoch einer Rechtsgrundlage. Nach § 137 Abs.1 Satz 1 SGB VII bleibt die – materiell fehlerhafte – Zuständigkeit bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, bestehen.
Bei Erlass eines Überweisungsbescheides tritt die Bindungswirkung erst nach Unanfechtbarkeit des Bescheides ein (vgl. § 77 SGG; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 137 SGB VII Rdz.3). Dieser Zeitpunkt wird bei Verurteilung des zur Überweisung verpflichteten Unfallversicherungsträgers auf Antrag des eigentlich zuständigen Versicherungsträgers im Rechtsstreit, zu dem auch das Unternehmen beigeladen ist, so dass sich das rechtskräftige Urteil nach § 141 Abs.1 Nr.1 SGG auch auf dieses erstreckt, durch den Tag der Rechtskraft des Urteils ersetzt, so dass die Zuständigkeit des Eigenunfallversicherungsträgers bis zum Ablauf des Jahres, in dem die Rechtskraft eintritt, bestehen bleibt.
Die sich daraus ergebende Aufrechterhaltung eines materiell rechtswidrigen Zustandes und die Möglichkeit des zur Überweisung verpflichteten Versicherungsträgers, diesen Zustand durch Einlegung von Rechtsmitteln zu verlängern, ist vor dem Hintergrund der Motive des Gesetzgebers zur Schaffung der §§ 136, 137 SGB VII hinzunehmen. Übergeordnet ist die Vermeidung rückwirkender Änderungen sowie der damit verbundenen verwaltungstechnischen und haushaltsmäßigen Maßnahmen (vgl. Bereiter-Hahn/Mertens, a.a.O., § 137 SGB VII Rdz.3 m.N.).
Die Beitragserhebung durch den materiell unzuständigen Versicherungsträger erscheint auch vor dem Hintergrund hinnehmbar, dass dieser für die Zeit, in der er Beiträge erhebt, auch die Präventionsarbeit leistet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Überweisung mit Wirkung für die Vergangenheit besteht vorliegend auch nicht auf der Grundlage des § 137 Abs.1 Satz 2 SGB VII, wonach Unfallversicherungsträger etwas Abweichendes vereinbaren können. Die auf dieser Rechtsgrundlage getroffene Vereinbarung betreffend Überweisung von Unternehmen mit Wirkung ab 1. Februar 2000 (abgedr. bei Bereiter-Hahn/Mertens, a.a.O., Rdz.4) regelt andere Sachverhalte als den hier vorliegenden.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der klagende gewerbliche Unfallversicherungsträger die Möglichkeit hat, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, weil der Rechtsstreit vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist; § 197a SGG i.d.F. des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 ist insoweit nicht anzuwenden (vgl. Urteil des BSG vom 30. Januar 2002, Az.: B 6 KA 12/01 R).
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Übernahme der Beigeladenen zu 1) aus der Zuständigkeit der Klägerin in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2).
Die Beigeladene zu 1) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gegenstand nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28. April 1999 mit Änderung vom 31. August 1999 Dienstleistungen sind, soweit keine genehmigungspflichtigen Tätigkeiten nach dem KrWG-/AbfG ausgeübt werden, im Bereich der Sammlung von im Abfallwirtschaftskonzept der Stadt L. aufgeführten Abfällen und deren - nicht eigenständig durchgeführter - Transport zu umweltverträglichen Abfallverwertungs- und Abfallbeseitigungsanlagen. Die Handelsregistereintragung erfolgte unter dem 27. Oktober 1999.
Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 25.000 EUR hielt zunächst in voller Höhe die A. mbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt L. war. Die A. mbH wurde später in eine GmbH & Co KG umgewandelt und firmiert seither als A1 GmbH & Co KG, deren Eigentümer zu jeweils 50 % die Stadt L. und der B. Verband sind, wobei letzterer sich aus den beiden Landkreisen Rheinisch-Bergischer Kreis und Oberbergischer Kreis zusammensetzt.
Mit Schreiben vom 10. November 1999 beantragte die Beigeladene zu 1) beim Beklagten die Übernahme in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2).
Im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Anhörung der Klägerin äußerte letztere die Auffassung, dass städtische Müllabfuhrbetriebe und Stadtreinigungsunternehmen in selbstständiger Rechtsform Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien. Im Übrigen lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 3 SGB VII nicht vor, weil lediglich eine - nicht ausreichende - mittelbare Beteiligung der öffentlichen Hand vorliege. Außerdem sei die Beigeladene zu 1) erwerbswirtschaftlich tätig, und im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass sie - die Klägerin - im Bereich Abfallwirtschaft eine optimale Präventionsarbeit zu leisten im Stande sei.
Für die Beigeladene zu 1) wies die A. mbH darauf hin, dass sie alleiniger Vertragspartner der Beigeladenen zu 1) sei. Schwerpunkt der Dienstleistungen im Bereich der Sammlung von Abfällen und deren Transport zu Abfallverwertung und -beseitigung sei die Überlassung von Personal der Beigeladenen zu 1) an die A ... Erst in Zukunft sei geplant, die Beigeladene zu 1) in geringem Umfang mit eigenen Fahrzeugen auszustatten. Aber auch dann würden die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) weiterhin auf der Grundlage des zwischen den Gesellschaften geschlossenen Personalgestellungsvertrages auf Fahrzeugen der A. eingesetzt werden. Die gesamte Verwaltungstätigkeit der Beigeladenen zu 1) werde im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages für die Beigeladene zu 1) durch die A. erledigt. Auch der Geschäftsführer beider Gesellschaften sei identisch. Erwerbswirtschaftlichkeit liege nicht vor. Ein Wettbewerb mit privaten Unternehmern finde nicht statt.
In einem Betriebsfragebogen gab die Beigeladene zu 1) an, dass sie ihr Unternehmen im Juni 1999 eröffnet habe, dass ihr eine Transportgenehmigung erteilt worden sei und dass sie eine Erlaubnis für den Güterkraftverkehr beantragt habe. Als Gewerbezweig wurde Müllabfuhr angegeben. 15 Arbeitnehmer seien im technischen Teil beschäftigt.
Nachdem die Klägerin sich dahingehend eingelassen hatte, dass es unerheblich sei, ob Fahrzeuge gestellt würden, dass es entscheidend auf Art und Gegenstand des Unternehmens ankomme, wies die A. für die Beigeladene zu 1) darauf hin, dass die Beigeladene zu 1) gegründet worden sei, um die starren Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes zu umgehen, dass sie jedoch Aufgaben der Daseinsvorsorge erfülle und nicht erwerbswirtschaftlich tätig sei. Es handele sich um kein Verkehrsunternehmen. Hierunter seien z. B. Betriebe im Bereich des Personennahverkehrs zu fassen. Dass die Einsammlung und der Transport von Hausmüll durch Lastkraftfahrzeuge erfolge und zum Teil eine Transportgenehmigung erforderlich sei, sei zwangsläufig. Geprägt werde die gemeinsame Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und der A. dadurch, dass die Fahrzeuge die einzelnen Haushalte im Gebiet der Stadt L. anfahren und dort die Inhalte der verschiedenen Mülleinsammelgefäße in die Fahrzeuge verbringen. Ein Verkehrsunternehmen liege bei diesen Sammeltätigkeiten nicht vor, zumal die Schwerpunkte der Aufgaben sowie der dafür benötigte Zeitaufwand in der Einsammlung (Ladetätigkeit) liegen.
Nachdem sich in ähnlicher Weise auch der Beigeladene zu 2) geäußert hatte, entsprach der Beklagte dem Antrag der Beigeladenen zu 1) auf Übernahme in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) mit Bescheid vom 25. Juli 2001. Im Verfügungssatz hieß es weiter, dass der Zeitpunkt der Übernahme der Zuständigkeit sich nach § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB VII i.V.m. § 128 Abs. 4 Satz 5 SGB VII bestimme. In den Gründen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 3 SGB VII vorliegen. Eine mittelbare überwiegende Beteiligung der Stadt L. an der Beigeladenen zu 1) liege vor. Erwerbswirtschaftlichkeit könne bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge nicht festgestellt werden. Infolge des wirtschaftlichen, personellen und organisatorischen Zusammenhangs mit der Stadt L. sei eine Einheitlichkeit hinsichtlich der Unfallversicherung einschließlich der Prävention bei einem gemeinsamen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sinnvoll.
Hiergegen hat die Klägerin, die der Beigeladenen zu 1) vorläufigen Versicherungsschutz gewährte und sie in ihr Unternehmerverzeichnis eintrug, am 03. August 2001 Klage erhoben.
Die Klägerin, die auf Grund des vorläufigen Zuständigkeitsbescheides bis Ende 2001 Beiträge von der Beigeladenen zu 1) erhoben hat - seit dem 01. Januar 2002 führt der Beigeladene zu 2) die Versicherung der Beigeladenen zu 1) durch -, verbleibt im Wesentlichen bei ihrer vorgerichtlich geäußerten Auffassung, weist darauf hin, dass nach dem vorgelegten Bruttolohnnachweis durch die Beigeladene zu 1) ausschließlich Müllabfuhr betrieben werde, trägt zu ihrer besonderen Kompetenz im Bereich der Prävention durch Darstellung verschiedener Projekte auf diesem Gebiet vor und nimmt Bezug auf ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. November 2002, Az.: L 5 U 38/00, zum Begriff des Verkehrsunternehmens, sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23. April 2003, Az.: S 13 U 276/00, zum Begriff der Erwerbswirtschaftlichkeit.
Die Klägerin, die schriftsätzlich zunächst die Feststellung beantragt hat, dass ihre versicherungsrechtliche Zuständigkeit gegeben ist und keine Überweisung der Beigeladenen zu 1) an den Beigeladenen zu 2) zu erfolgen habe, beantragt nunmehr,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Juli 2001 aufzuheben und den Beigeladenen zu 2) zu verurteilen, die Beigeladene zu 1) aus der Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin mit Wirkung vom 01. Januar 2002 zu überweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch er verbleibt im Wesentlichen bei seiner vorgerichtlich geäußerten Auffassung.
Die Beigeladene zu 1) - und für sie auch die A1 GmbH & Co KG - wiederholt im Wesentlichen ebenfalls die vorgerichtlichen Äußerungen und stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene zu 2) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt ergänzend Bezug auf ein u.a. von ihm ein in Auftrag gegebenes Gutachten des Herrn Prof. Dr. W. vom März 2002 sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 23. Oktober 1997, Az.: S 3 U 35/94, und trägt - wie die Klägerin - vor, dass sie in der Lage sei, eine optimale Prävention zu gewährleisten und benennt verschiedene Projekte in diesem Bereich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 19. Mai 2003 sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten und der Klägerin, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist statthaft.
Soweit sie gegen den Beklagten gerichtet ist, ist die Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs.1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die richtige Klageart. Bei einem Übernahmebescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch [SGB X] mit Drittwirkung auch gegenüber dem gewerblichen Unfallversicherungsträger (vgl. u.a. Urteil des Bundessozialgerichts –BSG- vom 24. Februar 1988, Az.: 2 RU 24/87, m.w.N. zur vor Inkrafttreten des SGB VII so genannten Bezeichnungsverfügung im Sinne der §§ 653 Abs.1 Nr.2, 655 Abs. 1, 657 Abs.1 Nr.2 der Reichsversicherungsordnung –RVO-). Da bei Übernahmebescheiden der Bund bzw. ein Land in den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedsbestand einer gewerblichen Berufsgenossenschaft eingreift, liegt hier kein Gleichordnungsverhältnis, sondern ein Unterordnungsverhältnis – ähnlich wie bei einer Aufsichtsmaßnahme in Gestalt eines Verwaltungsaktes – vor, durch das eine gewerbliche Berufsgenossenschaft in ihren Rechten verletzt werden kann.
Auch die Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs.5 SGG gegen den Beigeladenen zu 2) auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) ist statthaft. Lehnt ein bisher als zuständig festgestellter Unfallversicherungsträger eine nach § 136 Abs.1 Sätze 4 und 5 SGB VII vorzunehmende Überweisung ab, so können sowohl der Unternehmer mit einer Anfechtungsklage als auch der Unfallversicherungsträger, an den das Unternehmen überwiesen werden soll, mit der Leistungsklage dagegen vorgehen (vgl. Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 136 SGB VII Rdz.7 m.N.).
Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist das eigentlich nach § 78 Abs.1 Satz 1 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage vorgeschriebene Vorverfahren nach § 78 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGG entbehrlich, weil ein Versicherungsträger klagt. Des Weiteren war die Klageerweiterung in Gestalt des Leistungsantrages gegen den Beigeladenen zu 2) als sachdienlich im Sinne des § 99 Abs.1 SGG zuzulassen, weil beiden Anträgen – sowohl gegen den Beklagten als auch den Beigeladenen zu 2) – derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt und durch die nach § 75 Abs.5 SGG mögliche Verurteilung des Beigeladenen zu 2) ein möglicher Folgeprozess der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 2) vermieden werden kann. Durch die bloße Aufhebung eines Übernahmebescheides kann eine gewerbliche Berufsgenossenschaft ihr Klageziel, das übernommene Unternehmen wiederum in ihre Zuständigkeit (zurück-) zu übernehmen, nicht erreichen, wenn die Übernahme bereits vollzogen ist - und sei es in Form eines so genannten formellen Versicherungsverhältnisses (vgl. hierzu Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 136 SGB VII Rdz.5.2) durch Erteilung eines (falschen) Zuständigkeitsbescheides oder auch nur eines Beitragsbescheides durch den Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Denn nach §§ 136 Abs.1 Sätze 4 und 5, 137 SGB VII ist hierfür ein Überweisungsakt des Eigenunfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand an die gewerbliche Berufsgenossenschaft vonnöten (vgl. hierzu im Einzelnen weiter unten).
II.
Die Klage ist, soweit sie gegen den Beklagten gerichtet ist, in vollem Umfang begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Oktober 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Die Klägerin ist der sachlich zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Beigeladene zu 1). Eine Übernahme der Beigeladenen zu 1) aus der Zuständigkeit der Klägerin in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) durch den Beklagten nach § 129 Abs.3 SGB VII kann nicht erfolgen, weil dieser § 129 Abs.3 SGB VII gemäß § 129 Abs.4 Nr.1 SGB VII nicht für Verkehrsunternehmen einschließlich Hafen- und Umschlagbetriebe gilt. Bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich um ein Verkehrsunternehmen.
Nach § 121 Abs.1 SGB VII sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) zuständig, soweit sich nicht aus dem 2. und 3. Unterabschnitt eine Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften oder der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt.
Eine Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand nach §§ 125 ff. SGB VII ergibt sich gerade nicht bei in selbständiger Rechtsform betriebenen Unternehmen – und zwar selbst dann nicht, wenn die öffentliche Hand an dem Unternehmen überwiegend beteiligt ist oder auf seine Organe einen ausschlaggebenden Einfluss hat. Anderenfalls wären die Vorschriften der §§ 125 Abs.3, 128 Abs.4 und 129 Abs.3 SGB VII überflüssig.
Nach § 122 Abs.1 Satz 1 SGB VII kann das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Eine solche Rechtsverordnung ist bisher nicht ergangen.
Nach § 122 Abs.2 SGB VII bleibt jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach Abs.1 erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt und soweit nichts anderes bestimmt ist.
Insoweit ist der die sachliche Zuständigkeit regelnde Bundesratsbeschluss vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143 ff.) nach wie vor geltendes Recht (vgl. BSGE, 39, 112; 71, 85). Die zu der Zeit bestehenden Unternehmen, Betriebe und Tätigkeiten hat der Bundesrat bei Bildung der Berufsgenossenschaften nach fachlicher und örtlicher Gliederung den einzelnen Berufsgenossenschaften zugewiesen. Das Reichsversicherungsamt (RVA) hat am 26. September 1885 (AN 1885, 254) ein alphabetisches Verzeichnis der Gewerbezweige veröffentlicht und später fortgeschrieben (AN 1886, 134; 1903, 404; 1906, 477). Ist ein Gewerbezweig in dem Bundesratsbeschluss und im alphabetischen Verzeichnis nicht aufgeführt und liegen keine späteren Beschlüsse des Bundes- oder Reichsrates oder des Reichsarbeitsministers und auch keine späteren Zuweisungen des RVA vor, so ist in entsprechender Anwendung der bezeichneten Bestimmungen ein Unternehmen derjenigen Berufsgenossenschaft zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand unter Berücksichtigung der Unfallverhütung und der Leistungsfähigkeit am nächsten steht (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 122 SGB VII Rdz.3).
Dementsprechend sind solche Unternehmen als Verkehrsunternehmen anzusehen, die ihrer Art nach zur Zeit des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 15. März 1942 (AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft, Privatbahn-Berufsgenossenschaft oder Berufsgenossenschaft für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gehörten (vgl. BSG, Breithaupt 1963, 591; in dieser Entscheidung wird auch ausgeführt, dass der Begriff Verkehrsunternehmen weit auszulegen sei, dass es auf eigene Betriebsmittel bzw. Transportfahrzeuge nicht ankomme).
Im alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige des Reichsversicherungsamtes (AN 1903, 403, 440) werden die Müllabfuhranstalten der Fuhrwerks-BG zugeordnet, die eine der Rechtsvorgängerinnen der Klägerin ist.
Danach handelt es sich bei der Beigeladenen zu 1), die ausschließlich Müllabfuhr betreibt – wenn auch ohne eigene Fahrzeuge -, um ein Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs.4 Satz 1 SGB VII, für das die Klägerin nach §§ 121, 122 SGB VII i.V.m. § 3 ihrer Satzung zuständiger Unfallversicherungsträger ist.
Dies ist auch sachgerecht. Entgegen der Auffassung des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) kann des bei der Definition des Begriffs des Verkehrsunternehmens nicht darauf ankommen, zu welchem Zweck Personen bzw. Güter transportiert werden.
Bei der Zuordnung der Gewerbezweige zu den einzelnen Berufsgenossenschaften ging und geht der Gesetzgeber vor allem von der Gewährleistung einer optimalen Prävention aus, was sich auch in der Ausnahmeregelung des § 129 Abs.4 SGB VII niederschlägt. Die Gefährdungen durch die Teilnahme am Verkehr, denen durch entsprechende Präventionsarbeit durch die Unfallversicherungsträger vorzubeugen ist, bestehen unabhängig davon, welche Güter zu welchem Zweck transportiert werden, und auch unabhängig davon, ob das jeweilige Unternehmen über eigene Fahrzeuge verfügt oder ihre Beschäftigte auf fremden Fahrzeugen fahren lässt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Beigeladenen zu 2) vorgelegten Schreiben des Vizepräsidenten des Deutschen Gemeindetags an die Träger der Gemeindeunfallversicherung vom 14. Januar 1944, dessen Rechtsqualität im Übrigen zweifelhaft ist, weil dort nur ein "Bescheid" des Reichsversicherungsamtes an ihn zitiert wird, der jedoch nicht bekannt ist, so dass die Frage, ob es sich um einen Bescheid im Rechtssinne handelte und wer rechtlich Adressat war, nicht beantwortet werden kann.
Unabhängig davon ist jedoch nur davon die Rede, dass zwischen dem Reichsarbeitsminister und dem Rechtsminister des Innern Übereinstimmung dahin erzielt worden sei, dass die Frage der versicherungsrechtlichen Zugehörigkeit der Versicherten in gemeindlichen Verkehrsunternehmungen nach gemeinderechtlichen Gesichtspunkten entsprechend der Abgrenzung des Begriffs Verkehrsbetriebe in der ersten Ausführungsanweisung des Reichsministers des Innern und des Reichsministers der Finanzen zur Eigenbetriebsverordnung entschieden werden solle, wonach die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe nicht als Verkehrsunternehmungen im Sinne der Nr.4 des Erlasses vom 16. März 1942 zu gelten haben.
Danach bezieht sich der zitierte "Bescheid" allein auf gemeindliche Unternehmen, u.a. Müllabfuhrbetriebe, nicht jedoch auf gewerbliche. Um ein solches gewerbliches Unternehmen -und nicht ein gemeindliches - handelt es sich jedoch bei der Beigeladenen zu 1), so dass eine von den oben entwickelten Zuständigkeitskriterien gegebenenfalls abweichende Beurteilung vorliegend jedenfalls nicht in Betracht kommt. Dies mag anders sein in dem vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im zitierten Urteil vom 21. November 2002 entschiedenen Fall, bei dem es um einen städtischen Entsorgungs- und Verkehrsbetrieb und damit um einen nicht in selbstständiger Rechtsform betriebenen Eigenbetrieb ging.
Danach kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten nicht mehr auf die Fragen an, ob die Beigeladene zu 1) erwerbswirtschaftlich tätig und ob die Entscheidung des Beklagten im Übrigen ermessensfehlerfrei ist.
III.
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Beigeladenen zu 2) richtet, im Wesentlichen begründet und nur hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Überweisung vorzunehmen ist, teilweise unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beigeladenen zu 2) auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) in ihre Zuständigkeit, weil der Übernahmebescheid des Beklagten, wie oben ausgeführt, rechtswidrig ist und damit kein Rechtsgrund für die seit dem 01. Januar 2002 formal bestehende Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) für die Beigeladene zu 1) vorliegt. Dieser Anspruch besteht jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft.
Nach § 136 Abs.1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger (§ 136 Abs.1 Satz 4 SGB VII). Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde.
Ist gegenüber dem Unternehmer die Zuständigkeit im Sinne des § 136 Abs.1 Satz 1 SGB VII festgestellt, hat er bis zu einer bindenden Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift alle Rechte und Pflichten gegenüber dem formell zuständigen Unfallversicherungsträger; zwischen ihm und dem Unfallversicherungsträger, der seine Zuständigkeit festgestellt hat, besteht ein formelles Versicherungsverhältnis (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 136 SGB VII Rdz.5.2 m.N.).
Grund für diese Regelung ist der Schutz des Vertrauens, der beim Unternehmer durch den – wenn auch falschen – Zuständigkeitsbescheid entstanden ist. Zur Durchführung der Präventionsarbeit, Beitragserhebung und Erbringung von Leistungen ist Rechtssicherheit erforderlich. Daher hat sich der Gesetzgeber auch mit der Regelung des § 137 Abs.1 SGB VII für den Grundsatz entschieden, dass ein Zuständigkeitsübergang nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen soll. Danach gilt: Geht die Zuständigkeit für Unternehmen nach § 136 Abs.1 Satz 4 SGB VII von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, bleibt bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, dieser Unfallversicherungsträger für das Unternehmen zuständig.
Dies ist auch sachlich gerechtfertigt. Eine Abwicklung der Beitragserhebung und der Erbringung unfallversicherungsrechtlicher Leistungen an die Beschäftigten für die Vergangenheit bringt erhebliche verwaltungstechnische Probleme mit sich, deren Inkaufnahme vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt ist, dass hier ein Interessenkonflikt zweier öffentlicher Unfallversicherungsträger besteht, im vorliegenden Fall zwischen einem Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sowie einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Gestalt der gewerblichen Berufsgenossenschaft. Diesen ist es zuzumuten, einen eigentlich rechtswidrigen Zustand vor dem Hintergrund der geschilderten Nachteile vorübergehend in Kauf zu nehmen.
Vorliegend ist nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ein so genanntes formelles Versicherungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) dadurch entstanden, dass seit dem 1. Januar 2002 die Beigeladene zu 1) von dem Beigeladenen zu 2) zu Beiträgen herangezogen wird, auch ohne dass ein formeller Zuständigkeitsbescheid im Sinne des § 136 Abs.1 Satz 1 SGB VII ergangen ist. Denn diese Vorschrift gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (vgl. § 136 Abs.24 SGB VII).
Nach Überzeugung des Gerichts sind jedoch die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätze über das formelle Versicherungsverhältnis auch auf die Fälle entsprechend anzuwenden, in denen ein Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand Beitragsbescheide gegenüber einem Unternehmen erlässt. Denn hierdurch entsteht der gleiche Vertrauensschutz auf Seiten des Unternehmens wie bei der Erteilung eines Zuständigkeitsbescheides durch eine gewerbliche Berufsgenossenschaft. Auch die übrigen oben genannten Gründe sprechen für die Annahme der formellen Zuständigkeit bis zum Eintritt der Rechtssicherheit durch Rechtskraft eines Überweisungsbescheides. Die Anwendbarkeit des § 136 SGB VII ist mit Ausnahme des Abs.1 Satz 1 und damit auch insbesondere bezogen auf den Abs.1 Satz 4 nach § 136 Abs.4 SGB VII auch nicht ausgeschlossen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Überweisung der Beigeladenen zu 1) in ihre Zuständigkeit mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entbehrt jedoch einer Rechtsgrundlage. Nach § 137 Abs.1 Satz 1 SGB VII bleibt die – materiell fehlerhafte – Zuständigkeit bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, bestehen.
Bei Erlass eines Überweisungsbescheides tritt die Bindungswirkung erst nach Unanfechtbarkeit des Bescheides ein (vgl. § 77 SGG; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 137 SGB VII Rdz.3). Dieser Zeitpunkt wird bei Verurteilung des zur Überweisung verpflichteten Unfallversicherungsträgers auf Antrag des eigentlich zuständigen Versicherungsträgers im Rechtsstreit, zu dem auch das Unternehmen beigeladen ist, so dass sich das rechtskräftige Urteil nach § 141 Abs.1 Nr.1 SGG auch auf dieses erstreckt, durch den Tag der Rechtskraft des Urteils ersetzt, so dass die Zuständigkeit des Eigenunfallversicherungsträgers bis zum Ablauf des Jahres, in dem die Rechtskraft eintritt, bestehen bleibt.
Die sich daraus ergebende Aufrechterhaltung eines materiell rechtswidrigen Zustandes und die Möglichkeit des zur Überweisung verpflichteten Versicherungsträgers, diesen Zustand durch Einlegung von Rechtsmitteln zu verlängern, ist vor dem Hintergrund der Motive des Gesetzgebers zur Schaffung der §§ 136, 137 SGB VII hinzunehmen. Übergeordnet ist die Vermeidung rückwirkender Änderungen sowie der damit verbundenen verwaltungstechnischen und haushaltsmäßigen Maßnahmen (vgl. Bereiter-Hahn/Mertens, a.a.O., § 137 SGB VII Rdz.3 m.N.).
Die Beitragserhebung durch den materiell unzuständigen Versicherungsträger erscheint auch vor dem Hintergrund hinnehmbar, dass dieser für die Zeit, in der er Beiträge erhebt, auch die Präventionsarbeit leistet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Überweisung mit Wirkung für die Vergangenheit besteht vorliegend auch nicht auf der Grundlage des § 137 Abs.1 Satz 2 SGB VII, wonach Unfallversicherungsträger etwas Abweichendes vereinbaren können. Die auf dieser Rechtsgrundlage getroffene Vereinbarung betreffend Überweisung von Unternehmen mit Wirkung ab 1. Februar 2000 (abgedr. bei Bereiter-Hahn/Mertens, a.a.O., Rdz.4) regelt andere Sachverhalte als den hier vorliegenden.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der klagende gewerbliche Unfallversicherungsträger die Möglichkeit hat, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, weil der Rechtsstreit vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist; § 197a SGG i.d.F. des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 ist insoweit nicht anzuwenden (vgl. Urteil des BSG vom 30. Januar 2002, Az.: B 6 KA 12/01 R).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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