S 205 AS 26758/12 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
205
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 26758/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Der am 17. Oktober 2012 beim angerufenen Gericht eingegangene Antrag des Antragstellers vom gleichen Tage,

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. August 2012 bis 31. Oktober 2012 in Höhe von 409,28 EUR wahlweise durch Barauszahlung oder durch Auszahlung auf das Bankkonto der G gGmbH Nr. bei der Bank , Bankleitzahl auszuzahlen,

hat keinen Erfolg.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 ff.). Eine solche Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund, das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit, und einen Anordnungsanspruch, das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den sich ihr Begehren stützt, glaubhaft gemacht hat (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG iVm §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Bei der erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist im Bereich der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Erfolgsaussicht der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Ist dem Gericht allerdings im Eilverfahren trotz Amtsermittlungsgrundsatz eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so muss anhand der Folgenabwägung entschieden werden. Hierbei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers einzubeziehen.

Der Antrag ist unbegründet. Zwar besteht ein Anordnungsgrund (1.), indes ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben (2.).

1.) Obschon der Antrag weitestgehend Leistungen für die Vergangenheit betrifft, ist im vorliegenden Fall ein Anordnungsgrund gegeben.

a) Eine einstweilige Anordnung ist nur dann zu erlassen, wenn sie zur Abwendung der glaubhaft gemachten wesentlichen Nachteile geeignet wäre. Eine "Abwendung" ist nur dann möglich, wenn die Nachteile noch bevorstehen (Lowe, in: Hintz/Lowe, SGG, 1. Aufl., § 86b Rn. 134). Sind die Nachteile bereits eingetreten, kommt eine einstweilige Anordnung nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht in Betracht (Lowe, aaO; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl., Rn. 324). Dies ist der Fall, wenn die Zeiträume, für die Hilfe begehrt wird, im Zeitpunkt des Antrags bei Gericht bereits abgelaufen sind (Krodel, aaO). Mittels einer einstweiligen Anordnung sind daher keine Leistungen für die Vergangenheit zu gewähren (Hdb SGG-Udsching, 6. Aufl., Kap. V Rn. 41b, Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 35a; Berlit, info also 2005, 3, 11). Der Antragsteller ist insoweit auf die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zu verweisen (Wündrich, SGb 2009, 267, 271).

Eine Ausnahme hiervon sind Fälle des sog. Nachholbedarfs. Ein solcher Nachholbedarf ist dann anzunehmen, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine einstweilige Anordnung in der Lage wäre, diese noch gegenwärtige Notlage zu beseitigen (Berlit, aaO; Keller, aaO, Udsching, aaO; Krodel, aaO).

b) Ein solcher Nachholbedarf ist im Falle des drohenden Wohnungsverlustes (Keller, aaO; Wündrich, aaO) oder der drohenden Energiesperre (Krodel, aaO), also Strom- oder Heizungssperre, anzuerkennen (vgl. auch § 22 Abs. 8 SGB II).

c) So liegt der Fall hier. Der Antragsteller wohnt im Wohnheim "Die ". Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 hat der Betreiber dieses Wohnheims, die G mbH, die Kündigung dieses Unterkunftsplatzes wegen der ungeklärten Unterkunftskosten seit August 2012 angedroht. Diese Gefahr kann noch immer beseitigt werden, der zu besorgende Nachteil also abgewendet werden, denn der Antragsteller ist weiterhin im Wohnheim untergebracht und die Kündigung wegen der vorhandenen und weiteren Rückstände steht nach wie vor im Raum (vgl. Schriftsatz des Antragstellers vom 23. November 2012).

2.) Ein Anordnungsanspruch auf weitergehende Leistungen für Unterkunft und Heizung ist nicht gegeben.

a) Ein Anordnungsanspruch auf die begehrten Bedarfe für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe, mithin 409,28 EUR für den Zeitraum 1. August 2012 bis 31. August 2012, folgt nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453). Nach dieser Norm werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Die angemessenen Leistungen sind dem Antragsteller bereits gezahlt worden. Insoweit ist der ursprüngliche Anspruch des Antragstellers bereits erloschen (§ 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch).

Angemessen ist nach § 4 der Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung – WAV) vom 03. April 2012 (GVBl. S. 99) eine Bruttowarmmiete in Höhe von 380,00 EUR. Nach der Anlage 2 zu § 4 ist dieser Wert anzusetzen bei einer Gebäudefläche von mehr als 1000 m² und der Beheizung durch Erdgas. Die Angaben zur Gebäudefläche und zur Art der Beheizung sind unstreitig.

Diese angemessenen Aufwendungen in Höhe von monatlich 380,00 EUR sind dem Antragsteller für den hier streitigen Zeitraum nach dessen eigenem Vorbringen gewährt worden.

b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt ein weitergehender Anspruch auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht aus § 6 Abs. 7 WAV. Nach dieser Norm gelten die bei der Unterbringung von Wohnungslosen anfallenden tatsächlichen Aufwendungen (Tagessätze) unabhängig von den Richtwerten gemäß § 4 vorübergehend solange als angemessen, wie eine Anmietung von regulärem Wohnraum unter Beteiligung der für die Gewährung von Leistungen gemäß § 67 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Leistungsstellen nicht realisiert werden kann.

aa) Die Vorschrift ist nach summarischer Prüfung rechtswidrig und damit nichtig, da § 22b SGB II hierfür keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage bietet. Zureichende Ermächtigungsnorm kann weder § 22b Abs. 1 Satz 1 SGB II noch § 22b Abs. 3 SGB II sein.

Nach § 22b Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in der Satzung zu bestimmen, welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird und in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden.

Schon seinem Wortlaut nach beinhaltet § 6 Abs. 7 WAV keine Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen. Vielmehr fingiert die Vorschrift (" gelten als angemessen ") eine nicht bezifferte Höhe der Aufwendungen als angemessen. Es handelt sich also bereits nach dem Wortlaut um die Gewährung eines Zuschusses abweichend von der Angemessenheitsgrenze (" unabhängig von den Richtwerten gemäß § 4 ") und nicht um die (zulässige) Festlegung einer Grenze. Notwendig wäre jedoch die Festlegung einer Miete oder – im Falle von Eigentum – des Kapitaldienstes (Breitkreuz, in: BeckOK-SozR, Stand: 01.12.2012, § 22b Rn. 2).

Ferner bestimmt die Vorschrift keinerlei Angemessenheitsgrenzen, sondern führt dazu, dass die "tatsächlichen Aufwendungen" zu übernehmen sind. Im Ergebnis handelt es sich um eine § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nachgebildete Norm, nach der wegen Unmöglichkeit der Senkung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für einen vorübergehenden Zeitraum (" vorübergehend solange ") die Aufwendungen in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind. Eine Begrenzung auf angemessene Aufwendungen findet nicht statt. § 22b Abs. 1 Satz 1 SGB II ermächtigt allein zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen, nicht hingegen zur Schaffung einer Spezialvorschrift zu § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II.

Auch auf § 22b Abs. 3 SGB II lässt sich § 6 Abs. 7 WAV nicht stützen. Hiernach "soll" in der Satzung für Personen mit einem "besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung" eine Sonderregelung getroffen werden (Satz 1). Dies gilt insbesondere für Personen, die einen erhöhten Raumbedarf haben wegen einer Behinderung oder der Ausübung ihres Umgangsrechts (Satz 2).

Gemeint sind allgemein Personengruppen, bei denen der Bedarf typischerweise vom normalen Bedarf abweicht (Lauterbach, in: Gagel, SGB II/III, 46. EL 2012, § 22b SGB II Rn. 8). Die Vorschrift sieht vor, dass für bestimmte Personengruppen, die einen besonders abgesenkten oder erhöhten Bedarf für Unterkunft und Heizung haben, eine Sonderregelung für die Angemessenheit der Aufwendungen getroffen werden soll (BT-Drs. 17/3404, S. 101).

§ 6 Abs. 7 WAV bestimmt keinen Fall einer Person mit einem besonderen Bedarf. Wohnungslose haben einen Bedarf an Unterkunft und Heizung wie jede andere Person auch. Sie benötigen weder größere oder geringere Wohnflächen, mehr oder weniger Zimmer oder eine bestimmte Ausstattung für die Wohnung. Der Bedarf des Antragstellers ist kein anderer als der eines typischen 1-Personen-Haushalts.

Soweit in der Gesetzesbegründung davon die Rede ist, dass die Vorschrift auch Fälle erfassen soll, in denen vorübergehend eine besonders kostspielige Unterbringung notwendig ist (BT-Drs. 17/3404, S. 102), hat dies im Gesetz keinen Niederschlag gefunden und ist daher unbeachtlich. Im Gesetz ist ausschließlich von Personen mit einem besonderen Bedarf die Rede. Die im Gesetz (§ 22b Abs. 3 Satz 2 SGB II) geregelten Beispiele der Behinderung oder der Ausübung des Umgangsrechts betreffen ausschließlich Personen mit besonderen Bedarfen, nämlich einem "erhöhten Raumbedarf". Im Gesetz selbst findet sich kein Hinweis, dass § 22b Abs. 3 SGB II auch eine Ermächtigung schaffen wollte, eine Norm zu erlassen, die festlegt, dass die tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung vorübergehend unabhängig von der (konkreten) Angemessenheit der Bedarfe zu übernehmen sind.

Die Nichtigkeit ist im Rahmen eines Verfahrens gerichtet auf individuellen Rechtsschutz inzidenter zu prüfen und zu beachten (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 55a Rn. 3; Breitkreuz, aaO, § 22b Rn. 5). Die Nichtigkeit betrifft ausschließlich die die (vermeintlich) besonderen Bedarfe regelnde Vorschrift des § 6 Abs. 7 WAV und nicht die WAV in Gänze. Bei Unwirksamkeit einer Regelung besonderer Bedarfe ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgebers die Regelungen zur abstrakten Angemessenheitsgrenze für typische Bedarfe auch ohne die nichtige Regelung für besondere Bedarfe erlassen hätte; die Regelungen der allgemeinen Angemessenheitsgrenze machen auch ohne die Regelungen für atypische Bedarfslagen Sinn (vgl. Bätge, Sozialrecht aktuell 2011, 131, 136).

bb) Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, kann § 6 Abs. 7 WAV im vorliegenden Fall die Übernahme der tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht rechfertigen. Dabei geht die Kammer in Anbetracht der Ermächtigungsnorm und des Sinn und Zwecks der Vorschrift, die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen bei Unmöglichkeit der Kostensenkung, davon aus, dass § 6 Abs. 7 WAV teleologisch zu reduzieren ist und die Beteiligung der für die Gewährung von Leistungen gemäß § 67 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Leistungsstellen nicht notwendiges Tatbestandsmerkmal ist. § 6 Abs. 7 WAV bietet keine Rechtsgrundlage für die Übernahme der Aufwendungen in tatsächlicher Höhe für den Fall, dass der Leistungsberechtigte auch ohne die Beteiligung der in der Verordnung genannten Stelle eine "reguläre" Wohnung anmieten kann.

Die Kammer geht mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon aus, dass dem Antragsteller die Anmietung "regulären" Wohnraums zu den als abstrakt angemessen angesehenen Mieten in Berlin möglich ist.

Das Bundessozialgericht geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, eine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis zu finden, zu verneinen ist, weil es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht (BSG, Urt. v 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R; vgl. bereits BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36). Dann kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (BSG, aaO). Konkret für Berlin hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Tatsachenvermutung besteht, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt (BSG, Urt. v. 13.04.2011 – B 14 AS 32/09 R Rn. 29; vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.05.2012 - L 32 AS 741/11; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.07.2012 - L 18 AS 1632/12 NZB; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 03.04.2012 - L 32 AS 913/09; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.03.2012 - L 10 AS 1191/09).

Die vorgenannte Tatsachenvermutung hat der Antragsteller nicht erschüttert. Er hat trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht keinerlei Bemühungen um Anmietung einer Wohnung dargetan, geschweige denn, derartige Bemühungen glaubhaft gemacht.

c) Der Antragsteller kann einen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung herleiten. Hiernach werden die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, die den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anerkannt, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

An die Unzumutbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (BSG, Urt. v. 19.02.2008 - B 4 AS 30/08 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.01.2011 - L 28 AS 2276/07, Rn. 41, juris; Zimmermann, NJ 2010, 400, 403; Berlit, in: LPK-SGB II, 4. Aufl. § 22 Rn. 77). Selbst bei Bestehen einer Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Kostensenkung sind sechs Monate die regelmäßige Höchstfrist (BSG, aaO, Rn. 32; Bayerisches LSG, B. v. 26.05.2011 - L 7 AS 331/11 B ER, Rn. 21, juris). Um über diese sechs Monate hinaus höhere als angemessene Unterkunftskosten zu erhalten, muss eine besondere Bedarfssituation bestehen, die eine nochmalige Ausnahme von der Ausnahme (sechsmonatige Schonfrist) rechtfertigt (Bayerisches LSG, aaO). Wenn sich der Hilfebedürftige nicht bemüht, die unangemessenen Kosten zu senken, so werden nur die angemessenen Kosten übernommen (vgl. Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 55). Nur bei erfolglosen ernsthaften Bemühungen um eine kostenangemessene Unterkunft sind höhere Leistungen zu gewähren, wenn der Leistungsberechtigte alle ihm erreichbaren und zumutbaren Suchmöglichkeiten ausgeschöpft hat (Berlit, SGb 2011, 619, 624). Der Grundsicherungsträger ist nicht verpflichtet, über die Angabe des von ihm als angemessen anzusehenden Mietpreises hinaus den Leistungsempfänger "an die Hand zu nehmen" und ihm im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise er die Kosten der Unterkunft senken und welche Wohnungen er anmieten kann (BSG, aaO, Rn. 40, juris). Der Leistungsberechtigte muss seine Kostensenkungsbemühungen substantiiert darlegen (Berlit, in: LPK-SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 83; Lauterbach, in: Gagel, SGB II/III, 44. EL 2012, § 22 Rn. 73).

Hier hat der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung durch die Kammer keinerlei Kostensenkungsbemühungen dargelegt oder gar glaubhaft gemacht. Er hat keinen Grund angegeben, weshalb ihm die Senkung seiner Unterkunftskosten unmöglich oder unzumutbar gewesen sein könnte.

Die für die Zumutbarkeit der Kostensenkung notwendige Kenntnis der Erforderlichkeit der Kostensenkung hat der Antragsteller. Nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners ist der Antragsteller bereits am 6. Oktober 2011 aufgefordert worden, seine Unterkunftskosten zu senken. Der Antragsteller ist wiederholt, u. a. in einem persönlichen Gespräch am 6. Juni 2012, aufgefordert worden, seine "KdU" zu senken. In diesem Gespräch ist ihm eine weitere Schonfrist bis 31. Juli 2012 gewährt worden, wobei klargestellt wurde, dass er danach nur noch die angemessenen Kosten erhalten wird (VV, Band V, Bl 53).

Die Kostentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den dargestellten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

M
Rechtskraft
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