L 1 LW 2/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 LW 15/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 LW 2/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der abschnittsübergreifende Verlustabzug gem. § 10d EStG zählt nach Gesetzeswortlaut und Systematik des EStG nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts. Da der Gesetzgeber sowohl in § 15 Abs. 1 SGB IV als auch in § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG eine Parallelität von Einkommenssteuer- und Sozialrecht anstrebt, ist bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG weder ein Verlustvortrag noch ein Verlustrücktrag zuzulassen (Anschluss an BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, Az. B 5 RJ 46/00 R).
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 1. Januar 2010 bis 30. September 2011 Anspruch auf einen Beitragszuschuss hat sowie ob die Beklagte berechtigt war, von November 2007 bis November 2008 gezahlte Beitragszuschüsse in Höhe von 1.641,- Euro zurückzufordern.

Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 7. Januar 2002 ein Beitragszuschuss gemäß § 32 ff. ALG in Höhe von monatlich 112,- Euro bewilligt. Die Beklagte legte der Berechnung ein sich aus dem Einkommensteuerbescheid 1999 ergebendes maßgebendes Einkommen in Höhe von 0,- Euro zu Grunde. Weitere Bewilligungen erfolgten mit Bescheiden vom 7. Januar 2003, 15. Januar 2004, 14. Juni 2004, 10. Januar 2005, 6. April 2005, 2. November 2005, 8. Januar 2007, 6. November 2007 (Beitragszuschuss in Höhe von 122,- Euro ab 1. November 2007, Einkommensteuerbescheid 2005 vom 1. August 2007, maßgebendes Einkommen 2.100,- Euro), 4. Januar 2008 (Beitragszuschuss in Höhe von 127,- Euro ab 1. Januar 2008, Einkommensteuerbescheid 2005) und 18. Dezember 2008 (Beitragszuschuss in Höhe von 130,- Euro ab 1. Januar 2009, Einkommensteuerbescheid 2005).

In den Bescheiden ist jeweils der Hinweis enthalten, dass der Kläger verpflichtet sei, zwischenzeitlich erhaltene neue Einkommensteuerbescheide der Beklagten umgehend vorzulegen. Geschehe dies nicht, entziehe die Alterskasse den Beitragszuschuss. Im Rahmen eines automatisierten Datenabgleichs mit den Finanzämtern werde geprüft, ob und wann ein Einkommensteuerbescheid ausgefertigt worden sei. Dies ändere nichts an der Verpflichtung des Klägers, alle Einkommensteuerbescheide umgehend vorzulegen.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass nach der Auskunft der zuständigen Finanzbehörde am 4. Dezember 2008 neue Einkommensteuerbescheide für 2005, 2006 und 2007 ausgefertigt worden seien. Sofern diese nicht umgehend vorgelegt würden, müsste der bewilligte Beitragszuschuss entzogen werden. Eine Erinnerung erging mit Schreiben vom 18. Februar 2009.

Nachdem keine Antwort vom Kläger erfolgte, bat die Beklagte das zuständige Finanzamt S. um Übersendung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005, 2006 und 2007 oder um Mitteilung der Einkünfte auf den Vordrucken. Diese übersandte daraufhin die Angaben des Klägers vom 11. März 2009 zu seinen Einkünften für das Jahr 2005 ("Schätzung unter Vorbehalt" Land- und Forstwirtschaft - LuF -: 60.000,- Euro, Vermietung und Verpachtung: 100,- Euro), 2006 (LuF: 60.000,- Euro) und 2007 (LuF: 200,- Euro).

Mit Bescheid vom 16. März 2009 lehnte sodann die Beklagte den Beitragszuschuss vom 1. November 2007 bis 30. November 2008 ab und bewilligte ihn ab 1. Dezember 2008 in Höhe von 127,- Euro, ab 1. Januar 2009 in Höhe von 130,- Euro. Die Bescheide vom 6. November 2007, 4. Januar 2008 und 18. Dezember 2008 wurden aufgehoben. Zugleich wurde die Erstattung eines zu viel gezahlten Zuschussbetrags in Höhe von 1.641,- Euro verlangt. Das für die Anspruchsprüfung maßgebliche Einkommen (Hälfte des Gesamtjahreseinkommens) belaufe sich auf 30.100.- Euro. Da damit die Einkommensgrenze von 15.500,- Euro überschritten werde, bestehe kein Anspruch auf Beitragszuschuss.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Bitte ein, den Zuschuss anhand des mitübersandten Einkommensteuerbescheids 2007 neu zu berechnen. Aus dem Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 12. März 2009 gehen Einkünfte des Klägers aus LuF in Höhe von 200,- Euro hervor. Die Ehefrau des Klägers hat danach keine Einkünfte erzielt.

Der Widerspruch wurde mit bestandskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009 zurückgewiesen.

Auf Aufforderung der Beklagten legte der Kläger mit Schreiben vom 24. November 2009 den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 13. Oktober 2009 vor. Hieraus ergeben sich Einkünfte aus LuF in Höhe von 40.000,- Euro, der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug des Freibetrags für Land- und Forstwirte betrug 38.660,- Euro. Nach Abzug eines Verlustvortrags in Höhe von 28.612.- Euro und eines Sonderausgaben-Pauschbetrags in Höhe von 72,- Euro ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 9.976,- Euro. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung. In den Erläuterungen zur Festsetzung ist ausgeführt, das Finanzamt habe die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO geschätzt, weil der Kläger trotz Aufforderung bisher keine Steuererklärung abgegeben habe. Darüber hinaus erging der Bescheid gemäß § 165 Abs. 1 S. 2 AO im Hinblick auf eine Reihe streitiger Rechtsfragen teilweise vorläufig.

Mit angefochtenem Bescheid vom 18. Dezember 2009 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 1. Januar 2010 keinen Anspruch auf Beitragszuschuss hat. Der Bescheid über die Bewilligung des Beitragszuschusses werde daher mit Ablauf des 31. Dezember 2009 aufgehoben und die Zahlung eingestellt. Maßgebendes Einkommen für die Anspruchsprüfung seien 50 % von dem im Steuerbescheid vom 13. Oktober 2009 festgestellten 40.000,- Euro Arbeitseinkommen des Klägers aus LuF, also 20.000,- Euro. Damit würde die Einkommensgrenze von 15.500.- Euro überschritten.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der aktuelle Einkommensteuerbescheid sei lediglich vorläufig und nach § 162 AO ergangen. Er beantrage, den Beitragszuschuss nach dem Wirtschaftswert zu bemessen. Wie sich aus dem beiliegenden Einheitswertbescheid ergebe, bestehe Anspruch auf vollen Beitragszuschuss. In dem beigefügten Einheitswertbescheid vom 6. Oktober 2009 des Finanzamts Weilheim S. ist der Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers auf 28.121,- Euro festgesetzt, wobei dem Kläger und seiner Ehefrau jeweils die Hälfte dieses Betrags zugerechnet worden ist. Später erklärte der Kläger, es sei von dem tatsächlich zu versteuernden Einkommen in Höhe von 9.976,- Euro auszugehen. Damit bestehe ein Anspruch auf Beitragszuschuss.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2009 zurück. Aus dem Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 2009 und auch aus dem vorhergegangenen Einkommensteuerbescheid gehe nicht hervor, dass die Einkünfte aus LuF nach § 13a EStG ermittelt worden seien. Vielmehr erfolgte auch in den letzten Veranlagungsjahren eine Einkommensermittlung durch Buchführung. Komme der Landwirt gegenüber der Finanzverwaltung seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht nach und erfolge deshalb eine Schätzung der Einkünfte, so sei dies einer Einkommensermittlung nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG gleichzustellen.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und erklärt, er sei durch die Ablehnung des Beitragszuschusses ab dem 1. Januar 2010 und durch die nachträgliche Rückforderung des Beitragszuschusses vom 1. November 2007 bis 30. November 2008 beschwert. Nach dem Einkommensteuerbescheid 2008 betrage das von beiden Ehegatten zu versteuernde Einkommen 9.976.- Euro. Hierfür würden ihm 4.988,- Euro zugerechnet. Gemäß § 32 Abs. 3 S. 4 ALG sei das tatsächlich zu versteuernde Einkommen für den Beitragszuschuss maßgebend. Er berufe sich nicht mehr darauf, dass die Einkünfte über den Wirtschaftswert ermittelt werden müssten. Außerdem hat er auf den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 12. März 2009 hingewiesen, in dem ein Einkommen von 1.000,- Euro ausgewiesen werde. In entsprechender Anwendung des § 34 Abs. 6 ALG sei der Beitragszuschuss rückwirkend zu leisten. Mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 sei auch die Zuschussrückforderung rückwirkend hinfällig. Entscheidend sei das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen. Außerdem handele es sich um einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid 2008. Dieser, auf einer bloßen Schätzung basierende Einkommenssteuerbescheid könne nicht den bislang gewährten Beitragszuschuss beenden. Der Auffassung der Beklagten stehe auch der berichtigte Einkommensteuerbescheid 2007 entgegen. Die Empfehlung der Beklagten, eine Einkommensteuererklärung 2008 umgehend beim Finanzamt nachzureichen, sei grotesk. Durch die permanente Zwangsvollstreckung mit teilweisem Erfolg sei eine geordnete Wirtschafts- und Buchführung unmöglich. Der größtmögliche Beitragszuschuss sei rückwirkend zu gewähren und die Vollstreckung der Rückforderung einzustellen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. September 2010 hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010 zur Zahlung eines Beitragszuschusses anhand eines aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ermittelten Einkommen zu verurteilen. Das SG hat mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die Zuschussgewährung orientiere sich stets an einer etwas älteren und daher naturgemäß nicht immer aktuellen Einkommenslage. Dies bringe Berechtigten genauso viele Nachteile wie Vorteile. Einerseits würden Zuschüsse für Jahre schlechten Einkommens gering festgesetzt, weil in einer etwa ganz anderen beruflichen, familiären und gesundheitlichen Situation vor 2 oder 3 Jahren höhere Einnahmen erzielt worden seien, andererseits hätten aber auch Zeiten mit schwieriger Einkommenslage zuschussrechtlich noch günstige Fortwirkungen in bessere Jahre hinein. Die Zufälligkeit der Ergebnisse könne jedoch hingenommen werden, weil die Beitragszuschüsse nicht so hoch seien und die Aufeinanderfolge der Einkommensteuerbescheide dafür sorge, dass atypische Festlegungen nicht für längere Zeit Wirkung hätten. Erst recht müsse der Kläger hinnehmen, dass sich die Schätzung seines Einkommens durch das Finanzamt für seinen Zuschuss nachteilig auswirke, da dies auf der von ihm unterlassenen Einkommensteuererklärung beruhe.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und erneut darauf verwiesen, dass sein zu versteuerndes Gesamteinkommen nur 9.976,- Euro betrage. Er berufe sich auf die von der Beklagten herausgegebenen Hinweise zum Beitragszuschuss. Aus welchen Gründen die Finanzbehörde zuerst den Gesamtbetrag der Einkünfte auf 38.860,- Euro geschätzt und hiervon anschließend wieder 28.612,- Euro gemeinsamen Verlustvortrag abziehe, sei ohne Belang. Verlustvorträge seien dazu da, in gewinnstarken Jahren gewinnmindernd aufgelöst zu werden. Außerdem seien Verlustvorträge der Ersatz für Verluste oder negative Einkommen aus zurückliegenden Jahren. Auch gehe aus § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV hervor, dass das Arbeitseinkommen nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sei und nicht nach dem ALG. Auf eine Entscheidung des BSG, Az. B 1 KR 28/07 R, werde verwiesen. Die geschätzte Höhe des Einkommens von 9.976.- Euro entspreche auch dem zu Grunde liegenden Wirtschaftswert. Er und seine Ehefrau hätten auch nur Arbeitseinkommen aus LuF. Er hat den Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 2009 nebst Bescheid über die gesonderte Feststellung des ver-bleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer selben Datums vorgelegt.

Nachdem der Kläger der Beklagten den Steuerbescheid 2009 vom 21. Oktober 2011 übersandt hatte, in dem - ebenfalls teilweise vorläufig sowie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - Einkünfte aus LuF in Höhe von 24.000,- Euro sowie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 733,- Euro angesetzt waren, hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Oktober 2011 - ausgehend von einem zu berücksichtigenden Einkommen des Klägers in Höhe von 12.000,- Euro - ab 1. Oktober 2011 einen Beitragszuschuss in Höhe von 61,- Euro bewilligt. Ab 1. Januar 2012 beträgt der Zuschuss 63,- Euro.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010 zu verurteilen, ab 1. November 2007 bis 30. November 2008 sowie ab 1. Januar 2010 bis 30. September 2011 einen Beitragszuschuss in der Höhe des gesetzlichen Höchstbetrags zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010 abgewiesen. Soweit der Kläger für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 die Zahlung eines Beitragszuschusses begehrt, ist die Klage unzulässig. Für die Zeiten ab dem 1. Januar 2010 bis September 2011 ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Zeit ab 1. Oktober 2011 ist nicht Streitgegenstand.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 18. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2010, nicht hingegen der Bescheid vom 16. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009. Mit diesen letztgenannten Bescheiden hatte die Beklagte einen Beitragszuschuss für den Zeitraum 1. November 2007 bis 30. November 2008 abgelehnt, die anders lautenden Bescheide vom 6. November 2007, 4. Januar 2008 und 18. Dezember 2008 wieder aufgehoben und zugleich die Erstattung eines zu viel gezahlten Zuschussbetrags in Höhe von 1.641,- Euro verlangt. Der Bescheid vom 16. März 2009 ist bestandskräftig und damit für die Beteiligten bindend geworden, da der Kläger den auf seinen Widerspruch hin ergangenen Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009 nicht vor dem SG im Klagewege angefochten hat. Vom Senat ist daher nicht darüber zu befinden, ob die Beklagte berechtigt war, den für diesen Zeitraum bereits bezahlten Beitragszuschuss zurückzufordern.

Die Beklagte hat darüber hinaus mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2009 allein über die Frage entschieden, ob der Kläger ab 1. Januar 2010 einen Anspruch auf Beitragszuschuss hat. Eine Entscheidung über die Zahlung eines Beitragszuschusses für vorangegangene Zeiträume wird in diesem Bescheid nicht getroffen. Soweit der Kläger einen Beitragszuschuss vor dem 1. Januar 2010 begehrt, ist die Klage damit unzulässig. Denn bevor die Gerichtsbarkeit mit einem behaupteten Anspruch auf eine Leistung befasst wird, muss zunächst der Versicherungsträger über das behauptete Recht entscheiden. Die unmittelbare Inanspruchnahme der Gerichtsbarkeit ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

Der Bescheid vom 28. Oktober 2011 wurde nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens, da mit ihm der Bescheid vom 18. Dezember 2009 nicht abgeändert wurde. Bei der Ablehnung des Beitragszuschusses durch den angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2009 handelt es sich nicht um einen Dauerverwaltungsakt, der durch einen Bescheid abgeändert oder ersetzt werden könnte, durch den für einen späteren Zeitpunkt erneut ein Beitragszuschuss bewilligt wird.

Soweit der Kläger die Zahlung eines Beitragszuschusses ab 1. Januar 2010 bis 30. September 2011 begehrt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung eines Beitragszuschusses.

Gemäß § 32 Abs. 1 ALG in der ab 1. Januar 2009 gültigen Fassung erhalten versicherungspflichtige Landwirte einen Zuschuss zu ihrem Beitrag, wenn das nach § 32 Abs. 2 ALG ermittelte jährliche Einkommen 15.500,- Euro nicht übersteigt. Das jährliche Einkommen wird gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 ALG aus dem Jahreseinkommen des Landwirts und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten ermittelt; das Einkommen wird jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet. § 32 Abs. 3 Satz 1 ALG bestimmt, dass das Jahreseinkommen die Summe der in § 32 Abs. 3 S. 3 genannten Einkommen ist. Einkommen ist nach § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG die Summe der erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG, soweit die Einkünfte nicht unter die Nr. 2 fallen und nach § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 ALG Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4, wobei Renten wegen Todes als Erwerbsersatzeinkommen gelten.

Maßgebend für die Feststellung des Einkommens nach § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG sind dabei
1. die sich aus dem sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr beziehenden Einkommensteuerbescheid ergebenden Einkünfte so, wie sie der Besteuerung zugrundegelegt worden sind, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten 4 Kalenderjahre erfolgt ist oder
2. die im vorvergangenen Kalenderjahr erzielten entsprechenden Einkünfte, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer für die letzten 4 Kalenderjahre nicht erfolgt ist, wobei das Arbeitsentgelt um den Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 1 EStG) zu verringern ist (§ 32 Abs. 3 S. 4 ALG).

Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 ALG ist der Einkommensteuerbescheid der landwirtschaftlichen Alterskasse spätestens 2 Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen. Änderungen des Einkommens sind vom Beginn des 3. Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides zu berücksichtigen; dies gilt entsprechend, wenn vor erstmaliger Bewilligung eines Zuschusses zum Beitrag Einkommensteuerbescheide aus unterschiedlichen Veranlagungsjahren vorliegen (§ 32 Abs. 4 S. 2 ALG). Einkommensteuerbescheide, die die dem Zuschuss zum Beitrag zugrundegelegte Einkommensteuerbescheide ändern, werden mit Wirkung für die Vergangenheit berücksichtigt.

§ 32 Abs. 5, 6 ALG sehen Sonderregelungen für den Fall vor, dass der Gewinn aus LuF nicht nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG mittels Buchführung ermittelt wird. Dies ist nach den eigenen Angaben des Klägers jedoch nicht der Fall. Im Klageverfahren hat er klargestellt, dass er sich nicht mehr darauf berufe, die Einkünfte müssten über den Wirtschaftswert durch die Beklagte ermittelt werden (vgl. § 32 Abs. 6 ALG). Auch aus den Steuerbescheiden ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, die Ermittlung der Einkünfte aus LuF sei nicht mittels Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 und 3 EStG erfolgt, sondern gemäß § 13a EStG nach Durchschnittssätzen.

Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Grundlagen ist der angefochtene Bescheid vom 18. Dezember 2009 nicht zu beanstanden. Der maßgebliche Steuerbescheid für die Festsetzung des Beitragszuschusses 2010 ist gemäß § 32 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 ALG der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 13. Oktober 2009. Der Begriff "zeitnächst" bezieht sich zum einen auf das Kalenderjahr, für das der Anspruch auf Beitragszuschuss zu prüfen ist und zum anderen auf den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, das dem Kalenderjahr, für das der Anspruch auf Beitragszuschuss zu prüfen ist, am nächsten ist. Der Zeitpunkt der Ausfertigung des Einkommensteuerbescheids ist unerheblich. Der Anspruch auf Beitragszuschuss war von der Beklagten für das Jahr 2010 zu prüfen. Der Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 2009 bezieht sich auf das Kalenderjahr 2008. Dieses ist das zeitnächste Veranlagungsjahr innerhalb der 4 Jahresfrist des § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 ALG, für das ein Einkommensteuerbescheid ergangen war (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2005, Az. L 10 LW 4330/03).

Unerheblich ist dabei, dass der Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 2009 gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sowie nach § 165 Abs. 1 S. 2 AO teilweise vorläufig ergangen ist. § 32 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 ALG differenziert insoweit nicht danach, ob der Einkommensteuerbescheid endgültig, vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Entscheidend sind allein die Einkünfte so, wie sie der Besteuerung zugrundegelegt worden sind. Die positiven Einkünfte aus LuF in Höhe von 40.000,- Euro wurden durch den Bescheid vom 13. Oktober 2009 der Besteuerung des Klägers und seiner Ehefrau zugrundegelegt.

Die Anordnung der teilweisen Vorläufigkeit des Bescheids steht im Übrigen in keinem Zusammenhang zu der Ermittlung der Einkünfte aus LuF in Höhe von 40.000,- Euro. Dies gilt für alle im Einkommensteuerbescheid aufgeführten Gründe für die Vorläufigkeit des Bescheids (z.B. Höhe der kindbezogenen Freibeträge, Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben).

Der Vorbehalt der Nachprüfung beruht allein darauf, dass der Kläger seine Einkommensteuererklärung nicht fristgerecht abgegeben hat. Deshalb musste die Steuerfestsetzung auf der Grundlage einer Schätzung erfolgen. Würde man einem Einkommensteuerbescheid unter Vorbehalt auf der Grundlage einer Schätzung der Einkünfte des Steuerpflichtigen nicht die Fähigkeit beimessen, Grundlage für die Feststellung des jährlichen Einkommens des Versicherten zu sein, hätte es der Versicherte in der Hand, durch die bloße Nichtabgabe einer Einkommensteuererklärung sich einen in der Vergangenheit gezahlten Beitragszuschuss trotz Ansteigens seiner Einkünfte über die Grenze von 15.500,- Euro hinaus innerhalb der 4-Jahresgrenze zu erhalten. Ein derartiges Ergebnis entspricht in keiner Weise den Intentionen des Gesetzgebers.

Gemäß § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG ist unter Einkommen die Summe der erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG zu verstehen. Diese stimmen nach Art und Höhe mit dem Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV überein. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht auf das zu versteuernde Einkommen an. Da nur die positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG von Bedeutung sind, bleiben Abzugsposten außerhalb der Einkünfteermittlung und damit der erst von der Summe der Einkünfte abzuziehende Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) sowie erst recht die zur Ermittlung des Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmenden Abzüge wie insbesondere der Verlustabzug nach § 10 d EStG, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen außer Betracht (Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Hrsg) ALG, Kommentar, § 32 ALG, Seite 2.2 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, Az. B 5 RJ 46/00 R, in juris).

Der abschnittsübergreifende Verlustabzug gem. § 10d EStG zählt nach Gesetzeswortlaut und Systematik des EStG nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts. Durch ihn werden vielmehr nur die erzielten positiven Einkünfte des Veranlagungsjahres unter Durchbrechung der Abschnittsbesteuerung von der Besteuerung ausgenommen (BFH, Beschluss vom 31. März 2008, Az. III B 90/06. in juris). Da der Gesetzgeber sowohl in § 15 Abs. 1 SGB IV als auch in § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG eine Parallelität von Einkommenssteuer- und Sozialrecht angestrebt hat, ist somit bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG weder ein Verlustvortrag noch ein Verlustrücktrag zuzulassen. Damit soll weitgehend verhindert werden, dass steuertechnische Abzugsmöglichkeiten, die zu Verlusten führen, einen Anspruch auf soziale Leistungen begründen. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (BSG, a.a.O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 8. November 2001, Az. B 10 LW 37/00 R, in juris). Der Verlustvortrag in Höhe von 28.612.- Euro, der Freibetrag für Land- und Forstwirte in Höhe von 1.340,- Euro sowie der Sonderausgaben-Pauschbetrag über 72,- Euro haben damit außer Ansatz zu bleiben.

Das vom Kläger zitierte Urteil des BSG vom 6. November 2008, Az. B 1 KR 28/07 R, in juris, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Dieses Urteil befasst sich zum einen mit einem völlig anderen Sachverhalt. Es betrifft nicht die Frage, ob bei der Einkünfteermittlung im Rahmen des § 32 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ALG ein Verlustabzug gem. § 10d EStG zu berücksichtigen ist, sondern legt dar, dass unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der das Krankengeld betreffenden Regelungen bei der Berechnung des Krankengelds die Ansparrücklage (§ 7g Abs. 3 S. 1 EStG a.F.) eine das Arbeitseinkommen mindernde Größe darstellt. Zum anderen hat die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG den Gewinn und damit das Arbeitseinkommen gemindert, während der Verlustabzug gem. § 10d EStG gerade nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu einer Minderung des Gewinns führt, sondern vielmehr erst später beim Gesamtbetrag der Einkünfte abzusetzen ist. Der Grundsatz der Parallelität von Einkommenssteuer- und Sozialrecht spricht damit im Falle der Ansparrücklage - im Gegensatz zum Verlustabzug gem. § 10d EStG - für deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des sozialrechtlich relevanten Einkommens.

Die im Einkommensteuerbescheid 2008 enthaltene Feststellung einer Summe der erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG der Eheleute A. in Höhe von 40.000,- Euro ist für die Beklagte bindend. Dies ergibt sich aus der Formulierung "so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind" in § 32 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 ALG (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 9. März 2000, Az. L 10 LW 48/99). Damit war die Beklagte verpflichtet, den Betrag von 40.000,- Euro als Gesamteinkommen der Eheleute A. für die Berechnung des Beitragszuschusses zu übernehmen. Da der dem Kläger zuzurechnende hälftige Betrag in Höhe von 20.000,- Euro über der Grenze des § 32 Abs. 1 ALG in Höhe von 15.500,- Euro liegt, stand dem Kläger vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 13. Oktober 2009 (vgl. § 32 Abs. 4 S. 2 ALG) und damit ab 1. Januar 2010 kein Beitragszuschuss mehr zu.

Eine Änderung dieser Festsetzung war gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 ALG erst dann veranlasst, als der Steuerbescheid 2009 vom 21. Oktober 2011 vorgelegt wurde. Aus diesem geht hervor, dass die Summe der erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG der Eheleute A. nunmehr 24.000,- Euro beträgt. Hiervon sind dem Kläger 50 % und damit 12.000,- Euro zuzurechnen. Damit errechnet sich gemäß § 33 Abs. 1 S. 1-3 ALG ab 1. Oktober 2011 ein Beitragszuschuss in Höhe von 61,- Euro, ab 1. Januar 2012 in Höhe von 63,- Euro. Der weitere Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2011 ist allerdings nicht Streitgegenstand, wäre aus Sicht des Senats aber ebenfalls nicht zu beanstanden.

Abschließend sei angemerkt, dass sich ein anderes Ergebnis aus den Hinweisblättern der Beklagten, auf die sich der Kläger berufen hat, nicht ergibt.

Die Berufung war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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