Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 6320/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 339/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) G und B.
Für die 1950 geborene Klägerin wurde zuletzt mit Bescheid vom 21.05.2004 ein GdB von 50 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Kopfschmerzsyndrom (Grad der Behinderung - GdB 30), Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen, psychovegetativer Störungen, Menière-Krankheit (GdB 30), eines Schlafapnoe-Syndrom (GdB 20) und einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (GdB 10) festgestellt.
Am 28.08.2008 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihrer Behinderung und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche B und G. Dazu legte sie ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin W. vom 14.02.2008 über folgende Diagnosen vor: Belastungsdyspnoe, Hashimoto-Thyreoiditis Z.n., Antriebsschwäche, Schlafapnoe-Syndrom, HWS-Syndrom, Adipositas, Reizdarmsyndrom, gemischte Hyperlipidämie, Kopfschmerzsyndrome, Radikulopathie: Lumbalbereich. Aufgrund rezidivierender Stürze sei es notwendig, dass die Klägerin von einer Begleitperson begleitet werde. Der Orthopäde Dr. R. bescheinigte in einem Attest vom 29.02.2008 eine fortgeschrittene Degeneration der Kniegelenke und degenerative Veränderungen der Füße, insbesondere der Großzehengelenke auf Grund einer bekannten Fibromyalgie. Ein Treppensteigen solle zur Vermeidung einer Verschlimmerung vermieden werden. Die Klägerin legte weiterhin Arztbriefe der Ärztin für Anästhesiologie W. vom 01.02.2005, 22.04.2005, 10.08.2005 , 10.11.2005 und 22.09.2006 sowie ihren Bericht für die Deutsche Rentenversicherung vom 01.03.2005 vor (chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Tinnitus, V.a. M. Menière, rez. Lumbalgie, Z.n. Nukleotomie L4/5 vor 20 Jahren, beginnende Gonarthrose links ) rechts, Reizdarmsyndrom mit krampfartigen Bauchschmerzen, Lactose-, Fructoseintoleranz, Schlafapnoe-Syndrom, chronische Müdigkeit, Cervikalgie, Cervicocephalgie, Herpes Zoster 4/2005, fragliche Angststörung, somatoforme Schmerzstörung).
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. K., 27.04.2008) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2008 einen GdB von 60 fest. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G und B lehnte er ab. Dagegen erhob die Klägerin am 27.05.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, dass es notwendig sei, dass sie jemand begleite, weil es unter anderem schon vorgekommen sei, dass sie einfach umgekippt sei. Mehrmals pro Woche werde ihr plötzlich schwindelig. Es sei für sie eine große Belastung, die 300 m bis zur Straßenbahnhaltestelle zu gehen.
Der Beklagte holte einen Befundbericht des Arztes W. vom 09.07.2008 ein. Dort hatte die Klägerin unverändert einen unsystematischen Schwindel angegeben, der täglich auftrete. Sie klage über Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken. Dem Bericht war beigefügt der Arztbrief der nervenärztlichen Praxis Dr. A. und Kollegen vom 19.09.2007 mit der Diagnose eines unsystematischen Schwindels bei Verdacht auf phobische Attacken-/Schwankschwindel bei latenter Angsterkrankung, Angabe einer Hemihypästhesie rechts bei Angst vor Schlaganfallerkrankung. Die Klägerin sei bisher niemals gestürzt.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. K., 28.06.2008 und 12.08.2008, weiterer Arzt, 28.08.2008) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2008 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 19.09.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung sie vortrug, sie leide ständig an Schwindelattacken, falle oft hin und benötige deshalb ständige Begleitung. Ihr Gehradius betrage 300 m in 40 min.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Neurologe Prof. Dr. N. gab unter dem 06.11.2008 an, er habe die Diagnose eines phobischen Attackenschwindel gestellt, der leicht bis mittelschwer sei. Wesentlich sei, dass diese Patienten nicht stürzten, wenngleich sie attackenförmig diese Angst hätten und nicht neutralisieren könnten. Die Gehfähigkeit sei nicht beeinträchtigt und habe bei den Untersuchungen mit erschwerten Stand- und Gangprüfungen nicht objektiviert werden können. Die Klägerin sei zu den dortigen Untersuchungsterminen ohne Begleitperson gekommen soweit er sich erinnern könne.
Der HNO-Arzt Dr. P. teilte unter dem 11.11.2008 mit, dass eine beidseits geringgradige Innenohrschwerhörigkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Es ergebe sich ein Hörverlust von rechts 28%, links 22%. Die Innenohrschwerhörigkeit bedinge einen GdB von 10. Es bestehe keine objektivierbare vestibuläre Störung, die Klägerin berichte über ein Ohrensausen. Aus HNO-ärztlicher Sicht gebe es keine Einschränkung der Gehfähigkeit oder ein Angewiesensein auf ständige Begleitung.
Der Orthopäde Dr. R. beantwortete die Anfrage am 20.11.2008. Es bestehe ein Senk-Spreizfuß und ein Fersensporn beidseits, eine Gonarthrose des rechten und linken Kniegelenks, eine Cervikobrachialgie, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits. Am 26.09.2008 sei im B. Krankenhaus eine Kniegelenksprothese links eingesetzt worden (Entlassungsbericht vom 28.10.2008). Nach Ablauf der Nachbehandlung könne die Klägerin wieder zwei Kilometer in einer halben Stunde zurücklegen. Eine ständige Begleitung brauche die Klägerin nicht.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. gab unter dem 09.03.2009 an, die Klägerin sei wegen Kniebeschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen, Problemen mit der bekannten nCPAP Therapie (Druck: 8 cm/H2O) bei ihm in Behandlung. Es lägen leichte Folgen des Schwindels in Form einer leichten Unsicherheit und geringer Schwindelerscheinungen bei alltäglicher Belastung vor. Sie sei wegen der subjektiv ausgeprägten Schwindelsymptomatik schon nach einigen Metern nicht in der Lage, 2 km im Ortsverkehr zurückzulegen. Deshalb sei sie seines Erachtens auf eine Begleitperson angewiesen. Nach der Knieoperation mit TEP-Implantat habe sich ein komplikationsloser Verlauf ergeben.
In der Zeit vom 15.10.2008 bis 12.11.2008 war die Klägerin in Rehabilitation in den W. Z. K. (Entlassungsbericht vom 02.12.2008) zur Anschlussheilbehandlung nach Implantation der Kniegelenksendoprothese.
Die Klägerin reichte einen Arztbrief des Gastroenterologen Dr. v. E. vom 24.03.2009 zu den Akten, der eine Laktoseunverträglichkeit und Fructoseintoleranz mitteilte.
Der Beklagte legte eine Stellungnahme des Dr. K. vom 15.05.2009 vor.
Das SG befragte Dr. R. erneut schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er teilte am 03.08.2009 mit, dass die Klägerin subjektiv noch Schmerzen nach längerem Laufen und ein Fremdkörpergefühl im Kniegelenk habe. Das Bewegungsausmaß betrage 110/0/0°. Das wirke sich nur noch unwesentlich auf die Gehfähigkeit der Klägerin aus.
Das SG holte auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. E. aufgrund einer Untersuchung am 14.01.2010 (Eingang SG: 29.09.2010) ein. Zur Untersuchung kam die Klägerin in Begleitung ihrer Tochter und teilte mit, dass sie aufgrund ihrer Schmerzen und einschießenden Beschwerden im Kniegelenk die Wohnung nur noch in Begleitung verlasse. Durch die Schmerzen habe sie kein sicheres Gefühl im Knie. Dazu komme noch ein Schwindel unklarer Ursache. Nach der Untersuchung sei die Klägerin nochmals operiert worden. Dabei sei ein Oberflächenersatz retropatellar eingebracht worden. Die Schmerzen seien weitgehend, die Gangunsicherheit vollständig abgeklungen. Die Mobilität sei deutlich gebessert, die Gehstützen würden nicht mehr gebraucht. Sie könne sich deshalb jetzt wieder ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich und andere im Ortsverkehr bewegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Gegenstand des Rechtsstreits sei allein die Feststellung der Merkzeichen G und B, nicht aber die Feststellung eines höheren GdB. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens G seien nicht erfüllt. Zuletzt habe nur noch der Arzt W. die Voraussetzungen als erfüllt angesehen. Diese Einschätzung sei aber nach den fachärztlichen Befunden auf orthopädischem, internistischem und HNO-ärztlichen Gebiet nicht nachvollziehbar. Das gelte insbesondere als auch Herr W. die Folgen des Schwindels als leicht bezeichne. Auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen B lägen nicht vor, weil Dr. P. keine Hinweise auf das Vorliegen eines Morbus Menière habe feststellen können und Prof. Dr. N. als behandelnder Facharzt zwar einen Schwankschwindel diagnostiziert habe, diesen jedoch in seiner Ausprägung als leicht bis mittel eingestuft habe. Ein Erfordernis ständiger Begleitung lasse sich damit nicht begründen.
Gegen den ihr am 20.01.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 24.01.2011 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführt, sie habe ständig Schwindelattacken, so dass sie vorwiegend nicht alleine laufen könne. Der Gehradius liege mit 300 m deutlich unter 500 m. Außerdem falle sie oft hin. Nur in seltenen Fällen könne sie wenige Meter allein aus dem Haus gehen, dabei habe sie viel Angst. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie vorgetragen, sie habe chronische Kopfschmerzen, die seit 2002 ständig vorhanden seien. Die Diagnose Morbus Menière sei gesichert. Der Schwindel wirke sich so aus, dass ihr schwarz vor den Augen werde und sie geistig abwesend sei. Das von Prof. Dr. F. vorgeschlagene Medikament helfe ein wenig. Sie sei im vergangenen Jahr zweimal gestürzt. Sie falle ins Bodenlose. Mit dem Rollator könne sie sich jetzt setzen, wenn sie spüre, dass der Schwindel komme. Bewusstlos werde sie nicht.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.01.2011 aufzuheben und den Bescheid vom 13.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G und B ab 28.08.2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung schließt er sich dem angefochtenen Gerichtsbescheid an und bezieht sich auf ärztliche Stellungnahmen des Dr. R. vom 24.08.2011 und 07.01.2013.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts erneut die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. hat unter dem 24.03.2011 und dem 26.03.2012 angegeben, die Klägerin habe sich seit der Anfrage des Sozialgerichts insgesamt dreimal (zweimal 2009, einmal 2011) in der dortigen Praxis vorgestellt. Sie habe über einen wiederkehrenden Schwindel und gelegentliche Kopfschmerzen geklagt. Es seien ein MRT des Schädels (Befund von Dr. S. vom 15.06.2009) und eine Dopplersonographie der hirnversorgenden Arterien (ohne pathologischen Befund) durchgeführt worden. Dabei habe sich eine cerebrale Mikroangiopathie und ein kleines Keilbeinmeningeom links herausgestellt, das im weiteren Verlauf nicht größer geworden sei (Befund Dr. S. vom 14.02.2011). Vom 06. bis 12.01.2011 sei sie erneut wegen ihres Schwindels stationär im M. behandelt worden (Bericht vom 12.01.2011: Verdacht auf Morbus Menière). Seit Behandlungsbeginn sei keine wesentliche Änderung eingetreten.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. hat unter dem 16.05.2011 mitgeteilt, er behandle die Klägerin wegen einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Kniegelenke, einer unspezifischen Kopfschmerzsymptomatik, einer unspezifischen Schwindelsymptomatik und wiederkehrender depressiver Episoden. Außerdem bestehe ein Bluthochdruck, der nach Medikamentenumstellung gut eingestellt sei. Die Klägerin berichte über ein Zunahme der Schwindelsymptomatik. Sie sei auf einen Gehstock angewiesen.
Ausweislich eines Arztbriefs des Pneumologen Dr. H. vom 25.02.2011 leidet die Klägerin unter einer leichten obstruktiven Ventilationsstörung, ein hyperreaktives Bronchialsystem konnte ausgeschlossen werden. Der Kardiologe Dr. G. schloss eine chronisch ischämische Herzkrankheit aus (Arztbrief vom 31.08.2009).
In der Zeit vom 06. bis 27.07.2010 war die Klägerin in Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik S. (Entlassungsbericht vom 02.08.2010). Bei Entlassung bestand ein langsames Gangbild an zwei Unterarmgehstöcken unter Vollbelastung des linken Beins an Treckingstöcken. Das operierte Knie konnte die Klägerin bis 110° beugen. Es bestand eine Tendenz zur Aggravation der Beschwerden.
Der Facharzt für HNO-Heilkunde J. hat unter dem 01.12.2011 eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit, einen Kopfschüttelnystagmus nach links, eine Rotation beim Unterberger Tretversuch nach links und eine Untererregbarkeit des linken Labyrinthes im Jahre 1996 mitgeteilt. 2011 habe ein otogenbedingter Schwindel bei unauffälliger Gleichgewichtsprüfung ausgeschlossen werden können. Ein Spontannystagmus bestehe nicht. Es bestehe eine objektivierbare Gleichgewichtsstörung mit Belastungsschwindel.
Die Klägerin hat einen Arztbrief des Neurologen Dr. Dipl-Psych. H. vom 12.07.2012 vorgelegt. Die Klägerin habe sich in der Schwindelambulanz in K.-L. vorgestellt. Dort habe man den Verdacht auf eine vestibuläre Migräne als Ursache ihrer Schwindelbeschwerden geäußert. Entsprechend habe er eine prophylaktische Therapie mit Topiragamma eingeleitet.
Sie hat weiterhin den Bericht des Neurologen Prof. Dr. F. vom 15.06.2012 vorgelegt. Bei der dortigen Untersuchung war der klinisch-neurootologische Befund vollkommen unauffällig. Die Schilderung der Klägerin sei suggestiv für eine vestibuläre Migräne, da es nie zu Schwindel ohne Kopfschmerzen komme. Er rate zu einem pragmatischen Vorgehen wie bei Migräne mit Aura.
Die Klägerin hat einen Entlassungsbericht des M. S. vom 14.09.2012 zu den Akten gereicht. Dort ist sie wegen einer akut aufgetretenen Drehschwindelattacke mit Übelkeit und Erbrechen vom 11. bis 14.09.2012 stationär behandelt worden.
Am 02.10.2012 hat der Arzt W. ihr einen Rollator unter der Diagnose "Schwindel unklarer Genese" verordnet.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Merkzeichen G und B. Der Bescheid der Beklagten vom 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2008 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 9 RVs 4/95 SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 9a/9 RVs 7/89 BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (jetzt § 30 Abs. 16 BVG) zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.
Allerdings kann sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen "G" und "B" nicht auf die VG (Teil D 1) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG (jetzt: Abs. 16), der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "G" und "B" sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 L 8 SB 3119/08 und vom 14.08.2009 L 8 SB 1691/08 , beide veröffentlicht in juris und im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de) und dem ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständigen 6. Senat des LSG Baden Württemberg (vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 L 6 SB 2556/09 , unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 L 3 SB 523/12, unveröffentlicht). Rechtsgrundlage sind daher (für die Zeit ab Inkrafttreten der VG) allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze.
Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG Urt. vom 10.12.1987 9a RVs 11/87 , SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG Urteil vom 13.08.1997 9 RVS 1/96 , SozR 3 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei km in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f ) enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs und Gerichtspraxis gegriffene Größe von 2 km zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG Urt. vom 10.12.1987 a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs km pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG Urteil vom 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 02.10.2012 L 8 SB 1914/10 juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken i.S.v. § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich "G" unwirksam sind, wie oben ausgeführt (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).
Hiervon ausgehend ist nicht erwiesen, dass die Klägerin durch die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen gehindert ist, Wegstrecken im Ortsverkehr (ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall) von maximal 2 km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der Klägerin begründen das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G nicht. Bei der Klägerin liegen sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Beeinträchtigungen im Bereich der Knie und der Lendenwirbelsäule vor. Im Bereich der Knie leidet die Klägerin an einer Gonarthrose rechts und ist links mit einer Kniegelenksendoprothese versorgt. Nach dem Gutachten von Dr. E. vom September 2010, das im Wesentlichen den Befunden aus dem Rehabilitation in B. S. im Juli 2010 übereinstimmt, kann die Klägerin seit der Implantation der Kniegelenksprothese mit nachfolgendem Ersatz im Bereich der Patella wieder gut gehen. Eine wesentliche Einschränkung der Gehstrecke besteht nicht mehr und bestand auch nicht vorübergehend für wenigstens sechs Monate wie sich aus den Angaben des Dr. R. vom August 2009 ergibt. Damals berichtete die Klägerin noch über Schmerzen im Knie nach längerem Laufen und ein Fremdkörpergefühl, also gerade keine Einschränkung der Gehstrecke durch die Kniegelenksprothese. Das entspricht auch den Angaben ihres behandelnden Hausarztes W. im Berufungsverfahren, der eine Einschränkung der Gehfähigkeit durch den Gelenkersatz im linken Knie nicht mehr berichtet hat. Soweit die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. E. im Januar 2010 ein Unsicherheitsgefühl im Knie angegeben hat, so bestand dieses jedenfalls nicht mindestens sechs Monate, denn es wurde nach dem Gutachten von Dr. E., das im Wesentlichen mit den Befunden bei der Rehabilitation im Juli 2010 übereinstimmt, durch die zweite Kniegelenksersatzoperation im Juni 2010 im K.-O. K. (Entlassungsbericht vom 30.06.2010) beseitigt. Die Beschwerden im rechten Knie führen schon nach dem Vortrag der Klägerin und auch nach den vorliegenden Befunden nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Gehfähigkeit. Die beginnende Gonarthrose in diesem Knie hat weder zu einer Einschränkung der Beweglichkeit noch zu einer Instabilität des Kniegelenks geführt.
Betreffend den bei der Klägerin festgestellten Senk-Spreiz-Fuß und den Fersensporn ergeben sich aus den ärztlichen Befunde keinerlei Hinweise, dass diese lediglich als Diagnose mitgeteilten Erkrankungen Auswirkungen auf ihre Gehfähigkeit haben.
Die Beeinträchtigungen der Klägerin in der Lendenwirbelsäule rechtfertigen - auch in der Zusammenschau mit den Kniegelenksbeschwerden - die Zuerkennung des Merkzeichens G nicht. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht aus B. S. vom 02.08.2010 bestand eine deutlich vermehrte Kyphose der Brustwirbelsäule und eine insuffiziente paravertebrale Muskulatur. Die Dornfortsätze waren weder klopf- noch druckempfindlich. Neurologische Defizite der unteren Extremitäten waren nicht feststellbar. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. hat schon in seinem Attest vom 29.02.2008 und auch in seinen sachverständigen Zeugenaussagen für das Sozialgericht vom 20.11.2008 und 03.08.2009 Beschwerden in der Lendenwirbelsäule überhaupt nicht erwähnt. Die Beschwerden in der Wirbelsäule der Klägerin bestehen vor allem in der Halswirbelsäule. Auch Dr. E. konnte eine wesentliche, sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Einschränkung der Wirbelsäule nicht feststellen. Insofern sind Auswirkungen auf die Gehfähigkeit der Klägerin nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Bei der Klägerin liegt weiterhin ein Schwankschwindel vor, dessen Ursache seit dessen Auftreten in den 1990er Jahren nicht abschließend geklärt werden konnte. 1996 konnte der HNO-Arzt J. einen Schwindel objektivieren. In der Folgezeit gelang es keinem der behandelnden und untersuchenden Ärzte, den Schwindel organisch nachzuvollziehen. Der Neurologe Prof. Dr. N. bezeichnete den Schwindel in seiner Zeugenaussage vom 06.11.2008 als phobischen Schwankschwindel, einen Nystagmus (unkontrollierbares Zittern der Augen als physiologisches Symptom eines Schwindels) konnte er nicht feststellen. Auch die übrigen Gleichgewichtsprüfungen waren bei ihm unauffällig. Dasselbe haben auch Dr. P. in seiner Zeugenaussage vom 11.11.2008, der HNO-Arzt Dr. S. in seinem Arztbrief vom 27.07.2006, der HNO-Arzt J. in seinem Arztbrief vom 28.02.2011 und seiner Zeugenaussage vom 01.12.2011, Prof. Dr. F. in seinem Arztbrief vom 15.06.2012 und das M. in seinem Entlassungsbericht vom 14.09.2012 mitgeteilt. Nur im M. haben sich im Januar 2011 Spontannystagmen nach links gezeigt, die sich aber nach einer Infusionstherapie besserten. Der dort geäußerte Verdacht auf ein Morbus Menière konnte von den behandelnden Ärzten nicht verifiziert werden. Auch andere organische Ursachen für den von der Klägerin beklagten Schwindel ließen sich bei den zahlreichen Untersuchungen nicht feststellen.
Die Angaben des Arztes W. gegenüber dem SG und auch dem Senat stützen sich demgegenüber ausschließlich auf die Angaben der Klägerin selbst, ohne dass er insofern objektive Befunde mitteilen konnte.
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Diagnose eines phobischen, also psychisch bedingten, Schwankschwindels geeignet ist, grundsätzlich die Voraussetzungen für das Merkzeichen G zu begründen, denn jedenfalls liegen die tatsächlichen Voraussetzungen im hiesigen Fall nicht vor. Wie Prof. Dr. N. überzeugend ausgeführt hat, haben Patienten mit dieser Diagnose Angst davor zu fallen, fallen aber nie tatsächlich aufgrund des Schwindels hin. Das bedeutet, dass die Klägerin, unterstellt dass diese Diagnose zutreffend ist, Angst vor dem Fallen hat, aber nicht tatsächlich fällt. Dem entspricht es auch, dass die Fallneigung bisher von keinem der behandelnden und begutachtenden Ärzte objektiviert werden konnte. Die Klägerin war nicht ein einziges Mal wegen der Folgen ihrer Fallneigung in ärztlicher Behandlung. Sie hat auch nicht ein konkretes Ereignis geschildert, das die behauptete Fallneigung zu illustrieren geeignet wäre. In der mündlichen Verhandlung hat sie unspezifisch zwei Sturzereignisse im Jahr 2012 angegeben. Das gleiche gilt für ihre behandelnden Ärzte einschließlich des Arztes W ... Auch im Entlassungsbericht der Rehabilitation in B. S. vom Juli 2010 und demjenigen der W.-Z.-K. vom 02.08.2008 finden sich keine Hinweise auf schwere Schwindelattacken oder eine Fallneigung der Klägerin oder auf akute diesbezügliche Ereignisse.
Aus den vorliegenden Befunde ergibt sich insofern nur, dass die Klägerin sich aufgrund ihres Schwindels unsicher fühlt und Angst vor dem Fallen hat. Die Angst vor dem Fallen begründet aber noch nicht eine Einschränkung der Gehfähigkeit, wie Prof. Dr. N. überzeugend ausgeführt hat, sondern lediglich die Notwendigkeit der Angst durch entsprechende Hilfsmittel (Rollator) und gegebenenfalls Psychotherapie zu begegnen. Ein höherer Leidensdruck betreffend diese Angst mit der Notwendigkeit der Psychotherapie ergibt sich nicht, denn die Klägerin ist nicht psychotherapeutischer Behandlung und hat auch in den vergangenen Jahren allenfalls sporadisch ihre Neurologen aufgesucht, obwohl der aktuell behandelnde Neurologe Dr. H. zugleich Diplompsychologe ist. Das entspricht auch der Einschätzung von Prof. Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenaussage von 2008 und derjenigen von Dr. A. in seiner sachverständigen Zeugenaussage von 2011, die den Schwankschwindel - in Übereinstimmung mit Herrn W. - als leicht bis mittelgradig bezeichnet haben.
Aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergibt sich nichts anderes. Sie hat nunmehr mitgeteilt, ihr werde schwarz vor den Augen und alles dreht sich bei geistiger Abwesenheit, aber ohne Bewusstlosigkeit. Diese Schilderung passt nicht zu den früheren, von den Ärzten geschilderten Auswirkungen des Schwindels. Die Schilderung der Klägerin ist insofern inkonsistent. Außerdem hat sie selbst angegeben, dass sie sich nunmehr auf den Rollator setze, um dem Schwindelgefühl zu begegnen.
Auch die Einschränkungen der Klägerin auf HNO-ärztlichem Gebiet führen nicht zu einer erheblichen Gehbehinderung der Klägerin. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 22% auf dem einen und 28% auf dem anderen Ohr und ist damit nicht wesentlich in ihrer Hörfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt. Weiterhin liegt ein Ohrgeräusch vor, das die behandelnden HNO-Ärzte als Rauschen bezeichnet haben. Eine wesentliche zusätzliche Beeinträchtigung der Hörfähigkeit, insbesondere bei der Teilnahme am Straßenverkehr haben die behandelnden Ärzte nicht mitgeteilt und die Klägerin auch nicht vorgetragen.
Die bei der Klägerin vorliegenden Befunde auf gastroenterologischem (Gastritis, Hiatushernie, Refluxösophagitis) und pneumologischem Fachgebiet (leichte Ventilationsstörung, Schlafapnoe-Syndrom) wirken sich nicht auf ihre Gehfähigkeit aus. Ebenso die geklagte und in der Auswirkung vor dem Senat gesteigerte Kopfschmerzproblematik.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B liegen ebenfalls nicht vor. Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind, § 146 Abs. 2 SGB IX. Nach § 145 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX wird eine Begleitperson eines schwerbehinderten Mensch im Sinne des Absatzes 1 unentgeltlich im öffentlichen Nahverkehr befördert, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen ist und dies im Schwerbehindertenausweis eingetragen ist. Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 145 Abs. 1 SGB IX sind Personen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, hilflos oder gehörlos sind, denen also das Merkzeichen G, H oder Gl zuerkannt ist. Das bedeutet, dass die Zuerkennung des Merkzeichens B nur erfolgt, wenn G, H oder Bl zuerkannt ist (BSG, Urteil vom 11.11.1987 - 9a RVs 6/86, SozR 3870 § 38 Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G, Gl oder H zu. Entsprechend kann ihr das Merkzeichen B ebenfalls nicht zugesprochen werden. Im Übrigen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 14.01.2011 zu den fehlenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B Bezug, denen er sich nach eigener Überprüfung anschließt, § 153 Abs. 2 SGG.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, insbesondere kommt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) G und B.
Für die 1950 geborene Klägerin wurde zuletzt mit Bescheid vom 21.05.2004 ein GdB von 50 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Kopfschmerzsyndrom (Grad der Behinderung - GdB 30), Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen, psychovegetativer Störungen, Menière-Krankheit (GdB 30), eines Schlafapnoe-Syndrom (GdB 20) und einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (GdB 10) festgestellt.
Am 28.08.2008 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihrer Behinderung und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche B und G. Dazu legte sie ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin W. vom 14.02.2008 über folgende Diagnosen vor: Belastungsdyspnoe, Hashimoto-Thyreoiditis Z.n., Antriebsschwäche, Schlafapnoe-Syndrom, HWS-Syndrom, Adipositas, Reizdarmsyndrom, gemischte Hyperlipidämie, Kopfschmerzsyndrome, Radikulopathie: Lumbalbereich. Aufgrund rezidivierender Stürze sei es notwendig, dass die Klägerin von einer Begleitperson begleitet werde. Der Orthopäde Dr. R. bescheinigte in einem Attest vom 29.02.2008 eine fortgeschrittene Degeneration der Kniegelenke und degenerative Veränderungen der Füße, insbesondere der Großzehengelenke auf Grund einer bekannten Fibromyalgie. Ein Treppensteigen solle zur Vermeidung einer Verschlimmerung vermieden werden. Die Klägerin legte weiterhin Arztbriefe der Ärztin für Anästhesiologie W. vom 01.02.2005, 22.04.2005, 10.08.2005 , 10.11.2005 und 22.09.2006 sowie ihren Bericht für die Deutsche Rentenversicherung vom 01.03.2005 vor (chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Tinnitus, V.a. M. Menière, rez. Lumbalgie, Z.n. Nukleotomie L4/5 vor 20 Jahren, beginnende Gonarthrose links ) rechts, Reizdarmsyndrom mit krampfartigen Bauchschmerzen, Lactose-, Fructoseintoleranz, Schlafapnoe-Syndrom, chronische Müdigkeit, Cervikalgie, Cervicocephalgie, Herpes Zoster 4/2005, fragliche Angststörung, somatoforme Schmerzstörung).
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. K., 27.04.2008) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2008 einen GdB von 60 fest. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G und B lehnte er ab. Dagegen erhob die Klägerin am 27.05.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, dass es notwendig sei, dass sie jemand begleite, weil es unter anderem schon vorgekommen sei, dass sie einfach umgekippt sei. Mehrmals pro Woche werde ihr plötzlich schwindelig. Es sei für sie eine große Belastung, die 300 m bis zur Straßenbahnhaltestelle zu gehen.
Der Beklagte holte einen Befundbericht des Arztes W. vom 09.07.2008 ein. Dort hatte die Klägerin unverändert einen unsystematischen Schwindel angegeben, der täglich auftrete. Sie klage über Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken. Dem Bericht war beigefügt der Arztbrief der nervenärztlichen Praxis Dr. A. und Kollegen vom 19.09.2007 mit der Diagnose eines unsystematischen Schwindels bei Verdacht auf phobische Attacken-/Schwankschwindel bei latenter Angsterkrankung, Angabe einer Hemihypästhesie rechts bei Angst vor Schlaganfallerkrankung. Die Klägerin sei bisher niemals gestürzt.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. K., 28.06.2008 und 12.08.2008, weiterer Arzt, 28.08.2008) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2008 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 19.09.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung sie vortrug, sie leide ständig an Schwindelattacken, falle oft hin und benötige deshalb ständige Begleitung. Ihr Gehradius betrage 300 m in 40 min.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Neurologe Prof. Dr. N. gab unter dem 06.11.2008 an, er habe die Diagnose eines phobischen Attackenschwindel gestellt, der leicht bis mittelschwer sei. Wesentlich sei, dass diese Patienten nicht stürzten, wenngleich sie attackenförmig diese Angst hätten und nicht neutralisieren könnten. Die Gehfähigkeit sei nicht beeinträchtigt und habe bei den Untersuchungen mit erschwerten Stand- und Gangprüfungen nicht objektiviert werden können. Die Klägerin sei zu den dortigen Untersuchungsterminen ohne Begleitperson gekommen soweit er sich erinnern könne.
Der HNO-Arzt Dr. P. teilte unter dem 11.11.2008 mit, dass eine beidseits geringgradige Innenohrschwerhörigkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Es ergebe sich ein Hörverlust von rechts 28%, links 22%. Die Innenohrschwerhörigkeit bedinge einen GdB von 10. Es bestehe keine objektivierbare vestibuläre Störung, die Klägerin berichte über ein Ohrensausen. Aus HNO-ärztlicher Sicht gebe es keine Einschränkung der Gehfähigkeit oder ein Angewiesensein auf ständige Begleitung.
Der Orthopäde Dr. R. beantwortete die Anfrage am 20.11.2008. Es bestehe ein Senk-Spreizfuß und ein Fersensporn beidseits, eine Gonarthrose des rechten und linken Kniegelenks, eine Cervikobrachialgie, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits. Am 26.09.2008 sei im B. Krankenhaus eine Kniegelenksprothese links eingesetzt worden (Entlassungsbericht vom 28.10.2008). Nach Ablauf der Nachbehandlung könne die Klägerin wieder zwei Kilometer in einer halben Stunde zurücklegen. Eine ständige Begleitung brauche die Klägerin nicht.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. gab unter dem 09.03.2009 an, die Klägerin sei wegen Kniebeschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen, Problemen mit der bekannten nCPAP Therapie (Druck: 8 cm/H2O) bei ihm in Behandlung. Es lägen leichte Folgen des Schwindels in Form einer leichten Unsicherheit und geringer Schwindelerscheinungen bei alltäglicher Belastung vor. Sie sei wegen der subjektiv ausgeprägten Schwindelsymptomatik schon nach einigen Metern nicht in der Lage, 2 km im Ortsverkehr zurückzulegen. Deshalb sei sie seines Erachtens auf eine Begleitperson angewiesen. Nach der Knieoperation mit TEP-Implantat habe sich ein komplikationsloser Verlauf ergeben.
In der Zeit vom 15.10.2008 bis 12.11.2008 war die Klägerin in Rehabilitation in den W. Z. K. (Entlassungsbericht vom 02.12.2008) zur Anschlussheilbehandlung nach Implantation der Kniegelenksendoprothese.
Die Klägerin reichte einen Arztbrief des Gastroenterologen Dr. v. E. vom 24.03.2009 zu den Akten, der eine Laktoseunverträglichkeit und Fructoseintoleranz mitteilte.
Der Beklagte legte eine Stellungnahme des Dr. K. vom 15.05.2009 vor.
Das SG befragte Dr. R. erneut schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er teilte am 03.08.2009 mit, dass die Klägerin subjektiv noch Schmerzen nach längerem Laufen und ein Fremdkörpergefühl im Kniegelenk habe. Das Bewegungsausmaß betrage 110/0/0°. Das wirke sich nur noch unwesentlich auf die Gehfähigkeit der Klägerin aus.
Das SG holte auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. E. aufgrund einer Untersuchung am 14.01.2010 (Eingang SG: 29.09.2010) ein. Zur Untersuchung kam die Klägerin in Begleitung ihrer Tochter und teilte mit, dass sie aufgrund ihrer Schmerzen und einschießenden Beschwerden im Kniegelenk die Wohnung nur noch in Begleitung verlasse. Durch die Schmerzen habe sie kein sicheres Gefühl im Knie. Dazu komme noch ein Schwindel unklarer Ursache. Nach der Untersuchung sei die Klägerin nochmals operiert worden. Dabei sei ein Oberflächenersatz retropatellar eingebracht worden. Die Schmerzen seien weitgehend, die Gangunsicherheit vollständig abgeklungen. Die Mobilität sei deutlich gebessert, die Gehstützen würden nicht mehr gebraucht. Sie könne sich deshalb jetzt wieder ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich und andere im Ortsverkehr bewegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Gegenstand des Rechtsstreits sei allein die Feststellung der Merkzeichen G und B, nicht aber die Feststellung eines höheren GdB. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens G seien nicht erfüllt. Zuletzt habe nur noch der Arzt W. die Voraussetzungen als erfüllt angesehen. Diese Einschätzung sei aber nach den fachärztlichen Befunden auf orthopädischem, internistischem und HNO-ärztlichen Gebiet nicht nachvollziehbar. Das gelte insbesondere als auch Herr W. die Folgen des Schwindels als leicht bezeichne. Auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen B lägen nicht vor, weil Dr. P. keine Hinweise auf das Vorliegen eines Morbus Menière habe feststellen können und Prof. Dr. N. als behandelnder Facharzt zwar einen Schwankschwindel diagnostiziert habe, diesen jedoch in seiner Ausprägung als leicht bis mittel eingestuft habe. Ein Erfordernis ständiger Begleitung lasse sich damit nicht begründen.
Gegen den ihr am 20.01.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 24.01.2011 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführt, sie habe ständig Schwindelattacken, so dass sie vorwiegend nicht alleine laufen könne. Der Gehradius liege mit 300 m deutlich unter 500 m. Außerdem falle sie oft hin. Nur in seltenen Fällen könne sie wenige Meter allein aus dem Haus gehen, dabei habe sie viel Angst. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie vorgetragen, sie habe chronische Kopfschmerzen, die seit 2002 ständig vorhanden seien. Die Diagnose Morbus Menière sei gesichert. Der Schwindel wirke sich so aus, dass ihr schwarz vor den Augen werde und sie geistig abwesend sei. Das von Prof. Dr. F. vorgeschlagene Medikament helfe ein wenig. Sie sei im vergangenen Jahr zweimal gestürzt. Sie falle ins Bodenlose. Mit dem Rollator könne sie sich jetzt setzen, wenn sie spüre, dass der Schwindel komme. Bewusstlos werde sie nicht.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.01.2011 aufzuheben und den Bescheid vom 13.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G und B ab 28.08.2008 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung schließt er sich dem angefochtenen Gerichtsbescheid an und bezieht sich auf ärztliche Stellungnahmen des Dr. R. vom 24.08.2011 und 07.01.2013.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts erneut die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. hat unter dem 24.03.2011 und dem 26.03.2012 angegeben, die Klägerin habe sich seit der Anfrage des Sozialgerichts insgesamt dreimal (zweimal 2009, einmal 2011) in der dortigen Praxis vorgestellt. Sie habe über einen wiederkehrenden Schwindel und gelegentliche Kopfschmerzen geklagt. Es seien ein MRT des Schädels (Befund von Dr. S. vom 15.06.2009) und eine Dopplersonographie der hirnversorgenden Arterien (ohne pathologischen Befund) durchgeführt worden. Dabei habe sich eine cerebrale Mikroangiopathie und ein kleines Keilbeinmeningeom links herausgestellt, das im weiteren Verlauf nicht größer geworden sei (Befund Dr. S. vom 14.02.2011). Vom 06. bis 12.01.2011 sei sie erneut wegen ihres Schwindels stationär im M. behandelt worden (Bericht vom 12.01.2011: Verdacht auf Morbus Menière). Seit Behandlungsbeginn sei keine wesentliche Änderung eingetreten.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. hat unter dem 16.05.2011 mitgeteilt, er behandle die Klägerin wegen einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Kniegelenke, einer unspezifischen Kopfschmerzsymptomatik, einer unspezifischen Schwindelsymptomatik und wiederkehrender depressiver Episoden. Außerdem bestehe ein Bluthochdruck, der nach Medikamentenumstellung gut eingestellt sei. Die Klägerin berichte über ein Zunahme der Schwindelsymptomatik. Sie sei auf einen Gehstock angewiesen.
Ausweislich eines Arztbriefs des Pneumologen Dr. H. vom 25.02.2011 leidet die Klägerin unter einer leichten obstruktiven Ventilationsstörung, ein hyperreaktives Bronchialsystem konnte ausgeschlossen werden. Der Kardiologe Dr. G. schloss eine chronisch ischämische Herzkrankheit aus (Arztbrief vom 31.08.2009).
In der Zeit vom 06. bis 27.07.2010 war die Klägerin in Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik S. (Entlassungsbericht vom 02.08.2010). Bei Entlassung bestand ein langsames Gangbild an zwei Unterarmgehstöcken unter Vollbelastung des linken Beins an Treckingstöcken. Das operierte Knie konnte die Klägerin bis 110° beugen. Es bestand eine Tendenz zur Aggravation der Beschwerden.
Der Facharzt für HNO-Heilkunde J. hat unter dem 01.12.2011 eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit, einen Kopfschüttelnystagmus nach links, eine Rotation beim Unterberger Tretversuch nach links und eine Untererregbarkeit des linken Labyrinthes im Jahre 1996 mitgeteilt. 2011 habe ein otogenbedingter Schwindel bei unauffälliger Gleichgewichtsprüfung ausgeschlossen werden können. Ein Spontannystagmus bestehe nicht. Es bestehe eine objektivierbare Gleichgewichtsstörung mit Belastungsschwindel.
Die Klägerin hat einen Arztbrief des Neurologen Dr. Dipl-Psych. H. vom 12.07.2012 vorgelegt. Die Klägerin habe sich in der Schwindelambulanz in K.-L. vorgestellt. Dort habe man den Verdacht auf eine vestibuläre Migräne als Ursache ihrer Schwindelbeschwerden geäußert. Entsprechend habe er eine prophylaktische Therapie mit Topiragamma eingeleitet.
Sie hat weiterhin den Bericht des Neurologen Prof. Dr. F. vom 15.06.2012 vorgelegt. Bei der dortigen Untersuchung war der klinisch-neurootologische Befund vollkommen unauffällig. Die Schilderung der Klägerin sei suggestiv für eine vestibuläre Migräne, da es nie zu Schwindel ohne Kopfschmerzen komme. Er rate zu einem pragmatischen Vorgehen wie bei Migräne mit Aura.
Die Klägerin hat einen Entlassungsbericht des M. S. vom 14.09.2012 zu den Akten gereicht. Dort ist sie wegen einer akut aufgetretenen Drehschwindelattacke mit Übelkeit und Erbrechen vom 11. bis 14.09.2012 stationär behandelt worden.
Am 02.10.2012 hat der Arzt W. ihr einen Rollator unter der Diagnose "Schwindel unklarer Genese" verordnet.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Merkzeichen G und B. Der Bescheid der Beklagten vom 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2008 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 9 RVs 4/95 SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 9a/9 RVs 7/89 BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (jetzt § 30 Abs. 16 BVG) zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.
Allerdings kann sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen "G" und "B" nicht auf die VG (Teil D 1) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG (jetzt: Abs. 16), der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "G" und "B" sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 L 8 SB 3119/08 und vom 14.08.2009 L 8 SB 1691/08 , beide veröffentlicht in juris und im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de) und dem ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständigen 6. Senat des LSG Baden Württemberg (vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 L 6 SB 2556/09 , unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 L 3 SB 523/12, unveröffentlicht). Rechtsgrundlage sind daher (für die Zeit ab Inkrafttreten der VG) allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze.
Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG Urt. vom 10.12.1987 9a RVs 11/87 , SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG Urteil vom 13.08.1997 9 RVS 1/96 , SozR 3 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei km in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f ) enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs und Gerichtspraxis gegriffene Größe von 2 km zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG Urt. vom 10.12.1987 a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs km pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG Urteil vom 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 02.10.2012 L 8 SB 1914/10 juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken i.S.v. § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich "G" unwirksam sind, wie oben ausgeführt (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).
Hiervon ausgehend ist nicht erwiesen, dass die Klägerin durch die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen gehindert ist, Wegstrecken im Ortsverkehr (ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall) von maximal 2 km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der Klägerin begründen das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G nicht. Bei der Klägerin liegen sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Beeinträchtigungen im Bereich der Knie und der Lendenwirbelsäule vor. Im Bereich der Knie leidet die Klägerin an einer Gonarthrose rechts und ist links mit einer Kniegelenksendoprothese versorgt. Nach dem Gutachten von Dr. E. vom September 2010, das im Wesentlichen den Befunden aus dem Rehabilitation in B. S. im Juli 2010 übereinstimmt, kann die Klägerin seit der Implantation der Kniegelenksprothese mit nachfolgendem Ersatz im Bereich der Patella wieder gut gehen. Eine wesentliche Einschränkung der Gehstrecke besteht nicht mehr und bestand auch nicht vorübergehend für wenigstens sechs Monate wie sich aus den Angaben des Dr. R. vom August 2009 ergibt. Damals berichtete die Klägerin noch über Schmerzen im Knie nach längerem Laufen und ein Fremdkörpergefühl, also gerade keine Einschränkung der Gehstrecke durch die Kniegelenksprothese. Das entspricht auch den Angaben ihres behandelnden Hausarztes W. im Berufungsverfahren, der eine Einschränkung der Gehfähigkeit durch den Gelenkersatz im linken Knie nicht mehr berichtet hat. Soweit die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. E. im Januar 2010 ein Unsicherheitsgefühl im Knie angegeben hat, so bestand dieses jedenfalls nicht mindestens sechs Monate, denn es wurde nach dem Gutachten von Dr. E., das im Wesentlichen mit den Befunden bei der Rehabilitation im Juli 2010 übereinstimmt, durch die zweite Kniegelenksersatzoperation im Juni 2010 im K.-O. K. (Entlassungsbericht vom 30.06.2010) beseitigt. Die Beschwerden im rechten Knie führen schon nach dem Vortrag der Klägerin und auch nach den vorliegenden Befunden nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Gehfähigkeit. Die beginnende Gonarthrose in diesem Knie hat weder zu einer Einschränkung der Beweglichkeit noch zu einer Instabilität des Kniegelenks geführt.
Betreffend den bei der Klägerin festgestellten Senk-Spreiz-Fuß und den Fersensporn ergeben sich aus den ärztlichen Befunde keinerlei Hinweise, dass diese lediglich als Diagnose mitgeteilten Erkrankungen Auswirkungen auf ihre Gehfähigkeit haben.
Die Beeinträchtigungen der Klägerin in der Lendenwirbelsäule rechtfertigen - auch in der Zusammenschau mit den Kniegelenksbeschwerden - die Zuerkennung des Merkzeichens G nicht. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht aus B. S. vom 02.08.2010 bestand eine deutlich vermehrte Kyphose der Brustwirbelsäule und eine insuffiziente paravertebrale Muskulatur. Die Dornfortsätze waren weder klopf- noch druckempfindlich. Neurologische Defizite der unteren Extremitäten waren nicht feststellbar. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. hat schon in seinem Attest vom 29.02.2008 und auch in seinen sachverständigen Zeugenaussagen für das Sozialgericht vom 20.11.2008 und 03.08.2009 Beschwerden in der Lendenwirbelsäule überhaupt nicht erwähnt. Die Beschwerden in der Wirbelsäule der Klägerin bestehen vor allem in der Halswirbelsäule. Auch Dr. E. konnte eine wesentliche, sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Einschränkung der Wirbelsäule nicht feststellen. Insofern sind Auswirkungen auf die Gehfähigkeit der Klägerin nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Bei der Klägerin liegt weiterhin ein Schwankschwindel vor, dessen Ursache seit dessen Auftreten in den 1990er Jahren nicht abschließend geklärt werden konnte. 1996 konnte der HNO-Arzt J. einen Schwindel objektivieren. In der Folgezeit gelang es keinem der behandelnden und untersuchenden Ärzte, den Schwindel organisch nachzuvollziehen. Der Neurologe Prof. Dr. N. bezeichnete den Schwindel in seiner Zeugenaussage vom 06.11.2008 als phobischen Schwankschwindel, einen Nystagmus (unkontrollierbares Zittern der Augen als physiologisches Symptom eines Schwindels) konnte er nicht feststellen. Auch die übrigen Gleichgewichtsprüfungen waren bei ihm unauffällig. Dasselbe haben auch Dr. P. in seiner Zeugenaussage vom 11.11.2008, der HNO-Arzt Dr. S. in seinem Arztbrief vom 27.07.2006, der HNO-Arzt J. in seinem Arztbrief vom 28.02.2011 und seiner Zeugenaussage vom 01.12.2011, Prof. Dr. F. in seinem Arztbrief vom 15.06.2012 und das M. in seinem Entlassungsbericht vom 14.09.2012 mitgeteilt. Nur im M. haben sich im Januar 2011 Spontannystagmen nach links gezeigt, die sich aber nach einer Infusionstherapie besserten. Der dort geäußerte Verdacht auf ein Morbus Menière konnte von den behandelnden Ärzten nicht verifiziert werden. Auch andere organische Ursachen für den von der Klägerin beklagten Schwindel ließen sich bei den zahlreichen Untersuchungen nicht feststellen.
Die Angaben des Arztes W. gegenüber dem SG und auch dem Senat stützen sich demgegenüber ausschließlich auf die Angaben der Klägerin selbst, ohne dass er insofern objektive Befunde mitteilen konnte.
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Diagnose eines phobischen, also psychisch bedingten, Schwankschwindels geeignet ist, grundsätzlich die Voraussetzungen für das Merkzeichen G zu begründen, denn jedenfalls liegen die tatsächlichen Voraussetzungen im hiesigen Fall nicht vor. Wie Prof. Dr. N. überzeugend ausgeführt hat, haben Patienten mit dieser Diagnose Angst davor zu fallen, fallen aber nie tatsächlich aufgrund des Schwindels hin. Das bedeutet, dass die Klägerin, unterstellt dass diese Diagnose zutreffend ist, Angst vor dem Fallen hat, aber nicht tatsächlich fällt. Dem entspricht es auch, dass die Fallneigung bisher von keinem der behandelnden und begutachtenden Ärzte objektiviert werden konnte. Die Klägerin war nicht ein einziges Mal wegen der Folgen ihrer Fallneigung in ärztlicher Behandlung. Sie hat auch nicht ein konkretes Ereignis geschildert, das die behauptete Fallneigung zu illustrieren geeignet wäre. In der mündlichen Verhandlung hat sie unspezifisch zwei Sturzereignisse im Jahr 2012 angegeben. Das gleiche gilt für ihre behandelnden Ärzte einschließlich des Arztes W ... Auch im Entlassungsbericht der Rehabilitation in B. S. vom Juli 2010 und demjenigen der W.-Z.-K. vom 02.08.2008 finden sich keine Hinweise auf schwere Schwindelattacken oder eine Fallneigung der Klägerin oder auf akute diesbezügliche Ereignisse.
Aus den vorliegenden Befunde ergibt sich insofern nur, dass die Klägerin sich aufgrund ihres Schwindels unsicher fühlt und Angst vor dem Fallen hat. Die Angst vor dem Fallen begründet aber noch nicht eine Einschränkung der Gehfähigkeit, wie Prof. Dr. N. überzeugend ausgeführt hat, sondern lediglich die Notwendigkeit der Angst durch entsprechende Hilfsmittel (Rollator) und gegebenenfalls Psychotherapie zu begegnen. Ein höherer Leidensdruck betreffend diese Angst mit der Notwendigkeit der Psychotherapie ergibt sich nicht, denn die Klägerin ist nicht psychotherapeutischer Behandlung und hat auch in den vergangenen Jahren allenfalls sporadisch ihre Neurologen aufgesucht, obwohl der aktuell behandelnde Neurologe Dr. H. zugleich Diplompsychologe ist. Das entspricht auch der Einschätzung von Prof. Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenaussage von 2008 und derjenigen von Dr. A. in seiner sachverständigen Zeugenaussage von 2011, die den Schwankschwindel - in Übereinstimmung mit Herrn W. - als leicht bis mittelgradig bezeichnet haben.
Aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergibt sich nichts anderes. Sie hat nunmehr mitgeteilt, ihr werde schwarz vor den Augen und alles dreht sich bei geistiger Abwesenheit, aber ohne Bewusstlosigkeit. Diese Schilderung passt nicht zu den früheren, von den Ärzten geschilderten Auswirkungen des Schwindels. Die Schilderung der Klägerin ist insofern inkonsistent. Außerdem hat sie selbst angegeben, dass sie sich nunmehr auf den Rollator setze, um dem Schwindelgefühl zu begegnen.
Auch die Einschränkungen der Klägerin auf HNO-ärztlichem Gebiet führen nicht zu einer erheblichen Gehbehinderung der Klägerin. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 22% auf dem einen und 28% auf dem anderen Ohr und ist damit nicht wesentlich in ihrer Hörfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt. Weiterhin liegt ein Ohrgeräusch vor, das die behandelnden HNO-Ärzte als Rauschen bezeichnet haben. Eine wesentliche zusätzliche Beeinträchtigung der Hörfähigkeit, insbesondere bei der Teilnahme am Straßenverkehr haben die behandelnden Ärzte nicht mitgeteilt und die Klägerin auch nicht vorgetragen.
Die bei der Klägerin vorliegenden Befunde auf gastroenterologischem (Gastritis, Hiatushernie, Refluxösophagitis) und pneumologischem Fachgebiet (leichte Ventilationsstörung, Schlafapnoe-Syndrom) wirken sich nicht auf ihre Gehfähigkeit aus. Ebenso die geklagte und in der Auswirkung vor dem Senat gesteigerte Kopfschmerzproblematik.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B liegen ebenfalls nicht vor. Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind, § 146 Abs. 2 SGB IX. Nach § 145 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX wird eine Begleitperson eines schwerbehinderten Mensch im Sinne des Absatzes 1 unentgeltlich im öffentlichen Nahverkehr befördert, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen ist und dies im Schwerbehindertenausweis eingetragen ist. Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 145 Abs. 1 SGB IX sind Personen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, hilflos oder gehörlos sind, denen also das Merkzeichen G, H oder Gl zuerkannt ist. Das bedeutet, dass die Zuerkennung des Merkzeichens B nur erfolgt, wenn G, H oder Bl zuerkannt ist (BSG, Urteil vom 11.11.1987 - 9a RVs 6/86, SozR 3870 § 38 Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G, Gl oder H zu. Entsprechend kann ihr das Merkzeichen B ebenfalls nicht zugesprochen werden. Im Übrigen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 14.01.2011 zu den fehlenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B Bezug, denen er sich nach eigener Überprüfung anschließt, § 153 Abs. 2 SGG.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, insbesondere kommt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
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