L 8 SB 2729/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SB 1891/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2729/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.05.2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Bei dem 1954 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt H. wegen einer Myopathie mit Bescheid vom 12.11.1998 den GdB mit 30 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest. Ein gegen diesen Bescheid eingelegter Widerspruch sowie eine Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.07.1999 und Urteil vom 26.11.1999 - S 1 SB 2073/99 -).

Am 30.09.2008 stellte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Landratsamt L. (LRA) einen Verschlimmerungsantrag. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen bei (Berichte von Dr. M. vom 28.11.2008 und 23.12.2008) und holte die Auskünfte des Dr. K. vom 15.10.2008 und 07.02.2009 ein, der mitteilte, der Kläger habe sich wegen anhaltender Tachykardie im Oktober 2003 in stationärer Behandlung im D. H. M. befunden. Das LRA holte anschließend die gutachtliche Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes, Dr. V., vom 29.03.2009 ein, in der wegen einer Myopathie und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30), Herzrhythmusstörungen und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB jeweils 10) der GdB weiterhin mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Bescheid vom 03.04.2009 lehnte das LRA die Neufeststellung eines höheren GdB ab.

Gegen den Bescheid vom 03.04.2009 legte der Kläger - durch seine Prozessbevollmächtigten - am 18.04.2009 Widerspruch ein. Er machte geltend, zahlreiche Erkrankungen hinsichtlich seines Herzleidens sowie Wirbelsäulenerkrankungen seien nicht berücksichtigt worden. Der Widerspruch des Klägers wurde vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2009 zurückgewiesen.

Am 04.06.2009 erhob der Kläger - durch seine Prozessbevollmächtigten Klage - beim SG. Er machte zur Begründung Wirbelsäulenerkrankungen, eine Verschlimmerung der bestehenden Myopathie sowie der Herzrhythmusstörungen geltend und rügte, dass der Beklagte ohne weitere Ermittlungen entschieden habe. Der Kläger legte medizinische Unterlagen (aus den Jahren 1997 bis 2003) sowie den Bericht des Neurochirurgen G./der Fachärztin für radiologische Diagnostik M. vom 22.10.2009 (Diagnosen: Chronisches vertebragenes Schmerzsyndrom, Myopathie) vor.

Das SG hörte den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. sowie den Nervenarzt Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. K. teilte unter dem 24.10.2009 unter Vorlage des Befundberichtes von Dr. M. vom 14.10.2009 den Behandlungsverlauf sowie die Gesundheitsstörungen (degeneratives HWS-, LWS-Syndrom, Myopathie unklarer Genese) mit und stimmte den Feststellungen des Beklagten wegen der Nichterfassung orthopädischer Erkrankungen nicht zu. Dr. M. teilte unter dem 16.11.2009 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Gesundheitsstörungen (chronifiziertes Schmerzsyndrom an Armen und Beinen) mit und stimmte den Feststellungen des Beklagten auf seinem Fachgebiet zu.

Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 11.02.2010 der Klage entgegen.

Anschließend holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. W. vom 22.03.2010 ein. Dr. W. diagnostizierte ein degeneratives Cervikal- sowie Lumbalsyndrom (Teil-GdB 20), ein Rotatorenmanschetten-Syndrom beidseits mit Impingementsymptomatik mit Behinderung der Schulterfunktion (Teil-GdB 20), den Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion linkes Kniegelenk mit rezidivierendem Reizzustand sowie den Verdacht auf ein myofasciales Schmerzsyndrom bei Myopathie unklarer Genese. Dr. W. gelangte zusammenfassend zu der Beurteilung, von Seiten des Bewegungsapparates hätten sich insbesondere funktionelle Einschränkungen der Schultergelenke, bei nicht ausgeschlossenem Zusammenhang mit der Myopathie, sowie der Hals- und Lendenwirbelsäule ergeben. Neu hinzugekommen seien Beschwerden im linken Kniegelenk. Dr. W. schätzte auf orthopädischem Gebiet den GdB mit 30 ein - ausgehend von je einem Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäulenbeeinträchtigung und die Schulterfunktionsbehinderung - und empfahl hinsichtlich der Myopathie eine neurologische Begutachtung.

Entsprechend der Empfehlung des Dr. W. holte das SG das neurologische Gutachten des Dr. E. vom 08.07.2010 ein. Dr. E. gelangte zu der Beurteilung, auf neurologischem Fachgebiet sei von einer Myopathie unklarer Genese auszugehen. Eine eindeutige Verschlechterung der Myopathie sei nicht festzustellen. Die im orthopädischen Gutachten beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, der Schultergelenke, des linken Knies und die durch die Myopathie verursachte gesteigerte Ermüdbarkeit der Muskulatur beeinflussten sich gegenseitig nachteilig. Die Myopathie bedinge einen GdB von 30. Der Gesamt-GdB sei mit 50 zu bewerten.

Der Beklagte unterbreitete dem Kläger unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 13.09.2010 ein Vergleichsangebot dahin, wegen der Myopathie und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 20) sowie Herzrhythmusstörungen und Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB jeweils 10) den GdB mit 40 ab dem 30.09.2008 festzustellen (Schriftsatz vom 16.09.2010). Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger nicht an.

Mit Urteil vom 18.05.2011 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, für die Myopathie sei ein Teil-GdB von 30 nachgewiesen. Aufgrund des Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäulenbeeinträchtigung sei der Teil-GdB von 30 auf 40 zu erhöhen, nicht jedoch aufgrund des von Dr. W. irrtümlich gebildeten orthopädischen GdB von 30 auf einen Gesamt-GdB von 50. Auch der von Dr. W. festgestellte Teil-GdB von 20 für die Schulterbeschwerden bedinge keinen Gesamt-GdB von 50. Nach Auffassung des Gerichtes sei nicht von einem Teil-GdB von 20 für die Funktionsbeeinträchtigung der Schulter auszugehen, sondern ein Teil-GdB von 10 sei gerechtfertigt. Aufgrund des Vergleichsangebotes des Beklagten sollte er einen entsprechenden Bescheid erlassen, der einen Gesamt-GdB von 40 feststelle. Wegen der geltend gemachten Verschlimmerung der Herzrhythmusstörungen sei das Gericht nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gehalten.

Gegen das am 01.06.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 30.06.2011 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass es sich der Ansicht der gerichtlich bestellten Gutachter nicht anschließe. Er habe sich wegen der Herzrhythmusstörungen mittlerweile in ärztliche Behandlung begeben, die ergeben habe, dass er an einer leichten Aorten- und Mitralinsuffizienz sowie einer Fibrose des Aortentaschensegels leide. Das SG hätte zu einer anderen Entscheidung kommen müssen. Auf orthopädischem Bereich sei ein Gesamt-GdB von 30 anzuerkennen. Ebenso auf neurologischem Gebiet. Damit sei ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen. Der Kläger hat die Berichte von Dr. E. vom 12.07.2011 (Diagnosen: Leichte Aorten- und Mitralinsuffizienz, ausreichende LV-Funktion mit segmentaler Bewegungsstörung des IVS, supraventrikuläre Extrasystolie, kein Ischämiehinweis), von Dr. M. vom 21.09.2011 und 29.01.2013 (Diagnosen: Rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom rechts bei degenerativen Veränderungen, rezidivierendes Supraspinatussehnen-Syndrom rechts, bekannte Myopathie) und von Dr. M. vom 07.10.2011 und 23.01.2012 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.05.2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 03.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit dem 30.09.2008 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Auffassung des Klägers, dass auf orthopädischem Fachgebiet sowie auf internistischem Fachgebiet ein GdB gebildet werden müsse, sei nicht zulässig. Das Funktionssystem Wirbelsäule sei getrennt vom Funktionssystem Schultergelenke zu bewerten. Auf kardiologischem Gebiet komme nach dem Bericht des Dr. E. ein höherer GdB als 10 nicht in Betracht.

Der Senat hat Dr. K. zu Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. K. hat unter dem 03.12.2011 unter Vorlage von Befundberichten mitgeteilt, dass Muskel- und Gelenkschmerzen unverändert vorhanden seien. Außerdem hat der Senat den Befundbericht des D. H. M. vom 12.10.2011 über eine ambulante Untersuchung des Klägers beigezogen (Diagnosen: Paroxysmale Sinustachykardien, normale systolische LV-Funktion, Aorteninsuffizienz Grad I).

Der Beklagte ist der Berufung unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 22.02.2012 weiter entgegen getreten.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das nervenärztliche Gutachten des Professor Dr. S. vom 20.07.2012 eingeholt. Professor Dr. S. diagnostizierte auf neurologischem Gebiet ein degeneratives Cervikalsyndrom mit Cervicocephalgien und Cervikobrachialgien rechtsbetont und Schwindel, ein degeneratives Lumbalsyndrom mit chronischen Lumbalgien und Lumboischialgien rechtsbetont, eine unklassifizierte Myopathie mit Myalgie-Syndrom und scapulo-humero-costalem Syndrom, sowie fachfremd ein Rotatorenmanschetten-Syndrom beidseits mit Impingement-Symptomatik. Das degenerative Cervikalsyndrom und die Myopathie mit Funktionsstörungen wirkten sich additiv nachteilig auf die Belastbarkeit der Muskelfunktion aus. Hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden und der Schulter sei zusammengefasst der GdB mit 30 zu bewerten. Für die Funktionsbeeinträchtigung durch die Myopathie betrage der GdB 30 unverändert seit 1998. Der Gesamt-GdB betrage 50.

Der Beklagte ist dem Gutachten von Professor Dr. S. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 03.09.2012 entgegen getreten. Der Kläger hat das Gutachten von Professor Dr. S. verteidigt.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 30.11.2012 erörtert worden. In dem Termin hat der Beklagte sein im erstinstanzlichen Verfahren unterbreitetes Vergleichsangebot vom 16.09.2010 als Teil-Anerkenntnis abgegeben, welches der Kläger angenommen hat. Auf die Niederschrift vom 30.11.2012 wird Bezug genommen.

Der Kläger hat im Anschluss an den Termin vom 30.11.2012 zu seinem Gesundheitszustand weiter vorgetragen und den Befundbericht des Dr. M. vom 29.01.2013 vorgelegt.

Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 04.02.2013 zu den Erfolgsaussichten der Berufung sowie (wiederholt am 13.03.2013) auf die Möglichkeit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Der Kläger hat sich durch seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 07.03.2013 weiter geäußert und an seinem Begehren festgehalten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

II.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 04.02.2013 (und wiederholend vom 13.03.2013) auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen. Der Umstand, dass das SG nach den Entscheidungsgründen im angefochtenen Urteil (dem Vergleichsangebot des Beklagten vom 16.09.2010 folgend) von einem Gesamt-GdB von 40 ausgegangen ist, gleichwohl aber die Klage des Klägers auf der Grundlage eines GdB von 30 abgewiesen hat, steht einer Entscheidung über die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG nicht entgegen. Denn der Beklagte hat im Berufungsverfahren in der nichtöffentlichen Sitzung am 30.11.2012 das unterbreitete Vergleichsangebot vom 16.09.2010 als Teil-Anerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat. Die Feststellung eines GdB von 40 ist damit gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt und nicht mehr Verfahrensgegenstand. Eine durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG nicht zulässige teilweise Zurückweisung der Berufung (vgl. Keller in Meyer / Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 153 Nr. 14b) erfolgt nicht, weshalb es bei der Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG bleibt (vgl. zum Vorstehenden auch Bienert, Die Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes, NZS 2012, Seite 885, 886). Streitgegenstand ist nach wie vor der Bescheid vom 03.04.2009/Widerspruchsbescheid vom 05.05.2009, mit dem auch nach dem angenommenen Teilanerkenntnis die begehrte Feststellung eines GdB von 50 wie bisher weiter abgelehnt wird.

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von 50 (oder mehr) ab dem 30.09.2008 zu.

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 9 RVs 15/96 BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R -, BSGE 91, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R -, RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).

Hiervon ausgehend ist im Vergleich zu dem im Bescheid vom 12.11.1998 wegen der Myopathie mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) - entgegen dem pauschalen Vorbringen des Klägers - nicht eingetreten. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 08.07.2010 für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass in Anbetracht der aktuellen klinischen Befunde keine erkennbare Verschlechterung der Myopathie im Vergleich zu 1998 eingetreten ist. Dem entsprechen auch der im Berufungsverfahren zu den Akten gelangte Befundbericht des Dr. M. vom 23.01.2012, in dem eine Befundänderung verneint wird, sowie das Gutachten des Professor Dr. S. vom 20.07.2012, der ebenfalls ausgeführt hat, dass der Teil-GdB von 30 für die Myopathie seit 1998 unverändert gilt. Wegen der aus der Sicht des Dr. M. nach seinem Befundbericht vom 29.01.2013 beim Kläger im Vordergrund stehenden Beschwerden durch die Myopathie ist damit weiterhin von einem Teil-GdB von 30 auszugehen. Dem entsprechen auch die übereinstimmenden Bewertungen von Dr. M. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 16.11.2009, Dr. E. in seinem Gutachten vom 08.07.2010 wie auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 20.07.2012, denen sich der Senat anschließt.

Hinsichtlich der - neu hinzugetretenen - Funktionsminderung der Wirbelsäule des Klägers ist (entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 10.09.2010) ein Teil-GdB von 20 angemessen. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Nach den im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen und nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen liegen beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten nicht vor. Nach dem Gutachten von Dr. W. vom 22.03.2010 ist die Halswirbelsäule des Klägers bei der Vor-/Rückneigung leicht und bei der Seitneigung knapp hälftig bei noch normaler Rotation bewegungseingeschränkt. Hinsichtlich der Brust- und Lendenwirbelsäule besteht eine Einschränkung der Rückneigung und der Seitneigung um knapp die Hälfte bei einem Fingerbodenabstand von 30 cm (was nicht ohne Weiteres mit dem von Dr. W. gemessenen Finger-Fußspitzen-Abstand von 10 cm korreliert) und einer endgradig eingeschränkten Entfaltbarkeit nach Ott und Schober. Zwar klagt der Kläger über wirbelsäulenbezogene Dauerschmerzen. Anhaltspunkte für Wurzelirritationen im Halswirbelsäulen- wie auch Lendenwirbelsäulenbereich bestehen nach dem Gutachten von Dr. W. jedoch nicht. Dem entspricht im Wesentlichen auch das Gutachten von Professor Dr. S. vom 20.07.2012, der hinsichtlich der Schmerzen zwar von Wurzelirritationen ausgeht, aber sensomotorische radikuläre Defizite oder höhergradige axonale Schädigungszeichen (ebenfalls) verneint. Dabei beschreibt Dr. S. in seinem Gutachten hinsichtlich der Wirbelsäule eine nur endgradig eingeschränkte aktive Kopfbeweglichkeit (Kopfrotation und Inklination) bei sonst freier passiver Kopfbeweglichkeit in alle Richtungen. Zudem wird beim Kläger nach den Ausführungen von Professor Dr. S. die Wirbelsäulensymptomatik durch die neuromuskuläre Systemerkrankung, die sich als diskrete Muskelarthrophie mit belastungsassoziierten Myalgien und Belastungsinsuffizienz der Muskulatur äußert, überlagert. Weiter wird in dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Befundbericht von Dr. M. vom 29.01.2013 eine Einschränkung der Rotation der Halswirbelsäule von weniger als einem Drittel bei mäßig schmerzhafter Rotation und Reklination beschrieben. Danach kann beim Kläger (allenfalls) von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ausgegangen werden, die nach den oben dargestellten rechtlichen Vorgaben der VG keinen höheren Teil-GdB als 20 rechtfertigen. Hiervon geht auch Dr. W. in seinem Gutachten überzeugend aus, dem sich der Senat anschließt.

Die Funktionsbehinderung beider Schultergelenke des Klägers rechtfertigt zur Überzeugung des Senates keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach den VG Teil B 18.13 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit der Teil-GdB 10 und bei einer möglichen Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit der Teil-GdB 20. Das beim Kläger eine nach den VG außerdem zu berücksichtigende Instabilität des Schultergelenks besteht, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Hiervon ausgehend ist zur Überzeugung des Senats eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke des Klägers, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigt, nicht nachgewiesen. Zwar beschreibt Dr. W. in seinem Gutachten vom 22.03.2010 eine Einschränkung der aktiven Beweglichkeit der Schultergelenke Arm seitwärts / körperwärts von beidseits 100-0-10° bei einer allerdings passiv geführten Beweglichkeit von 170-0-30° und damit einer passiv nur endgradig eingeschränkten Beweglichkeit. Weiter ist der Kläger nach dem Gutachten von Dr. W. in der Lage, den Arm rückwärts/vorwärts aktiv mit beidseits 20-0-130° zu führen bei einer passiven Beweglichkeit von 30-0-150°. Die beim Kläger bestehenden Impingementzeichen der Rotatorenmanschetten beidseits legen zwar nach Ansicht des Senates nahe, bei der Bewertung des GdB die aktive Beweglichkeit verstärkt zu berücksichtigen. Auch hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. W. die Funktionsgriffe Schürzen- und Nackengriff nur unter Mühen eingenommen. Röntgenaufnahmen am Untersuchungstag zeigten hinsichtlich der rechten Schulter eine Ansatzenthesiopatie Tuberculum majus, links dagegen eine altersentsprechende Darstellung. Auswirkungen der Impingementsymptomatik beider Schultergelenke sieht Dr. W. insbesondere (nur) bei auftretenden Überkopftätigkeiten des Klägers. Demgegenüber wird im Gutachten von Dr. E. vom 08.07.2010 eine seitengleich kraftvolle Schulterhebung des Klägers beschrieben. Ebenso im Befundbericht des Neurochirurgen G. vom 22.10.2009 (Schultergelenke frei beweglich). Auch Dr. M. beschreibt in dem Befundbericht vom 29.01.2013 eine lediglich rechts endgradig schmerzhaft eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit ohne nennenswerte Bewegungseinschränkung bei gut durchführbarem Nacken- und Schürzengriff und nur mäßigen Impingementzeichen mit entsprechendem kernspintomographischen Befund (geringes Impingement). Weiter beschreibt Professor Dr. S. in seinem Gutachten vom 20.07.2012 insbesondere hinsichtlich des Musculus supra- und infraspinatus und der übrigen Schultergürtelmuskulatur beidseits keine sichere Atrophie bei normalen kräftigen Oberarmmuskeln beidseits, was gegen ein Schonungsverhalten des Klägers wegen einer Funktionsbehinderung der Schultergelenke spricht. Zudem werden in den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten keine Beschwerdeangaben des Klägers hinsichtlich der Beweglichkeit der Schultergelenke beschrieben. Damit ist für den Senat eine - von der Rotatorenmanschette ausgehende - dauerhafte Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke des Klägers, wie sie Dr. W. in seinem Gutachten nach den aktiven Bewegungsmaßen beschreibt, nicht erwiesen. Der Senat erachtet deswegen gegen die Ansicht von Dr. W. hinsichtlich der Behinderung der Schulterfunktion einen Teil-GdB von 10 für ausreichend und angemessen.

Entsprechendes gilt für Herzrhythmusstörungen des Klägers. Bei Erkrankungen von Herz und Kreislauf ist für die Bemessung des GdB nach den VG Teil B 9 weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Nach Teil B 9.1.6 richtet sich bei Rhythmusstörungen die Beurteilung des GdB nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens. Eine relevante Einschränkung der Herzleistung ist beim Kläger nicht ersichtlich. Nach dem im Gutachten von Dr. E. vom 08.07.2010 beschriebenen allgemeinen körperlichen Untersuchungsbefund ist die Herzaktion des Klägers regelmäßig (72/Minute) ohne pathologische Herzgeräusche bei einem Blutdruck von 120/80 mmHg. Zwar besteht beim Kläger nach dem Befundbericht von Dr. E. vom 12.07.2011 eine leichte Aorten- und Mitralinsuffizienz, jedoch ohne hämodynamische Bedeutung bei ausreichender LV-Funktion des Herzens und ohne Ischämienachweis. Bei einem Langzeit-EKG festgestellte Rhythmusstörungen sind ohne prognostische Bedeutung. Allerdings befand sich der Kläger nach dem vorläufigen Arztbrief des D. H. M. (ohne Datum) im Oktober 2003 dort in stationärer Behandlung, wobei eine erfolgreiche Ablation eines slow pathway bei Reentrytachykardie vorgenommen und der Kläger beschwerdefrei und mit Sinusrhythmus aus der stationären Behandlung entlassen werden konnte. Danach befand sich der Kläger nach dem Bericht des D. H. M. vom 12.10.2011 erst wieder am 12.10.2011 wegen Sinustachykardien in ambulanter Behandlung, wobei sich ein unauffälliges Ruhe- sowie Belastungs-EKG (bis 100 W) ohne Anhalt für höhergradige Rhythmusstörungen zeigte. Ein Langzeit-EKG erbrachte keinen Anhalt für behandlungsbedürftige Herzrhythmusstörungen. Ein akutes koronares Geschehen wurde ausgeschlossen und ein medizinisch invasiver Handlungsbedarf nicht gesehen. Damit ist eine relevante Herzleistungsminderung des Klägers nicht belegt. Auch sonst lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen keine Herzleistungsminderung Klägers entnehmen, die nach den VG einen höheren Teil-GdB als 10 rechtfertigt.

Sonstige Gesundheitsstörungen, die bei der Bildung des GdB zu berücksichtigen sind, sind nicht ersichtlich und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht. Insbesondere besteht nach dem Gutachten von Dr. W. keine relevante Funktionsbehinderung der Kniegelenke.

Die Behinderung des Klägers bedingt keinen höheren Gesamt-GdB als 40. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt-GdB-Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3 und VG Teil A 3) Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).

Beim Kläger liegt ein GdB von 30 für die Myopathie und das chronische Schmerzsyndrom, von 20 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, von 10 für die Funktionsbehinderung der Schultergelenke und von 10 für die Herzrhythmusstörungen vor. Ausgehend von dem GdB von 30 für die Myopathie und das chronische Schmerzsyndrom wird der GdB durch den für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule zu berücksichtigenden GdB von 20 auf 40 erhöht. Die mit einem Teil-GdB von jeweils 10 bewertete Funktionsbehinderung der Schultergelenke und der Herzrhythmusstörungen führen nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Der vom Beklagten anerkannte GdB von 40 ist deshalb zutreffend und nicht zu niedrig bemessen.

Der abweichenden Bewertung des Gesamt-GdB mit 50 durch Dr. E. und Professor Dr. S. in ihren Gutachten sowie der Bewertung von Dr. W. hinsichtlich des Einzel-GdB auf orthopädischem Gebiet mit 30, den Dr. E. und Professor Dr. S. in ihre Gesamt-GdB-Bewertungen jeweils einbezogen haben, kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht gefolgt werden. Die Bildung eines Einzel-GdB wegen Behinderungen, die ein bestimmtes medizinisches Fachgebiet betreffen (hier Orthopädie) ist nach den VG rechtlich nicht zulässig. Nach Teil A 2e sind vielmehr (im Allgemeinen) Funktionssysteme zusammenfassend zu beurteilen, worauf auch der Beklagte in der Berufungserwiderungsschrift vom 12.08.2011 zutreffend hingewiesen hat. Unabhängig davon ist entgegen der Ansicht von Dr. W. in seinem Gutachten nach dem oben Ausgeführten hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule ( Teil-GdB 20) und der Funktionsbehinderung der Schultergelenke ( Teil-GdB 10) nicht von einem "orthopädischen" Einzel-GdB von 30 auszugehen. Außerdem kann Dr. W., Dr. E. und Professor Dr. S. auch nicht darin gefolgt werden, dass beim Kläger sich gegenseitig nachteilig beeinflussende Behinderungen vorliegen, die einen höheren Gesamt-GdB, insbesondere die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) rechtfertigen. Eine solche gegenseitige nachteilige Beeinflussung der Behinderungen des Klägers lässt sich ihren Gutachten nicht nachvollziehbar entnehmen. Soweit Dr. Weil, Dr. Eppinger und Professor Dr. Schreiber von einer nachteiligen gegenseitigen Beeinflussung wegen einer Minderbelastbarkeit der Muskelfunktion durch die Myopathie ausgehen, ist diesem Umstand bereits durch die Bewertung der Behinderungen durch die Myopathie mit einem Teil-GdB von 30 Rechnung getragen. Eine weitere Berücksichtigung dieser Behinderungen hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bzw. beider Schultergelenke käme einer doppelten Berücksichtigung gleich, die nicht gerechtfertigt ist. Soweit Dr. W. in seinem Gutachten von einer gegenseitig nachteiligen Beeinflussung der Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule sowie der Schultergelenke ausgeht, hat er seine Ansicht im Gutachten nicht nachvollziehbar begründet.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und die vom SG sowie im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für geklärt. Neue Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass der Beklagte nur geringfügig unterlegen ist, weil der Kläger die rechtlich und wirtschaftlich bedeutungsvollere Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht erreicht hat. Der Senat ist auch nicht gehindert, im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung dem Beklagten außergerichtliche Kosten des Klägers auch im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Zwar ist bei einer Zurückweisung der Berufung, wie vorliegend, grundsätzlich nur über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden. Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Beklagte erst im Berufungsverfahren sein erstinstanzliches Vergleichsangebot als Teilanerkenntnis abgegeben hat, das vom Kläger angenommen worden ist. Dieser besondere Umstand ist im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung über die Kosten des (gesamten) gerichtlichen Verfahrens zu berücksichtigen. Der Senat ist auch nicht gehindert, dem Beklagten in Abänderung der Kostenentscheidung des SG im angefochtenen Urteil einen Teil der außergerichtlich Kosten des Klägers zu überbürden, da das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 193 RdNr. 2a m.w.N. ) und der Senat zudem von dem im Vergleichsangebot geäußerten Einverständnis des Beklagten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten, nicht abweicht.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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