Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 1118/13 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Anspruch auf Arbeitslosengeld II während einer Beurlaubung vom Hochschulstudium wegen Kinderbetreuung
Bemerkung
Die Begrenzung des Bezuges von Arbeitslosengeld II während einer Beurlaubung vom Hochschulstudium wegen Kinderbetreuung in Arbeitshinweisen des Jobcenter auf 12 Monate verstößt gegen Verfassungsrecht.
I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zu 1 vorläufig für den Zeitraum vom 25. Februar 2013 bis 31. August 2013 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich weiteren 548,68 EUR zu zahlen.
II. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1.
Gründe:
I. Die Antragstellerin zu 1 begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Die am 1980 geborene Antragstellerin zu 1 ist bei der Hochschule für Bildende Künste Dresden im Studiengang immatrikuliert und im Wintersemester 2012/2013 und im Sommersemester 2013 beurlaubt. Sie lebt mit ihren Töchtern, der am 2006 geborenen X. und der am 2011 geborenen Antragstellerin zu 2 zusammen und beantragte erstmals am 15. November 2010 Arbeitslosengeld II. Der Antragsgegner bewilligte bis 7. September 2012 Leistungen nach dem SGB II. Den Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen vom 30. August 2012 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 4. September 2012 ab. Die Antragstellerin zu 1 erhob am 13. September 2012 Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2013 zurück wies. Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen am 18. Februar 2013 Klage vor dem Sozialgericht Dresden, die unter dem Az. S 20 AS 1025/13 geführt wird und über die noch nicht entschieden ist. Am 25. Februar 2013 haben die Antragstellerinnen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Die Antragstellerin zu 1 habe neben dem Kindergeld keine Einkünfte. Ihre Töchter erhielten Unterhalt. Für eine unterbrochene und nicht betriebene Ausbildung werde kein BAföG geleistet. Die Antragstellerin zu 1 habe ihre Ausbildung erziehungsbedingt unterbrochen. Auf einen Kinderbetreuungsplatz komme es nicht an. Die Ablehnung erscheine willkürlich. Die Antragstellerinnen beantragen, den Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellerinnen laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 593,19 EUR monatlich zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Antragstellerin zu 1 sei von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Mit Bescheid vom 19. März 2013 hat der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin zu 1 vom 8. März 2013 abgelehnt. Mit Bescheid vom 21. März 2013 hat der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1 Leistungen für Auszubildende in Höhe von monatlich 137,52 EUR (Mehrbedarf für Alleinerziehende) und mit weiterem Bescheid vom 21. März 2013 den Töchtern der Antragstellerin zu 1 Leistungen in Höhe von monatlich 91,32 EUR jeweils für den Zeitraum 1. März 2013 bis 31. August 2013 bewilligt. Die Antragstellerinnen haben das Teilanerkenntnis angenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Inhaltlich handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Begehren, den Antragsgegner – nach dem angenommenen Teilanerkenntnis vom 21. März 2013 noch – zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1 vorläufig höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erfolg des Antrages ist, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen gewichtige Gründe vorliegen (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1977, Az: 2 BvR 42/76). Ferner muss ein Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch des Antragstellers handeln (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 27 ff.). Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie nach gebotener summarischer Prüfung der Sachlage zur Abwendung wesentlicher, nicht wieder gutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen. Die Antragstellerin zu 1 hat einen Anordnungsanspruch (1.) und einen Anordnungsgrund (2.) glaubhaft gemacht.
1. Der Anordnungsanspruch der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus § 7 Abs. 1 SGB II. Danach erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem SGB II.
1.1. Die Antragstellerin zu 1 erfüllt alle genannten Voraussetzungen und ist auch nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Studierender während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt (vgl. BSG, Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R; Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 197/11 R). Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin zu 1 unstrittig, da sie auf Grund der Erziehung ihrer Töchter vom Studium beurlaubt ist und glaubhaft gemacht hat, dass sie weder an Veranstaltungen der Hochschule teilnimmt noch Prüfungsleistungen erbringt. Abwegig ist in diesem Zusammenhang die vom Antragsgegner in einem Arbeitshinweis (Az. II-1101) vertretene Auffassung, die maximale Länge des Leistungsbezuges betrage unter diesen Umständen in der Regel 12 Monate nach der Geburt. Denn auf das vom BSG für maßgeblich erachtete Kriterium, ob das Studium während der Beurlaubung tatsächlich nicht betrieben wird, hat der Zeitablauf nach der Geburt des betreuten Kindes keinerlei Einfluss. Eine rechtliche Verpflichtung zur Weiterbetreibung einer Ausbildung 12 Monate nach der Geburt eines Kindes ist nicht ersichtlich und wäre mit Art. 6 Abs. 2 GG auch nicht in Einklang zu bringen. Im Übrigen besteht keinerlei Anlass, Studenten diesbezüglich gegenüber nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes geschützten Eltern schlechter zu behandeln. Insofern verstößt der o. a. Arbeitshinweis des Antragsgegners nicht nur gegen Art. 6 Abs. 2 GG, sondern auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist damit unbeachtlich.
1.2. Die Antragstellerin zu 1 hat Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld II bemisst sich nach § 19 SGB II. Der Bedarf der Antragstellerin zu 1 ergibt sich zum einen aus dem ihr gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zustehenden Regelbedarf in Höhe von 382 EUR. Ferner gehören zum Bedarf die ihr gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zustehenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 166,68 EUR und der Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von monatlich 137,52 EUR. Daraus ergibt sich ein Gesamtbedarf in Höhe von monatlich 686,20 EUR, wovon nach Abzug der mit Bescheid vom 21. März 2013 gewährten 137,52 EUR ein Betrag in Höhe von monatlich 548,68 EUR bislang ungedeckt ist. In dieser Höhe hat die Antragstellerin zu 1 einen Anordnungsanspruch ab Eingang des Eilantrages bis zum Ablauf des kommenden Bewilligungszeitraumes glaubhaft gemacht, da sie selbst derzeit über keinerlei ihr selbst anrechenbare Einkünfte verfügt.
2. Die Antragstellerin zu 1 hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 1 hat insbesondere die Dringlichkeit der Durchsetzung ihrer Ansprüche dargelegt, da sie nach ihren aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in der Lage sind, die voraussichtlich rechtswidrige Ablehnung von Leistungen durch den Antragsgegner aus eigenen Mitteln auszugleichen. Damit ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung einer Verletzung ihres Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG] in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) geboten. Ein Anordnungsgrund ist ab Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht zu bejahen, da die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens dem Einfluss der Antragstellerin zu 1 weitgehend entzogen ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
II. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1.
Gründe:
I. Die Antragstellerin zu 1 begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Die am 1980 geborene Antragstellerin zu 1 ist bei der Hochschule für Bildende Künste Dresden im Studiengang immatrikuliert und im Wintersemester 2012/2013 und im Sommersemester 2013 beurlaubt. Sie lebt mit ihren Töchtern, der am 2006 geborenen X. und der am 2011 geborenen Antragstellerin zu 2 zusammen und beantragte erstmals am 15. November 2010 Arbeitslosengeld II. Der Antragsgegner bewilligte bis 7. September 2012 Leistungen nach dem SGB II. Den Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen vom 30. August 2012 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 4. September 2012 ab. Die Antragstellerin zu 1 erhob am 13. September 2012 Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2013 zurück wies. Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen am 18. Februar 2013 Klage vor dem Sozialgericht Dresden, die unter dem Az. S 20 AS 1025/13 geführt wird und über die noch nicht entschieden ist. Am 25. Februar 2013 haben die Antragstellerinnen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Die Antragstellerin zu 1 habe neben dem Kindergeld keine Einkünfte. Ihre Töchter erhielten Unterhalt. Für eine unterbrochene und nicht betriebene Ausbildung werde kein BAföG geleistet. Die Antragstellerin zu 1 habe ihre Ausbildung erziehungsbedingt unterbrochen. Auf einen Kinderbetreuungsplatz komme es nicht an. Die Ablehnung erscheine willkürlich. Die Antragstellerinnen beantragen, den Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellerinnen laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 593,19 EUR monatlich zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Antragstellerin zu 1 sei von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Mit Bescheid vom 19. März 2013 hat der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin zu 1 vom 8. März 2013 abgelehnt. Mit Bescheid vom 21. März 2013 hat der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1 Leistungen für Auszubildende in Höhe von monatlich 137,52 EUR (Mehrbedarf für Alleinerziehende) und mit weiterem Bescheid vom 21. März 2013 den Töchtern der Antragstellerin zu 1 Leistungen in Höhe von monatlich 91,32 EUR jeweils für den Zeitraum 1. März 2013 bis 31. August 2013 bewilligt. Die Antragstellerinnen haben das Teilanerkenntnis angenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Inhaltlich handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Begehren, den Antragsgegner – nach dem angenommenen Teilanerkenntnis vom 21. März 2013 noch – zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1 vorläufig höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erfolg des Antrages ist, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen gewichtige Gründe vorliegen (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1977, Az: 2 BvR 42/76). Ferner muss ein Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch des Antragstellers handeln (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 27 ff.). Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie nach gebotener summarischer Prüfung der Sachlage zur Abwendung wesentlicher, nicht wieder gutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen. Die Antragstellerin zu 1 hat einen Anordnungsanspruch (1.) und einen Anordnungsgrund (2.) glaubhaft gemacht.
1. Der Anordnungsanspruch der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus § 7 Abs. 1 SGB II. Danach erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem SGB II.
1.1. Die Antragstellerin zu 1 erfüllt alle genannten Voraussetzungen und ist auch nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Studierender während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt (vgl. BSG, Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R; Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 197/11 R). Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin zu 1 unstrittig, da sie auf Grund der Erziehung ihrer Töchter vom Studium beurlaubt ist und glaubhaft gemacht hat, dass sie weder an Veranstaltungen der Hochschule teilnimmt noch Prüfungsleistungen erbringt. Abwegig ist in diesem Zusammenhang die vom Antragsgegner in einem Arbeitshinweis (Az. II-1101) vertretene Auffassung, die maximale Länge des Leistungsbezuges betrage unter diesen Umständen in der Regel 12 Monate nach der Geburt. Denn auf das vom BSG für maßgeblich erachtete Kriterium, ob das Studium während der Beurlaubung tatsächlich nicht betrieben wird, hat der Zeitablauf nach der Geburt des betreuten Kindes keinerlei Einfluss. Eine rechtliche Verpflichtung zur Weiterbetreibung einer Ausbildung 12 Monate nach der Geburt eines Kindes ist nicht ersichtlich und wäre mit Art. 6 Abs. 2 GG auch nicht in Einklang zu bringen. Im Übrigen besteht keinerlei Anlass, Studenten diesbezüglich gegenüber nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes geschützten Eltern schlechter zu behandeln. Insofern verstößt der o. a. Arbeitshinweis des Antragsgegners nicht nur gegen Art. 6 Abs. 2 GG, sondern auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist damit unbeachtlich.
1.2. Die Antragstellerin zu 1 hat Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld II bemisst sich nach § 19 SGB II. Der Bedarf der Antragstellerin zu 1 ergibt sich zum einen aus dem ihr gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zustehenden Regelbedarf in Höhe von 382 EUR. Ferner gehören zum Bedarf die ihr gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zustehenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 166,68 EUR und der Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von monatlich 137,52 EUR. Daraus ergibt sich ein Gesamtbedarf in Höhe von monatlich 686,20 EUR, wovon nach Abzug der mit Bescheid vom 21. März 2013 gewährten 137,52 EUR ein Betrag in Höhe von monatlich 548,68 EUR bislang ungedeckt ist. In dieser Höhe hat die Antragstellerin zu 1 einen Anordnungsanspruch ab Eingang des Eilantrages bis zum Ablauf des kommenden Bewilligungszeitraumes glaubhaft gemacht, da sie selbst derzeit über keinerlei ihr selbst anrechenbare Einkünfte verfügt.
2. Die Antragstellerin zu 1 hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 1 hat insbesondere die Dringlichkeit der Durchsetzung ihrer Ansprüche dargelegt, da sie nach ihren aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in der Lage sind, die voraussichtlich rechtswidrige Ablehnung von Leistungen durch den Antragsgegner aus eigenen Mitteln auszugleichen. Damit ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung einer Verletzung ihres Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG] in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) geboten. Ein Anordnungsgrund ist ab Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht zu bejahen, da die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens dem Einfluss der Antragstellerin zu 1 weitgehend entzogen ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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