L 11 Ka 139/96

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 10 Ka 90/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 Ka 139/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine approbierte Ärztin und ausgebildete Hebamme hat keinen Anspruch auf eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für geburtshilfliche Leistungen im Zusammenhang mit Hausgeburten einschließlich Beratung, Besuchen und Anästhesieleistungen. Der Berufungsausschuß der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe hat zu Recht einen Bedarf für die begehrte Ermächtigung nicht festgestellt. Der Senat hat allerdings ebenso wie das Sozialgericht Bedenken gegen die Feststellung, daß Hausgeburten wegen des mit ihnen verbundenen erhöhten Risikos gesundheitspolitisch nicht erwünscht seien.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 02.07.1996 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für geburtshilfliche Leistungen im Zusammenhang mit sogenannten Hausgeburten, einschließlich von Beratungen, Besuchen und Anästhesieleistungen.

Die Klägerin ist approbierte Ärztin und ausgebildete Hebamme. Am 22.04.1994 beantragte sie die Erteilung einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für geburtshilfliche Leistungen. Dabei verwies sie darauf, bereits im Januar 1994 eine manifeste vertragsärztliche Unterversorgung in Bezug auf Hausentbindungen angezeigt zu haben. Hierbei bedürfe es einer ständigen Abrufbereitschaft, die durch die zugelassenen Vertragsärzte nicht gewährleistet sei. Zusammen mit freiberuflichen Hebammen sei es gelungen, ein funktionierendes Versorgungssystem für Hausentbindungen aufzubauen. Für eine Versicherte, die sich für eine Hausentbindung entschieden habe, sei es unzumutbar, in erschöpftem Zustand, blutend und kreislauflabil eine Arztpraxis oder eine Klinik aufzusuchen, und dort zum Beispiel lediglich eine Dammnaht vornehmen zu lassen. Die Einschaltung des Notdienstes ziehe regelmäßig die Einweisung und den Transport in ein Krankenhaus nach sich, was nicht nur Sinn und Zweck einer Hausentbindung widerspreche, sondern auch unnötig sei und vermeidbare Kosten verursache. Aus einer im Kanton Zürich zwischen 1989 und 1993 durchgeführten Untersuchung ergebe sich, daß Hausgeburten nicht risikoreicher als Krankenhausgeburten seien. Im Jahr 1993 sei sie zu über 80 Schwangeren bzw. frisch Entbundenen im Großraum D. gerufen worden, denen es nicht möglich gewesen sei, innerhalb einer angemessenen Frist einen zugelassenen Vertragsarzt zu erreichen oder für eine Besuchsbehandlung zu gewinnen. Zur Bekräftigung ihres Vorbringens legte sie schriftliche Äußerungen von fünf Patientinnen vor.

Der Zulassungsausschuß der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk A. lehnte den Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 07.07.1994 ab, weil durch die zugelassenen Gynäkologen in D. und U. eine ausreichende Versorgung sichergestellt sei. Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin im wesentlichen geltend, der Zulassungsausschuß sei irrtümlich davon ausgegangen, lediglich das Vorhandensein zugelassener Gynäkologen garantiere die vertragsärztliche Versorgung von zuhause entbindenden oder frisch entbundenen Patientinnen. Die im Antragsverfahren vorgelegten Äußerungen von Versicherten, aus denen sich das Gegenteil ergebe, seien völlig ignoriert worden. Eine ausreichende vertragsärztliche Versorgung bei Hausentbindungen setze voraus eine zusätzliche Ausbildung bzw. eine genügende Erfahrung bei ambulanten Haus-, Heim- und Praxisentbindungen, eine entsprechende medizinische Ausrüstung, eine ununterbrochene Erreichbarkeit und Abrufbarkeit für den nicht vorhersagbaren Entbindungszeitraum sowie eine Berufshaftpflichtversicherung, die den Bereich der Geburtshilfe umfasse. Nachdem der Frauenarzt Dr. R. 1983 aus der kassenärztlichen Versorgung ausgeschieden sei, gebe es im Großraum D. keinen Vertragsarzt mehr, der diese Voraussetzungen erfülle und insbesondere den nötigen 24stündigen Bereitschaftsdienst zu versehen bereit sei. Werde die begehrte Ermächtigung nicht erteilt, so werde ein Zustand zementiert, durch den den Versicherten vertragsärztliche Hilfe bei Hausgeburten faktisch versagt werde, so daß sie regelmäßig trotz Beitragsleistung zur gesetzlichen Krankenversicherung auf eigene Kosten privat mit dem Arzt abrechnen müßten.

Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Beschluss vom 21.02.1995 zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Ermächtigung gemäß § 31 Abs. 1 lit. a) der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) habe schon deshalb nicht erteilt werden können, weil die Klägerin als lediglich approbierte Ärztin nicht zu dem für eine Ermächtigung in Betracht kommenden Personenkreis im Sinne dieser Vorschrift gehöre. Zwar sei der Kreis der Ärzte, die neben den zugelassenen Ärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden könnten, nicht auf Krankenhausärzte beschränkt, und § 31 Ärzte-ZV bezeichne den Kreis der "weiteren" Ärzte nicht im einzelnen. Die Vorschrift lasse jedoch erkennen, daß es sich dabei um eine besondere Gruppe von Ärzten handeln müsse, die sich aus dem allgemeinen Kreis der Ärzte hervorhöben. Der Beklagte sehe in dem Tatbestandsmerkmal "insbesondere" einen Hinweis darauf, daß die Approbation für die Erteilung einer Ermächtigung nicht ausreiche. Aus der Ausbildung und Tätigkeit als Hebamme könne keine ärztliche Qualifikation abgeleitet werden. Die Ermächtigung eines approbierten Arztes zu Leistungen der außerklinischen Geburtshilfe begegne ferner deswegen Bedenken, weil sie dem gesundheitspolitisch bedeutsamen Streben nach Vermeidung von Risiken bei Geburten zuwiderlaufe. Komplizierte Geburten, bei denen die Klägerin tätig zu werden beabsichtige, gehörten aus Gründen der Qualitätssicherung in die Hände von erfahrenen Gynäkologen oder entsprechender Kliniken. Im übrigen bestehe kein Bedarf für die begehrte Ermächtigung. Im Planungsbereich U. bestehe für Gynäkologen eine Zulassungsbeschränkung, was zeige, daß die zugelassenen Vertragsärzte die Durchführung von Hausentbindungen nicht aus Gründen der Überlastung ablehnten, sondern weil sie die mit Hausentbindungen verbundenen Risiken als zu hoch einschätzten. Hieraus lasse sich aber nicht auf den für eine Ermächtigung im Gesetz geforderten Bedarf schließen.

Zur Begründung ihrer hiergegen rechtzeitig vor dem Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, für Versicherte, die sich für eine Hausentbindung entschlossen hätten, grenze es häufig an ein Wunder, nachts oder am Wochenende eine qualifizierten Vertragsarzt zu bekommen. Im Bereich der außerklinischen Geburtshilfe sei die vertragsärztliche Versorgung nicht sichergestellt, was die Tatsache belege, daß kein zugelassener Gynäkologe oder Arzt, jedenfalls nicht im Zusammenhang mit einem Hausbesuch, die Leistungen abrechne, für die sie den Ermächtigungsantrag gestellt habe. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, die Versicherten könnten jederzeit eine Klinik aufsuchen. Denn gerade Gebärende oder frisch Entbundene hätten in besonderem Maße Anspruch auf ärztliche Besuchsbehandlung. Angesichts des körperlichen Zustands, in dem sich eine Gebärende oder frisch Entbundene befinde, berge ein Krankentransport häufig nicht nur Risiken in sich, sondern bringe stets eine zusätzliche, vermeidbare Kostenbelastung mit sich.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 21.02.1995 zu verurteilen, über ihren Widerspruch erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat darauf verwiesen, die Problematik der von der Klägerin erbetenen Ermächtigung für Hausgeburten sei vor allem eine Frage des Risikos dieser Entbindungen. Die zugelassenen Ärzte für Allgemeinmedizin und auch die Gynäkologen hätten sich eben wegen des damit verbundenen Risikos zum größten Teil aus den Leistungen der Geburtshilfe bei häuslicher Entbindung zurückgezogen.

Die Beigeladenen haben sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen.

Das Sozialgericht hat Häufigkeitsstatistiken der in U. zugelassenen Gynäkologen für die Quartale I/1995 und II/1995 sowie eine Ziffernauswahlliste beigezogen.

Mit Urteil vom 02.07.1996 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 21.02.1995 verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin könne mangels Eignung nicht gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ermächtigt werden. Entgegen seiner Auffassung kämen für eine Ermächtigung auch lediglich approbierte Ärzte in Betracht. Einen Bedarf in quantitativ-allgemeiner Hinsicht habe der Beklagte zwar zu Recht verneint, seinen Beurteilungsspielraum hinsichtlich eines qualitativ-speziellen Bedarfs jedoch zu Unrecht nicht ausgefüllt. Der Beklagte habe berücksichtigen müssen, weshalb die niedergelassenen Fachärzte die im Zusammenhang mit Hausgeburten begehrten Leistungen so gut wie nicht erbrächten. Geschehe dies nicht, weil sie hierzu nicht bereit seien, bestehe ein entsprechender Bedarf. Die Frage des Risikos von Hausgeburten stehe nicht zur Debatte, da die Vertragspartner des EBM kraft ihrer Regelungskompetenz und Sachkunde die Erbringung der entsprechenden Leistungen vorgesehen hätten. Ein Bedarf in qualitativ-spezieller Hinsicht komme auch nicht nur dann in Betracht, wenn die zugelassenen Vertragsärzte nicht über die erforderlichen speziellen Kenntnisse und Erfahrungen verfügten, sondern auch dann, wenn die Vertragsärzte zur Erbringung der entsprechenden Leistungen nicht bereit oder willens seien. Maßgebendes Pendant zum Bedarf an speziellen vertragsärztlichen Leistungen sei der Versorgungsanspruch der Versicherten. Die berechtigten Interessen von Versicherten daran, zu Hause entbinden zu können, dürften nicht einfach unter Hinweis auf eine mögliche Krankenhausentbindung hintangestellt werden. Solange der EBM die im Zusammenhang mit Hausentbindungen begehrten Leistungen vorsehe, sei nicht einzusehen, weshalb dieser Teil der vertragsärztlichen Versorgung von den Versicherten nicht in Anspruch genommen werden können solle. Soweit es nicht um ausgesprochene Problemschwangerschaften bzw. um vorhersehbare Problemgeburten gehe, handele es sich bei Hausentbindungen durchaus auch um eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Sinne der §§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Der Versorgungsanspruch der Versicherten sei bei einer Hausentbindung bzgl. der reinen Geburtshilfe bzw. der Hilfe während des Geburtsvorganges auch nicht auf die Hilfe einer Hebamme beschränkt und das Fehlen eines Sonderbedarfstatbestandes i.S.v. Nr. 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinien stehe der Annahme eine qualitativ-speziellen Bedarfs nicht entgegen.

Gegen das ihm am 31.07.1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.09. 1996 (Montag) Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Beklagte vor, dem Sozialgericht könne nicht dahin gefolgt werden, daß Ärzte, die lediglich im Besitz der Approbation seien, nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ermächtigt werden könnten. Zuzugeben sei zwar, daß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV eine Ermächtigungsmöglichkeit für Ärzte vorsehe, die weder zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen, noch am Krankenhaus beschäftigt seien. Aus dem Hinweis "insbesondere" sei aber zu schließen, daß nicht jeder approbierte Arzt bei Vorliegen eines möglichen Bedarfs ermächtigt werden könne. Mit der Heraushebung des Wortes "insbesondere" würden Gruppen von Ärzten bezeichnet, die sich aus dem Kreis der nur approbierten Ärzte hervorhöben, zumal im Bereich der niedergelassenen Vertragsärzte und ermächtigten Krankenhausärzte besonderes Gewicht auf die Durchführung der Qualitätssicherung gelegt werde.

Wegen der hohen Verantwortung, die mit der Betreuung einer Geburt verbunden sei, laufe die Ermächtigung einer lediglich approbierten Ärztin dem Gedanken der Qualitätssicherung zuwider. Die von der Klägerin zur Ermächtigung begehrten Leistungen würden, wenn schon, dann nur von niedergelassenen Gynäkologen in ganz geringem Umfang erbracht. Auch dies lege den Schluß nahe, daß zur Ermächtigung für die Ausführung geburtshilflicher Leistungen mehr zu fordern sei, als lediglich die Approbation. Dabei sei selbstverständlich, daß die Ausbildung der Klägerin als Hebamme hier nicht in Betracht komme, weil es sich bei deren Leistungen nicht um ärztliche handele. Gemäß § 31 Ärzte-ZV könnten nur solche Ärzte ermächtigt werden, die zumindest auf dem Gebiet, für das sie ermächtigt werden wollten, über zusätzliche Kenntnisse und Erfahrungen verfügten. Es sei schlecht vorstellbar, daß es dem Willen des Gesetzgebers entspreche, wenn angesichts der im Laufe der Zeit verschärften Voraussetzungen für die Zulassung als Vertragsarzt oder die Ermächtigung eines Krankenhausarztes auf dem Gebiet der Hausgeburt auf die qualitätssichernden Merkmale verzichtet werden solle. Im Hinblick auf die Risiken von Hausgeburten bezieht sich der Beklagte ferner auf eine Stellungnahme von Prof. Dr. S. von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, in der im wesentlichen die Auffassung vertreten wird, selbst bei verantwortungsvoll betriebener Hausgeburtshilfe mit guter Präselektion des Patientengutes und frühzeitiger Einweisung in die Klinik bei sich anbahnender Risikokonstellation könnten nicht alle Notsituationen für Mutter und Kind vermieden bzw. bewältigt werden. Als Kompromiß zwischen einer Klinikentbindung und einer Hausgeburt biete sich die ambulante Klinikentbindung an, mit der der erreichte Sicherheitsstandard erhalten bleiben könne.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.07.1996 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, sie beabsichtige nicht, für den Fall einer Ermächtigung eine Arztpraxis einzurichten und dort ambulante Entbindungen durchzuführen. Sie begehre die Ermächtigung nur für ambulante Hausentbindungen außerhalb einer Arztpraxis. Die beanspruchte Ermächtigung solle sich nicht beziehen auf die Planung und die geplante Durchführung einer Hausgeburt im Umkreis D. Sie wolle nur ermächtigt werden für die ärztlichen Leistungen, die sie erbringe, wenn sie im Rahmen einer Hausgeburt, in der Regel von der Hebamme, als Ärztin hinzugezogen werde. Dies seien zum Beispiel Fälle, in denen die Hebamme nicht wisse, wie das Kind liege, oder eine regelwidrige Lage feststelle, sowie Fälle in denen sich die Geburt verzögere oder in denen die Geburt mittels einer Saugglocke erfolgen müsse. Es sei auch möglich, daß sie erst nach der Geburt zur Versorgung von Rissen benötigt werde.

Die Klägerin, deren Prozeßbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind, hat sich mit dem Beginn der mündlichen Verhandlung sowie einer Entscheidung des Senates auch in Abwesenheit ihres Prozeßbevollmächtigten einverstanden erklärt.

Die Beigeladenen schließen sich dem Antrag des Beklagten an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtene Entscheidung des Beklagten zu Unrecht aufgehoben und ihn zu einer erneuten Entscheidung verpflichtet. Der Beschluss des Beklagten ist im Ergebnis nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Ärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist § 31 Ärzte-ZV in Verbindung mit § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V. Nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden. Dahingestellt bleiben kann, ob der Begriff der Unterversorgung in § 31 Abs. 1 Lit. a) Ärzte-ZV im Sinne einer vom Landesausschuß gemäß § 100 SGB V festzustellenden Unterversorgung zu verstehen ist und eine entsprechende Feststellung voraussetzt. Denn auch wenn im Rahmen des § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV auf das Vorliegen einer Versorgungslücke, unabhängig von entsprechenden Feststellungen des Landesausschusses, abgestellt wird, erweist sich die angefochtene Entscheidung nicht als rechtswidrig, weil der Beklagte zu Recht einen Bedarf für die von der Klägerin begehrte Ermächtigung nicht festgestellt hat.

Hinsichtlich der Prüfung der Versorgungslage und der Ermittlung eines entsprechenden Bedarfs steht den Zulassungsinstanzen nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteile vom 27.01.1992 - 6 RKa 15/91- und vom 22.06.1994 - 6 RK 22/93 -) und der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 14.07.1993 - L 11 Ka 136/92 -, vom 15.05.1995 - L 11 Ka 132/94 -, vom 21.02.1996 - L 11 Ka 143/95 - und vom 21.05.1997 - L 11 Ka 198/96 -) ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Denn ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten durch die zugelassenen Vertragsärzte gewährleistet ist, können auch die fachkundigen und ortsnahen Zulassungsinstanzen oft nur ungefähr sagen. Durch die Regelungen über deren Besetzung hat der Gesetzgeber dabei zu erkennen gegeben, daß er die Entscheidung innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens denjenigen anvertraut, die es angeht, also den Krankenkassen und den Vertragsärzten. Alle Entscheidungen der Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der ungefähren Richtigkeit halten, sind deswegen als rechtmäßig anzusehen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des den Zulassungsinstanzen zustehenden Beurteilungsspielraumes darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrundeliegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs gegebenen Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Diese Grundsätze, die nicht nur für die Ermächtigung von Krankenhausärzten mit abgeschlossener Weiterbildung nach § 116 SGB V, sondern auch bei der Genehmigung zur Führung einer Zweigpraxis gelten (BSG, Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 55/94 -), sind auch hinsichtlich der Beurteilung des Bedarfs im Rahmen einer Ermächtigung auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV anzuwenden. Im Rahmen der danach nur eingeschränkten Überprüfbarkeit erweist sich der angefochtene Bescheid des Beklagten im Ergebnis als rechtmäßig.

Der Senat hat allerdings ebenso wie das Sozialgericht Bedenken gegen die Feststellung, daß einer Ermächtigung der Klägerin für geburtshilfliche Leistungen im Zusammenhang mit Hausgeburten bereits das Fehlen einer abgeschlossenen Weiterbildung entgegenstehe, und daß sogenannte Hausgeburten wegen des mit ihnen verbundenen erhöhten Risikos gesundheitspolitisch nicht erwünscht seien. Selbstverständliche Voraussetzung für eine Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ist allerdings auch nach Auffassung des Senats die Eignung des um die Ermächtigung nachsuchenden Arztes für die Erbringung der entsprechenden Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sein. Dies gilt für die allgemeine Eignung im Sinne von § 21 Ärzte-ZV ebenso wie für die erforderliche fachliche Qualifikation. Denn ein Arzt, dem für die entsprechenden Leistungen die erforderliche fachliche Qualifikation fehlt, ist nicht in der Lage, eine vorhandene Versorgungslücke zu schließen. Allein das Fehlen einer abgeschlossenen Weiterbildung schließt jedoch die Eignung für eine Ermächtigung nicht aus. Die für die Zulassung geltenden Vorschriften können auf Ermächtigungen nicht übertragen werden. Zwar setzt eine Zulassung nach dem ab 01.01.1993 geltenden Recht die Eintragung in das Arztregister und diese neben der Approbation den erfolgreichen Abschluß einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung voraus (§§ 95 Abs. 2, 95 a Abs. 1 SGB V). Weder die Vorschriften des SGB V (vgl. § 95 Abs. 1, 4 und § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V) noch § 31 ZV-Ärzte sehen jedoch eine entsprechende Geltung der für Zulassungen vorgesehenen Voraussetzungen auch für Ermächtigungen vor, und eine ungewollte Regelungslücke kann insoweit, insbesondere auch im Hinblick auf den ohnehin subsidiären Charakter von Ermächtigungen, nicht unterstellt werden. Auch die Formulierung "insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation" bei der Beschreibung des für Ermächtigungen in Betracht kommenden Kreises zu ermächtigender Ärzte in § 98 Abs. 2 Nr. SGB V und § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV rechtfertigt nicht den Schluß, es müsse sich stets um solche Ärzte handeln, die über besondere Qualifikationen verfügten. Dies ergibt sich auch aus einem Vergleich mit Ermächtigungen von Krankenhausärzten nach § 116 SGB V i.V.m. § 31 a Ärzte-ZV. Während diese auf die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse der zu ermächtigenden Ärzte abstellen, knüpfen Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 lit. a) SGB V allein an eine bestehende oder drohende Unterversorgung an. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn besondere Umstände die Annahme des Fehlens der erforderlichen fachlichen Qualifikation nahelegen, kann dahingestellt bleiben. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin über die fachliche Qualifikation zur Erbringung geburtshilflicher Leistungen nicht verfügt, vermag der Senat jedenfalls nicht auszumachen. Der Senat teilt auch die Auffassung des Sozialgerichts, daß die Annahme eines Bedarfs nicht deswegen verneint werden kann, weil Hausgeburten wegen des mit ihnen verbundenen erhöhten Risikos gesundheitspolitisch nicht erwünscht seien. Denn im Rahmen der Beurteilung eines Bedarfs durch die Zulassungsinstanzen besteht kein Raum, etwa Entscheidungen des Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB V, der Vertragspartner der Bundesmantelverträge nach § 135 Abs. 2 SGB V oder des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 2 SGB V zu korrigieren. Die in den einheitlichen Bewertungsmaßstab, der gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V u.a. den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen bestimmt, aufgenommenen Leistungen sind Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und von den Zulassungsinstanzen im Rahmen der Bedarfsbeurteilung dementsprechend zugrundezulegen.

Der Beklagte hat die Erteilung der von der Klägerin begehrten Ermächtigung jedoch im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil ein Bedarf weder in quantitativ-allgemeiner noch in qualitativ-spezieller Hinsicht vorliegt. Hinsichtlich der Verneinung eines quantitativ-allgemeinen Bedarfs ist es nicht zu beanstanden, daß der Beklagte im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes auf die vom Landesausschuß angeordneten Zulassungsbeschränkungen verwiesen hat. Denn bei der Ermittlung des Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht, also der Prüfung, ob im jeweiligen Fachgebiet eine ausreichende Anzahl von Ärzten für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, können nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 20.12.1995 - L 11 Ka 175/94 - und vom 21.05.1997 - L 11 Ka 198/96 -) und des Bundessozialgerichts (Urteile vom 22.06.1994 - 6 RKa 46/93 - und vom 14.07.1993 - 6 RKa 71/91 -) die Angaben des Bedarfsplans zugrundegelegt werden, da sich auf andere Weise der quantitative Bedarf nicht zuverlässig ermitteln läßt.

Aber auch in qualitativ-spezieller Hinsicht ist die Verneinung eines Bedarfs im Ergebnis nicht zu beanstanden. Maßgeblich für das Vorliegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs ist, daß bestimmte, für eine ausreichende Versorgung benötigte Leistungen, von den zugelassenen Vertragsärzten nicht angeboten werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1995 - 6 RKa 42/93 -). Daß geburtshilfliche Leistungen im Zusammenhang mit Hausgeburten von den zugelassenen Vertragsärzten nicht in nennenswertem Umfang angeboten werden, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird durch die vom Sozialgericht beigezogenen Häufigkeitsstatistiken und Ziffernauswahllisten belegt. Der Umstand, daß davon auszugehen ist, daß die niedergelassenen Fachärzte in der Lage wären, die entsprechenden Leistungen zu erbringen, und offenbar aus anderen Gründen davon Abstand nehmen, geburtshilfliche Leistungen im Rahmen von Hausgeburten anzubieten, schließt dabei einen Bedarf zwar noch nicht aus. Entscheidend ist aber, daß eine Ermächtigung nur für Leistungen in Betracht kommt, die für eine ausreichende ärztliche ambulante Versorgung erforderlich sind. Die Erforderlichkeit einer Ermächtigung für die von der Klägerin nach ihren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung beabsichtigte Leistungserbringung hat der Senat jedoch nicht feststellen können. Hiernach beabsichtigt die Klägerin nicht, im Rahmen der Planung und geplanten Durchführung von Hausgeburten tätig zu werden. Vielmehr beschränkt sich ihr Begehren auf eine Ermächtigung für ärztliche Leistungen in solchen Fällen, in denen besondere Umstände während oder unmittelbar nach der zunächst ohne Anwesenheit eines Arztes geplanten häuslichen Geburt Hilfeleistungen erfordern, die die im übrigen tätigen Hebammen überfordern bzw. die deren Kompetenzen überschreiten. Auch für die nicht geplante, aufgrund besonderer Umstände erforderlich werdende Hinzuziehung eines Arztes bei Hausgeburten ist jedoch grundsätzlich das vertragärztliche System zuständig mit der Folge des Vorrangs der zugelassenen Vertragsärzte. Gelingt es in den von der Klägerin geschilderten Fällen nicht, in angemessener Zeit einen zugelassenen Vertragsarzt hinzuziehen, liegt ein Versagen des vertragsärztlichen Systems vor, das auch nicht zugelassene Ärzte unter dem Gesichtspunkt der Notfallbehandlung zur Leistungserbringung und Liquidation berechtigt. Ein eventuelles Versagen des vertragsärztlichen Systems hinsichtlich der zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Notfallbehandlung (§ 75 Abs. 2 SGB V) rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines die Erteilung einer Ermächtigung tragenden Bedarfs.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick darauf angezeigt, daß die Klägerin die protokollierten Erklärungen zu ihrem Begehren nachfolgend dahin eingeschränkt hat, in vereinzelten Fällen nicht nur im Rahmen einer Hinzuziehung durch die die gebärenden oder frisch entbundenen Versicherten betreuenden Hebammen tätig werden, sondern gelegentlich auch zur Planung und Leitung einer Geburt berechtigt sein zu wollen. Für einen dahingehenden, nach ihrem eigenen Vorbringen allenfalls gelegentlichen Bedarf kommt eine Ermächtigung nicht in Betracht. Denn eine die Erteilung einer Ermächtigung gegebenenfalls rechtfertigende Erforderlichkeit von Leistungen für eine ausreichende ärztliche ambulante Versorgung ist zu verneinen bei Leistungen, die allenfalls gelegentlich erbracht werden (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1993 - 6 RKa 71/91 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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