L 8 SB 2126/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 5372/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2126/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Neufeststellung seines Grades der Behinderung (GdB) mit 50.

Für den 1950 geborenen Kläger stellte der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 30.12.1986 einen GdB von 30 wegen Unfallfolgen am linken Unterschenkel, einer Funktionsbehinderung im linken Schultergelenk und eines chronischen Wirbelsäulenleidens fest.

Am 08.03.2007 beantragte der Kläger die Neufeststellung seiner Behinderung. Dazu legte er u.a. eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 20.02.2006 vor (dringender Verdacht auf HLAB27 positive Spondylarthropathie - Morbus Bechterew - mit Kreuz- und Brustkorbbeschwerden und schmerzhafter Bewegungseinschränkung). In einem ärztlichen Befundbericht vom 25.11.2005 bestätigte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. einen Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans), eine Osteochondrose und Spondylosis deformans der Halswirbelsäule (HWS), eine Fibroostose der linken Schulter, eine depressive Episode und ein allergisches Bronchialasthma. Im April und Mai 2005 war der Kläger zur Rehabilitation in der Reha-Klinik S. wegen Beschwerden in der linken Schulter bei Omarthrose und einer rezidivierenden Bronchitis, derzeit ohne Ventilationsstörung (Entlassungsbericht vom 12.05.2005).

Der Beklagte forderte einen Befundbericht des Dr. S. vom 19.03.2007 an, der therapiebedürftige Schmerzen in beiden Schultergelenken mit endgradiger Bewegungseinschränkung und ein deutlich verlangsamtes Gangbild bei chronischer ISG-Arthritis, eine Osteochondrose und Spondylose der Wirbelsäule mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit und diffusen Parästhesien beider Beine, eine chronische Bronchitis und eine reaktive Depression mitteilte. Dr. S. legte einen Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 10.09.2006 (residuale ältere Schädigung des Nervus peronaeus links, vollständige Durchtrennung des Ramus superficialis, geringfügige Schädigung des Ramus profundus links, lumbal-radikuläre Beschwerden) und des Radiologen Dr. W. vom 05.12.2006 (keine floride Sakroiliitis, leicht ausgeprägte Zeichen einer chronischen Sakroiliitis) sowie des Rheumatologen Dr. K. vom 19.12.2006 (HLA-B27 positive Spondylarthropathie, degenerative Wirbelsäulenerkrankung) vor.

Die Fachärztin für Augenheilkunde Dr. W. gab in einem Befundbericht vom 27.03.2007 (Eingang beim Beklagten) eine beidseitige Glaskörpertrübung, einen Zustand nach Iridocyclitis 2003 am rechten Auge und eine beidseitige Myopie, einen höheren Astigmatismus und eine Presbyopie bei einem Visus mit Korrektur von 1,0 auf dem rechten und 1,25 auf dem linken Auge an.

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. G., 03.04.2007) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.04.2007 eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab. Die Behinderungen bezeichnete er wie folgt: entzündlich-rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB 30), Gefühlsstörungen am linken Unterschenkel (Folge nach Unterschenkelbruch) (Einzel-GdB 10), Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Einzel-GdB 10), seelische Störung, depressive Verstimmung (Einzel-GdB 10), chronische Bronchitis (Einzel-GdB 10).

Dagegen erhob der Kläger am 09.05.2007 Widerspruch, den der Beklagte zum Anlass nahm, Dr. B. um die Erstattung seines Befundberichts vom 03.09.2007 (Eingang beim Beklagten) zu bitten. Er teilte mit, dass laborchemisch ein Morbus Bechterew nachgewiesen worden sei. Eine Einschränkung des Gehvermögens sei dort nicht auffällig gewesen. Die Iliosakralgelenke seien unauffällig gewesen.

Nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Z.-C., 12.09.2007) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2007 zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 07.11.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er vortrug, dass bereits der Morbus Bechterew für sich einen Einzel-GdB von 30 bedinge. Sein Gangbild sei deutlich verlangsamt, weil er alle 200 m eine Ruhepause benötige. Daneben bestünden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, so dass insgesamt für diese Beschwerden ein GdB von 40 anzusetzen sei. Die seelische Störung und depressive Verstimmung bedinge einen GdB von mindestens 30, weil er unter Angstzuständen, Schlaflosigkeit und existenziellen Problemen leide. Psychotherapie und orale Antidepressiva kämen seit zwei Jahren zur Daueranwendung. Die Augenerkrankung und die chronische Bronchitis seien jeweils mit mindestens 20 zu berücksichtigen.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Innere Medizin Dr. K. vertrat unter dem 06.03.2008 die Auffassung, dass der Kläger zumindest eine Iliosakralgelenksarthritis durchgemacht habe. Die Augenärztin Dr. W. gab am 13.03.2008 an, den Kläger seit Oktober 2006 nicht mehr behandelt zu haben. Der Orthopäde Dr. B. teilte unter dem 03.03.2008 mit, eine Veränderung sei in letzter Zeit nicht eingetreten. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. beantwortete die Arztanfrage am 12.03.2008. Es bestehe offensichtlich eine deutliche reaktive Depression neben den bereits im Jahr 2006 beschriebenen neurologischen Schäden im linken Bein. Dr. S. gab unter dem 13.03.2008 eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in HWS und LWS, chronische Schmerzzustände und eine ausgeprägte reaktive Depression mit schwankendem Krankheitsbild an.

Das SG holte das internistische Gutachten des Dr. B. vom 14.08.2008 ein. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Diagnose des Morbus Bechterew aufgrund der Röntgenbefunde und der vom Kläger geschilderten Morgensteifigkeit, der Anamnese eine Iridozyklitis, einer positiven Familienanamnese und des positiven HLA-B27 Befundes gesichert sei. Zusätzlich bestünden ausgeprägte myalgische Beschwerden im Bereich der BWS und LWS, weniger wohl auch der HWS. Weiterhin bestehe eine chronische Bronchitis ohne obstruktive Komponente. Die Wirbelsäulenbeschwerden bedingten einen GdB von 40, der Morbus Bechterew von 20, die chronische Bronchitis von 10. Der Gesamt-GdB betrage 40.

Das SG holte weiterhin das nervenärztliche Gutachten des Dr. B. vom 13.10.2008 ein. Er diagnostizierte eine reaktive Depression bei multiplen körperlichen Erkrankungen und existentiellen Sorgen, die er mit einem GdB von 10 bewertete, sowie eine höhergradige sensible Nervus peronaeus Störung links nach Unfall 1978, für die er ebenfalls einen GdB von 10 vorschlug. Insgesamt bestehe auf nervenärztlichem Fachgebiet ein GdB von 20. Für das Vorliegen einer schwerwiegenden psychiatrischen oder psychosomatischen Erkrankung fand er bei der Begutachtung am 10.10.2008 keine Hinweise. Insgesamt ändere sich an der Bewertung des Gesamt-GdB durch Dr. B. nichts.

Der Beklagte legte eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 17.02.2009 vor.

Das SG holte auf Antrag des Klägers (§ 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) das Gutachten des Rheumatologen Dr. L. vom 12.10.2009 ein. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Diagnose des Morbus Bechterew gesichert sei. Die Schmerzen aufgrund dieser Erkrankung hätten einen grundsätzlich anderen Charakter als bei degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen. Sie führten zu besonderer Schmerzhaftigkeit in den frühen Morgenstunden und unterbrächen den Nachtschlaf. Nach kurzem Durchbewegen könne der Kläger dann aber wieder gut schlafen. Es seien inzwischen im Röntgenbild Verkalkungen aufgrund des entzündlichen Prozesses und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule erkennbar, so dass er mittelgradige Auswirkungen des Morbus Bechterew annehme, für die ein GdB von 50 anzusetzen sei. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bedingten einen GdB von 30 und seien gesondert aufzuführen, weil es sich hier um ein ganz anderes Krankheitsbild handele, die Omarthrose links von 20, die chronische Bronchitis von 10, die posttraumatische Schädigung des Nervus peronaeus von 10 und die reaktive Depression von 20. Insgesamt schätze er den GdB auf 60.

Der Beklagte bot mit Schreiben vom 01.03.2010 einen Vergleich über einen GdB von 40 an. Dazu legte er eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. vom 22.02.2010 vor, der darauf hinwies, dass sich die funktionellen Einschränkungen durch den Morbus Bechterew funktionell nicht von denjenigen in Folge der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule abgrenzen ließen. Das Angebot nahm der Kläger nicht an.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.04.2010 verurteilte das SG den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 ab 08.03.2007. Zur Begründung führte es aus, der GdB für die Wirbelsäulenveränderungen einschließlich des Morbus Bechterew sei mit 40 anzusetzen. Das Vorliegen verschiedener Krankheitsgruppen führe nicht zur getrennten Beurteilung von entzündlicher und degenerativer Erkrankung. Für die reaktive Depression sei ein GdB von 10 und für die Nervenschäden in den Beinen von ebenfalls 10 anzusetzen. Soweit Dr. B. auf nervenärztlichem Gebiet einen GdB von 20 annehme, liege darin eine unzulässige Addition der von ihm angenommenen Einzel-GdB für diese Leiden. Insgesamt betrage der GdB 40.

Mit Bescheid vom 29.04.2010 hat der Beklagte in Ausführung des Gerichtsbescheids vom 14.04.2010 einen GdB von 40 ab 08.03.2007 festgestellt.

Am 03.05.2010 hat der Kläger gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 26.04.2010 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Auswirkungen seines Morbus Bechterew nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Er bezieht sich auf die eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und die Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. L ... Für die Wirbelsäulenbeschwerden einschließlich der entzündlich-rheumatischen Erkrankung müsse ein GdB von 50 bis 70 berücksichtigt werden. Die Schulterbeschwerden seien mit 20 zu bewerten. Die chronifizierte Depression mit erheblichen Schlafstörungen, Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit und stark ausgeprägten Zukunftsängsten sei mit mindestens 20 zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.04.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 05.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von mindestens 50 ab 08.03.2007 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung schließt er sich dem angefochtenen Gerichtsbescheid an.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts die Akte des Sozialgerichts Karlsruhe im Rechtsstreit um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (S 12 R 3896/08) beigezogen. Darin hat sich ein auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholtes Gutachten des Orthopäden Dr. S. vom 18.03.2010 befunden. Dort hat der Kläger eine rasche Ermüdbarkeit und ständige Schmerzen angegeben. Nach einer Gehstrecke von ca. einem Kilometer komme es zu Missempfindungen im Bereich des linken Beins. Schmerzfrei könne er gar nicht gehen. Um eine Linderung seiner Schmerzen zu erreichen, müsse er sich bewegen. Er laufe dann oder fahre Rad. Dr. S. hat die Diagnose des Morbus Bechterew als gesichert festgestellt. Es bestehe eine entzündliche Schmerzsymptomatik und eine beidseitige hochgradige und irreversible Sakroliitis. Die Beweglichkeit lasse derzeit unter dem vom Kläger durchgeführten Trainingsprogramm keine höhergradigen Funktionseinschränkungen erkennen. Beim Kläger könne im Rückblick von einem milden Verlauf des Morbus Bechterew ausgegangen werden. Der Morbus Bechterew bedinge einen GdB von 40, die degenerative Wirbelsäulenerkrankung von 20, die Einschränkung in den Schultern (Rotatorensyndrom links mehr als rechts) von 10, eine Chondromalazie der Knie 20, eine geringgradige Funktionseinschränkung der Hüften 20, eine Bewegungseinschränkung am rechten Ellenbogen von 10, eine chronische Darmstörung nach Dickdarmteilresektion ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen 10, eine Gangunsicherheit nach Reitunfall von 10, eine reaktive Depression 10 und eine familiäre Hyperbilirubinämie ebenfalls 10.

In den Akten des Rentenverfahrens befindet sich weiterhin ein orthopädisch-sozialmedizinisches Gutachten des Dr. T. vom 29.11.2010 mit Ergänzung vom 10.02.2011. Dort hat der Kläger Angaben zu den Schmerzen in Wirbelsäule, Hüften, linkem Unterschenkel, Schultergelenken, Ellenbogengelenken, Händen gemacht. Seine maximale Gehstrecke betrage zwei km in 15 bis 20 min. Dr. T. hat als Diagnosen eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der HWS mit endgradiger Funktionseinschränkung ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der LWS ohne funktionelle Beeinträchtigung und ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, ein Morbus Bechterew aktuell ohne entzündliche Aktivität, eine jetzt ausgeheilte offene Unterschenkelfraktur links 1978 mit mehrfach operativer Therapie aufgrund einer Pseudarthrose Osteomyelitis, einen geringgradig ausgeprägten Morbus Dupuytren an beiden Händen ohne Gebrauchsminderung der Hände, eine Dickdarmresektion 1993 und eine operative Therapie einer gutartigen Prostatavergrößerung 1993 mitgeteilt.

Der Beklagte hat eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 30.06.2011 vorgelegt.

Der Senat hat nunmehr die Rheumatologin Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat unter dem 11.10.2011 angegeben, der Kläger habe sich einmalig im Jahr 2008 bei ihr vorgestellt, sie habe ihn an Prof. Dr. L. weitergeleitet, der ein ausgewiesener Spezialist sei. Prof. L. hat auf Nachfrage des Senats unter dem 16.10.2012 mitgeteilt, die ärztliche Betreuung des Klägers habe nicht in seiner Verantwortung gelegen, er berate ihn lediglich im Rahmen seiner Tätigkeit für die Selbsthilfegruppe. Außerdem habe am 21.04.2008 eine ausschließlich sozialmedizinische Beratung stattgefunden.

Der Senat hat weiterhin den Neurologen und Psychiater Dr. B. schriftlich angehört. Er hat unter dem 27.01.2012 angegeben, der Kläger habe sich zweimal im Jahr 2008 und einmal im Januar 2012 bei ihm vorgestellt. Zuletzt habe er wieder verstärkte Kopfschmerzen und psychische Beschwerden gehabt. Eine ambulante Psychotherapie finde nicht statt. Diagnostisch handele es sich um rezidivierte, partiell somatisierte, wohl eher reaktive Depression bei einem bekannten offensichtlich chronisch langsamen Bechterew.

Der Kläger hat einen Arztbrief der Augenärztin Dr. F. vom 23.03.2012 (rezidivierende Iridozyklitis recht, Morbus Bechterew, Visus rechts 0,7, links 0,8), sowie eine Bescheinigung des Arztes für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. M. vom 25.10.2012 vorgelegt.

Der Senat hat nunmehr Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat angegeben (Schreiben vom 22.11.2012), den Kläger in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt dreimal behandelt zu haben. Er habe im Wesentlichen über schmerzhafte Bewegungseinschränkungen in der Halswirbelsäule und 2012 auch in der Schulter nach einem Sturz geklagt. Es bestehe eine Teilversteifung der HWS.

Der Beklagte hat eine ärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 14.02.2013 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Karlsruhe und die beim Senat angefallene Akte.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit über 40 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 – B 9 SB 3/08 R – Rn. 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009, SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 Rn. 19 und vom 23.4.2009, aaO, Rn. 30).

Nach diesen Kriterien steht dem Kläger ein Gesamt-GdB von 40 zu. Die beim Kläger vorliegenden Beschwerden durch den Morbus Bechterew und in der Wirbelsäule sind mit einem GdB von 40, diejenigen in den Schultern mit einem GdB von 10, durch die chronische Bronchitis mit ebenfalls 10, durch die Nervenschäden im linken Unterschenkel mit 10 zu bewerten. Die psychischen Beeinträchtigungen durch die reaktive Depression bedingen einen GdB von 10, die Folgen der im Jahr 2003 erlittenen Augenerkrankung und die übrigen von Dr. S. aufgeführten Diagnosen sind nicht mit einem eigenen GdB zu berücksichtigen.

Die Beeinträchtigung durch den Morbus Bechterew und die Wirbelsäulenbeschwerden sind mit einem GdB von 40 zu bewerten. Nach Nr. 18.2.1 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP entspricht, sind entzündlich-rheumatische Krankheiten der Gelenke und/oder der Wirbelsäule wie z.B. die Bechterew-Krankheit ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden mit einem GdB von 10 zu bewerten. Bei geringen Auswirkungen wie leichtgradigen Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringer Krankheitsaktivität wird ein GdB von 20 bis 40 angesetzt. Erst bei mittelgradigen Auswirkungen mit dauernden erheblichen Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbarer Krankheitsaktivität wird ein GdB von 50 und mehr angenommen. Nach Nr. 18.9 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP entspricht, werden Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem GdB von 0 bewertet, bei geringen funktionellen Auswirkungen besteht ein GdB von 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt wird ein GdB von 20, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradigen bis schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Mittelgradige Auswirkungen sind dabei Verformung, häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Nach den vorliegenden Unterlagen ist die Diagnose eines Morbus Bechterew beim Kläger gesichert. Er hat in der Vergangenheit eine Iliosakralgelenksarthritis erlitten, die allerdings zum Teil wieder ausgeheilt ist. Die Hüftgelenke waren bei der Untersuchung durch Dr. S. endgradig in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Der Morbus Bechterew ist eine chronische Erkrankung, die beim Kläger aber eine relativ geringe Aktivität aufweist, wie sich schon an der Tatsache zeigt, dass er in den letzten Jahren nur sporadisch einer spezifisch rheumatologischen Behandlung bedurfte. Sowohl Dr. B. als auch Prof. L. konnten keine akute entzündliche Aktivität feststellen. Die Krankheit drückt sich im Wesentlichen durch chronische Schmerzen mit ihrem Maximum am Morgen sowie eine chronische Müdigkeit und eine verminderte Belastbarkeit aus. Der Kläger nimmt nur gelegentlich Schmerzmittel. Zur Begrenzung der Auswirkungen des Morbus Bechterew auf seine Beweglichkeit macht der Kläger ein Training in der Selbsthilfegruppe Morbus Bechterew.

Neben den Folgen des Morbus Bechterew liegen beim Kläger nach den Röntgenbildern degenerative Veränderungen der Lenden-, Brust- und geringer auch der Halswirbelsäule vor. Wie Dr. M. zutreffend ausgeführt hat, können die infolge der degenerativen Veränderungen aufgetretenen funktionellen Einschränkungen (Bewegungseinschränkungen) nicht von denjenigen infolge des Morbus Bechterew getrennt werden, so dass insofern nur ein GdB für das Funktionssystem Wirbelsäule zu bilden ist. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war nach den Befunden von Dr. S. und auch Prof. Dr. L. insgesamt nur gering eingeschränkt. Es fand sich eine allenfalls leicht eingeschränkte Beweglichkeit der HWS mit eine Seitbewegung des Kopfes bis 85° (Befund von Prof. Dr. L.) bzw. 75° (Dr. S.) und 60° (Dr. T.) und der Möglichkeit – wenn auch unter Schmerzen - die HWS ganz zu strecken. Die LWS war mit einem Maß nach Schober von 10/12,5 cm und einem Finger-Boden-Abstand von 15 cm bei der Untersuchung durch Prof. Dr. L. ebenfalls in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Dr. S. hat die Beweglichkeit in BWS und LWS als geringfügig eingeschränkt bezeichnet, bei Dr. T. fand sich mit einem Zeichen nach Schober von 10/15 cm und einem Finger-Boden-Abstand von 11 cm sowie einem Zeichen nach Ott von 30/32 cm kaum eine Einschränkung der Beweglichkeit. Die Beeinträchtigungen durch Morbus Bechterew und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sind nach diesen Befunden unter Berücksichtigung der damit verbundenen Schmerzen, der Morgensteifigkeit, des Aufwands für eine Verhinderung der Verschlimmerung mit einem GdB von 40 ausreichend berücksichtigt.

Die Beeinträchtigungen im Bereich der Schultern sind mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Nach Nr. 18.13 Teil B VG (26.18 AHP) bedingt eine einseitige Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich des Schultergürtels), die die Armhebung mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit bis zu 120° beschränkt, einen GdB von 10, bei einer Einschränkung auf bis zu 90° wird ein GdB von 20 angenommen. Bei beidseitiger Einschränkung ergibt sich ein entsprechend höherer GdB. Beim Kläger liegt an beiden Schultern eine Omarthrose vor, die auf der rechten Seite nur sehr leicht ausgeprägt ist. Die linke Schulter kann aktiv auf mehr als 90° gehoben werden, passiv ist ihre Beweglichkeit nicht eingeschränkt (Befund von Prof. L. im Gutachten vom 12.10.2009). Dr. S. hat die Einschränkung der Beweglichkeit der Schultergelenke in seinem Gutachten vom März 2010 nur als endgradig bezeichnet. Die rechte Schulter weist auch nach den Befunden von Prof. Dr. L. keine wesentliche Einschränkung der aktiven Beweglichkeit auf. Ein höherer GdB als 10 ist aufgrund dieser Tatsachen nicht gerechtfertigt.

Die chronische Bronchitis des Klägers bedingt allenfalls einen GdB von 10. Nach Nr. 8.2 Teil B VG (Nr. 26.8 AHP) rechtfertigt eine chronische Bronchitis als eigenständige Erkrankung ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) einen GdB von 0 bis 10. Eine schwere Form mit fast kontinuierlich ausgiebigem Husten und Auswurf, häufigen akuten Schüben führt zur Feststellung eines GdB von 20 bis 30. Beim Kläger sind in der Vergangenheit mehrfach Bronchitiden aufgetreten, die zur Diagnose einer chronischen Bronchitis geführt haben. Weder Dr. S. noch die Reha-Klinik S. haben eine Lungenfunktionsstörung oder kontinuierlichen, ausgeprägten Husten, häufiger akute Schübe oder ähnliche schwere Beeinträchtigungen durch diese Erkrankung angegeben. Auch Dr. K. und Dr. B. in seinem Gutachten vom 14.08.2008 gehen insofern nur von einer leichten Beeinträchtigung aus. Hinweise für eine Verschlechterung des Gesundheitszustands ergeben sich nicht. Ein GdB von 10 ist deshalb für diese Erkrankung ausreichend.

Die Nervenschäden im linken Unterschenkel sind mit einem GdB von 10 zu berücksichtigen. Nach Nr. 18.14 Teil B VG (Nr. 26.18 AHP) bedingt ein vollständiger Ausfall des Nervus peronaeus superficialis einen GdB von 20, des Nervus peronaeus profundus oder communis einen solchen von 30. Der Ausfall des Nervus Ramus superficialis oder des Nervus Ramus profundus ist nicht als gesonderter Tatbestand aufgeführt. Beim Kläger ist es in Folge eines Unfalls im Jahr 1978 zu einer Durchtrennung des Nervus Ramus superficialis und einer Störung des Nervus peronaeus sowie einer geringfügigen Schädigung des Nervus Ramus profundus gekommen. Ein vollständiger Ausfall des Nervus peronaeus liegt nicht vor, eine wesentliche Beeinträchtigung, z.B. auf die Gehfähigkeit des Klägers haben weder Dr. S. noch Dr. B. oder Dr. B. festgestellt. Nach seinen Angaben gegenüber Prof. Dr. L. bestehen im Wesentlichen Schmerzen bei Belastung und Sensationen auf der Außenseite des linken Unterschenkels und des Fußes. Die vom Kläger angegebene Notwendigkeit von Ruhepausen führt er selbst auf Beeinträchtigungen durch den Morbus Bechterew und nicht auf die Nervenschädigungen im linken Unterschenkel zurück. Ein höherer GdB als 10 ergibt sich für die daraus resultierenden Beeinträchtigungen nicht.

Die reaktive Depression des Klägers ist mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bedingen nach Nr. 3.7 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.3 AHP entspricht, einen GdB von 0 bis 20 bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen. Ein GdB von 30 bis 40 wird bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit z.B. bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoformen Störungen angenommen. Ein GdB von 50 und mehr wird bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten angenommen. Der Kläger hat in der Vergangenheit auf seine Beschwerden in der Wirbelsäule depressiv reagiert. Eine spezifische Behandlung oder mehr als nur sporadisches Aufsuchen des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. B. fand nicht statt. Bei den verschiedenen Begutachtungen verhielt sich der Kläger freundlich zugewandt, die Stimmung war kaum eingeschränkt. Ein höherer GdB als 10 ist – wie Dr. B. und Dr. M. zutreffend ausgeführt haben – für dieses Leiden nicht zu berücksichtigen.

Die Beeinträchtigung durch die Folgen der im Jahr 2003 erlittenen Augenerkrankung mit gelegentlichen Rezidiven und verbleibender Lichtempfindlichkeit bedingt keinen GdB. Nach Nr. 4 Teil B VG (Nr. 26.4 AHP) ist für die Beurteilung einer Sehbehinderung in erster Linie die korrigierte Sehschärfe maßgebend. Daneben sind u.a. Ausfälle des Gesichtsfelds und des Blickfeldes zu berücksichtigen. Nach den Angaben von Dr. W. und Dr. F. bestand ein Visus von 0,8 auf dem linken und 0,7 auf dem rechten Auge. Beeinträchtigungen von Gesichts- und Blickfeld bestehen nicht. Eine wesentliche Sehbehinderung ergibt sich daraus nicht. Hinweise auf wesentliche Änderungen ergeben sich im Hinblick auf die seit 2006 weitgehend fehlende ärztliche Behandlung nicht.

Soweit Dr. S. – in einem Rentengutachten ungefragt – noch Einzel-GdB für Einschränkungen in den Kniegelenken, den Hüftgelenken und dem rechten Ellenbogen mitteilt, ist diese Einschätzung bei freier Beweglichkeit aller dieser Gelenke nach den Befunden aller behandelnden und begutachtenden Ärzte nicht nachvollziehbar. Allein im Röntgenbild erkennbare Veränderungen führen nicht zu einer Funktionseinschränkung und sind deshalb nicht mit einem GdB zu berücksichtigen.

Auch die angegebene Darmstörung und Folgen der Prostataoperation bedingen keinen eigenen GdB, weil der Kläger wegen der Folgen beider Operation keinerlei Beschwerden oder Beeinträchtigungen angibt und solche auch sonst nicht ersichtlich sind.

Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und die VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3 bzw. VG Teil A Nr. 3). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).

Nach diesen Kriterien ist beim Kläger ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt. Es liegen Einzel-GdB von 40, 10, 10 und 10 vor. Der GdB von 40 für die Folgen der Bechterew-Erkrankung und die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen wird durch die weiteren Behinderungen, die mit einem GdB von je 10 bewertet sind, nicht erhöht. Eine besondere gegenseitige Beeinflussung ist nicht erkennbar.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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