Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 277/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5279/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt im Zugunstenwege die Gewährung höherer Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung der Zeiten vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.80 als Ersatzzeiten.
Die 1935 in L., O., in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin wurde ausweislich ihres Lebenslaufs (vorgelegt mit Schriftsatz vom 21.12.2009) nach S. in Polen verschleppt. Dort erwarb sie am 7.11.1944 die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Einbürge-rungsurkunde der Einwandererzentralstelle). Im Jahr 1945 wurde sie von dort von Truppen der ehemaligen Sowjetunion nach N. in Sibirien deportiert und bis 1950 in einem Kinderheim untergebracht. Vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 arbeitete sie ausweislich ihrer Angaben und des am 16.8.1950 ausgestellten Arbeitsbuchs in einer Sattlereifabrik und vom 14.10.1950 bis 1.6.1959 in einer Schuhfabrik im N. Im Dezember 1959 zog die Klägerin nach A. in Kasachstan um. Vom 27.1.1960 bis 16.12.1960 arbeitete sie dort in einer Schuhfabrik, wobei sie am 9.8.1960 geheiratet und am 26.12.1960 ihre Tochter geboren hat. Vom 21.5.1962 bis 17.1.1964 war die Klägerin, die am 11.5.1963 ihren Sohn gebar, als Obernäherin beschäftigt. Die Entlassung erfolgte wegen Reduzierung der Belegschaft. Vom 9.3.1964 bis 4.6.1965 war die Klägerin in einer Nietenfabrik und vom 7.6.1965 bis 30.6.1965 in einer Bierbrauerei tätig. Vom 2.7.1965 bis 6.10.1969 war sie in einer Galvanoaabteilung beschäftigt und vom 22.10.1969 bis 20.6.1977 in einer Trikotagenfabrik als Näherin. Im Juni 1977 zog sie nach R. in der Ukraine um und war dort vom 20.7.1977 bis 18.12.1977 als Arbeiterin und vom 27.12.1977 bis 24.6.1980 als Kittelnäherin beschäftigt.
Ausweislich des vom Landratsamt C. ausgestellten Vertriebenenausweises A vom 20.10.1980 nahm die Klägerin ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland am 23.8.1980. Gemäß der Heimkehrerbescheinigung Nr. 4759, ausgestellt vom Regierungspräsidium K. am 3.8.1981, war die Klägerin von Juli 1945 bis 20.8.1980 verschleppt und sei Heimkehrer im Sinne des § 1 Abs. 3 des Heimkehrergesetzes.
Mit Bescheid vom 11.2.1982 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, im Folgenden einheitlich die Beklagte, bei der Klägerin Versicherungszeiten fest. Dabei wurden in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegte Beitragszeiten vom 17.5.1950 bis 23.6.1980 anerkannt und Ersatzzeiten der Internierung bis 23.6.1980 ausgewiesen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 11.2.1982 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3.3.1995 hob die Beklagte nach Anhörung der Klägerin die mit Bescheid vom 11.2.1982 getroffenen Feststellungen über die Anerkennung von Ersatzzeiten nach dem 31.12.1956 bis 31.7.1980 auf. Zur Begründung führte sie aus, es sei eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Aufgrund der mit dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (Rü-ErgG) vom 24.6.1993 erfolgten Neuregelung bzw. Ergänzung des § 250 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) um die Nr. 3 sei die Anerkennung der Ersatzzeiten gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 SGB VI über den 31.12.1956 hinaus grundsätzlich ausgeschlossen.
Mit Bescheid vom 25.11.1997 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Rentenantrag vom 17.9.1997 Altersrente für Frauen ab 1.1.1998 in Höhe von monatlich DM 1.679,95 (monatlicher Zahlbetrag DM 1.556,48). Als Ersatzzeiten berücksichtigte sie dabei die Zeiten vom 23.4.1949 bis 16.5.1950 und vom 5.10.1950 bis 13.10.1950 (interniert, verschleppt) und vom 1.8.1980 bis 22.8.1980 (Vertreibung, Flucht). Für die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Zeiten multiplizierte die Beklagte die Entgeltpunkte (mit Ausnahme der Ausbildungs-, Kindererziehungs- und Wehrdienstzeiten sowie der freiwilligen Beiträge) mit dem Faktor 0,6. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 9.11.2005 beantragte die Klägerin eine Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Neufeststellung ihrer Rente ohne Kürzung um 40 %, wobei sie sich mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einverstanden erklärte.
Mit Bescheid vom 23.11.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 10.12.2007 Widerspruch ein und machte im Rahmen dessen unter Vorlage der Heimkehrerbescheinigung und einer Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz (politischer Gewahrsam vom 5.7.1945 bis 22.8.1980) u.a. geltend, sie sei Vertriebene sowie Kriegsgefangene und Heimkehrerin. Diese Zeiten seien bisher nicht berücksichtigt worden, weswegen die Rente rückwirkend neu zu berechnen sei. Eine Kürzung der Ersatzzeiten komme nicht in Betracht.
Mit Schreiben vom 7.4.2008 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, mit Bescheid vom 23.11.2007 sei lediglich über die Neufeststellung der Altersrente bezüglich der Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG und nicht über rentenrechtliche Zeiten entschieden worden. Ihr nunmehriges Anliegen werde als weiterer Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 angesehen und hierüber werde durch gesonderten Bescheid entschieden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 23.11.2007 zurück. Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 19.4.2010 (S 8 R 2652/08) abgewiesen. Die Berufung wurde mit Urteil vom 19.6.2012 (L 9 R 2711/10) zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 13 R 291/12 B) nahm die Klägerin am 21.8.2012 zurück.
Mit Bescheid vom 30.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag vom 10.12.2007 auf Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 ab. Zur Begründung führte sie aus, mit Wirkung vom 1.7.1993 sei in § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI bestimmt worden, dass u.a. Zeiten der Internierung und Verschleppung nur bis zum 31.12.1956 anerkannt werden können, weswegen die mit Feststellungsbescheid vom 11.2.1982 erfolgte Anerkennung bis zum 31.7.1980 zurückgenommen worden sei. Bei Erteilung des Bescheides vom 25.11.1997 sei das Recht nicht unrichtig angewandt worden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2008 zurück.
Gegen den am 18.12.2008 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 21.1.2009 Klage zum SG (S 8 R 277/09) erhoben, mit der sie die Berücksichtigung der Zeit vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.1980 als Ersatzzeiten wegen Verschleppung und die Gewährung einer höheren Altersrente weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei am 5.7.1945 in politischen Gewahrsam genommen worden, der bis zum 22.8.1980 gedauert habe. Sie habe Zwangsarbeit in einer Sattlereifabrik und einer Schuhfabrik in N. leisten müssen. Danach sei sie zwar nicht mehr der Zwangsarbeitskommandantur unterstellt gewesen, habe jedoch nicht heimkehren können, da ihr erst im August 1980 die Ausreise gestattet worden sei. Aus ihrem Lebenslauf seien die Ersatzzeiten ersichtlich. Ihr könne nicht entgegengehalten werden, dass sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Das SG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Auf die Niederschrift vom 7.10.2010 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 7.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten über die von der Beklagten mit bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.1997 bereits berücksichtigten Zeiträume hinaus und auf rückwirkende Gewährung höherer Altersrente für Frauen im Zugunstenwege nach § 44 SGB X. Soweit die Klägerin in den Zeiträumen vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.1980 nach § 16 FRG zu berücksichtigende Beitragszeiten zurückgelegt habe, schließe dies die Berücksichtigung von Ersatzzeiten für diese Zeiträume aus. Soweit die Klägerin vom 1.6.1959 bis 26.1.1960, vom 26.12.1960 bis 20.5.1962, vom 1.1.1963 bis 6.7.1963, vom 18.1.1964 bis 8.3.1964 und vom 25.6.1980 bis 31.7.1980 keine Beschäftigung ausgeübt habe, sei dies nicht allein aufgrund der Verschleppung bzw. des Umstandes, dass die Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion festgehalten worden sei, erfolgt, sondern habe zumindest auch andere Gründe gehabt, weshalb die Klägerin auch insoweit nicht die Voraussetzungen für die Feststellung zusätzlicher Ersatzzeiten erfülle. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, in ihrem Fall seien die Vorschriften des § 250 SGB VI und des FRG in der vor dem 1.1.1993 geltenden Fassung anzuwenden, vermöge sich das SG dem nicht anzuschließen. Insbesondere ergebe sich auch nicht aus § 100 Abs. 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) ein Anspruch auf Feststellung und Berechnung der Rente der Klägerin ohne die Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, welche zum 1.7.1993 in das SGB VI eingefügt worden seien. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 18.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9.11.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Urteil des SG könne keinen Bestand haben, da es übersehen habe, dass sie, die unbestritten zum Personenkreis des § 250 SGB VI (Verschleppte/unechte Kriegsgefangene) gehöre, bis zu ihrer Heimkehr Ersatzzeiten zurückgelegt habe. Gemäß § 100 Abs. 1 BVFG sei in ihrem Fall von dem Recht auszugehen, das vor dem 1.1.1993 gegolten habe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) komme es auf das Recht an, das der Vertriebene "im Zeitpunkt seiner Niederlassung in Deutschland" vorgefunden habe. Die Norm des § 100 Abs. 1 BVFG beziehe sich nicht nur auf Bestimmungen "nach diesem Gesetz", sondern auf alle BVFG-Bestimmungen und führe dazu, dass dieses insgesamt auf Ansprüche von Vertriebenen anwendbar sei. Auch die weiteren Überleitungsvorschriften, die die Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI begrenzt hätten, seien, soweit es sich um Zeiten nach dem FRG handle, nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG sei davon auszugehen, dass FRG-Zeiten nicht dem Schutz des Art. 14 Grundgesetz (GG) unterlägen und deshalb keine Beitragszeiten im Sinne der deutschen Rentenversicherung seien. § 250 SGB VI gehe aber von Beitragszeiten aus. Nach dem FRG werde aber keine Rente, sondern eine Eingliederungsleistung, die sich am Existenzminimum orientiere, gewährt. Die Ersatzzeiten seien, da sie mit Zeiten zusammentreffen, die im Inland geleistet worden seien, genauso anzuerkennen wie bei allen anderen Personen auch. Die Leistungen nach dem SGB VI hätten Vorrang vor den Leistungen nach dem FRG, so dass hier unter Berücksichtigung der Ersatzzeiten und der Zeiten, die sie im Inland mit Beitragsleistungen an einen inländischen Versicherungsträger zurückgelegt habe, Zeiten anzuerkennen seien. Es verstoße gegen Art. 3 GG, wenn die Ersatzzeiten eines deutschen Staatsangehörigen, der gegen seinen Willen kriegsgefangen oder verschleppt gewesen sei, nicht oder nur zu einem Teil (zu 60 %) berücksichtigt würden. Die Tatsache, dass sie Zeiten nach dem FRG angerechnet bekommen habe, spiele im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BSG keine Rolle. Würde man zum Ergebnis kommen, dass die FRG-Zeiten im Falle der Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die auch ein Verschleppungsschicksal gehabt hätten, dennoch Zeiten seien, die als Inlandsbeitragszeiten eingestuft werden müssten, würde man zum Ergebnis kommen, dass dann die Kürzung um den Faktor 0,6 nicht mehr zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07. Oktober 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 25. November 1997 abzuändern, die Zeiträume vom 17. Mai 1950 bis 4. Oktober 1950 und vom 14. Oktober 1950 bis zum 31. Juli 1980 als Ersatzzeiten wegen Verschleppung anzuerkennen und ihre Altersrente für Frauen rückwirkend ab dem 01. Januar 2004 unter Berücksichtigung dieser Zeiten neu zu berechnen und etwaige Nachzahlungen verzinst an sie auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Mit Verfügung vom 11.3.2013 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 und auf Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung von weiteren Ersatzzeiten hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 11.3.2013 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 und die Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten – § 44 SGB X, § 250 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 SGB VI – dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten über die von der Beklagten mit bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.1997 bereits berücksichtigten Zeiträume hinaus und auf rückwirkende Gewährung höherer Altersrente für Frauen im Zugunstenwege hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass – wie schon das SG dargelegt hat – die Beklagte bei der Feststellung der Rente mit Bescheid vom 25.11.1997 zu Recht § 250 SGB VI in der Fassung des am 1.7.1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rü-ErgG) vom 24.6.1993 (Bundesgesetzblatt I 1038) zu Grunde gelegt hat. Für eine Zugrundelegung einer vor dem 1.1.1993 geltenden Fassung, und insbesondere einer, die am 23.8.1980, dem Eintreffen der Klägerin im Bundesgebiet, gegolten hat, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 100 Abs. 1 BVFG. Die im achten Abschnitt des BVFG geregelten Übergangs- und Schlussvorschriften beziehen sich lediglich auf dieses Gesetz, wie sich aus den Absätzen 2 und 8 des § 100 BVFG ergibt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist aus der Rechtsprechung des BVerfG auch nicht abzuleiten, dass für Vertriebene das Recht maßgebend ist und bleibt, das galt, als sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006, 1 BvL 9/00 u.a., worin die Absenkung von Entgeltpunkten gemäß § 22 Abs. 4 FRG idF WFG vom 25.9.1996 – nach Zuzug – als verfassungsgemäß angenommen wurde). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den nach dem FRG anerkannten Zeiten sehr wohl um Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die zu Rentenanwartschaften und zu einem Rentenanspruch führen. Der Umstand, dass das BVerfG (vgl. Beschluss vom 13.6.2006, a.a.O.) durch das FRG begründete Rentenanwartschaften nicht durch Art. 14 GG geschützt ansieht, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu Grunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden sind, ändert nichts daran, dass es sich um zu berücksichtigende Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten handelt.
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen Art. 3 GG darin zu sehen, dass bei der Klägerin – wie bei den sonstigen Vertriebenen, die ihr Arbeitsleben in der Sowjetunion verbracht haben – eine Kürzung der Entgeltpunkte für Beitrags- und Beschäftigungszeiten vorgenommen wird. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird (BVerfG, Beschluss vom 21.7.2010, 1 BvL 11/06 u.a., m.w.N.). Durch ihre Verschleppung war die Klägerin in der streitigen Zeit nicht an einer Erwerbstätigkeit und an einer Beitragsleistung gehindert, wie sich aus ihrem Arbeitsbuch, ihrem Lebenslauf und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt im Zugunstenwege die Gewährung höherer Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung der Zeiten vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.80 als Ersatzzeiten.
Die 1935 in L., O., in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin wurde ausweislich ihres Lebenslaufs (vorgelegt mit Schriftsatz vom 21.12.2009) nach S. in Polen verschleppt. Dort erwarb sie am 7.11.1944 die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Einbürge-rungsurkunde der Einwandererzentralstelle). Im Jahr 1945 wurde sie von dort von Truppen der ehemaligen Sowjetunion nach N. in Sibirien deportiert und bis 1950 in einem Kinderheim untergebracht. Vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 arbeitete sie ausweislich ihrer Angaben und des am 16.8.1950 ausgestellten Arbeitsbuchs in einer Sattlereifabrik und vom 14.10.1950 bis 1.6.1959 in einer Schuhfabrik im N. Im Dezember 1959 zog die Klägerin nach A. in Kasachstan um. Vom 27.1.1960 bis 16.12.1960 arbeitete sie dort in einer Schuhfabrik, wobei sie am 9.8.1960 geheiratet und am 26.12.1960 ihre Tochter geboren hat. Vom 21.5.1962 bis 17.1.1964 war die Klägerin, die am 11.5.1963 ihren Sohn gebar, als Obernäherin beschäftigt. Die Entlassung erfolgte wegen Reduzierung der Belegschaft. Vom 9.3.1964 bis 4.6.1965 war die Klägerin in einer Nietenfabrik und vom 7.6.1965 bis 30.6.1965 in einer Bierbrauerei tätig. Vom 2.7.1965 bis 6.10.1969 war sie in einer Galvanoaabteilung beschäftigt und vom 22.10.1969 bis 20.6.1977 in einer Trikotagenfabrik als Näherin. Im Juni 1977 zog sie nach R. in der Ukraine um und war dort vom 20.7.1977 bis 18.12.1977 als Arbeiterin und vom 27.12.1977 bis 24.6.1980 als Kittelnäherin beschäftigt.
Ausweislich des vom Landratsamt C. ausgestellten Vertriebenenausweises A vom 20.10.1980 nahm die Klägerin ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland am 23.8.1980. Gemäß der Heimkehrerbescheinigung Nr. 4759, ausgestellt vom Regierungspräsidium K. am 3.8.1981, war die Klägerin von Juli 1945 bis 20.8.1980 verschleppt und sei Heimkehrer im Sinne des § 1 Abs. 3 des Heimkehrergesetzes.
Mit Bescheid vom 11.2.1982 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, im Folgenden einheitlich die Beklagte, bei der Klägerin Versicherungszeiten fest. Dabei wurden in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegte Beitragszeiten vom 17.5.1950 bis 23.6.1980 anerkannt und Ersatzzeiten der Internierung bis 23.6.1980 ausgewiesen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 11.2.1982 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3.3.1995 hob die Beklagte nach Anhörung der Klägerin die mit Bescheid vom 11.2.1982 getroffenen Feststellungen über die Anerkennung von Ersatzzeiten nach dem 31.12.1956 bis 31.7.1980 auf. Zur Begründung führte sie aus, es sei eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Aufgrund der mit dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (Rü-ErgG) vom 24.6.1993 erfolgten Neuregelung bzw. Ergänzung des § 250 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) um die Nr. 3 sei die Anerkennung der Ersatzzeiten gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 SGB VI über den 31.12.1956 hinaus grundsätzlich ausgeschlossen.
Mit Bescheid vom 25.11.1997 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Rentenantrag vom 17.9.1997 Altersrente für Frauen ab 1.1.1998 in Höhe von monatlich DM 1.679,95 (monatlicher Zahlbetrag DM 1.556,48). Als Ersatzzeiten berücksichtigte sie dabei die Zeiten vom 23.4.1949 bis 16.5.1950 und vom 5.10.1950 bis 13.10.1950 (interniert, verschleppt) und vom 1.8.1980 bis 22.8.1980 (Vertreibung, Flucht). Für die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Zeiten multiplizierte die Beklagte die Entgeltpunkte (mit Ausnahme der Ausbildungs-, Kindererziehungs- und Wehrdienstzeiten sowie der freiwilligen Beiträge) mit dem Faktor 0,6. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 9.11.2005 beantragte die Klägerin eine Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Neufeststellung ihrer Rente ohne Kürzung um 40 %, wobei sie sich mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einverstanden erklärte.
Mit Bescheid vom 23.11.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 10.12.2007 Widerspruch ein und machte im Rahmen dessen unter Vorlage der Heimkehrerbescheinigung und einer Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz (politischer Gewahrsam vom 5.7.1945 bis 22.8.1980) u.a. geltend, sie sei Vertriebene sowie Kriegsgefangene und Heimkehrerin. Diese Zeiten seien bisher nicht berücksichtigt worden, weswegen die Rente rückwirkend neu zu berechnen sei. Eine Kürzung der Ersatzzeiten komme nicht in Betracht.
Mit Schreiben vom 7.4.2008 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, mit Bescheid vom 23.11.2007 sei lediglich über die Neufeststellung der Altersrente bezüglich der Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG und nicht über rentenrechtliche Zeiten entschieden worden. Ihr nunmehriges Anliegen werde als weiterer Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 angesehen und hierüber werde durch gesonderten Bescheid entschieden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 23.11.2007 zurück. Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 19.4.2010 (S 8 R 2652/08) abgewiesen. Die Berufung wurde mit Urteil vom 19.6.2012 (L 9 R 2711/10) zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 13 R 291/12 B) nahm die Klägerin am 21.8.2012 zurück.
Mit Bescheid vom 30.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag vom 10.12.2007 auf Überprüfung des Bescheides vom 25.11.1997 ab. Zur Begründung führte sie aus, mit Wirkung vom 1.7.1993 sei in § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI bestimmt worden, dass u.a. Zeiten der Internierung und Verschleppung nur bis zum 31.12.1956 anerkannt werden können, weswegen die mit Feststellungsbescheid vom 11.2.1982 erfolgte Anerkennung bis zum 31.7.1980 zurückgenommen worden sei. Bei Erteilung des Bescheides vom 25.11.1997 sei das Recht nicht unrichtig angewandt worden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2008 zurück.
Gegen den am 18.12.2008 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 21.1.2009 Klage zum SG (S 8 R 277/09) erhoben, mit der sie die Berücksichtigung der Zeit vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.1980 als Ersatzzeiten wegen Verschleppung und die Gewährung einer höheren Altersrente weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei am 5.7.1945 in politischen Gewahrsam genommen worden, der bis zum 22.8.1980 gedauert habe. Sie habe Zwangsarbeit in einer Sattlereifabrik und einer Schuhfabrik in N. leisten müssen. Danach sei sie zwar nicht mehr der Zwangsarbeitskommandantur unterstellt gewesen, habe jedoch nicht heimkehren können, da ihr erst im August 1980 die Ausreise gestattet worden sei. Aus ihrem Lebenslauf seien die Ersatzzeiten ersichtlich. Ihr könne nicht entgegengehalten werden, dass sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Das SG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Auf die Niederschrift vom 7.10.2010 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 7.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten über die von der Beklagten mit bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.1997 bereits berücksichtigten Zeiträume hinaus und auf rückwirkende Gewährung höherer Altersrente für Frauen im Zugunstenwege nach § 44 SGB X. Soweit die Klägerin in den Zeiträumen vom 17.5.1950 bis 4.10.1950 und vom 14.10.1950 bis 31.7.1980 nach § 16 FRG zu berücksichtigende Beitragszeiten zurückgelegt habe, schließe dies die Berücksichtigung von Ersatzzeiten für diese Zeiträume aus. Soweit die Klägerin vom 1.6.1959 bis 26.1.1960, vom 26.12.1960 bis 20.5.1962, vom 1.1.1963 bis 6.7.1963, vom 18.1.1964 bis 8.3.1964 und vom 25.6.1980 bis 31.7.1980 keine Beschäftigung ausgeübt habe, sei dies nicht allein aufgrund der Verschleppung bzw. des Umstandes, dass die Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion festgehalten worden sei, erfolgt, sondern habe zumindest auch andere Gründe gehabt, weshalb die Klägerin auch insoweit nicht die Voraussetzungen für die Feststellung zusätzlicher Ersatzzeiten erfülle. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, in ihrem Fall seien die Vorschriften des § 250 SGB VI und des FRG in der vor dem 1.1.1993 geltenden Fassung anzuwenden, vermöge sich das SG dem nicht anzuschließen. Insbesondere ergebe sich auch nicht aus § 100 Abs. 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) ein Anspruch auf Feststellung und Berechnung der Rente der Klägerin ohne die Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, welche zum 1.7.1993 in das SGB VI eingefügt worden seien. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 18.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9.11.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Urteil des SG könne keinen Bestand haben, da es übersehen habe, dass sie, die unbestritten zum Personenkreis des § 250 SGB VI (Verschleppte/unechte Kriegsgefangene) gehöre, bis zu ihrer Heimkehr Ersatzzeiten zurückgelegt habe. Gemäß § 100 Abs. 1 BVFG sei in ihrem Fall von dem Recht auszugehen, das vor dem 1.1.1993 gegolten habe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) komme es auf das Recht an, das der Vertriebene "im Zeitpunkt seiner Niederlassung in Deutschland" vorgefunden habe. Die Norm des § 100 Abs. 1 BVFG beziehe sich nicht nur auf Bestimmungen "nach diesem Gesetz", sondern auf alle BVFG-Bestimmungen und führe dazu, dass dieses insgesamt auf Ansprüche von Vertriebenen anwendbar sei. Auch die weiteren Überleitungsvorschriften, die die Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI begrenzt hätten, seien, soweit es sich um Zeiten nach dem FRG handle, nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG sei davon auszugehen, dass FRG-Zeiten nicht dem Schutz des Art. 14 Grundgesetz (GG) unterlägen und deshalb keine Beitragszeiten im Sinne der deutschen Rentenversicherung seien. § 250 SGB VI gehe aber von Beitragszeiten aus. Nach dem FRG werde aber keine Rente, sondern eine Eingliederungsleistung, die sich am Existenzminimum orientiere, gewährt. Die Ersatzzeiten seien, da sie mit Zeiten zusammentreffen, die im Inland geleistet worden seien, genauso anzuerkennen wie bei allen anderen Personen auch. Die Leistungen nach dem SGB VI hätten Vorrang vor den Leistungen nach dem FRG, so dass hier unter Berücksichtigung der Ersatzzeiten und der Zeiten, die sie im Inland mit Beitragsleistungen an einen inländischen Versicherungsträger zurückgelegt habe, Zeiten anzuerkennen seien. Es verstoße gegen Art. 3 GG, wenn die Ersatzzeiten eines deutschen Staatsangehörigen, der gegen seinen Willen kriegsgefangen oder verschleppt gewesen sei, nicht oder nur zu einem Teil (zu 60 %) berücksichtigt würden. Die Tatsache, dass sie Zeiten nach dem FRG angerechnet bekommen habe, spiele im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BSG keine Rolle. Würde man zum Ergebnis kommen, dass die FRG-Zeiten im Falle der Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die auch ein Verschleppungsschicksal gehabt hätten, dennoch Zeiten seien, die als Inlandsbeitragszeiten eingestuft werden müssten, würde man zum Ergebnis kommen, dass dann die Kürzung um den Faktor 0,6 nicht mehr zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07. Oktober 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 25. November 1997 abzuändern, die Zeiträume vom 17. Mai 1950 bis 4. Oktober 1950 und vom 14. Oktober 1950 bis zum 31. Juli 1980 als Ersatzzeiten wegen Verschleppung anzuerkennen und ihre Altersrente für Frauen rückwirkend ab dem 01. Januar 2004 unter Berücksichtigung dieser Zeiten neu zu berechnen und etwaige Nachzahlungen verzinst an sie auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Mit Verfügung vom 11.3.2013 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 und auf Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung von weiteren Ersatzzeiten hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 11.3.2013 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 25.11.1997 und die Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten – § 44 SGB X, § 250 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 SGB VI – dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten über die von der Beklagten mit bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.1997 bereits berücksichtigten Zeiträume hinaus und auf rückwirkende Gewährung höherer Altersrente für Frauen im Zugunstenwege hat. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass – wie schon das SG dargelegt hat – die Beklagte bei der Feststellung der Rente mit Bescheid vom 25.11.1997 zu Recht § 250 SGB VI in der Fassung des am 1.7.1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rü-ErgG) vom 24.6.1993 (Bundesgesetzblatt I 1038) zu Grunde gelegt hat. Für eine Zugrundelegung einer vor dem 1.1.1993 geltenden Fassung, und insbesondere einer, die am 23.8.1980, dem Eintreffen der Klägerin im Bundesgebiet, gegolten hat, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 100 Abs. 1 BVFG. Die im achten Abschnitt des BVFG geregelten Übergangs- und Schlussvorschriften beziehen sich lediglich auf dieses Gesetz, wie sich aus den Absätzen 2 und 8 des § 100 BVFG ergibt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist aus der Rechtsprechung des BVerfG auch nicht abzuleiten, dass für Vertriebene das Recht maßgebend ist und bleibt, das galt, als sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006, 1 BvL 9/00 u.a., worin die Absenkung von Entgeltpunkten gemäß § 22 Abs. 4 FRG idF WFG vom 25.9.1996 – nach Zuzug – als verfassungsgemäß angenommen wurde). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den nach dem FRG anerkannten Zeiten sehr wohl um Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die zu Rentenanwartschaften und zu einem Rentenanspruch führen. Der Umstand, dass das BVerfG (vgl. Beschluss vom 13.6.2006, a.a.O.) durch das FRG begründete Rentenanwartschaften nicht durch Art. 14 GG geschützt ansieht, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu Grunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden sind, ändert nichts daran, dass es sich um zu berücksichtigende Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten handelt.
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen Art. 3 GG darin zu sehen, dass bei der Klägerin – wie bei den sonstigen Vertriebenen, die ihr Arbeitsleben in der Sowjetunion verbracht haben – eine Kürzung der Entgeltpunkte für Beitrags- und Beschäftigungszeiten vorgenommen wird. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird (BVerfG, Beschluss vom 21.7.2010, 1 BvL 11/06 u.a., m.w.N.). Durch ihre Verschleppung war die Klägerin in der streitigen Zeit nicht an einer Erwerbstätigkeit und an einer Beitragsleistung gehindert, wie sich aus ihrem Arbeitsbuch, ihrem Lebenslauf und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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