L 11 KA 102/97

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (22) Ka 49/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 102/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.05.1997 wird zurückgewiesen unter Abänderung der Kostenentscheidung. Die Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die von ihm in den Quartalen II/1991 bis I/1994 im Primärkassenbereich erbrachten Laborleistungen eine erhöhte Vergütung.

Als zugelassener Arzt für Laboratoriumsmedizin nimmt der Kläger in G ... an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten enthielt für den streitigen Zeitraum Regelungen, in denen nicht zwischen auftragsgebundenen und nicht auftragsgbundenen Leistungen und nicht zwischen O II und O III Leistungen unterschieden wurde.

Gegen die Honorarbescheide für die streitigen Quartale legte der Kläger jeweils Widersprüche ein mit der Begründung, die Laborleistungen seien nach dem HVM geringer vergütet worden als die allgemeinen ärztlichen Leistungen. Die Beklagte wies die Widersprüche zurück.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger im wesentlichen vorgetragen, er habe in den streitigen Quartalen kein angemessenes Honorar erhalten. Es sei ein Punktwert von mindestens 11 Pfennig erforderlich gewesen, damit noch ein angemessener Gewinn erwirtschaftet werden könne. Eine von der Beklagten angebotene vergleichsweise Erhöhung der Punktwerte für die Laborleistungen nach O III EBM im Primärkassenbereich um 0,2 Pfennig nahm der Kläger nicht an. Trotzdem hat die Beklagte auf dieser Grundlage eine Nachvergütung für die streitigen Quartale in Höhe von 78.820,64 DM vorgenommen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, eine der Rechtsprechung des BSG entsprechende Differenzierung müsse zumindest eine Höhervergütung um 0,5 Pfennig vorsehen.

Der Kläger hat beantragt,

die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale II bis IV/1991 in Gestalt der Widerspruchsbescheide aus den Sitzungen vom 10.06.1992 und 15.07.1992 sowie die Honorarbescheide für I/992 bis I/1994 aufzuheben, soweit bei den Laborleistungen im Primärkassenbereich ein Punktwert von unter 11 Pf. zugrundegelegt worden ist und

- die Beklagte zu verpflichten, im Primärkassenbereich für die Laborleistungen einen Punktwert von jeweils 11 Pfg. zugrunde zu legen,

- hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Honorare bei den Laborleistungen in den Quartalen II/1991 bis I/1994 zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, sie habe sich bei der Nachvergütung daran orientiert, was die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg, die von dem Urteil des BSG vom 29.09.1993 - 6 RKa 65/91 - betroffen gewesen sei, aufgrund dieser Entscheidung nachvergütet habe.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.07.1997 die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide verurteilt, über die Vergütungsansprüche des Klägers im Primärkassenbereich hinsichtlich der Laborleistungen für die Quartale II/1991 bis I/1994 neu zu entscheiden. Die in den streitigen Quartalen geltenden HVM-Regelungen entsprächen nicht den Grundsätzen, die das BSG in mehreren Urteilen vom 29.09.1993 aufgestellt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.12.1998 haben die Beteiligten das gerichtliche Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Für den Kläger war zu diesem Termin Herr Rechtsanwalt ... aus der inzwischen bestehenden Sozietät des Prozeßbevollmächtigten erschienen mit dem Versprechen, Vollmacht nachzureichen.

Mit Schriftsatz vom 08.04.1999 machte der Bevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt ..., geltend, das Verfahren sei nicht beendet. Die Erledigungserklärung sei mangels einer Vollmacht von Rechtsanwalt ... nicht wirksam.

Die Beklagte beantragt,

festzustellen, daß das gerichtliche Verfahren durch Erledigungserklärung vom 16.12.1998 in der Hauptsache erledigt ist, hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.05.19997 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit dem Haupt- und Hilfsantrag zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Rechtsanwalt H ... als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1) Das gerichtliche Verfahren ist nicht durch die Erklärungen vom 16.12.1998 in der Hauptsache erledigt worden. Es fehlte an einer wirksamen Vertretung des Klägers gemäß § 73 SGG. Prozeßhandlungen eines nicht bevollmächtigten Vertreters sind unwirksam. Zwar hat Rechtsanwalt ... im Termin am 16.12.1998 erklärt, er sei bevollmächtigt und werde eine Vollmacht nachreichen. Die Gesamtumstände sprechen auch für die Richtigkeit dieser ursprünglichen Angabe. Es bestehen zahlreiche Anhaltspunkte dafür, daß eine Bevollmächtigung durch den Kläger bzw. eine Unterbevollmächtigung durch seinen Bevollmächtigten Rechtsanwalt ... tatsächlich vorlag. So war der Zeuge in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - L 11 B 54/98 KA - vom Kläger bevollmächtigt und damit mit der sämtlichen Verfahren des Klägers zugrundeliegenden Problematik vertraut. Angesichts dessen ist es wenig glaubhaft, daß er an dem Termin lediglich als stiller Beobachter teilnehmen sollte. Auch der Umstand, daß das Fehlen der Vollmacht erst Monate nach dem Termin am 16.12.1998 geltend gemacht wurde und nach den Angaben des Zeugen intern das Nachreichen der Vollmacht zunächst mit dem entsprechenden Hinweis an das Büropersonal erledigt war, ist als Indiz dafür zu werten, daß eine Bevollmächtigung vorlag. Die Umstände reichten jedoch nicht aus, den Senat mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit die Überzeugung gewinnen zu lassen, daß zum Zeitpunkt des Termins am 16.12.1998 eine - zumindest Termins- -Vollmacht erteilt und die Berufung auf das Fehlen der schriftlichen Vollmachtsurkunde treuwidrig war. Nach dem zwar zweifelhaften, aber letztlich nicht widerlegbaren Vorbringen des Prozeßbevollmächtigten und den Angaben des Zeugen lag zum Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärung keine Vollmacht vor. Der Zeuge ging lediglich subjektiv davon aus, bevollmächtigt zu sein.

2) Auch mit dem Hilfsantrag vermag die Beklagte nicht durchzudringen. Die in den streitigen Quartalen geltende HVM-Regelung entsprach, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht den Anforderungen des BSG aus seinen Urteilen vom 29.09.1993 ( 6 RKa 65/91 -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 4). Insoweit verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Das Sozialgericht hat zu Recht betont, daß sich aus der Mangelhaftigkeit der HVM-Regelungen kein Anspruch des Klägers auf höhere Vergütung ergibt. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 16.12.1998 in der Streitsache L 11 B 54/98 KA herausgestellt, daß eine dem Differenzierungsgebot entsprechende Neuregelung nicht notwendig dazu führen muß, daß O III Leistungen insgesamt oder auch nur die auftragsgebundenen O III Leistungen tatsächlich mit einem höheren Puntkwert als geschehen vergütet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 und 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß der Kläger zwar mit seinem Neubescheidungantrag durchdringt, daß dies aber, wie dargelegt, nicht unbedingt zu einer seinem wirtschaftlichen Interesse entsprechenden Zahlung über die bereits geleistete Nachvergütung hinaus führt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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