Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 608/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 291/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 193/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres am 25.08.1981 verstorbenen früheren Ehemannes R. F.
Die Klägerin war mit dem am 1923 geborenen Versicherten, der von 1974 bis zu seinem Tode Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Altersruhegeld von der LVA Niederbayern-Oberpfalz bezogen hatte, in der Zeit vom 17.01.1949 bis zur rechtskräftigen Scheidung am 08.07.1971 verheiratet. Aus der Ehe sind die 1951, 1954 und 1957 geborenen Kinder A. , C. und E. hervorgegangen. Am 17.05.1966 war die Klägerin unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft aus der ehelichen Wohnung in M. ausgezogen und hatte sich nach M. begeben und dort eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.
Die Ehe zwischen dem verstorbenen Versicherten und der Klägerin wurde am 08.07.1971 vom Landgericht Amberg wegen Zerrüttung gemäß § 48 Ehegesetz ohne Schuldausspruch auf die Klage der Klägerin und die Widerklage des Ehemannes geschieden. Das Sorgerecht für die seinerzeit noch nicht volljährigen Kinder wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 10.11.1971 dem Vater zugesprochen.
Am 27.07.1983 hatte die Klägerin erstmals bei der Beklagten Geschiedenenwitwenrente beantragt, und im Rentenantrag mitgeteilt, dass sie im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten keinerlei Unterhalt von diesem erhalten habe. Sie selbst habe ein Erwerbseinkommen von ca. 1.350,00 DM monatlich gehabt. Es sei deshalb "kein Unterhalt möglich gewesen".
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.12.1983 den Antrag der Klägerin darauf abgelehnt. Diese habe keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gemäß § 1265 der Reichsversicherungsordnung (RVO), da sie auf Unterhaltszahlungen ihres geschiedenen Ehemannes verzichtet habe. In dem daran anschließenden Widerspruchsbescheid vom 22. März 1984 mit dem der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen worden war, hatte sich die Beklagte nunmehr auf eine mangelnde Unterhaltsverpflichtung nach dem Ehegesetz berufen. Die Ehe sei auf Verlangen der Klägerin wegen Zerrüttung ohne Schuldausspruch geschieden worden. Die Klägerin habe deshalb gemäß § 61 Abs.2 Ehegesetz bereits von vorneherein keinen Anspruch auf Unterhalt gehabt, ohne dass es auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten angekommen sei.
Am 30.11.1999 beantragte die Klägerin erneut Geschiedenenwitwenrente bei der Beklagten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.02.2000 erneut ab, weil kein Unterhaltsanspruch nach dem Ehegesetz bestanden habe.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2000 mit derselben Begründung zurück. Zur Zeit seines Todes habe der frühere Ehemann der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 989,20 DM monatlich sowie eine Unfallrente von 396,60 DM bezogen. Die Klägerin habe ein Erwerbseinkommen von 1.350,00 DM monatlich gehabt, ein Unterhaltsanspruch habe deshalb nicht bestanden. Außerdem habe sie zum Zeitpunkt der Scheidung kein Kind erzogen, da sie bereits seit 1966 unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nach M. verzogen gewesen sei und das Amtsgericht Cham mit Beschluss vom 10.11.1971 die elterliche Gewalt auf den Vater R. F. übertragen habe. Ebenso wenig habe sie zum Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr vollendet gehabt. Ein Anspruch gemäß § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) scheide daher aus.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht München Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. Mai 2002 die Klage abgewiesen. Es komme lediglich ein Anspruch gemäß § 243 Abs.3 SGB VI in Betracht, da sie jedenfalls keinen Anspruch auf Unterhalt nach den Vorschriften des Ehegesetzes schon wegen der Vermögensverhältnisse gehabt habe. Ein Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente sei jedoch auch nicht gemäß § 243 Abs.3 SGB VI zu begründen. Dieser sei zwar unabhängig von den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten, andererseits habe die Klägerin aufgrund des Scheidungsurteils ohne Schuldausspruch aufgrund von Zerrüttung gemäß § 48 Ehegesetz und gemäß § 61 Abs.2 des Ehegesetzes schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Unterhalt von Seiten ihres geschiedenen Ehemannes gehabt. Die Klage sei daher unbegründet.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiter Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. begehrt. Sie habe lediglich eine eigene Rente in Höhe von 514,95 EUR sowie eine Betriebsrente von 59,72 EUR monatlich. Damit könne sie nicht leben. Ferner sei sie Eigentümerin eines Hauses in C. , das keine Erträge abwerfe. Ferner legt sie einen Bescheid des Sozialamtes der Landeshauptstadt München vom 29.07.2002 vor. Darin wird ihr Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt, weil sie als Eigentümerin eines Hauses in C. verwertbares Vermögen im Sinne von § 88 Abs.1 BSHG besitze, das zuerst zum Lebensunterhalt eingesetzt werden müsse.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.03.2003 hat sich die Klägerin zu ihren familiären Verhältnissen für die Zeit ab 1966 geäußert. Unterlagen über angebliche briefliche Kontakte mit ihren Kindern konnte sie nicht vorlegen. Die Kinder haben zu Fragen ihrer familiären Verhälntissen in rechtserheblichen Zeitraum von ihren Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, aufgrund des Antrages vom 30.11.1999 ihr Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts München, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil sie keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. hat.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit im Ergebnis der entsprechend der Sach- und Rechtslage entschieden. Dabei kann sich die Entscheidung nach Ansicht des Senats jedoch entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Rechtsansicht nicht darauf stützen, dass die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann gehabt hätte sondern darauf, dass das in § 243 SGB VI genannte Tatbestandsmerkmal der "Kindererziehung zum Zeitpunkt der Scheidung" in der Person der Klägerin nicht vorgelegen hat. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf sogenannte Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 SGB VI sind im Urteil des Sozialgerichts ausführlich dargestellt, so dass auf sie Bezug genommen werden kann.
Übereinstimmend mit den Gründen im Urteil des Sozialgerichts könnte die Klägerin Ansprüche auf Geschiedenenwitwenrente lediglich aus § 243 Abs.3 SGB VI herleiten, so dass lediglich dessen gesetzliche Voraussetzungen erörterungswürdig erscheinen. Danach ist für einen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente zunächst erforderlich, dass dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten bestanden haben muss der lediglich wegen der Vermögensverhältnisse der früheren Ehepartner nicht bestanden hat. Dies ist auch bei einer Scheidung gemäß § 48 Ehegesetz gegeben. Gemäß § 61 Ehegesetz in der seinerzeit geltenden Fassung trifft bei einer Scheidung ohne Schuldausspruch aufgrund einer Klage und Widerklage die Unterhaltspflicht jeden der Ehegatten gegenüber dem anderen. § 61 Ehegesetz gibt deshalb einen echten Unterhaltsanspruch gegenüber dem früheren Ehegatten. Im Gegensatz zum Unterhaltsanspruch des § 60 Ehegesetzes haften deshalb Verwandte erst in zweiter Linie (vgl. Palandt-Diederichsen, Kommentar zum Ehegesetz 35.Aufl. 1976 § 61 Ehegesetz Anm.3 S.2235, OLG Düsseldorf in FAMRZ 1978, 597). Da die Ehe der Klägerin aufgrund der ihrer Klage und Widerklage ihres früheren Ehemannes geschieden worden ist, erfüllt die Klägerin deshalb Voraussetzungen des § 243 Abs.3 Ziff.1. Ebenso erfüllt sie unstreitig angesichts ihres Lebensalters die Voraussetzungen dessen Ziff.3.
Dennoch hat sie keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente, da § 243 Abs.3 Ziff.2 SGB VI nicht erfüllt ist. Danach hätte sie lediglich einen Anspruch auf Rente, wenn sie zum Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr vollendet gehabt hätte oder sie im Zeitpunkt der Scheidung ein eigenes Kind erzogen hätte. Dabei kommt angesichts ihres Geburtsjahrganges lediglich die Voraussetzung des "Erziehens eines eigenen Kindes" in Betracht. Dies liegt jedoch nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vor.
Auch wenn zum Zeitpunkt der Scheidung die Klägerin nicht von der Erziehung ihrer Kinder ausgeschlossen war, so ist dies allein nicht ausreichend um das in § 243 ABs.3 SGB VI geforderte Tatbestandsmerkmal der Erziehung eines Kindes zu erfüllen, vielmehr ist die Erziehung im Sinne dieser Vorschrift im tatsächlichen Sinne zu verstehen. Zu ihr gehören alle Maßnahmen, die dazu bestimmt und darauf gerichtet sind, die körperliche, geistige, seelische und sittlich charakterliche Entwicklung eines Kindes zu beeinflussen. Auch wenn diese Erziehung im tatsächlichen Sinne weit auszulegen ist, beendet eine auf Dauer angelegte räumliche Trennung durch Aufgabe der gemeinschaftlichen Familienwohnung mit den Kindern die Erziehung im tatsächlichen Sinne soweit nicht dennoch konkrete Erziehungsmaßnahmen vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 10.03.1982 Az.: 5 B 5 RJ 146/80 in SozR 2200 § 1265 RVO Nr.61). Auch wenn eine räumliche Trennung zu den Kindern nicht unbedingt deren Erziehung von vornherein unmöglich macht, ist in diesem Fall zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "Kind erziehen" erforderlich, dass konkrete Erziehungsmaßnahmen in einem nennenswerten Umfang geleistet werden (BSG Urteil vom 29.03.1978 Az.: 5 RJ 4/77 in SozR 2200 § 1265 RVO Nr.32 m.w.N.). Derartige, nennenswerte, konkrete Erziehungsmaßnahmen konnte die Klägerin jedoch nicht nachweisen. Bereits 1966 hatte sie sich unter der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ohne Kinder nach M. begeben und dort eine berufliche Tätigkeit begonnen. Die Kinder hat sie nach ihren Aussagen unter der Obhut ihres Ehemannes und der im selben Haus wohnenden Großeltern hinterlassen. Unterhalt hat sie ebenfalls für ihre Kinder nicht geleistet. Ebensowenig ist sie auch nur zu Besuch wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt. Die Kontakte zu ihren Kindern haben sich nach ihren Angaben auf Briefe und gelegentliche Besuche ihrer jüngeren Tochter in M. beschränkt. Diese Verhältnisse haben im Beschluss des Amtsgerichts C. vom 10.11.1971 nach Rechtskraft der Scheidung ihren Niederschlag gefunden, der das Sorgerecht für alle drei Kinder dem Vater zugesprochen hat, womit auch de jure ab diesem Zeitpunkt die Erziehung der Kinder durch die Klägerin nicht mehr möglich gewesen ist (vgl. SozR § 1268 RVO Nr.18). Weiterführende Erkenntnises zu erlangen war dem der Senat auch im Hinblick auf das von den Kindern der Klägerin geltend gemachte Aussageverweigerungsrecht nicht möglich. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf sogenannte Geschiedenenwitwenrente, weil sie entsprechend § 243 Abs.3 Ziff.2 SGB VI zum Zeitpunkt ihrer Scheidung kein "Kind erzogen" hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München war als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres am 25.08.1981 verstorbenen früheren Ehemannes R. F.
Die Klägerin war mit dem am 1923 geborenen Versicherten, der von 1974 bis zu seinem Tode Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Altersruhegeld von der LVA Niederbayern-Oberpfalz bezogen hatte, in der Zeit vom 17.01.1949 bis zur rechtskräftigen Scheidung am 08.07.1971 verheiratet. Aus der Ehe sind die 1951, 1954 und 1957 geborenen Kinder A. , C. und E. hervorgegangen. Am 17.05.1966 war die Klägerin unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft aus der ehelichen Wohnung in M. ausgezogen und hatte sich nach M. begeben und dort eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.
Die Ehe zwischen dem verstorbenen Versicherten und der Klägerin wurde am 08.07.1971 vom Landgericht Amberg wegen Zerrüttung gemäß § 48 Ehegesetz ohne Schuldausspruch auf die Klage der Klägerin und die Widerklage des Ehemannes geschieden. Das Sorgerecht für die seinerzeit noch nicht volljährigen Kinder wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 10.11.1971 dem Vater zugesprochen.
Am 27.07.1983 hatte die Klägerin erstmals bei der Beklagten Geschiedenenwitwenrente beantragt, und im Rentenantrag mitgeteilt, dass sie im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten keinerlei Unterhalt von diesem erhalten habe. Sie selbst habe ein Erwerbseinkommen von ca. 1.350,00 DM monatlich gehabt. Es sei deshalb "kein Unterhalt möglich gewesen".
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.12.1983 den Antrag der Klägerin darauf abgelehnt. Diese habe keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gemäß § 1265 der Reichsversicherungsordnung (RVO), da sie auf Unterhaltszahlungen ihres geschiedenen Ehemannes verzichtet habe. In dem daran anschließenden Widerspruchsbescheid vom 22. März 1984 mit dem der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen worden war, hatte sich die Beklagte nunmehr auf eine mangelnde Unterhaltsverpflichtung nach dem Ehegesetz berufen. Die Ehe sei auf Verlangen der Klägerin wegen Zerrüttung ohne Schuldausspruch geschieden worden. Die Klägerin habe deshalb gemäß § 61 Abs.2 Ehegesetz bereits von vorneherein keinen Anspruch auf Unterhalt gehabt, ohne dass es auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten angekommen sei.
Am 30.11.1999 beantragte die Klägerin erneut Geschiedenenwitwenrente bei der Beklagten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.02.2000 erneut ab, weil kein Unterhaltsanspruch nach dem Ehegesetz bestanden habe.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2000 mit derselben Begründung zurück. Zur Zeit seines Todes habe der frühere Ehemann der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 989,20 DM monatlich sowie eine Unfallrente von 396,60 DM bezogen. Die Klägerin habe ein Erwerbseinkommen von 1.350,00 DM monatlich gehabt, ein Unterhaltsanspruch habe deshalb nicht bestanden. Außerdem habe sie zum Zeitpunkt der Scheidung kein Kind erzogen, da sie bereits seit 1966 unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nach M. verzogen gewesen sei und das Amtsgericht Cham mit Beschluss vom 10.11.1971 die elterliche Gewalt auf den Vater R. F. übertragen habe. Ebenso wenig habe sie zum Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr vollendet gehabt. Ein Anspruch gemäß § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) scheide daher aus.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht München Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. Mai 2002 die Klage abgewiesen. Es komme lediglich ein Anspruch gemäß § 243 Abs.3 SGB VI in Betracht, da sie jedenfalls keinen Anspruch auf Unterhalt nach den Vorschriften des Ehegesetzes schon wegen der Vermögensverhältnisse gehabt habe. Ein Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente sei jedoch auch nicht gemäß § 243 Abs.3 SGB VI zu begründen. Dieser sei zwar unabhängig von den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten, andererseits habe die Klägerin aufgrund des Scheidungsurteils ohne Schuldausspruch aufgrund von Zerrüttung gemäß § 48 Ehegesetz und gemäß § 61 Abs.2 des Ehegesetzes schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Unterhalt von Seiten ihres geschiedenen Ehemannes gehabt. Die Klage sei daher unbegründet.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiter Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. begehrt. Sie habe lediglich eine eigene Rente in Höhe von 514,95 EUR sowie eine Betriebsrente von 59,72 EUR monatlich. Damit könne sie nicht leben. Ferner sei sie Eigentümerin eines Hauses in C. , das keine Erträge abwerfe. Ferner legt sie einen Bescheid des Sozialamtes der Landeshauptstadt München vom 29.07.2002 vor. Darin wird ihr Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt, weil sie als Eigentümerin eines Hauses in C. verwertbares Vermögen im Sinne von § 88 Abs.1 BSHG besitze, das zuerst zum Lebensunterhalt eingesetzt werden müsse.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.03.2003 hat sich die Klägerin zu ihren familiären Verhältnissen für die Zeit ab 1966 geäußert. Unterlagen über angebliche briefliche Kontakte mit ihren Kindern konnte sie nicht vorlegen. Die Kinder haben zu Fragen ihrer familiären Verhälntissen in rechtserheblichen Zeitraum von ihren Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, aufgrund des Antrages vom 30.11.1999 ihr Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts München, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil sie keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes R. F. hat.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit im Ergebnis der entsprechend der Sach- und Rechtslage entschieden. Dabei kann sich die Entscheidung nach Ansicht des Senats jedoch entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Rechtsansicht nicht darauf stützen, dass die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann gehabt hätte sondern darauf, dass das in § 243 SGB VI genannte Tatbestandsmerkmal der "Kindererziehung zum Zeitpunkt der Scheidung" in der Person der Klägerin nicht vorgelegen hat. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf sogenannte Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 SGB VI sind im Urteil des Sozialgerichts ausführlich dargestellt, so dass auf sie Bezug genommen werden kann.
Übereinstimmend mit den Gründen im Urteil des Sozialgerichts könnte die Klägerin Ansprüche auf Geschiedenenwitwenrente lediglich aus § 243 Abs.3 SGB VI herleiten, so dass lediglich dessen gesetzliche Voraussetzungen erörterungswürdig erscheinen. Danach ist für einen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente zunächst erforderlich, dass dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten bestanden haben muss der lediglich wegen der Vermögensverhältnisse der früheren Ehepartner nicht bestanden hat. Dies ist auch bei einer Scheidung gemäß § 48 Ehegesetz gegeben. Gemäß § 61 Ehegesetz in der seinerzeit geltenden Fassung trifft bei einer Scheidung ohne Schuldausspruch aufgrund einer Klage und Widerklage die Unterhaltspflicht jeden der Ehegatten gegenüber dem anderen. § 61 Ehegesetz gibt deshalb einen echten Unterhaltsanspruch gegenüber dem früheren Ehegatten. Im Gegensatz zum Unterhaltsanspruch des § 60 Ehegesetzes haften deshalb Verwandte erst in zweiter Linie (vgl. Palandt-Diederichsen, Kommentar zum Ehegesetz 35.Aufl. 1976 § 61 Ehegesetz Anm.3 S.2235, OLG Düsseldorf in FAMRZ 1978, 597). Da die Ehe der Klägerin aufgrund der ihrer Klage und Widerklage ihres früheren Ehemannes geschieden worden ist, erfüllt die Klägerin deshalb Voraussetzungen des § 243 Abs.3 Ziff.1. Ebenso erfüllt sie unstreitig angesichts ihres Lebensalters die Voraussetzungen dessen Ziff.3.
Dennoch hat sie keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente, da § 243 Abs.3 Ziff.2 SGB VI nicht erfüllt ist. Danach hätte sie lediglich einen Anspruch auf Rente, wenn sie zum Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr vollendet gehabt hätte oder sie im Zeitpunkt der Scheidung ein eigenes Kind erzogen hätte. Dabei kommt angesichts ihres Geburtsjahrganges lediglich die Voraussetzung des "Erziehens eines eigenen Kindes" in Betracht. Dies liegt jedoch nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vor.
Auch wenn zum Zeitpunkt der Scheidung die Klägerin nicht von der Erziehung ihrer Kinder ausgeschlossen war, so ist dies allein nicht ausreichend um das in § 243 ABs.3 SGB VI geforderte Tatbestandsmerkmal der Erziehung eines Kindes zu erfüllen, vielmehr ist die Erziehung im Sinne dieser Vorschrift im tatsächlichen Sinne zu verstehen. Zu ihr gehören alle Maßnahmen, die dazu bestimmt und darauf gerichtet sind, die körperliche, geistige, seelische und sittlich charakterliche Entwicklung eines Kindes zu beeinflussen. Auch wenn diese Erziehung im tatsächlichen Sinne weit auszulegen ist, beendet eine auf Dauer angelegte räumliche Trennung durch Aufgabe der gemeinschaftlichen Familienwohnung mit den Kindern die Erziehung im tatsächlichen Sinne soweit nicht dennoch konkrete Erziehungsmaßnahmen vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 10.03.1982 Az.: 5 B 5 RJ 146/80 in SozR 2200 § 1265 RVO Nr.61). Auch wenn eine räumliche Trennung zu den Kindern nicht unbedingt deren Erziehung von vornherein unmöglich macht, ist in diesem Fall zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "Kind erziehen" erforderlich, dass konkrete Erziehungsmaßnahmen in einem nennenswerten Umfang geleistet werden (BSG Urteil vom 29.03.1978 Az.: 5 RJ 4/77 in SozR 2200 § 1265 RVO Nr.32 m.w.N.). Derartige, nennenswerte, konkrete Erziehungsmaßnahmen konnte die Klägerin jedoch nicht nachweisen. Bereits 1966 hatte sie sich unter der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ohne Kinder nach M. begeben und dort eine berufliche Tätigkeit begonnen. Die Kinder hat sie nach ihren Aussagen unter der Obhut ihres Ehemannes und der im selben Haus wohnenden Großeltern hinterlassen. Unterhalt hat sie ebenfalls für ihre Kinder nicht geleistet. Ebensowenig ist sie auch nur zu Besuch wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt. Die Kontakte zu ihren Kindern haben sich nach ihren Angaben auf Briefe und gelegentliche Besuche ihrer jüngeren Tochter in M. beschränkt. Diese Verhältnisse haben im Beschluss des Amtsgerichts C. vom 10.11.1971 nach Rechtskraft der Scheidung ihren Niederschlag gefunden, der das Sorgerecht für alle drei Kinder dem Vater zugesprochen hat, womit auch de jure ab diesem Zeitpunkt die Erziehung der Kinder durch die Klägerin nicht mehr möglich gewesen ist (vgl. SozR § 1268 RVO Nr.18). Weiterführende Erkenntnises zu erlangen war dem der Senat auch im Hinblick auf das von den Kindern der Klägerin geltend gemachte Aussageverweigerungsrecht nicht möglich. Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf sogenannte Geschiedenenwitwenrente, weil sie entsprechend § 243 Abs.3 Ziff.2 SGB VI zum Zeitpunkt ihrer Scheidung kein "Kind erzogen" hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München war als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
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