L 17 U 525/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 U 126/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 525/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.11.2000 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente aufgrund der Arbeitsunfälle vom 15.02.1997 und 18.12.1997 streitig.

Die am 1949 geborene Kägerin, die von Beruf Zeitungsausfahrerin war, erlitt in der Vergangenheit verschiedene Unfälle, durch die die beiden unteren Extremitäten verletzt wurden (07.06.1979 Fraktur des 5. Mittelfußknochens rechts, nach Bescheid vom 26.05.1981 der Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas-Industrie Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 10 vH; 03.08.1996 und Oktober 1996 Sturz auf das linken Knie).

I.

Am 15.02.1997 erlitt sie einen weiteren Unfall. Beim Ausladen von Zeitungen rutschte sie auf überfrorenem Schnee aus und stürzte - unter Verdrehung des linken Beines - auf das linke Knie. Erstmals suchte sie einen Arzt am 24.02.1997 auf, der einen Erguss am linken Knie feststellte und als Diagnose Distorsion des linken Kniegelenkes mit Verdacht auf Außenmeniskusläsion angab (H-Arzt-Bericht des Orthopäden Dr.G. vom 25.02.1997). Der Chirurg Dr.B. ging in seinem Durchgangsarztbericht vom 21.05.1997 von einer Varus-Stellung mit Verdacht auf Meniskusschaden des linken Kniegelenkes aus. Er nahm während des stationären Aufenthaltes der Klägerin (29.05. bis 05.06.1997) im Krankenhaus M. (aufgrund der Arthroskopie vom 30.05.1997) eine Innenmeniskusdegenerationsläsion des linken Kniegelenkes mit Knorpelschaden IV.Grades an, führte aber aus, der Unfallmechanismus sei nicht typisch für eine Meniskusruptur (Arztbericht vom 01.07.1997). Mit Bescheid vom 22.08.1997 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht ursächlich auf das Ereignis vom 15.02.1997 zurückzuführen seien (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 27.03.1998). Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und beantragt, ihr wegen des Arbeitsunfalles vom 15.02.1997 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das SG hat ein Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 18.12.1998/03.03.1999 eingeholt. Dieser hat einen Zustand nach Kniegelenksdistorsion mit Zeichen einer außenseitigen Meniskussymptomatik als unfallbedingt angesehen. Die Verschleißerscheinungen am Kniegelenk seien unfallfremd, vor allem aufgrund einer schicksalhaften präarthrotischen Deformität iS einer O-Bein-Achse mit Entwicklung der dazugehörigen Arthrose. Der Unfall vom 15.02.1997 sei nicht wesentlich mitursächlich für die Entstehung oder Verschlimmerung der Gesundheitsschäden der Klägerin am linken Kniegelenk. Nach Vorlage der ärztlichen Unterlagen über die Unfälle vom August und Oktober 1996, hat auf Veranlassung der Klägerin der Chirurg Dr.K. am 11.08.1999 ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellt. Er hat als unfallbedingt einen Zustand nach Kniegelenksdistorsion mit Zeichen der Meniskusbeteiligung sowie einen intraartikulären Erguss bezeichnet. Die Innenmeniskusverletzung könne nicht exakt auf das Unfallereignis vom 15.02.1997 zurückgeführt werden. Die intraoperativ festgestellten schweren Knorpelschäden Grad IV bestünden schon länger, die Beschwerden der Klägerin seien auf sie zurückzuführen. Das Ereignis vom 15.02.1997 sei nicht wesentlich mitursächlich für die Entstehung oder Verschlimmerung der Gesundheitsschäden der Klägerin. Mit Urteil vom 21.11.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Gutachten der Dres.S. und K. gestützt. Auch sei der Unfallablauf vom 15.02.1997 nicht geeignet gewesen, eine erhebliche Meniskusschädigung herbeizuführen oder zumindest wesentlich zu verschlimmern. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt (Az L 17 U 525/00) und vorgetragen, es komme nicht darauf an, ob ein bestimmtes Unfallereignis medizinisch als generell geeignet angesehen werde. Rechtlich sei allein relevant, ob die schädigende Einwirkung wesentlich sei. Der am 15.02.1997 verursachte Gesundheitsschaden infolge Verdrehen des Knies sei mit einer MdE von mindestens 10 vH zu bewerten. Danach habe sie unter Berücksichtigung des Arbeitsunfalles vom 07.06.1979 (MdE von 10 vH) einen Anspruch auf Stützrente. Außerdem hätte Dr.K. ein Gutachten nicht erstellen dürfen, nachdem er sich bereits im Verwaltungsverfahren als Durchgangsarzt gegenüber der Beklagten im negativen Sinne geäußert habe.

Nach Beiziehung der Verwaltungsakten der Beklagten über die Unfälle aus dem Jahre 1996 sowie der einschlägigen Röntgen-, CT- und KSP-Aufnahmen hat der Senat ein Gutachten des Orthopäden Dr.D. vom 23.04.2002 veranlasst, in dem dieser als unfallabhängige Diagnose eine Kniegelenksdistorsion angegeben hat. Zum Zeitpunkt der Begutachtung bestünden keine unfallabhängigen Gesundheitsschäden mehr. Die MdE sei mit weniger als 10 vH einzuschätzen.

II.

Am 18.12.1997 erlitt die Klägerin einen weiteren Unfall. Beim Ausladen von Zeitungen rutschte sie wegen Eisglätte insgesamt vier Mal aus und fiel teils auf den Rücken, teils auf den rechten Arm und Fuß sowie auf den Kopf. Ein Sturz erfolgte auch auf das linke Knie, wobei die Klägerin seitlich nach hinten auf dem Eis wegrutschte. Erstmals suchte sie einen Arzt am 09.01.1998 auf, der zahlreiche Prellungen sowie Verstauchungen der rechten Schulter, des rechten Handgelenks, der rechten Fußwurzel sowie einen Bruch des 4. Mittelfußknochens rechts diagnostizierte (DA-Bericht des Chirurgen Dr.B. vom 12.01.1998/12.03.1998).

Die Beklagte holte Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.I. vom 17.02.1998, des Orthopäden Dr.S. vom 15.07.1998, die ärztlichen Unterlagen über den Unfall vom Juni 1979 sowie eine Krankheitenauskunft der AOK Mittelfranken vom 06.03.1998 ein. Sodann erstellte der Chirurg Dr.B. am 11.11.1998 ein Gutachten, in dem er als wesentliche Folge des Unfalles eine knöchern fest verheilte, mit geringer Fehlabweichung Mittelfußknochen IV-suprabasale Schaftfraktur rechts annahm. Die MdE schätzte er auf unter 10 vH.

Nach Beiziehung weiterer Befundberichte des Dr.I. vom 01.02.1999 und des Dr.S. vom 08.02.1999 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 11.03.1999 unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vom 09.01. bis 31.08.1998 an, verneinte aber einen Anspruch auf Rentengewährung. Danach sei der bei dem Unfall erlittene Bruch des 4. Mittelfußknochens rechts bei bereits bestehendem Vorschaden knöchern fest verheilt. Die erlittenen Prellungen des rechten Ellenbogengelenkes und der rechten Schulter seien folgenlos ausgeheilt (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17.09.1999).

Gegen den Bescheid vom 11.03.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1999 hat die Klägerin Klage zum SG Nürnberg erhoben und beantragt, die gesetzlichen Leistungen über den 31.08.1998 hinaus zu gewähren.

Das SG hat ein Gutachten des Chirurgen Dr.S. eingeholt. In dem Gutachten vom 27.12.1999 hat dieser eine in leichter Fehlstellung knöchern fest verheilte Fraktur des 4. Mittelfußknochens bestätigt. Die Fraktur sei aber so ausgeheilt, dass hierdurch eine Funktionsbehinderung nicht zu erwarten sei. Durch den Unfall habe die Klägerin auch eine Stauchung der rechten Schulter erlitten - ohne strukturelle Schädigungen des Schultergelenks. Ein MdE liege nicht vor.

Auf Veranlassung der Klägerin hat der Orthopäde Dr.R. ein Gutachten nach § 109 SGG am 05.10.2000 erstellt. Die Fraktur der Metatarsale IV hat er als ausgeheilt angesehen und bestehende Fußwurzelbeschwerden beidseits auf degenerative Veränderungen zurückgeführt. Der Sturz auf die rechte Schulter habe keine Fraktur des Acromions verursacht. Durch die Verletzung seien lediglich die vorbestehenden degenerativen Veränderungen aktiviert worden. Die MdE sei mit unter 10 vH einzuschätzen.

Mit Urteil vom 21.11.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Ausführungen der Gutachter gestützt.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt (Az L 17 U 526/00) und vorgetragen, die MdE infolge des Unfalles vom 18.12.1997 betrage mindestens 10 vH. Damit habe sie Anspruch auf eine Stützrente. Eine Besserung der Beschwerden sei bislang nicht eingetreten. Zu beachten sei, dass sie am 18.12.1997 insgesamt vier Mal auf der eisglatten Straße gestürzt sei.

Nach Beiziehung der Akten der BG der keramischen und Glas-Industrie (Unfälle vom Juni 1979) sowie der einschlägigen Röntgen- und CT-Aufnahmen hat der Senat den Orthopäden Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In den Gutachten vom 30.01.2002/26.04.2002/04.03.2003 hat er als unfallabhängige Gesundheitsstörungen eine knöchern konsolidierte proximale Metatarsale IV-Fraktur rechts sowie einen Zustand nach Prellung der rechten Schulter, des rechten Ellenbogens und der Wirbelsäule angeführt. Eine Funktionsminderung und somit eine unfallbedingte MdE liege nicht mehr vor.

Für die Klägerin hat der Orthopäde Dr.B. am 20.08.2002 ein Gutachten nach § 109 SGG erstellt und dabei ein schweres Impingement-Syndrom der rechten Schulter bei Fraktur des peripheren Acromions und Verletzung des Schultereckgelenkes, eine progrediende Kniegelenksarthrose, verschlimmert durch das Unfallereignis, neben der konsolidierten Mittelfußfraktur IV rechts als schädigungsbedingt angegeben. Er hat die MdE für den Fuß mit 10 vH, für die rechte Schulter mit 20 vH sowie für das linke Kniegelenk mit einem Verschlimmerungsanteil von 10 vH eingeschätzt.

Abschließend hat die Klägerin ausgeführt, das Gutachten des Dr.S. könne nicht anerkannt werden, da dieser ebenso wie Dr.S. eine enge Beziehung zur Beklagten habe. Auch weise Dr.S. bei den Röntgenbefunden nur die eigenen Röntgenaufnahmen vom 02.11.2001 aus. Ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG sei geboten.

III.

In der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2003 hat der Senat die beiden Berufungsstreitigkeiten L 17 U 525/00 und L 17 U 526/00 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.11.2000 sowie der Bescheide vom 22.08.1997/11.03.1999 idF der Widerspruchsbescheide vom 27.03.1998/17.09.1999 zu verurteilen, ihr wegen der Unfälle vom 15.02.1997/18.12.1997 Verletztenrente (Stützrente) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialge richts Nürnberg vom 21.11.2000 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der BG der keramischen und Glas-Industrie verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerin sind zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente (Stützrente) (§§ 6, 8 Abs 1, 56 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VII).

Verletztenrente ist nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII dann zu gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge eines Arbeitsunfalles um wenigstens 20 vH über die 26. Woche hinaus gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundert-Sätze zusammen wenigstens die Zahl 20, so besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Eine Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. dann anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfall und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher liegt nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsbegriff dann vor, wenn das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens bewirkt hat (BSGE 1, 72, 76; 12, 242, 245; 38, 127, 129; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5.Aufl, Anm 4, 10.1 zu § 8 SGB VII).

I.

Durch die Folgen des Arbeitsunfalles vom 15.02.1997 ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht im rentenberechtigenden Grade gemindert. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen Dr.D. , Dr.K. und Dr.S ... Dabei spielt es keine Rolle, dass Dr.K. die Klägerin im Verwaltungsverfahren behandelt hatte. Er wurde schließlich von der Klägerin - nach Akteneinsicht - als Gutachter vorgeschlagen. Eines Hinweises des SG hat es daher nicht bedurft.

Bei dem Unfall vom 15.02.1997 handelt es sich um einen Arbeitsunfall - auch wenn die Beklagte dies in ihren Bescheiden nicht eindeutig zum Ausdruck brachte -, weil die Klägerin während ihrer beruflichen Tätigkeit auf das linke Knie stürzte und sich zumindest einen diskreten Erguss des linken Knies zuzog. Hinsichtlich des Unfallgeschehens selbst kann dahingestellt bleiben, ob es sich um einen einfachen Sturz oder um einen "Drehsturz" handelte. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin bei dem Unfall am 15.02.1997 eine Kniegelenksdistorsion links erlitten hat. In dem erst 9 Tage nach dem Unfallereignis von Dr.G. festgestellten Erstbefund konnte nur eine Ergussbildung mit begleitender Beugeeinschränkung, aber keine Streckhemmung festgestellt werden. Auch wenn das Meniskuszeichen für den Außenmeniskus positiv war, fanden sich Begleitverletzungen nicht. Der Kapsel-Band-Apparat war unversehrt, eine Fraktur oder perforierende Verletzung lag nicht vor. Durch die am 30.05.1997 durchgeführte Arthroskopie war zwar eine isolierte Meniskusveränderung zu diagnostizieren, allerdings ohne verletzungsspezifische Befunde der Nachbarstruktur. Die feingewebliche Untersuchung zeigte eine Innenmeniskopathie mit ausgedehnten Lazerationen, leichten rissnahen Faserdegenerationen sowie eine reaktive papilläre Synovitis. Nachteilig war dabei, dass die Entnahme des Materiales erst 4 Monate nach dem Unfallereignis stattgefunden hatte und dadurch die Bestimmung eines Rissalters nur bedingt bzw gar nicht mehr möglich war. Zu beachten ist auch, dass das Verhalten der Klägerin nach einer frischen Kniebinnenverletzung nicht dem zu erwartenden Funktionsverlust entsprach. Die Klägerin stellte sich nicht sofort, sondern erst nach 9 Tagen einem Arzt vor. Auch hörte sie nicht sofort auf zu arbeiten.

Von wesentlicher Bedeutung ist aber, dass sich eine mediale Gonarthrose des linken Kniegelenkes mit rezidivierender Ergussbildung und notwendigen Punktionen als Vorerkrankung nachweisen ließ. Die Klägerin befand sich erstmals im Januar 1987 wegen Kniegelenksbeschwerden links in Behandlung bei Dr.S ... Bereits damals zeigte sich eine deutliche Ergussbildung des linken Kniegelenkes mit notwendiger Punktion. Bildtechnisch ließ sich eine deutliche Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes mit osteophytären Randbildungen iS einer medialen Gonarthrose diagnostizieren. Auch 1988 und 1991 stellte sich das Bild einer aktivierten Gonarthrose dar ohne Hinweis auf eine Kniegelenksverletzung. Bereits in diesem kurzen Zeitraum ließ sich radiologisch eine deutliche Progredienz des Befundes mit zunehmender Gelenkspaltverschmälerung und beginnender Subluxationsstellung des Gelenkes feststellen. Dies wirkte sich fort bis zur letzten Röntgendiagnostik mit komplett aufgehobenem medialen Gelenkspalt und Subluxationsstellung des Gelenkes iS einer medial betonten Pangonarthrose Kellgren IV. Die am 28.12.2000 durchgeführte kernspintomographische Untersuchung des linken Kniegelenkes konnte nur die bereits 1997 arthroskopisch festgestellte medial betonte Gonarthrose mit entsprechenden Knorpeldefekten im Bereich des Femur und der Tibia bestätigen. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Innenmeniskusverletzung der Klägerin unfallunabhängig. Seit 1987, also vor dem Unfall, lässt sich ein progredienter Verschleiss des linken Kniegelenkes mit mehrmalig notwendigen Behandlungen bei Ergussbildung und notwendigen Punktionen feststellen. Damit lag zum Zeitpunkt des Unfallereignisses eine eindeutige Vorerkrankung vor. Der Verlauf dieser Gelenkerkrankung hat zum Aufbrauch des Knorpels (fortgeschrittene Knorpelveränderung) und zu einer vermehrten Belastung der Menisken mit entsprechenden degenerativ bedingten Meniskusschäden geführt. Es lag also eine kontinuierliche über Jahre hinweg entstandene überwiegend innenseitige Abnutzungsreaktion des linken Kniegelenkes vor. Der Unfall vom 15.02.1997 hat auch nicht den Zustand der im Vorfeld diagnostizierten Gonarthrose verschlimmert. Die bei dem Unfall erlittene Prellung des Kniegelenkes (Distorsion) hat zwar eine vorübergehende Funktionseinschränkung des linken Kniegelenkes bewirkt, jedoch den Zustand und die Folgen des Verschleißes nicht verschlimmert, wie zuletzt Dr.D. überzeugend ausführte. Zusammenfassend sind also die Beschwerden der Klägerin durch eine unfallunabhängige, sich progredient entwickelnde mediale Gonarthrose mit immer wiederkehrenden Reizerscheinungen (Ergussbildung) und degenerativem Aufbrauch des Innenmeniskus (Meniskopathie) verursacht worden. Gerade die aktuellen klinischen Befunde zeigen eine für dieses Krankheitsbild typische Beugekontraktur sowie eine deutliche mediale Instabilität des Kniegelenks. Auch radiologisch ist eine weitere Progredienz der Arthrose zu verzeichnen.

Die am 15.02.1997 erfolgte Prellung des Kniegelenkes hat nicht zu dauernden Gesundheitsschäden geführt. In Übereinstimmung mit Dr.D. lässt sich aufgrund der ärztlichen Beschreibung einer Beugefähigkeit von 120 Grad bei freier Streckung eine MdE von 10 vH für die ersten drei Monate nach dem Unfallereignis schätzen. Für die Zeit danach gehen alle Gutachter von einer geringeren MdE als 10 vH aus. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der behandelnde Arzt Dr.B. in seinem Arztbericht vom 01.07.1997 die Meniskusverletzung der Klägerin nicht dem Unfallereignis zuordnete. Obwohl nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Keramischen und Glasindustrie vom 26.05.1981 aufgrund des Arbeitsunfalles vom 07.06.1979 eine MdE von 10 vH bei der Klägerin vorliegt, hat sie keinen Anspruch auf Gewährung einer Stützrente, da die MdE für den Arbeitsunfall vom 15.02.1997 nicht mindestens 10 vH über die 26. Woche nach dem Eintritt des Arbeitsunfalles beträgt (Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO § 56 SGB VII, Anm 7.2).

II.

Die Folgen der Arbeitsunfälle vom 18.12.1997 haben ebenfalls die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht im rentenberechtigenden Grade gemindert. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen Dr.S. , Dr.R. , Dr.S. und Dr.B. , dessen im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten in diesem Verfahren verwendet werden können (BSG SozR Nr 64 zu § 128 SGG). Dabei bestehen von Seiten des Senats an der fachlichen Unabhängigkeit der Dres S. und S. keine Zweifel. Auch hat Dr.S. sein Gutachten durchaus unter Einschluss der früheren Röntgenaufnahmen erstellt. Dies kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass er sich mit den Röntgenbefunden von Dr.B. und Dr.I. auseinandersetzte und bei der Metatarsale IV ausführlich auf die Röntgenaufnahmen vom 09.01. und 04.02.1998 einging. Bei der Klägerin liegt als unfallabhängige Gesundheitsstörung eine knöchern konsolidierte proximale Metatarsale IV-Fraktur rechts vor. Außerdem ist ein Zustand nach Prellung der rechten Schulter, des rechten Ellenbogens und der Wirbelsäule festzuhalten.

Die Veränderungen im Bereich des 4. Mittelfußknochens sind ohne Zweifel unfallbedingt. Bereits aus dem Röntgenverlauf wird deutlich, dass eine Veränderung des 4. Mittelfußknochens rechts ab dem 09.01.1998 (Röntgenbild des Krankenhauses Neustadt/Aisch vom 09.01.1998) im Sinne einer frischen, also unfallabhängigen Fraktur abgelaufen ist. Auch wenn in den Primäraufnahmen derartige Frakturen oft nur sehr schwer zu erkennen sind, handelt es sich bei Ansicht der nachfolgenden Röntgenaufnahmen um einen nachvollziehbaren Ablauf. Dies wird auch durch den klinischen Befund bestätigt. Bereits im ersten DA-Bericht vom 12.01.1998 hat Dr.B. einen Belastungsdruck sowie Bewegungsschmerzen über der lateralen Fußwurzel rechts mit deutlichen Fußrückenödemen festgestellt. Damit ist eine Veränderung - typisch für eine frische Fraktur - abgelaufen. Bei der Begutachtung durch Dr.S. war die Fraktur knöchern konsolidiert. Eine höhergradige Fehlstellung hat nicht bestanden. Damit ist keine Funktionsminderung des rechten Fußes verblieben. Die unfallbedingte Einzel-MdE hat in Übereinstimmung mit den Richtlinien der gesetzlichen Unfallversicherung (Schönberger ua, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6.Aufl, S 696) weniger als 10 vH betragen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ist, wie es die Beklagte bereits im Bescheid vom 11.03.1999 ausgeführt hat, bis 31.08.1998 anzunehmen.

Die Prellungen, die die Klägerin bei dem Unfall an der rechten Schulter, dem rechten Ellenbogen und der Wirbelsäule erlitten hat, sind nach Ablauf von höchstens sechs bis acht Wochen folgenlos abgeheilt. Eine evtl vorhandene Schmerzhaftigkeit ist auf unfallunabhängige Diagnosen (degenerative Vorschäden) zurückzuführen, insbesondere eine Fehlstatik durch eine Thorakolumbalskoliose, eine Verschmälerung des Zwischenwirbelabschnittes L 5/S 1, thorakale Spondylose sowie eine Osteochondrose der Halswirbelsäule. Diese Gesundheitsstörungen sind in jedem Fall anlagebedingt.

Unstreitig lag im Bereich des linken Knies eine anlagebedingte Kniegelenksarthrose als Vorschädigung vor, und zwar eine fortgeschrittene mediale Gonarthrose mit völliger Obliteration des medialen Gelenkspaltes bei Varusfehlstellung. Schließlich hatte die Klägerin früher mehrmalige Verletzungen am linken Kniegelenk. Bereits in der ersten ärztlichen Befundaufnahme nach dem Sturz vom 08.12.1997 (12.01.1998) ist der Vorschaden am linken Kniegelenk aufgeführt worden. In der Röntgenaufnahme vom 12.11.1997 (also vor dem Unfallereignis) ist die ausgeprägte mediale Gonarthrose zu erkennen. Später, insbesondere in der Fremdaufnahme des Dr.S. vom 28.05.1998, lässt sich ein nahezu identischer Kniegelenksröntgenbefund erheben. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass bereits vor dem Unfallereignis eine fortgeschrittene mediale Gonarthrose vorlag, die sich entsprechend des natürlichen Verlaufes einer Kniegelenksarthrose weiter verschlechtert hat. Der Verschlimmerungsfaktor von 10 vH, den Dr.B. in seinem Gutachten zugrunde legt, stellt sich aber höchst spekulativ dar. Dies gilt auch unter dem klinischen Hinweis, dass bei der Erstbefundaufnahme nach dem Unfall keine wesentlichen Verletzungszeichen des linken Kniegelenkes, die auf eine frische wesentliche Verletzung schließen ließen, vorlagen. Zusätzlich wird durch die Kniegelenksarthroskopie des Dr.B. (Entlassungsbrief vom 05.06.1997) -ein halbes Jahr vor dem angeschuldigten Unfallereignis - bereits eine Innenmeniskusläsion sowie ein Knorpelschaden 4.Grades objektiviert. Dieser Befund beinhaltet eine fortgeschrittene Arthrose des medialen Kniegelenkskompartiments, die allein aufgrund ihres natürlichen Verlaufes zur weiteren Verschlechterung neigte - egal ob mit oder ohne zusätzlich aufgetretenes Knietrauma.

Bei der Klägerin liegt auch eine Schultereckgelenksarthrose vor. Sie dokumentiert sich im Sinne eines Druckschmerzes über dem AC-Gelenk, positiven Widerstandsabduktionstest und den radiologischen Veränderungen im Sinne einer subacromialen Spornbildung im AC-Gelenksbereich bei Gelenkspaltverschmälerung. Ein OS-Acromiale im Sinne einer als Frakturlinie zu wertenden Bruchstelle des Acromions durch Sturz kann aber nicht festgestellt werden. Aber selbst bei Vorliegen einer Fraktur im Schulterdach läge keine Funktionseinschränkung aufgrund einer eventuell unfallbedingten Fraktur vor. Vielmehr sind die Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenkes auf ein Impingement-Syndrom bei Schultereckgelenksarthrose zurückzuführen. Dies ist als unfallunabhängig zu werten. Daraus ist zu schließen, dass es durch den Unfall höchstens zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen ist, die in der Regel nach Ablauf von sechs bis acht Wochen folgenlos ausheilt.

Auf den Röntgenaufnahmen des Dr.B. vom 14.08.2002 ist im Bereich der rechten Schulter eine sichere Linie im Sinne einer Spaltbildung in der axialen Schulteraufnahme sichtbar. Auf Grund der Röntgenprojektion war diese Spaltbildung in den früheren Aufnahmen nicht zu sehen. Bei Befundung sämtlicher zur Verfügung stehender Röntgenaufnahmen im Bereich beider Schultergelenke lässt sich lediglich in der Aufnahme von Dr.S. vom 25.11.1999 eine Linie im Bereich des Acromions feststellen. Da auf den Röntgenaufnahmen des Dr.B. die sichtbare Linie an typischer Stelle lokalisiert ist, wie sie bei einem Os acromiale beschreiben wird, wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Muskelzug des musculus deltoideus eine Verschiebung des Knochens nach unten bei einer Fraktur eingetreten. Dies lässt sich aber nicht feststellen. Vielmehr lässt sich aufgrund der vorliegenden Röntgenaufnahmen, insbesondere der a.p.-Aufnahmen, sicher ausschließen, dass ein Anteil des Acromions nach unten durch den Muskelzug gezogen wurde und damit ein knöchernes Impingement verursacht hat. Insofern ist allein schon aufgrund der fehlenden Dislokation des Acromionfragments eine unfallbedingte Acromionfraktur als äußerst unwahrscheinlich einzustufen. Hierfür spricht auch, dass auf der Gegenseite in der Aufnahme des Dr.B. vom 14.08.2002 an exakt gleicher Stelle eine Verbreiterung des Acromions gefunden werden konnte mit leichter Aufhellung der Knochenstruktur im Sinne einer abgrenzbaren Linie. Dies spricht ebenfalls für das Vorhandensein eines anlagebedingten Os acromiale. Jedenfalls sind die von Dr.B. angeführten Befunde nicht geeignet, den Vollbeweis für eine stattgehabte Fraktur des Acromiums zu liefern.

Weiterer Gutachten bedarf es nicht. Der Sachverhalt ist durch die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten ausreichend und überzeugend aufgeklärt. Es liegen auch keine besonderen Umstände vor, um einen weiteren Arzt nach § 109 SGG gutachtlich hören zu müssen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Versichertenrenten (Stützrenten). Die Urteile des SG Nürnberg sind nicht zu beanstanden. Die Berufungen müssen erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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