Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 3 U 165/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 189/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Otolithen-Funktionsstörung und eine daraus resultierende Seitenabweichung und Sturzneigung beim Laufen als Folge eines Arbeitsunfalles anzuerkennen und ihm deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren seien.
Der 1947 geborene Kläger, bei dem seit vielen Jahren ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus bekannt ist, erlitt am 22. März 2002 einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als er während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer während einer Fernfahrt in Spanien einen Unfall dadurch erlitt, dass beim Schließen der Plane des Lkw die Leiter, auf der er stand, brach, er von dieser absprang, ins Straucheln geriet und mit der Stirn gegen die Bordwand schlug. Der Kläger trat anschließend die mehrtägige Rückfahrt mit dem Lkw an. Nach seinen Angaben habe er für die Rückfahrt deutlich mehr Zeit als üblich benötigt, habe einen Tag in Frankreich ausgesetzt, bevor er weiter nach E bei B gefahren sei, und überhaupt öfter die Stirn gekühlt. Nach dem Abstellen seines Lkw am Firmensitz sei erstmals beim Geradeausgehen ein "plötzlicher Schlag" aufgetreten, weshalb er nach links habe ausweichen müssen. Der Kläger stellte sich am 27. März 2002 wegen Kopfschmerzen und Schwindelgefühl beim Durchgangsarzt (DA) Dr. S vor, der ohne Feststellung einer Prellmarke oder eines Hämatoms eine Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik diagnostizierte, außerdem bei der Augenärztin Dr. D, die einen Z. n. Commotio cerebri diagnostizierte. Laut Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 25. April 2002 erfuhr dieser von dem Unfall erst am 30. März 2002, als der Kläger den Krankenschein brachte. Die Art der Verletzung war in der Unfallanzeige nicht angegeben. Wegen Einstellung des Fernverkehrs wurde dem Kläger per 10. April 2002 gekündigt. Des Weiteren teilte der Arbeitgeber der Beklagten mit, der Kläger wolle "es auf den Unfall schieben", habe aber über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle auch vor dem Unfall ständig geklagt (Schreiben vom 26. September 2002). Wegen fortbestehender Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen wurde am 03. April 2002 ein cerebrales CT gefertigt, das einen unauffälligen Befund ohne knöcherne Verletzungen erbrachte. Die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) vom 06. Mai 2002 waren bis auf eine Steilstellung bei C1/2 ebenfalls unauffällig und auch die am 26. Juni 2002 durchgeführte EEG-Untersuchung sowie die Duplex-Sonographie der hirnversorgenden Arterien vom 03. Juli 2002 und die MRT-Untersuchung der HWS vom 05. Februar 2003 erbrachten keinen pathologischen Befund. Im Zwischenbericht vom 18. Februar 2003 teilte DA Dr. S mit, dass der Kläger sich über die negativen Untersuchungsergebnisse der bisherigen Untersuchungen unzufrieden und verärgert geäußert habe.
Arbeitsunfähigkeit (AU) wurde dem Kläger wegen der geklagten Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen vom 27. März bis zum 24. August 2002 bescheinigt.
Im August 2002 erlitt der Kläger einen akuten Myokardinfarkt. Anschließend wurde ein bösartiger Nierentumor operativ entfernt.
Seit dem 01. März 2003 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Oberbayern.
Der praktische Arzt und Facharzt für Sportmedizin MR Dr. S, der den Kläger am 24. Februar 2003 untersucht hatte, gab an, dass Befunde und bisheriger Verlauf neurologisch sowie neurobiologisch für eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sprechen würden, außerdem diagnostizierte er anhaltende Craniocephalgien, offensichtlich posttraumatisch und einen pathologisch gesteigerten Tonus der tiefen Nackenmuskulatur.
Die Beklagte, die dem Kläger mitgeteilt hatte, dass der Unfall vom 22. März 2002 als Arbeitsunfall anerkannt werde (Schreiben vom 09. April 2003), veranlasste eine Zusammenhangsbegutachtung des Klägers auf unfallchirurgischem und neurologischem Fachgebiet im UB (U) sowie auf HNO-ärztlichem Fachgebiet.
Prof. Dr. E gelangte in seinem Gutachten vom 11. August 2003 zu der Beurteilung, dass sich der Kläger am 22. März 2002 eine mittlerweile folgenlos ausgeheilte Schädelprellung zugezogen habe. In einem radiologischen Zusatzgutachten vom 20. Oktober 2003 gelangte Dr. M zu der Auffassung, dass radiologisch ein Nachweis für eine traumatisch bedingte Hirnschädigung nicht zu führen sei, jedoch auf der Basis einer Vorschädigung durch den Diabetes mellitus und die arterielle Hypertonie eine kleine ältere Blutung in den Stammganglien ausgelöst worden sein könne, die aufgrund der relativ geringen Schädelprellung aber wohl nicht traumatisch entstanden sei.
Prof. Dr. H sah in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 01. Dezember 2003 den manifestierten ideopathischen Kopfschmerz des Klägers als unfallbedingt an, vertrat jedoch die Auffassung, dass dieser Kopfschmerz keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bedinge.
Die HNO-Ärztin DM C gelangte in ihrem Gutachten vom 01. Oktober 2003 zu der Auffassung, dass beim Kläger eine behandlungsbedürftige Otolithen-Funktionsstörung links bei Z. n. Schädelkontusion vorliege, die auf den Unfall vom 22. März 2002 zurückzuführen sei und eine MdE i. H. v. 20 v. H. bedinge.
Mit Zwischenbericht vom 11. November 2003 teilte das U, Klinik für HNO-Heilkunde (Prof. Dr. E) mit, dass sich rechtsseitig eine Otolithen-Funktionsstörung gezeigt habe.
Prof. Dr. E schätzte in seiner Stellungnahme vom 09. Januar 2004 die unfallbedingte Gesamt-MdE des Klägers mit 20 v. H. ein. Die unfallbedingte AU ohne Berücksichtigung des HNO-ärztlichen Gutachtens habe bis zum 24. August 2002 bestanden (Stellungnahme vom 23. Juni 2004).
Am 19. April 2004 erhob der Kläger bei dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) Untätigkeitsklage, die er am 22. November 2004 zurücknahm.
Frau DM C teilte in einer Stellungnahme vom 13. September 2004 mit, dass aufgrund der Herzerkrankung des Klägers eine nochmalige Durchführung der Otolithen-Funktionsprüfung nicht habe erfolgen können. Infolge des Zeitablaufs zum Unfallereignis müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass der Otolithen-Schwindel kompensiert sei. Aktuell bestehe auf HNO-ärztlichem Gebiet keine MdE.
Die Beklagte veranlasste des Weiteren eine Untersuchung des Klägers durch ihren beratenden HNO-Arzt Prof. Dr. W da dieser über speziellere und weniger belastende Untersuchungsmethoden zur Abklärung der geklagten Schwindelerscheinungen verfüge. Da diese aufgrund einer Weigerung des Klägers jedoch nicht statt fand, gab Prof. Dr. W am 07. Oktober 2004 eine beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage ab, derzufolge eine unfallbedingte Otolithen-Funktionsstörung nicht anzunehmen sei, da eine solche in der Regel innerhalb von 6 Wochen nach dem Unfall abklinge. Dem Begutachtungsergebnis von DM C sei nicht zu folgen.
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2004 lehnte die Beklagte die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalles vom 22. März 2002 über den 02. Mai 2002 hinaus ab, da nach diesem Zeitpunkt keine unfallbedingte AU/ Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hätten. Nach Auswertung der medizinischen Erkenntnisse insbesondere unter Berücksichtigung der Äußerung von Dr. S vom 18. Februar 2003 und der beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage von Prof. Dr. W vom 07. Oktober 2004 sei davon auszugehen, dass der Kläger bei dem Unfall lediglich eine folgenlos verheilte Schädelprellung erlitten habe.
Den hiergegen eingelegten und nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01. Dezember 2004 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Unfallrente sowie auf Heilbehandlung - insbesondere Weitergewährung der Heilbehandlung nach Vojta – weiter verfolgt, da er sich in seinem Begehren durch das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 sowie das Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. E vom 09. Januar 2004, die beide die MdE auf Dauer auf 20 v. H. eingeschätzt hätten, bestätigt sehe. Eine Ursächlichkeit des Unfallereignisses für die Beschwerden – nicht gewürdigt worden seien seine Wirbelsäulenbeschwerden - bestätige auch der behandelnde Arzt MR Dr. S.
Das SG hat Befundberichte (BB) der Fachärztin für Innere Medizin Dr. G vom 05. Juli 2005, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W vom 20. Juli 2005, den Entlassungsbericht des H-Klinikums Bad S vom 08. Dezember 2005, die Krankenunterlagen zum stationären Aufenthalt des Klägers ab dem 24. Oktober 2003 in der HNO-Abteilung des U, BB der Fachärzte für Orthopädie Dr. B vom 12. Juli 2006 sowie Krankenunterlagen des Krankenhauses R vom 02. Februar 2007 eingeholt.
Des Weiteren hat das SG den HNO-Facharzt Prof. Dr. S und den Chirurgen Dr. S mit der Erstellung von Sachverständigengutachten beauftragt.
In seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 14. November 2007 (Untersuchung des Klägers am 17. Juli 2007) gelangte Prof. Dr. S zu dem Ergebnis, dass eine Otolithen-Funktionsstörung nicht sicher festzustellen sei, da eine seitengetrennte Prüfung der Otolithen-Organe und ein vollständiger Funktionstest aus kardiologischen Gründen nicht habe durchgeführt werden können. Die vom Kläger geklagten Gleichgewichtsstörungen könnten entgegen dem Vorgutachten von DM C nicht als zentral kompensierte Otolithenorgan-Funktionsstörung festgestellt werden. Dagegen spreche, dass die angegebenen Beschwerden in Form von Anfällen von kurzem Schwindel mit Abweichen beim Gehen, die erst innerhalb von Tagen bis Monaten danach aufträten, untypisch für eine Otolithen-Störung seien; durch sie bedingte Beschwerden würden vielmehr unmittelbar auftreten. Zeitnah zum Unfall habe es keine dokumentierte Untersuchung der Otolithen-Organe gegeben. Eine Otolithenorgan-Funktionsstörung sei erstmals eineinhalb Jahre nach dem Unfallereignis bescheinigt worden, so dass ein Zusammenhang mit dem Unfall nicht festgestellt werden könne.
Der Chirurg Dr. S gelangte in seinem Gutachten vom 26. Juni 2008 zur Feststellung, dass als Folge des Unfalles lediglich eine leichte Schädelprellung mit flüchtiger Prellmarke am Schädel festzustellen sei. Insoweit könne auch ein adäquates Trauma für eine posttraumatische Otolithenorgan-Funktionsstörung ausgeschlossen werden, zumal auch keine entsprechenden pathologischen Befunde erhoben worden seien. Aufgrund des Schädelanpralltraumas mit nachfolgender vegetativer Reizsymptomatik hätten AU/Behandlungsbedürftigkeit von max. 6 Wochen bestanden. Die MdE auf chirurgischem Fachgebiet betrage 0 v. H., die unfallbedingte Gesamt-MdE ebenfalls 0 v. H ...
Der Kläger hat gegen die Gutachten eingewendet, dass er nicht dafür könne, wenn Gleichgewichtsstörungen nicht zeitnah festgestellt würden. Im Bericht des Krankenhauses R vom 15. August 2002 habe Doktor S festgestellt, dass es zusätzlich und unabhängig zu den Kopfschmerzattacken beim Gehen häufiger zu einem plötzlichen Seitabweichen, meist nach links, käme.
Mit BB vom 07. September 2008 übermittelte Dr. S zahlreiche, bereits bekannte ältere Berichte über Röntgen- und MRT-Untersuchungen und weitere Befunde, aus denen sich ergibt, dass er den Kläger erst am 24. Februar 2003 behandelt habe und unter Übernahme von dessen Angaben in der Folge davon ausgegangen sei, dass der Kläger mit seinem Kopf heftig gegen die Ladebordwand des Lkw angestoßen sei.
Mit Stellungnahme vom 10. April 2009 stellte der Sachverständige Prof. Dr. S klar, dass bei den Untersuchungen das linke Otolithen-Organ befundet worden sei, so dass die vom U ausgewiesene und als falsch gerügte rechtsseitige Störung ein Schreibfehler sein müsse. Zudem sei der Kläger erst annähernd ein Jahr nach dem Unfall bei Dr. S wegen heftiger Kopfschmerzen vorstellig geworden. Das erst zwei Jahre später von ihm diagnostizierte cervikale Syndrom könne ebenso wenig als unfallbedingt angesehen werden. Ein wissenschaftlich begründeter Zusammenhang der Beschwerden mit dem Unfallgeschehen sei nicht sicher festzustellen, weil zeitnah keine Gleichgewichtsuntersuchung erfolgt sei, die Beschwerden und deren zeitlicher Verlauf untypisch seien, aufgrund der großen Streubreite Zweifel an der Validität der angegebenen Messwerte bestünden und die Befunde nicht nach einem Jahr neu erhoben worden seien.
Nachdem der Kläger aufgrund eines Schwindelanfalls auf seiner Treppe gestürzt war und sich eine Verletzung zugezogen hatte, hat das SG einen BB der behandelnden Fachärztin für Innere Medizin Dr. G vom 18. Mai 2010 nebst Entlassungsbericht der H-H-Klinik Neu F vom 20. Februar 2006 über eine stationäre Rehabilitation in der Zeit vom 26. Januar bis zum 16. Februar 2006 eingeholt. Hiernach könne die Symptomatik eines Dralls nach links zwar mit einer 2003 beschriebenen posttraumatischen Otolithenorgan-Funktionsstörung in Zusammenhang stehen, es seien aber auch andere Auslöser wie dissoziative Komponenten zusammen mit weiteren Symptomen vor dem Hintergrund einer möglichen posttraumatischen Belastungsstörung und Kränkungserleben möglich, zumal klinisch-neurologisch keine eindeutigen Ausfälle bzw. Seitenhinweise während des stationären Aufenthalts hätten festgestellt werden können.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Frankfurt (Oder) vom 02. September 2010 erklärte der Kläger, dass die Feststellung der Otolithenorgan-Funktionsstörung erst deshalb so spät durch Dr. S erfolgt sei, weil DA Dr. S die plötzliche Seitabweichung nicht ernst genommen habe und wegen des späteren Herzinfarktes, der anschließenden Reha sowie der operativen Entfernung des Nierentumors andere Heilerfolge im Vordergrund gestanden hätten. Auf das plötzliche Seitabweichen beim Gehen habe aber schon Dr. B vom Krankenhaus R im Schreiben vom 15. August 2002 hingewiesen.
Nachdem der Kläger nach Vertagung ergänzend die Umstände seiner Rückfahrt vom Unfallort in Spanien nach Berlin erläutert hatte (Schriftsatz 30. September 2010), hat der im Erörterungstermin vom 17. Februar 2011 vom SG als Zeugen vernommene Dr. S angegeben, der Kläger habe ihm den Unfallhergang glaubwürdig geschildert; er sei daher davon ausgegangen, dass sich der Kläger den Kopf heftig angestoßen habe, was mehr als eine Prellung habe vermuten lassen.
Der Sachverständige Prof. Dr. S hat ergänzend mitgeteilt (Stellungnahme vom 15. Oktober 2011), dass es bei einer posttraumatischen Otolithen-Funktionsstörung nicht nur auf die Schwere des Aufpralls, sondern auch auf die Richtung ankäme. Wenn der Kläger das Trauma in der Mitte der Stirn, wie angegeben, erlitten habe, hätte der Schaden beidseits bestehen müssen und bei einem rechtsseitigen Trauma sei der Schaden links nicht zu erwarten. Aber nicht nur die fehlende örtliche Zuordnung, sondern auch der geschilderte Unfallhergang und der weitere Geschehensablauf hätten Zweifel an einem traumatischen Otolithenorgan-Schaden entstehen lassen, denn ein derartiger Schaden hätte sich beim Fahren, etwa beim Beschleunigen oder Abbremsen und auch beim Aussteigen aus dem Fahrerhaus bemerkbar machen müssen. Es komme auch niemals zu anfallsartigen Störungen der Statik wie sie der Kläger angebe. Da der Kläger 2002 einen Herzinfarkt erlitten habe, ein starker Raucher gewesen und ein insulinpflichtiger Diabetiker sei, ferner an Bluthochdruck leide und übergewichtig sei, bestünden zahlreiche Risikofaktoren, die die Kopfschmerzattacken, die attackenförmige Seitabweichung und Fallneigung auch begründen könnten.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2012 hat das SG Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf die Gutachten von Prof. Dr. S und Dr. S abgewiesen, da ein Otolithenorgan-Schaden nicht sicher als Folge des Arbeitsunfalls vom 22. März 2002 festzustellen sei. Ausgehend von der Darstellung des Unfallherganges und der weiteren Geschehensabläufe nach dem Unfall nach Anamneseerhebung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S stehe lediglich fest, dass der Kläger am 22. März 2002 in Spanien den beladenen Lkw auf einer Leiter stehend habe schließen wollen, wobei ein Fuß der Leiter gebrochen sei und der Kläger, um nicht zu stürzen, aus ca. 3 m Höhe von der Leiter abgesprungen, auf dem Boden ins Straucheln gekommen und mit der Stirn gegen die Bordwand gestoßen sei. Eine Bewusstlosigkeit habe nicht bestanden, der Kläger habe sich für 2-3 Minuten festgehalten, da ihm "schwarz vor Augen" geworden sei. Die Schwellung an der Stirn habe er mit einem nassen Handtuch gekühlt. Soweit es durch den so festgestellten Arbeitsunfall zu einer leichten Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik gekommen sei, sei diese folgenlos spätestens nach sechs Wochen ausgeheilt. Ein Schädel-Hirn-Trauma habe ausgeschlossen werden können. Das Gericht folge der Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. S, der den Kläger eingehend untersucht und den Akteninhalt ausgewertet habe, sowie Dr. S, wonach der Otolithen-Schaden nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden könne. Hiergegen sprächen zunächst die Befunde der Erstuntersuchung beim DA, der keine Prellmarke und kein Hämatom, sondern nur einen subjektiv empfundenen, nicht objektivierbaren Druckschmerz im Stirnbereich festgestellt habe. Es sei unwahrscheinlich, dass eine Prellmarke nach einem heftigen Anprall innerhalb von fünf Tagen verschwinde. Auch nach einer Kühlung "glühe" eine Prellmarke, da direkt unter der Stirnhaut der Schädelknochen liege und es nur eine dünne Muskelschicht dazwischen gebe, die ein Trauma nicht abfedern könne. Die Quetschung der Haut hinterlasse immer deutliche, lang anhaltende Spuren in Form von Rötungen, Verfärbung der gequetschten Haut oder zumindest Kratzer. Zwar könne auch ein kleines Trauma ausreichend sein, einen Schaden auszulösen, aber dann sei der Schaden auf der Seite des Traumas stärker als auf der Gegenseite. Da der Kläger einerseits angebe, in der Mitte der Stirn angeschlagen zu sein, hätte der Schaden beidseits bestehen müssen. Andererseits habe der Kläger gegenüber der Beklagten angegeben, mit der rechten Kopfseite angeschlagen zu sein, dann aber sei ein Otolithen-Schaden links nicht zu erwarten. Es komme auch niemals zu anfallsartigen Störungen der Statik in der Form, wie sie vom Kläger angegeben würden. Ein traumatischer einseitiger Otolithen-Defekt sei ein einmaliges Ereignis. Wenn ein solcher Defekt Auswirkungen auf die Statik haben solle, dann immer nur als konstant vorhandene Unsicherheit mit konstanter Abweichungstendenz oder konstant vorhandener Fallneigung zur Seite des Schadens. Zweifelhaft erscheine auch, dass der Kläger einen Otolithen-Schaden erst nach dem Abstellen des Lkw bemerkt haben wolle. Ein derartiger Schaden wäre bereits in Spanien evident gewesen, die Entwicklung eines Schadens mit Latenz sei bei einem Beschleunigungsmessgerät wie den Otolithen-Organen nicht möglich. Da der Kläger die lange Fahrt von Spanien nach Deutschland bewältigt habe, spreche auch dies eindeutig gegen einen derartigen Schaden als Folge des Unfalles. Das Fahren eines Lkw sei eine starke Belastung für das Otolithen-System, was mit einem akuten Schaden nicht möglich sei. Auch beim Verlassen des Fahrzeugs hätte der Kläger einen derartigen Schaden bemerken müssen. Da dem Kläger der Nachweis des unfallbedingten Erstschadens obliege, andererseits ein Otolithen-Schaden erstmals etwa eineinhalb Jahre nach dem Unfallgeschehen dokumentiert worden sei, sei die Ursächlichkeit zwischen dem Unfallereignis und dem geltend gemachten Schaden nicht hinreichend wahrscheinlich.
Soweit der Bericht des Dr. B vom Krankenhaus R vom 15. August 2002 eine plötzliche Seitabweichung beschreibe, habe er überhaupt keinen Otolithen- Schaden diagnostiziert und habe auch bezweifelt, dass ein Zusammenhang mit dem Unfall belegt wäre. Prof. Dr. S beschreibe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Oktober 2011 eine Vielzahl von anderen möglichen Ursachen auch in Bezug auf die Kopfschmerzattacken (Herzinfarkt, Diabetes, Bluthochdruck, Nikotinkonsum, Übergewicht). Etwas anderes gelte auch nicht unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Dr. S. Soweit dieser ca. ein Jahr nach dem Unfall die vorhandenen Beschwerden im Zusammenhang sehe, werde hierzu eine medizinische Begründung nicht abgegeben. Auch im Rahmen seiner Zeugenvernehmung habe er lediglich Vermutungen geäußert, die keine tragfähige unfallmedizinische Begründung ersetzen könnten.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hält der Kläger an seinem Begehren fest, die Otolithen-Funktionsstörung als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das erstinstanzliche Gericht habe die ärztlichen Feststellungen des DA Dr. S und der Augenärztin Dr. D in zeitlicher Nähe des Unfallereignisses sowie das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 nicht berücksichtigt, obgleich DM C die Otolithen-Funktionsstörung als kausal durch das Unfallereignis hervorgerufen bewertet habe.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 aufzuheben und in Abänderung des Bescheids vom 18. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01. Dezember 2004 festzustellen, dass die Otolithen-Funktionsstörung sowie die daraus resultierende Seitenabweichung und Sturzneigung beim Laufen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. März 2002 anzuerkennen seien, und dem Kläger Leistungen im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte schriftsätzlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die vom Kläger vorgetragene schwere Schädelprellung sich beim DA Dr. S nicht in sichtbaren bzw. tastbaren Verletzungszeichen gezeigt habe. Auch der augenärztliche und der CT-Befund, der HNO-Befund, die Sonographie, das EEG und das MRT der HWS seien unauffällig gewesen, was eindeutig gegen eine schwere Schädelprellung spreche. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls (leichte Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik) habe AU/Behandlungsbedürftigkeit bis längstens zum 02. Mai 2002 vorgelegen. Sie stütze sich auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Gerichtssachverständigen Prof. Dr. S vom 14. November 2007 und dessen ergänzende Stellungnahmen vom 10. April 2009 und 15. Oktober 2011, sowie des Dr. S vom 26. Juni 2008. Die vom Kläger erwähnten Vorgutachten seien hierin berücksichtigt und gewürdigt worden.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 13. März, 28. März und 14. Mai 2013 einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats im Wege schriftlicher Entscheidung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltliche Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin kann, weil die vorliegende Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und im Berufungsverfahren kein neuer Sachverhalt vorgetragen wurde, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens, auch um so einen Abschluss des jahrelang andauernden Rechtsstreits zu bewirken, anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).
Die form- und fristgemäße Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Klageantrag auf "Gewährung von Leistungen im gesetzlichen Umfang" - neben dem Antrag auf Feststellung einer unfallbedingten Otolithen-Funktionsstörung - überhaupt ein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens sein kann, denn die Beklagte hat in ihren angefochtenen Bescheiden eine Entscheidung über konkrete Entschädigungsleistungen nicht getroffen, sondern lediglich die Erbringung von Entschädigungsleistungen aufgrund des Unfalls vom 22. März 2002 über den 02. Mai 2002 hinaus abgelehnt. Mit dieser Formel in Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 09. April 2003, dass der Unfall vom 22. März 2002 als Arbeitsunfall anerkannt werde, sowie den Ausführungen im Bescheid vom 18. Oktober 2004, dass aufgrund der Schädelprellung unfallbedingte AU/Behandlungsbedürftigkeit bis zum 02. Mai 2002 anerkannt werde, brachte sie zum Ausdruck, dass außer der Schädelprellung keine weiteren Gesundheitsschäden vorlägen und dass Entschädigungsleistungen, die an eine unfallbedingte AU/ Behandlungsbedürftigkeit anknüpfen, nicht über den 02. Mai 2002 hinaus zu gewähren seien. Bei streng wörtlichem Verständnis wäre die auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gerichtete Klage unzulässig gewesen und die Berufung bereits aus diesem Grund insoweit zurückzuweisen, weil nicht zuvor in einem Verwaltungsverfahren über konkrete Entschädigungsleistungen (z.B. §§ 27 ff. SGB VII (Heilbehandlung) und §§ 45 ff. SGB VII (Verletztengeld)) befunden worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, in juris Rn. 10 f.).
Dies kann indes dahinstehen, denn in den §§ 27 ff. und 45 ff. SGB VII (Heilbehandlung und Verletztengeld) sind nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Leistungsrechte ausgestaltet, wogegen die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 - 13 i. V. m. §§ 2 - 6 SGB VII) vorab und einheitlich ausgestaltet sind. Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt also eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten auch für Ansprüche auf Heilbehandlung/Verletztengeld zu (BSG, Urteil vom 05. Juli 2011, B 2 U 17/10 R, in juris, Rn. 12, 17, 19 ff.).
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 02. April 2009, B 2 u 29/07 R, in juris). Ein Gesundheitsschaden i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, B 2 U 16/11 R, in juris, Rnr. 19). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, B 2 u 1/05 R, in juris).
Hiervon ausgehend handelt es sich bei dem Ereignis vom 22. März 2002 um einen Arbeitsunfall des Klägers i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII, den die Beklagte mit Schreiben vom 9. April 2003 auch anerkannt hat.
Nach Auswertung aller fachärztlicher Stellungnahmen und Unterlagen ist es allerdings mangels belastbarer, objektiver Befunde nicht mindestens hinreichend wahrscheinlich zu machen, dass das Unfallereignis vom 20. April 2004 ursächlich im Sinne einer wesentlichen Verursachung zu den geltend gemachten Gesundheitsschäden, nämlich zu einer Otolithen-Funktionsstörung und daraus resultierender Seitenabweichung und Sturzneigung geführt hat, denn es sprechen mehr Gründe gegen eine solche Kausalität als dafür (vgl. zur Kausalität BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, a. a. O.).
Das Gericht verweist diesbezüglich in vollem Umfang auf die Begründung in dem angefochtenen Urteil des SG Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 (kein starkes Anschlagen mit der Stirn auf der betroffenen linken Seite feststellbar, kein Schädel-Hirn-Trauma, keine Prellmarke, kein Hämatom, keine sofortigen für Otolithen-Defekt typischen Beschwerden, insbesondere beim Beschleunigen/Abbremsen und Verlassen des Lkw, erstmalige Dokumentation eines Otolithen-Schadens eineinhalb Jahre nach dem Unfall). Der Urteilsbegründung ist in ihrer Ausführlichkeit, Vollständigkeit und inhaltlichen Richtigkeit nichts hinzuzufügen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren hat der Kläger lediglich gerügt, dass das SG die ärztlichen Feststellungen des DA Dr. S und der Augenärztin Dr. D in zeitlicher Nähe des Unfallereignisses sowie das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 nicht berücksichtigt habe, obgleich DM C die Otolithen-Funktionsstörung als kausal durch das Unfallereignis hervorgerufen bewertet habe. Hierzu ist zunächst zu sagen, dass sich aus dem Bericht der Augenärztin Dr. D vom 27. März 2002, bei der der Kläger sich auf Überweisung durch den DA Dr. S einmalig vorgestellt hatte, keine für den Kläger günstigen Folgerungen ableiten lassen. Die Vorstellung erfolgte - bei nicht gesicherter Diagnose eines Z. n. Gehirnerschütterung - zum Ausschluss von unfallbedingten Beeinträchtigungen der Augen und zur Überprüfung von Gesichtsfeld, Augendruck und Augenhintergrund, da bei dem Kläger ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus bekannt war, und ergab keinen augenärztlichen pathologischen Befund. Soweit in dem Augenarztbericht Gesundheitsstörungen in Form von Cephalgien, Schwindel aufgeführt sind, handelt es sich um vom Kläger übernommene Angaben außerhalb des eigentlichen augenärztlichen Fachgebietes, die - schon in Anbetracht der weiteren, nicht unfallbedingten Erkrankungen des Klägers - ohne jeden Anspruch auf schlüssige Kausalitätsbegründung gemacht werden. Auch der frühere Arbeitgeber des Klägers hat darauf hingewiesen, dass der Kläger bereits vor dem Unfall über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle geklagt habe (Schreiben vom 26. September 2002). Ebensowenig gibt der DA-Bericht von Dr. S vom 27. März 2002 Anhaltspunkte für die vom Kläger geltend gemachte Otolithen-Funktionsstörung. Diagnostiziert worden ist eine Schädelprellung, die die Beklagte als Gesundheitsschaden auch anerkannt hat. Hervorzuheben ist noch einmal, dass der Zusatz "vegetative Reizsymptomatik" einzig auf Klagen des Klägers über Kopfschmerzen und Schwindelgefühl beruhte, dass der DA keine Schädel-Hirn-Trauma-Symptomatik, keine Prellmarke/Hämatome im Stirnbereich und keinen Kalottenkopfschmerz festzustellen vermochte.
Soweit sich der Kläger schließlich auf das HNO-Gutachten der DM C vom 01. Oktober 2003 beruft, ist zunächst festzustellen, dass dieses eineinhalb Jahre nach dem Unfall erstellt worden ist, was die Feststellung eines Ursachenzusammenhanges schon von vornherein zweifelhaft macht. Zudem legt die Gutachterin eine Unfallschilderung des Klägers über eine sekundenlang anhaltende Bewusstlosigkeit, also ein schweres Trauma, zu Grunde, für die sich - wie DM C auch zutreffend bemerkt - nähere Angaben nicht in den Akten befinden. Die audiometrischen Untersuchungen ergaben keinen pathologischen Befund, sondern eine Normalhörigkeit mit geringer Hochtonsenke, ferner ein uneingeschränktes Sprachhörvermögen. Soweit eine Otolithen-Funktionsstörung diagnostiziert worden ist, handelt es sich um einen übernommenen Befund aus der ausgelagerten Otolithenorgan-Funktionsprüfung im Universitätsklinikum B F am 14. Oktober 2003, wo zwar eine größtenteils kompensierte Funktionsstörung im Bereich der Otolithenorgane festgestellt, aber keine Ausführungen über die Kausalität gemacht wurden. Soweit DM C die Otolithen-Funktionsstörung auf den Unfall rückbezieht, fehlt eine überzeugende Begründung. Sie geht von einer erlittenen Schädelkontusion mit nachfolgender kurzer Bewusstlosigkeit, also einer höheren Krafteinwirkung, aus, die eben nicht festgestellt worden ist. Soweit sie weiterhin ausgeführt, der Kläger sei mit einem PKW, bei dessen Führen erfahrungsgemäß nur wenige Kopfbewegungen erforderlich seien, nach Deutschland zurückgekehrt, widerspricht dies dem tatsächlichen Sachverhalt und auch ihren eingangs getroffenen Feststellungen. Zutreffend weist sie zwar darauf hin, dass ein Schwindel bei einer Otolithen-Funktionsstörung nur bei Beschleunigung des Kopfes ausgelöst werde, lässt aber außer acht, dass derartige Vorgänge beim Führen eines Lkw über derart große Strecken, wie sie der Kläger zurück gelegt hat, durchaus häufig vorkommen. Schließlich ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger geschilderten Beschwerden in Form von Anfällen von kurzem Schwindel mit Abweichen beim Gehen untypisch für eine Otolithen-Funktionsstörung sind, worauf der HNO-ärztliche Gutachter Prof. Dr. S zu Recht hingewiesen hat. Mit diesem Umstand sowie mit den zahlreichen konkurrierenden Risikofaktoren hat sich DM C jedoch nicht auseinandergesetzt.
Nach alledem erweist sich der angefochtene Bescheid vom 18. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01. Dezember 2004 als rechtsmäßig, so dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht zuzulassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Otolithen-Funktionsstörung und eine daraus resultierende Seitenabweichung und Sturzneigung beim Laufen als Folge eines Arbeitsunfalles anzuerkennen und ihm deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren seien.
Der 1947 geborene Kläger, bei dem seit vielen Jahren ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus bekannt ist, erlitt am 22. März 2002 einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als er während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer während einer Fernfahrt in Spanien einen Unfall dadurch erlitt, dass beim Schließen der Plane des Lkw die Leiter, auf der er stand, brach, er von dieser absprang, ins Straucheln geriet und mit der Stirn gegen die Bordwand schlug. Der Kläger trat anschließend die mehrtägige Rückfahrt mit dem Lkw an. Nach seinen Angaben habe er für die Rückfahrt deutlich mehr Zeit als üblich benötigt, habe einen Tag in Frankreich ausgesetzt, bevor er weiter nach E bei B gefahren sei, und überhaupt öfter die Stirn gekühlt. Nach dem Abstellen seines Lkw am Firmensitz sei erstmals beim Geradeausgehen ein "plötzlicher Schlag" aufgetreten, weshalb er nach links habe ausweichen müssen. Der Kläger stellte sich am 27. März 2002 wegen Kopfschmerzen und Schwindelgefühl beim Durchgangsarzt (DA) Dr. S vor, der ohne Feststellung einer Prellmarke oder eines Hämatoms eine Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik diagnostizierte, außerdem bei der Augenärztin Dr. D, die einen Z. n. Commotio cerebri diagnostizierte. Laut Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 25. April 2002 erfuhr dieser von dem Unfall erst am 30. März 2002, als der Kläger den Krankenschein brachte. Die Art der Verletzung war in der Unfallanzeige nicht angegeben. Wegen Einstellung des Fernverkehrs wurde dem Kläger per 10. April 2002 gekündigt. Des Weiteren teilte der Arbeitgeber der Beklagten mit, der Kläger wolle "es auf den Unfall schieben", habe aber über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle auch vor dem Unfall ständig geklagt (Schreiben vom 26. September 2002). Wegen fortbestehender Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen wurde am 03. April 2002 ein cerebrales CT gefertigt, das einen unauffälligen Befund ohne knöcherne Verletzungen erbrachte. Die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) vom 06. Mai 2002 waren bis auf eine Steilstellung bei C1/2 ebenfalls unauffällig und auch die am 26. Juni 2002 durchgeführte EEG-Untersuchung sowie die Duplex-Sonographie der hirnversorgenden Arterien vom 03. Juli 2002 und die MRT-Untersuchung der HWS vom 05. Februar 2003 erbrachten keinen pathologischen Befund. Im Zwischenbericht vom 18. Februar 2003 teilte DA Dr. S mit, dass der Kläger sich über die negativen Untersuchungsergebnisse der bisherigen Untersuchungen unzufrieden und verärgert geäußert habe.
Arbeitsunfähigkeit (AU) wurde dem Kläger wegen der geklagten Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen vom 27. März bis zum 24. August 2002 bescheinigt.
Im August 2002 erlitt der Kläger einen akuten Myokardinfarkt. Anschließend wurde ein bösartiger Nierentumor operativ entfernt.
Seit dem 01. März 2003 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Oberbayern.
Der praktische Arzt und Facharzt für Sportmedizin MR Dr. S, der den Kläger am 24. Februar 2003 untersucht hatte, gab an, dass Befunde und bisheriger Verlauf neurologisch sowie neurobiologisch für eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sprechen würden, außerdem diagnostizierte er anhaltende Craniocephalgien, offensichtlich posttraumatisch und einen pathologisch gesteigerten Tonus der tiefen Nackenmuskulatur.
Die Beklagte, die dem Kläger mitgeteilt hatte, dass der Unfall vom 22. März 2002 als Arbeitsunfall anerkannt werde (Schreiben vom 09. April 2003), veranlasste eine Zusammenhangsbegutachtung des Klägers auf unfallchirurgischem und neurologischem Fachgebiet im UB (U) sowie auf HNO-ärztlichem Fachgebiet.
Prof. Dr. E gelangte in seinem Gutachten vom 11. August 2003 zu der Beurteilung, dass sich der Kläger am 22. März 2002 eine mittlerweile folgenlos ausgeheilte Schädelprellung zugezogen habe. In einem radiologischen Zusatzgutachten vom 20. Oktober 2003 gelangte Dr. M zu der Auffassung, dass radiologisch ein Nachweis für eine traumatisch bedingte Hirnschädigung nicht zu führen sei, jedoch auf der Basis einer Vorschädigung durch den Diabetes mellitus und die arterielle Hypertonie eine kleine ältere Blutung in den Stammganglien ausgelöst worden sein könne, die aufgrund der relativ geringen Schädelprellung aber wohl nicht traumatisch entstanden sei.
Prof. Dr. H sah in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 01. Dezember 2003 den manifestierten ideopathischen Kopfschmerz des Klägers als unfallbedingt an, vertrat jedoch die Auffassung, dass dieser Kopfschmerz keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bedinge.
Die HNO-Ärztin DM C gelangte in ihrem Gutachten vom 01. Oktober 2003 zu der Auffassung, dass beim Kläger eine behandlungsbedürftige Otolithen-Funktionsstörung links bei Z. n. Schädelkontusion vorliege, die auf den Unfall vom 22. März 2002 zurückzuführen sei und eine MdE i. H. v. 20 v. H. bedinge.
Mit Zwischenbericht vom 11. November 2003 teilte das U, Klinik für HNO-Heilkunde (Prof. Dr. E) mit, dass sich rechtsseitig eine Otolithen-Funktionsstörung gezeigt habe.
Prof. Dr. E schätzte in seiner Stellungnahme vom 09. Januar 2004 die unfallbedingte Gesamt-MdE des Klägers mit 20 v. H. ein. Die unfallbedingte AU ohne Berücksichtigung des HNO-ärztlichen Gutachtens habe bis zum 24. August 2002 bestanden (Stellungnahme vom 23. Juni 2004).
Am 19. April 2004 erhob der Kläger bei dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) Untätigkeitsklage, die er am 22. November 2004 zurücknahm.
Frau DM C teilte in einer Stellungnahme vom 13. September 2004 mit, dass aufgrund der Herzerkrankung des Klägers eine nochmalige Durchführung der Otolithen-Funktionsprüfung nicht habe erfolgen können. Infolge des Zeitablaufs zum Unfallereignis müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass der Otolithen-Schwindel kompensiert sei. Aktuell bestehe auf HNO-ärztlichem Gebiet keine MdE.
Die Beklagte veranlasste des Weiteren eine Untersuchung des Klägers durch ihren beratenden HNO-Arzt Prof. Dr. W da dieser über speziellere und weniger belastende Untersuchungsmethoden zur Abklärung der geklagten Schwindelerscheinungen verfüge. Da diese aufgrund einer Weigerung des Klägers jedoch nicht statt fand, gab Prof. Dr. W am 07. Oktober 2004 eine beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage ab, derzufolge eine unfallbedingte Otolithen-Funktionsstörung nicht anzunehmen sei, da eine solche in der Regel innerhalb von 6 Wochen nach dem Unfall abklinge. Dem Begutachtungsergebnis von DM C sei nicht zu folgen.
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2004 lehnte die Beklagte die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalles vom 22. März 2002 über den 02. Mai 2002 hinaus ab, da nach diesem Zeitpunkt keine unfallbedingte AU/ Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hätten. Nach Auswertung der medizinischen Erkenntnisse insbesondere unter Berücksichtigung der Äußerung von Dr. S vom 18. Februar 2003 und der beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage von Prof. Dr. W vom 07. Oktober 2004 sei davon auszugehen, dass der Kläger bei dem Unfall lediglich eine folgenlos verheilte Schädelprellung erlitten habe.
Den hiergegen eingelegten und nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01. Dezember 2004 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Unfallrente sowie auf Heilbehandlung - insbesondere Weitergewährung der Heilbehandlung nach Vojta – weiter verfolgt, da er sich in seinem Begehren durch das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 sowie das Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. E vom 09. Januar 2004, die beide die MdE auf Dauer auf 20 v. H. eingeschätzt hätten, bestätigt sehe. Eine Ursächlichkeit des Unfallereignisses für die Beschwerden – nicht gewürdigt worden seien seine Wirbelsäulenbeschwerden - bestätige auch der behandelnde Arzt MR Dr. S.
Das SG hat Befundberichte (BB) der Fachärztin für Innere Medizin Dr. G vom 05. Juli 2005, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W vom 20. Juli 2005, den Entlassungsbericht des H-Klinikums Bad S vom 08. Dezember 2005, die Krankenunterlagen zum stationären Aufenthalt des Klägers ab dem 24. Oktober 2003 in der HNO-Abteilung des U, BB der Fachärzte für Orthopädie Dr. B vom 12. Juli 2006 sowie Krankenunterlagen des Krankenhauses R vom 02. Februar 2007 eingeholt.
Des Weiteren hat das SG den HNO-Facharzt Prof. Dr. S und den Chirurgen Dr. S mit der Erstellung von Sachverständigengutachten beauftragt.
In seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 14. November 2007 (Untersuchung des Klägers am 17. Juli 2007) gelangte Prof. Dr. S zu dem Ergebnis, dass eine Otolithen-Funktionsstörung nicht sicher festzustellen sei, da eine seitengetrennte Prüfung der Otolithen-Organe und ein vollständiger Funktionstest aus kardiologischen Gründen nicht habe durchgeführt werden können. Die vom Kläger geklagten Gleichgewichtsstörungen könnten entgegen dem Vorgutachten von DM C nicht als zentral kompensierte Otolithenorgan-Funktionsstörung festgestellt werden. Dagegen spreche, dass die angegebenen Beschwerden in Form von Anfällen von kurzem Schwindel mit Abweichen beim Gehen, die erst innerhalb von Tagen bis Monaten danach aufträten, untypisch für eine Otolithen-Störung seien; durch sie bedingte Beschwerden würden vielmehr unmittelbar auftreten. Zeitnah zum Unfall habe es keine dokumentierte Untersuchung der Otolithen-Organe gegeben. Eine Otolithenorgan-Funktionsstörung sei erstmals eineinhalb Jahre nach dem Unfallereignis bescheinigt worden, so dass ein Zusammenhang mit dem Unfall nicht festgestellt werden könne.
Der Chirurg Dr. S gelangte in seinem Gutachten vom 26. Juni 2008 zur Feststellung, dass als Folge des Unfalles lediglich eine leichte Schädelprellung mit flüchtiger Prellmarke am Schädel festzustellen sei. Insoweit könne auch ein adäquates Trauma für eine posttraumatische Otolithenorgan-Funktionsstörung ausgeschlossen werden, zumal auch keine entsprechenden pathologischen Befunde erhoben worden seien. Aufgrund des Schädelanpralltraumas mit nachfolgender vegetativer Reizsymptomatik hätten AU/Behandlungsbedürftigkeit von max. 6 Wochen bestanden. Die MdE auf chirurgischem Fachgebiet betrage 0 v. H., die unfallbedingte Gesamt-MdE ebenfalls 0 v. H ...
Der Kläger hat gegen die Gutachten eingewendet, dass er nicht dafür könne, wenn Gleichgewichtsstörungen nicht zeitnah festgestellt würden. Im Bericht des Krankenhauses R vom 15. August 2002 habe Doktor S festgestellt, dass es zusätzlich und unabhängig zu den Kopfschmerzattacken beim Gehen häufiger zu einem plötzlichen Seitabweichen, meist nach links, käme.
Mit BB vom 07. September 2008 übermittelte Dr. S zahlreiche, bereits bekannte ältere Berichte über Röntgen- und MRT-Untersuchungen und weitere Befunde, aus denen sich ergibt, dass er den Kläger erst am 24. Februar 2003 behandelt habe und unter Übernahme von dessen Angaben in der Folge davon ausgegangen sei, dass der Kläger mit seinem Kopf heftig gegen die Ladebordwand des Lkw angestoßen sei.
Mit Stellungnahme vom 10. April 2009 stellte der Sachverständige Prof. Dr. S klar, dass bei den Untersuchungen das linke Otolithen-Organ befundet worden sei, so dass die vom U ausgewiesene und als falsch gerügte rechtsseitige Störung ein Schreibfehler sein müsse. Zudem sei der Kläger erst annähernd ein Jahr nach dem Unfall bei Dr. S wegen heftiger Kopfschmerzen vorstellig geworden. Das erst zwei Jahre später von ihm diagnostizierte cervikale Syndrom könne ebenso wenig als unfallbedingt angesehen werden. Ein wissenschaftlich begründeter Zusammenhang der Beschwerden mit dem Unfallgeschehen sei nicht sicher festzustellen, weil zeitnah keine Gleichgewichtsuntersuchung erfolgt sei, die Beschwerden und deren zeitlicher Verlauf untypisch seien, aufgrund der großen Streubreite Zweifel an der Validität der angegebenen Messwerte bestünden und die Befunde nicht nach einem Jahr neu erhoben worden seien.
Nachdem der Kläger aufgrund eines Schwindelanfalls auf seiner Treppe gestürzt war und sich eine Verletzung zugezogen hatte, hat das SG einen BB der behandelnden Fachärztin für Innere Medizin Dr. G vom 18. Mai 2010 nebst Entlassungsbericht der H-H-Klinik Neu F vom 20. Februar 2006 über eine stationäre Rehabilitation in der Zeit vom 26. Januar bis zum 16. Februar 2006 eingeholt. Hiernach könne die Symptomatik eines Dralls nach links zwar mit einer 2003 beschriebenen posttraumatischen Otolithenorgan-Funktionsstörung in Zusammenhang stehen, es seien aber auch andere Auslöser wie dissoziative Komponenten zusammen mit weiteren Symptomen vor dem Hintergrund einer möglichen posttraumatischen Belastungsstörung und Kränkungserleben möglich, zumal klinisch-neurologisch keine eindeutigen Ausfälle bzw. Seitenhinweise während des stationären Aufenthalts hätten festgestellt werden können.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Frankfurt (Oder) vom 02. September 2010 erklärte der Kläger, dass die Feststellung der Otolithenorgan-Funktionsstörung erst deshalb so spät durch Dr. S erfolgt sei, weil DA Dr. S die plötzliche Seitabweichung nicht ernst genommen habe und wegen des späteren Herzinfarktes, der anschließenden Reha sowie der operativen Entfernung des Nierentumors andere Heilerfolge im Vordergrund gestanden hätten. Auf das plötzliche Seitabweichen beim Gehen habe aber schon Dr. B vom Krankenhaus R im Schreiben vom 15. August 2002 hingewiesen.
Nachdem der Kläger nach Vertagung ergänzend die Umstände seiner Rückfahrt vom Unfallort in Spanien nach Berlin erläutert hatte (Schriftsatz 30. September 2010), hat der im Erörterungstermin vom 17. Februar 2011 vom SG als Zeugen vernommene Dr. S angegeben, der Kläger habe ihm den Unfallhergang glaubwürdig geschildert; er sei daher davon ausgegangen, dass sich der Kläger den Kopf heftig angestoßen habe, was mehr als eine Prellung habe vermuten lassen.
Der Sachverständige Prof. Dr. S hat ergänzend mitgeteilt (Stellungnahme vom 15. Oktober 2011), dass es bei einer posttraumatischen Otolithen-Funktionsstörung nicht nur auf die Schwere des Aufpralls, sondern auch auf die Richtung ankäme. Wenn der Kläger das Trauma in der Mitte der Stirn, wie angegeben, erlitten habe, hätte der Schaden beidseits bestehen müssen und bei einem rechtsseitigen Trauma sei der Schaden links nicht zu erwarten. Aber nicht nur die fehlende örtliche Zuordnung, sondern auch der geschilderte Unfallhergang und der weitere Geschehensablauf hätten Zweifel an einem traumatischen Otolithenorgan-Schaden entstehen lassen, denn ein derartiger Schaden hätte sich beim Fahren, etwa beim Beschleunigen oder Abbremsen und auch beim Aussteigen aus dem Fahrerhaus bemerkbar machen müssen. Es komme auch niemals zu anfallsartigen Störungen der Statik wie sie der Kläger angebe. Da der Kläger 2002 einen Herzinfarkt erlitten habe, ein starker Raucher gewesen und ein insulinpflichtiger Diabetiker sei, ferner an Bluthochdruck leide und übergewichtig sei, bestünden zahlreiche Risikofaktoren, die die Kopfschmerzattacken, die attackenförmige Seitabweichung und Fallneigung auch begründen könnten.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2012 hat das SG Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf die Gutachten von Prof. Dr. S und Dr. S abgewiesen, da ein Otolithenorgan-Schaden nicht sicher als Folge des Arbeitsunfalls vom 22. März 2002 festzustellen sei. Ausgehend von der Darstellung des Unfallherganges und der weiteren Geschehensabläufe nach dem Unfall nach Anamneseerhebung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S stehe lediglich fest, dass der Kläger am 22. März 2002 in Spanien den beladenen Lkw auf einer Leiter stehend habe schließen wollen, wobei ein Fuß der Leiter gebrochen sei und der Kläger, um nicht zu stürzen, aus ca. 3 m Höhe von der Leiter abgesprungen, auf dem Boden ins Straucheln gekommen und mit der Stirn gegen die Bordwand gestoßen sei. Eine Bewusstlosigkeit habe nicht bestanden, der Kläger habe sich für 2-3 Minuten festgehalten, da ihm "schwarz vor Augen" geworden sei. Die Schwellung an der Stirn habe er mit einem nassen Handtuch gekühlt. Soweit es durch den so festgestellten Arbeitsunfall zu einer leichten Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik gekommen sei, sei diese folgenlos spätestens nach sechs Wochen ausgeheilt. Ein Schädel-Hirn-Trauma habe ausgeschlossen werden können. Das Gericht folge der Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. S, der den Kläger eingehend untersucht und den Akteninhalt ausgewertet habe, sowie Dr. S, wonach der Otolithen-Schaden nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden könne. Hiergegen sprächen zunächst die Befunde der Erstuntersuchung beim DA, der keine Prellmarke und kein Hämatom, sondern nur einen subjektiv empfundenen, nicht objektivierbaren Druckschmerz im Stirnbereich festgestellt habe. Es sei unwahrscheinlich, dass eine Prellmarke nach einem heftigen Anprall innerhalb von fünf Tagen verschwinde. Auch nach einer Kühlung "glühe" eine Prellmarke, da direkt unter der Stirnhaut der Schädelknochen liege und es nur eine dünne Muskelschicht dazwischen gebe, die ein Trauma nicht abfedern könne. Die Quetschung der Haut hinterlasse immer deutliche, lang anhaltende Spuren in Form von Rötungen, Verfärbung der gequetschten Haut oder zumindest Kratzer. Zwar könne auch ein kleines Trauma ausreichend sein, einen Schaden auszulösen, aber dann sei der Schaden auf der Seite des Traumas stärker als auf der Gegenseite. Da der Kläger einerseits angebe, in der Mitte der Stirn angeschlagen zu sein, hätte der Schaden beidseits bestehen müssen. Andererseits habe der Kläger gegenüber der Beklagten angegeben, mit der rechten Kopfseite angeschlagen zu sein, dann aber sei ein Otolithen-Schaden links nicht zu erwarten. Es komme auch niemals zu anfallsartigen Störungen der Statik in der Form, wie sie vom Kläger angegeben würden. Ein traumatischer einseitiger Otolithen-Defekt sei ein einmaliges Ereignis. Wenn ein solcher Defekt Auswirkungen auf die Statik haben solle, dann immer nur als konstant vorhandene Unsicherheit mit konstanter Abweichungstendenz oder konstant vorhandener Fallneigung zur Seite des Schadens. Zweifelhaft erscheine auch, dass der Kläger einen Otolithen-Schaden erst nach dem Abstellen des Lkw bemerkt haben wolle. Ein derartiger Schaden wäre bereits in Spanien evident gewesen, die Entwicklung eines Schadens mit Latenz sei bei einem Beschleunigungsmessgerät wie den Otolithen-Organen nicht möglich. Da der Kläger die lange Fahrt von Spanien nach Deutschland bewältigt habe, spreche auch dies eindeutig gegen einen derartigen Schaden als Folge des Unfalles. Das Fahren eines Lkw sei eine starke Belastung für das Otolithen-System, was mit einem akuten Schaden nicht möglich sei. Auch beim Verlassen des Fahrzeugs hätte der Kläger einen derartigen Schaden bemerken müssen. Da dem Kläger der Nachweis des unfallbedingten Erstschadens obliege, andererseits ein Otolithen-Schaden erstmals etwa eineinhalb Jahre nach dem Unfallgeschehen dokumentiert worden sei, sei die Ursächlichkeit zwischen dem Unfallereignis und dem geltend gemachten Schaden nicht hinreichend wahrscheinlich.
Soweit der Bericht des Dr. B vom Krankenhaus R vom 15. August 2002 eine plötzliche Seitabweichung beschreibe, habe er überhaupt keinen Otolithen- Schaden diagnostiziert und habe auch bezweifelt, dass ein Zusammenhang mit dem Unfall belegt wäre. Prof. Dr. S beschreibe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Oktober 2011 eine Vielzahl von anderen möglichen Ursachen auch in Bezug auf die Kopfschmerzattacken (Herzinfarkt, Diabetes, Bluthochdruck, Nikotinkonsum, Übergewicht). Etwas anderes gelte auch nicht unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Dr. S. Soweit dieser ca. ein Jahr nach dem Unfall die vorhandenen Beschwerden im Zusammenhang sehe, werde hierzu eine medizinische Begründung nicht abgegeben. Auch im Rahmen seiner Zeugenvernehmung habe er lediglich Vermutungen geäußert, die keine tragfähige unfallmedizinische Begründung ersetzen könnten.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hält der Kläger an seinem Begehren fest, die Otolithen-Funktionsstörung als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das erstinstanzliche Gericht habe die ärztlichen Feststellungen des DA Dr. S und der Augenärztin Dr. D in zeitlicher Nähe des Unfallereignisses sowie das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 nicht berücksichtigt, obgleich DM C die Otolithen-Funktionsstörung als kausal durch das Unfallereignis hervorgerufen bewertet habe.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 aufzuheben und in Abänderung des Bescheids vom 18. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01. Dezember 2004 festzustellen, dass die Otolithen-Funktionsstörung sowie die daraus resultierende Seitenabweichung und Sturzneigung beim Laufen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. März 2002 anzuerkennen seien, und dem Kläger Leistungen im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte schriftsätzlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die vom Kläger vorgetragene schwere Schädelprellung sich beim DA Dr. S nicht in sichtbaren bzw. tastbaren Verletzungszeichen gezeigt habe. Auch der augenärztliche und der CT-Befund, der HNO-Befund, die Sonographie, das EEG und das MRT der HWS seien unauffällig gewesen, was eindeutig gegen eine schwere Schädelprellung spreche. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls (leichte Schädelprellung mit vegetativer Reizsymptomatik) habe AU/Behandlungsbedürftigkeit bis längstens zum 02. Mai 2002 vorgelegen. Sie stütze sich auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Gerichtssachverständigen Prof. Dr. S vom 14. November 2007 und dessen ergänzende Stellungnahmen vom 10. April 2009 und 15. Oktober 2011, sowie des Dr. S vom 26. Juni 2008. Die vom Kläger erwähnten Vorgutachten seien hierin berücksichtigt und gewürdigt worden.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 13. März, 28. März und 14. Mai 2013 einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats im Wege schriftlicher Entscheidung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltliche Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin kann, weil die vorliegende Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und im Berufungsverfahren kein neuer Sachverhalt vorgetragen wurde, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens, auch um so einen Abschluss des jahrelang andauernden Rechtsstreits zu bewirken, anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).
Die form- und fristgemäße Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Klageantrag auf "Gewährung von Leistungen im gesetzlichen Umfang" - neben dem Antrag auf Feststellung einer unfallbedingten Otolithen-Funktionsstörung - überhaupt ein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens sein kann, denn die Beklagte hat in ihren angefochtenen Bescheiden eine Entscheidung über konkrete Entschädigungsleistungen nicht getroffen, sondern lediglich die Erbringung von Entschädigungsleistungen aufgrund des Unfalls vom 22. März 2002 über den 02. Mai 2002 hinaus abgelehnt. Mit dieser Formel in Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 09. April 2003, dass der Unfall vom 22. März 2002 als Arbeitsunfall anerkannt werde, sowie den Ausführungen im Bescheid vom 18. Oktober 2004, dass aufgrund der Schädelprellung unfallbedingte AU/Behandlungsbedürftigkeit bis zum 02. Mai 2002 anerkannt werde, brachte sie zum Ausdruck, dass außer der Schädelprellung keine weiteren Gesundheitsschäden vorlägen und dass Entschädigungsleistungen, die an eine unfallbedingte AU/ Behandlungsbedürftigkeit anknüpfen, nicht über den 02. Mai 2002 hinaus zu gewähren seien. Bei streng wörtlichem Verständnis wäre die auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gerichtete Klage unzulässig gewesen und die Berufung bereits aus diesem Grund insoweit zurückzuweisen, weil nicht zuvor in einem Verwaltungsverfahren über konkrete Entschädigungsleistungen (z.B. §§ 27 ff. SGB VII (Heilbehandlung) und §§ 45 ff. SGB VII (Verletztengeld)) befunden worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, in juris Rn. 10 f.).
Dies kann indes dahinstehen, denn in den §§ 27 ff. und 45 ff. SGB VII (Heilbehandlung und Verletztengeld) sind nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Leistungsrechte ausgestaltet, wogegen die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 - 13 i. V. m. §§ 2 - 6 SGB VII) vorab und einheitlich ausgestaltet sind. Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt also eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten auch für Ansprüche auf Heilbehandlung/Verletztengeld zu (BSG, Urteil vom 05. Juli 2011, B 2 U 17/10 R, in juris, Rn. 12, 17, 19 ff.).
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 02. April 2009, B 2 u 29/07 R, in juris). Ein Gesundheitsschaden i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, B 2 U 16/11 R, in juris, Rnr. 19). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, B 2 u 1/05 R, in juris).
Hiervon ausgehend handelt es sich bei dem Ereignis vom 22. März 2002 um einen Arbeitsunfall des Klägers i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII, den die Beklagte mit Schreiben vom 9. April 2003 auch anerkannt hat.
Nach Auswertung aller fachärztlicher Stellungnahmen und Unterlagen ist es allerdings mangels belastbarer, objektiver Befunde nicht mindestens hinreichend wahrscheinlich zu machen, dass das Unfallereignis vom 20. April 2004 ursächlich im Sinne einer wesentlichen Verursachung zu den geltend gemachten Gesundheitsschäden, nämlich zu einer Otolithen-Funktionsstörung und daraus resultierender Seitenabweichung und Sturzneigung geführt hat, denn es sprechen mehr Gründe gegen eine solche Kausalität als dafür (vgl. zur Kausalität BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, a. a. O.).
Das Gericht verweist diesbezüglich in vollem Umfang auf die Begründung in dem angefochtenen Urteil des SG Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 (kein starkes Anschlagen mit der Stirn auf der betroffenen linken Seite feststellbar, kein Schädel-Hirn-Trauma, keine Prellmarke, kein Hämatom, keine sofortigen für Otolithen-Defekt typischen Beschwerden, insbesondere beim Beschleunigen/Abbremsen und Verlassen des Lkw, erstmalige Dokumentation eines Otolithen-Schadens eineinhalb Jahre nach dem Unfall). Der Urteilsbegründung ist in ihrer Ausführlichkeit, Vollständigkeit und inhaltlichen Richtigkeit nichts hinzuzufügen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren hat der Kläger lediglich gerügt, dass das SG die ärztlichen Feststellungen des DA Dr. S und der Augenärztin Dr. D in zeitlicher Nähe des Unfallereignisses sowie das Gutachten der HNO-Fachärztin DM C vom 01. Oktober 2003 nicht berücksichtigt habe, obgleich DM C die Otolithen-Funktionsstörung als kausal durch das Unfallereignis hervorgerufen bewertet habe. Hierzu ist zunächst zu sagen, dass sich aus dem Bericht der Augenärztin Dr. D vom 27. März 2002, bei der der Kläger sich auf Überweisung durch den DA Dr. S einmalig vorgestellt hatte, keine für den Kläger günstigen Folgerungen ableiten lassen. Die Vorstellung erfolgte - bei nicht gesicherter Diagnose eines Z. n. Gehirnerschütterung - zum Ausschluss von unfallbedingten Beeinträchtigungen der Augen und zur Überprüfung von Gesichtsfeld, Augendruck und Augenhintergrund, da bei dem Kläger ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus bekannt war, und ergab keinen augenärztlichen pathologischen Befund. Soweit in dem Augenarztbericht Gesundheitsstörungen in Form von Cephalgien, Schwindel aufgeführt sind, handelt es sich um vom Kläger übernommene Angaben außerhalb des eigentlichen augenärztlichen Fachgebietes, die - schon in Anbetracht der weiteren, nicht unfallbedingten Erkrankungen des Klägers - ohne jeden Anspruch auf schlüssige Kausalitätsbegründung gemacht werden. Auch der frühere Arbeitgeber des Klägers hat darauf hingewiesen, dass der Kläger bereits vor dem Unfall über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle geklagt habe (Schreiben vom 26. September 2002). Ebensowenig gibt der DA-Bericht von Dr. S vom 27. März 2002 Anhaltspunkte für die vom Kläger geltend gemachte Otolithen-Funktionsstörung. Diagnostiziert worden ist eine Schädelprellung, die die Beklagte als Gesundheitsschaden auch anerkannt hat. Hervorzuheben ist noch einmal, dass der Zusatz "vegetative Reizsymptomatik" einzig auf Klagen des Klägers über Kopfschmerzen und Schwindelgefühl beruhte, dass der DA keine Schädel-Hirn-Trauma-Symptomatik, keine Prellmarke/Hämatome im Stirnbereich und keinen Kalottenkopfschmerz festzustellen vermochte.
Soweit sich der Kläger schließlich auf das HNO-Gutachten der DM C vom 01. Oktober 2003 beruft, ist zunächst festzustellen, dass dieses eineinhalb Jahre nach dem Unfall erstellt worden ist, was die Feststellung eines Ursachenzusammenhanges schon von vornherein zweifelhaft macht. Zudem legt die Gutachterin eine Unfallschilderung des Klägers über eine sekundenlang anhaltende Bewusstlosigkeit, also ein schweres Trauma, zu Grunde, für die sich - wie DM C auch zutreffend bemerkt - nähere Angaben nicht in den Akten befinden. Die audiometrischen Untersuchungen ergaben keinen pathologischen Befund, sondern eine Normalhörigkeit mit geringer Hochtonsenke, ferner ein uneingeschränktes Sprachhörvermögen. Soweit eine Otolithen-Funktionsstörung diagnostiziert worden ist, handelt es sich um einen übernommenen Befund aus der ausgelagerten Otolithenorgan-Funktionsprüfung im Universitätsklinikum B F am 14. Oktober 2003, wo zwar eine größtenteils kompensierte Funktionsstörung im Bereich der Otolithenorgane festgestellt, aber keine Ausführungen über die Kausalität gemacht wurden. Soweit DM C die Otolithen-Funktionsstörung auf den Unfall rückbezieht, fehlt eine überzeugende Begründung. Sie geht von einer erlittenen Schädelkontusion mit nachfolgender kurzer Bewusstlosigkeit, also einer höheren Krafteinwirkung, aus, die eben nicht festgestellt worden ist. Soweit sie weiterhin ausgeführt, der Kläger sei mit einem PKW, bei dessen Führen erfahrungsgemäß nur wenige Kopfbewegungen erforderlich seien, nach Deutschland zurückgekehrt, widerspricht dies dem tatsächlichen Sachverhalt und auch ihren eingangs getroffenen Feststellungen. Zutreffend weist sie zwar darauf hin, dass ein Schwindel bei einer Otolithen-Funktionsstörung nur bei Beschleunigung des Kopfes ausgelöst werde, lässt aber außer acht, dass derartige Vorgänge beim Führen eines Lkw über derart große Strecken, wie sie der Kläger zurück gelegt hat, durchaus häufig vorkommen. Schließlich ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger geschilderten Beschwerden in Form von Anfällen von kurzem Schwindel mit Abweichen beim Gehen untypisch für eine Otolithen-Funktionsstörung sind, worauf der HNO-ärztliche Gutachter Prof. Dr. S zu Recht hingewiesen hat. Mit diesem Umstand sowie mit den zahlreichen konkurrierenden Risikofaktoren hat sich DM C jedoch nicht auseinandergesetzt.
Nach alledem erweist sich der angefochtene Bescheid vom 18. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01. Dezember 2004 als rechtsmäßig, so dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
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