Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1308/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5801/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.09.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Zahlungen zum Zugewinnausgleich auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1958 geborene Klägerin bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt in Höhe von 305,00 EUR unter Anrechnung von Erwerbseinkommen für den Zeitraum September 2010 bis Februar 2011 (Bescheid vom 24.08.2010). Sie ist seit 06.05.2008 rechtskräftig geschieden. Am 04.11.2010 schlossen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann vor dem Amtsgericht O. (AG) einen Vergleich, wonach der geschiedene Ehemann 8.945,00 EUR als Zugewinnausgleich in monatlichen Raten von 150,00 EUR, beginnend ab Januar 2011, an die Klägerin zu zahlen hatte. Mit Bescheid vom 23.02.2011 hob der Beklagte sodann die laufende Bewilligung für Januar und Februar 2011 teilweise in Höhe von 150,00 EUR auf und bewilligte mit Bescheid vom gleichen Tag für den Folgezeitraum 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen in Höhe von 141,74 EUR unter Anrechnung u. a. der Zugewinnausgleichszahlungen als Einkommen.
Mit ihrem Widerspruch gegen beide Bescheide machte die Klägerin geltend, der Anspruch auf den Zugewinnausgleich sei mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags am 25.04.2005 entstanden; zu diesem Stichtag sei der Zugewinn zu berechnen. Vorherige Leistungen des Beklagten seien lediglich vorübergehend gewesen mit Blick auf die ausgebliebenen Unterhaltszahlungen. Es handele sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch um gebildetes Vermögen und nicht um eine laufende Geldleistung, woran auch die Ratenzahlung nichts ändere. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Bescheid vom 15.04.2011 stellte der Beklagte die für den Zeitraum 01. bis 28.02.2011 zu erstattende Forderung mit 290,00 EUR fest. Das hiergegen eingeleitete Widerspruchsverfahren ruht mit Blick auf das hiesige Verfahren.
Am 29.04.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, bei dem Zugewinnausgleichsanspruch handele es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch, der die Vermögensteilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vermögen des anderen Ehepartners verkörpere. Die insgesamt 8.945,00 EUR seien der Klägerin nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II daher anrechnungsfrei zu belassen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 29.09.2011, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 19.11.2011, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anrechnung der 150,00 EUR monatlich (Zahlung auf den Zugewinnausgleichsanspruch) sei nicht zu beanstanden. Einkommen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhalte und Vermögen das, was jemand in der Bedarfszeit bereits gehabt habe. Die Klägerin habe erstmals im Oktober 2004 Leistungen nach dem SGB II beantragt, so dass am 01.01.2005 der maßgebliche Bedarfszeitraum eröffnet sei. Der Zugewinnausgleichsanspruch entstehe mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), vorliegend mit Rechtskraft des Scheidungsurteils am 06.05.2008. Mithin handele es sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch um etwas, das vermögensmäßig im Bedarfszeitraum eingetreten sei, also um Einkommen.
Am 19.12.2011 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des SG beantragt. Die in der Sozialrechtsprechung zu findende Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen stelle eine Überstrapazierung des Vermögensbegriffs dar und sei sachlich und rechtlich nicht haltbar. Zwar könne über den Zugewinnausgleichsanspruch erst bei Beendigung des Güterstandes verfügt werden, dies ändere aber nichts am Vermögenscharakter des Anspruchs. Die Umwertung in Einkommen in Abhängigkeit davon, ob schon während des Leistungsbezugs über den Anspruch verfügt werden konnte, sei kein sachlich gerechtfertigtes Differenzierungsmerkmal und verstoße gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz.
Mit Beschluss vom 09.03.2011 hat der erkennende Senat der Klägerin für die beabsichtigte Berufung PKH bewilligt und Rechtsanwalt K. beigeordnet. Mit Beschluss vom 13.04.2012 ist der Klägerin darüber hinaus Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der Berufungsfrist gewährt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.09.2011 und den (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 aufzuheben sowie den Beklagten unter Abänderung des (Bewilligungs-) Bescheids vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung der Zugewinnausgleichszahlungen als Einkommen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der hier anzuwendenden ab 01.04.2008 geltenden Fassung) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden, nachdem der Senat der Klägerin mit Beschluss vom 13.04.2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat, die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der im Wege der isolierten Anfechtungsklage angegriffene (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011, mit dem der Beklagte die mit Bescheid vom 24.08.2010 verfügte Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) II teilweise aufgehoben und für die Monate Januar und Februar nur noch Leistungen in Höhe von 155,00 EUR monatlich bewilligt hat (dazu unter 1.). Streitgegenständlich ist darüber hinaus der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffene, der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der monatlichen Zahlungen auf den Zugewinnausgleich als Einkommen bewilligende (Bewilligungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 (dazu unter 2.). Beide Bescheide erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die der Klägerin ab Januar 2011 zugeflossenen Zahlungen ihres geschiedenen Ehemanns in Höhe von 150,00 EUR monatlich sind als bedarfsminderndes Einkommen zu berücksichtigen. Der Beklagte hat deshalb die Leistungsbewilligung für die Monate Januar und Februar 2011 zu Recht zurückgenommen und der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unter Anrechnung der monatlichen Zahlungen als Einkommen gewährt.
1. Rechtsgrundlage für die mit (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 verfügte (teilweise) Aufhebung des der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 28.02.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligenden Bescheids vom 24.08.2010 ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt der Änderung erfolgen, soweit u. a. (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Insoweit ist entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auch in atypischen Fällen keine Ermessensausübung geboten.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Mit dem Zufluss der vom geschiedenen Ehemann der Klägerin ab Januar 2011 geleisteten Zahlungen auf den Zugewinnausgleich in Höhe von 150,00 EUR monatlich hat die Klägerin Einkommen erzielt, das ab 01.01.2011 bedarfsmindernd auf ihren Leistungsanspruch anzurechnen ist. Hierin ist eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu sehen, die dazu geführt hat, dass der zuvor verfügte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II teilweise entfallen ist. Die als Einkommen zu berücksichtigenden Zahlungen des geschiedenen Ehemanns erfüllen auch den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X; der Beklagte war damit berechtigt und verpflichtet, die Bewilligung von Alg II ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, hier also ab Januar 2011 teilweise aufzuheben. Nachdem der Klägerin ursprünglich Leistungen in Höhe von 305,00 EUR bewilligt worden waren und der Beklagten hierbei bereits Erwerbseinkommen berücksichtigt hatte, reduzierte sich der Anspruch der Klägerin, wie vom Beklagten zutreffend verfügt, um das anzurechnende Einkommen (150,00 EUR) auf 155,00 EUR. Die gemäß § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 2 SGB X einzuhaltenden Fristen sind gewahrt. Etwaige Mängel bei der nach § 24 SGB X durchzuführenden Anhörung sind dadurch geheilt worden, dass der angegriffene Bescheid alle für die Aufhebung und Erstattung erforderlichen Tatsachen enthalten haben und damit die Anhörung jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sind die durch gerichtlichen Vergleich vom 04.11.2010 vereinbarten monatlichen Zahlungen des Ehemanns auf den Versorgungsausgleich nicht als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II, sondern als Einkommen nach § 11 SGB II zu qualifizieren. Wie bereits im der Klägerin für das Berufungsverfahren PKH bewilligenden Beschluss des erkennenden Senats vom 09.03.2012 ausgeführt worden ist, ergibt sich die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG aber bereits mehrfach entschieden haben, ist Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Dies gilt auch dann, wenn durch Zwangsvollstreckung erzwungene Teilzahlungen auf eine Forderung geleistet werden, die bereits vor Stellung eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB II fällig waren (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 24).
Bei dem Zugewinnausgleichsanspruch handelt es sich um eine schuldrechtliche Forderung, die kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 BGB), bei Ehescheidung also mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils - hier am 6. Mai 2008 - entsteht. Insoweit ist der Güterstand der Zugewinngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass die Ehegatten am jeweiligen Vermögen des anderen dinglich nicht beteiligt sind und, wenn der Güterstand anders als durch Tod endet, ein Ausgleich stattfindet, indem dem Ehegatten mit geringerem Zugewinn eine Geldforderung in Höhe der Hälfte des Betrags eingeräumt wird, mit dem der Zugewinn des anderen den eigenen Zugewinn übersteigt (§ 1373, 1378 BGB; vgl. Erman, BGB, 13. Aufl., § 1378 Rdnr. 2 f.). Der Zugewinnausgleich stellt somit keine Umschichtung innerhalb des Vermögens des ausgleichsberechtigten Ehegatten dar. Vielmehr bedeutet der Anspruch auf Zugewinn für den einen Ehegatten eine Minderung, für den anderen dagegen eine Mehrung seines Vermögens.
In Anwendung der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze des BSG, die von denjenigen, die zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen in der Arbeitslosen entwickelt worden waren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08.06.1989 - 7 RAr 34/88 - SozR 4100 § 138 Nr. 25), abweichen, sind Zahlungen auf den Zugewinnausgleichsanspruch jedenfalls dann als Einkommen anzusehen, wenn der Anspruch auf Zugewinnausgleich - wie hier - erst nach der Stellung des Antrags auf Arbeitslosengeld II entstanden ist (ebenso Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 06.04.2010 - L 7 AS 90/10 B ER - veröffentlicht in Juris). Ein abweichendes Ergebnis ließe sich mit der Rechtsprechung des BSG zu Vermögenszuwächsen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nicht vereinbaren. Auch hier wird, obwohl der Erbe kraft Gesetzes sogar unmittelbar mit dem Erbfall Rechtsinhaber wird, die Erbschaft als Einkommen im Sinne des. § 11 Abs. 1 SGB II gewertet, wenn der Erbfall nach der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 36).
Letztlich handelt es sich bei den Zugewinnausgleichszahlungen auch nicht um nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II in der hier noch anzuwendenden bis 31.03.2011 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954). Nach dieser Vorschrift sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
Diese Voraussetzungen sind bei den hier in Rede stehenden Zugewinnausgleichszahlungen nicht erfüllt. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II will verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, sowie dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R - veröffentlicht in Juris). Die Zweckbestimmung kann sich dabei entweder aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ergeben oder auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung erfolgen (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 24). Keine dieser Fallgruppen liegt hier vor. Eine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung des Zugewinnausgleichs scheidet ersichtlich aus. Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG dann zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Es muss also eine Vereinbarung getroffen worden sein, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll, dem Empfänger mithin die Verpflichtung auferlegt wird, die erbrachten Zahlungen auch zweckentsprechend zu verwenden (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr. 2; Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 89/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 29). An einer derartigen Zweckbestimmung mangelt es beim Versorgungsausgleich.
2. Da somit die der Klägerin ab Januar 2011 zugeflossenen Zahlungen ihres geschiedenen Ehemanns aus den dargestellten Gründen als bedarfsminderndes Einkommen zu berücksichtigen waren, erweist sich auch die mit (Bewilligungs-) Bescheid vom 23.02.2011 verfügte Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2012 als rechtmäßig und die Klägerin nicht in subjektiven Rechten verletzend; die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte hat die Leistungshöhe mit 141,74 EUR monatlich zutreffend berechnet; der Senat macht sich insoweit die Berechnung des Beklagten (Bl. 315 der Verwaltungsakte) zu eigen und nimmt auf diese zur weiteren Begründung Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Zahlungen zum Zugewinnausgleich auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1958 geborene Klägerin bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt in Höhe von 305,00 EUR unter Anrechnung von Erwerbseinkommen für den Zeitraum September 2010 bis Februar 2011 (Bescheid vom 24.08.2010). Sie ist seit 06.05.2008 rechtskräftig geschieden. Am 04.11.2010 schlossen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann vor dem Amtsgericht O. (AG) einen Vergleich, wonach der geschiedene Ehemann 8.945,00 EUR als Zugewinnausgleich in monatlichen Raten von 150,00 EUR, beginnend ab Januar 2011, an die Klägerin zu zahlen hatte. Mit Bescheid vom 23.02.2011 hob der Beklagte sodann die laufende Bewilligung für Januar und Februar 2011 teilweise in Höhe von 150,00 EUR auf und bewilligte mit Bescheid vom gleichen Tag für den Folgezeitraum 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen in Höhe von 141,74 EUR unter Anrechnung u. a. der Zugewinnausgleichszahlungen als Einkommen.
Mit ihrem Widerspruch gegen beide Bescheide machte die Klägerin geltend, der Anspruch auf den Zugewinnausgleich sei mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags am 25.04.2005 entstanden; zu diesem Stichtag sei der Zugewinn zu berechnen. Vorherige Leistungen des Beklagten seien lediglich vorübergehend gewesen mit Blick auf die ausgebliebenen Unterhaltszahlungen. Es handele sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch um gebildetes Vermögen und nicht um eine laufende Geldleistung, woran auch die Ratenzahlung nichts ändere. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Bescheid vom 15.04.2011 stellte der Beklagte die für den Zeitraum 01. bis 28.02.2011 zu erstattende Forderung mit 290,00 EUR fest. Das hiergegen eingeleitete Widerspruchsverfahren ruht mit Blick auf das hiesige Verfahren.
Am 29.04.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, bei dem Zugewinnausgleichsanspruch handele es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch, der die Vermögensteilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vermögen des anderen Ehepartners verkörpere. Die insgesamt 8.945,00 EUR seien der Klägerin nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II daher anrechnungsfrei zu belassen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 29.09.2011, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 19.11.2011, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anrechnung der 150,00 EUR monatlich (Zahlung auf den Zugewinnausgleichsanspruch) sei nicht zu beanstanden. Einkommen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhalte und Vermögen das, was jemand in der Bedarfszeit bereits gehabt habe. Die Klägerin habe erstmals im Oktober 2004 Leistungen nach dem SGB II beantragt, so dass am 01.01.2005 der maßgebliche Bedarfszeitraum eröffnet sei. Der Zugewinnausgleichsanspruch entstehe mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), vorliegend mit Rechtskraft des Scheidungsurteils am 06.05.2008. Mithin handele es sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch um etwas, das vermögensmäßig im Bedarfszeitraum eingetreten sei, also um Einkommen.
Am 19.12.2011 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des SG beantragt. Die in der Sozialrechtsprechung zu findende Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen stelle eine Überstrapazierung des Vermögensbegriffs dar und sei sachlich und rechtlich nicht haltbar. Zwar könne über den Zugewinnausgleichsanspruch erst bei Beendigung des Güterstandes verfügt werden, dies ändere aber nichts am Vermögenscharakter des Anspruchs. Die Umwertung in Einkommen in Abhängigkeit davon, ob schon während des Leistungsbezugs über den Anspruch verfügt werden konnte, sei kein sachlich gerechtfertigtes Differenzierungsmerkmal und verstoße gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz.
Mit Beschluss vom 09.03.2011 hat der erkennende Senat der Klägerin für die beabsichtigte Berufung PKH bewilligt und Rechtsanwalt K. beigeordnet. Mit Beschluss vom 13.04.2012 ist der Klägerin darüber hinaus Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der Berufungsfrist gewährt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.09.2011 und den (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 aufzuheben sowie den Beklagten unter Abänderung des (Bewilligungs-) Bescheids vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung der Zugewinnausgleichszahlungen als Einkommen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der hier anzuwendenden ab 01.04.2008 geltenden Fassung) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden, nachdem der Senat der Klägerin mit Beschluss vom 13.04.2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat, die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der im Wege der isolierten Anfechtungsklage angegriffene (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011, mit dem der Beklagte die mit Bescheid vom 24.08.2010 verfügte Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) II teilweise aufgehoben und für die Monate Januar und Februar nur noch Leistungen in Höhe von 155,00 EUR monatlich bewilligt hat (dazu unter 1.). Streitgegenständlich ist darüber hinaus der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffene, der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der monatlichen Zahlungen auf den Zugewinnausgleich als Einkommen bewilligende (Bewilligungs-) Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.03.2011 (dazu unter 2.). Beide Bescheide erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die der Klägerin ab Januar 2011 zugeflossenen Zahlungen ihres geschiedenen Ehemanns in Höhe von 150,00 EUR monatlich sind als bedarfsminderndes Einkommen zu berücksichtigen. Der Beklagte hat deshalb die Leistungsbewilligung für die Monate Januar und Februar 2011 zu Recht zurückgenommen und der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unter Anrechnung der monatlichen Zahlungen als Einkommen gewährt.
1. Rechtsgrundlage für die mit (Aufhebungs-) Bescheid vom 23.02.2011 verfügte (teilweise) Aufhebung des der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 28.02.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligenden Bescheids vom 24.08.2010 ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt der Änderung erfolgen, soweit u. a. (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Insoweit ist entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auch in atypischen Fällen keine Ermessensausübung geboten.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Mit dem Zufluss der vom geschiedenen Ehemann der Klägerin ab Januar 2011 geleisteten Zahlungen auf den Zugewinnausgleich in Höhe von 150,00 EUR monatlich hat die Klägerin Einkommen erzielt, das ab 01.01.2011 bedarfsmindernd auf ihren Leistungsanspruch anzurechnen ist. Hierin ist eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu sehen, die dazu geführt hat, dass der zuvor verfügte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II teilweise entfallen ist. Die als Einkommen zu berücksichtigenden Zahlungen des geschiedenen Ehemanns erfüllen auch den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X; der Beklagte war damit berechtigt und verpflichtet, die Bewilligung von Alg II ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, hier also ab Januar 2011 teilweise aufzuheben. Nachdem der Klägerin ursprünglich Leistungen in Höhe von 305,00 EUR bewilligt worden waren und der Beklagten hierbei bereits Erwerbseinkommen berücksichtigt hatte, reduzierte sich der Anspruch der Klägerin, wie vom Beklagten zutreffend verfügt, um das anzurechnende Einkommen (150,00 EUR) auf 155,00 EUR. Die gemäß § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 2 SGB X einzuhaltenden Fristen sind gewahrt. Etwaige Mängel bei der nach § 24 SGB X durchzuführenden Anhörung sind dadurch geheilt worden, dass der angegriffene Bescheid alle für die Aufhebung und Erstattung erforderlichen Tatsachen enthalten haben und damit die Anhörung jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sind die durch gerichtlichen Vergleich vom 04.11.2010 vereinbarten monatlichen Zahlungen des Ehemanns auf den Versorgungsausgleich nicht als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II, sondern als Einkommen nach § 11 SGB II zu qualifizieren. Wie bereits im der Klägerin für das Berufungsverfahren PKH bewilligenden Beschluss des erkennenden Senats vom 09.03.2012 ausgeführt worden ist, ergibt sich die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG aber bereits mehrfach entschieden haben, ist Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Dies gilt auch dann, wenn durch Zwangsvollstreckung erzwungene Teilzahlungen auf eine Forderung geleistet werden, die bereits vor Stellung eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB II fällig waren (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 24).
Bei dem Zugewinnausgleichsanspruch handelt es sich um eine schuldrechtliche Forderung, die kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 BGB), bei Ehescheidung also mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils - hier am 6. Mai 2008 - entsteht. Insoweit ist der Güterstand der Zugewinngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass die Ehegatten am jeweiligen Vermögen des anderen dinglich nicht beteiligt sind und, wenn der Güterstand anders als durch Tod endet, ein Ausgleich stattfindet, indem dem Ehegatten mit geringerem Zugewinn eine Geldforderung in Höhe der Hälfte des Betrags eingeräumt wird, mit dem der Zugewinn des anderen den eigenen Zugewinn übersteigt (§ 1373, 1378 BGB; vgl. Erman, BGB, 13. Aufl., § 1378 Rdnr. 2 f.). Der Zugewinnausgleich stellt somit keine Umschichtung innerhalb des Vermögens des ausgleichsberechtigten Ehegatten dar. Vielmehr bedeutet der Anspruch auf Zugewinn für den einen Ehegatten eine Minderung, für den anderen dagegen eine Mehrung seines Vermögens.
In Anwendung der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze des BSG, die von denjenigen, die zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen in der Arbeitslosen entwickelt worden waren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08.06.1989 - 7 RAr 34/88 - SozR 4100 § 138 Nr. 25), abweichen, sind Zahlungen auf den Zugewinnausgleichsanspruch jedenfalls dann als Einkommen anzusehen, wenn der Anspruch auf Zugewinnausgleich - wie hier - erst nach der Stellung des Antrags auf Arbeitslosengeld II entstanden ist (ebenso Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 06.04.2010 - L 7 AS 90/10 B ER - veröffentlicht in Juris). Ein abweichendes Ergebnis ließe sich mit der Rechtsprechung des BSG zu Vermögenszuwächsen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nicht vereinbaren. Auch hier wird, obwohl der Erbe kraft Gesetzes sogar unmittelbar mit dem Erbfall Rechtsinhaber wird, die Erbschaft als Einkommen im Sinne des. § 11 Abs. 1 SGB II gewertet, wenn der Erbfall nach der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 36).
Letztlich handelt es sich bei den Zugewinnausgleichszahlungen auch nicht um nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II in der hier noch anzuwendenden bis 31.03.2011 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954). Nach dieser Vorschrift sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
Diese Voraussetzungen sind bei den hier in Rede stehenden Zugewinnausgleichszahlungen nicht erfüllt. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II will verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, sowie dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R - veröffentlicht in Juris). Die Zweckbestimmung kann sich dabei entweder aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ergeben oder auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung erfolgen (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 24). Keine dieser Fallgruppen liegt hier vor. Eine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung des Zugewinnausgleichs scheidet ersichtlich aus. Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG dann zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Es muss also eine Vereinbarung getroffen worden sein, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll, dem Empfänger mithin die Verpflichtung auferlegt wird, die erbrachten Zahlungen auch zweckentsprechend zu verwenden (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr. 2; Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 89/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 29). An einer derartigen Zweckbestimmung mangelt es beim Versorgungsausgleich.
2. Da somit die der Klägerin ab Januar 2011 zugeflossenen Zahlungen ihres geschiedenen Ehemanns aus den dargestellten Gründen als bedarfsminderndes Einkommen zu berücksichtigen waren, erweist sich auch die mit (Bewilligungs-) Bescheid vom 23.02.2011 verfügte Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.08.2012 als rechtmäßig und die Klägerin nicht in subjektiven Rechten verletzend; die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte hat die Leistungshöhe mit 141,74 EUR monatlich zutreffend berechnet; der Senat macht sich insoweit die Berechnung des Beklagten (Bl. 315 der Verwaltungsakte) zu eigen und nimmt auf diese zur weiteren Begründung Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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