Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 568/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 90/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird ein Kind zur Bereitschaftspflege in eine Pflegefamilie gegeben, handelt es sich – unabhängig der sich rückschauend ergebenden Dauer – niemals um ein Pflegeverhältnis im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Die Anerkennung einer Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung scheidet daher aus. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Bereitschaftspflege in eine Dauerpflege umgewandelt wird. Denn dann findet formal wie auch vom zeitlichen Ansatz her eine Zäsur insoweit statt, als für alle Beteiligten klar eine längere und nicht mehr ad hoc beendbare Betreuung des Kindes stattfinden soll. Ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) kann in einem solchen Fall bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte die 1968 geborene Klägerin im November 2010 die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für
C. (geb. xx. November 2008) für die Zeit vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010
und
D. (geb. xx. April 2008) vom 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009
sowie für
E. (geb. xx. April 2007) für die Zeit ab dem 26. März 2010 bis auf Weiteres.
Ergänzend führte sie unter Beifügung einer Bescheinigung des Kreises Offenbach, Fachdienst Jugend und Soziales, Adoptions- und Pflegekinderdienst vom 19. November 2010 aus, dass sie die Kinder C. und D. in den geltend gemachten Zeiten jeweils nach Inobhutnahme durch das Jugendamt in Bereitschaftspflege betreut habe.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2011 ab. In ihrem Widerspruch hiergegen versicherte die Klägerin, dass sie die Kinder in der Zeit, in der sie bei ihr gelebt hätten, sehr wohl erzogen habe. Es hätten Pflegekindschaftsverhältnisse bestanden. Sie sei seitens des Kreisjugendamtes Offenbach mit der Pflege von in Obhut genommener Kinder offiziell beauftragt worden. Eine Erziehung von über einem Jahr bzw. anderthalb Jahren sei keine "Kurzzeitpflege". Zur Stützung ihres Vorbringens fügte sie eine weitere Bescheinigung des Kreises Offenbach vom 7. Februar 2011 bei, in der ihr und auch ihrem Ehemann die Bereitschaftspflege zweier weiterer Kinder (E. und F.) bescheinigt worden war.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2011 unter zunächst ausführlicher Darstellung der rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Zeiten zurück. Dazu führte sie aus, dass die Betreuung von Kindern in einer Pflegefamilie im Rahmen einer kurzzeitigen Vollzeitpflege, einer Interims-Vollzeit-Pflege oder einer familiären Übergangs-Bereitschaftspflege die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nicht erfülle. Es handele sich um eine von vornherein zeitlich begrenzte und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien, bis die Rückführung in die eigene Familie erfolge oder über Folgehilfe entschieden werden könne. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen sei, bleibe die Unterbringung jedoch zumindest zu Beginn von vorübergehender Natur. Werde das Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert, so könne ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend z. B. ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden. Die Kinder C. und D. seien im Rahmen einer Bereitschaftspflege betreut worden, ein dauerhafter Verbleib in der Familie der Klägerin sei weder objektiv gesehen gegeben noch geplant gewesen.
Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt verfolgte die Klägerin ihr Begehr weiter. Ihren bisherigen Vortrag vertiefend und ergänzend führte sie aus, die Kinder hätten in ihrer Familie ebenso gelebt wie die eigenen Kinder. Die Erziehungsleistung sei vollumfänglich und auch in gleicher Weise erfolgt, die familiäre Bindung zu den leiblichen Müttern/Eltern sei aufgehoben gewesen. Die Kinder hätten die Klägerin mit "Mama" und ihren Ehemann mit "Papa" angesprochen, sie seien voll in die Familie integriert gewesen, auch seien Urlaube gemeinsam als Familie verbracht worden. Entsprechend den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Oktober 1992 (Az. B 13 RJ 47/91) sei von einem familiären Band und von einer Lösung der Beziehung zu den leiblichen Eltern zu sprechen. Allein der schematische Hinweis darauf, bei einer Bereitschaftspflege sei die Unterbringung von vornherein zeitlich begrenzt und daher rentenrechtlich unbeachtlich, sei nicht ausreichend. Auch der Hinweis, die Klägerin habe das Kind nicht erzogen, könne nicht richtig oder entscheidend sein. Zum einen sei hiervon nicht auszugehen. Ein Pflegekind werde in einer Familie nicht lediglich untergestellt, sondern lebe in der Familie mit und werde daher auch erzogen. Ein Pflegschaftsverhältnis sei kein Unterbringungsverhältnis in einem Hotel oder einer Pension, wo lediglich für das leibliche Wohl gesorgt werde. Zur Bestätigung der Bindung und Integration der Kinder in die Familie legte die Klägerin diverse private Fotos vor.
Die Beklagte hielt an ihrer in dem Widerspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung fest. Das Sozialgericht wies die Klage durch Urteil vom 3. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides ab. Ergänzend wies es darauf hin, dass der Wortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) eindeutig sei. Danach seien Pflegekinder Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden seien. Das Verhältnis sei auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet sei. Dabei komme es auf eine zu Beginn des Pflegeverhältnisses vorausschauende Betrachtung an (BSG vom 23. April 1992 – B 5 RJ 70/90). An einem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis fehle es, wenn das Pflegeverhältnis – sowie bei der Bereitschaftspflege – von vornherein so geplant sei, dass es nur einen kürzeren Zeitraum dauern solle oder jederzeit aufgrund neuer Umstände beendet werden könne.
Gegen die ihr am 30. Januar 2013 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 18. Februar 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Ihrer Ansicht nach verkennt das Sozialgericht den Wortlaut der gesetzlichen Regelung und auch die Rechtsprechung des BSG. Der Gesetzeswortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sage gerade nicht, dass das "Anlegen" (des Pflegekindschaftsverhältnisses) bereits zu dessen Beginn beschlossen sein müsse. Wenn beispielsweise das Enkelkind bei der Großmutter einziehe, wäre es lebensfremd anzunehmen, dass zu Beginn eine konkrete Entscheidung bezüglich der Dauer getroffen werde. Ob jemand länger bei den Pflegeeltern bleibe, ergäbe sich im Laufe der Zeit und könne nicht ausschließlich zu Beginn beurteilt werden. Auch bei der Adoptionspflege könne das Kind jederzeit aus der Familie genommen werden. Auch in der Bereitschaftspflege könne das Kind lange Zeit im Haushalt verbleiben. Der Wortlaut des § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I, der den Begriff der Pflegeeltern definiere, enthalte keinen Hinweis auf eine zeitliche Dauer. Ein starres Festhalten an der vom BSG genannten 3-Jahres-Grenze sei nicht gesetzesgemäß. Durch die Zuerkennung der Kindererziehungszeit solle nicht die Reproduktionsleistung einer Frau "belohnt" werden, sondern die "Erziehungsleistung am Kind", sofern die Bindungen zum leiblichen Elternteil nicht bestünden. Alle Pflegeeltern gingen eine nicht von vornherein zeitlich unbegrenzte Beziehung zu dem erziehenden Kind ein. Daher sei die pauschale Ablehnung von Kindererziehungszeiten in der Bereitschaftspflege nicht gesetzeskonform.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2011 unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2011 zu verurteilen, Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010 sowie 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009 anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und bezieht sich auf die Ausführungen in dem Urteil und ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Darmstadt hat die Klage durch das Urteil vom 3. Dezember 2012 zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ein Anspruch auf Vormerkung der Zeiten vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010 sowie vom 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009 als Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung besteht nicht.
Nach § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleich steht und
3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, so ist die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs. 2 SGB VI).
Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (§ 57 SGB VI).
Bei der Klägerin lagen in den hier geltend gemachten Zeiten die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit nicht vor.
Zur Definition des Begriffs "Elternteil" verweist § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 SGB I. Danach sind Eltern im Sinne des § 56 SGB VI auch Pflegeeltern.
Pflegekinder sind nach § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Das Pflegeverhältnis stellt ein tatsächliches familienähnliches Verhältnis von einer solchen Intensität dar, wie es zwischen Kindern und Eltern üblich ist; der Pflegeperson obliegen Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsaufgaben (Personensorge) sowie die Vermögenssorge. Das Verhältnis ist auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet ist (KassKomm-Seewald, § 56 SGB I, Rz. 13). Für die Annahme einer längeren Dauer des Pflegeverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass es auf unabsehbare Zeit oder gar bis zur Volljährigkeit begründet sein muss. Ausreichend ist es insoweit, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblichen Zeitraum umfasst.
Bei der Begründung eines Pflegeverhältnisses im Säuglingsalter ist dafür ein Zeitraum von etwa drei Jahren ausreichend. Denn innerhalb der ersten drei Lebensjahre entwickelt sich ein Kind typischerweise so weit, dass es aus der ständigen häuslichen Betreuung entlassen werden und z.B. in den Kindergarten gehen kann (BSG vom 23. April 1992 5 RJ 70/90).
Mit der Auffassung der Beklagten und dem Sozialgericht ist auch der Senat der Überzeugung, dass die Pflegeverhältnisse der in den Haushalt und die Familie der Klägerin aufgenommenen Kinder C. und D. nicht auf längere Dauer begründet werden sollten. Dies folgt bereits aus dem Wesen der Bereitschaftspflege.
Bereitschaftspflege ist die zeitlich begrenzte Unterbringung eine Kindes in einer besonders ausgewählten und geschulten Pflegefamilie mit dem Ziel, diese Übergangszeit zu nutzen, um die weiteren Zukunftsperspektiven für das Kind klären zu können. Die Bereitschaftspflege ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention nach § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Sie dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie der Abklärung des Hilfebedarfs in drohenden oder akuten Gefährdungssituationen. Unterbringungsgründe sind dabei z.B. Verwahrlosung, Misshandlung, die Schaffung einer Übergangssituation für die Suche nach einer langfristigen Unterbringung, eine Suchtproblematik oder auch psychische Erschöpfung bzw. Erkrankung der oder des Erziehungsberechtigten.
Die Unterbringungsform ist zeitlich begrenzt.
Sie versteht sich als Übergangslösung bis das Kind in seine (Herkunfts-) Familie zurückgeführt werden kann oder nach Entscheidung über eine Fremdunterbringung als Folgehilfe im Rahmen einer Dauerpflege eine geeignete Familie gefunden ist. Die Zeit in der Bereitschaftspflege dient zudem auch dazu, rechtliche Fragen zu klären, die Situation der (Herkunfts-) Familie zu eruieren und ggf. durch z.B. therapeutische oder ärztliche Maßnahmen zu verbessern, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und für es eine passende Pflegefamilie bzw. ein Heim zu finden.
Dass eine Bereitschaftspflege einen Zeitraum von mehreren Monaten in einer Pflegefamilie umfasst, ist dabei die Regel. Gerade in Fällen, in denen durch Sachverständigengutachten die Eignung der (Herkunfts-) Familie zur Betreuung und Erziehung des Kindes geklärt werden muss, ist eine längere Unterbringung unvermeidbar. Sie macht auch - wie im Falle von C. - durchaus Sinn, wenn das Kind nach Stabilisierung der Verhältnisse in die (Herkunfts-) Familie, also zu den leiblichen Eltern, zurückgeführt werden kann.
Eine längere Bereitschaftspflege vermag daher an der Beurteilung des Tatbestandsmerkmals "auf längere Dauer angelegt" nichts zu ändern. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind von den Pflegeeltern aufgenommen wird. Wird ein Kind zur Bereitschaftspflege in eine Pflegefamilie gegeben, handelt es sich daher – unabhängig der sich rückschauend ergebenden Dauer – niemals um ein Pflegeverhältnis im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Bereitschaftspflege in eine Dauerpflege umgewandelt wird. Denn dann findet formal wie auch vom zeitlichen Ansatz her eine Zäsur insoweit statt, als für alle Beteiligten klar eine längere und nicht mehr ad hoc beendbare Betreuung des Kindes stattfinden soll.
Eine ex post Betrachtung, wie sie die Klägerin vornehmen möchte, steht daher nicht in Einklang mit der gesetzlichen Regelung. Nicht anderes ergibt sich aus dem Verweis auf die Situation der betreuenden Großeltern.
Eine Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bei der Großmutter oder dem Großvater eines Kindes kommt auch nur dann in Betracht, wenn diese / dieser als Pflegeeltern i.S.v. § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I anzusehen sind. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verweist nicht auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I.
Daraus wird deutlich, dass die Betreuungs- und Erziehungsleistung von Großeltern sich, um rentenrechtliche Beachtung zu erfahren, an der eines fremden Dritten messen lassen muss. Im Wege einer ex ante Betrachtung ist auch in diesem Fall zu prüfen, ob das Pflegeverhältnis auf Dauer angedacht war.
Liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I vor, sind spätere Änderungen unbeachtlich. Die Kinderziehungszeit bzw. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung beginnt mit der Begründung des (Dauer-) Pflegeverhältnisses und endet mit dessen Beendigung, gleich aus welchem Grund (u.a. anderweitige Unterbringung, Tod des Kindes).
Da es vorliegend bereits an der Voraussetzung eines "auf längere Dauer angelegten Pflegeverhältnisses" dem Grunde nach scheitert, kommt es auf die von der Klägerin weiter aufgeworfene Frage der zeitlichen Dauer im Einzelfall (drei Jahre oder auch weniger) nicht an.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte die 1968 geborene Klägerin im November 2010 die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für
C. (geb. xx. November 2008) für die Zeit vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010
und
D. (geb. xx. April 2008) vom 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009
sowie für
E. (geb. xx. April 2007) für die Zeit ab dem 26. März 2010 bis auf Weiteres.
Ergänzend führte sie unter Beifügung einer Bescheinigung des Kreises Offenbach, Fachdienst Jugend und Soziales, Adoptions- und Pflegekinderdienst vom 19. November 2010 aus, dass sie die Kinder C. und D. in den geltend gemachten Zeiten jeweils nach Inobhutnahme durch das Jugendamt in Bereitschaftspflege betreut habe.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2011 ab. In ihrem Widerspruch hiergegen versicherte die Klägerin, dass sie die Kinder in der Zeit, in der sie bei ihr gelebt hätten, sehr wohl erzogen habe. Es hätten Pflegekindschaftsverhältnisse bestanden. Sie sei seitens des Kreisjugendamtes Offenbach mit der Pflege von in Obhut genommener Kinder offiziell beauftragt worden. Eine Erziehung von über einem Jahr bzw. anderthalb Jahren sei keine "Kurzzeitpflege". Zur Stützung ihres Vorbringens fügte sie eine weitere Bescheinigung des Kreises Offenbach vom 7. Februar 2011 bei, in der ihr und auch ihrem Ehemann die Bereitschaftspflege zweier weiterer Kinder (E. und F.) bescheinigt worden war.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2011 unter zunächst ausführlicher Darstellung der rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Zeiten zurück. Dazu führte sie aus, dass die Betreuung von Kindern in einer Pflegefamilie im Rahmen einer kurzzeitigen Vollzeitpflege, einer Interims-Vollzeit-Pflege oder einer familiären Übergangs-Bereitschaftspflege die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nicht erfülle. Es handele sich um eine von vornherein zeitlich begrenzte und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien, bis die Rückführung in die eigene Familie erfolge oder über Folgehilfe entschieden werden könne. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen sei, bleibe die Unterbringung jedoch zumindest zu Beginn von vorübergehender Natur. Werde das Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert, so könne ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend z. B. ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden. Die Kinder C. und D. seien im Rahmen einer Bereitschaftspflege betreut worden, ein dauerhafter Verbleib in der Familie der Klägerin sei weder objektiv gesehen gegeben noch geplant gewesen.
Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt verfolgte die Klägerin ihr Begehr weiter. Ihren bisherigen Vortrag vertiefend und ergänzend führte sie aus, die Kinder hätten in ihrer Familie ebenso gelebt wie die eigenen Kinder. Die Erziehungsleistung sei vollumfänglich und auch in gleicher Weise erfolgt, die familiäre Bindung zu den leiblichen Müttern/Eltern sei aufgehoben gewesen. Die Kinder hätten die Klägerin mit "Mama" und ihren Ehemann mit "Papa" angesprochen, sie seien voll in die Familie integriert gewesen, auch seien Urlaube gemeinsam als Familie verbracht worden. Entsprechend den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Oktober 1992 (Az. B 13 RJ 47/91) sei von einem familiären Band und von einer Lösung der Beziehung zu den leiblichen Eltern zu sprechen. Allein der schematische Hinweis darauf, bei einer Bereitschaftspflege sei die Unterbringung von vornherein zeitlich begrenzt und daher rentenrechtlich unbeachtlich, sei nicht ausreichend. Auch der Hinweis, die Klägerin habe das Kind nicht erzogen, könne nicht richtig oder entscheidend sein. Zum einen sei hiervon nicht auszugehen. Ein Pflegekind werde in einer Familie nicht lediglich untergestellt, sondern lebe in der Familie mit und werde daher auch erzogen. Ein Pflegschaftsverhältnis sei kein Unterbringungsverhältnis in einem Hotel oder einer Pension, wo lediglich für das leibliche Wohl gesorgt werde. Zur Bestätigung der Bindung und Integration der Kinder in die Familie legte die Klägerin diverse private Fotos vor.
Die Beklagte hielt an ihrer in dem Widerspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung fest. Das Sozialgericht wies die Klage durch Urteil vom 3. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides ab. Ergänzend wies es darauf hin, dass der Wortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) eindeutig sei. Danach seien Pflegekinder Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden seien. Das Verhältnis sei auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet sei. Dabei komme es auf eine zu Beginn des Pflegeverhältnisses vorausschauende Betrachtung an (BSG vom 23. April 1992 – B 5 RJ 70/90). An einem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis fehle es, wenn das Pflegeverhältnis – sowie bei der Bereitschaftspflege – von vornherein so geplant sei, dass es nur einen kürzeren Zeitraum dauern solle oder jederzeit aufgrund neuer Umstände beendet werden könne.
Gegen die ihr am 30. Januar 2013 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 18. Februar 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Ihrer Ansicht nach verkennt das Sozialgericht den Wortlaut der gesetzlichen Regelung und auch die Rechtsprechung des BSG. Der Gesetzeswortlaut des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sage gerade nicht, dass das "Anlegen" (des Pflegekindschaftsverhältnisses) bereits zu dessen Beginn beschlossen sein müsse. Wenn beispielsweise das Enkelkind bei der Großmutter einziehe, wäre es lebensfremd anzunehmen, dass zu Beginn eine konkrete Entscheidung bezüglich der Dauer getroffen werde. Ob jemand länger bei den Pflegeeltern bleibe, ergäbe sich im Laufe der Zeit und könne nicht ausschließlich zu Beginn beurteilt werden. Auch bei der Adoptionspflege könne das Kind jederzeit aus der Familie genommen werden. Auch in der Bereitschaftspflege könne das Kind lange Zeit im Haushalt verbleiben. Der Wortlaut des § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I, der den Begriff der Pflegeeltern definiere, enthalte keinen Hinweis auf eine zeitliche Dauer. Ein starres Festhalten an der vom BSG genannten 3-Jahres-Grenze sei nicht gesetzesgemäß. Durch die Zuerkennung der Kindererziehungszeit solle nicht die Reproduktionsleistung einer Frau "belohnt" werden, sondern die "Erziehungsleistung am Kind", sofern die Bindungen zum leiblichen Elternteil nicht bestünden. Alle Pflegeeltern gingen eine nicht von vornherein zeitlich unbegrenzte Beziehung zu dem erziehenden Kind ein. Daher sei die pauschale Ablehnung von Kindererziehungszeiten in der Bereitschaftspflege nicht gesetzeskonform.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 3. Dezember 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2011 unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2011 zu verurteilen, Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010 sowie 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009 anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und bezieht sich auf die Ausführungen in dem Urteil und ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Darmstadt hat die Klage durch das Urteil vom 3. Dezember 2012 zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ein Anspruch auf Vormerkung der Zeiten vom 14. Januar 2009 bis 10. Juli 2010 sowie vom 19. Juni 2009 bis 30. Dezember 2009 als Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung besteht nicht.
Nach § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleich steht und
3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, so ist die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs. 2 SGB VI).
Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (§ 57 SGB VI).
Bei der Klägerin lagen in den hier geltend gemachten Zeiten die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit nicht vor.
Zur Definition des Begriffs "Elternteil" verweist § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 SGB I. Danach sind Eltern im Sinne des § 56 SGB VI auch Pflegeeltern.
Pflegekinder sind nach § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Das Pflegeverhältnis stellt ein tatsächliches familienähnliches Verhältnis von einer solchen Intensität dar, wie es zwischen Kindern und Eltern üblich ist; der Pflegeperson obliegen Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsaufgaben (Personensorge) sowie die Vermögenssorge. Das Verhältnis ist auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet ist (KassKomm-Seewald, § 56 SGB I, Rz. 13). Für die Annahme einer längeren Dauer des Pflegeverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass es auf unabsehbare Zeit oder gar bis zur Volljährigkeit begründet sein muss. Ausreichend ist es insoweit, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblichen Zeitraum umfasst.
Bei der Begründung eines Pflegeverhältnisses im Säuglingsalter ist dafür ein Zeitraum von etwa drei Jahren ausreichend. Denn innerhalb der ersten drei Lebensjahre entwickelt sich ein Kind typischerweise so weit, dass es aus der ständigen häuslichen Betreuung entlassen werden und z.B. in den Kindergarten gehen kann (BSG vom 23. April 1992 5 RJ 70/90).
Mit der Auffassung der Beklagten und dem Sozialgericht ist auch der Senat der Überzeugung, dass die Pflegeverhältnisse der in den Haushalt und die Familie der Klägerin aufgenommenen Kinder C. und D. nicht auf längere Dauer begründet werden sollten. Dies folgt bereits aus dem Wesen der Bereitschaftspflege.
Bereitschaftspflege ist die zeitlich begrenzte Unterbringung eine Kindes in einer besonders ausgewählten und geschulten Pflegefamilie mit dem Ziel, diese Übergangszeit zu nutzen, um die weiteren Zukunftsperspektiven für das Kind klären zu können. Die Bereitschaftspflege ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention nach § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Sie dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie der Abklärung des Hilfebedarfs in drohenden oder akuten Gefährdungssituationen. Unterbringungsgründe sind dabei z.B. Verwahrlosung, Misshandlung, die Schaffung einer Übergangssituation für die Suche nach einer langfristigen Unterbringung, eine Suchtproblematik oder auch psychische Erschöpfung bzw. Erkrankung der oder des Erziehungsberechtigten.
Die Unterbringungsform ist zeitlich begrenzt.
Sie versteht sich als Übergangslösung bis das Kind in seine (Herkunfts-) Familie zurückgeführt werden kann oder nach Entscheidung über eine Fremdunterbringung als Folgehilfe im Rahmen einer Dauerpflege eine geeignete Familie gefunden ist. Die Zeit in der Bereitschaftspflege dient zudem auch dazu, rechtliche Fragen zu klären, die Situation der (Herkunfts-) Familie zu eruieren und ggf. durch z.B. therapeutische oder ärztliche Maßnahmen zu verbessern, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und für es eine passende Pflegefamilie bzw. ein Heim zu finden.
Dass eine Bereitschaftspflege einen Zeitraum von mehreren Monaten in einer Pflegefamilie umfasst, ist dabei die Regel. Gerade in Fällen, in denen durch Sachverständigengutachten die Eignung der (Herkunfts-) Familie zur Betreuung und Erziehung des Kindes geklärt werden muss, ist eine längere Unterbringung unvermeidbar. Sie macht auch - wie im Falle von C. - durchaus Sinn, wenn das Kind nach Stabilisierung der Verhältnisse in die (Herkunfts-) Familie, also zu den leiblichen Eltern, zurückgeführt werden kann.
Eine längere Bereitschaftspflege vermag daher an der Beurteilung des Tatbestandsmerkmals "auf längere Dauer angelegt" nichts zu ändern. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind von den Pflegeeltern aufgenommen wird. Wird ein Kind zur Bereitschaftspflege in eine Pflegefamilie gegeben, handelt es sich daher – unabhängig der sich rückschauend ergebenden Dauer – niemals um ein Pflegeverhältnis im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Bereitschaftspflege in eine Dauerpflege umgewandelt wird. Denn dann findet formal wie auch vom zeitlichen Ansatz her eine Zäsur insoweit statt, als für alle Beteiligten klar eine längere und nicht mehr ad hoc beendbare Betreuung des Kindes stattfinden soll.
Eine ex post Betrachtung, wie sie die Klägerin vornehmen möchte, steht daher nicht in Einklang mit der gesetzlichen Regelung. Nicht anderes ergibt sich aus dem Verweis auf die Situation der betreuenden Großeltern.
Eine Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bei der Großmutter oder dem Großvater eines Kindes kommt auch nur dann in Betracht, wenn diese / dieser als Pflegeeltern i.S.v. § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I anzusehen sind. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verweist nicht auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I.
Daraus wird deutlich, dass die Betreuungs- und Erziehungsleistung von Großeltern sich, um rentenrechtliche Beachtung zu erfahren, an der eines fremden Dritten messen lassen muss. Im Wege einer ex ante Betrachtung ist auch in diesem Fall zu prüfen, ob das Pflegeverhältnis auf Dauer angedacht war.
Liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I vor, sind spätere Änderungen unbeachtlich. Die Kinderziehungszeit bzw. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung beginnt mit der Begründung des (Dauer-) Pflegeverhältnisses und endet mit dessen Beendigung, gleich aus welchem Grund (u.a. anderweitige Unterbringung, Tod des Kindes).
Da es vorliegend bereits an der Voraussetzung eines "auf längere Dauer angelegten Pflegeverhältnisses" dem Grunde nach scheitert, kommt es auf die von der Klägerin weiter aufgeworfene Frage der zeitlichen Dauer im Einzelfall (drei Jahre oder auch weniger) nicht an.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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