L 6 AL 180/10

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 100/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 180/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 6. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Versicherungspflicht auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung – (SGB III) ab 18. Dezember 2008 in Streit.

Die 1966 geborene Klägerin stand seit 15. August 2006 in verschiedenen Arbeitsverhältnissen. Im Zeitraum ab 1. Januar 2007 sind 407 Tage versicherungspflichtiger Beschäftigung dokumentiert. Ab 16. Mai 2008 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 240 Tagen bewilligt. Vom 10. Juni 2008 bis 1. Juli 2007 befand sich die Klägerin in einer Rehabilitationsmaßnahme ihres Rentenversicherungsträgers. Ab 2. Juli 2008 bis 17. Dezember 2008 bezog sie weiter Arbeitslosengeld. Für den Zeitraum 18. Dezember 2008 bis 17. September 2009 wurde ihr für eine selbständige Tätigkeit als kaufmännische Fachkraft für die Existenzgründung "Büroservice" Gründungszuschuss bewilligt.

Am 21. Oktober 2008 und 5. November 2008 rief die Klägerin bei der für sie zuständigen Arbeitsagentur an, um Fragen zum Gründungszuschuss sowie zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung zu klären. Der Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten Frau C. vom 21. Oktober 2008 lautet: "Kundin plant Selbstständigkeit. Über Voraussetzungen GZ informiert ". Der Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten Frau D. vom 5. November 2008 hält fest: "Kundin hat allgemeine Fragen zum GZ. Fr. A." - die Klägerin – "möchte wissen, wie die Voraussetzungen sind und hat Fragen zur freiwilligen Weiterversicherung. Voraussetzungen erläutert und Fragen geklärt." Am 6. November 2008 sprach die Klägerin bei der Arbeitsagentur persönlich vor. Die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E., hat über dieses Gespräch Folgendes vermerkt: "ZEV: Vereinbarungen erfüllt. Hat auch mit großem Erfolg FBW Maßnahme bei der DAA (kaufm. Qualifizierung) absolviert. Möchte sich jetzt allerdings unbedingt selbständig machen. Ausführlich über GZ informiert. – Flyer G. mitgegeben – soll sich schnellstens mit G. in Verbindung setzen. Hinweis, dass sie bis Mitte Dezember 2008 gründen muss. IV geändert. STRATEGIE: Soll sich schnellstens mit G. in Verbindung setzen. Soll sich sofort melden, wenn sie Gründungsdatum weiß – dann kann GZ-Antrag ausgehändigt. WV gesetzt."

Die Klägerin nahm nach eigenen Angaben am 18. Dezember 2009 ihre selbständige Tätigkeit "Büroservice" auf und beantragte am 19. Februar 2009 telefonisch bei der Beklagten ihre freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. Sie wurde von der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau F., darauf hingewiesen, dass die Antragstellung verspätet sei. Die Klägerin bestand auf der Übersendung der Antragsunterlagen und wurde darüber informiert, dass sie diese zwecks Identitätsprüfung persönlich abgeben müsse. Die Klägerin gab das ausgefüllte Antragsformular auf freiwillige Weiterversicherung am 26. Februar 2009 persönlich ab.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 23. April 2009 den Antrag ab, weil dieser nicht entsprechend § 28a Abs. 1 Satz 3 SGB III innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtige, gestellt worden sei. Beginn der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin sei der 18. Dezember 2008 und Zeitpunkt ihrer Antragstellung sei der 19. Februar 2009. Auf die Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen sei verzichtet worden.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Mai 2009 am selben Tag Widerspruch ein und trug zur Begründung vor "aus Gründen fehlender Informationen der G. über die sehr kurze Anmeldefrist und eines damaligen temporären Auslandsaufenthalts Anfang Januar 2009 aus beruflichen Gründen" habe sie den Antrag nicht früher stellen können.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III lägen wegen Versäumung der Ausschlussfrist des Abs. 1 Satz 3 zur Antragstellung nicht vor. Die Klägerin sei über die Ausschlussfrist für die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung informiert gewesen; denn sie habe auf ihre telefonischen Anfragen vom 21. Oktober 2008 sowie vom 5. November 2008 Informationen sowohl zu den Anspruchsvoraussetzungen für einen Gründungszuschuss als auch zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung erhalten. Da sie den Weiterversicherungsantrag gleichwohl nicht vor dem 19. Februar 2009 gestellt habe, habe sie die Antragsverspätung zu vertreten.

Die Klägerin hat am 8. Juli 2009 Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben, mit dem Begehren, unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide ihre Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ab 18. Dezember 2008 zu erreichen. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Antragsfrist sei ihr nicht bekannt gewesen; insbesondere sei sie auch nicht von Agenturmitarbeitern darauf hingewiesen worden. Auch in dem Flyer der Firma G., einer von der Beklagten und Kommunen getragenen GmbH, die Fortbildungen für Personen, die sich selbstständig machen wollen, anbietet, sei nichts von der Frist erwähnt.

Die Beklagte legte auf Nachfrage des Gerichts sowohl ein Exemplar der "Hinweise zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung" als auch ein Exemplar des Flyers der G. vor. Sie erklärte, die Hinweise seien der Klägerin bei Antragstellung am 19. Februar 2009 ausgehändigt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin am 5. November 2008 anlässlich des Telefonats mit der Mitarbeiterin D. der Beklagten auch über das Antragsverfahren unterrichtet worden sei.

Nunmehr anwaltlich vertreten hat die Klägerin weiter vorgetragen, sie habe keinen Anlass zu weitergehender Informationseinholung gehabt, da sie davon ausgegangen sei, dass sie bereits ausreichend beraten worden sei. Also habe sie sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden. Ihr Anruf bei der Beklagten am 19. Februar 2009 sei als Wiedereinsetzungsantrag anzusehen (unter Hinweis auf Hauck/Noftz, SGB III, Kommentar, § 28a Rn. 23). Außerdem habe sie einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil sie von der Beklagten nicht auf die Antragsfrist von einem Monat hingewiesen worden sei, obschon sich solches den Agenturmitarbeitern habe aufdrängen müssen. Auch sei das Merkblatt der Beklagten "Hinweise zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung" nachweislich falsch.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin auf Befragen angegeben, sie habe gewusst, dass es die freiwillige Weiterversicherung gebe. Lediglich die Antragsfrist sei ihr unbekannt gewesen, weshalb sie den Antrag nicht früher, insbesondere gleich in der ersten Dezemberhälfte gestellt habe. Ihr Urlaub im Ausland habe sich über die erste Januarhälfte erstreckt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Antragsfrist nach § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III sei eine materielle Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) nicht zulasse. Die Antragsfrist setze eine zeitliche Begrenzung für die Ausübung eines Rechtes, das an ein aktuelles Rechtsverhältnis anknüpfe. Aus Gründen der Rechtsklarheit solle verhindert werden, dass das Versicherungsverhältnis für unbestimmte Zeit in der Schwebe bleibe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Juli 2010, der Klägerin zugestellt am 9. September 2010, abgewiesen und ist in der Begründung im Wesentlichen der Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung gefolgt. Ergänzend hat es angeführt, der Antrag der Klägerin vom 19. Februar 2009 auf Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung sei verspätet. Der Antrag auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag müsse spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, gestellt werden (§ 28a Abs. 1 Satz 3 SGB III). Die versicherungsberechtigende Existenzgründung der Klägerin habe nach ihren Angaben am 18. Dezember 2008 stattgefunden. Zu Zweifeln hieran bestehe nach Aktenlage kein hinreichender Anlass, obschon die Anzahl der Feiertage nach dem 18. Dezember 2008 sowie der anschließende Auslandsurlaub in der ersten Hälfte des Januar 2009 insoweit durchaus Fragen an dem behaupteten Sachverhalt aufwürfen. Doch komme es darauf für die Entscheidung nicht an. Ausgehend von einer Existenzgründung am 18. Dezember 2008 falle das rechnerische Ende der Monatsfrist auf den 18. Januar 2009, einen Sonntag, und das auf den nächsten Werktag (Montag) verlängerte Fristende auf den 19. Januar 2009. Die Klägerin habe danach die Antragsfrist exakt um einen Monat überschritten.

Der Klägerin sei keine Wiedereinsetzung in der vorigen Stand zu gewähren. Sei jemand ohne Verschulden verhindert gewesen, eine gesetzliche Frist einzuhalten, sei ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wiedereinsetzung sei nach § 27 Abs. 5 SGB X unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergebe, dass sie ausgeschlossen sei. Vorliegend vertrete die Kammer mit der Beklagten die Auffassung, dass § 28a Abs. 1 Satz 3 SGB III eine Wiedereinsetzung ausschließe. Die Auslegung als materielle Ausschlussfrist folge der Fragestellung, welchem Zweck die Frist diene und wie der Gesetzgeber dabei die widerstreitenden Interessen, nämlich einerseits das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Frist, andererseits das Interesse des Einzelnen an ihrer nachträglichen Wiedereröffnung, bewerte (Hinweis auf Eicher/Schlegel, SGB III, Kommentar, 86. Ergänzung, § 28a Randnr. 70 mit Nachweisen). Mit der Einführung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung auf Antrag nach § 28a SGB III (Gesetz vom 23. Dezember 2003, BGBl. I 2848) habe der Gesetzgeber nach den Gesetzesmotiven den Fortbestand des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung für die betroffenen Personen von deren in einer Antragstellung zu dokumentierenden Willensentscheidung abhängig machen wollen. Er habe hierdurch sowie durch die Verknüpfung des Bestandes eines Versicherungsverhältnisses mit der tatsächlichen Beitragszahlung dem Versicherungsprinzip Rechnung tragen wollen (BT-Drucksache 15/1515, Seite 78). Insoweit habe der Gesetzgeber das Versicherungsrisiko "Arbeitslosigkeit" anders als das Versicherungsrisiko "Krankheit" behandeln dürfen (vgl. zur freiwilligen Versicherung in der Krankenversicherung § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V), weil letzteres von größerer existenzieller Bedeutung für den versicherten Personenkreis sei. Anders als Gesundheitsleistungen seien die Leistungen der Arbeitslosenversicherung (wie auch die der freiwilligen Rentenversicherung; vgl. § 4 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) nach ihren Leistungen nicht zwingend existenzsichernd. Diese unterschiedliche Gewichtung der Sozialversicherungssysteme sei nicht zuletzt der folgenden rechtssystematischen Differenz zu entnehmen: Während die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung nach zweimonatigem Beitragsverzug erst dann ende, wenn der Versicherte auf die Rechtsfolgen weiterer Nichtzahlung eindeutig, bestimmt und rechtzeitig hingewiesen worden sei (§ 191 Nr. 3 SGB V), fehle eine entsprechende Hinweispflicht nach dreimonatigem Beitragsverzug in der Arbeitslosenversicherung (§ 28a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Da beide Regelungen nebeneinander existierten, dürfe auf eine bewusste Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber geschlossen werden (vgl. Gagel, SGB III, Kommentar, Stand Januar 2009, § 28a Rn. 16; anders: Hauck/Noftz, SGB III, Kommentar, § 28a Rn. 23; Eicher/Schlegel, a. a. O. § 28a Rn. 71: "strukturell vergleichbar"; Niesel/Brandt, SGB III, Kommentar, 5. Auflage, § 28a Rn. 9). Aufgrund vorstehender Erwägungen konzediere die Kammer mit Blick auf die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ein höheres Rechtssicherheitsbedürfnis in Bezug auf die Versicherungsberechtigten (Gagel, a. a. O., § 28a Rn. 11), als es hinsichtlich der freiwilligen Krankenversicherung der Fall sei. Dies führe zur Annahme der materiellen Ausschlussfrist.

Die Klägerin könne auch keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch mit dem Ziel der quasi Wiedereinsetzung in die Antragsfrist erfolgreich geltend machen. Die Klägerin trage für die Unterlassung eines Hinweises auf die Antragsfrist im Rahmen ihrer Beratungen durch Mitarbeiter der Arbeitsagentur am 21. Oktober 2008 sowie am 5. November 2008 die Beweislast, welcher sie allein mit ihrem Hinweis auf das Fehlen einer expliziten Erwähnung in den aktenkundigen Verbis-Beratungsvermerken noch nicht genügt habe; denn der Beratungsinhalt habe zusammenfassend dokumentiert werden dürfen. Im Übrigen lasse der Herstellungsanspruch lediglich die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes zu, welcher im Fall einer Ausschlussfrist durch quasi Wiedereinsetzung eben nicht hergestellt wäre.

Mit ihrer am Montag, den 11. Oktober 2010, eingelegten Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Klägerin hat vorgetragen, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts handele es sich bei der Frist des § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III nicht um eine materielle Ausschlussfrist. Eine solche liege nur dann vor, wenn nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift die gesetzliche Regelung mit der Frist stehe und falle. Diese Voraussetzung läge nicht vor. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass im Falle des § 28a Abs. 2 SGB III eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sein solle, so hätte er dies ausdrücklich normieren müssen, schon um den Vorbehalt des Gesetzes zu beachten. Gegen die Argumentation des Sozialgerichts aus Sinn und Zweck der Vorschrift spreche schon, dass § 434j Abs. 2 SGB III (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) eine Antragstellung innerhalb deutlich längerer Fristen zulasse. Damit gingen auch die Ausführungen des Sozialgerichts über die Frage, ob in der Annahme einer materiellen Ausschlussfrist eine Ungleichbehandlung gegenüber den Vorschriften der freiwilligen Krankenversicherung liege, ins Leere. Im Übrigen lägen auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 6. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihrem Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab 18. Dezember 2008 stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält daran fest, dass eine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III grundsätzlich ausscheide. Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass eine Wiedereinsetzung nicht grundsätzlich ausgeschlossen wäre, lägen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB X nicht vor, weil die Klägerin nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die gesetzliche Frist einzuhalten. Die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 SGB III in der bis 31. Oktober 2010 geltenden Fassung lägen allerdings vor.

Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19. Juni 2013 verwiesen. Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen die Klägerin betreffenden Leistungsakte sowie die "FWA"-Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin begehrt die Aufnahme in ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung. § 28a SGB III in der hier anwendbaren vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) bestimmt zum Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in Abs. 1 S. 3, dass der Antrag spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, gestellt werden muss. Die Klägerin hat nach eigenen Angaben ihre selbständige Tätigkeit am 18. Dezember 2008 aufgenommen. Sie hätte damit den Antrag fristgerecht bis Montag, den 19. Januar 2008 stellen können, hat den Antrag aber erst am Donnerstag, den 19. Februar 2009 gestellt. Sie hat damit die Antragsfrist versäumt.

Ob im Falle der Versäumung der Frist des § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III a.F. (bis 30. Juni 2008: § 28 Abs. 2 S. 2 SGB III, der ebenso schon eine Einmonatsfrist vorsah; ab 1. Januar 2011: § 28a Abs. 3 S. 1 SGB III mit einer Dreimonatsfrist) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, ist streitig und noch nicht höchstrichterlich entschieden. Ein Verfahren zu der Frage, ob bei der Versäumung der Monatsfrist nach § 28a Abs 2 S 2 SGB III in der Vorgängerfassung der hier anwendbaren Bestimmung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich ausgeschlossen ist, ist vor dem Bundessozialgericht anhängig (Az: B 12 AL 2/12).

Die Beklagte selbst hält diese Frist für eine materiellrechtliche Ausschlussfrist, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausscheide. Soweit ersichtlich beschäftigen sich drei Entscheidungen von Landessozialgerichten mit dieser Frage, alle mit dem Ergebnis, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich zulässig sein soll.

Das Hessische Landessozialgericht hat in seinem Urteil vom 11. Oktober 2010 (L 9 AL 165/09, juris, Rn. 40 f.) ausgeführt, auch nach Inkrafttreten des § 27 SGB X am 1. Januar 1981 sei durch Auslegung der Norm zu ermitteln, ob es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handele und eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand grundsätzlich auszuschließen sei. Entscheidend sei dabei, ob nach Sinn und Zweck der Vorschrift die gesetzliche Regelung "mit der Frist stehe und falle" (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RA 16/93, SozR 3-5765 § 10 Nr. 2). So finde Wiedereinsetzung nach § 27 Abs. 1 SGB X zum Beispiel auch im Fall der materiell–rechtlichen Ausschlussfrist des § 9 Abs. 2 SGB V Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2002 B 12 KR 14/01 R, SozR 3–2500 § 9 Nr. 4), der die freiwillige Versicherung in der Krankenversicherung regele. Gegen die Annahme, Sinn und Zweck der Vorschrift stehe und falle mit der Einhaltung der Monatsfrist, spreche schon § 434j Abs. 2 SGB III (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung), wonach eine entsprechende Antragstellung innerhalb deutlich längerer Fristen zugelassen sei. Im Ergebnis sei damit die Annahme nicht gerechtfertigt, es handele sich bei der Monatsfrist des § 28a Abs. 2 S. 2 SGB III um eine materielle Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht ermögliche.

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat es in seinem Urteil vom 22. Mai 2012 (L 11 AL 86/08, juris Rn. 18 ff.; hierzu ist die Revision anhängig beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 12 AL 2/12) dahinstehen lassen, ob es sich bei der erwähnten Frist um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handele oder nicht. Denn auch bei Versäumung einer Frist des materiellen Sozialrechts sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Anwendung von § 27 SGB X nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie sei nur unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergebe, dass sie ausgeschlossen sei (§ 27 Abs. 5 SGB X). Sei eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit nach dem Wortlaut der Norm nicht ausdrücklich ausgeschlossen, könne sie sich möglicherweise durch Auslegung aus dem jeweiligen Zweck der Fristbestimmung und der ihr zugrunde liegenden Interessenabwägung ergeben. Eine Rechtsvorschrift aus der sich der Ausschluss der Wiedereinsetzungsmöglichkeit bei Versäumung der Frist des § 28 Abs. 2 S. 2 SGB III a.F. ausdrücklich im Sinne von § 27 Abs. 5 SGB X ergeben würde, sei nicht ersichtlich. Ein solcher Ausschluss ergebe sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Fristerfordernisses. Dies könne allerdings nicht allein aus § 434j Abs. 2 S. 1 SGB III (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) abgeleitet werden. Allein die Einräumung einer verlängerten, originären Antragsfrist für Übergangsfälle erlaube weder den Rückschluss, dass der Gesetzgeber dem Fristerfordernis (vorübergehend) nur untergeordnete Bedeutung beimessen wollte, noch dass er sogar bewusst eine Wiedereinsetzung entsprechend § 27 Abs. 5 SGB X ausschließen wollte. Allerdings sei die Regelung zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar, wonach der Beitritt zur freiwilligen Versicherung der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten anzuzeigen ist, nachdem eine auf anderen Gründen beruhende Versicherung beendet ist (§ 9 Abs. 2 SGB V). Damit solle "möglichst bald Klarheit darüber bestehen, ob derjenige der berechtigt war, der (Versicherung) beizutreten, dieses Gestaltungsrecht ausgeübt hat" (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. Juni 1991 – 12 RK 59/91). Zudem solle der Gefahr des Missbrauchs begegnet werden, der zu befürchten wäre, wenn u.U. nach langen Zeiträumen ohne Beitragsentrichtung erst bei Eintritt eines Leistungsfalls ein freiwilliges Versicherungsverhältnis begründet werde. Gleichwohl habe das BSG hierzu bereits entschieden, dass auch insoweit grundsätzlich eine Wiedereinsetzung bei Versäumung der Frist in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 14. Mai 2001 – B 12 KR 14/01 R). Es seien keine Gründe zu erkennen, weshalb für die strukturell gleichgelagerte Vorschrift des § 28a Abs. 2 S. 2 SGB III a.F. etwas anderes angenommen werden müsste.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 21. Juni 2012 (L 9 AL 9/12, juris Rn. 33 ff.) § 27 SGB X für anwendbar erklärt. § 27 SGB X sei nach seinem klaren Wortlaut nicht auf verfahrensrechtliche Fristen beschränkt, sondern erstrecke sich auch auf Fristen des materiellen Rechts wie § 28a Abs. 1 S. 3 (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 – 12 RK 22/87, juris Rn. 21; Timme in Diering/Timme/Waschull, Kommentar zum SGB X, 3. Auflage 2011, § 27 Rn 5). Dies zeige insbesondere ein Vergleich mit § 67 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der eine Wiedereinsetzung allein in "gesetzliche Verfahrensfristen" erlaube, und entspreche im Übrigen dem mit Einführung des § 27 SGB X verfolgten Zweck, eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Umgang mit der Überschreitung gesetzlicher Fristen zu schaffen. Als Ausnahmevorschrift sei § 27 Abs. 5 SGB X eng auszulegen, im Zweifel die Wiedereinsetzung zuzulassen (BSG, a.a.O., juris Rn 23). Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu der Frage, ob eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 28a Abs. 1 Satz 3 möglich sei, fehle. Es sei deshalb durch Auslegung zu ermitteln, ob für diese Frist eine Wiedereinsetzung schlechthin ausgeschlossen sei. Einer Auslegung des § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III nach seinem Wortlaut (grammatikalische Auslegung) und einer systematischen Auslegung unter Berücksichtigung des Zusammenhanges der Norm ließen sich keine Hinweise auf einen Ausschluss der Wiedereinsetzung ermitteln. Nach § 28a Abs. 2 S. 1 SGB III beginne das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Eingangs des Antrags bei der Agentur für Arbeit, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem erstmals die nach Absatz 1 Satz 1 geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Aus der unmittelbaren Verknüpfung zwischen Antragseingang und Versicherungsbeginn lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass eine Wiedereinsetzung nicht möglich sei. Eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Norm (teleologische Auslegung) führe ebenfalls nicht zu dem Ergebnis, dass eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III generell ausgeschlossen wäre. Insoweit könnten nur solche Zweckbestimmungen Berücksichtigung finden, die im Gesetz selbst objektiv Niederschlag gefunden haben. Das Bundessozialgericht verlange für die Ableitung eines Ausschlusses der Wiedereinsetzung aus dem Sinn und Zweck der Norm, dass die gesetzliche Regelung "mit der Frist stehe und falle" (BSG, Urteil vom 23. Januar 2008 B 10 EG 6/07 R). Eine solche enge Verknüpfung zwischen der durch § 28a SGB III vom Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und der Monatsfrist sei nicht zu erkennen. Dies folge schon daraus, dass ein Antrag auf freiwillige Versicherung nach der Übergangsbestimmung in § 434j Abs. 2 SGB III auch unabhängig von der Monatsfrist möglich gewesen sei, und im Übrigen auch daraus, dass der Gesetzgeber die Monatsfrist durch Gesetzesänderung zum 1. Januar 2011 in eine Dreimonatsfrist umgewandelt habe (§ 28a Abs. 3 S.1 SGB III in der seit dem 1. Oktober 2011 geltenden Fassung), ohne dass sich das Wesen des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag hierdurch verändert hätte. Ein anderes Ergebnis lasse sich schließlich auch nicht aus einer historischen Auslegung ableiten. Schließlich dürften nach dem auch für den Bereich des Sozialrechts in § 31 SGB I normierten Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes Rechte und Pflichte in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz dies vorschreibe oder zulasse. Erfasst werde hiervon auch das Recht auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag aus § 28a SGB III.

Ob es sich bei § 28a Abs. 1 S. 3 SGB III a.F. um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handelt, kann hier ebenso dahinstehen wie die Frage, ob diese Frist als absolute Ausschlussfrist ohne Wiedereinsetzungsmöglichkeit wirken soll. Denn selbst wenn man im Anschluss an die zuvor zitierte Rechtsprechung der Landessozialgerichte grundsätzlich eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit bejaht, scheidet vorliegend eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus tatsächlichen Gründen aus.

Auf einen ausdrücklichen Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin binnen zwei Wochen nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB X kann allerdings verzichtet werden, weil in der verspäteten Antragstellung ein konkludenter Wiedereinsetzungsantrag lag und die versäumte Rechtshandlung mit der Antragstellung nachgeholt wurde (§ 27 Abs. 2 S. 3 und 4 SGB X).

Allerdings liegt kein Fall vor, in dem die Klägerin ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Antragsfrist einzuhalten

Die Klägerin beruft sich darauf, von der Monatsfrist des § 28a Abs. 2 S. 3 SGB III a.F. keine Kenntnis gehabt zu haben. In ihrem Widerspruch hat die Klägerin vorgetragen, "aus Gründen fehlender Informationen der G. über die sehr kurze Anmeldefrist und eines damaligen temporären Auslandsaufenthalts Anfang Januar 2009 aus beruflichen Gründen" habe sie den Antrag nicht früher stellen können. Anwaltlich vertreten hat sie vorgetragen, sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden zu haben.

Wenn die Klägerin keine Kenntnis von der Antragsfrist hatte, entlastet sie das grundsätzlich nicht. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass wegen Versäumung der Antragsfrist auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nach Art. 56 Abs. 4 des Gesundheits-Reformgesetzes eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kam, wenn die Fristversäumung auf der Unkenntnis des Rentners von der Befreiungsregelung beruhte. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen genüge für die Bekanntmachung von Gesetzen, die sich an einen unbestimmten Kreis von Personen richten, die Verkündung im Bundesgesetzblatt. Mit der Verkündung gölten die Gesetze grundsätzlich allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann sie von ihnen tatsächlich Kenntnis erlangt haben (vgl. BSG Urteil vom 21. Juni 1990 – 12 RK 27/88, juris; Urteil vom 9. Februar 1993 - 12 RK 28/92, juris). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 16. September 1991 – 5 B 90/91 zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung entschieden, dass mangelnde Rechtskenntnis eine Fristversäumnis in der Regel nicht entschuldigt, dass jedoch aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Falles ausnahmsweise auch eine andere Beurteilung angezeigt sein kann. Gründe dafür, dies für das Verschulden im Rahmen des § 27 Abs. 1 SGB X anders zu beurteilen, seien nicht ersichtlich (Hinweis auf Hauck/Haines, SGB X, § 27 Rn. 7; Schroeder-Printzen/von Wulffen, SGB X, 2. Auflage 1990, § 27 Anm. 4).

Hier hat die Klägerin nach ihrem Vortrag zwar Kenntnis von der Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung gehabt, trotz der Beratungsgespräche am 21. Oktober, 5. und 6. November 2008 aber keine Kenntnis von der Antragsfrist. Diese Konstellation ist indessen nicht anders zu behandeln, als hätte die Klägerin von der Möglichkeit der Versicherung auf Antrag überhaupt nichts gewusst. Umstände, nach denen ausnahmsweise trotz der behaupteten Nichtkenntnis der Antragsfrist, ein Verschulden der Klägerin im Rahmen des § 27 Abs. 1 SGB X zu verneinen wäre, sind nicht ersichtlich.

Es gibt vorliegend insbesondere keine Anhaltspunkte für eine Falschberatung durch die Beklagte. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, in den drei Beratungskontakten vor Antragstellung am 21. Oktober, 5. November und 6. November 2008 falsch von der Beklagten über die Antragsfrist, etwa i.S. einer zweimonatigen Frist (die eingehalten wäre), informiert worden zu sein. § 28a SGB III sah seit seinem Inkrafttreten am 1. Februar 2006 durchgängig eine einmonatige Antragsfrist nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, vor. Erst in der Gesetzesfassung ab 1. Januar 2011 sieht § 28a Abs. 3 S. 1 SGB III vor, dass der Antrag spätestens innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag berechtigt, gestellt werden muss.

Der Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten Frau D. über den telefonischen Kontakt am 5. November 2008 hält fest, dass es um Fragen zum Gründungszuschuss sowie zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ging; er lautet "Voraussetzungen erläutert und Fragen geklärt". Dies lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass die Beklagte der Klägerin eine falsche Frist zur Antragstellung nannte. Dass bei den drei Kontakten am 21. Oktober, 5. und 6. November die Antragsfrist gänzlich unerwähnt blieb, kann die Klägerin nicht beweisen. Sie selbst hat auf die Frage in der mündlichen Verhandlung, warum sie gerade am 19. Februar 2009 ihren Antrag gestellt habe, geantwortet, dies sei Zufall gewesen. Sie habe auch das Gefühl gehabt, dass es hohe Zeit gewesen sei, den Antrag zu stellen. Das zeigt, dass selbst wenn die Klägerin keine positive Kenntnis von der einmonatigen Antragsfrist hatte, ihr doch zumindest klar war, dass sie den Antrag nicht zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit stellen konnte. Damit ist ihr aber ein Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden vorzuwerfen.

Der Vortrag der Klägerin das – ihr erst bei Abgabe des Antragsformulars am 26. Februar 2009 ausgehändigte - Merkblatt der Beklagten sei falsch, ist unzutreffend. Denn es heißt dort: "Der Antrag muss spätestens innerhalb eines Monats nach Aufnahme der der Tätigkeit/Beschäftigung (Ausschlussfrist) bei der Agentur für Arbeit gestellt werden". Ungeachtet der Frage, ob es sich um eine Ausschlussfrist handelt, wird die Monatsfrist richtig benannt. Später geht es in dem Merkblatt noch um die Abgabe des Antragsformulars, die binnen drei Monaten zu erfolgen habe. Da die Klägerin das Merkblatt nach dem Vortrag der Beklagten aber ohnehin erst bei ihrer verspäteten Antragstellung ausgehändigt bekam, kommt es auf den Inhalt des Merkblatts nicht entscheidungserheblich an, weil die Klägerin sich in ihrem Handeln hieran nicht orientieren konnte.

Da die Klägerin nicht beweisen kann, dass die Beklagte sie überhaupt nicht, unrichtig oder missverständlich über die Antragsfrist informiert hat, scheidet auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aus. Denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen unterlassener oder ungenügender allgemeiner Aufklärung nach § 13 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I), könnte nur greifen, wenn die Beklagte unrichtig oder missverständlich über das befristete Befreiungsrecht informiert hätte (BSG, 9. Februar 1993 - 12 RK 28/92, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Zwar ist die Rechtsfrage ob bei Versäumung der Frist des § 27 Abs. 1 S. 3 SGB III a.F. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, höchstrichterlich noch nicht geklärt und ein Verfahren beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 12 AL 2/12 anhängig. Jedoch kommt es auf diese Rechtsfrage im Ergebnis und damit entscheidungserheblich nicht an, weil selbst bei Bejahung dieser Frage eine Wiedereinsetzung ausscheidet, weil die Voraussetzungen des § 27 SGB X nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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