L 3 SB 379/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3344/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 379/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Dezember 2011 aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Juli 2011 verurteilt, den Grad der Behinderung der Klägerin ab dem 17. Januar 2011 mit 30 festzustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).

Die am 22.09.1955 geborene Klägerin beantragte am 17.01.2011 beim Landratsamt Rastatt - Versorgungsamt - die Feststellung des Vorliegens einer Behinderung und des Grades der Behinderung (Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -). In Auswertung der dem Antrag beigefügten medizinischen Unterlagen führte Dr. A in der gutachtlichen Stellungnahme vom 09.02.2011 aus, Hirndurchblutungsstörungen sowie Bluthochdruck bedingten einen GdB von 20. Keinen Teil-GdB von mindestens 10 bedingten ein Leberschaden, ein familiäres Kolonkarzinom, ein subklinisches KHK-Äquivalent mit Vorhofseptumaneurysma und offenem Foramen ovale sowie ein Diabetes mellitus. Hierauf gestützt stellte das Landratsamt Rastatt mit Bescheid vom 16.02.2011 den GdB der Klägerin mit 20 seit 01.11.2010 fest.

Hiergegen erhob die Klägerin am 15.03.2011 Widerspruch mit der Begründung, eine bei ihr bestehende Divertikulose, die zu gehäuften Unterbauchbeschwerden führe, sei nicht angemessen berücksichtigt worden.

In der gutachtlichen Stellungnahme vom 09.05.2011 führte Dr. B. hierzu aus, im Arztbrief des Radiologiezentrums Karlsruhe vom 31.03.2008 sei eine Divertikulitis ausgeschlossen worden. Dr. C. habe im Arztbrief vom 06.07.2006 lediglich vereinzelte Sigmadivertikel beschrieben. Ein Teil-GdB resultiere hieraus nicht. Gestützt hierauf wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2011 zurück. Einen Vermerk über die Aufgabe des Widerspruchsbescheids zur Post enthalten die Verwaltungsakten nicht.

Am 08.08.2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, die Folgen eines Schlaganfalles sowie die Folgen des Reizdarmes seien nicht zutreffend berücksichtigt.

Das SG hat den behandelnden Arzt Dr. D. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 22.10.2011 unter Beifügung von Arztbriefen, auf die Bezug genommen wird, ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine Divertikulose mit Zustand nach Divertikulitis, ein Reiz-Verschleißknie links mit Chondromalazie Grad IV, ein Diabetes mellitus Typ II unter oraler Medikation, eine manifeste arterielle Hypertonie sowie ein offenes Foramen ovale. Im November 2010 habe sich ein "pure-sensory-stroke" ereignet, im Kernspin des Schädels bestünden weitere Veränderungen, es sei eine Schilddrüsenhormonsubstitution nach Strumektomie erfolgt. Über die Hirndurchblutungsstörung und den Bluthochdruck hinaus bestünden Schmerzen und Bewegungsbeeinträchtigungen im rechten Knie, Obstipationsbeschwerden mit Unterbauchschmerzen links sowie eine Angststörung seit dem "Schlaganfall". Zur weiteren Divertikulitisschüben sei es nicht gekommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2011, auf den Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen. Gegen den am 28.12.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.01.2012 Berufung eingelegt.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neuropsychiatrisches Gutachten bei Dr. E., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, und ein internistisches Gutachten bei Prof. Dr. F., Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Chefarzt der Inneren Abteilung am G. Klinikum, eingeholt.

Im neuropsychiatrischen Gutachten vom 26.06.2012 hat Dr. E. ausgeführt, in den Jahren 1970 und 1974 habe die Klägerin je einen epileptischen Anfall gehabt. Seit 1976 nehme sie keine antikonvulsiven Medikamente mehr und habe auch keine Anfälle mehr gehabt. Am 25.11.2010 sei es zu einer vorübergehenden transitorischen ischämischen Attacke mit Gefühlsstörungen in der linken Gesichtsseite gekommen, wobei sich die Symptomatik rasch und folgenlos zurückgebildet habe. Auf neuropsychiatrischem Fachgebiet leide die Klägerin an Hirndurchblutungsstörungen bei Hypertonus. Neurologische Ausfälle seien nicht zu eruieren, auch das EEG sei jetzt ganz in Ordnung. Eine gewisse Angst und Sorge vor einem Wiederauftreten eines Schlaganfalls gehöre mit zu diesem Symptomenkomplex. Die Funktionsstörungen hätten einen leichten bis mittelschweren Schweregrad. Er schätze den GdB für die Hirndurchblutungsstörungen bei Hypertonus auf 20 sowie den Gesamt-GdB insgesamt auf 20.

Im Gutachten vom 15.10.2012 hat Prof. Dr. F. folgende Diagnosen genannt:

1. Divertikulose des linksseitigen Colons mit Zustand nach rezidivierenden Divertikulitiden 2. Episodische heftige Diarrhoe unklarer Genese 3. Mäßiggradige chronische Gastritis 4. Familiäre Belastung bezüglich Colon-Karzinom 5. Geringe Hepatopathie unklarer Genese 6. Zustand nach Sectio caesarea und Hysterektomie 7. Diabetes mellitus Typ II seit 2005 unter oraler Medikation gut eingestellt 8. Hyperlipidämie medikamentös gut eingestellt.

Die Funktionsstörungen des chronischen Oberbauchschmerzes, des Meteorismus sowie der episodischen Diarrhoe seien jeweils einem leichten Schweregrad zuzuordnen. Der GdB hierfür sei mit 10 einzuschätzen. Prof. Dr. F. hat weiter ausgeführt, seines Erachtens sollte überprüft werden, ob die Bemessung des GdB mit 20 durch die in den Akten neu anzutreffenden Feststellungen von Angstzuständen der Klägerin noch gerechtfertigt sei.

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, die bei ihr vorliegenden chronischen Darmstörungen mit wesentlichen Beschwerden und stärkeren, häufig rezidivierenden anhaltenden Symptomen seien mit einem Teil-GdB von 20 bis 30 zu bewerten. Insbesondere unter Einbeziehung des Diabetes mellitus sei der Teil-GdB auf internistisch-gastroenterologischem Gebiet mit 20 anzusetzen. Auch sei Dr. E. noch einmal zu den neu aufgetretenen Angstzuständen zu befragen.

Die Klägerin hat weiter mitgeteilt, eine psychiatrische Behandlung werde derzeit nicht durchgeführt. Im Erörterungstermin am 13.05.2013 hat sie angegeben, die Durchfallattacken träten alle zwei bis drei Wochen, gelegentlich auch wöchentlich auf und dauerten ca. eine Stunde.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Dezember 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2011 zu verurteilen, den Grad der Behinderung der Klägerin ab dem 17. Januar 2011 mit mindestens 30 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er trägt unter Bezugnahme auf die Versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 30.01.2013 vor, für die im Abstand von mehreren Wochen auftretenden Durchfälle im Rahmen einer Divertikulose/Divertikulitis könne kein höherer Teil-GdB als 10 vergeben werden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 SGG) ist gewahrt. Die Verwaltungsakten enthalten keinen Vermerkt darüber, wann der Widerspruchsbescheid vom 04.07.2011 zur Post gegeben worden ist, so dass die Vermutungsregelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bezüglich des Beginns der Monatsfrist nicht greift. Auch sonstige Nachweise über die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch teilweise begründet. Der bei der Klägerin vorliegende GdB ist mit 30 ab Antragstellung festzustellen. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden i.S. der Nr. 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der AHP ab. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, so dass ab dem 1.1.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), die durch die Verordnungen vom 14.7.2010 (BGBl. I 928) und zuletzt 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) geändert worden ist, Grundlage für die Feststellung des GdB ist (BSG, Urteil v. 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R - juris Rn. 16 f.). Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) veröffentlicht worden, in denen u.a. die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) i.S. des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind auch für die Feststellung der GdB maßgebend (vgl. Teil A Nr. 2 VG). Die VG stellen - ebenso wie die zuvor maßgeblichen Anhaltspunkte für die gutachterliche Tätigkeit - ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (BSG, Urteil v. 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 9 Rn. 25 m.w.N.), die nicht nur die Regelung des § 69 SGB IX konkretisieren, sondern auch den Behinderungsbegriff der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung" (deren Weiterentwicklung wurde im Mai 2001 von der Weltgesundheitsorganisation als ICF verabschiedet) als Grundlage des Bewertungssystems berücksichtigen. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (vgl. BSG, a.a.O.). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (vgl. § 2 Abs. 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. a) VG) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. b) VG; vgl. auch BSG, Urteil v. 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R - juris Rn. 18; BSG, Urteil v. 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris Rn. 29). 1. Die Klägerin leidet an einer Hirndurchblutungsstörung bei Hypertonus. Neurologische Ausfälle bestehen nicht, auch das EEG ist ohne Hinweise auf einen krankhaften Befund. Die nach einer transitorischen ischämischen Attacke am 25.11.2010 aufgetretenen Gefühlsstörungen in der linken Gesichtshälfte haben sich rasch und folgenlos zurückgebildet. Der Senat erachtet hierfür, gestützt auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. E. im Gutachten vom 26.06.2012, einen Teil-GdB von 20 als ausreichend und angemessen. Mit einbezogen hierin ist die Angst vor einem Wiederauftreten eines Schlaganfalls.

2. Auf internistischem Fachgebiet bestehen bei der Klägerin eine Divertikulose des linksseitigen Colons mit Zustand nach rezidivierenden Divertikulitiden sowie episodisch heftige Diarrhoe unklarer Ursache. Nach Teil B Nr. 10.2.2 VG sind chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion) ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Liegen stärkere und häufige rezidivierende oder anhaltende Symptome (z.B. Durchfälle, Spasmen) vor, rechtfertigt dies einen Teil-GdB von 20 bis 30. Chronische Darmstörungen mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes sind mit einem Teil-GdB von 40 bis 50 zu bewerten.

In der Klagebegründung hatte die Klägerin vorgetragen, die Durchfälle träten in einem Abstand von zwei bis drei Wochen auf und hielten dann mehrtägig an. Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat hierzu im Gutachten vom 15.10.2012 ausgeführt, die Rhythmik der episodisch auftretenden ausgeprägten Diarrhoe sei nicht klar auszumachen. In der Mehrzahl der Fälle folge auf eine mehrtägige Phase von normalem bzw. obstipiertem Stuhlgang ein Tag mit heftigem imperativem, mehrmaligem Durchfall. Diese Zeitabstände könnten variieren, hierbei könne die Phase des obstipierten Stuhlganges über 10 Tage hinaus andauern, die Phase der Diarrhoe bis zu drei Tagen. Diese Beschwerdesymptomatik hat sich auch in der Zeit nach der gutachterlichen Untersuchung am 20.09.2012 nicht wesentlich verändert. Nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vom 13.05.2013 treten die Durchfallattacken alle zwei bis drei Wochen auf, gelegentlich auch wöchentlich, sie dauern dann eine Stunde.

Entgegen der Beurteilung durch den Sachverständigen Prof. Dr. F. ist der Senat zur Beurteilung gelangt, dass die chronische Darmstörung der Klägerin in Form einer Divertikulose mit episodischer heftiger Diarrhoe mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. F. die episodische Diarrhoe nicht ursächlich auf die Divertikulose zurückgeführt. Die im Rahmen der Begutachtung durchgeführte Ileo-Koloskopie hat keinen Hinweis auf einen entzündlichen oder malignen Prozess ergeben. Es besteht lediglich eine Divertikulose im Bereich des linksseitigen Darms mit mehreren kleineren bis mittelgroßen, reizlosen Divertikeln. Die Biopsie sowohl des terminalen Ileum als auch des Sigma hat eine unauffällige Schleimhaut ergeben, die Histologie hat keine mikroskopische Colitis und keinen Anhalt für Malignität gezeigt. Die Schnittstufen der Colonschleimhautbiopsie haben ebenfalls ein entzündungsfreies Bild erbracht. Die Ösophagogastro-Duodenoskopie hat makroskopisch lediglich den Befund einer mäßiggradigen Gastritis ergeben. Die bei der Klägerin auftretende Diarrhoe entspricht jedoch nach ihrem Erscheinungsbild den in Teil B Nr. 10.2.2. VG benannten Symptomen, die mit einem GdB von 20 - 30 zu bewerten sind. Es kommt rezidivierend zu heftigem imperativem Stuhlgang. So hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, die Klägerin sei durch die episodisch auftretende Diarrhoe insbesondere deshalb auch stark belastet, weil das erneute Einsetzen nicht absehbar sei und im Akutstadium die Notwendigkeit bestehe, die Tätigkeit umgehend zu unterbrechen und eine Toilette aufzusuchen. Die starke wiederkehrende Diarrhoe führe zu Schwäche, einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinbefindens und zu Mangelzuständen. Unbeachtlich ist, dass nach Prof. Dr. F. nicht die Divertikulose als Ursache der Diarrhoe anzusehen, diese vielmehr unklarer Genese ist. Denn maßgeblich für die Bemessung des GdB sind die tatsächlich vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen.

3. Der mit oralen Medikamenten, welche die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen, gut eingestellte Diabetes mellitus Typ II bedingt keinen GdB (Teil B Nr. 15.1 VG). Gleiches gilt für die mäßiggradige chronische Gastritis (Teil B Nr. 10.2.1 VG).

4. Die von Prof. Dr. F. im Gutachten vom 15.10.2012 angeführten Angstzustände sind bereits bei der Bewertung der Hirndurchblutungsstörungen bei Hypertonus berücksichtigt. Prof. Dr. F. hat selbst keine Angstzustände bei der Klägerin festgestellt, sondern lediglich ausgeführt, diese seien in den Akten neu anzutreffen. Die Akten enthalten hierzu jedoch lediglich die Ausführungen des Sachverständigen Dr. E. im Gutachten vom 26.06.2012. Dieser hat angegeben, die Klägerin habe Angst vor einem erneuten Auftreten eines Schlaganfalls. Diese gehöre zu dem Symptomenkomplex der Hirndurchblutungsstörung und sei in dem hierfür festgestellten GdB bereits enthalten. Diese Beurteilung macht sich der Senat zu eigen.

5. Der Gesamt-GdB ist danach unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von jeweils 20 für die Hirndurchblutungsstörung bei Hypertonus und für die die chronische Darmstörung mit 30 festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das lediglich teilweise Obsiegen der Klägerin, welche die Feststellung des GdB mit mindestens 30 und damit auch eines höheren GdB beantragt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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