Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 158/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 214/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.03.2000 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 verurteilt, das Ereignis vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung des Sturzes der Klägerin am 04.05.1996 als Arbeitsunfall.
Die am 1948 geborene Klägerin war am 04.05.1996 damit beschäftigt, einen 80 cm langen, bepflanzten Plastikkasten über die 80 cm hohe Balkonbrüstung im Erdgeschoss des in Hanglage stehenden Wohn- und Geschäftshauses in A. zu heben und in die dafür vorgesehene und davorliegende Balkonaussparung zu stellen. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte über die Balkonbrüstung zwei bis drei Meter tief auf die Terrasse. Sie erlitt verschiedene Knochenbrüche (Bericht Dr.P.K. vom 25.09.1996). Die Klägerin ist laut Arbeitsvertrag vom 09.09.1982 bei ihrem Ehemann B. angestellt, der ein Fliesengeschäft in A. betreibt, zu dem auch der Verkauf von Natursteinen, Kachelöfen und Kaminen gehört, die auch auf Balkon und Terrasse besichtigt werden können. Zur Verschönerung dienten aus Naturstein gemauerte Kästen als auch Plastikblumenkästen auf einem Mauervorsprung vor dem Balkongeländer. Die Plastikblumenkästen waren für die Ochsenfurter Verkaufsschau, die Ende April stattfand und auf der die Firma des Ehemanns der Klägerin vertreten war, vom Balkon entfernt worden, vor der Ausstellung mit Balkonmischpflanzen des fahrenden Blumenhändlers R. (B.) im Ausstellungsgelände bepflanzt worden und nach der Schau wurden sie auf einen Ladeanhänger geladen, um alsbald von der Klägerin an der alten Stelle wieder angebracht zu werden.
Mit Bescheid vom 15.10.1997 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall ab. Es sei nicht erwiesen, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Auch sei erst am 01.10.1996 die Anzeige eines Arbeitsunfalls eingegangen. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, die Blumenkästen hätten im Wohn- und Geschäftshaus (auch) für eine angenehme Verkaufsatmosphäre dienen sollen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.1998 zurück. Bei der Verbringung der Blumenkästen vom Ladeanhänger zum Balkon habe kein Zusammenhang mit betrieblicher Tätigkeit bestanden. Dafür spreche auch, dass bei der Einlieferung im Krankenhaus keine Angaben bezüglich eines Arbeitsunfalls gemacht wurden.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, das Ereignis vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Sie hat vorgetragen, die Plastikblumenkästen seien aus betrieblichen Gründen - wegen der Ochsenfurter Verkaufsschau - am Balkon entfernt worden und deshalb sei auch die Rückführung noch betrieblich bedingt. Auch habe die Funktion der Kästen überwiegend betrieblichen Zwecken gedient. Sie legte die Kopie einer Quittung der Firma R. über Balkonblumen vom 26.04.1996 vor. Das SG hat einen Augenscheinstermin durchgeführt, acht Polaroid-Fotos gemacht und mit Urteil vom 22.03.2000 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, der Rücktransport der Blumenkästen von der Ochsenfurter Verkaufsschau sei ebenso wie der Hintransport betrieblich veranlasst gewesen. Auch sei die Dekoration im Wohn- und Geschäftshaus betrieblich veranlasst gewesen.
Der Senat hat Lagepläne der Gemeinde A. und Grundrisspläne vom Haus der Klägerin beigezogen und den Ehemann der Klägerin als Zeugen einvernommen. Insofern wird auf seine Aussage in der heutigen mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 22.03.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 zu verurteilen, den Unfall vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall dem Grunde nach anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.03.2000 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) und begründet.
Die Klägerin hat am 04.05.1996 einen Arbeitsunfall gemäß § 548 Abs 1 Nr 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) erlitten.
Anzuwenden ist die RVO, denn der Unfall vom 04.05.1996 liegt noch vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zum 01.01.1997 (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sogenannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, dass betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund.
Nach der Überzeugung des Senats hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Nachdem das Verbringen der Plastikblumenkästen zur Ochsenfurter Verkaufsschau betrieblich bedingt war - und diesbezüglich besteht kein Anlass zu zweifeln - ist auch die Rückführung derselben betrieblich bedingt. Zu Recht trägt die Klägerin vor, dass die Kästen nicht auf der Verkaufsschau hätten stehen bleiben können. Sie mussten dort entfernt werden. Nachdem nach den glaubwürdigen Angaben des Ehemanns der Klägerin im Sommer und Winter eine Bepflanzung der Kästen vorgenommen wurde und dementsprechend auch eine Bepflanzung mit den Blumen des Blumenhändlers Rhein für den Sommer erfolgt war, mussten sie wieder an ihren alten Platz an dem Mauervorsprung vor dem Balkongeländer zurückgebracht werden. Die Tatsache, dass sie kurzfristig auf dem Ladeanhänger blieben bis die Klägerin die Zeit fand, sie am Balkon wieder anzubringen, führt nicht zu einer Zäsur - wie das Erstgericht annimmt - denn der Ladeanhänger war kein Platz, wo sie hingehörten und als aufgeräumt zu betrachten waren. Zu dieser Zeit war ganz offensichtlich der Rücktransport noch nicht abgeschlossen, sondern erst dann, als die Kästen wieder an ihrem ursprünglichen Platz zurückgelangt waren. Die Tätigkeit des Abnehmens, Verbringens auf die Verkaufsschau und wieder Zurückbringens ist somit als ein einheitlicher Vorgang anzusehen, der insgesamt betrieblich bedingt war.
Die Klägerin stand beim Wiederanbringen der Blumenkästen aber auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil ihre Tätigkeit im betrieblichen Interesse gelegen hat. Die Klägerin hatte als Angestellte ihres Ehemannes ein Interesse daran, dass das Wohn- und Geschäftshaus in Aufstetten 58 in einem ansprechenden Zustand war, insbesondere auch der Bereich von Balkon und Terrasse, der von Kunden besucht wurde. Dabei genügt es, dass die Kästen dann einsehbar waren, wenn man auf der Terrasse über einen Meter über die Balkontiefe hinausging - wie der Zeuge glaubwürdig angab - oder in den Garten. Es ist nämlich naheliegend, dass Kunden sich auch in dieser Richtung bewegten und dann auf die Bepflanzungen insgesamt blicken konnten.
Der Senat verkennt nicht, dass die Blumenkästen auch dem persönlichen, eigenwirtschaftlichen und damit unversicherten Belangen der Klägerin in ihrem Wohnhaus dienlich sind. Dem privaten Interesse kommt aber kein so großes Übergewicht zu, dass das unternehmensbezogene Interesse demgegenüber von untergeordneter Bedeutung wäre. Da es sich um ein Wohn- und Geschäftshaus handelte, ist dem unternehmensbezogenen Anteil der Balkondekoration zumindest eine gleichwertige und damit im Rechtssinne wesentliche Bedeutung beizumessen.
Dienen Tätigkeiten aber sowohl eigenwirtschaftlichen als auch betrieblichen Interessen und lassen sie sich nicht eindeutig in einen unternehmensbedingten und einen unternehmensfremden Teil zerlegen, dann sind diese "gemischten" Tätigkeiten versicherungsrechtlich geschützt, wenn sie dem Unternehmen - wie dargelegt - wesentlich dienen (BSGE 3, 240, 245; 20, 215, 217).
Die Tatsache, dass die Klägerin erst am 01.10.1996 der Beklagten einen Unfall gemeldet hat und bei dem behandelnden Arzt keinen Arbeitsunfall angegeben hat, ist kein Kriterium dafür, ob ein Arbeitsunfall im rechtlichen Sinn vorliegt. Auf die laienhafte Meinung der Versicherten, ob ein Arbeitsunfall vorliegt kann es weder im positiven noch im negativen Sinn bei der rechtlichen Würdigung des Begriffes "Arbeitsunfall" ankommen.
Danach ist der Anspruch der Klägerin auf Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall begründet.
Auf die Berufung der Klägerin ist daher das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.03.2000 aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG besteht kein Anlass.
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 verurteilt, das Ereignis vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung des Sturzes der Klägerin am 04.05.1996 als Arbeitsunfall.
Die am 1948 geborene Klägerin war am 04.05.1996 damit beschäftigt, einen 80 cm langen, bepflanzten Plastikkasten über die 80 cm hohe Balkonbrüstung im Erdgeschoss des in Hanglage stehenden Wohn- und Geschäftshauses in A. zu heben und in die dafür vorgesehene und davorliegende Balkonaussparung zu stellen. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte über die Balkonbrüstung zwei bis drei Meter tief auf die Terrasse. Sie erlitt verschiedene Knochenbrüche (Bericht Dr.P.K. vom 25.09.1996). Die Klägerin ist laut Arbeitsvertrag vom 09.09.1982 bei ihrem Ehemann B. angestellt, der ein Fliesengeschäft in A. betreibt, zu dem auch der Verkauf von Natursteinen, Kachelöfen und Kaminen gehört, die auch auf Balkon und Terrasse besichtigt werden können. Zur Verschönerung dienten aus Naturstein gemauerte Kästen als auch Plastikblumenkästen auf einem Mauervorsprung vor dem Balkongeländer. Die Plastikblumenkästen waren für die Ochsenfurter Verkaufsschau, die Ende April stattfand und auf der die Firma des Ehemanns der Klägerin vertreten war, vom Balkon entfernt worden, vor der Ausstellung mit Balkonmischpflanzen des fahrenden Blumenhändlers R. (B.) im Ausstellungsgelände bepflanzt worden und nach der Schau wurden sie auf einen Ladeanhänger geladen, um alsbald von der Klägerin an der alten Stelle wieder angebracht zu werden.
Mit Bescheid vom 15.10.1997 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall ab. Es sei nicht erwiesen, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Auch sei erst am 01.10.1996 die Anzeige eines Arbeitsunfalls eingegangen. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, die Blumenkästen hätten im Wohn- und Geschäftshaus (auch) für eine angenehme Verkaufsatmosphäre dienen sollen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.1998 zurück. Bei der Verbringung der Blumenkästen vom Ladeanhänger zum Balkon habe kein Zusammenhang mit betrieblicher Tätigkeit bestanden. Dafür spreche auch, dass bei der Einlieferung im Krankenhaus keine Angaben bezüglich eines Arbeitsunfalls gemacht wurden.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, das Ereignis vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Sie hat vorgetragen, die Plastikblumenkästen seien aus betrieblichen Gründen - wegen der Ochsenfurter Verkaufsschau - am Balkon entfernt worden und deshalb sei auch die Rückführung noch betrieblich bedingt. Auch habe die Funktion der Kästen überwiegend betrieblichen Zwecken gedient. Sie legte die Kopie einer Quittung der Firma R. über Balkonblumen vom 26.04.1996 vor. Das SG hat einen Augenscheinstermin durchgeführt, acht Polaroid-Fotos gemacht und mit Urteil vom 22.03.2000 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, der Rücktransport der Blumenkästen von der Ochsenfurter Verkaufsschau sei ebenso wie der Hintransport betrieblich veranlasst gewesen. Auch sei die Dekoration im Wohn- und Geschäftshaus betrieblich veranlasst gewesen.
Der Senat hat Lagepläne der Gemeinde A. und Grundrisspläne vom Haus der Klägerin beigezogen und den Ehemann der Klägerin als Zeugen einvernommen. Insofern wird auf seine Aussage in der heutigen mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 22.03.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 zu verurteilen, den Unfall vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall dem Grunde nach anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.03.2000 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) und begründet.
Die Klägerin hat am 04.05.1996 einen Arbeitsunfall gemäß § 548 Abs 1 Nr 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) erlitten.
Anzuwenden ist die RVO, denn der Unfall vom 04.05.1996 liegt noch vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zum 01.01.1997 (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sogenannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, dass betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund.
Nach der Überzeugung des Senats hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Nachdem das Verbringen der Plastikblumenkästen zur Ochsenfurter Verkaufsschau betrieblich bedingt war - und diesbezüglich besteht kein Anlass zu zweifeln - ist auch die Rückführung derselben betrieblich bedingt. Zu Recht trägt die Klägerin vor, dass die Kästen nicht auf der Verkaufsschau hätten stehen bleiben können. Sie mussten dort entfernt werden. Nachdem nach den glaubwürdigen Angaben des Ehemanns der Klägerin im Sommer und Winter eine Bepflanzung der Kästen vorgenommen wurde und dementsprechend auch eine Bepflanzung mit den Blumen des Blumenhändlers Rhein für den Sommer erfolgt war, mussten sie wieder an ihren alten Platz an dem Mauervorsprung vor dem Balkongeländer zurückgebracht werden. Die Tatsache, dass sie kurzfristig auf dem Ladeanhänger blieben bis die Klägerin die Zeit fand, sie am Balkon wieder anzubringen, führt nicht zu einer Zäsur - wie das Erstgericht annimmt - denn der Ladeanhänger war kein Platz, wo sie hingehörten und als aufgeräumt zu betrachten waren. Zu dieser Zeit war ganz offensichtlich der Rücktransport noch nicht abgeschlossen, sondern erst dann, als die Kästen wieder an ihrem ursprünglichen Platz zurückgelangt waren. Die Tätigkeit des Abnehmens, Verbringens auf die Verkaufsschau und wieder Zurückbringens ist somit als ein einheitlicher Vorgang anzusehen, der insgesamt betrieblich bedingt war.
Die Klägerin stand beim Wiederanbringen der Blumenkästen aber auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil ihre Tätigkeit im betrieblichen Interesse gelegen hat. Die Klägerin hatte als Angestellte ihres Ehemannes ein Interesse daran, dass das Wohn- und Geschäftshaus in Aufstetten 58 in einem ansprechenden Zustand war, insbesondere auch der Bereich von Balkon und Terrasse, der von Kunden besucht wurde. Dabei genügt es, dass die Kästen dann einsehbar waren, wenn man auf der Terrasse über einen Meter über die Balkontiefe hinausging - wie der Zeuge glaubwürdig angab - oder in den Garten. Es ist nämlich naheliegend, dass Kunden sich auch in dieser Richtung bewegten und dann auf die Bepflanzungen insgesamt blicken konnten.
Der Senat verkennt nicht, dass die Blumenkästen auch dem persönlichen, eigenwirtschaftlichen und damit unversicherten Belangen der Klägerin in ihrem Wohnhaus dienlich sind. Dem privaten Interesse kommt aber kein so großes Übergewicht zu, dass das unternehmensbezogene Interesse demgegenüber von untergeordneter Bedeutung wäre. Da es sich um ein Wohn- und Geschäftshaus handelte, ist dem unternehmensbezogenen Anteil der Balkondekoration zumindest eine gleichwertige und damit im Rechtssinne wesentliche Bedeutung beizumessen.
Dienen Tätigkeiten aber sowohl eigenwirtschaftlichen als auch betrieblichen Interessen und lassen sie sich nicht eindeutig in einen unternehmensbedingten und einen unternehmensfremden Teil zerlegen, dann sind diese "gemischten" Tätigkeiten versicherungsrechtlich geschützt, wenn sie dem Unternehmen - wie dargelegt - wesentlich dienen (BSGE 3, 240, 245; 20, 215, 217).
Die Tatsache, dass die Klägerin erst am 01.10.1996 der Beklagten einen Unfall gemeldet hat und bei dem behandelnden Arzt keinen Arbeitsunfall angegeben hat, ist kein Kriterium dafür, ob ein Arbeitsunfall im rechtlichen Sinn vorliegt. Auf die laienhafte Meinung der Versicherten, ob ein Arbeitsunfall vorliegt kann es weder im positiven noch im negativen Sinn bei der rechtlichen Würdigung des Begriffes "Arbeitsunfall" ankommen.
Danach ist der Anspruch der Klägerin auf Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 04.05.1996 als Arbeitsunfall begründet.
Auf die Berufung der Klägerin ist daher das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.03.2000 aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG besteht kein Anlass.
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