L 9 R 1616/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 4006/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1616/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im November 1963 geborene Kläger kam im März 1973 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt von Januar 1998 bis Juli 2000 als Montagearbeiter beschäftigt. Danach bezog er Arbeitslosengeld, Krankengeld, Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II.

Am 23.04.2010 beantragte der Kläger wegen seit 1992 bestehender Rückenbeschwerden und Depressionen die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und veranlasste Begutachtungen des Klägers.

Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. stellte beim Kläger im Gutachten vom 12.07.2010 eine Somatisierungsstörung, eine rezidivierende Depression und eine Dysthymie fest. Er gelangte zum Ergebnis, es bestehe eine qualitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Zu vermeiden seien Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in Zwangshaltungen, unter ungünstigen physikalischen Bedingungen und mit erhöhten Anforderungen an die Belastbarkeit, das Durchhaltevermögen, das Konzentrationsvermögen, die Organisationsfähigkeit und Flexibilität sowie Arbeiten mit regelmäßig erhöhtem Zeitdruck. Leichte körperliche Tätigkeiten in einem gut strukturierten Arbeitsumfeld mit klaren Vorgaben seien dem Kläger mindestens sechs Stunden täglich möglich.

Dr. P. Arzt für Allgemein- und Sozialmedizin sowie für Anästhesiologie und spezielle Schmerzmedizin, stellte beim Kläger in seinem Gutachten vom 15.07.2010 unter Mitberücksichtigung des Gutachtens von Dr. S. folgende Diagnosen: Wiederkehrende depressive Störung, Dysthymie, Neigung zu Somatisierung, leichte Bandscheibendegeneration mit geringer Vorwölbung LWK 5 bei leichtem Übergewicht ohne Nervenwurzelreizzeichen, ohne Nervenausfallserscheinungen, ohne Bewegungseinschränkungen. Er führte aus, der Kläger habe angegeben, wegen der Schmerzen nehme er bis zu 4 x täglich 800 mg Ibuprofen und zur Stimmungsaufhellung Antidepressiva ein. Bei der Spiegelbestimmung hätten sich für beide Substanzen jedoch deutlich unterhalb des therapeutischen Bereichs liegende Werte gefunden, so dass von einer mangelhaften Compliance des Klägers ausgegangen werden müsse. Der Kläger sei noch in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Montierer täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne Exposition gegen Kälte, Nässe und Zugluft, ohne erheblichen Zeitdruck und ohne Nachschicht könne er ebenfalls noch täglich sechs Stunden und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 20.07.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. M. vom 01.10.2010 mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16.12.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und Gutachten auf nervenärztlichem Gebiet eingeholt.

Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M.-S. hat am 01.03.2011 angegeben, sie habe den Kläger vom 08.01.2009 bis 14.10.2010 wegen einer Dysthymie und Somatisierungsstörung behandelt. Da sich der Kläger nicht einmal eine halbe Stunde konzentrieren könne, im Denken eingeengt und in seinen Schmerzen verhaftet sei, sei nicht vorstellbar, dass er sechs Stunden täglich arbeiten könne, da auch bei leichten Arbeiten eine Konzentrationsfähigkeit erforderlich sei.

Der Kardiologe Dr. P. hat am 07.03.2011 mitgeteilt, der Kläger habe sich erstmals im Jahr 1995, dann wieder am 10.03.2006 sowie zuletzt am 09.12.2009 in der Praxis vorgestellt. Bei ihm lägen paroxysmale Rhythmusstörungen, eine leichtgradige arterielle Hypertonie und ein Nikotinabusus vor. Aufgrund der Befunde auf internistischem Gebiet bestünden keine Bedenken gegen eine leichte sechsstündige Tätigkeit. Das maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Gebiet.

Der Orthopäde Dr. K. hat am 15.03.2011 ausgeführt, seit dem 08.04.2010 sei der Kläger nicht mehr in seiner Behandlung gewesen, und hat auf seine Zeugenaussage vom 11.10.2010 im Parallelverfahren wegen Feststellung von Behinderungen (Diagnosen: Rezidivierende pseudoradikuläre Lumboischialgie wechselseitig) verwiesen.

Dr. G., Arzt für Innere Medizin, Psychosomatik und Psychotherapie, hat am 17.07.2011 erklärt, beim Kläger lägen eine Tendomyopathie, eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein Nikotinabusus vor. In der Regel könnten Patienten bei derartigen Erkrankungen eine leichte Arbeit sechs Stunden täglich verrichten. Aufgrund der fehlenden Kenntnisse des psychosozialen Zustandes und der Zusammenhänge könne er keine gutachterliche Stellungnahme abgeben.

Dr. B. hat dazu in der ärztlichen Stellungnahme vom 16.08.2011 ausgeführt, aus den vom SG eingeholten Unterlagen ergäben sich keine medizinischen Gesichtspunkte, die eine Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung rechtfertigen würden. Die maßgeblichen Leiden lägen auf psychiatrischem Gebiet. Insoweit werde auf das Gutachten von Dr. S. verwiesen.

Der Neurologe und Psychiater Dr. K. hat im Gutachten vom 04.10.2011 beim Kläger eine Dysthymie, eine emotional instabile Persönlichkeit vom impulsiven Typ und einen episodischen schädlichen Konsum von Alkohol diagnostiziert. Der Kläger sei noch in der Lage, Erwerbstätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie Schicht- und Akkordarbeiten.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Prof. Dr. Fallgatter mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 19.07.2012 beim Kläger aufgrund einer Untersuchung und der Beiziehung von Unterlagen über Behandlungen des Klägers in der Psychiatrischen Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Tübingen vom Frühjahr 2006 bis März 2008 sowie seit März 2011 und über einen stationären Aufenthalt des Klägers in der Klinik für Psychiatrie an der Universitätsklinik T. vom 15.05. bis 12.06.2012 eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ und eine Dysthymie diagnostiziert. Im Rahmen der Persönlichkeitsstörung sei es in der Vergangenheit zu einer Phase gekommen, in der Kläger an einem pathologischen Spielen erkrankt gewesen sei, während in die Gegenwart ein Alkoholmissbrauch hineinreiche, der jedoch nicht die Kriterien einer Alkoholabhängigkeit erfülle. Zudem liege ein Nikotinabusus vor. Die Gesundheitsstörungen führten dazu, dass der Kläger körperlich schwere Arbeiten wie Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten mit gleichförmiger Körperhaltung, mit langem Stehen und Sitzen, ohne die Möglichkeit sich zu lockern und Arbeiten mit häufigem Bücken, besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt verrichten könne. Zu vermeiden seien auch Akkord-, Fließband- und Nachtarbeiten sowie Einwirkungen durch Hitze, Nässe, Zugluft, Lärm, Staub, Gase und Dämpfe. Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen und unter der Voraussetzung einer oben genannten Psychotherapie seien mittelfristig sechs Stunden täglich möglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht teilweise und erst recht nicht voll erwerbsgemindert, da er nach Überzeugung des Gerichts - unter Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen - in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. S., Dr. P., Dr. K. und Prof. Dr. F ... Der Einschätzung der behandelnden Ärztin für Psychiatrie Dr. M.-S. vermöge das SG nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu, da er nach dem 02.01.1961 geboren sei.

Gegen den am 25.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.04.2013 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Entscheidung des SG könne keinen Bestand haben, weil trotz durchgeführter Therapien keine Leistungsverbesserung eingetreten sei. Die Beurteilungen von Dr. S. und Prof. Dr. F. beruhten auf der Annahme eines Therapieerfolges, der jedoch nicht eingetreten sei. Außerdem sei die Aussage von Dr. M.-S. zu berücksichtigen.

Der Kläger hat Arztbriefe des Chirurgen und Orthopäden Dr. E. vom 29.01.2013 (Befund vom 28.01.2013: Paravertebrale Muskulatur der LWS linksseitig verspannt, mit lokaler Druckschmerzhaftigkeit, Klopfschmerzhaftigkeit des lumbosacralen Übergangs und des darüber liegenden Segments), des HNO-Arztes Chalkiadakis vom 28.02.2013 (Diagnosen: Schnarchen, Verdacht auf obstruktive Schlafapnoe, arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörung) und einen Bericht von Prof. Dr. B. vom 26.06.2012 über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität T. vom 15.05. bis 12.06.2012.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. März 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie verweise auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringen im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten herabgesunken ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen des Neurologen und Psychiaters Dr. S. im Gutachten vom 12.07.2010 und des Arztes für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin und spezielle Schmerztherapie Dr. P. im Gutachten vom 15.07.2010, deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie der Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Kummer vom 04.10.2011 und des Prof. Dr. Fallgatter vom 19.07.2012, der sachverständigen Zeugenaussagen des Kardiologen Dr. P. vom 07.03.2011 und des Internisten und Arztes für Psychosomatik Dr. G. vom 17.07.2011 sowie der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. vom 01.10.2010 und Dr. Buchhöcker vom 16.08.2011, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden.

Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen, die den Gesundheitszustand des Klägers über viele Jahre dokumentieren, liegen die maßgeblichen Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet. Hierbei handelt es sich um eine Dysthymie, die sich auf dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeit entwickelt hat. Das pathologische Spielen hat der Kläger zwischenzeitlich eingestellt, eine Alkoholkrankheit liegt nicht vor, auch wenn der Kläger gelegentlich übermäßig Alkohol zu sich nimmt. Außerdem besteht ein Nikotinabusus.

Die oben genannten Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen, auch wenn der stationäre Aufenthalt des Klägers in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. vom 15.05. bis 12.06.2012 keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers erbracht hat, und auch die psychotherapeutische Therapie - nach Angaben des Klägers - zu keiner wesentlichen Änderung bzw. keiner Besserung geführt hat. Denn die Gesundheitsstörungen sind nicht so gravierend, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen (keine Zwangshaltungen, kein Heben und Tragen schwerer Lasten, kein häufiges Bücken, keine ungünstigen Umgebungseinflüsse, kein erhöhter Zeitdruck (Akkord), keine Fließband- und Nachtarbeiten, keine besonderen Anforderungen an die Verantwortung und keine geistige Beanspruchung) nicht mehr verrichten könnte.

Bei den gutachterlichen Untersuchungen war der Kläger zeitlich, örtlich, situativ und zur Person vollständig orientiert. Er war bewusstseinsklar. Die Auffassung war ungestört und die Gedächtnisleistungen waren unauffällig. Nennenswerte Störungen der Konzentrationsfähigkeit und der Merkfähigkeit haben weder Dr. S. noch Dr. K. und auch nicht Prof. Dr. F. festgestellt. Der Gedankengang des Klägers war formal geordnet. Der Antrieb war nur gering reduziert und die Psychomotorik war nur leichtgradig vermindert und verlangsamt. Die Tagesstruktur war beim Kläger im Wesentlichen erhalten. So geht der Kläger nach dem Aufstehen bzw. Frühstück häufig spazieren, ging früher zum Schwimmen, half gelegentlich seiner Ehefrau im Haushalt (so Gutachten Dr. S., während Mithilfe im Haushalt bei Dr. K. und Prof. Dr. F. verneint wurde), fuhr bekannte Strecken mit dem Auto (als das Auto noch fahrbereit war), aß abends öfter zusammen mit der Familie und unterhielt sich mit den anderen Familienmitgliedern. Der Kläger verfügt auch über soziale Kontakte. So unterhält er sich öfters mit dem italienischen Kneipenbesitzer (so Gutachten Dr. K.) und geht gelegentlich in einen türkischen Verein, wo er ein paar Freunde hat. Darüber hinaus bestehen Kontakte zu den Geschwistern.

Entgegen der Ansicht des Klägers vermag der Senat dem Gutachten von Dr. S. nicht zu entnehmen, dass ein sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten erst nach einem erfolgreichen Absolvieren einer Psychotherapie vorliegen würde. Vielmehr hat Dr. S. ausgeführt, beim Kläger liege lediglich eine qualitative Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens vor. Dem Kläger seien körperlich leichte Tätigkeiten in einem gut strukturierten Arbeitsumfeld mit klaren Vorgaben mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Eine Einschränkung dahingehend, dass dieses Leistungsvermögen möglicherweise erst nach Monaten oder Jahren - nach einer Therapie - vorliegen würde, ist aus der Formulierung: "Um dieses Leistungsvermögen zu erreichen und auch zu erhalten, sind eine Intensivierung einer ambulanten Therapie mit der Möglichkeit einer regelmäßigen, unter optimalen Bedingungen muttersprachlichen Therapie, zu empfehlen, sowie nach Besserung des Gesundheitszustandes Maßnahmen der Teilhabe" nicht zu entnehmen. Hiergegen sprechen auch seine sonstigen Ausführungen und die von ihm gestellten Diagnosen. Dementsprechend hat auch Dr. P., der das Gutachten in seinem Gutachten mitberücksichtigt hat, derartige Einschränkungen nicht genannt.

Soweit Prof. Dr. Fallgatter ausführt, unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen und unter der Voraussetzung einer Psychotherapie sei mittelfristig ein Arbeitspensum von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich, vermag der Senat daraus - angesichts des von Prof. Dr. F. beschriebenen Befundes, der von ihm gestellten Diagnosen und seiner Zustimmung zur Leistungsbeurteilung im Gutachten von Dr. K. - nicht abzuleiten, dass er von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen auf Dauer ausgeht. Denn er hält sogar ein achtstündiges Pensum bei zweimal 15-minütiger bzw. einmal 30-minütiger Pause für zumutbar. Aber selbst wenn die Ausführungen von Prof. Dr. F. dahingehend zu verstehen wären, der Kläger wäre derzeit vorübergehend nicht in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten, würde dies bedeuten, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt und nicht schon eine Erwerbsminderung, die eine längere Dauer voraussetzt.

Die Gesundheitsstörungen des Klägers auf internistischem und orthopädischem Gebiet schränken das Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Tätigkeiten nicht weitergehend ein, wie der Senat dem Gutachten von Dr. P. sowie den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. P., Dr. G. und Dr. K. entnimmt.

Durch die im Berufungsvorverfahren vorgelegten Unterlagen hat sich kein neuer Sachverhalt ergeben. Den Verlauf des stationären Aufenthalts des Klägers in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. vom 15.05. bis 12.06.2012 hat Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 19.07.2012 schon mitberücksichtigt.

Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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