Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 (25) KA 270/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 69/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 47/99 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der 1952 geborene Kläger studierte Medizin in Ö. und er warb 1982 die Approbation. Am xx.xx.199x wurde er als Arzt ohne Gebietsbezeichnung im Arztregister des Zulassungsbezirks D. eingetragen. Seit 1984 ist er durchgehend als angestellter Arzt in der Klinik im P. GmbH in H. beschäftigt. Am 18.12.1995 stellte er bei der Ärztekammer Nordrhein den Antrag, ihm die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu verleihen. Eine entsprechende Urkunde wurde am 26.03.1996 ausgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 9) Bezug genommen.
Anfang 1998 stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Praktischer Arzt in H. Der Zulassungsausschuß lehnte mit Beschluss vom 26.03.1998 den Antrag ab, weil der Kläger die Bezeichnung "Praktischer Arzt" nicht gemäß § 95 a Abs. 4 SGB V bis Ende 1995 erworben habe. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger u.a. eine Bescheinigung der Ärztekammer Nordrhein vom 03.04.1998 vor, wonach die notwendigen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der Antragstellung als auch hinsichtlich der zum Erwerb der Bezeichnung erforderlichen Weiterbildungszeiten vor dem 31.12.1995 erfüllt worden seien.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 06.5.1998 den Widerspruch zurück. Gemäß § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz berechtige erst das von der Ärztekammer erteilte Zeugnis den Arzt, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen. Im Rahmen des § 95 a Abs. 4 SGB V sei auf das formale Element des Erwerbs der Bezeichnung abzustellen und nicht darauf, wann die Voraussetzungen für die Anerkennung erworben worden seien. Angesichts der Antragstellung zwei Wochen vor Ablauf der Frist am 31.12.1995 habe der Kläger auch nicht mehr mit einer Entscheidung bis zum 31.12.1995 rechnen können.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage trug der Kläger vor, die formalistische Betrachtungsweise des Beklagten verkenne den Regelungsgehalt des § 95 a Abs. 4 SGB V und lege die einschneidenden Zulassungsbeschränkungen nicht verfassungskonform aus. Die Vorschrift stelle nicht darauf ab, ob der Arzt bis zum 31.12.1995 berechtigt gewesen sei, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen, sondern auf deren Erwerb. Wenn der Gesetzgeber hätte verlangen wollen, daß der antragstellende Arzt bereits Inhaber eines Nachweise über die Berichtigung zum Führen der Bezeichnung sein müsse, hätte er dies mit einem anderen Wortlaut zum Ausdruck gebracht. Das Zeugnis der Ärztekammer diene lediglich dem Nachweis der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen. Auch zwingende Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprächen nicht für ein Anknüpfen an die Zeugniserteilung. Es sei nicht erkennbar, weshalb dem Zeitpunkt der Zeugniserteilung ein höheres Maß an Rechtssicherheit innewohne als dem Nachweis, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Qualifikation erreicht worden sei. Vorrangige Allgemeininteressen, die den Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Es sei auch das Rechtsstaatsprinzip verletzt, wenn die Einhaltung der Frist davon abhängen würde, wann nach dem Belieben der Behörde das Zeugnis erteilt wird. Schließlich folge eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz daraus, daß der Zulassungsausschuß in vergleichbaren Fällen den Nachweis, daß die Qualifikation vor dem 31.12.1995 erlangt worden sei, habe genügen lassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25.05.1998 (Beschluss vom 06.05.1998) aufzuheben und ihn als praktischen Arzt in H. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 6) bis 8) und der Beigeladene zu 3) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 95 a Abs. 4 SGB V genüge es nicht, daß die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung "Praktischer Arzt" vorgelegen hätten, es habe vielmehr die Berechtigung vorliegen müssen, diese Bezeichnung auch tatsächlich zu führen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.03.1999 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe die Bezeichnung "praktischer Arzt" nicht bis zum 31.12.1995 erworben. Nicht aus reichend sei es, daß er nach der von der Ärztekammer ausgestellten Bescheinigung die notwendigen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung bis zum 31.12.1995 erfüllt habe. Es habe bis zu diesem Zeitpunkt vielmehr auch eine Berechtigung zum Führen der Bezeichnung vorliegen müssen. Diese Berechtigung werde gemäß § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz erst durch die Ausstellung eines entsprechenden Zeugnisses erworben. Für die Anknüpfung an die Zeugniserteilung sprächen zwingende Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität. Es sei mit der gesetzgeberischen Intention nicht zu vereinbaren, wenn ohne zeitliche Begrenzung weiterhin Ärzte ohne abgeschlossene allgemeinmedizinische Weiterbildung als praktische Ärzte zugelassen würden. Es liege auch kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot vor. Wenn ein Antrag, wie hier, erst "in letzter Sekunde" gestellt werde, sei der sich daraus ergebende Nachteil nicht auf die gesetzliche Regelung, sondern auf die Verletzung der auch in eigenen Angelegenheiten zu wahrenden Sorgfaltspflicht zurückzuführen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung trägt der Kläger erneut vor, die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V stelle nicht dar auf ab, ob der antragstellende Arzt bis zum 31.12.1995 berechtigt gewesen sei, die Bezeichnung "praktischer Arzt" zu führen, sondern auf den Erwerb. Die Auffassung des Sozialgerichts, mit "Erwerb" sei notwendig die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung gemeint, sei mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren. In § 95 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB V sei ausdrücklich vom Führen einer Gebietsbezeichnung die Rede, in Abs. 5 von Inhabern von Befähigungsnachweisen.
Wenn sich nun in Abs. 4 eine abweichende Formulierung finde, so sei daraus zu schließen, daß gerade nicht die Berechtigung zum Führen einer Bezeichnung gemeint sei. Er habe im übrigen nach Stellung des Antrags und Einreichung sämtlicher Unterlagen keinerlei Einfluß mehr darauf gehabt, wann ihm das Zeugnis erteilt wurde. Aus der Auffassung des Sozialgerichts folge, daß der Ausschluß von der vertragsärztlichen Versorgung davon abhänge, in welcher Zeit die Behörde einen Antrag bearbeite. Es bleibe auch offen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Antragstellung als rechtzeitig anzusehen wäre. Die gesetzgeberische Intention werde keinesfalls unterlaufen, wenn man für die Frist des § 95 Abs. 4 SGB V nicht auf die Ausstellung des Zeugnisses, sondern auf die Antragstellung abstelle. Im übrigen wäre eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch nach Auffassung des Sozialgerichts Düsseldorf zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt möglich, sofern nur ein Zeugnis bereits im Jahre 1995 erteilt worden sei. Konsequenz dieser Auffassung sei, daß auch solche Ärzte von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen wären, die ihren Antrag zwar im Jahr 1995 gestellt hätten, aber erst nach einem mehrjährigen Rechtsstreit die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung erstritten hätten. Auch die Grundrechtsrelevanz streite für ein Abstellen auf die Antragstellung. Dem stehe, da die materiellen Voraussetzungen er füllt würden, kein schützenwertes Allgemeininteresse entgegen. Schließlich gebiete auch das EG-Recht eine Auslegung des § 95 a Abs. 4 SGB V dahingehend, daß auf die Antragstellung ankomme. Die Richtlinie 86/457/EWG, deren Umsetzung § 95 a SGB v bezwecke, habe nur gleiche materielle Voraussetzungen herstellen wollen. Weiter gehende Anforderungen dürften nicht gestellt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 3), 5), 6) und 7) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte des SG Düsseldorf - S 25 KA 317/98, die Verwaltungsakten des Beklagten und der Ärztekammer Nordrhein verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil er rechtmäßig ist. Der Beklagte hat zu Recht eine Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung abgelehnt.
Voraussetzung für eine Zulassung als Vertragsarzt ist gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V, daß der Bewerber seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Da der Kläger seinen Antrag auf Zulassung nach dem 31.12.1994 gestellt hat, muß er gemäß Art. 33 § 2 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - vom 21.12.1992 (Bundesgesetzblatt I S. 2266) zusätzlich die Voraussetzungen des § 95 a SBG V erfüllen. § 95 a Abs. 1 SGB V nennt als Bedingung für die Eintragung in das Arztregister die Approbation sowie den er folgreichen Abschluß entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt ist. Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht. Er verfügt weder über einen erfolgreichen Abschluß einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung noch über eine Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet.
Auch die Voraussetzungen des § 95 a Abs. 4 SGB V erfüllt der Kläger nicht. Nach dieser Vorschrift sind die Voraussetzungen zur Eintragung auch erfüllt, wenn der Arzt aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinien des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31.12.1995 die Bezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hat. An dem Merkmal des Erwerbs der Bezeichnung "Praktischer Arzt" fehlt es hier. Es ist nicht ausreichend, daß der Kläger die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung erfüllte. Die Bezeichnung mußte vielmehr bis zum 31.12.1995 tatsächlich erworben sein. Erworben wurde die Bezeichnung erst dann, als von der Ärztekammer erst unter dem 26.03.1996 Zeugnis ausgestellt wurde, das ihn berechtigte, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen. Das ergibt sich aus § 52 Abs. 6 des Heilberufsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift hängt die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Praktischer Arzt" von der Zeugniserteilung ab. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, daß in § 95 a Abs. 4 SGB V nicht wie in Abs. 1 und Abs.2 ausdrücklich vom "Führen" der Bezeichnung die Rede ist, dies rechtfertigt jedoch nicht den von ihm gezogenen Umkehrschluß. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß mit dem "Erwerb" der Bezeichnung inhaltlich etwas anderes als die Berechtigung zum Führen dieser Bezeichnung gemeint ist. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welche andere Art und Weise eine Bezeichnung erworben werden sollte. Durch die materiellen Voraussetzungen wird lediglich die Möglichkeit eröffnet, die Bezeichnung zu erwerben. Für den Erwerb selbst muß die Zeugniserteilung hinzutreten. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Stichtagsregelung. Sie dient der Rechtssicherheit und soll sicher stellen, daß Ärzte ohne eine bestimmten Qualitätsstandards ensprechende Weiterbildung nur noch zeitlich begrenzt Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung haben. Zwar können auch noch zu einem späteren Zeitpunkt Zulassungen erfolgen, solange die Bezeichnung bis zum 31.12.1995 erworben wurde. Es ist jedoch gewährleistet, daß nach dem Stichtag ohne die dreijährige Weiterbildung keine berufsrechtliche Qualifikation mehr erworben wird, die die Möglichkeit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit geboten, auf einen formalen Akt abzustellen (vgl. LSG BW MedR 1997, 329, 330). Wie beim Erwerb von Qualifikationen üblich (vgl. etwa § 12 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein) wird sachgerecht auf die Erteilung des Zeugnisses abgestellt.
Diese Auslegung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Das Weiterbildungserfordernis stellt eine verfassungsgemäße Beschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit dar (BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R). Das gilt auch für die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V, die eine Übergangsregelung für "Alt-Fälle" enthält. Berufsausübungsregelungen dürfen vom Gesetzgeber getroffen werden, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Mit § 95 a SGB V wurde die allgemeinmedizinische Qualifikation neu geregelt und die Richtlinie des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/ EWG) umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 12/3209 S. 50), die eine mindestens zwei jährige Fortbildung vorschreibt. Im Interesse einer Qualitätsverbesserung sollten ab 1995 nur noch solche Ärzte im Bereich der Allgemeinmedizin tätig werden, die über eine qualifizierte Weiterbildung verfügten. Es wurde eine mindestens dreijährige Weiterbildung als besondere Eingangsvoraussetzung für die Teilnahme von allgemeinmedizinisch tätigen Ärzten an der vertragsärztlichen Versorgung statuiert, wobei die inhaltliche Ausgestaltung im Einzelnen den landesrechtlichen Bestimmungen des Weiterbildungsrechts vorbehalten blieb. Bei der Förderung der Qualität der Grundversorgung handelt es sich um ein Gemeinwohlbelang, das Berufsausübungsregelungen durch den Gesetzgeber zu tragen geeignet ist (BSG SozR 3-2500 § 73 Nr. 1). Dem Gesetzeszweck konnte nicht durch eine weniger belastende Maßnahme als der Statuierung von Qualitätsstandards für Neuzulassungen ab einem bestimmten Zeitpunkt entsprochen werden. Es war für die Erreichung des Gesetzes zwecks unerläßlich, zeitliche Grenzen für die weitere Zulassung von Ärzten mit formal minderer Qualifikation vorzusehen. Im Interesse der Besitzstandswahrung und des Vertrauensschutzes der betroffenen Ärzte bestanden so großzügige Übergangsregelungen, daß keine Zweifel an der Zumutbarkeit des Eingriffs bestehen. Bereits seit Erlaß der Richtlinie 86/457 EWG im September 1986 war klar, daß ab 1995 in der vertragsärztlichen Versorgung das Erfordernis einer qualifizierten Weiterbildung bestehen würde. In der der Richtlinie vorangestellten Begründung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 267/26) heißt es, daß vom 01. Januar 1995 an in allen Mitgliedsstaaten die Tätigkeit als Praktischer Arzt im Rahmen des Sozialversicherungssystems von einem Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin abhängig zu machen ist. In Umsetzung der Richtlinien wurde in das Heilberufsgesetz NW mit Wirkung vom 01.01.1990 der § 47 a eingefügt, der in Abs. 6 eine dem jetzigen § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz entsprechende Regelung enthielt. In § 47 a Abs. 7 fand sich die nun in § 52 Abs. 7 Heilberufsgesetz aufgenommene Regelung, daß bis zum 31. Dezember 1995 auch derjenige ein Zeugnis nach Abs. 6 erhält, der abweichend von Abs. 2 eine mindestens zweijährige spezifische Ausbildung nachweist, soweit auch die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich der Bundesärzteordnung vorliegt. Außerdem konnten nach Art. II des Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes diejenigen ein Zeugnis entsprechend § 47 a Abs. 6 Heilberufsgesetz beantragen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes die Bezeichnung "Praktischer Arzt" führten. Seit dem 01.01.1990 konnte mithin die Bezeichnung erworben werden. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt auch bereits die materiellen Voraussetzungen erfüllt.
Mit Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes zum 01.01.1993 war auch durch nationales Gesetz klargestellt, daß ab dem 01.01.1995 nur noch Ärzte zugelassen werden konnten, die eine qualifizierte Weiterbildung hatten. Nach Art. 33 § 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes konnten Ärzte noch bis zum 31.12.1994 einen An trag auf Zulassung stellen, ohne die besonderen Weiterbildungsvoraussetzungen erfüllen zu müssen. Die Betroffen hatten damit zwei weitere Jahre übergangsweise Zeit, ihre Zulassung auch losgelöst von den gesetzlich neu statuierten Voraussetzungen zu beantragen. In der verbliebenen Zeit bis zum Stichtag konnten auch noch die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung "praktischer Arzt" herbeigeführt werden, falls diese noch nicht vorlagen. Durch die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V wurde eine weitere Frist gewährt, in der der Erwerb der Bezeichnung aufgrund einer nur zweijährigen Weiterbildung erfolgen konnte. Angesichts dieser großzügigen Übergangsregelungen hat der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift.
Bedenken ergeben sich auch nicht daraus, daß § 95 a Abs. 4 SGB V nach der Rechtsauffassung des Senates auf eine Verwaltungsentscheidung und nicht auf die Antragstellung abstellt. Zwar wäre durchaus möglich gewesen, wie etwa in Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GSG an die Antragstellung anzuknüpfen. Verfassungsrechtlich geboten ist dies im Hinblick auf die dargestellte Entwicklung auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit indes grundsätzlich nicht. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen, wie hier, die materiellen Voraussetzungen bereits lange Zeit vor dem Stichtag erfüllt wurden und auch nach den Übergangsregelungen des Heilberufsgesetzes die Zeugniserteilung über sechs Jahre lang möglich war. Es kann offen bleiben, ob in Fällen, in denen die materiellen Voraussetzungen erst kurz vor dem Stichtag erfüllt werden, ausnahmsweise auf die Antragstellung abgestellt werden kann oder muß. Eine solche Ausnahme würde jedenfalls voraussetzen, daß vor dem Stichtag ein vollständiger Antrag gestellt wurde und lediglich die pflichtgemäße Entscheidung der Ärztekammer noch ausstand. Dies war hier aber nicht der Fall. Der Kläger hatte seinem Antrag keine ausreichenden Nachweise beigefügt, sodaß die Urkunde erst nach der Vervollständigung der Nachweise im März 1996 erteilt werden konnte. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, bis wann der Kläger bei rechtzeitiger und vollständiger Antragstellung mit einer Zeugniserteilung noch bis zum 31.12.1995 hätte rechnen können.
Auch ein Verstoß gegen die EG-Richtlinie ist nicht ersichtlich. § 95 a Abs. 5 SGB V dient lediglich der vom Gemeinschaftsrecht gebotenen Gleichstellung von in einem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Befähigungsnachweisen mit den im Inland erworbenen Nachweisen. Eine Benachteiligung des Klägers ist dabei nicht erkennbar. Die Richtlinie sieht zwingend vor, daß ab dem 01.01.1995 nur noch Ärzte im Bereich der Allgemeinmedizin tätig sein dürfen, die eine mindestens zweijährige Weiterbildung gemacht haben. Einer Erweiterung der Qualifikationsanforderungen durch nationales Gesetz steht diese Richtlinie, die nur einen Mindeststandard festschreibt, nicht entgegen.
Daß es damit zu einem Auseinanderfallen der innerstaatlichen Qualifikationsanforderungen einerseits und der in anderen Mitgliedstaaten gestellten Anforderungen für den Erwerb eines Nachweises i.S. des § 95 a SGB V andererseits kommen kann, begründet weder einen Verstoß gegen Art. 12 EGV noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Umstand liegt schon deshalb vor, weil der Kläger keinen Befähigungsnachweis nach Gemeinschaftsrecht erworben hat. Der EGV schreibt außerdem nicht vor, daß der eigene Staatsangehörige stets wie eine Staatsangehöriger anderer Mitgliedstaaten zu stellen ist (vgl. BSG SozR 5525 § 3 Nr. 1 m.w.N.). Auch das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes wird nicht verletzt. Indem der Gesetzgeber die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationsnachweise den im Inland erworbenen gleichstellt, handelt er in Erfüllung der ihm aufgrund Gemeinschaftsrecht obliegenden Verpflichtung. Beim Recht der EG handelt es sich um ein vielfach verflochtenes System in einem Prozeß fortschreitender Koordinierung und Harmonisierung der jeweiligen Rechtsvorschriften, was bis zu einem gewissen Abschluß einer vorwegnehmenden Gleichstellung durch Verwaltung und Rechtsprechung entgegensteht (BSG aaO).
Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz durch den Beklagten ist nicht erkennbar. Nach den Angaben des Beklagten im Termin am 15.09.1999 ist in allen vergleichbaren Fällen die Zulassung versagt worden. Darüberhinaus hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß selbst dann, wenn andere Zulassungen ausgesprochen worden wären, hieraus kein Anspruch hergeleitet werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob für die Einhaltung der Frist des § 95 a Abs. 4 SGB V auf den formalen Akt der Nachweiserteilung abzustellen ist, hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der 1952 geborene Kläger studierte Medizin in Ö. und er warb 1982 die Approbation. Am xx.xx.199x wurde er als Arzt ohne Gebietsbezeichnung im Arztregister des Zulassungsbezirks D. eingetragen. Seit 1984 ist er durchgehend als angestellter Arzt in der Klinik im P. GmbH in H. beschäftigt. Am 18.12.1995 stellte er bei der Ärztekammer Nordrhein den Antrag, ihm die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu verleihen. Eine entsprechende Urkunde wurde am 26.03.1996 ausgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 9) Bezug genommen.
Anfang 1998 stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Praktischer Arzt in H. Der Zulassungsausschuß lehnte mit Beschluss vom 26.03.1998 den Antrag ab, weil der Kläger die Bezeichnung "Praktischer Arzt" nicht gemäß § 95 a Abs. 4 SGB V bis Ende 1995 erworben habe. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger u.a. eine Bescheinigung der Ärztekammer Nordrhein vom 03.04.1998 vor, wonach die notwendigen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der Antragstellung als auch hinsichtlich der zum Erwerb der Bezeichnung erforderlichen Weiterbildungszeiten vor dem 31.12.1995 erfüllt worden seien.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 06.5.1998 den Widerspruch zurück. Gemäß § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz berechtige erst das von der Ärztekammer erteilte Zeugnis den Arzt, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen. Im Rahmen des § 95 a Abs. 4 SGB V sei auf das formale Element des Erwerbs der Bezeichnung abzustellen und nicht darauf, wann die Voraussetzungen für die Anerkennung erworben worden seien. Angesichts der Antragstellung zwei Wochen vor Ablauf der Frist am 31.12.1995 habe der Kläger auch nicht mehr mit einer Entscheidung bis zum 31.12.1995 rechnen können.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage trug der Kläger vor, die formalistische Betrachtungsweise des Beklagten verkenne den Regelungsgehalt des § 95 a Abs. 4 SGB V und lege die einschneidenden Zulassungsbeschränkungen nicht verfassungskonform aus. Die Vorschrift stelle nicht darauf ab, ob der Arzt bis zum 31.12.1995 berechtigt gewesen sei, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen, sondern auf deren Erwerb. Wenn der Gesetzgeber hätte verlangen wollen, daß der antragstellende Arzt bereits Inhaber eines Nachweise über die Berichtigung zum Führen der Bezeichnung sein müsse, hätte er dies mit einem anderen Wortlaut zum Ausdruck gebracht. Das Zeugnis der Ärztekammer diene lediglich dem Nachweis der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen. Auch zwingende Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprächen nicht für ein Anknüpfen an die Zeugniserteilung. Es sei nicht erkennbar, weshalb dem Zeitpunkt der Zeugniserteilung ein höheres Maß an Rechtssicherheit innewohne als dem Nachweis, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Qualifikation erreicht worden sei. Vorrangige Allgemeininteressen, die den Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Es sei auch das Rechtsstaatsprinzip verletzt, wenn die Einhaltung der Frist davon abhängen würde, wann nach dem Belieben der Behörde das Zeugnis erteilt wird. Schließlich folge eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz daraus, daß der Zulassungsausschuß in vergleichbaren Fällen den Nachweis, daß die Qualifikation vor dem 31.12.1995 erlangt worden sei, habe genügen lassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25.05.1998 (Beschluss vom 06.05.1998) aufzuheben und ihn als praktischen Arzt in H. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 6) bis 8) und der Beigeladene zu 3) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 95 a Abs. 4 SGB V genüge es nicht, daß die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung "Praktischer Arzt" vorgelegen hätten, es habe vielmehr die Berechtigung vorliegen müssen, diese Bezeichnung auch tatsächlich zu führen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.03.1999 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe die Bezeichnung "praktischer Arzt" nicht bis zum 31.12.1995 erworben. Nicht aus reichend sei es, daß er nach der von der Ärztekammer ausgestellten Bescheinigung die notwendigen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung bis zum 31.12.1995 erfüllt habe. Es habe bis zu diesem Zeitpunkt vielmehr auch eine Berechtigung zum Führen der Bezeichnung vorliegen müssen. Diese Berechtigung werde gemäß § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz erst durch die Ausstellung eines entsprechenden Zeugnisses erworben. Für die Anknüpfung an die Zeugniserteilung sprächen zwingende Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität. Es sei mit der gesetzgeberischen Intention nicht zu vereinbaren, wenn ohne zeitliche Begrenzung weiterhin Ärzte ohne abgeschlossene allgemeinmedizinische Weiterbildung als praktische Ärzte zugelassen würden. Es liege auch kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot vor. Wenn ein Antrag, wie hier, erst "in letzter Sekunde" gestellt werde, sei der sich daraus ergebende Nachteil nicht auf die gesetzliche Regelung, sondern auf die Verletzung der auch in eigenen Angelegenheiten zu wahrenden Sorgfaltspflicht zurückzuführen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung trägt der Kläger erneut vor, die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V stelle nicht dar auf ab, ob der antragstellende Arzt bis zum 31.12.1995 berechtigt gewesen sei, die Bezeichnung "praktischer Arzt" zu führen, sondern auf den Erwerb. Die Auffassung des Sozialgerichts, mit "Erwerb" sei notwendig die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung gemeint, sei mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren. In § 95 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB V sei ausdrücklich vom Führen einer Gebietsbezeichnung die Rede, in Abs. 5 von Inhabern von Befähigungsnachweisen.
Wenn sich nun in Abs. 4 eine abweichende Formulierung finde, so sei daraus zu schließen, daß gerade nicht die Berechtigung zum Führen einer Bezeichnung gemeint sei. Er habe im übrigen nach Stellung des Antrags und Einreichung sämtlicher Unterlagen keinerlei Einfluß mehr darauf gehabt, wann ihm das Zeugnis erteilt wurde. Aus der Auffassung des Sozialgerichts folge, daß der Ausschluß von der vertragsärztlichen Versorgung davon abhänge, in welcher Zeit die Behörde einen Antrag bearbeite. Es bleibe auch offen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Antragstellung als rechtzeitig anzusehen wäre. Die gesetzgeberische Intention werde keinesfalls unterlaufen, wenn man für die Frist des § 95 Abs. 4 SGB V nicht auf die Ausstellung des Zeugnisses, sondern auf die Antragstellung abstelle. Im übrigen wäre eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch nach Auffassung des Sozialgerichts Düsseldorf zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt möglich, sofern nur ein Zeugnis bereits im Jahre 1995 erteilt worden sei. Konsequenz dieser Auffassung sei, daß auch solche Ärzte von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen wären, die ihren Antrag zwar im Jahr 1995 gestellt hätten, aber erst nach einem mehrjährigen Rechtsstreit die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung erstritten hätten. Auch die Grundrechtsrelevanz streite für ein Abstellen auf die Antragstellung. Dem stehe, da die materiellen Voraussetzungen er füllt würden, kein schützenwertes Allgemeininteresse entgegen. Schließlich gebiete auch das EG-Recht eine Auslegung des § 95 a Abs. 4 SGB V dahingehend, daß auf die Antragstellung ankomme. Die Richtlinie 86/457/EWG, deren Umsetzung § 95 a SGB v bezwecke, habe nur gleiche materielle Voraussetzungen herstellen wollen. Weiter gehende Anforderungen dürften nicht gestellt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 3), 5), 6) und 7) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte des SG Düsseldorf - S 25 KA 317/98, die Verwaltungsakten des Beklagten und der Ärztekammer Nordrhein verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil er rechtmäßig ist. Der Beklagte hat zu Recht eine Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung abgelehnt.
Voraussetzung für eine Zulassung als Vertragsarzt ist gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V, daß der Bewerber seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Da der Kläger seinen Antrag auf Zulassung nach dem 31.12.1994 gestellt hat, muß er gemäß Art. 33 § 2 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - vom 21.12.1992 (Bundesgesetzblatt I S. 2266) zusätzlich die Voraussetzungen des § 95 a SBG V erfüllen. § 95 a Abs. 1 SGB V nennt als Bedingung für die Eintragung in das Arztregister die Approbation sowie den er folgreichen Abschluß entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt ist. Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht. Er verfügt weder über einen erfolgreichen Abschluß einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung noch über eine Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet.
Auch die Voraussetzungen des § 95 a Abs. 4 SGB V erfüllt der Kläger nicht. Nach dieser Vorschrift sind die Voraussetzungen zur Eintragung auch erfüllt, wenn der Arzt aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinien des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31.12.1995 die Bezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hat. An dem Merkmal des Erwerbs der Bezeichnung "Praktischer Arzt" fehlt es hier. Es ist nicht ausreichend, daß der Kläger die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung erfüllte. Die Bezeichnung mußte vielmehr bis zum 31.12.1995 tatsächlich erworben sein. Erworben wurde die Bezeichnung erst dann, als von der Ärztekammer erst unter dem 26.03.1996 Zeugnis ausgestellt wurde, das ihn berechtigte, die Bezeichnung "Praktischer Arzt" zu führen. Das ergibt sich aus § 52 Abs. 6 des Heilberufsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift hängt die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Praktischer Arzt" von der Zeugniserteilung ab. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, daß in § 95 a Abs. 4 SGB V nicht wie in Abs. 1 und Abs.2 ausdrücklich vom "Führen" der Bezeichnung die Rede ist, dies rechtfertigt jedoch nicht den von ihm gezogenen Umkehrschluß. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß mit dem "Erwerb" der Bezeichnung inhaltlich etwas anderes als die Berechtigung zum Führen dieser Bezeichnung gemeint ist. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welche andere Art und Weise eine Bezeichnung erworben werden sollte. Durch die materiellen Voraussetzungen wird lediglich die Möglichkeit eröffnet, die Bezeichnung zu erwerben. Für den Erwerb selbst muß die Zeugniserteilung hinzutreten. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Stichtagsregelung. Sie dient der Rechtssicherheit und soll sicher stellen, daß Ärzte ohne eine bestimmten Qualitätsstandards ensprechende Weiterbildung nur noch zeitlich begrenzt Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung haben. Zwar können auch noch zu einem späteren Zeitpunkt Zulassungen erfolgen, solange die Bezeichnung bis zum 31.12.1995 erworben wurde. Es ist jedoch gewährleistet, daß nach dem Stichtag ohne die dreijährige Weiterbildung keine berufsrechtliche Qualifikation mehr erworben wird, die die Möglichkeit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit geboten, auf einen formalen Akt abzustellen (vgl. LSG BW MedR 1997, 329, 330). Wie beim Erwerb von Qualifikationen üblich (vgl. etwa § 12 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein) wird sachgerecht auf die Erteilung des Zeugnisses abgestellt.
Diese Auslegung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Das Weiterbildungserfordernis stellt eine verfassungsgemäße Beschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit dar (BSG, Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R). Das gilt auch für die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V, die eine Übergangsregelung für "Alt-Fälle" enthält. Berufsausübungsregelungen dürfen vom Gesetzgeber getroffen werden, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Mit § 95 a SGB V wurde die allgemeinmedizinische Qualifikation neu geregelt und die Richtlinie des Rates der EG vom 15.09.1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/ EWG) umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 12/3209 S. 50), die eine mindestens zwei jährige Fortbildung vorschreibt. Im Interesse einer Qualitätsverbesserung sollten ab 1995 nur noch solche Ärzte im Bereich der Allgemeinmedizin tätig werden, die über eine qualifizierte Weiterbildung verfügten. Es wurde eine mindestens dreijährige Weiterbildung als besondere Eingangsvoraussetzung für die Teilnahme von allgemeinmedizinisch tätigen Ärzten an der vertragsärztlichen Versorgung statuiert, wobei die inhaltliche Ausgestaltung im Einzelnen den landesrechtlichen Bestimmungen des Weiterbildungsrechts vorbehalten blieb. Bei der Förderung der Qualität der Grundversorgung handelt es sich um ein Gemeinwohlbelang, das Berufsausübungsregelungen durch den Gesetzgeber zu tragen geeignet ist (BSG SozR 3-2500 § 73 Nr. 1). Dem Gesetzeszweck konnte nicht durch eine weniger belastende Maßnahme als der Statuierung von Qualitätsstandards für Neuzulassungen ab einem bestimmten Zeitpunkt entsprochen werden. Es war für die Erreichung des Gesetzes zwecks unerläßlich, zeitliche Grenzen für die weitere Zulassung von Ärzten mit formal minderer Qualifikation vorzusehen. Im Interesse der Besitzstandswahrung und des Vertrauensschutzes der betroffenen Ärzte bestanden so großzügige Übergangsregelungen, daß keine Zweifel an der Zumutbarkeit des Eingriffs bestehen. Bereits seit Erlaß der Richtlinie 86/457 EWG im September 1986 war klar, daß ab 1995 in der vertragsärztlichen Versorgung das Erfordernis einer qualifizierten Weiterbildung bestehen würde. In der der Richtlinie vorangestellten Begründung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 267/26) heißt es, daß vom 01. Januar 1995 an in allen Mitgliedsstaaten die Tätigkeit als Praktischer Arzt im Rahmen des Sozialversicherungssystems von einem Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin abhängig zu machen ist. In Umsetzung der Richtlinien wurde in das Heilberufsgesetz NW mit Wirkung vom 01.01.1990 der § 47 a eingefügt, der in Abs. 6 eine dem jetzigen § 52 Abs. 6 Heilberufsgesetz entsprechende Regelung enthielt. In § 47 a Abs. 7 fand sich die nun in § 52 Abs. 7 Heilberufsgesetz aufgenommene Regelung, daß bis zum 31. Dezember 1995 auch derjenige ein Zeugnis nach Abs. 6 erhält, der abweichend von Abs. 2 eine mindestens zweijährige spezifische Ausbildung nachweist, soweit auch die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich der Bundesärzteordnung vorliegt. Außerdem konnten nach Art. II des Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes diejenigen ein Zeugnis entsprechend § 47 a Abs. 6 Heilberufsgesetz beantragen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes die Bezeichnung "Praktischer Arzt" führten. Seit dem 01.01.1990 konnte mithin die Bezeichnung erworben werden. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt auch bereits die materiellen Voraussetzungen erfüllt.
Mit Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes zum 01.01.1993 war auch durch nationales Gesetz klargestellt, daß ab dem 01.01.1995 nur noch Ärzte zugelassen werden konnten, die eine qualifizierte Weiterbildung hatten. Nach Art. 33 § 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes konnten Ärzte noch bis zum 31.12.1994 einen An trag auf Zulassung stellen, ohne die besonderen Weiterbildungsvoraussetzungen erfüllen zu müssen. Die Betroffen hatten damit zwei weitere Jahre übergangsweise Zeit, ihre Zulassung auch losgelöst von den gesetzlich neu statuierten Voraussetzungen zu beantragen. In der verbliebenen Zeit bis zum Stichtag konnten auch noch die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb der Bezeichnung "praktischer Arzt" herbeigeführt werden, falls diese noch nicht vorlagen. Durch die Regelung des § 95 a Abs. 4 SGB V wurde eine weitere Frist gewährt, in der der Erwerb der Bezeichnung aufgrund einer nur zweijährigen Weiterbildung erfolgen konnte. Angesichts dieser großzügigen Übergangsregelungen hat der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift.
Bedenken ergeben sich auch nicht daraus, daß § 95 a Abs. 4 SGB V nach der Rechtsauffassung des Senates auf eine Verwaltungsentscheidung und nicht auf die Antragstellung abstellt. Zwar wäre durchaus möglich gewesen, wie etwa in Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GSG an die Antragstellung anzuknüpfen. Verfassungsrechtlich geboten ist dies im Hinblick auf die dargestellte Entwicklung auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit indes grundsätzlich nicht. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen, wie hier, die materiellen Voraussetzungen bereits lange Zeit vor dem Stichtag erfüllt wurden und auch nach den Übergangsregelungen des Heilberufsgesetzes die Zeugniserteilung über sechs Jahre lang möglich war. Es kann offen bleiben, ob in Fällen, in denen die materiellen Voraussetzungen erst kurz vor dem Stichtag erfüllt werden, ausnahmsweise auf die Antragstellung abgestellt werden kann oder muß. Eine solche Ausnahme würde jedenfalls voraussetzen, daß vor dem Stichtag ein vollständiger Antrag gestellt wurde und lediglich die pflichtgemäße Entscheidung der Ärztekammer noch ausstand. Dies war hier aber nicht der Fall. Der Kläger hatte seinem Antrag keine ausreichenden Nachweise beigefügt, sodaß die Urkunde erst nach der Vervollständigung der Nachweise im März 1996 erteilt werden konnte. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, bis wann der Kläger bei rechtzeitiger und vollständiger Antragstellung mit einer Zeugniserteilung noch bis zum 31.12.1995 hätte rechnen können.
Auch ein Verstoß gegen die EG-Richtlinie ist nicht ersichtlich. § 95 a Abs. 5 SGB V dient lediglich der vom Gemeinschaftsrecht gebotenen Gleichstellung von in einem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Befähigungsnachweisen mit den im Inland erworbenen Nachweisen. Eine Benachteiligung des Klägers ist dabei nicht erkennbar. Die Richtlinie sieht zwingend vor, daß ab dem 01.01.1995 nur noch Ärzte im Bereich der Allgemeinmedizin tätig sein dürfen, die eine mindestens zweijährige Weiterbildung gemacht haben. Einer Erweiterung der Qualifikationsanforderungen durch nationales Gesetz steht diese Richtlinie, die nur einen Mindeststandard festschreibt, nicht entgegen.
Daß es damit zu einem Auseinanderfallen der innerstaatlichen Qualifikationsanforderungen einerseits und der in anderen Mitgliedstaaten gestellten Anforderungen für den Erwerb eines Nachweises i.S. des § 95 a SGB V andererseits kommen kann, begründet weder einen Verstoß gegen Art. 12 EGV noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Umstand liegt schon deshalb vor, weil der Kläger keinen Befähigungsnachweis nach Gemeinschaftsrecht erworben hat. Der EGV schreibt außerdem nicht vor, daß der eigene Staatsangehörige stets wie eine Staatsangehöriger anderer Mitgliedstaaten zu stellen ist (vgl. BSG SozR 5525 § 3 Nr. 1 m.w.N.). Auch das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes wird nicht verletzt. Indem der Gesetzgeber die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationsnachweise den im Inland erworbenen gleichstellt, handelt er in Erfüllung der ihm aufgrund Gemeinschaftsrecht obliegenden Verpflichtung. Beim Recht der EG handelt es sich um ein vielfach verflochtenes System in einem Prozeß fortschreitender Koordinierung und Harmonisierung der jeweiligen Rechtsvorschriften, was bis zu einem gewissen Abschluß einer vorwegnehmenden Gleichstellung durch Verwaltung und Rechtsprechung entgegensteht (BSG aaO).
Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz durch den Beklagten ist nicht erkennbar. Nach den Angaben des Beklagten im Termin am 15.09.1999 ist in allen vergleichbaren Fällen die Zulassung versagt worden. Darüberhinaus hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß selbst dann, wenn andere Zulassungen ausgesprochen worden wären, hieraus kein Anspruch hergeleitet werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob für die Einhaltung der Frist des § 95 a Abs. 4 SGB V auf den formalen Akt der Nachweiserteilung abzustellen ist, hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen.
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