L 2 U 268/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 U 5024/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 268/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1939 geborene Kläger verletzte sich am 04.03.1996 bei der Tätigkeit als mitarbeitender Familienangehöriger im landwirtschaftlichen Betrieb seines Bruders.

Im Kreiskrankenhaus S. stellte der Durchgangsarzt, Chirurg Dr.H. , am gleichen Tag einen Schienbeinbruch rechts mit leichter Verschiebung fest. Es bestanden Druckschmerz und zwei kleine Schürfwunden an der rechten Schienbeinvorderkante. Durchblutung, Beweglichkeit und Gefühl des Beines waren intakt. Dr.H. erwähnte alte Wunden einer Voroperation wegen eines Unterschenkelbruches, die reizlos verheilt seien. Nach stationärer Behandlung vom 04.03. bis 12.03.1996 führte Dr.H. aus, es bestehe nur eine geringfügige Verschiebung des Schienbeinbruchs; zusätzlich habe sich ein unverschobener Außenknöchelbruch gezeigt. Wegen der vorbestehenden Weichteilschäden habe er sich zu einer konservativen Vorgehensweise mit Liegegips- schiene entschlossen. Am 25.04.1996 teilte Dr.H. mit, der Bruch sei im Oberschenkelgehgips versorgt, die Röntgenaufnahmen zeigten eine deutlich beginnende Kallusbildung; nach Abnahme des Gipsverbandes am 29.04.1996 erklärte Dr.H. , der Knochenbruch sei in günstiger Stellung fest verheilt. Es bestehe jedoch eine erhebliche Blutumlaufstörung am rechten Bein. Nach Untersuchung des Klägers in der gefäßchirurgischen Abteilung des Klinikums I. , wo eine arterielle Durchblutungsstörung ausgeschlossen werden konnte und ein fortgeschrittenes drittgradiges postthrombotisches Syndrom festgestellt wurde, erklärte Dr.H. im Schreiben vom 31.07.1996, Schmerzen bestünden nur noch im Innenknöchelbereich, wo sich eine offene Hautstelle befinde. Dieser Befund sei dem postthrombotischen Syndrom zuzuordnen. Die MdE betrage 10 v.H.

Mit Bescheid vom 27.08.1996 lehnte die Beklagte Rentengewährung wegen des Schienbeinbruches rechts mit leichter Verschiebung ab, da der Arbeitsunfall eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht hinterlassen habe.

Der Kläger legte Widerspruch vom 05.09.1996 ein mit der Be- gründung, die Unfallfolgen bedingten eine MdE von mindestens 20 v.H.

Im Gutachten vom 14.11.1996 führte Dr.H. aus, bei Bewertung der vom Kläger angegebenen Beschwerden müsse zwischen den Folgen des früheren Unfalls von 1970, dem komplizierten Venenleiden mit chronisch-venöser Insuffizienz Grad III mit schweren Hautveränderungen und derzeit offener Wunde und den Folgen des Arbeitsunfalles vom 04.03.1996 unterschieden werden. Den unfallunabhängigen Vorerkrankungen komme sicherlich die überwiegende Bedeutung zu. Der Arbeitsunfall habe nur eine vorübergehende Verschlimmerung des vorbestehenden Zustandes bewirkt und keine wesentlichen dauerhaften Unfallfolgen hinterlassen. Die MdE sei bis März 1997 mit 10 v.H., danach voraussichtlich mit 0 v.H. zu bewerten. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalles sei keine Behandlung mehr erforderlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 14.09.1998 beantragte der Kläger die Neufeststellung der MdE wegen Leidensverschlimmerung. Der Allgemeinarzt Dr.H. erklärte im Attest vom 19.10.1998, der Kläger leide unverändert an einem schweren chronischen Schmerzsyndrom beider Beine. Es sei schwierig, die Schmerzen bei Zustand nach mehrmaliger Fraktur, postthrombotischem Syndrom, Polyarthrose und milder arterieller Verschlusskrankheit abzugrenzen.

Im Gutachten vom 29.01.1999 führte der Chirurg Prof. Dr.D. aus, beim Kläger bestehe ein postthrombotisches Syndrom am rechten und linken Unterschenkel. Das im Untersuchungsraum gezeigte Entlastungshinken sei nach Verlassen des Raumes nicht mehr zu beobachten gewesen. Im Bereich des rechten unteren Sprunggelenks sei eine Bewegungseinschränkung um ein Viertel zu verzeichnen. Die MdE sei mit unter 10 v.H. zu bewerten. Im röntgenologischen Bericht vom 13.01.1999 führte Prof.Dr.V. aus, die Frakturen zeigten sich knöchern fest konsolidiert ohne Hinweis auf Entzündungszeichen. Es bestehe noch eine geringe rückläufige Osteopenie. Beidseits fänden sich geringe degenerative Veränderungen im Bereich des oberen Sprunggelenks sowie des Femoropatellargelenks, die linksseitig etwas ausgeprägter seien.

Mit Bescheid vom 09.02.1999 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab, da eine MdE messbaren Grades nicht vorliege. Den Widerspruch vom 02.03.1999 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.1999 zurück.

Am 08.09.1999 beantragte der Kläger Rentengewährung wegen einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen.

Im Befundbericht vom 08.11.1999 gab Dr.H. an, der Kläger klage über Schmerzen im gesamten Bereich des rechten Beines. Es bestehe ein postthrombotisches Syndrom. Die trophischen Störungen seien unabhängig von der Refraktur. Der beratende Arzt Dr.S. erklärte, im Hinblick auf das im Januar 1999 erstellte Gutachten könne von einer wesentlichen Verschlimmerung in diesem kurzen Zeitraum nicht ausgegangen werden.

Mit Schreiben vom 17.12.1999 teilte die Beklagte dem Kläger dies mit; eine erneute Begutachtung werde nicht durchgeführt. Von einer MdE unter 10 v.H. sei weiterhin auszugehen.

Den Widerspruch des Klägers vom 13.01.2000 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2000 zurück.

Zur Begründung der Klage vom 20.04.2000 hat der Kläger geltend gemacht, die Beschwerden seien auf den Unfall vom 04.03.1996 zurückzuführen.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Gefäßchirurg Dr.S. und die Assistenzärztin Dr.T. haben im Gutachten vom 16.11.2000 ausgeführt, seit August 1996 sei eine deutliche Verschlechterung des Befundes eingetreten. Die Fraktur vom 04.03.1996 sei in Fehlstellung verheilt und bedinge durch die fortgeschrittene posttraumatische Arthrose eine deutliche Bewegungseinschränkung. Aufgrund der daraus resultierenden mangelhaften Muskelpumpe am rechten Unterschenkel und dem damit fehlenden Rückstrom des venösen Blutes werde das Beschwerdebild der chronisch-venösen Insuffizienz verstärkt. Weiter zeige sich eine Osteoporose, bedingt durch die Schonung der rechten unteren Extremität. Die MdE sei seit zwei Jahren mit 35 v.H. zu bewerten.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr.S. vom 07.12.2000 übersandt; im Gutachten würden die Folgen des Arbeitsunfalles und die erheblichen Vorschäden nicht getrennt berücksichtigt.

Der Internist Dr.L. hat im Bericht vom 08.04.2001 die Diagnosen gestellt: kein Anhalt für relevante Durchblutungsstörung im arteriellen und venösen System beider Beine, chronisches Ulcus cruris.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr.Dr.K. hat im Gutachten vom 04.05.2001 ausgeführt, der Kläger habe bei dem Arbeitsunfall einen Schienbeinbruch rechts mit leichter Verschiebung erlitten. Außerdem sei es zu einem Außenknöchelbruch rechts gekommen. Ein frischer Hautschaden sei im Durchgangsarztbericht nicht erwähnt. Zum Zeitpunkt der Gipsabnahme am 29.04.1996 sei der Bruch in günstiger Stellung verheilt gewesen, allerdings mit erheblichen Blutumlaufstörungen am rechten Bein. Dabei habe es sich aber nicht um ein Narbengeschwür gehandelt. Denkbar sei, dass es während der vierwöchigen Gipsbehandlung zu Rückstauungserscheinungen gekommen sein könnte. Diese hätten aber sicherlich schon vorbestanden, wie aus der Beinvenenoperation Ende der 80-er Jahre im Klinikum Ingolstadt zu schließen sei. Der Kläger sei 1990 und 1997 an den Beinvenen im Klinikum I. operiert worden, außerdem seien seit 1970 acht Hauttransplantationen am rechten Unterschenkel durchgeführt worden. Dies zeige die schlechte Heilung und erhöhte Vulnerabilität der stark pig- mentierten Unterschenkelnarbe rechts, die am Knochen angewachsen sei. Nicht nachvollziehbar sei die Schlussfolgerung im Gutachten vom 16.11.2000, dass eine schwere posttraumatische Arthrose im oberen und unteren Sprunggelenk bestehe. Das Ausmaß der Sprunggelenksarthrose sei allenfalls diskret. Hinzu komme, dass sich diese Veränderungen schon auf Röntgenbildern vom Unfalltag zeigten und im Verlauf mehrerer Jahre nicht zugenommen hätten. Die Sprunggelenksproblematik sei also dem Vorschaden zuzuordnen, nicht dem Unfall vom 04.03.1996. Auch sei es nicht zu einer deutlichen Verschlimmerung der Funktionseinschränkung gekommen. Wie die Akten belegten, seien regelmäßig in den 70-er, 80-er und frühen 90-er Jahren wiederkehrende Narbengeschwüre aufgetreten. Dies erkläre auch die acht Hauttransplantationen. Insgesamt könne nicht von einem rentenfähigen Unfalldauerschaden ausgegangen werden.

Mit Urteil vom 13.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr.K. gestützt.

Mit der Berufung vom 20.08.2001 wendet der Kläger ein, er habe seit dem Unfall sehr starke Schmerzen.

Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.07.2001 sowie den Bescheid vom 17.12.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalles vom 04.03.1996 Verletztenrente nach einer MdE um 35 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 gelten- den Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus re- sultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII in Verbindung mit § 580 RVO).

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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