L 3 U 273/95

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 8/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 273/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.05.1995 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Rücknahme von Bescheiden der Beklagten, in denen das Ereignis vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall anerkannt worden ist, streitig. Der Kläger begehrt wegen der Folgen des Unfalls vom 07.07.1990 die Gewährung von Verletztenrente unter Wiederanerkennung des Unfalls vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall auch für die Zukunft.

Der am ...1950 geborene Kläger hat am 07.07.1990 einen Unfall erlitten, als er in der Werkstatt stolperte, in eine Baggerkabine fiel und sich dabei den rechten Arm gebrochen hat. Nachfolgend ging der Streit darum, ob der Kläger - dessen Antrag auf freiwillige Unternehmerversicherung erst am 22.08. eingegangen war - zum Unfallzeitpunkt unter Versicherungsschutz stand. Auf Zweifel der Bezirksverwaltung Mainz vom 16.07.1993 hat die Hauptverwaltung Versicherungsschutz mit Schreiben vom 07.11.1990 bejaht; die Beklagte gewährte sodann Verletztengeld, erstattete Behandlungskosten und erklärte sich für die berufliche Rehabilitation zuständig (Bescheide vom 11.02.1992, 07.04. 1992, 03.09.1992, 09.04.1992 und 06.08.1992). Mit Bescheid vom 10.06.1992 hat die Beklagte den Unfall vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall anerkannt, Rente jedoch abgelehnt, weil nach Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 15.10.1990 eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht mehr vorliege. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben. Am 14.09. 1992 teilte die Hauptverwaltung der Beklagten der Bezirksverwaltung mit, dass die freiwillige Unternehmerversicherung des Klägers erst am 23.08.1990 begonnen habe, der Antrag vom 16.08. 1990 sei am 22.08.1990 eingegangen.

Mit Bescheid vom 24.09.1992 hat die Beklagte die Bescheide vom 11.02.1992, 07.04.1992, 09.04.1992 und 03.09.1992 mit Wirkung für die Vergangenheit, die Bescheide vom 10.06.1992 und 06.08.1992 mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft zurückgenommen: Der Kläger habe am 07.07.1990 nicht zu dem bei ihr versicherten Personenkreis gehört und habe daher auch keinen Anspruch auf Leistungen. Eine freiwillige Unternehmerversicherung sei erst mit Wirkung vom 23.08.1990 an begründet. Der Bescheid werde Gegenstand des bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens.

Im nachfolgenden Klageverfahren (Az.: S 2 U 259/92) hat das Sozialgericht mit Urteil vom 26.04.1993 den Bescheid vom 24.09.1992 aufgehoben, insbesondere fehle es an einer Ermessensentscheidung der Beklagten.

Mit Bescheid vom 26.08.1993 nahm die Beklagte - nach vorheriger Anhörung - gemäß § 45 Sozialgesetzbuch - SGB - X die Verwaltungsakte vom 11.02.1992, 07.04.1992, 09.04.1992, 10.06.1992, 06.08.1992 und 03.09.1992 mit Wirkung für die Zukunft insoweit zurück, als damit ausdrücklich oder konkludent das Ereignis vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall anerkannt sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb - auch betreffend den Bescheid vom 10.06.1992 - ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.11.1993).

Hiergegen hat der Kläger wiederum beim Sozialgericht München Klage erhoben: Er habe am 07.07.1990 bei seinem Unfall unter Versicherungsschutz gestanden, denn er habe den Antrag am 07.03.1990 bereits eingereicht gehabt, auch habe er für 1990 Beiträge bezahlt.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht zuletzt beantragt, die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zu verurteilen, den Unfall vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 03.05.1995 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Entscheidung der Beklagten, die Verwaltungsakte gemäß § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft insoweit zurückzunehmen, als damit ausdrücklich oder konkludent das Ereignis vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall anerkannt ist, sowie die Ablehnung der Gewährung von Verletztenrente, seien nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide nach § 45 SGB X lägen vor.

Mit seiner hiergegen eingelegte Berufung, die beim Sozialgericht Augsburg am 10.08.1995 und beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) am 24.08.1995 eingegangen ist, verfolgte der Kläger sein Ziel auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 07.07.1990 weiter. In seinem Schreiben vom 09.08.1995 führte er aus, dass er wegen Krankheit (rechter Arm) erst heute dazu komme, gegen das ergangene Urteil in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg Widerspruch einzulegen und um Weiterleitung an das zuständige Sozialgericht bitte. Auf den Hinweis auf die Versäumnis der Berufungsfrist hat der Kläger seinen verspäteten Einspruch damit begründet, dass er diesen am 09.08.1995 geschrieben und zur Post gegeben habe. Die Verspätung beruhe darauf, dass er fortlaufend solch starke Schmerzen im rechten Arm gehabt habe, dass er ihn seit längerer Zeit in einer Armbeugeschiene aus Plastik ruhigstellen musste. Er sei aufgrund dieser Schmerzen auch gezwungen gewesen, starke Schmerzmittel zu nehmen. Auch habe er schubweise Migräneanfälle und Sehschwäche. Aufgrund seiner finanziellen Notsituation - Berufsunfähigkeit, keine Umschulung etc. - sei es ihm auch nicht möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, daher das Durcheinander seiner Unterlagen, er bitte daher um Zulassung des Einspruchs.

ihm gegen die Versäumnis der Berufungsfrist Wiedereinsetzung nach § 67 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren und in der Sache, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, unter Wiederanerkennung des Unfalls vom 07.07.1990 als Arbeitsunfall ihm gesetzliche Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.05.1995 zu verwerfen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.05.1995 - das Urteil wurde an den Kläger am 04.07.1995 mit eingeschriebenem Brief abgesandt und gilt als am 07.07.1995 zugestellt - mit Schreiben des Klägers vom 09.08.1995 eingelegte Berufung, die beim Sozialgericht Augsburg am 10.08.1995 und beim LSG am 24.08.1995 eingegangen ist, ist verspätet (§ 151 Abs.1 und 2 SGG). Mangels Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen (§ 67 Abs.1 SGG) ist sie als unzulässig anzusehen und daher zu verwerfen.

Die vom Kläger in seinem Schreiben vom 21.09.1995 angegebenen Gründe für die verspätete Einlegung - starke Schmerzen im rechten Arm, Ruhigstellung des Arms etc., Durcheinander in seinen Unterlagen und anderes - rechtfertigen nach Ansicht des Senats keine Wiedereinsetzung gegen die Versäumnis der Berufungsfrist. Denn die angeführten körperlichen und psychischen Belastungen stellen keinen Hinderungsgrund dar, einen kurzen fristwahrenden Schriftsatz selbst zu fertigen oder durch Dritte fertigen zu lassen, rechtzeitig abzusenden und somit die gesetzliche Berufungsfrist einzuhalten.

Bei der geschilderten rechtlichen Situation, d.h. Verfristung der Berufung, war es dem Senat verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden, d.h. über die Frage, ob dem Kläger der wegen des Unfalls vom 07.07.1990 geltend gemachte Rentenanspruch zusteht bzw. der Berichtigungsbescheid der Beklagten vom 26.08.1993 rechtmäßig war.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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