Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 296/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 191/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. April 2011 und der Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 werden abgeändert, soweit der Beklagte die Leistungsbewilligung in Höhe eines Betrags von mehr als 1.305,28 EUR aufgehoben und diesen Betrag zur Erstattung gestellt hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung überzahlter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 i.H.v. 1.326,52 EUR.
Die am ... 1947 geborene Klägerin war mit dem am ... 1940 geborenen und mittlerweile verstorbenen Ehemann verheiratet und bewohnte im streitigen Zeitraum mit diesem eine 58,24 m² große Mietwohnung. Für die Gesamtmiete waren im streitigen Zeitraum 428,18 EUR/Monat zu entrichten (Kaltmiete und Betriebskosten 359,18 EUR/Monat, Fernwärme 49,00 EUR/Monat, Wasser 20 EUR/Monat, daneben noch Strom 44 EUR/Monat). Für eine Kfz-Haftpflichtversicherung war im streitigen Zeitraum ein Betrag von 15,89 EUR/Monat aufzubringen.
Der Ehemann bezog seit 2003 eine Altersrente sowie seit April 2004 von der Verwaltung-Berufsgenossenschaft eine Unfallrente. Im streitigen Zeitraum betrug der Zahlbetrag der Altersrente 709,25 EUR/Monat, der der Unfallrente 160,46 EUR/Monat.
Die Klägerin hatte seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen. In ihren jeweiligen Anträgen hatte sie lediglich die Altersrente ihres Ehemanns angegeben, nicht jedoch die Unfallrente. Sie hatte einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte in dem Attest vom 16. November 2006 einen Hochdruck und eine Zuckerkrankheit genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie für den Diabetes mellitus eine Diabeteskost für erforderlich erachtet. Der Beklagte hatte die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bereits ab Juli 2005 bestandskräftig auf eine aus seiner Sicht angemessene Grundmiete von 246 EUR/Monat herabgesetzt. In der Verwaltungsakte findet sich keine Kostensenkungsaufforderung.
Nachdem dem Beklagten im Juli 2007 der Bezug der Unfallrente bekannt geworden war, hatte der Ehemann der Klägerin angegeben, diese habe bislang von dieser Rente nichts gewusst. Mit Änderungsbescheiden vom 21. August 2007 hatte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Januar 2005 bis September 2007 vorgenommen. Ferner hatte er die Leistungsbewilligungen i.H.v. 5.014,50 EUR bestandskräftig aufgehoben.
In ihrem Weiterzahlungsantrag vom 28. August 2007 gab die Klägerin die beiden Renten ihres Ehemanns an. Der Beklagte erhöhte mit Änderungsbescheid vom 25. September 2007 die Leistungen für Juli bis September 2007 auf 212,69 EUR/Monat. Dabei ging er von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR aus, dem er "sonstiges Einkommen" i.H.v. 331,63 EUR gegenüber stellte. Mit Leistungsbescheid ebenfalls vom 25. September 2007 bewilligte er der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 544,32 EUR/Monat. Dabei ging er wiederum von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR/Monat aus (Regelleistung 312 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 51,13 EUR, anerkannte anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung 181,19 EUR). Eine Einkommensanrechnung nahm er nicht vor.
Unter dem 10. Januar 2008 hörte der Beklagte die Klägerin über die erfolgte Überzahlung und die beabsichtigte Leistungserstattung an. Bei der Weiterbewilligung ab Oktober 2007 sei es versäumt worden, die Anrechnungsbeträge aus den Renten des Ehemanns in die Berechnung einzubeziehen. Die Klägerin hätte erkennen können, dass ihr die Leistungen in dieser Höhe nicht zustanden. Gleichzeitig änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 2008 für Februar und März 2008 auf 212,69 EUR/Monat.
Dazu nahm die Klägerin am 22. Januar 2008 Stellung: Sie hätte alle Unterlagen eingereicht. Als die neue Bewilligung gekommen war, habe sie es nicht richtig glauben können. Sie sei am 16. Oktober 2007 bei dem Beklagten gewesen und habe sich persönlich erkundigt. Die Sachbearbeiterin W. (im Folgenden: Zeugin) habe ihr gesagt, sie brauche sich keine Sorgen machen, es sei alles richtig berechnet worden und sie könne mit ruhigem Gewissen nach Hause gehen.
Der Beklagte hob mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 die Leistungsbewilligung vom 25. September 2007 für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 teilweise i.H.v. 1.326,52 EUR auf. Unter dem genannten Erstattungszeitraum listete er auf: "Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR". Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung ihres Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die zu Unrecht gezahlten Beträge seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Fehler habe beim Beklagten gelegen. Sie sei ihren Rechten und Pflichten nachgekommen und habe sich erkundigt. Ihr sei am 16. Oktober 2007 bestätigt worden, dass alles in Ordnung sei. Der Mehrbedarf wegen Diabetes mellitus dürfe ohnehin nicht zurückgefordert werden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung nach § 45 Abs. 1 SGB X lägen vor. Der von dem Ehemann der Klägerin nicht zur Bedarfsdeckung benötigte Rentenanteil sei als Einkommen auf ihren Leistungsanspruch anzurechnen. Schutzwürdiges Vertrauen liege gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht vor. Die Klägerin habe nach ihren eigenen Angaben die Rechtswidrigkeit des Bescheids gekannt. Die Höhe des zu erstattenden Betrags ergebe sich wie folgt: Addition der beiden Renten des Ehemanns der Klägerin abzüglich 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs des Ehemanns der Klägerin i.H.v. 492,19 EUR (311 EUR Regelleistung, 181,19 EUR KdU). Es sei somit ein Anrechnungsbetrag i.H.v. 331,63 EUR auf den monatlichen Bedarf anzurechnen. Daher sei die Klägerin mit insgesamt 1.326,52 EUR überzahlt. Die erbrachten Leistungen seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Sie habe alles Erforderliche zur Aufklärung getan und auf die Auskunft der Zeugin vertrauen dürfen. Nachdem die Leistungen weitergezahlt worden seien, hätte sie annehmen müssen, dass alles richtig berechnet worden war. Die Schuld für die Überzahlung liege beim Beklagten. Sie sei zudem entreichert gemäß § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Beklagte hat eingewendet, anlässlich der Vorsprache der Klägerin am 16. Oktober 2007 sei die Leistungshöhe anhand des vorgelegten Bescheids, aber nicht unter Rückgriff auf die Leistungsakte besprochen worden. Ein Hinweis der Klägerin auf eine unterbliebene Einkommensanrechnung sei dabei nicht erfolgt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. April 2011 abgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte die Leistungsbewilligung gemäß § 45 Satz 2 Satz 3 Ziffer 3 SGB X zurückgenommen und die Erstattung der überzahlten Beträge verlangt. Die Klägerin habe gewusst, dass das Einkommen ihres Ehemanns anzurechnen war. Aus dem Änderungsbescheid vom 25. September 2007 habe sie ihren tatsächlichen Leistungsanspruch erkennen können. Unwidersprochen habe die Klägerin nur mit dem Leistungsbescheid vom 25. September 2007 bei der Zeugin vorgesprochen. Diese habe die Richtigkeit daher gar nicht prüfen können. Darüber hinaus seien mündliche Auskünfte auch gegenüber juristischen Laien nicht verbindlich. Der Verbrauch der Leistungen oder ein Verschulden des Beklagten seien unerheblich.
Gegen das ihr am 9. April 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Mai 2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Sie führt aus, bei ihrer Vorsprache am 16. Oktober 2007 den streitigen Bescheid vorgelegt zu haben. Auch die Zeugin habe den Fehler im Leistungsbescheid nicht erkannt. Es sei ihr nicht zuzumuten, den jeweils aktuellen Rechtsstand zu kennen und zu schlussfolgern, ob ein Bescheid der Rechtslage entspreche. Sie genieße Vertrauensschutz bis zum Zugang des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, der nicht rückwirkend entfallen könne. Der Beklagte habe den fehlenden Vertrauensschutz zu beweisen. Es gelte die Vermutung der Richtigkeit der Leistungsbewilligung. Angesichts des Verbrauchs der Leistungen habe das öffentliche Interesse an der Rückforderung zurückzutreten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. April 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zuzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Vorsprache vom 16. Oktober 2007 sei nicht aktenkundig. Im Übrigen sei die Klägerin deshalb nicht gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 vorgegangen, weil sie die Notwendigkeit der Einkommensanrechnung gekannt habe. Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte angegeben, VERBIS-Ausdrucke lägen nicht mehr vor. Hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten seien keine weiteren Angaben möglich.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebung wird auf das Sitzungsprotokoll, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach ist die Berufung ohne Weiteres zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, den Betrag von 750 EUR übersteigt. Streitgegenständlich ist hier eine Leistungsrücknahme und Erstattung von Leistungen i.H.v. 1.326,52 EUR von der Klägerin.
II.
Die Berufung ist überwiegend unbegründet. Der Bescheid vom 13. März 2008 der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 ist rechtmäßig, soweit der Beklagte die Leistungsbewilligung i.H.v. 1.305,28 EUR aufgehoben und zur Erstattung gestellt hat. Lediglich hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags waren das angefochtene Urteil und die Bescheide des Beklagten aufzuheben.
1.
Die zur Überprüfung gestellten Bescheide begegnen zunächst keinen Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit.
a.
Der Bescheid vom 13. März 2008 ist wirksam geworden gemäß § 39 Abs. 1 SGB X. Adressatin war die Klägerin, die den Bescheid auch erhalten hat.
b.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 ist auch hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X.
Die Verfügungssätze des Bescheids sind nach ihrem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei und haben die Klägerin bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, ihr Verhalten daran auszurichten. Denn sie konnte eindeutig erkennen, dass der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit von Oktober 2007 bis Januar 2008 insgesamt hinsichtlich eines Betrags von 1.326,52 EUR aufgehoben und dass er von ihr dessen Erstattung verlangt hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 154/11 R (16)).
Es kann dahinstehen, ob die Darstellung der Ermittlung der Gesamtforderung im Bescheid vom 13. März 2008 ("Mehrbedarfe für kostenaufwendige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR") dem Bestimmtheitsgebot genügt, oder ob insoweit nur ein Begründungsmangel vorliegt. Denn jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 hat der Beklagte die Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin detailliert dargelegt und einen monatlichen Anrechnungsbetrag von 331,63 EUR mitgeteilt.
c.
Die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorzunehmende Anhörung ist erfolgt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2008 hatte der Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie hätte erkennen können, dass ab Oktober 2007 die Anrechnung des Renteneinkommens vergessen worden war. Somit hatte diese Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen und den subjektiven Schuldvorwürfen zu äußern.
e.
Die Jahresfrist für eine Leistungsrücknahme und -aufhebung gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Der Beklagte hat die Bewilligung unter dem 13. März 2008 und somit innerhalb eines Jahres ab Kenntnis seines Fehlers zurückgenommen.
2.
Die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum war von Anfang an rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen ist somit § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 und Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit er von Anfang an rechtswidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist ferner, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann. Dies ist u.a. der Fall, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
a.
Die Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II.
Auch bei einer Klage wegen der Abänderung oder Aufhebung einer bestandskräftigen Leistungsbewilligung sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist, wenn ein vollständiger oder teilweiser Eingriff in die Bestandskraft der in einer bestimmten Höhe bewilligten Leistungen erfolgt, dessen Berechtigung grundsätzlich unter Einbeziehung der weiteren, den Grund und die Höhe der bereits bewilligten Leistungen betreffenden Berechnungsfaktoren (unter Berücksichtigung des §§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zu prüfen, soweit Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit ersichtlich oder vorgetragen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, B 4 AS 59/12 (28); Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R (26); Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R (19); Urteil vom 15. Dezember 2010, B 14 AS 92/09 R (26)).
Insoweit gibt der Senat ausdrücklich seine bisherige ständige Rechtsprechung auf. Danach war die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung in dem bestandskräftigen Bewilligungsbescheid grundsätzlich nicht zu überprüfen. Etwas anderes sollte nur dann gelten, wenn im Rahmen der Rechtsmittel gegen einen Rücknahme- oder Erstattungsbescheid Einwendungen gegen die ursprüngliche Leistungsbewilligung erhoben wurden. Dann sollten diese als Antrag nach § 44 SGB X zu werten sein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 234/09; Urteil vom 1. März 2012, L 5 AS 339/09 unter Hinweis u.a. auf frühere Rechtsprechung des BSG). Nunmehr ist eine Überprüfung der zu Grunde liegenden, bestandskräftigen Leistungsbewilligung immer auch dann erforderlich, wenn "Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit" vorliegen, ohne dass die Kläger die Leistungsbewilligung als solche rügen. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war auch erwerbsfähig und verfügte nicht über zumutbar einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II.
b.
Der im Bescheid vom 25. September 2007 zugrunde gelegte Gesamtbedarf der Klägerin betrug im streitigen Zeitraum 544,32 EUR/Monat. Er setzte sich zusammen aus der Regelleistung (311 EUR), dem Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung (51,13 EUR) und den anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (181,19 EUR).
Anhaltspunkte für seine Unrichtigkeit bestanden, weil der Beklagte nicht die tatsächlichen KdU berücksichtigt hatte. Soweit der Beklagte seit Juli 2005 eine Absenkung der KdU auf eine von ihm für angemessen erachtete Grundmiete vorgenommen hatte, war diese rechtswidrig. Insoweit scheiterte eine Senkung der Kosten für die KdU schon an einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Darüber hinaus lässt sich weder der Verwaltungsakte noch den dort enthaltenen Leistungsbescheiden entnehmen, nach welchen Maßstäben die Absenkung der Leistungen für die KdU vorgenommen war. Ob dies nach einem so genannten "schlüssigen Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfolgte, kann deshalb nicht festgestellt werden. Auch im Berufungsverfahren konnte der Beklagte nicht darlegen, aus welchen Gründen die Leistungsabsenkung erfolgt war. Die Klägerin hatte daher im streitigen Zeitraum Anspruch auf einen Anteil an den vollen KdU. Die tatsächlichen Unterkunftskosten - mit Ausnahme der der Regelleistung zuzuordnenden Stromkosten - waren nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin und ihren Ehemann aufzuteilen, auch wenn dieser keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 55/06 R (18)). Somit ergab sich für die Klägerin einen Anspruch für die KdU i.H.v. 208,46 EUR/Monat (428,18 EUR/Monat: 2 abzgl. 5,63 EUR für Warmwasserbereitung).
Soweit andererseits der Beklagte für die Klägerin im Rahmen des Gesamthilfebedarfs einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen i.H.v. 51,13 EUR/Monat zugrunde gelegt hat, war dies rechtswidrig begünstigend. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf den bewilligten Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Erforderlich ist dafür ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Nur krankheitsbedingte Gründe sind von Bedeutung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R (16, 17)). Bei der Klägerin lagen in dem streitigen Zeitraum nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung die Erkrankungen Bluthochdruck und Diabetes mellitus vor. Für die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin R. empfohlene "Diabeteskost" war eine kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen nicht erforderlich gewesen. Vielmehr war insoweit eine Vollkosternährung ausreichend, die mit den in der Regelleistung enthaltenen Beträgen finanzierbar war. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht bei einem Diabetes mellitus grundsätzlich kein Anspruch auf Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R). Insoweit kann auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 1. Oktober 2008 zurückgegriffen werden. Es handelt sich hierbei nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten. Dennoch dienen die Empfehlungen 2008 als Orientierungshilfe. Die im Oktober 2008 neu herausgegebenen Empfehlungen sind auch für den vorliegenden, Zeiträume davor betreffenden Rechtsstreit anzuwenden. Es gibt keine Gründe, die dort dokumentierten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse nicht in die Beweiswürdigung einfließen zu lassen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, a.a.O., (23); Urteil vom 20. November 2011, a.a.O. (23)). Nach Ziffer 4.1 der Empfehlungen 2008 ist für die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen regelmäßig kein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand anzunehmen.
Einer weiteren Beweiserhebung durch den Senat bedurfte es - trotz der Diagnose zweier Erkrankungen - hier nicht. Nur sofern Krankheiten vorliegen, die in den Empfehlungen 2008 nicht genannt sind, oder soweit Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen von den Empfehlungen 2008 erforderlich machen, ist eine weitere Ermittlung des medizinischen Sachverhalts erforderlich. Die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte zwar in dem Attest vom 16. November 2006 zwei Diagnosen genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie doch lediglich für eine Diagnose, den Diabetes mellitus, eine "Diabeteskost" für erforderlich erachtet. Es liegt daher nicht die Konstellation vor, dass wegen mehrerer Erkrankungen unterschiedliche Kostformen erforderlich gewesen wären.
Der Gesamtbedarf der Klägerin betrug somit 520,76 EUR/Monat (Regelleistung 312,30 EUR, ernährungsbedingter Mehrbedarf 0,00 EUR, KdU: 208,46 EUR).
Insgesamt hatte die Klägerin also einen geringeren Gesamtbedarf als vom Beklagten in seiner bestandskräftigen Leistungsberechnung zu Grunde gelegt worden war.
c.
Allerdings ergibt sich bei der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin.
Die Renten des Ehemanns der Klägerin waren, soweit dieser sie nicht zur Deckung eigener Bedarfe benötigte, als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R). Eine Rente aus der Gesetzlichen Renten- und der Gesetzlichen Unfallversicherung ist in voller Höhe als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen. Eine Privilegierung nach § 11 Abs. 3 SGB II findet nicht statt (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R; Urteil vom 5. September 2007, B 11b 15/06 R).
Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist die erfolgte Bereinigung der Renteneinkünfte des Ehemanns der Klägerin.
Davon war zunächst ein fiktiver Bedarf nach dem SGB II abzusetzen (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14/7b AS 10/07 R). Weiter waren die auf ihn entfallenden tatsächlichen anteiligen KdU anzurechnen.
Darüber hinaus war der Pauschbetrag i.H.v. 30 EUR/Monat gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) abzusetzen. Eine doppelte Berücksichtigung bei zwei Einkommensarten scheidet aus (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 86/08R (14)). Ferner waren die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß § 11 Satz 2 Ziffer 3 SGB II in Höhe von 15,89 EUR/Monat abzusetzen.
Ausgehend von dem Zahlbetrag der beiden Renten i.H.v. 869,71 EUR verblieben zur fiktiven Bedarfsdeckung des Ehemanns nicht benötigte 303,06 EUR (869,71 EUR abzgl. 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs i.H.v. 520,76 EUR (s.o.)).
Um den Betrag von 303,06 EUR/Monat reduzierte sich der Hilfebedarf der Klägerin im streitigen Zeitraum. Eine abermalige Berücksichtigung der Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR/Monat war bei dieser Einkommensanrechnung nicht vorzunehmen. Die Pauschale ist lediglich einmal vom jeweiligen Einkommen abzusetzen (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009, B 14 AS 42/08 R (28)).
Ausgehend von einem monatlichen Gesamthilfebedarf von 520,76 EUR hatte die Klägerin unter Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II einen monatlichen Leistungsanspruch von 218 EUR (520,76 EUR - 303,06 EUR = 217,60 EUR, gerundet 218 EUR).
Für die streitigen vier Monate ergibt sich somit eine Überzahlung von nur 1.305,28 EUR (544,32 – 218 EUR = 326,32 EUR x 4).
d.
Die Klägerin kann sich hier nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Denn zur Überzeugung des Senats kannte sie die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. September 2007 mindestens infolge grober Fahrlässigkeit nicht.
Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies verlangt, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Entscheidend ist das individuelle Vermögen, die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbewilligung erkennen zu können. Maßgeblich ist daher, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre zu erkennen, dass für die Zeit ab Oktober 2007 ein Fehler in der Leistungsberechnung aufgetreten war. Ihr obliegt die objektive Beweislast für das behauptete Fehlen grober Fahrlässigkeit, weil sie das Vorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals für das Behaltendürfen der überzahlten Leistungen für sich in Anspruch nimmt.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin bei Erhalt des Bescheids vom 25. September 2007 hätte wissen müssen oder sogar wusste, dass ein Berechnungsfehler vorlag.
Dies ergab sich schon aus dem Kontext mit dem zeitgleich ergangenen Änderungsbescheid vom 25. September 2007 für die Monate Juli bis September 2007. Dort waren - ohne dass sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse geändert hatten - nur 212,69 EUR/Monat bewilligt worden. Bei einem Vergleich der beiden Bescheide war auch eindeutig und im beiliegenden Berechnungsbogen auf den ersten Blick zu erkennen, dass der Änderungsbescheid vom 25. September 2007 ein "sonstiges Einkommen" berücksichtigte, während der Leistungsbescheid vom gleichen Tag keine Einkommensanrechnung vorsah. Gerade aufgrund der Vorgeschichte der Klägerin, die sich wenige Monate zuvor einer Rückforderung i.H.v. über 5.000 EUR wegen der nicht berücksichtigten Unfallrente ausgesetzt sah, geht der Senat davon aus, dass diese hinsichtlich der vorzunehmende Einkommensanrechnung besonders sensibilisiert war und den Fehler bei der gebotenen Durchsicht des Leistungsbescheids hätte erkennen müssen. Dies gilt umso mehr, als der Klägerin die zu hohe Leistungsbewilligung sofort aufgefallen war.
Auch nach ihrer eigenen schriftlichen Darstellung drängt sich die Annahme auf, dass die Klägerin die Falschberechnung der Leistungsbewilligung ab Oktober 2007 mindestens grob fahrlässig nicht kannte. Denn nach ihrer ersten Äußerung im Anhörungsverfahren "konnte sie es nicht richtig glauben" und suchte deshalb das Gespräch mit Mitarbeitern des Beklagten.
Nichts anderes ergibt sich aus der Befragung der Klägerin durch den Senat. Sie hat ausdrücklich eingeräumt, bei Erhalt des Bescheids gewusst zu haben, dass etwas nicht stimmen konnte. Sie hatte erkannt, zuviel Leistung bekommen zu haben und überzahlt zu sein.
Selbst wenn die Klägerin zunächst nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gehabt haben sollte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Es mag Konstellationen geben, in denen bei einer gewissen Unsicherheit über die Richtigkeit der Leistungsberechnung eine positive Bestätigung durch einen Behördenmitarbeiter zu einem Vertrauensschutz führen kann. Ein solcher Fall lag jedoch hier zur Überzeugung des Senats nicht vor. Die Klägerin hat auf Befragen angegeben, den Bezug der zwei Renten ihres Ehemanns bei dem Gespräch mit der Zeugin nicht mitgeteilt zu haben. Sie wusste jedoch, dass die Renten auf den Leistungsanspruch anzurechnen waren. Ob sie hingegen die beiden unterschiedlichen Bescheide vom 25. September 2007 vorgelegt hat, oder nur den Leistungsbescheid für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007, will ihr nicht mehr erinnerlich sein. Gleichzeitig will sie davon ausgegangen sein, dass die Zeugin aufgrund der Angaben im Weiterzahlungsantrag Kenntnis von diesen Renten haben musste. Angesichts der der Klägerin bewussten Überzahlung hätte sie - ohne einen Hinweis auf diese Renten gegenüber der Zeugin - nicht darauf vertrauen dürfen, dass die ihr gegebene Auskunft über eine fehlerfreie Leistungsbewilligung richtig war. Vielmehr hätte sie sich in dieser Situation gedrängt fühlen müssen, der Zeugin durch Klarstellung der finanziellen Verhältnisse die Möglichkeit einer richtigen Auskunft zu verschaffen. Angesichts ihrer anfänglichen Überzeugung einer Überzahlung durfte sie sich nicht damit zufrieden geben, dass die Zeugin den bewilligten Zahlbetrag bestätigt hat. Dass die Klägerin selbst nicht von der Richtigkeit dieser Auskunft überzeugt war, ergibt sich schon aus ihren Einlassungen im Termin. So hat sie eingeräumt, sie sei nach diesem Gespräch nicht hundertprozentig überzeugt gewesen, dass die Leistungsbewilligung richtig war. Angesichts der bei ihr verbliebenen Zweifel dürfte sie nicht darauf vertrauen, dass die Auskunft richtig sein werde. Es wäre zudem auch zu erwarten gewesen, dass die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 das Rechtsmittel des Widerspruchs ein legen würde. Denn dieser wäre ja dann aus ihrer Sicht für Juli bis September 2007 fehlerhaft gewesen. Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan, ohne dafür einen Grund nennen zu können.
Die Vernehmung der Zeugin konnte insoweit nicht dazu beitragen, den Senat von einer Gutgläubigkeit der Klägerin hinsichtlich der richtigen Berechnung ihrer Leistungen zu überzeugen. Diese konnte sich an ein Gespräch mit der Klägerin nicht erinnern. Nach den von ihr geschilderten Aufgabenbereichen war sie auch nur in einer untergeordneten Funktion tätig. Sie war lediglich in einer Auskunftsstelle als erste Ansprechpartnerin beschäftigt. Auf Fragen zur Berechnung der Leistungsbewilligung hatte sie keine Auskünfte geben dürfen. Sie hatte - nach ihren glaubhaften Angaben - an ihrem Arbeitsplatz nur Zugriff auf die Computerinformation zur Höhe der zuletzt bewilligten Leistungen. Zugang zu den Leistungsakten oder einen Zugriff auf die Leistungsberechnung im Einzelnen hatte sie nicht. Für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter eine Falschberechnung angab, oblag es ihr, das Problem an den zuständigen Sachbearbeiter weiterzuleiten. Bestätigen hätte sie lediglich können, ob der bewilligte Zahlbetrag mit der ausbezahlten Summe übereinstimmte.
Der Senat konnte sich auf der Grundlage der Angaben der Zeugin und der Klägerin keine Überzeugung verschaffen, dass bei der Vorsprache der Klägerin mehr als ein Vergleich von Auszahlungsbetrag und der bewilligten Leistungen erfolgt war. Dessen hätte es indes angesichts der massiven Zweifel der Klägerin und ihrer Kenntnisse von der Anrechnung des Renteneinkommens ihres Ehemanns jedoch bedurft.
Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast obliegt der Klägerin die Beweislast für den behaupteten Wegfall der bestehenden Zweifel infolge des Gesprächs mit der Zeugin. Da sich der Senat insoweit nicht von ihrer Behauptung überzeugen konnte, geht dies zu ihren Lasten.
e.
Der Einwand der Klägerin, die Leistungen verbraucht zu haben, ist nicht relevant. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist Vertrauen in der Regel dann schutzwürdig, wenn der Begünstigte die erbrachten Leistungen verbraucht hat. Ausdrücklich sieht jedoch § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, dass er sich trotz Verbrauchs der Leistungen auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen kann, wenn er - wie hier - die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Auch der Hinweis auf ein Mitverschulden des Beklagten für eine Überzahlung ist nicht von Bedeutung. Denn im Rahmen des SGB II ist eine Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte kein Ermessen zu prüfen (§ 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III).
4.
Die Erstattungsforderung ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X i.H.v. 1.305,28 EUR begründet. Ein Fall von § 40 Abs. 2 Satz 1 a.F. SGB II liegt nicht vor. Danach sind abweichend von § 50 des Zehnten Buches 56 vom 100 der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 und 3 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Diese Vorschrift gilt gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. nicht in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des geringen Obsiegens der Klägerin war eine Kostenaufteilung nicht vorzunehmen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung überzahlter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 i.H.v. 1.326,52 EUR.
Die am ... 1947 geborene Klägerin war mit dem am ... 1940 geborenen und mittlerweile verstorbenen Ehemann verheiratet und bewohnte im streitigen Zeitraum mit diesem eine 58,24 m² große Mietwohnung. Für die Gesamtmiete waren im streitigen Zeitraum 428,18 EUR/Monat zu entrichten (Kaltmiete und Betriebskosten 359,18 EUR/Monat, Fernwärme 49,00 EUR/Monat, Wasser 20 EUR/Monat, daneben noch Strom 44 EUR/Monat). Für eine Kfz-Haftpflichtversicherung war im streitigen Zeitraum ein Betrag von 15,89 EUR/Monat aufzubringen.
Der Ehemann bezog seit 2003 eine Altersrente sowie seit April 2004 von der Verwaltung-Berufsgenossenschaft eine Unfallrente. Im streitigen Zeitraum betrug der Zahlbetrag der Altersrente 709,25 EUR/Monat, der der Unfallrente 160,46 EUR/Monat.
Die Klägerin hatte seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen. In ihren jeweiligen Anträgen hatte sie lediglich die Altersrente ihres Ehemanns angegeben, nicht jedoch die Unfallrente. Sie hatte einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte in dem Attest vom 16. November 2006 einen Hochdruck und eine Zuckerkrankheit genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie für den Diabetes mellitus eine Diabeteskost für erforderlich erachtet. Der Beklagte hatte die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bereits ab Juli 2005 bestandskräftig auf eine aus seiner Sicht angemessene Grundmiete von 246 EUR/Monat herabgesetzt. In der Verwaltungsakte findet sich keine Kostensenkungsaufforderung.
Nachdem dem Beklagten im Juli 2007 der Bezug der Unfallrente bekannt geworden war, hatte der Ehemann der Klägerin angegeben, diese habe bislang von dieser Rente nichts gewusst. Mit Änderungsbescheiden vom 21. August 2007 hatte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Januar 2005 bis September 2007 vorgenommen. Ferner hatte er die Leistungsbewilligungen i.H.v. 5.014,50 EUR bestandskräftig aufgehoben.
In ihrem Weiterzahlungsantrag vom 28. August 2007 gab die Klägerin die beiden Renten ihres Ehemanns an. Der Beklagte erhöhte mit Änderungsbescheid vom 25. September 2007 die Leistungen für Juli bis September 2007 auf 212,69 EUR/Monat. Dabei ging er von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR aus, dem er "sonstiges Einkommen" i.H.v. 331,63 EUR gegenüber stellte. Mit Leistungsbescheid ebenfalls vom 25. September 2007 bewilligte er der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 544,32 EUR/Monat. Dabei ging er wiederum von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR/Monat aus (Regelleistung 312 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 51,13 EUR, anerkannte anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung 181,19 EUR). Eine Einkommensanrechnung nahm er nicht vor.
Unter dem 10. Januar 2008 hörte der Beklagte die Klägerin über die erfolgte Überzahlung und die beabsichtigte Leistungserstattung an. Bei der Weiterbewilligung ab Oktober 2007 sei es versäumt worden, die Anrechnungsbeträge aus den Renten des Ehemanns in die Berechnung einzubeziehen. Die Klägerin hätte erkennen können, dass ihr die Leistungen in dieser Höhe nicht zustanden. Gleichzeitig änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 2008 für Februar und März 2008 auf 212,69 EUR/Monat.
Dazu nahm die Klägerin am 22. Januar 2008 Stellung: Sie hätte alle Unterlagen eingereicht. Als die neue Bewilligung gekommen war, habe sie es nicht richtig glauben können. Sie sei am 16. Oktober 2007 bei dem Beklagten gewesen und habe sich persönlich erkundigt. Die Sachbearbeiterin W. (im Folgenden: Zeugin) habe ihr gesagt, sie brauche sich keine Sorgen machen, es sei alles richtig berechnet worden und sie könne mit ruhigem Gewissen nach Hause gehen.
Der Beklagte hob mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 die Leistungsbewilligung vom 25. September 2007 für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 teilweise i.H.v. 1.326,52 EUR auf. Unter dem genannten Erstattungszeitraum listete er auf: "Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR". Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung ihres Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die zu Unrecht gezahlten Beträge seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Fehler habe beim Beklagten gelegen. Sie sei ihren Rechten und Pflichten nachgekommen und habe sich erkundigt. Ihr sei am 16. Oktober 2007 bestätigt worden, dass alles in Ordnung sei. Der Mehrbedarf wegen Diabetes mellitus dürfe ohnehin nicht zurückgefordert werden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung nach § 45 Abs. 1 SGB X lägen vor. Der von dem Ehemann der Klägerin nicht zur Bedarfsdeckung benötigte Rentenanteil sei als Einkommen auf ihren Leistungsanspruch anzurechnen. Schutzwürdiges Vertrauen liege gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht vor. Die Klägerin habe nach ihren eigenen Angaben die Rechtswidrigkeit des Bescheids gekannt. Die Höhe des zu erstattenden Betrags ergebe sich wie folgt: Addition der beiden Renten des Ehemanns der Klägerin abzüglich 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs des Ehemanns der Klägerin i.H.v. 492,19 EUR (311 EUR Regelleistung, 181,19 EUR KdU). Es sei somit ein Anrechnungsbetrag i.H.v. 331,63 EUR auf den monatlichen Bedarf anzurechnen. Daher sei die Klägerin mit insgesamt 1.326,52 EUR überzahlt. Die erbrachten Leistungen seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Sie habe alles Erforderliche zur Aufklärung getan und auf die Auskunft der Zeugin vertrauen dürfen. Nachdem die Leistungen weitergezahlt worden seien, hätte sie annehmen müssen, dass alles richtig berechnet worden war. Die Schuld für die Überzahlung liege beim Beklagten. Sie sei zudem entreichert gemäß § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Beklagte hat eingewendet, anlässlich der Vorsprache der Klägerin am 16. Oktober 2007 sei die Leistungshöhe anhand des vorgelegten Bescheids, aber nicht unter Rückgriff auf die Leistungsakte besprochen worden. Ein Hinweis der Klägerin auf eine unterbliebene Einkommensanrechnung sei dabei nicht erfolgt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. April 2011 abgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte die Leistungsbewilligung gemäß § 45 Satz 2 Satz 3 Ziffer 3 SGB X zurückgenommen und die Erstattung der überzahlten Beträge verlangt. Die Klägerin habe gewusst, dass das Einkommen ihres Ehemanns anzurechnen war. Aus dem Änderungsbescheid vom 25. September 2007 habe sie ihren tatsächlichen Leistungsanspruch erkennen können. Unwidersprochen habe die Klägerin nur mit dem Leistungsbescheid vom 25. September 2007 bei der Zeugin vorgesprochen. Diese habe die Richtigkeit daher gar nicht prüfen können. Darüber hinaus seien mündliche Auskünfte auch gegenüber juristischen Laien nicht verbindlich. Der Verbrauch der Leistungen oder ein Verschulden des Beklagten seien unerheblich.
Gegen das ihr am 9. April 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Mai 2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Sie führt aus, bei ihrer Vorsprache am 16. Oktober 2007 den streitigen Bescheid vorgelegt zu haben. Auch die Zeugin habe den Fehler im Leistungsbescheid nicht erkannt. Es sei ihr nicht zuzumuten, den jeweils aktuellen Rechtsstand zu kennen und zu schlussfolgern, ob ein Bescheid der Rechtslage entspreche. Sie genieße Vertrauensschutz bis zum Zugang des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, der nicht rückwirkend entfallen könne. Der Beklagte habe den fehlenden Vertrauensschutz zu beweisen. Es gelte die Vermutung der Richtigkeit der Leistungsbewilligung. Angesichts des Verbrauchs der Leistungen habe das öffentliche Interesse an der Rückforderung zurückzutreten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. April 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zuzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Vorsprache vom 16. Oktober 2007 sei nicht aktenkundig. Im Übrigen sei die Klägerin deshalb nicht gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 vorgegangen, weil sie die Notwendigkeit der Einkommensanrechnung gekannt habe. Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte angegeben, VERBIS-Ausdrucke lägen nicht mehr vor. Hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten seien keine weiteren Angaben möglich.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebung wird auf das Sitzungsprotokoll, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach ist die Berufung ohne Weiteres zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, den Betrag von 750 EUR übersteigt. Streitgegenständlich ist hier eine Leistungsrücknahme und Erstattung von Leistungen i.H.v. 1.326,52 EUR von der Klägerin.
II.
Die Berufung ist überwiegend unbegründet. Der Bescheid vom 13. März 2008 der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 ist rechtmäßig, soweit der Beklagte die Leistungsbewilligung i.H.v. 1.305,28 EUR aufgehoben und zur Erstattung gestellt hat. Lediglich hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags waren das angefochtene Urteil und die Bescheide des Beklagten aufzuheben.
1.
Die zur Überprüfung gestellten Bescheide begegnen zunächst keinen Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit.
a.
Der Bescheid vom 13. März 2008 ist wirksam geworden gemäß § 39 Abs. 1 SGB X. Adressatin war die Klägerin, die den Bescheid auch erhalten hat.
b.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 ist auch hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X.
Die Verfügungssätze des Bescheids sind nach ihrem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei und haben die Klägerin bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, ihr Verhalten daran auszurichten. Denn sie konnte eindeutig erkennen, dass der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit von Oktober 2007 bis Januar 2008 insgesamt hinsichtlich eines Betrags von 1.326,52 EUR aufgehoben und dass er von ihr dessen Erstattung verlangt hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 154/11 R (16)).
Es kann dahinstehen, ob die Darstellung der Ermittlung der Gesamtforderung im Bescheid vom 13. März 2008 ("Mehrbedarfe für kostenaufwendige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR") dem Bestimmtheitsgebot genügt, oder ob insoweit nur ein Begründungsmangel vorliegt. Denn jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 hat der Beklagte die Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin detailliert dargelegt und einen monatlichen Anrechnungsbetrag von 331,63 EUR mitgeteilt.
c.
Die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorzunehmende Anhörung ist erfolgt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2008 hatte der Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie hätte erkennen können, dass ab Oktober 2007 die Anrechnung des Renteneinkommens vergessen worden war. Somit hatte diese Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen und den subjektiven Schuldvorwürfen zu äußern.
e.
Die Jahresfrist für eine Leistungsrücknahme und -aufhebung gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Der Beklagte hat die Bewilligung unter dem 13. März 2008 und somit innerhalb eines Jahres ab Kenntnis seines Fehlers zurückgenommen.
2.
Die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum war von Anfang an rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen ist somit § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 und Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit er von Anfang an rechtswidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist ferner, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann. Dies ist u.a. der Fall, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
a.
Die Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II.
Auch bei einer Klage wegen der Abänderung oder Aufhebung einer bestandskräftigen Leistungsbewilligung sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist, wenn ein vollständiger oder teilweiser Eingriff in die Bestandskraft der in einer bestimmten Höhe bewilligten Leistungen erfolgt, dessen Berechtigung grundsätzlich unter Einbeziehung der weiteren, den Grund und die Höhe der bereits bewilligten Leistungen betreffenden Berechnungsfaktoren (unter Berücksichtigung des §§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zu prüfen, soweit Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit ersichtlich oder vorgetragen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, B 4 AS 59/12 (28); Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R (26); Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R (19); Urteil vom 15. Dezember 2010, B 14 AS 92/09 R (26)).
Insoweit gibt der Senat ausdrücklich seine bisherige ständige Rechtsprechung auf. Danach war die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung in dem bestandskräftigen Bewilligungsbescheid grundsätzlich nicht zu überprüfen. Etwas anderes sollte nur dann gelten, wenn im Rahmen der Rechtsmittel gegen einen Rücknahme- oder Erstattungsbescheid Einwendungen gegen die ursprüngliche Leistungsbewilligung erhoben wurden. Dann sollten diese als Antrag nach § 44 SGB X zu werten sein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 234/09; Urteil vom 1. März 2012, L 5 AS 339/09 unter Hinweis u.a. auf frühere Rechtsprechung des BSG). Nunmehr ist eine Überprüfung der zu Grunde liegenden, bestandskräftigen Leistungsbewilligung immer auch dann erforderlich, wenn "Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit" vorliegen, ohne dass die Kläger die Leistungsbewilligung als solche rügen. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war auch erwerbsfähig und verfügte nicht über zumutbar einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II.
b.
Der im Bescheid vom 25. September 2007 zugrunde gelegte Gesamtbedarf der Klägerin betrug im streitigen Zeitraum 544,32 EUR/Monat. Er setzte sich zusammen aus der Regelleistung (311 EUR), dem Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung (51,13 EUR) und den anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (181,19 EUR).
Anhaltspunkte für seine Unrichtigkeit bestanden, weil der Beklagte nicht die tatsächlichen KdU berücksichtigt hatte. Soweit der Beklagte seit Juli 2005 eine Absenkung der KdU auf eine von ihm für angemessen erachtete Grundmiete vorgenommen hatte, war diese rechtswidrig. Insoweit scheiterte eine Senkung der Kosten für die KdU schon an einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Darüber hinaus lässt sich weder der Verwaltungsakte noch den dort enthaltenen Leistungsbescheiden entnehmen, nach welchen Maßstäben die Absenkung der Leistungen für die KdU vorgenommen war. Ob dies nach einem so genannten "schlüssigen Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfolgte, kann deshalb nicht festgestellt werden. Auch im Berufungsverfahren konnte der Beklagte nicht darlegen, aus welchen Gründen die Leistungsabsenkung erfolgt war. Die Klägerin hatte daher im streitigen Zeitraum Anspruch auf einen Anteil an den vollen KdU. Die tatsächlichen Unterkunftskosten - mit Ausnahme der der Regelleistung zuzuordnenden Stromkosten - waren nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin und ihren Ehemann aufzuteilen, auch wenn dieser keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 55/06 R (18)). Somit ergab sich für die Klägerin einen Anspruch für die KdU i.H.v. 208,46 EUR/Monat (428,18 EUR/Monat: 2 abzgl. 5,63 EUR für Warmwasserbereitung).
Soweit andererseits der Beklagte für die Klägerin im Rahmen des Gesamthilfebedarfs einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen i.H.v. 51,13 EUR/Monat zugrunde gelegt hat, war dies rechtswidrig begünstigend. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf den bewilligten Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Erforderlich ist dafür ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Nur krankheitsbedingte Gründe sind von Bedeutung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R (16, 17)). Bei der Klägerin lagen in dem streitigen Zeitraum nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung die Erkrankungen Bluthochdruck und Diabetes mellitus vor. Für die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin R. empfohlene "Diabeteskost" war eine kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen nicht erforderlich gewesen. Vielmehr war insoweit eine Vollkosternährung ausreichend, die mit den in der Regelleistung enthaltenen Beträgen finanzierbar war. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht bei einem Diabetes mellitus grundsätzlich kein Anspruch auf Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R). Insoweit kann auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 1. Oktober 2008 zurückgegriffen werden. Es handelt sich hierbei nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten. Dennoch dienen die Empfehlungen 2008 als Orientierungshilfe. Die im Oktober 2008 neu herausgegebenen Empfehlungen sind auch für den vorliegenden, Zeiträume davor betreffenden Rechtsstreit anzuwenden. Es gibt keine Gründe, die dort dokumentierten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse nicht in die Beweiswürdigung einfließen zu lassen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, a.a.O., (23); Urteil vom 20. November 2011, a.a.O. (23)). Nach Ziffer 4.1 der Empfehlungen 2008 ist für die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen regelmäßig kein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand anzunehmen.
Einer weiteren Beweiserhebung durch den Senat bedurfte es - trotz der Diagnose zweier Erkrankungen - hier nicht. Nur sofern Krankheiten vorliegen, die in den Empfehlungen 2008 nicht genannt sind, oder soweit Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen von den Empfehlungen 2008 erforderlich machen, ist eine weitere Ermittlung des medizinischen Sachverhalts erforderlich. Die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte zwar in dem Attest vom 16. November 2006 zwei Diagnosen genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie doch lediglich für eine Diagnose, den Diabetes mellitus, eine "Diabeteskost" für erforderlich erachtet. Es liegt daher nicht die Konstellation vor, dass wegen mehrerer Erkrankungen unterschiedliche Kostformen erforderlich gewesen wären.
Der Gesamtbedarf der Klägerin betrug somit 520,76 EUR/Monat (Regelleistung 312,30 EUR, ernährungsbedingter Mehrbedarf 0,00 EUR, KdU: 208,46 EUR).
Insgesamt hatte die Klägerin also einen geringeren Gesamtbedarf als vom Beklagten in seiner bestandskräftigen Leistungsberechnung zu Grunde gelegt worden war.
c.
Allerdings ergibt sich bei der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin.
Die Renten des Ehemanns der Klägerin waren, soweit dieser sie nicht zur Deckung eigener Bedarfe benötigte, als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R). Eine Rente aus der Gesetzlichen Renten- und der Gesetzlichen Unfallversicherung ist in voller Höhe als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen. Eine Privilegierung nach § 11 Abs. 3 SGB II findet nicht statt (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R; Urteil vom 5. September 2007, B 11b 15/06 R).
Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist die erfolgte Bereinigung der Renteneinkünfte des Ehemanns der Klägerin.
Davon war zunächst ein fiktiver Bedarf nach dem SGB II abzusetzen (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14/7b AS 10/07 R). Weiter waren die auf ihn entfallenden tatsächlichen anteiligen KdU anzurechnen.
Darüber hinaus war der Pauschbetrag i.H.v. 30 EUR/Monat gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) abzusetzen. Eine doppelte Berücksichtigung bei zwei Einkommensarten scheidet aus (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 86/08R (14)). Ferner waren die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß § 11 Satz 2 Ziffer 3 SGB II in Höhe von 15,89 EUR/Monat abzusetzen.
Ausgehend von dem Zahlbetrag der beiden Renten i.H.v. 869,71 EUR verblieben zur fiktiven Bedarfsdeckung des Ehemanns nicht benötigte 303,06 EUR (869,71 EUR abzgl. 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs i.H.v. 520,76 EUR (s.o.)).
Um den Betrag von 303,06 EUR/Monat reduzierte sich der Hilfebedarf der Klägerin im streitigen Zeitraum. Eine abermalige Berücksichtigung der Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR/Monat war bei dieser Einkommensanrechnung nicht vorzunehmen. Die Pauschale ist lediglich einmal vom jeweiligen Einkommen abzusetzen (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009, B 14 AS 42/08 R (28)).
Ausgehend von einem monatlichen Gesamthilfebedarf von 520,76 EUR hatte die Klägerin unter Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II einen monatlichen Leistungsanspruch von 218 EUR (520,76 EUR - 303,06 EUR = 217,60 EUR, gerundet 218 EUR).
Für die streitigen vier Monate ergibt sich somit eine Überzahlung von nur 1.305,28 EUR (544,32 – 218 EUR = 326,32 EUR x 4).
d.
Die Klägerin kann sich hier nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Denn zur Überzeugung des Senats kannte sie die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. September 2007 mindestens infolge grober Fahrlässigkeit nicht.
Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies verlangt, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Entscheidend ist das individuelle Vermögen, die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbewilligung erkennen zu können. Maßgeblich ist daher, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre zu erkennen, dass für die Zeit ab Oktober 2007 ein Fehler in der Leistungsberechnung aufgetreten war. Ihr obliegt die objektive Beweislast für das behauptete Fehlen grober Fahrlässigkeit, weil sie das Vorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals für das Behaltendürfen der überzahlten Leistungen für sich in Anspruch nimmt.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin bei Erhalt des Bescheids vom 25. September 2007 hätte wissen müssen oder sogar wusste, dass ein Berechnungsfehler vorlag.
Dies ergab sich schon aus dem Kontext mit dem zeitgleich ergangenen Änderungsbescheid vom 25. September 2007 für die Monate Juli bis September 2007. Dort waren - ohne dass sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse geändert hatten - nur 212,69 EUR/Monat bewilligt worden. Bei einem Vergleich der beiden Bescheide war auch eindeutig und im beiliegenden Berechnungsbogen auf den ersten Blick zu erkennen, dass der Änderungsbescheid vom 25. September 2007 ein "sonstiges Einkommen" berücksichtigte, während der Leistungsbescheid vom gleichen Tag keine Einkommensanrechnung vorsah. Gerade aufgrund der Vorgeschichte der Klägerin, die sich wenige Monate zuvor einer Rückforderung i.H.v. über 5.000 EUR wegen der nicht berücksichtigten Unfallrente ausgesetzt sah, geht der Senat davon aus, dass diese hinsichtlich der vorzunehmende Einkommensanrechnung besonders sensibilisiert war und den Fehler bei der gebotenen Durchsicht des Leistungsbescheids hätte erkennen müssen. Dies gilt umso mehr, als der Klägerin die zu hohe Leistungsbewilligung sofort aufgefallen war.
Auch nach ihrer eigenen schriftlichen Darstellung drängt sich die Annahme auf, dass die Klägerin die Falschberechnung der Leistungsbewilligung ab Oktober 2007 mindestens grob fahrlässig nicht kannte. Denn nach ihrer ersten Äußerung im Anhörungsverfahren "konnte sie es nicht richtig glauben" und suchte deshalb das Gespräch mit Mitarbeitern des Beklagten.
Nichts anderes ergibt sich aus der Befragung der Klägerin durch den Senat. Sie hat ausdrücklich eingeräumt, bei Erhalt des Bescheids gewusst zu haben, dass etwas nicht stimmen konnte. Sie hatte erkannt, zuviel Leistung bekommen zu haben und überzahlt zu sein.
Selbst wenn die Klägerin zunächst nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gehabt haben sollte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Es mag Konstellationen geben, in denen bei einer gewissen Unsicherheit über die Richtigkeit der Leistungsberechnung eine positive Bestätigung durch einen Behördenmitarbeiter zu einem Vertrauensschutz führen kann. Ein solcher Fall lag jedoch hier zur Überzeugung des Senats nicht vor. Die Klägerin hat auf Befragen angegeben, den Bezug der zwei Renten ihres Ehemanns bei dem Gespräch mit der Zeugin nicht mitgeteilt zu haben. Sie wusste jedoch, dass die Renten auf den Leistungsanspruch anzurechnen waren. Ob sie hingegen die beiden unterschiedlichen Bescheide vom 25. September 2007 vorgelegt hat, oder nur den Leistungsbescheid für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007, will ihr nicht mehr erinnerlich sein. Gleichzeitig will sie davon ausgegangen sein, dass die Zeugin aufgrund der Angaben im Weiterzahlungsantrag Kenntnis von diesen Renten haben musste. Angesichts der der Klägerin bewussten Überzahlung hätte sie - ohne einen Hinweis auf diese Renten gegenüber der Zeugin - nicht darauf vertrauen dürfen, dass die ihr gegebene Auskunft über eine fehlerfreie Leistungsbewilligung richtig war. Vielmehr hätte sie sich in dieser Situation gedrängt fühlen müssen, der Zeugin durch Klarstellung der finanziellen Verhältnisse die Möglichkeit einer richtigen Auskunft zu verschaffen. Angesichts ihrer anfänglichen Überzeugung einer Überzahlung durfte sie sich nicht damit zufrieden geben, dass die Zeugin den bewilligten Zahlbetrag bestätigt hat. Dass die Klägerin selbst nicht von der Richtigkeit dieser Auskunft überzeugt war, ergibt sich schon aus ihren Einlassungen im Termin. So hat sie eingeräumt, sie sei nach diesem Gespräch nicht hundertprozentig überzeugt gewesen, dass die Leistungsbewilligung richtig war. Angesichts der bei ihr verbliebenen Zweifel dürfte sie nicht darauf vertrauen, dass die Auskunft richtig sein werde. Es wäre zudem auch zu erwarten gewesen, dass die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 das Rechtsmittel des Widerspruchs ein legen würde. Denn dieser wäre ja dann aus ihrer Sicht für Juli bis September 2007 fehlerhaft gewesen. Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan, ohne dafür einen Grund nennen zu können.
Die Vernehmung der Zeugin konnte insoweit nicht dazu beitragen, den Senat von einer Gutgläubigkeit der Klägerin hinsichtlich der richtigen Berechnung ihrer Leistungen zu überzeugen. Diese konnte sich an ein Gespräch mit der Klägerin nicht erinnern. Nach den von ihr geschilderten Aufgabenbereichen war sie auch nur in einer untergeordneten Funktion tätig. Sie war lediglich in einer Auskunftsstelle als erste Ansprechpartnerin beschäftigt. Auf Fragen zur Berechnung der Leistungsbewilligung hatte sie keine Auskünfte geben dürfen. Sie hatte - nach ihren glaubhaften Angaben - an ihrem Arbeitsplatz nur Zugriff auf die Computerinformation zur Höhe der zuletzt bewilligten Leistungen. Zugang zu den Leistungsakten oder einen Zugriff auf die Leistungsberechnung im Einzelnen hatte sie nicht. Für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter eine Falschberechnung angab, oblag es ihr, das Problem an den zuständigen Sachbearbeiter weiterzuleiten. Bestätigen hätte sie lediglich können, ob der bewilligte Zahlbetrag mit der ausbezahlten Summe übereinstimmte.
Der Senat konnte sich auf der Grundlage der Angaben der Zeugin und der Klägerin keine Überzeugung verschaffen, dass bei der Vorsprache der Klägerin mehr als ein Vergleich von Auszahlungsbetrag und der bewilligten Leistungen erfolgt war. Dessen hätte es indes angesichts der massiven Zweifel der Klägerin und ihrer Kenntnisse von der Anrechnung des Renteneinkommens ihres Ehemanns jedoch bedurft.
Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast obliegt der Klägerin die Beweislast für den behaupteten Wegfall der bestehenden Zweifel infolge des Gesprächs mit der Zeugin. Da sich der Senat insoweit nicht von ihrer Behauptung überzeugen konnte, geht dies zu ihren Lasten.
e.
Der Einwand der Klägerin, die Leistungen verbraucht zu haben, ist nicht relevant. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist Vertrauen in der Regel dann schutzwürdig, wenn der Begünstigte die erbrachten Leistungen verbraucht hat. Ausdrücklich sieht jedoch § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, dass er sich trotz Verbrauchs der Leistungen auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen kann, wenn er - wie hier - die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Auch der Hinweis auf ein Mitverschulden des Beklagten für eine Überzahlung ist nicht von Bedeutung. Denn im Rahmen des SGB II ist eine Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte kein Ermessen zu prüfen (§ 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III).
4.
Die Erstattungsforderung ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X i.H.v. 1.305,28 EUR begründet. Ein Fall von § 40 Abs. 2 Satz 1 a.F. SGB II liegt nicht vor. Danach sind abweichend von § 50 des Zehnten Buches 56 vom 100 der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 und 3 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Diese Vorschrift gilt gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. nicht in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des geringen Obsiegens der Klägerin war eine Kostenaufteilung nicht vorzunehmen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
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