Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 3669/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3383/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.4.2009 aufgehoben.
Die Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 bis 7. Der Beigeladene Ziff. 1 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 227,24 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Arzneimittelregresses im Wege des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens.
Der Beigeladene Ziff. 1 ist als Facharzt für Chirurgie und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mit Sitz in R. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal 2/2005 verordnete er mehreren Versicherten mit Rezepten vom 1.4.2005, 7.4.2005, 19.4.2005, 10.5.2005, 12.5.2005, 13.5.2005 und 9.6.2005 das Arzneimittel AHP 200 mit dem Wirkstoff Oxaceprol (im folgenden nur: AHP 200); hierfür entstanden Kosten von 227,24 EUR (netto).
AHP 200 verfügte bei Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes 1976 im Jahr 1978 nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Der Arzneimittelhersteller zeigte das Arzneimittel im Juni 1978 bei der zuständigen Bundesoberbehörde an. Im Dezember 1989 beantragte er die Verlängerung der Zulassung. Der Antrag wurde am 11.12.1995 zurückgenommen und im Januar 2001 wurde das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens und eine Verlängerung der Zulassung beantragt. Mit Bescheid vom 26.9.2005 lehnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Nachzulassungsantrag ab. Die sofortige Vollziehung des Bescheids wurde nicht angeordnet. Eine beim Verwaltungsgericht Köln erhobene Klage des Arzneimittelherstellers wurde abgewiesen (Urt. v. 9.2.2010, - 7 K 6199/05 -); zur Begründung führte das VG aus, die fiktive Zulassung von AHP 200 sei spätestens am 30.4.1990 wegen unzulässiger Erweiterung des Anwendungsgebiets erloschen. Über die dagegen eingelegte Berufung des Arzneimittelherstellers ist offenbar noch nicht entschieden.
Am 30.3.2006 beantragte die Klägerin bei der zuständigen Prüfeinrichtung die Festsetzung eines Arzneimittelregresses gegen den Beigeladenen Ziff. 1; AHP 200 sei zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnungsfähig.
Mit (Prüf-)Bescheid vom 24.5.2007 wurde gegen den Beigeladenen Ziff. 1 ein Arzneimittelregress i. H. v. 227,24 EUR festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, AHP 200 dürfe nach Abschnitt D Nr. 13 der Arzneimittelrichtlinien (in der seinerzeit noch maßgeblichen Fassung, AM-RL a.F.) nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden, da der therapeutische Nutzen, wie aus den angegebenen Diagnosen hervorgehe, nicht ersichtlich sei.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Beigeladene Ziff. 1 vor, AHP 200 sei durch keine rechtsverbindliche Regelung von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen. Das Arzneimittel sei rezeptpflichtig und zur Behandlung degenerativer und entzündlicher Gelenkerkrankungen zugelassen. Der therapeutische Nutzen sei ausreichend gesichert. AHP 200 sei kein Chondroprotektivum i. S. d. Nr. 20.2k AM-RL a.F., sondern sei arzneimittelrechtlich als Antiphlogistikum/Antirheumatikum zugelassen. Die Hauptverwaltung der Klägerin habe das bestätigt. Er habe das Arzneimittel indikationsgerecht eingesetzt und bei allen damit behandelten Patienten einen deutlichen Therapieerfolg erzielt (Besserung hinsichtlich Schmerz und Gelenkfunktion), der andernfalls nicht hätte erreicht werden können. In gleichartigen Fällen hätten die zuständigen Prüfeinrichtungen der Länder Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Bayern und Sachsen die Festsetzung von Arzneimittelregressen abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.4.2009 hob der Beklagte den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24.5.2007 auf und lehnte den Antrag der Klägerin auf Festsetzung eines Arzneimittelregresses gegen den Beigeladenen Ziff. 1 ab. Zur Begründung führte er aus, AHP 200 gehöre zu den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und sei daher grundsätzlich zu Lasten der Krankenkassen verordnungsfähig. Nach Abschnitt G Nr. 20.2k AM-RL a.F. seien Arzneimittel zum Schutz der Gelenkfunktion bei Abbauerscheinungen des Knorpels zur lokalen und systemischen Anwendung (so genannte Chondroprotektiva) nicht bzw. nur unter der Voraussetzung verordnungsfähig, dass zuvor allgemeine, nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt worden seien, hierdurch aber das Behandlungsziel nicht habe erreicht werden können und eine medikamentöse Behandlung mit dem genannten Arzneimittel zusätzlich erforderlich gewesen sei. AHP 200 sei aber kein Arzneimittel, das dem Schutz der Gelenkfunktion diene. Es enthalte 200 mg Oxaceprol und sei arzneimittelrechtlich für die Anwendung bei degenerativen Gelenkerkrankungen in schmerzhaften und entzündlichen Stadien zugelassen. Der Beigeladene Ziff. 1 habe das Arzneimittel nach Maßgabe dieser Zulassung zur Behandlung schmerzhafter Gelenke eingesetzt. Maßgebend sei die entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung, nicht jedoch der Schutz der Gelenkfunktion gewesen.
Am 27.5.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug sie vor, AHP 200 sei bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 als registriertes Präparat im Verkehr gewesen. Als Altarzneimittel mit fiktiver Zulassung, für das Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität noch nicht nachgewiesen seien, bedürfe es der arzneimittelrechtlichen Nachzulassung. Bis 1990 habe das Nachzulassungsverfahren abgeschlossen sein sollen. Der Arzneimittelhersteller habe allerdings versäumt, in der Zeit von 1978 bis 1990 Nachweise für die Wirksamkeit von Oxaceprol als Wirkstoff von AHP 200 vorzulegen und prüfen zu lassen, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei. Damit liege eine vergleichbare Fallgestaltung wie bei dem Arzneimittel Wobe Mugos E vor. Hinsichtlich dieses Arzneimittels habe der 6. Senat des BSG mit Urteilen vom 5.11.2008 und 6.5.2009 (- B 6 KA 63/07 R - und - B 6 KA 64/07 R - bzw. - B 6 KA 3/03 R -) Arzneimittelregresse bestätigt und sich der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG angeschlossen, wonach Versicherte die Versorgung mit (Fertig-)Arzneimitteln nicht beanspruchen könnten, die hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht ausreichend geprüft worden seien (vgl. BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -). Die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels nach Maßgabe des Arzneimittelrechts begründe für sich allein einen Versorgungsanspruch der Versicherten nicht (BSG, Urt. v. 27.9.2005, a. a. O.), da das Krankenversicherungsrecht hierfür zusätzliche Anforderungen aufstelle. Der Arzt könne sich anhand der einschlägigen Fachinformationen über den Zulassungsstatus eines Arzneimittels informieren. Die Fachinformation für AHP 200 (Stand Juli 2003) enthalte unter Nr. 18 und 19 den Hinweis, dass das Arzneimittel nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr und die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht abgeschlossen sei. Zusätzlich hätten die Ärzte dem Arznei-Telegramm 11/1996 entnehmen können, dass für das nunmehr als nichtsteroidales Antirheumatikum bezeichnete Prolinderivat keine Belege gefunden worden seien, die die Verwendung bei degenerativen bzw. entzündlichen Gelenkerkrankungen rechtfertigten und eine neue Bewertung begründeten. Der MDK S.-A. habe zur medizinischen Bewertung von AHP 200 keine verwertbaren Studien gefunden (Stellungnahmen vom 2.4.2008 und 21.7.2008). Davon abgesehen komme es auf ein Verschulden des Vertragsarztes ohnehin nicht an.
Der Beklagte trug vor, AHP 200 sei bei der Verordnung durch den Beigeladenen Ziff. 1 im Quartal 2/2005 noch zugelassen gewesen. Die Zulassung habe sich auf die Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen in schmerzhaften und entzündlichen Stadien, Arthritis, Periarthritis, Tendinitis, Bursitis, Tendovaginitis sowie entzündliche Bindegewebserkrankungen erstreckt. Der Beigeladene Ziff. 1 habe das Arzneimittel nach Maßgabe dieser Zulassung verordnet. Aus den vorliegenden Studien gehe auch nicht hervor, dass AHP 200 für die Behandlung der genannten Erkrankungen keinen therapeutischen Nutzen biete. Nach den von der Klägerin angeführten Fachinformationen zu AHP 200 (Nr. 12) hätten Studien eine ausgeprägte antiphlogistische und analgetische Wirksamkeit ergeben. Sei eine mangelnde therapeutische Wirkung nicht eindeutig erwiesen, entscheide der Arzt nach Maßgabe seiner Therapiefreiheit unter Wahrung des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Verordnung des Arzneimittels; das sei hier geschehen. Allenfalls komme eine Beratung des Beigeladenen Ziff. 1, nicht jedoch die Festsetzung eines Arzneimittelregresses in Betracht.
Mit Schreiben vom 24.2.2010 teilte das BfArM (dem Beklagten) mit, AHP 200 sei fiktiv zugelassen. Es gehöre zur Gruppe der so genannten Nachzulassungspräparate, die bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 im Verkehr gewesen seien. Mit Inkrafttreten des AMG seien Arzneimittel nur nach Prüfung ihrer Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugelassen worden. Alle bereits in Verkehr befindlichen Arzneimittel hätten als fiktiv zugelassen gegolten. Ihre Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit werde im Verfahren der Verlängerung der Zulassung nach § 105 AMG überprüft. Dieses Verfahren sei für AHP 200 noch nicht abgeschlossen. Bis zum Abschluss des Verfahrens gelte das Arzneimittel daher als fiktiv zugelassen und sei verkehrsfähig.
Mit Urteil vom 30.6.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Verordnung von AHP 200 durch den Beigeladenen Ziff. 1 habe nicht entgegengestanden, dass dieses Arzneimittel als so genanntes Altarzneimittel arzneimittelrechtlich nicht gemäß § 25 Abs. 1 AMG zugelassen gewesen sei, sondern nur gemäß § 105 Abs. 1 AMG als zugelassen gegolten habe. Das BSG habe in den zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E ergangenen Urteilen (vom 27.9.2005, - B 6 KA 6/04 R -, vom 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -, und vom 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -) die Leistungspflicht der Krankenkassen verneint, wenn die Arzneimittelbehörde einen Antrag auf Verlängerung der Zulassung abgelehnt habe und das Arzneimittel nur aus verfahrensrechtlichen Gründen arzneimittelrechtlich verkehrsfähig sei. Bei der Verordnung von AHP 200 im Quartal 2/2005 sei über die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung noch nicht entschieden gewesen. Die Leistungspflicht der Krankenkasse entfalle nicht schon deshalb, weil sich das bereits seit über 20 Jahren vertriebene Arzneimittel im Nachzulassungsverfahren befunden und die Bewertung der Arzneimittelbehörde noch nicht vorgelegen habe (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.12.2005, - L 11 KA 104/04 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.10.2009, - L 7 KA 33/07 -). Der Beigeladene Ziff. 1 habe AHP 200 (unstreitig) indikationsgerecht zur Behandlung (u.a.) von Arthrose- und Arthritis-Erkrankungen verordnet.
Rechtsvorschriften hätten der Verordnung von AHP 200 nicht entgegengestanden. AHP 200 sei in der auf der Grundlage des § 34 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergangenen Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.2.1990 (Fassung 16.11.2000) nicht aufgeführt. Auch die Bestimmungen der AM-RL a.F. hätten die Verordnung von AHP 200 nicht ausgeschlossen. Das Arzneimittel bzw. sein Wirkstoff Oxaceprol sei in Abschnitt G AM-RL a.F. (Verordnungseinschränkungen aufgrund von § 2 Abs. 1 Satz 3, §§ 12, 70 SGB V und zugelassene Ausnahmen) nicht aufgeführt. Als Arzneimittel zum Schutz der Gelenkfunktion bei Abbauerscheinungen des Knorpels zur lokalen und systemischen Anwendung (so genannte Chondroprotektiva und Antiarthrotika) i. S. d. Nr. 20.2k AM-RL a.F. könne AHP 200 unstreitig nicht eingestuft werden.
Schließlich sei die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 auch nicht durch Abschnitt D Nr. 13 AM-RL a.F. (allgemeine Verordnungsfähigkeit auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3, §§ 12, 70 SGB V) ausgeschlossen. Danach dürften Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen nicht verordnet werden. Ob diese Voraussetzungen für AHP 200 erfüllt gewesen seien, könne offen bleiben, da es für den Ausschluss der Verordnungsfähigkeit von nicht näher benannten Arzneimitteln bzw. Wirkstoffen mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss an der notwendigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehle. Gemäß § 92 Abs. 1 SGB V sei der Gemeinsame Bundesausschuss zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots ermächtigt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 20.3.1996, - 6 RKa 62/94 -). Er müsse die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschließen und könne die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn der therapeutische Nutzen nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht nachgewiesen sei. In den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses solle die Leistungspflicht der Krankenkassen umgesetzt und präzisiert werden. Diesem Auftrag werde es nicht gerecht, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die gesetzlichen Vorgaben in § 92 Abs. 1 SGB V ohne weitere Konkretisierung in die AM-RL übernehme. Es sei Sache des Gemeinsamen Bundesausschusses und nicht der einzelnen Vertragsärzte und der Prüfungseinrichtungen, bestimmte Arzneimittel oder Wirkstoffe aus der Verordnungsfähigkeit auszuschließen. Deren konkrete Benennung in den AM-RL sei zur Wahrung einer einheitlichen Arzneimittelversorgung der Versicherten und zur Verordnungssicherheit des Vertragsarztes notwendig. Der Vertragsarzt könne die Studienlage hinsichtlich des therapeutischen Nutzens eines Arzneimittels nicht jeweils selbst ermitteln und beurteilen. Hierfür müsse der Gemeinsame Bundesausschuss ein umfangreiches Bewertungsverfahren durchführen (vgl. §§ 3 ff. der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses). Mittlerweile sei in der derzeit geltenden AM-RL (n.F.) auch ausdrücklich klargestellt, dass nur die (konkret) bezeichneten Arzneimittel und Wirkstoffe von der Verordnung durch Vertragsärzte ausgeschlossen seien (vgl. § 16 Abs. 3 AM-RL n.F.). Ein Verordnungsausschluss für AHP 200 folge schließlich auch nicht unmittelbar aus den Vorschriften über das Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V); hierfür sei eine (konkretisierende) Richtlinienentscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses notwendig.
Das Sozialgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Auf das ihr am 25.7.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.8.2011 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen und bezieht sich auf die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E, die das Sozialgericht seiner Entscheidung nicht zutreffend zu Grunde gelegt habe. Das BSG habe den Verordnungsausschluss allein auf das Fehlen der arzneimittelrechtlichen Zulassung gestützt und weitere Kriterien nicht aufgestellt (vgl. auch LSG Hamburg, Urt. v. 24.3.2011, - L 1 KA 23/07 - sowie SG Hannover, Urt. v. 12.9.2012, - S 78 KA 204/09 - und SG Dresden, Gerichtsbescheid v. 1.9.2011, - S 18 KA 42/10 -; LSG Sachsen, Urt. v. 15.5.2013, - L 8 KA 47/11; LSG Niedersachsen, Beschl. v. 20.6.2013, - 3 KA 47/13 NZB -).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2011 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.4.2009 aufzuheben.
Der Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene Ziff. 1 beantragt hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beklagte trägt vor, die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E sei für das hier streitige Quartal 2/2005 nicht einschlägig. Die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 sei von den Prüfeinrichtungen bzw. den zuständigen Kammern unterschiedlich beurteilt worden; teils habe man Arzneimittelregresse festgesetzt, teils Regressanträge von Krankenkassen abgelehnt. Das Sozialgericht Stuttgart habe in einem Urteil vom 29.4.2010 (- S 10 KA 3762/07 -) die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 ebenfalls festgestellt. Die Kammervorsitzenden der Prüfeinrichtungen hätten sich darauf verständigt, dieses Urteil zu akzeptieren. Im Unterschied zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E habe für AHP 200 eine ausdrückliche Ablehnung des arzneimittelrechtlichen Zulassungsantrags nicht vorgelegen; das gelte auch für die dem Urteil des LSG Hamburg vom 24.3.2011 (- L 1 KA 23/07 -) zu Grunde liegende Fallgestaltung. Daher sei von einer (über 20 Jahre) fortdauernden fiktiven Zulassung auszugehen. Der Arzneimittelhersteller habe für AHP 200 nach Maßgabe der einschlägigen Übergangsregelungen des AMG einen Nachzulassungsantrag gestellt. Die von der Beklagten angeführten Urteile des LSG Niedersachsen und des LSG Sachsen beträfen den Zeitraum nach Ablehnung des Nachzulassungsantrags durch Bescheid des BfArM vom 20.9.2005; hier seien jedoch davor vorgenommene Arzneimittelverordnungen im Quartal 2/2005 streitig.
Der Beigeladene Ziff. 1 vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E nicht einschlägig sei, weil es an der Ablehnung eines Zulassungsantrags fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Sozialgericht gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Gegenstand des Gerichtsverfahrens ist (allein) der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.4.2009 (vgl. BSG, Urt. v. 29.6.2011, - B 6 KA16/10 R -). Die von der Klägerin erhobene Klage richtet sich als Anfechtungsklage zu Recht nur auf die Anfechtung dieses Bescheids, da der Prüfungsausschuss den von der Klägerin begehrten Arzneimittelregress gegen den Beigeladenen Ziff. 1 im Prüfbescheid vom 24.5.2007 bereits festgesetzt hatte. Unbeschadet der (prozessualen) Ersetzung des Prüfbescheids durch den Widerspruchsbescheid des Beschwerdeausschusses erlangt der Prüfbescheid wieder Bestand, wenn der Widerspruchsbescheid des Beklagten auf die Anfechtungsklage der Klägerin aufgehoben wird.
II.
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Der Beklagte hat den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24.5.2007 zu Unrecht aufgehoben. Der Prüfungsausschuss hat gegen den Beigeladenen Ziff. 1 wegen der Verordnung des Arzneimittels AHP 200 im Quartal 2/2005 rechtsfehlerfrei einen Arzneimittelregress festgesetzt.
1.) Die Regulierung der Schäden für die Krankenkassen durch Fehler des Vertragsarztes bei der Verordnung von Arzneimitteln (Arzneimittelregress) ist Gegenstand der Regelungen in § 106 SGB V (i. V. m. § 47 BMV-Ä/§ 43 EKV-Ä) und in § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä (jeweils in der während der Regressquartale geltenden Fassung).
§ 106 SGB V regelt die (originär-gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung. Gem. § 106 Abs. 2 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung u.a. durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder bei Überschreitung von Richtgrößen nach § 84 SGB V (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) und/oder auf der Grundlage von arzt- und versichertenbezogenen Stichproben (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen (wie die hier einschlägige Prüfvereinbarung, vgl. § 11) ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (BSG, Urt. v. 12.12.2012, - B 6 KA 50/11 R -). § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä regelt die (bundesmantelvertragliche) Feststellung eines "sonstigen Schadens", der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht. Für beide Prüfverfahren sind die Prüfungseinrichtungen nach § 106 SGB V (Prüfungsausschuss und ggf. Beschwerdeausschuss) zuständig. Die Bestimmungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarabrechnungen durch die Kassenärztliche Vereinigung in § 106a SGB V i. V. m. § 45 BMV-Ä/§ 34 Abs. 4 EKV-Ä sind auf Fehler bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht anwendbar; auch das Verfahren vor der Schlichtungsstelle bei der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 49 BMV-Ä/§ 45 EKV-Ä ist in solchen Fällen regelmäßig nicht durchzuführen.
Die (originär-gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V findet bei inhaltlichen Fehlern der Arzneimittelverordnung selbst, die (bundesmantelvertragliche) Prüfung eines "sonstigen Schadens" nach § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä findet bei Fehlern (nur) hinsichtlich der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung statt. Zur Fallgruppe der inhaltlichen Fehler gehört insbesondere die Verordnung von Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Arzneimittel-Richtlinie bzw. die Verordnung von mangels Leistungspflicht der Krankenkasse bzw. mangels Leistungsanspruchs des Versicherten nicht verordnungsfähigen Arzneimitteln oder die Verordnung von Arzneimitteln außerhalb der nach dem AMG erteilten Zulassung (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
Die (bundesmantelvertragliche) Schadensfeststellung nach § 48 Abs. 1 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä setzt in verfahrensrechtlicher Hinsicht einen Antrag der Krankenkasse und in materiell-rechtlicher Hinsicht eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arztes voraus. Beides gilt für die (originär gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V nicht; insbesondere muss ein Verschulden des Arztes nicht vorliegen. Die vor der Regressfestsetzung in Wirtschaftlichkeitsprüfungen gem. § 106 SGB V nach der Sollvorschrift des § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V vorgesehene Beratung des Arztes ist in Fällen unzweifelhafter Unwirtschaftlichkeit ebenfalls nicht notwendig; zu dieser Fallgruppe gehört der Arzneimittelregress aufgrund einer Einzelfallprüfung, wenn schon die Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels fehlt (BSG, Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -; Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt schließlich einer von Amts wegen zu berücksichtigenden vierjährigen Ausschlussfrist; für die Feststellung eines "sonstigen Schadens" gilt eine nur auf Einrede zu berücksichtigende vierjährige Verjährungsfrist (BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 17/12 R - m. w. N.; Urt. v. 29.6.2011, - B 6 KA 16/10 R -). Sind die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Arzneimittelregresses nach § 106 SGB V erfüllt, kann davon nicht nach Ermessen und grundsätzlich auch nicht im Hinblick auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (dazu BSG, Urt. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -) abgesehen werden. Ermessen ist nur hinsichtlich der Höhe des Regressbetrags auszuüben (BSG, Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -). 2.) Davon ausgehend hat der Prüfungsausschuss wegen der Verordnung des Arzneimittels AHP 200 im Quartal 2/2005 zu Recht einen Arzneimittelregress gegen den Beigeladenen Ziff. 1 festgesetzt; der Beschwerdeausschuss hat diesen Bescheid auf den (zulässigen) Widerspruch des Beigeladenen Ziff. 1 daher zu Unrecht aufgehoben.
Der Prüfungsausschuss hat zutreffend und (unstreitig) unter Wahrung der einschlägigen verfahrensrechtlichen Maßgaben ein originär-gesetzliches Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren nach Maßgabe des § 106 SGB V und der im Quartal 2/2005 anzuwendenden Prüfvereinbarung durchgeführt, da nicht Fehler bei der Art und Weise der Arzneimittelverordnung, sondern inhaltliche Fehler der Verordnung in Rede stehen. Solche Fehler liegen auch vor. Der Beigeladene Ziff. 1 hätte das Arzneimittel AHP im Quartal 2/2005 mangels Verordnungsfähigkeit nicht verordnen dürfen. Dafür sind folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:
Die (rechtmäßige) Erbringung von Leistungen für gesetzlich Versicherte, namentlich im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V), muss neben (allgemeinen) verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen zusätzlich die jeweils einschlägigen (besonderen) krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen wahren. Das gilt auch für die Versorgung mit Arzneimitteln. Die an den Leistungsanspruch der gesetzlich Versicherten (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V) anknüpfende Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels durch den Vertragsarzt setzt daher nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur die verwaltungsrechtliche Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach Maßgabe des AMG, sondern zusätzlich die Erfüllung der spezifischen Maßgaben des Krankenversicherungsrechts voraus. Diese folgen im Grundsatz aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Zu Qualität und Wirksamkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) eines Arzneimittels müssen grundsätzlich zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen, die den Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegen (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -). Zum Zeitpunkt der Behandlung muss zweifelsfrei geklärt sein, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwiegen (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R - m. w. N.). Die Erprobung neuer Methoden, ebenso die (weitere) Erprobung bzw. Erforschung "alter" Arzneimittel, ggf. für deren erstrebte (Nach-)Zulassung, gehört nicht zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. etwa BSG; Urt. v. 16.9.1997, - B 1 RK 28/95 -).
Das Krankenversicherungsrecht verzichtet für die danach erforderliche Qualitäts- und Wirksamkeitssicherung in der Arzneimittelversorgung - anders als bei ärztlichen Behandlungsmethoden (vgl. § 135 Abs. 1 SGB V) - weitgehend auf eigenständige Vorschriften und ein eigenständiges Verwaltungsverfahren. Es lehnt sich statt dessen - unbeschadet der grundsätzlichen Trennung verwaltungs- und krankenversicherungsrechtlicher Anforderungen - an das verwaltungsrechtliche Regelwerk und das Verwaltungsverfahren des AMG an (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, - B 1 KR 7/10 R -; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -; auch Senatsbeschluss vom 11.9.2012, - L 5 KR 2729/12 ER-B -). Ist für ein Arzneimittel die arzneimittelrechtliche Zulassung nach Maßgabe des AMG erteilt und sind damit Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach § 1 AMG im dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren nachgewiesen worden, ist von der durch § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Arzneimittelsicherheit und von der Qualität und Wirksamkeit und regelmäßig auch von der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V) des Arzneimittels auszugehen (zur Wirtschaftlichkeit näher und einschränkend auch etwa BSG, Urt. v. 1.3.2011, - B 1 KR 7/10 R -; auch Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -). Ist die arzneimittelrechtliche Zulassung hingegen nicht erteilt, ist das Arzneimittel vom Leistungsanspruch des Versicherten grundsätzlich nicht umfasst (BSG, Urt. v. 8.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -) und darf vom Vertragsarzt daher auch nicht verordnet werden. Da der Wirksamkeitsnachweis im Rahmen eines Arzneimittelzulassungsverfahrens zu erbringen ist, ist aus einer nicht bestehenden Zulassung (auch) auf eine nicht vorhandene Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu schließen (vgl. BSG, Urt. v. 28.2.2008, - B 1 KR 15/07 R -; Urt. v. 18.5.2004, - B 1 KR 21/02 R -; Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Diese Rechtsgrundsätze sind - unter sachbezogener Modifizierung - auf Altarzneimittel i. S. d. (jetzigen) Übergangsvorschrift des § 105 AMG bzw. (zuvor und in § 105 AMG übernommen) des Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts v. 24.8.1976 (BGBl. I S. 2445 - AMRNOG) zu übertragen. Gem. § 105 Abs. 1 AMG gelten Fertigarzneimittel (i. S. d. § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG), die sich am 1.1.1978 im Verkehr befinden, als zugelassen, wenn sie sich am 1.9.1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 (vom 16.5.1961, BGBl. I S. 533 - AMG 1961) eingetragen werden. Fertigarzneimittel dieser Art müssen innerhalb einer Frist von 6 Monaten seit dem 1.1.1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Sie dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht (§ 105 Abs. 2 Satz 1 und 3 AMG). Gem. § 105 Abs. 3 AMG erlischt die Zulassung eines fristgerecht angezeigten Arzneimittels (abweichend von § 31 Abs. 1 Nr. 3 AMG) am 30.4.1990 (vgl. Gesetz vom 22.12.1989, BGBl. I S. 2462), es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist.
Das Übergangsrecht des § 105 AMG (bzw. des AMRNOG) ist - so das BSG im Urteil vom 27.9.2005 (- B 1 KR 6/04 R -) - notwendig geworden, weil das bis Ende 1977 geltende AMG 1961 lediglich eine formelle Registrierung der auf dem Markt befindlichen Präparate vorsah, während das AMG 1976 ein vollständig umgestaltetes materielles Zulassungsverfahren für Arzneimittel einführte, das eine optimale Arzneimittelsicherheit gewährleisten sollte. Zweck der Übergangsregelung ist es, bis zum Ablauf eines Übergangszeitraums (im April 1990) sicherzustellen, dass die beim Inkrafttreten des AMG 1976 unter Geltung des AMG 1961 verkehrsfähig gewesenen Arzneimittel, die nach dem AMG 1976 der Zulassung bedürfen, zwar zunächst weiterhin zum Verkehr zugelassen sind; da während des Übergangszeitraums die Überprüfung der Altarzneimittel nach den Kriterien des § 1 AMG 1976 vorgesehen war, sollten am Ende des Übergangszeitraums dann aber nur noch solche Arzneimittel zugelassen sein, die den Kriterien des § 1 AMG 1976 genügen. Für bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 und in der Folgezeit auf dem deutschen Markt angebotene Fertigarzneimittel wurde den Arzneimittelherstellern deshalb durch die Übergangsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen ein befristeter Bestandsschutz eingeräumt. § 105 Abs. 2 AMG normiert insoweit lediglich eine qualifizierte, bis zum 30.6.1978 befristete Anzeigepflicht, deren Erfüllung es ermöglichte, das Fertigarzneimittel (einstweilen) weiterhin in den Verkehr zu bringen. Nach § 105 Abs. 3 AMG erlosch die Zulassung eines fristgerecht angezeigten Arzneimittels am 30.4.1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt worden war. Solche Arzneimittel befanden bzw. befinden sich im so genannten "Nachzulassungsstatus".
Das Übergangsrecht des § 105 AMG bzw. des AMNROG dient vor allem, wenngleich nicht ausschließlich, dem Schutz der Hersteller von Altarzneimitteln und verhindert möglicherweise unverhältnismäßige Eingriffe in deren Rechte durch die erheblich strengeren Qualitätssicherungsanforderungen des AMG 1976. Deswegen gibt sich das Arzneimittelrecht in Ansehung der Verkehrsfähigkeit der Altarzneimittel vorübergehend und gem. § 105 Abs. 3 AMG grundsätzlich nur bis zum 30.4.1990 mit einem (erheblich) geringeren Qualitäts- und Wirksamkeitssicherungsstandard zufrieden. Damit entfällt insoweit aber die wesentliche Grundlage für die Anbindung der krankenversicherungsrechtlichen Qualitäts- und Wirksamkeitssicherungsstandards an die verwaltungsrechtlichen Festlegungen des Arzneimittelrechts. Aus dem Zulassungsstatus des Altarzneimittels kann die Erfüllung der spezifisch krankenversicherungsrechtlichen Leistungsvoraussetzungen hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht unbesehen abgeleitet werden, da der Zulassungsstatus des Altarzneimittels allein auf der Rechtsfiktion des § 105 Abs. 1 AMG und nicht auf einer arzneimittelrechtlichen Sachprüfung hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit (§ 1 AMG) beruht (vgl. auch BSG, Beschl. v. 23.8.2011, - B 6 KA 37/11 B -). Das gilt erst recht, wenn die Verkehrsfähigkeit des Altarzneimittels nach abgelaufener Übergangsfrist im April 1990 auf den durch einen Verlängerungsantrag begründeten Nachzulassungsstatus gem. § 105 Abs. 3 AMG gegründet ist, zumal der Gang des Nachzulassungsverfahrens unbeschadet der Regelungen (jetzt) in § 101 Abs. 4 AMG über die Setzung von Fristen bei der Stellung des so genannten Langantrags (dazu OVG Berlin, Urt. v. 7.4.2005, - OVG 5 B 8.03 -), auch durch das Verfahrensverhalten des Arzneimittelherstellers beeinflusst werden kann. Eine (bloß) fiktive Zulassung steht unter dem Vorbehalt des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im Nachzulassungsverfahren, vermittelt also lediglich die Chance auf endgültige Zulassung (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R - unter Hinweis auf OVG Berlin, Urt. v. 7.4.2005, - OVG 5 B 8.03 -), die für die Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht genügen kann. Von vornherein unbeachtlich ist schließlich ein (fiktiver) Zulassungsstatus, der sich allein aus verfahrensrechtlichen Gründen, nämlich der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen eine bereits erfolgte Ablehnung der Nachzulassung durch die zuständige Verwaltungsbehörde, ergibt (zu dieser Fallgestaltung BSG, Urt. v. 6.5.2009, B 6 KA 3/08 R -; Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -). Die Auswirkungen etwaiger Risiken durch die (Weiter-)Verordnung von nur fiktiv zugelassenen oder sich im Nachzulassungsverfahren befindlichen Altarzneimitteln, ggf. noch Jahrzehnte nach Ablauf der im AMG eigentlich vorgesehenen Übergangsfrist zum April 1990, dürfen der Versichertengemeinschaft, die die Behandlungen - typischerweise unter Anwendung des Instruments der Versicherungspflicht, also zwangsweise - finanziert, nicht aufgebürdet werden (so ebenfalls BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Der abweichenden, jedoch nicht näher begründeten Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 21.12.2005, - L 11 KA 104/04 -) und des LSG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.10.2009, - L 7 KA 33/07 -) kann sich der Senat nicht anschließen (wie hier LSG Hamburg, Urt. v. 24.3.2011, - L 1 KA 21/07 -, letztendlich bestätigt durch BSG, Beschl. v. 23.8.2011, - B 6 KA 37/11 B -). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass - so das BSG im Urteil vom 27.9.2005 (- B 1 KR 6/04 R -) - die umfassende, systematische Ausnutzung enger Ausnahmebestimmungen des Arzneimittelrechts - wie hier des Übergangsrechts in § 105 AMG bzw. des AMNROG - durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, welches ca. 90% der Bevölkerung erfasst, stets eine umfangreiche Anwendung der streitbefangenen Mittel auf Kosten der Leistungsträger nach sich zu ziehen droht, sodass hier in besonderem Maße der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegengewirkt werden muss. Außerdem hat das Krankenversicherungsrecht einen dem Übergangsrecht des AMG in § 105 AMG vergleichbaren Bestandsschutz für Altarzneimittel, die bereits 1976 unter weit weniger strengen Voraussetzungen verkehrsfähig waren, gerade nicht geschaffen, sondern im Gegenteil die Anspruchsvoraussetzungen sogar verschärft (so ebenfalls BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Da sich das Arzneimittel AHP 200 (jedenfalls) im Quartal 2/2005 (bestenfalls) im Verfahren der Nachzulassung nach Maßgabe des Übergangsrechts des AMG befand, durfte es zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden. Ob die übergangsrechtliche fiktive Zulassung von AHP 200 nach Maßgabe des - offenbar noch nicht rechtskräftigen - Urteils des VG Köln zum 30.4.1990 erloschen war, kann dahinstehen. Auf Verschulden des Beigeladenen Ziff. 1 kommt es - wie eingangs dargelegt - nicht an; auch hat eine Beratung vor der Regressfestsetzung nicht stattfinden müssen. Die Regressfestsetzung kann auch unter Anwendung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht als rechtswidrig verworfen werden (vgl. dazu BSG, Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -), zumal sich der Beigeladene Ziff. 1 über den Zulassungsstatus des in Rede stehenden Arzneimittels - sollte er ihm nicht bekannt gewesen sein - an Hand der entsprechenden, von der Klägerin angeführten, Produktinformationen des Arzneimittelherstellers zu AHP 200 oder der einschlägigen Datenbanken hätte vergewissern können und müssen. In der Fachinformation für AHP 200 (Stand Juli 2003) ist darauf hingewiesen worden, dass das Arzneimittel nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr und die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht abgeschlossen sei. Schließlich kommt Vertrauensschutz ebenfalls nicht in Betracht (dazu BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 27/12 R -). Hierfür genügen Entscheidungen der Prüfgremien anderer Bundesländer, die von Arzneimittelregressen bei der Verordnung von AHP 200 abgesehen haben, nicht. Für eine vom Beigeladenen Ziff. 1 im Widerspruchsverfahren angeführte (und so ohne Weiteres Vertrauensschutz auch nicht begründende - vgl. zu den (strengen ) Anforderungen eingehend BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 27/12 R -) Auskunft der Hauptverwaltung der Klägerin ist nichts ersichtlich; dieses Vorbringen ist auch im Gerichtsverfahren nicht weiter verfolgt worden. Hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Regressbetrags sind Fehler ebenfalls nicht ersichtlich oder geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da der Beigeladene Ziff. 1 sowohl im Klageverfahren wie im Berufungsverfahren einen Sachantrag (Klagabweisung bzw. Zurückweisung der Berufung der Klägerin) gestellt hat, sind ihm gem. § 154 Abs. 1 VwGO Verfahrenskosten aufzuerlegen; Ermessen besteht insoweit nicht (vgl. etwa NK/VwGO-Neumann, § 154 Rdnr. 66 ff.). Die Beigeladenen Ziff. 2 bis 7 haben (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen; sie müssen ihre außergerichtlichen Kosten - ebenso der Beigeladene Ziff. 1 - daher selbst tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die uneinheitliche landessozialgerichtliche Rechtsprechung und die Vielzahl der noch anstehenden Arzneimittelregresse wegen der Verordnung von AHP 200 zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 bis 7. Der Beigeladene Ziff. 1 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 227,24 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Arzneimittelregresses im Wege des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens.
Der Beigeladene Ziff. 1 ist als Facharzt für Chirurgie und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mit Sitz in R. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal 2/2005 verordnete er mehreren Versicherten mit Rezepten vom 1.4.2005, 7.4.2005, 19.4.2005, 10.5.2005, 12.5.2005, 13.5.2005 und 9.6.2005 das Arzneimittel AHP 200 mit dem Wirkstoff Oxaceprol (im folgenden nur: AHP 200); hierfür entstanden Kosten von 227,24 EUR (netto).
AHP 200 verfügte bei Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes 1976 im Jahr 1978 nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Der Arzneimittelhersteller zeigte das Arzneimittel im Juni 1978 bei der zuständigen Bundesoberbehörde an. Im Dezember 1989 beantragte er die Verlängerung der Zulassung. Der Antrag wurde am 11.12.1995 zurückgenommen und im Januar 2001 wurde das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens und eine Verlängerung der Zulassung beantragt. Mit Bescheid vom 26.9.2005 lehnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Nachzulassungsantrag ab. Die sofortige Vollziehung des Bescheids wurde nicht angeordnet. Eine beim Verwaltungsgericht Köln erhobene Klage des Arzneimittelherstellers wurde abgewiesen (Urt. v. 9.2.2010, - 7 K 6199/05 -); zur Begründung führte das VG aus, die fiktive Zulassung von AHP 200 sei spätestens am 30.4.1990 wegen unzulässiger Erweiterung des Anwendungsgebiets erloschen. Über die dagegen eingelegte Berufung des Arzneimittelherstellers ist offenbar noch nicht entschieden.
Am 30.3.2006 beantragte die Klägerin bei der zuständigen Prüfeinrichtung die Festsetzung eines Arzneimittelregresses gegen den Beigeladenen Ziff. 1; AHP 200 sei zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnungsfähig.
Mit (Prüf-)Bescheid vom 24.5.2007 wurde gegen den Beigeladenen Ziff. 1 ein Arzneimittelregress i. H. v. 227,24 EUR festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, AHP 200 dürfe nach Abschnitt D Nr. 13 der Arzneimittelrichtlinien (in der seinerzeit noch maßgeblichen Fassung, AM-RL a.F.) nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden, da der therapeutische Nutzen, wie aus den angegebenen Diagnosen hervorgehe, nicht ersichtlich sei.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Beigeladene Ziff. 1 vor, AHP 200 sei durch keine rechtsverbindliche Regelung von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen. Das Arzneimittel sei rezeptpflichtig und zur Behandlung degenerativer und entzündlicher Gelenkerkrankungen zugelassen. Der therapeutische Nutzen sei ausreichend gesichert. AHP 200 sei kein Chondroprotektivum i. S. d. Nr. 20.2k AM-RL a.F., sondern sei arzneimittelrechtlich als Antiphlogistikum/Antirheumatikum zugelassen. Die Hauptverwaltung der Klägerin habe das bestätigt. Er habe das Arzneimittel indikationsgerecht eingesetzt und bei allen damit behandelten Patienten einen deutlichen Therapieerfolg erzielt (Besserung hinsichtlich Schmerz und Gelenkfunktion), der andernfalls nicht hätte erreicht werden können. In gleichartigen Fällen hätten die zuständigen Prüfeinrichtungen der Länder Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Bayern und Sachsen die Festsetzung von Arzneimittelregressen abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.4.2009 hob der Beklagte den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24.5.2007 auf und lehnte den Antrag der Klägerin auf Festsetzung eines Arzneimittelregresses gegen den Beigeladenen Ziff. 1 ab. Zur Begründung führte er aus, AHP 200 gehöre zu den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und sei daher grundsätzlich zu Lasten der Krankenkassen verordnungsfähig. Nach Abschnitt G Nr. 20.2k AM-RL a.F. seien Arzneimittel zum Schutz der Gelenkfunktion bei Abbauerscheinungen des Knorpels zur lokalen und systemischen Anwendung (so genannte Chondroprotektiva) nicht bzw. nur unter der Voraussetzung verordnungsfähig, dass zuvor allgemeine, nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt worden seien, hierdurch aber das Behandlungsziel nicht habe erreicht werden können und eine medikamentöse Behandlung mit dem genannten Arzneimittel zusätzlich erforderlich gewesen sei. AHP 200 sei aber kein Arzneimittel, das dem Schutz der Gelenkfunktion diene. Es enthalte 200 mg Oxaceprol und sei arzneimittelrechtlich für die Anwendung bei degenerativen Gelenkerkrankungen in schmerzhaften und entzündlichen Stadien zugelassen. Der Beigeladene Ziff. 1 habe das Arzneimittel nach Maßgabe dieser Zulassung zur Behandlung schmerzhafter Gelenke eingesetzt. Maßgebend sei die entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung, nicht jedoch der Schutz der Gelenkfunktion gewesen.
Am 27.5.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug sie vor, AHP 200 sei bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 als registriertes Präparat im Verkehr gewesen. Als Altarzneimittel mit fiktiver Zulassung, für das Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität noch nicht nachgewiesen seien, bedürfe es der arzneimittelrechtlichen Nachzulassung. Bis 1990 habe das Nachzulassungsverfahren abgeschlossen sein sollen. Der Arzneimittelhersteller habe allerdings versäumt, in der Zeit von 1978 bis 1990 Nachweise für die Wirksamkeit von Oxaceprol als Wirkstoff von AHP 200 vorzulegen und prüfen zu lassen, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei. Damit liege eine vergleichbare Fallgestaltung wie bei dem Arzneimittel Wobe Mugos E vor. Hinsichtlich dieses Arzneimittels habe der 6. Senat des BSG mit Urteilen vom 5.11.2008 und 6.5.2009 (- B 6 KA 63/07 R - und - B 6 KA 64/07 R - bzw. - B 6 KA 3/03 R -) Arzneimittelregresse bestätigt und sich der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG angeschlossen, wonach Versicherte die Versorgung mit (Fertig-)Arzneimitteln nicht beanspruchen könnten, die hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht ausreichend geprüft worden seien (vgl. BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -). Die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels nach Maßgabe des Arzneimittelrechts begründe für sich allein einen Versorgungsanspruch der Versicherten nicht (BSG, Urt. v. 27.9.2005, a. a. O.), da das Krankenversicherungsrecht hierfür zusätzliche Anforderungen aufstelle. Der Arzt könne sich anhand der einschlägigen Fachinformationen über den Zulassungsstatus eines Arzneimittels informieren. Die Fachinformation für AHP 200 (Stand Juli 2003) enthalte unter Nr. 18 und 19 den Hinweis, dass das Arzneimittel nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr und die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht abgeschlossen sei. Zusätzlich hätten die Ärzte dem Arznei-Telegramm 11/1996 entnehmen können, dass für das nunmehr als nichtsteroidales Antirheumatikum bezeichnete Prolinderivat keine Belege gefunden worden seien, die die Verwendung bei degenerativen bzw. entzündlichen Gelenkerkrankungen rechtfertigten und eine neue Bewertung begründeten. Der MDK S.-A. habe zur medizinischen Bewertung von AHP 200 keine verwertbaren Studien gefunden (Stellungnahmen vom 2.4.2008 und 21.7.2008). Davon abgesehen komme es auf ein Verschulden des Vertragsarztes ohnehin nicht an.
Der Beklagte trug vor, AHP 200 sei bei der Verordnung durch den Beigeladenen Ziff. 1 im Quartal 2/2005 noch zugelassen gewesen. Die Zulassung habe sich auf die Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen in schmerzhaften und entzündlichen Stadien, Arthritis, Periarthritis, Tendinitis, Bursitis, Tendovaginitis sowie entzündliche Bindegewebserkrankungen erstreckt. Der Beigeladene Ziff. 1 habe das Arzneimittel nach Maßgabe dieser Zulassung verordnet. Aus den vorliegenden Studien gehe auch nicht hervor, dass AHP 200 für die Behandlung der genannten Erkrankungen keinen therapeutischen Nutzen biete. Nach den von der Klägerin angeführten Fachinformationen zu AHP 200 (Nr. 12) hätten Studien eine ausgeprägte antiphlogistische und analgetische Wirksamkeit ergeben. Sei eine mangelnde therapeutische Wirkung nicht eindeutig erwiesen, entscheide der Arzt nach Maßgabe seiner Therapiefreiheit unter Wahrung des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Verordnung des Arzneimittels; das sei hier geschehen. Allenfalls komme eine Beratung des Beigeladenen Ziff. 1, nicht jedoch die Festsetzung eines Arzneimittelregresses in Betracht.
Mit Schreiben vom 24.2.2010 teilte das BfArM (dem Beklagten) mit, AHP 200 sei fiktiv zugelassen. Es gehöre zur Gruppe der so genannten Nachzulassungspräparate, die bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 im Verkehr gewesen seien. Mit Inkrafttreten des AMG seien Arzneimittel nur nach Prüfung ihrer Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugelassen worden. Alle bereits in Verkehr befindlichen Arzneimittel hätten als fiktiv zugelassen gegolten. Ihre Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit werde im Verfahren der Verlängerung der Zulassung nach § 105 AMG überprüft. Dieses Verfahren sei für AHP 200 noch nicht abgeschlossen. Bis zum Abschluss des Verfahrens gelte das Arzneimittel daher als fiktiv zugelassen und sei verkehrsfähig.
Mit Urteil vom 30.6.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Verordnung von AHP 200 durch den Beigeladenen Ziff. 1 habe nicht entgegengestanden, dass dieses Arzneimittel als so genanntes Altarzneimittel arzneimittelrechtlich nicht gemäß § 25 Abs. 1 AMG zugelassen gewesen sei, sondern nur gemäß § 105 Abs. 1 AMG als zugelassen gegolten habe. Das BSG habe in den zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E ergangenen Urteilen (vom 27.9.2005, - B 6 KA 6/04 R -, vom 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -, und vom 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -) die Leistungspflicht der Krankenkassen verneint, wenn die Arzneimittelbehörde einen Antrag auf Verlängerung der Zulassung abgelehnt habe und das Arzneimittel nur aus verfahrensrechtlichen Gründen arzneimittelrechtlich verkehrsfähig sei. Bei der Verordnung von AHP 200 im Quartal 2/2005 sei über die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung noch nicht entschieden gewesen. Die Leistungspflicht der Krankenkasse entfalle nicht schon deshalb, weil sich das bereits seit über 20 Jahren vertriebene Arzneimittel im Nachzulassungsverfahren befunden und die Bewertung der Arzneimittelbehörde noch nicht vorgelegen habe (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.12.2005, - L 11 KA 104/04 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.10.2009, - L 7 KA 33/07 -). Der Beigeladene Ziff. 1 habe AHP 200 (unstreitig) indikationsgerecht zur Behandlung (u.a.) von Arthrose- und Arthritis-Erkrankungen verordnet.
Rechtsvorschriften hätten der Verordnung von AHP 200 nicht entgegengestanden. AHP 200 sei in der auf der Grundlage des § 34 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergangenen Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.2.1990 (Fassung 16.11.2000) nicht aufgeführt. Auch die Bestimmungen der AM-RL a.F. hätten die Verordnung von AHP 200 nicht ausgeschlossen. Das Arzneimittel bzw. sein Wirkstoff Oxaceprol sei in Abschnitt G AM-RL a.F. (Verordnungseinschränkungen aufgrund von § 2 Abs. 1 Satz 3, §§ 12, 70 SGB V und zugelassene Ausnahmen) nicht aufgeführt. Als Arzneimittel zum Schutz der Gelenkfunktion bei Abbauerscheinungen des Knorpels zur lokalen und systemischen Anwendung (so genannte Chondroprotektiva und Antiarthrotika) i. S. d. Nr. 20.2k AM-RL a.F. könne AHP 200 unstreitig nicht eingestuft werden.
Schließlich sei die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 auch nicht durch Abschnitt D Nr. 13 AM-RL a.F. (allgemeine Verordnungsfähigkeit auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3, §§ 12, 70 SGB V) ausgeschlossen. Danach dürften Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen nicht verordnet werden. Ob diese Voraussetzungen für AHP 200 erfüllt gewesen seien, könne offen bleiben, da es für den Ausschluss der Verordnungsfähigkeit von nicht näher benannten Arzneimitteln bzw. Wirkstoffen mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss an der notwendigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehle. Gemäß § 92 Abs. 1 SGB V sei der Gemeinsame Bundesausschuss zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots ermächtigt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 20.3.1996, - 6 RKa 62/94 -). Er müsse die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschließen und könne die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn der therapeutische Nutzen nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht nachgewiesen sei. In den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses solle die Leistungspflicht der Krankenkassen umgesetzt und präzisiert werden. Diesem Auftrag werde es nicht gerecht, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die gesetzlichen Vorgaben in § 92 Abs. 1 SGB V ohne weitere Konkretisierung in die AM-RL übernehme. Es sei Sache des Gemeinsamen Bundesausschusses und nicht der einzelnen Vertragsärzte und der Prüfungseinrichtungen, bestimmte Arzneimittel oder Wirkstoffe aus der Verordnungsfähigkeit auszuschließen. Deren konkrete Benennung in den AM-RL sei zur Wahrung einer einheitlichen Arzneimittelversorgung der Versicherten und zur Verordnungssicherheit des Vertragsarztes notwendig. Der Vertragsarzt könne die Studienlage hinsichtlich des therapeutischen Nutzens eines Arzneimittels nicht jeweils selbst ermitteln und beurteilen. Hierfür müsse der Gemeinsame Bundesausschuss ein umfangreiches Bewertungsverfahren durchführen (vgl. §§ 3 ff. der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses). Mittlerweile sei in der derzeit geltenden AM-RL (n.F.) auch ausdrücklich klargestellt, dass nur die (konkret) bezeichneten Arzneimittel und Wirkstoffe von der Verordnung durch Vertragsärzte ausgeschlossen seien (vgl. § 16 Abs. 3 AM-RL n.F.). Ein Verordnungsausschluss für AHP 200 folge schließlich auch nicht unmittelbar aus den Vorschriften über das Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V); hierfür sei eine (konkretisierende) Richtlinienentscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses notwendig.
Das Sozialgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Auf das ihr am 25.7.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.8.2011 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen und bezieht sich auf die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E, die das Sozialgericht seiner Entscheidung nicht zutreffend zu Grunde gelegt habe. Das BSG habe den Verordnungsausschluss allein auf das Fehlen der arzneimittelrechtlichen Zulassung gestützt und weitere Kriterien nicht aufgestellt (vgl. auch LSG Hamburg, Urt. v. 24.3.2011, - L 1 KA 23/07 - sowie SG Hannover, Urt. v. 12.9.2012, - S 78 KA 204/09 - und SG Dresden, Gerichtsbescheid v. 1.9.2011, - S 18 KA 42/10 -; LSG Sachsen, Urt. v. 15.5.2013, - L 8 KA 47/11; LSG Niedersachsen, Beschl. v. 20.6.2013, - 3 KA 47/13 NZB -).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2011 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.4.2009 aufzuheben.
Der Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene Ziff. 1 beantragt hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beklagte trägt vor, die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E sei für das hier streitige Quartal 2/2005 nicht einschlägig. Die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 sei von den Prüfeinrichtungen bzw. den zuständigen Kammern unterschiedlich beurteilt worden; teils habe man Arzneimittelregresse festgesetzt, teils Regressanträge von Krankenkassen abgelehnt. Das Sozialgericht Stuttgart habe in einem Urteil vom 29.4.2010 (- S 10 KA 3762/07 -) die Verordnungsfähigkeit von AHP 200 ebenfalls festgestellt. Die Kammervorsitzenden der Prüfeinrichtungen hätten sich darauf verständigt, dieses Urteil zu akzeptieren. Im Unterschied zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E habe für AHP 200 eine ausdrückliche Ablehnung des arzneimittelrechtlichen Zulassungsantrags nicht vorgelegen; das gelte auch für die dem Urteil des LSG Hamburg vom 24.3.2011 (- L 1 KA 23/07 -) zu Grunde liegende Fallgestaltung. Daher sei von einer (über 20 Jahre) fortdauernden fiktiven Zulassung auszugehen. Der Arzneimittelhersteller habe für AHP 200 nach Maßgabe der einschlägigen Übergangsregelungen des AMG einen Nachzulassungsantrag gestellt. Die von der Beklagten angeführten Urteile des LSG Niedersachsen und des LSG Sachsen beträfen den Zeitraum nach Ablehnung des Nachzulassungsantrags durch Bescheid des BfArM vom 20.9.2005; hier seien jedoch davor vorgenommene Arzneimittelverordnungen im Quartal 2/2005 streitig.
Der Beigeladene Ziff. 1 vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG zu dem Arzneimittel Wobe Mugos E nicht einschlägig sei, weil es an der Ablehnung eines Zulassungsantrags fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Sozialgericht gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Gegenstand des Gerichtsverfahrens ist (allein) der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.4.2009 (vgl. BSG, Urt. v. 29.6.2011, - B 6 KA16/10 R -). Die von der Klägerin erhobene Klage richtet sich als Anfechtungsklage zu Recht nur auf die Anfechtung dieses Bescheids, da der Prüfungsausschuss den von der Klägerin begehrten Arzneimittelregress gegen den Beigeladenen Ziff. 1 im Prüfbescheid vom 24.5.2007 bereits festgesetzt hatte. Unbeschadet der (prozessualen) Ersetzung des Prüfbescheids durch den Widerspruchsbescheid des Beschwerdeausschusses erlangt der Prüfbescheid wieder Bestand, wenn der Widerspruchsbescheid des Beklagten auf die Anfechtungsklage der Klägerin aufgehoben wird.
II.
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Der Beklagte hat den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24.5.2007 zu Unrecht aufgehoben. Der Prüfungsausschuss hat gegen den Beigeladenen Ziff. 1 wegen der Verordnung des Arzneimittels AHP 200 im Quartal 2/2005 rechtsfehlerfrei einen Arzneimittelregress festgesetzt.
1.) Die Regulierung der Schäden für die Krankenkassen durch Fehler des Vertragsarztes bei der Verordnung von Arzneimitteln (Arzneimittelregress) ist Gegenstand der Regelungen in § 106 SGB V (i. V. m. § 47 BMV-Ä/§ 43 EKV-Ä) und in § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä (jeweils in der während der Regressquartale geltenden Fassung).
§ 106 SGB V regelt die (originär-gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung. Gem. § 106 Abs. 2 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung u.a. durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder bei Überschreitung von Richtgrößen nach § 84 SGB V (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) und/oder auf der Grundlage von arzt- und versichertenbezogenen Stichproben (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen (wie die hier einschlägige Prüfvereinbarung, vgl. § 11) ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (BSG, Urt. v. 12.12.2012, - B 6 KA 50/11 R -). § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä regelt die (bundesmantelvertragliche) Feststellung eines "sonstigen Schadens", der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht. Für beide Prüfverfahren sind die Prüfungseinrichtungen nach § 106 SGB V (Prüfungsausschuss und ggf. Beschwerdeausschuss) zuständig. Die Bestimmungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarabrechnungen durch die Kassenärztliche Vereinigung in § 106a SGB V i. V. m. § 45 BMV-Ä/§ 34 Abs. 4 EKV-Ä sind auf Fehler bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht anwendbar; auch das Verfahren vor der Schlichtungsstelle bei der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 49 BMV-Ä/§ 45 EKV-Ä ist in solchen Fällen regelmäßig nicht durchzuführen.
Die (originär-gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V findet bei inhaltlichen Fehlern der Arzneimittelverordnung selbst, die (bundesmantelvertragliche) Prüfung eines "sonstigen Schadens" nach § 48 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä findet bei Fehlern (nur) hinsichtlich der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung statt. Zur Fallgruppe der inhaltlichen Fehler gehört insbesondere die Verordnung von Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Arzneimittel-Richtlinie bzw. die Verordnung von mangels Leistungspflicht der Krankenkasse bzw. mangels Leistungsanspruchs des Versicherten nicht verordnungsfähigen Arzneimitteln oder die Verordnung von Arzneimitteln außerhalb der nach dem AMG erteilten Zulassung (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
Die (bundesmantelvertragliche) Schadensfeststellung nach § 48 Abs. 1 BMV-Ä/§ 44 EKV-Ä setzt in verfahrensrechtlicher Hinsicht einen Antrag der Krankenkasse und in materiell-rechtlicher Hinsicht eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arztes voraus. Beides gilt für die (originär gesetzliche) Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V nicht; insbesondere muss ein Verschulden des Arztes nicht vorliegen. Die vor der Regressfestsetzung in Wirtschaftlichkeitsprüfungen gem. § 106 SGB V nach der Sollvorschrift des § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V vorgesehene Beratung des Arztes ist in Fällen unzweifelhafter Unwirtschaftlichkeit ebenfalls nicht notwendig; zu dieser Fallgruppe gehört der Arzneimittelregress aufgrund einer Einzelfallprüfung, wenn schon die Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels fehlt (BSG, Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -; Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt schließlich einer von Amts wegen zu berücksichtigenden vierjährigen Ausschlussfrist; für die Feststellung eines "sonstigen Schadens" gilt eine nur auf Einrede zu berücksichtigende vierjährige Verjährungsfrist (BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 17/12 R - m. w. N.; Urt. v. 29.6.2011, - B 6 KA 16/10 R -). Sind die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Arzneimittelregresses nach § 106 SGB V erfüllt, kann davon nicht nach Ermessen und grundsätzlich auch nicht im Hinblick auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (dazu BSG, Urt. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -) abgesehen werden. Ermessen ist nur hinsichtlich der Höhe des Regressbetrags auszuüben (BSG, Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -). 2.) Davon ausgehend hat der Prüfungsausschuss wegen der Verordnung des Arzneimittels AHP 200 im Quartal 2/2005 zu Recht einen Arzneimittelregress gegen den Beigeladenen Ziff. 1 festgesetzt; der Beschwerdeausschuss hat diesen Bescheid auf den (zulässigen) Widerspruch des Beigeladenen Ziff. 1 daher zu Unrecht aufgehoben.
Der Prüfungsausschuss hat zutreffend und (unstreitig) unter Wahrung der einschlägigen verfahrensrechtlichen Maßgaben ein originär-gesetzliches Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren nach Maßgabe des § 106 SGB V und der im Quartal 2/2005 anzuwendenden Prüfvereinbarung durchgeführt, da nicht Fehler bei der Art und Weise der Arzneimittelverordnung, sondern inhaltliche Fehler der Verordnung in Rede stehen. Solche Fehler liegen auch vor. Der Beigeladene Ziff. 1 hätte das Arzneimittel AHP im Quartal 2/2005 mangels Verordnungsfähigkeit nicht verordnen dürfen. Dafür sind folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:
Die (rechtmäßige) Erbringung von Leistungen für gesetzlich Versicherte, namentlich im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V), muss neben (allgemeinen) verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen zusätzlich die jeweils einschlägigen (besonderen) krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen wahren. Das gilt auch für die Versorgung mit Arzneimitteln. Die an den Leistungsanspruch der gesetzlich Versicherten (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V) anknüpfende Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels durch den Vertragsarzt setzt daher nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur die verwaltungsrechtliche Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach Maßgabe des AMG, sondern zusätzlich die Erfüllung der spezifischen Maßgaben des Krankenversicherungsrechts voraus. Diese folgen im Grundsatz aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Zu Qualität und Wirksamkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) eines Arzneimittels müssen grundsätzlich zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen, die den Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegen (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -). Zum Zeitpunkt der Behandlung muss zweifelsfrei geklärt sein, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwiegen (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R - m. w. N.). Die Erprobung neuer Methoden, ebenso die (weitere) Erprobung bzw. Erforschung "alter" Arzneimittel, ggf. für deren erstrebte (Nach-)Zulassung, gehört nicht zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. etwa BSG; Urt. v. 16.9.1997, - B 1 RK 28/95 -).
Das Krankenversicherungsrecht verzichtet für die danach erforderliche Qualitäts- und Wirksamkeitssicherung in der Arzneimittelversorgung - anders als bei ärztlichen Behandlungsmethoden (vgl. § 135 Abs. 1 SGB V) - weitgehend auf eigenständige Vorschriften und ein eigenständiges Verwaltungsverfahren. Es lehnt sich statt dessen - unbeschadet der grundsätzlichen Trennung verwaltungs- und krankenversicherungsrechtlicher Anforderungen - an das verwaltungsrechtliche Regelwerk und das Verwaltungsverfahren des AMG an (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, - B 1 KR 7/10 R -; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -; auch Senatsbeschluss vom 11.9.2012, - L 5 KR 2729/12 ER-B -). Ist für ein Arzneimittel die arzneimittelrechtliche Zulassung nach Maßgabe des AMG erteilt und sind damit Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach § 1 AMG im dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren nachgewiesen worden, ist von der durch § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Arzneimittelsicherheit und von der Qualität und Wirksamkeit und regelmäßig auch von der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V) des Arzneimittels auszugehen (zur Wirtschaftlichkeit näher und einschränkend auch etwa BSG, Urt. v. 1.3.2011, - B 1 KR 7/10 R -; auch Urt. v. 6.5.2009, - B 6 KA 3/08 R -). Ist die arzneimittelrechtliche Zulassung hingegen nicht erteilt, ist das Arzneimittel vom Leistungsanspruch des Versicherten grundsätzlich nicht umfasst (BSG, Urt. v. 8.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -) und darf vom Vertragsarzt daher auch nicht verordnet werden. Da der Wirksamkeitsnachweis im Rahmen eines Arzneimittelzulassungsverfahrens zu erbringen ist, ist aus einer nicht bestehenden Zulassung (auch) auf eine nicht vorhandene Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu schließen (vgl. BSG, Urt. v. 28.2.2008, - B 1 KR 15/07 R -; Urt. v. 18.5.2004, - B 1 KR 21/02 R -; Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Diese Rechtsgrundsätze sind - unter sachbezogener Modifizierung - auf Altarzneimittel i. S. d. (jetzigen) Übergangsvorschrift des § 105 AMG bzw. (zuvor und in § 105 AMG übernommen) des Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts v. 24.8.1976 (BGBl. I S. 2445 - AMRNOG) zu übertragen. Gem. § 105 Abs. 1 AMG gelten Fertigarzneimittel (i. S. d. § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG), die sich am 1.1.1978 im Verkehr befinden, als zugelassen, wenn sie sich am 1.9.1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 (vom 16.5.1961, BGBl. I S. 533 - AMG 1961) eingetragen werden. Fertigarzneimittel dieser Art müssen innerhalb einer Frist von 6 Monaten seit dem 1.1.1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Sie dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht (§ 105 Abs. 2 Satz 1 und 3 AMG). Gem. § 105 Abs. 3 AMG erlischt die Zulassung eines fristgerecht angezeigten Arzneimittels (abweichend von § 31 Abs. 1 Nr. 3 AMG) am 30.4.1990 (vgl. Gesetz vom 22.12.1989, BGBl. I S. 2462), es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist.
Das Übergangsrecht des § 105 AMG (bzw. des AMRNOG) ist - so das BSG im Urteil vom 27.9.2005 (- B 1 KR 6/04 R -) - notwendig geworden, weil das bis Ende 1977 geltende AMG 1961 lediglich eine formelle Registrierung der auf dem Markt befindlichen Präparate vorsah, während das AMG 1976 ein vollständig umgestaltetes materielles Zulassungsverfahren für Arzneimittel einführte, das eine optimale Arzneimittelsicherheit gewährleisten sollte. Zweck der Übergangsregelung ist es, bis zum Ablauf eines Übergangszeitraums (im April 1990) sicherzustellen, dass die beim Inkrafttreten des AMG 1976 unter Geltung des AMG 1961 verkehrsfähig gewesenen Arzneimittel, die nach dem AMG 1976 der Zulassung bedürfen, zwar zunächst weiterhin zum Verkehr zugelassen sind; da während des Übergangszeitraums die Überprüfung der Altarzneimittel nach den Kriterien des § 1 AMG 1976 vorgesehen war, sollten am Ende des Übergangszeitraums dann aber nur noch solche Arzneimittel zugelassen sein, die den Kriterien des § 1 AMG 1976 genügen. Für bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 und in der Folgezeit auf dem deutschen Markt angebotene Fertigarzneimittel wurde den Arzneimittelherstellern deshalb durch die Übergangsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen ein befristeter Bestandsschutz eingeräumt. § 105 Abs. 2 AMG normiert insoweit lediglich eine qualifizierte, bis zum 30.6.1978 befristete Anzeigepflicht, deren Erfüllung es ermöglichte, das Fertigarzneimittel (einstweilen) weiterhin in den Verkehr zu bringen. Nach § 105 Abs. 3 AMG erlosch die Zulassung eines fristgerecht angezeigten Arzneimittels am 30.4.1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt worden war. Solche Arzneimittel befanden bzw. befinden sich im so genannten "Nachzulassungsstatus".
Das Übergangsrecht des § 105 AMG bzw. des AMNROG dient vor allem, wenngleich nicht ausschließlich, dem Schutz der Hersteller von Altarzneimitteln und verhindert möglicherweise unverhältnismäßige Eingriffe in deren Rechte durch die erheblich strengeren Qualitätssicherungsanforderungen des AMG 1976. Deswegen gibt sich das Arzneimittelrecht in Ansehung der Verkehrsfähigkeit der Altarzneimittel vorübergehend und gem. § 105 Abs. 3 AMG grundsätzlich nur bis zum 30.4.1990 mit einem (erheblich) geringeren Qualitäts- und Wirksamkeitssicherungsstandard zufrieden. Damit entfällt insoweit aber die wesentliche Grundlage für die Anbindung der krankenversicherungsrechtlichen Qualitäts- und Wirksamkeitssicherungsstandards an die verwaltungsrechtlichen Festlegungen des Arzneimittelrechts. Aus dem Zulassungsstatus des Altarzneimittels kann die Erfüllung der spezifisch krankenversicherungsrechtlichen Leistungsvoraussetzungen hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht unbesehen abgeleitet werden, da der Zulassungsstatus des Altarzneimittels allein auf der Rechtsfiktion des § 105 Abs. 1 AMG und nicht auf einer arzneimittelrechtlichen Sachprüfung hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit (§ 1 AMG) beruht (vgl. auch BSG, Beschl. v. 23.8.2011, - B 6 KA 37/11 B -). Das gilt erst recht, wenn die Verkehrsfähigkeit des Altarzneimittels nach abgelaufener Übergangsfrist im April 1990 auf den durch einen Verlängerungsantrag begründeten Nachzulassungsstatus gem. § 105 Abs. 3 AMG gegründet ist, zumal der Gang des Nachzulassungsverfahrens unbeschadet der Regelungen (jetzt) in § 101 Abs. 4 AMG über die Setzung von Fristen bei der Stellung des so genannten Langantrags (dazu OVG Berlin, Urt. v. 7.4.2005, - OVG 5 B 8.03 -), auch durch das Verfahrensverhalten des Arzneimittelherstellers beeinflusst werden kann. Eine (bloß) fiktive Zulassung steht unter dem Vorbehalt des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im Nachzulassungsverfahren, vermittelt also lediglich die Chance auf endgültige Zulassung (BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R - unter Hinweis auf OVG Berlin, Urt. v. 7.4.2005, - OVG 5 B 8.03 -), die für die Verordnungsfähigkeit des Arzneimittels in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht genügen kann. Von vornherein unbeachtlich ist schließlich ein (fiktiver) Zulassungsstatus, der sich allein aus verfahrensrechtlichen Gründen, nämlich der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen eine bereits erfolgte Ablehnung der Nachzulassung durch die zuständige Verwaltungsbehörde, ergibt (zu dieser Fallgestaltung BSG, Urt. v. 6.5.2009, B 6 KA 3/08 R -; Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -). Die Auswirkungen etwaiger Risiken durch die (Weiter-)Verordnung von nur fiktiv zugelassenen oder sich im Nachzulassungsverfahren befindlichen Altarzneimitteln, ggf. noch Jahrzehnte nach Ablauf der im AMG eigentlich vorgesehenen Übergangsfrist zum April 1990, dürfen der Versichertengemeinschaft, die die Behandlungen - typischerweise unter Anwendung des Instruments der Versicherungspflicht, also zwangsweise - finanziert, nicht aufgebürdet werden (so ebenfalls BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Der abweichenden, jedoch nicht näher begründeten Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 21.12.2005, - L 11 KA 104/04 -) und des LSG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.10.2009, - L 7 KA 33/07 -) kann sich der Senat nicht anschließen (wie hier LSG Hamburg, Urt. v. 24.3.2011, - L 1 KA 21/07 -, letztendlich bestätigt durch BSG, Beschl. v. 23.8.2011, - B 6 KA 37/11 B -). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass - so das BSG im Urteil vom 27.9.2005 (- B 1 KR 6/04 R -) - die umfassende, systematische Ausnutzung enger Ausnahmebestimmungen des Arzneimittelrechts - wie hier des Übergangsrechts in § 105 AMG bzw. des AMNROG - durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, welches ca. 90% der Bevölkerung erfasst, stets eine umfangreiche Anwendung der streitbefangenen Mittel auf Kosten der Leistungsträger nach sich zu ziehen droht, sodass hier in besonderem Maße der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegengewirkt werden muss. Außerdem hat das Krankenversicherungsrecht einen dem Übergangsrecht des AMG in § 105 AMG vergleichbaren Bestandsschutz für Altarzneimittel, die bereits 1976 unter weit weniger strengen Voraussetzungen verkehrsfähig waren, gerade nicht geschaffen, sondern im Gegenteil die Anspruchsvoraussetzungen sogar verschärft (so ebenfalls BSG, Urt. v. 27.9.2005, - B 1 KR 6/04 R -).
Da sich das Arzneimittel AHP 200 (jedenfalls) im Quartal 2/2005 (bestenfalls) im Verfahren der Nachzulassung nach Maßgabe des Übergangsrechts des AMG befand, durfte es zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden. Ob die übergangsrechtliche fiktive Zulassung von AHP 200 nach Maßgabe des - offenbar noch nicht rechtskräftigen - Urteils des VG Köln zum 30.4.1990 erloschen war, kann dahinstehen. Auf Verschulden des Beigeladenen Ziff. 1 kommt es - wie eingangs dargelegt - nicht an; auch hat eine Beratung vor der Regressfestsetzung nicht stattfinden müssen. Die Regressfestsetzung kann auch unter Anwendung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht als rechtswidrig verworfen werden (vgl. dazu BSG, Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 63/07 R -), zumal sich der Beigeladene Ziff. 1 über den Zulassungsstatus des in Rede stehenden Arzneimittels - sollte er ihm nicht bekannt gewesen sein - an Hand der entsprechenden, von der Klägerin angeführten, Produktinformationen des Arzneimittelherstellers zu AHP 200 oder der einschlägigen Datenbanken hätte vergewissern können und müssen. In der Fachinformation für AHP 200 (Stand Juli 2003) ist darauf hingewiesen worden, dass das Arzneimittel nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr und die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht abgeschlossen sei. Schließlich kommt Vertrauensschutz ebenfalls nicht in Betracht (dazu BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 27/12 R -). Hierfür genügen Entscheidungen der Prüfgremien anderer Bundesländer, die von Arzneimittelregressen bei der Verordnung von AHP 200 abgesehen haben, nicht. Für eine vom Beigeladenen Ziff. 1 im Widerspruchsverfahren angeführte (und so ohne Weiteres Vertrauensschutz auch nicht begründende - vgl. zu den (strengen ) Anforderungen eingehend BSG, Urt. v. 20.3.2013, - B 6 KA 27/12 R -) Auskunft der Hauptverwaltung der Klägerin ist nichts ersichtlich; dieses Vorbringen ist auch im Gerichtsverfahren nicht weiter verfolgt worden. Hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Regressbetrags sind Fehler ebenfalls nicht ersichtlich oder geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da der Beigeladene Ziff. 1 sowohl im Klageverfahren wie im Berufungsverfahren einen Sachantrag (Klagabweisung bzw. Zurückweisung der Berufung der Klägerin) gestellt hat, sind ihm gem. § 154 Abs. 1 VwGO Verfahrenskosten aufzuerlegen; Ermessen besteht insoweit nicht (vgl. etwa NK/VwGO-Neumann, § 154 Rdnr. 66 ff.). Die Beigeladenen Ziff. 2 bis 7 haben (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen; sie müssen ihre außergerichtlichen Kosten - ebenso der Beigeladene Ziff. 1 - daher selbst tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die uneinheitliche landessozialgerichtliche Rechtsprechung und die Vielzahl der noch anstehenden Arzneimittelregresse wegen der Verordnung von AHP 200 zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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