Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 42/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 45/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 50/00 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der am 21.01.1940 geborene Kläger ist Arzt für innere Medizin und Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist seit dem 01.10.1980 als Arzt für innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung in K ... zugelassen.
Der Disziplinarausschuss bei der Beigeladenen zu 5) erteilte dem Kläger durch Beschluss vom 15.07.1991 wegen Verletzung seiner vertragsärztlichen Pflichten einen Verweis, da der Kläger einem Versicherten für den 31.05.1990 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 06.07.1990 ausgestellte hatte, ohne den Versicherten am Tage der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit untersucht zu haben.
Die für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung zuständigen Prüfgremien erließen für die Quartale I/1998 bis III/1988, IV/1989 bis III/1990, III/1991 bis I/1992 Arzneimittelregresse und kürzten das Honorar des Klägers in den Quartalen III/1993 bis II/1994 in den Sparten Besuche und Sonderleistungen sowie nochmals im Quartal IV/1994 in der Sparte der Sonderleistungen. Honorarkürzungsbescheide betreffend die Quartale I und II/1997 sind ergangen, aber noch nicht bestandskräftig.
Am 30.06.1997 beantragte der Beigeladene zu 3) dem Kläger gemäß § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung führte der Beigeladene zu 3), der zuvor bereits Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet hatte, aus, der Kläger habe Arzneimittel verordnet, die nicht indiziert bzw. deren Indikation nicht durch eine ärztliche Untersuchung begründet gewesen sei. Ferner habe er in einer Vielzahl von Fällen Versicherte arbeitsunfähig geschrieben, obwohl er den Gesundheitszustand auf der entsprechen den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht begründet habe; die meisten Verlängerungen seien ohne Gespräch mit dem Kläger vorgenommen worden. Es sei auch bei den Versicherten bekannt, dass der Kläger ohne weiteres Krankschreibungen vornehme. Anhaltspunkte dafür bestünden auch deshalb, weil der Kläger bei den Arbeitsunfähigkeitszeiten außerordentliche Überschreitungen gegenüber den Werten seiner Fachgruppe aufweise. Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen habe sich ferner ergeben, dass der Kläger an Sonn- und Feiertagen Leistungen zu Unrecht abgerechnet habe.
Die Beigeladene zu 5) beantragte am 13.10.1996 ebenfalls die Entziehung der Zulassung. Unter Bezugnahme auf das staatsanwaltliche Ermittlungensverfahren führte sie an, der Kläger habe Arzneimittel verordnet, deren Indikation sich nicht aufgrund ärztlicher Untersuchung ergeben habe. Weiterhin habe der Kläger Patienten auf ihren Wunsch hin krankgeschrieben, ohne dass eine entsprechende Indikation vorgelegen habe. Auf Wunsch der Patienten seien diese Krankschreibungen auch ohne ärztliche Untersuchung wiederholt worden. Bei der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei es auch zu weiteren Unregelmäßigkeiten gekommen. So habe der Kläger etwa Datumsänderungen bzw. Rückdatierungen vorgenommen. Die staatsanwaltliche Vernehmung von Patienten habe im übrigen gezeigt, dass der Kläger Leistungen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen abgerechnet habe, obwohl die Patienten von ihm weder untersucht noch behandelt worden seien. Damit ergebe sich eine gröbliche Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten, die eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger für die Vertragspartner nicht mehr zumutbar erscheinen lasse.
Der Zulassungsausschuss der Ärzte Köln hat durch Beschluss vom 19.11.1997 den Anträgen der Beigeladenen zu 3) und 5) entsprochen und dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entzogen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Denn er habe in erheblichem Umfange ärztliche Leistungen abgerechnet, die nicht vollständig erbracht worden seien; ferner ergäben sich bei der Ausstellung und Verlängerung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gravierende Unregelmäßig keiten. Die Ungeeignetheit des Klägers zeige sich auch darin, dass sich die Praxis des Klägers in einem katastrophalen Zustand - vor allem in Hinblick auf die Hygiene - befunden habe, als die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung seiner Praxisräume vorgenommen habe. Letztlich ergebe sich aus den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten, dass der Kläger Patienten ohne ausreichende ärztliche Kontrolle Suchtersatzstoffe verordnet habe.
In seinem Widerspruch führt der Kläger aus: Anlaß zu Bemängelungen am Zustand seiner Praxis habe es lediglich an einem einzigen Tag gegeben, da die Putzfrau ausgefallen sei. Lediglich in einem ein zigen Falle stamme ein verfängliches Rezept über eine nicht plausible Menge Psychopharmaka von ihm, wobei er nicht wisse, auf welche Weise es entstanden sei. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er nur nach ärztlicher Verantwortung erstellt, jedoch seien die Diagnosen zur Arbeitsunfähigkeit "irrtumsgeneigt". Dies treffe insbesondere insoweit zu, als neunzig Prozent seiner Patienten Ausländer seien und dadurch die verbale Kommunikation erschwert sei. Die Aussage einer früheren Auszubildenden könne nicht als Beweismittel herangezogen werden, weil sie auf Betreiben der Schule entlassen worden sei. Als leidenschaftlicher Arzt besuche er seine Patienten bei Bedarf bereitwillig zu Hause und sorge so für eine statistisch erwiesene geringe Quote von Krankenhauseinweisungen. Nach einem Arbeitstag von 12 bis 15 Stunden könne es bei der Eintragung der Hausbesuche schon mal zu Fehlern kommen. Dies treffe ebenfalls hinsichtlich der behaupteten Umdatierungen bzw. Berichtigungen zu. Unzutreffend seien auch die Ausführungen der früheren Auszubildenden über ungerechtfertigte Leistungsaufzeichnungen, unbegründete Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit und Verknüpfung der Bereitschaft zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit der Befolgung einer Überweisung an Frau Dr. R ... Insbesondere stelle er "deutlich in Abrede", Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen blanko unterschrieben zu haben, ohne den Patienten selbst gesehen und untersucht zu haben. Völlig unzutreffend sei der Vorwurf, sich bei einem Gespräch in der Bezirksstelle Köln der Beigeladenen zu 5) uneinsichtig gezeigt zu haben. Er habe lediglich die Aufforderung zurückgewiesen, seine Zulassung freiwillig zurückzugeben. Dies komme auch jetzt nicht in Betracht, da ein hohes Maß an ärztlicher Verantwortung bei ihm bestehe, was dazugeführt habe, dass er bei vielen Patienten schwerwiegende Erkrankungen aufgedeckt sowie sie einer Behandlung und Heilung zugeführt habe. Dies zeige sich auch darin, dass er während der gesamten Zeit seines ärztlichen Wirkens keinen einzigen entschädigungspflichtigen Haftpflichtfall verursacht habe. Vielmehr ergebe sich aus zahlreichen Schreiben ärztlicher Kollegen, dass er mit den übrigen Kollegen immer gut zusammen gearbeitet habe.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Beschluss vom 02.12.1998 zurück. Der Beklagte gelangte - wie schon der Zulassungsausschuss für Ärzte K ... - zu dem Ergebnis, dass der Kläger wiederholt und über einen längeren Zeitraum seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und sich zudem durch sein Verhalten als ungeeignet für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erwiesen habe. Denn aufgrund der mündlichen Verhandlung sowie des Inhaltes der beigezogenen Ermittlungsakten stehe fest, dass der Kläger seine Praxisräume in einen Zustand gebracht und belassen habe, der einer ordnungsgemäße ärztliche Behandlung nicht zuließ und der Kläger in einer Vielzahl von Fällen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt und/oder verlängert habe, ohne die hierzu erforderlichen Befunde erhoben zu haben, ja sogar allein auf den Wunsch des Patienten hin. Der Kläger habe ferner Leistungen abgerechnet, die er entweder überhaupt nicht oder nicht in der abgerechneten Form erbracht habe. In einer Vielzahl von Fällen habe er auch Überweisungen an eine ihm persönlich verbundene Hautärztin vorgenommen, und zwar auch dann, wenn hierfür keine medizinische Indikation gegeben war. Bei Suchtkranken seien Verschreibungen auf Privatrezept vorgenommen und suchterhaltende Mittel in größerer Menge verschrieben worden, ohne die Patienten entsprechend untersucht zu haben. Gleichzeitig ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an, weil dies im öffentlichen Interesse liege. Es sei zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich, da zu befürchten sei, dass vom Kläger eine gesundheitliche Gefährdung der Patienten aus gehe, wenn er Verschreibungen vornehme und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle, ohne die Patienten zuvor untersucht zu haben. Eine weitere Gefahr für die Patienten sei darin zu sehen, dass der Kläger an Drogensüchtige suchterhaltende Mittel in größeren Menge verordne und auch auf diese Weise lebensbedrohliche Zustände heraufbeschwöre.
Mit seiner Klage hat er sein Vorbringen hinsichtlich des Praxiszustandes wiederholt und auch erneut darauf hingewiesen, dass die Zeugenaussagen zur Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ungeeignet seien. Weiterhin hat er ausgeführt, er wolle ein Maximum an diagnostischer Sicherheit zu Gunsten seiner Patienten, aber auch um sich vor Regressansprüchen zu schützen, erreichen. Deshalb habe er etwa zahlreiche Patienten an Frau Dr. R ... überwiesen. Es sei keinesfalls so, dass er sie als seine Lebensgefährtin begünstigen wolle, vielmehr sei er der festen Überzeugung, sie sei auf ihrem Fachgebiet besonders qualifiziert. Die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes hinsichtlich des Ausstellens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liege in erster Linie daran, dass er auch einen überdurchschnittlich hohen Anteilan erwerbstätigen Patienten habe. Die Verordnung von Drogenersatzstoffen nehme er nicht mehr vor, da er Patienten mit Abhängigkeitsverdacht an andere Fachärzte überweise.
Der Kläger hat beantragt,
den Beschluss der Beklagten vom 02.12.1998 - einschließlich der Anordnung des Sofortvollzuges - aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen halten den angefochtenen Beschluss für rechtmäßig.
Mit Urteil vom 17.02.1999 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger zu Recht die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entzogen, da er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG den Antrag auf Aufhebung des Sofortvollzuges abgewiesen, da es davon ausgehe, dass in dem Verhalten des Klägers auch weiterhin ein hohes Gefährdungspotenzial stecke. Die Beschwerde war erfolglos (Beschluss des er kennenden Senates vom 30.06.1999 - L 11 B 20/99 KA).
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus: Das SG hat gegen den Grundsatz der Untersuchungsmaxime nach § 103 SGG verstoßen und zugleich die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) verletzt. Denn das SG hätte die Feststellungen im Bescheid des Beklagten nicht ohne weiteres übernehmen dürfen, sondern hätte selbst die Zeugen hören müssen. Die Verwertbarkeit der Zeugenaussagen ist umsomehr eingeschränkt, als sie mittelbare Wertungen des vernehmenden Ermittlungsbeamten und des Zeugen selbst über medizinische Vorgänge enthielten, die zu einer wesentlich kritischeren Prüfung hätten Anlass geben müssen. Im übrigen ist vom SG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch mißachtet worden. Unter Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften ist das dem Kläger vorwerfbare Verhalten allein auf den am 02.04.1996 vorgefundenen Zustand der Praxis sich reduziert. Ein geringeres Mittel als die Entziehung der Zulassung würde ausreichen , um den Kläger zu einem künftigen ordnungsmäßen Verhalten zu veranlassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.1999 abzuändern und den Bescheid des Beklagen vom 02.12.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten schließen sich dem Antrag des Beklagtenan.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F ... C ...-D ..., M ... K ..., B ... T ..., E ... D ...und H-H P. Hinsichtlich der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 15.03. und 21.06.2000 Bezug genommen.
Die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Köln - S 19 KA 43/98 ER -, die Akten der Staatsanwaltschaft Köln - 112 Js 920/96 sowie 690 UJs 1537/99 -, die Frequenz- und Abrechnungstabellen des Klägers von 1994 bis 1998, Auszüge aus der Patientenkartei des Klägers, Originalabrechnungsscheine des Klägers hinsichtlich bei der Beigeladenen zu 1) versicherter Patienten, die Akte des Gesundheitsamtes der Stadt Köln - 513/1-Vo - sowie zahlreiche vom Kläger übersandte Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig, denn dem Kläger war gemäß § 95 Abs. 6 SGB V aufgrund gröblicher Pflichtverletzungen die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen.
Eine gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V liegt vor, wenn durch sie das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen insbesondere in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Arzt so gestört ist, daß diesem eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arzt nicht zugemutet werden kann (BSGE 66, 6, 8; BVerfGE 69, 233, 234). Dieser Arzt ist dann zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht (mehr) geeignet; denn die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung, an dem der Arzt durch seine Zulassung teilnimmt, hängt in dem hier zu betrachtenden Teil der vertragsärztlichen Versorgung entscheidend mit davon ab, daß die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung und auf die peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vertrauen können. Dieses Vertrauen ist deshalb von so entscheidender Bedeutung, weil ordnungsgemäße Leistungserbringung und peinlich genaue Abrechnung lediglich in einem beschränkten Umfang der Überprüfung durch diejenigen zugänglich sind, die die Gewähr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu tragen haben, nämlich die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen. Insbesondere die Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung gehört daher zu den Grundpflichten des Arztes (BSGE 43, 250, 255; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4). Der Arzt verstößt hiergegen, wenn er Leistungen abrechnet, die er entweder nicht oder nicht vollständig oder - sofern sie sein Tätigwerden voraussetzen - nicht selbst erbracht hat. Der Verstoß gegen die Pflicht der ordnungsgemäßen Leistungserbringung und/oder peinlich genauen Abrechnung erweist sich in der Regel als gröbliche Pflichtverletzung, die zur Entziehung der Zulassung führt. Andererseits ist aber zu beachten, daß die Entziehung schwerwiegend in das Grundrecht der Berufsfreiheit des betroffenen Arztes aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. Die Zulassungsentziehung darf deshalb unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur ausgesprochen werden, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung ist (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4).
In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze steht fest, daß der Beklagte und das Sozialgericht zu Recht eine gröbliche Verletzung der kassen- bzw. vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger an genommen haben. Auch nach den Feststellungen des Senats ist das Vertrauensverhältnis zu den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung derzeit derart grundlegend gestört, daß durch eine weitere Zulassung des Klägers die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet wäre.
Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß in erheblichem Umfange die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen - zumindest soweit es sich um die Verlängerung von Arbeitsunfähigkeit handelte - vom Kläger in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen vorgenommen worden ist, ohne den Patienten gesehen und untersucht zu haben. Dies ergibt sich beispielhaft aus den Aussagen der Zeuginnen M ... K ... und F ... C ..., die in der Praxis des Klägers als Arzthelferin nen bzw. Auszubildende beschäftigt waren. Die Zeugin M ... K ... hat ausdrücklich bestätigt, daß ein Patient, der zu ihr kam und den Wunsch äußerte, auch für die Folgezeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten diese bekam, ohne vom Kläger gesehen oder untersucht worden zu sein. Denn sie sei in diesen Fällen - ohne daß der Patient beim Kläger war oder irgendwie Kontakt zu ihm hatte - mit der Karteikarte zum Kläger gegangen, der dann die Arbeitsunfähigkeit verlängert habe. Dies ist auch von der Zeugin F ... C ... ausgesagt worden. Nachdem ihr ihre Aussage vor der Polizei vorgehalten worden war, hat sie erklärt, wenn es um die Ausstellung der sogenannten Auszahlungsscheine ging, ist es auch vorgekommen, daß diese Auszahlungsscheine ausgestellt wurden, ohne daß ein Patient Kontakt zum Kläger hatte. Soweit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt worden sind, glaube sie nicht, daß dies erfolgte, ohne daß die Patienten beim Kläger waren; wenn ihr jedoch ihre Aussage vor der Polizei vorgehalten wird, so werde es wohl stimmen.
Eine weitere gröbliche Pflichtverletzung sieht der Senat darin, daß der Kläger die Ausstellung weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen davon abhängig gemacht hat, daß die Patienten zuvor bei der Hautärztin Dr. R waren. Denn die Zeuginnen M ... K ... und F ... C ... haben übereinstimmend ausgesagt, daß bereits vom Kläger unterschriebene Krankmeldungen erst dann an den Patienten ausgehändigt werden durften, wenn dieser zuvor die Hautärztin Dr. R ... aufgesucht habe. Es sei leicht gewesen, dies zu kontrollieren. Denn die Patienten bekamen einen Adreßzettel vom Kläger mitgegeben, den sie dann mit dem Praxisstempel und der Unterschrift von Frau Dr. R ... oder einer Helferin vorzulegen hatten.
Als gröbliche Pflichtverletzung steht ferner fest, daß die Praxis des Klägers - insbesondere hinsichtlich des hygienischen Zustandes - sich über längere Zeit in einem desolaten Zustand befunden hat. Dies ergibt sich einerseits aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Köln, in denen durch umfangreiche Lichtbilder der Zustand der Praxis bei der Durchsuchung im April 1996 dokumentiert ist. Diese Lichtbilder zeigen einen Praxiszustand, der entgegen der vom Kläger geäußerten Meinung nicht darauf zurückzuführen ist, daß für einen Tag oder eine kürzere Zeit die Putzfrau ausgefallen ist. Vielmehr wird aufgrund des Praxiszustandes deutlich, daß über einen sehr langen Zeitraum hin die für eine Vertragspraxis erforderliche Säuberung der Praxisräume und -gegenstände nicht oder zu mindest völlig unzulänglich durchgeführt worden ist. Der Senat stützt sich hinsichtlich dieser Feststellung jedoch auch auf die Aussagen der Zeuginnen M ... K ..., F ... C ... und D ..., die übereinstimmend den Zustand der Arztpraxis des Klägers als unordentlich und unsauber beschrieben haben. Ferner hat die Vernehmung der Zeuginnen M ... K ... und F ... C ... ergeben, daß während ihrer Beschäftigungszeit keine Putzfrau mit der Reinigung der Praxisräume beauftragt worden sei, sondern der Kläger dies selber gemacht haben will.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung steht fest, daß der Kläger medizinisch notwendige Beruhigungsmedikamente an gesetzlich Krankenversicherte nur auf Privatrezept verordnet hat. Dies ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen P ... sowie der Erklärung des Klägers, der ausgeführt hat, er habe nur die notwendigsten Verordnungen auf Kassenrezept vorgenommen, nicht lebensnotwendige Verordnungen jedoch nur auf Privatrezept, da allen Ärzten ein existenzvernichtender Arzneimittelregreß gedroht habe.
Diese vom Senat exemplarisch ermittelten Pflichtverletzungen rechtfertigen die vom Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Denn sie machen deutlich, daß die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen nicht mehr darauf vertrauen können, der Kläger werde eine ordnungsgemäße Leistungserbringung und peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vornehmen. Auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz sowie unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit ist die Zulassungsentziehung das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung. Das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit, das durch die Aussagen der Versicherten vor der Polizei beschrieben und durch die vom Senat gehörten Zeugen bestätigt worden ist, macht deutlich, daß der Kläger entgegen seiner Verpflichtung als Vertragsarzt, die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen besteht, nicht auf die selbst getroffenen Feststellungen durch Untersuchung des Patienten in erster Linie abstellt, sondern sich bei der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Vorstellungen und Begehrlichkeiten seiner Patienten leiten läßt. Dies ist mit den Pflichten eines Vertragsarztes in keinster Weise zu vereinbaren. Durch ein solches Verhalten fügt der Kläger den Krankenkassen und/oder Arbeitgebern ganz erhebliche Schäden zu, denn aufgrund der ohne Untersuchung ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen müssen Krankengeld oder Entgeltfortahlung geleistet werden. Aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft ist zu entnehmen, daß die Schäden bei den Krankenkassen und Arbeitgebern ein ganz erhebliches Ausmaß erreicht haben. Auch der als desolat zu bezeichnende Praxiszustand und die damit dokumentierte Einstellung des Klägers hinsichtlich der Einhaltung von Hygiene- und Ordnungsvorschriften sind weder der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen noch den gesetzlich Krankenversicherten zuzumuten. Bei einem derartigen Praxiszustand, wie er bei der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung im April 1996 bestanden hat und durch Lichtbilder dokumentiert worden ist, kann kein Vertragsarzt mehr die ordnungsgemäße und den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung erfüllende Behandlung der Patienten gewährleisten. Vielmehr birgt ein solcher Praxiszustand akute Gefahren für alle dort behandelten Patienten. Die vom Kläger dokumentierte Verordnungspraxis - etwa von medizinisch notwendigen Beruhigungsmedikamenten - zeigt weiter, daß der Kläger die von einem Vertragsarzt geforderte ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht vornehmen wollte und damit die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich beeinträchtigt hat. Denn es gehört zu den primären Pflichten eines Vertragsarztes, den gesetzlich krankenversicherten Patienten all die Leistungen zukommen zu lassen, die zur Behandlung der konkreten Gesundheitsstörung erforderlich sind. Dabei ist der Umfang der Verordnung von Medikamenten allein vom Beschwerdebild des Patienten abhängig zu machen und darf keinesfalls von einem möglicherweise drohenden Arzneimittelregreß bestimmt werden.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Senat keinerlei Bedenken, den Aussagen der (ehemaligen) Arzthelferinnen des Klägers zu folgen. Soweit der Kläger meint, es könne sich bei der Aussage der Zeugin K um eine durch Rachegedanke gefärbte Erklärung handeln, bestehen dafür keinerlei Anhalthaltspunkte. Denn die Zeugin hat erklärt, der Kläger habe ihr mehr oder weniger gekündigt, sie habe aber nach Beratung durch einen Rechtsanwalt nichts dagegen unternommen. Damit wird deutlich, die Zeugin K ... sieht zumindest im Zeitpunkt der Zeugenaussage die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Kläger ein und hat somit keinerlei Veranlassung eine von der Wahrheit abweichende Darstellung vorzunehmen.
Unter Berücksichtigung dieser vom Senat durch die Beweisaufnahme festgestellten Summierung gröblichster Pflichtverletzungen sowie der zur Abrundung des Gesamtbildes mit einbezogenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft Köln steht für den erkennenden Senat fest, daß auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die vom Beklagten getroffene Zulassungsentziehung rechtmäßig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der am 21.01.1940 geborene Kläger ist Arzt für innere Medizin und Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist seit dem 01.10.1980 als Arzt für innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung in K ... zugelassen.
Der Disziplinarausschuss bei der Beigeladenen zu 5) erteilte dem Kläger durch Beschluss vom 15.07.1991 wegen Verletzung seiner vertragsärztlichen Pflichten einen Verweis, da der Kläger einem Versicherten für den 31.05.1990 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 06.07.1990 ausgestellte hatte, ohne den Versicherten am Tage der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit untersucht zu haben.
Die für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung zuständigen Prüfgremien erließen für die Quartale I/1998 bis III/1988, IV/1989 bis III/1990, III/1991 bis I/1992 Arzneimittelregresse und kürzten das Honorar des Klägers in den Quartalen III/1993 bis II/1994 in den Sparten Besuche und Sonderleistungen sowie nochmals im Quartal IV/1994 in der Sparte der Sonderleistungen. Honorarkürzungsbescheide betreffend die Quartale I und II/1997 sind ergangen, aber noch nicht bestandskräftig.
Am 30.06.1997 beantragte der Beigeladene zu 3) dem Kläger gemäß § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung führte der Beigeladene zu 3), der zuvor bereits Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet hatte, aus, der Kläger habe Arzneimittel verordnet, die nicht indiziert bzw. deren Indikation nicht durch eine ärztliche Untersuchung begründet gewesen sei. Ferner habe er in einer Vielzahl von Fällen Versicherte arbeitsunfähig geschrieben, obwohl er den Gesundheitszustand auf der entsprechen den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht begründet habe; die meisten Verlängerungen seien ohne Gespräch mit dem Kläger vorgenommen worden. Es sei auch bei den Versicherten bekannt, dass der Kläger ohne weiteres Krankschreibungen vornehme. Anhaltspunkte dafür bestünden auch deshalb, weil der Kläger bei den Arbeitsunfähigkeitszeiten außerordentliche Überschreitungen gegenüber den Werten seiner Fachgruppe aufweise. Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen habe sich ferner ergeben, dass der Kläger an Sonn- und Feiertagen Leistungen zu Unrecht abgerechnet habe.
Die Beigeladene zu 5) beantragte am 13.10.1996 ebenfalls die Entziehung der Zulassung. Unter Bezugnahme auf das staatsanwaltliche Ermittlungensverfahren führte sie an, der Kläger habe Arzneimittel verordnet, deren Indikation sich nicht aufgrund ärztlicher Untersuchung ergeben habe. Weiterhin habe der Kläger Patienten auf ihren Wunsch hin krankgeschrieben, ohne dass eine entsprechende Indikation vorgelegen habe. Auf Wunsch der Patienten seien diese Krankschreibungen auch ohne ärztliche Untersuchung wiederholt worden. Bei der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei es auch zu weiteren Unregelmäßigkeiten gekommen. So habe der Kläger etwa Datumsänderungen bzw. Rückdatierungen vorgenommen. Die staatsanwaltliche Vernehmung von Patienten habe im übrigen gezeigt, dass der Kläger Leistungen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen abgerechnet habe, obwohl die Patienten von ihm weder untersucht noch behandelt worden seien. Damit ergebe sich eine gröbliche Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten, die eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger für die Vertragspartner nicht mehr zumutbar erscheinen lasse.
Der Zulassungsausschuss der Ärzte Köln hat durch Beschluss vom 19.11.1997 den Anträgen der Beigeladenen zu 3) und 5) entsprochen und dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entzogen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Denn er habe in erheblichem Umfange ärztliche Leistungen abgerechnet, die nicht vollständig erbracht worden seien; ferner ergäben sich bei der Ausstellung und Verlängerung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gravierende Unregelmäßig keiten. Die Ungeeignetheit des Klägers zeige sich auch darin, dass sich die Praxis des Klägers in einem katastrophalen Zustand - vor allem in Hinblick auf die Hygiene - befunden habe, als die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung seiner Praxisräume vorgenommen habe. Letztlich ergebe sich aus den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten, dass der Kläger Patienten ohne ausreichende ärztliche Kontrolle Suchtersatzstoffe verordnet habe.
In seinem Widerspruch führt der Kläger aus: Anlaß zu Bemängelungen am Zustand seiner Praxis habe es lediglich an einem einzigen Tag gegeben, da die Putzfrau ausgefallen sei. Lediglich in einem ein zigen Falle stamme ein verfängliches Rezept über eine nicht plausible Menge Psychopharmaka von ihm, wobei er nicht wisse, auf welche Weise es entstanden sei. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er nur nach ärztlicher Verantwortung erstellt, jedoch seien die Diagnosen zur Arbeitsunfähigkeit "irrtumsgeneigt". Dies treffe insbesondere insoweit zu, als neunzig Prozent seiner Patienten Ausländer seien und dadurch die verbale Kommunikation erschwert sei. Die Aussage einer früheren Auszubildenden könne nicht als Beweismittel herangezogen werden, weil sie auf Betreiben der Schule entlassen worden sei. Als leidenschaftlicher Arzt besuche er seine Patienten bei Bedarf bereitwillig zu Hause und sorge so für eine statistisch erwiesene geringe Quote von Krankenhauseinweisungen. Nach einem Arbeitstag von 12 bis 15 Stunden könne es bei der Eintragung der Hausbesuche schon mal zu Fehlern kommen. Dies treffe ebenfalls hinsichtlich der behaupteten Umdatierungen bzw. Berichtigungen zu. Unzutreffend seien auch die Ausführungen der früheren Auszubildenden über ungerechtfertigte Leistungsaufzeichnungen, unbegründete Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit und Verknüpfung der Bereitschaft zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit der Befolgung einer Überweisung an Frau Dr. R ... Insbesondere stelle er "deutlich in Abrede", Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen blanko unterschrieben zu haben, ohne den Patienten selbst gesehen und untersucht zu haben. Völlig unzutreffend sei der Vorwurf, sich bei einem Gespräch in der Bezirksstelle Köln der Beigeladenen zu 5) uneinsichtig gezeigt zu haben. Er habe lediglich die Aufforderung zurückgewiesen, seine Zulassung freiwillig zurückzugeben. Dies komme auch jetzt nicht in Betracht, da ein hohes Maß an ärztlicher Verantwortung bei ihm bestehe, was dazugeführt habe, dass er bei vielen Patienten schwerwiegende Erkrankungen aufgedeckt sowie sie einer Behandlung und Heilung zugeführt habe. Dies zeige sich auch darin, dass er während der gesamten Zeit seines ärztlichen Wirkens keinen einzigen entschädigungspflichtigen Haftpflichtfall verursacht habe. Vielmehr ergebe sich aus zahlreichen Schreiben ärztlicher Kollegen, dass er mit den übrigen Kollegen immer gut zusammen gearbeitet habe.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Beschluss vom 02.12.1998 zurück. Der Beklagte gelangte - wie schon der Zulassungsausschuss für Ärzte K ... - zu dem Ergebnis, dass der Kläger wiederholt und über einen längeren Zeitraum seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und sich zudem durch sein Verhalten als ungeeignet für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erwiesen habe. Denn aufgrund der mündlichen Verhandlung sowie des Inhaltes der beigezogenen Ermittlungsakten stehe fest, dass der Kläger seine Praxisräume in einen Zustand gebracht und belassen habe, der einer ordnungsgemäße ärztliche Behandlung nicht zuließ und der Kläger in einer Vielzahl von Fällen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt und/oder verlängert habe, ohne die hierzu erforderlichen Befunde erhoben zu haben, ja sogar allein auf den Wunsch des Patienten hin. Der Kläger habe ferner Leistungen abgerechnet, die er entweder überhaupt nicht oder nicht in der abgerechneten Form erbracht habe. In einer Vielzahl von Fällen habe er auch Überweisungen an eine ihm persönlich verbundene Hautärztin vorgenommen, und zwar auch dann, wenn hierfür keine medizinische Indikation gegeben war. Bei Suchtkranken seien Verschreibungen auf Privatrezept vorgenommen und suchterhaltende Mittel in größerer Menge verschrieben worden, ohne die Patienten entsprechend untersucht zu haben. Gleichzeitig ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an, weil dies im öffentlichen Interesse liege. Es sei zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich, da zu befürchten sei, dass vom Kläger eine gesundheitliche Gefährdung der Patienten aus gehe, wenn er Verschreibungen vornehme und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle, ohne die Patienten zuvor untersucht zu haben. Eine weitere Gefahr für die Patienten sei darin zu sehen, dass der Kläger an Drogensüchtige suchterhaltende Mittel in größeren Menge verordne und auch auf diese Weise lebensbedrohliche Zustände heraufbeschwöre.
Mit seiner Klage hat er sein Vorbringen hinsichtlich des Praxiszustandes wiederholt und auch erneut darauf hingewiesen, dass die Zeugenaussagen zur Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ungeeignet seien. Weiterhin hat er ausgeführt, er wolle ein Maximum an diagnostischer Sicherheit zu Gunsten seiner Patienten, aber auch um sich vor Regressansprüchen zu schützen, erreichen. Deshalb habe er etwa zahlreiche Patienten an Frau Dr. R ... überwiesen. Es sei keinesfalls so, dass er sie als seine Lebensgefährtin begünstigen wolle, vielmehr sei er der festen Überzeugung, sie sei auf ihrem Fachgebiet besonders qualifiziert. Die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes hinsichtlich des Ausstellens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liege in erster Linie daran, dass er auch einen überdurchschnittlich hohen Anteilan erwerbstätigen Patienten habe. Die Verordnung von Drogenersatzstoffen nehme er nicht mehr vor, da er Patienten mit Abhängigkeitsverdacht an andere Fachärzte überweise.
Der Kläger hat beantragt,
den Beschluss der Beklagten vom 02.12.1998 - einschließlich der Anordnung des Sofortvollzuges - aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen halten den angefochtenen Beschluss für rechtmäßig.
Mit Urteil vom 17.02.1999 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger zu Recht die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entzogen, da er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG den Antrag auf Aufhebung des Sofortvollzuges abgewiesen, da es davon ausgehe, dass in dem Verhalten des Klägers auch weiterhin ein hohes Gefährdungspotenzial stecke. Die Beschwerde war erfolglos (Beschluss des er kennenden Senates vom 30.06.1999 - L 11 B 20/99 KA).
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus: Das SG hat gegen den Grundsatz der Untersuchungsmaxime nach § 103 SGG verstoßen und zugleich die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) verletzt. Denn das SG hätte die Feststellungen im Bescheid des Beklagten nicht ohne weiteres übernehmen dürfen, sondern hätte selbst die Zeugen hören müssen. Die Verwertbarkeit der Zeugenaussagen ist umsomehr eingeschränkt, als sie mittelbare Wertungen des vernehmenden Ermittlungsbeamten und des Zeugen selbst über medizinische Vorgänge enthielten, die zu einer wesentlich kritischeren Prüfung hätten Anlass geben müssen. Im übrigen ist vom SG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch mißachtet worden. Unter Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften ist das dem Kläger vorwerfbare Verhalten allein auf den am 02.04.1996 vorgefundenen Zustand der Praxis sich reduziert. Ein geringeres Mittel als die Entziehung der Zulassung würde ausreichen , um den Kläger zu einem künftigen ordnungsmäßen Verhalten zu veranlassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.1999 abzuändern und den Bescheid des Beklagen vom 02.12.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten schließen sich dem Antrag des Beklagtenan.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F ... C ...-D ..., M ... K ..., B ... T ..., E ... D ...und H-H P. Hinsichtlich der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 15.03. und 21.06.2000 Bezug genommen.
Die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Köln - S 19 KA 43/98 ER -, die Akten der Staatsanwaltschaft Köln - 112 Js 920/96 sowie 690 UJs 1537/99 -, die Frequenz- und Abrechnungstabellen des Klägers von 1994 bis 1998, Auszüge aus der Patientenkartei des Klägers, Originalabrechnungsscheine des Klägers hinsichtlich bei der Beigeladenen zu 1) versicherter Patienten, die Akte des Gesundheitsamtes der Stadt Köln - 513/1-Vo - sowie zahlreiche vom Kläger übersandte Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig, denn dem Kläger war gemäß § 95 Abs. 6 SGB V aufgrund gröblicher Pflichtverletzungen die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen.
Eine gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V liegt vor, wenn durch sie das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen insbesondere in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Arzt so gestört ist, daß diesem eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arzt nicht zugemutet werden kann (BSGE 66, 6, 8; BVerfGE 69, 233, 234). Dieser Arzt ist dann zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht (mehr) geeignet; denn die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung, an dem der Arzt durch seine Zulassung teilnimmt, hängt in dem hier zu betrachtenden Teil der vertragsärztlichen Versorgung entscheidend mit davon ab, daß die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung und auf die peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vertrauen können. Dieses Vertrauen ist deshalb von so entscheidender Bedeutung, weil ordnungsgemäße Leistungserbringung und peinlich genaue Abrechnung lediglich in einem beschränkten Umfang der Überprüfung durch diejenigen zugänglich sind, die die Gewähr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu tragen haben, nämlich die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen. Insbesondere die Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung gehört daher zu den Grundpflichten des Arztes (BSGE 43, 250, 255; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4). Der Arzt verstößt hiergegen, wenn er Leistungen abrechnet, die er entweder nicht oder nicht vollständig oder - sofern sie sein Tätigwerden voraussetzen - nicht selbst erbracht hat. Der Verstoß gegen die Pflicht der ordnungsgemäßen Leistungserbringung und/oder peinlich genauen Abrechnung erweist sich in der Regel als gröbliche Pflichtverletzung, die zur Entziehung der Zulassung führt. Andererseits ist aber zu beachten, daß die Entziehung schwerwiegend in das Grundrecht der Berufsfreiheit des betroffenen Arztes aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. Die Zulassungsentziehung darf deshalb unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur ausgesprochen werden, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung ist (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4).
In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze steht fest, daß der Beklagte und das Sozialgericht zu Recht eine gröbliche Verletzung der kassen- bzw. vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger an genommen haben. Auch nach den Feststellungen des Senats ist das Vertrauensverhältnis zu den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung derzeit derart grundlegend gestört, daß durch eine weitere Zulassung des Klägers die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet wäre.
Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß in erheblichem Umfange die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen - zumindest soweit es sich um die Verlängerung von Arbeitsunfähigkeit handelte - vom Kläger in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen vorgenommen worden ist, ohne den Patienten gesehen und untersucht zu haben. Dies ergibt sich beispielhaft aus den Aussagen der Zeuginnen M ... K ... und F ... C ..., die in der Praxis des Klägers als Arzthelferin nen bzw. Auszubildende beschäftigt waren. Die Zeugin M ... K ... hat ausdrücklich bestätigt, daß ein Patient, der zu ihr kam und den Wunsch äußerte, auch für die Folgezeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten diese bekam, ohne vom Kläger gesehen oder untersucht worden zu sein. Denn sie sei in diesen Fällen - ohne daß der Patient beim Kläger war oder irgendwie Kontakt zu ihm hatte - mit der Karteikarte zum Kläger gegangen, der dann die Arbeitsunfähigkeit verlängert habe. Dies ist auch von der Zeugin F ... C ... ausgesagt worden. Nachdem ihr ihre Aussage vor der Polizei vorgehalten worden war, hat sie erklärt, wenn es um die Ausstellung der sogenannten Auszahlungsscheine ging, ist es auch vorgekommen, daß diese Auszahlungsscheine ausgestellt wurden, ohne daß ein Patient Kontakt zum Kläger hatte. Soweit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt worden sind, glaube sie nicht, daß dies erfolgte, ohne daß die Patienten beim Kläger waren; wenn ihr jedoch ihre Aussage vor der Polizei vorgehalten wird, so werde es wohl stimmen.
Eine weitere gröbliche Pflichtverletzung sieht der Senat darin, daß der Kläger die Ausstellung weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen davon abhängig gemacht hat, daß die Patienten zuvor bei der Hautärztin Dr. R waren. Denn die Zeuginnen M ... K ... und F ... C ... haben übereinstimmend ausgesagt, daß bereits vom Kläger unterschriebene Krankmeldungen erst dann an den Patienten ausgehändigt werden durften, wenn dieser zuvor die Hautärztin Dr. R ... aufgesucht habe. Es sei leicht gewesen, dies zu kontrollieren. Denn die Patienten bekamen einen Adreßzettel vom Kläger mitgegeben, den sie dann mit dem Praxisstempel und der Unterschrift von Frau Dr. R ... oder einer Helferin vorzulegen hatten.
Als gröbliche Pflichtverletzung steht ferner fest, daß die Praxis des Klägers - insbesondere hinsichtlich des hygienischen Zustandes - sich über längere Zeit in einem desolaten Zustand befunden hat. Dies ergibt sich einerseits aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Köln, in denen durch umfangreiche Lichtbilder der Zustand der Praxis bei der Durchsuchung im April 1996 dokumentiert ist. Diese Lichtbilder zeigen einen Praxiszustand, der entgegen der vom Kläger geäußerten Meinung nicht darauf zurückzuführen ist, daß für einen Tag oder eine kürzere Zeit die Putzfrau ausgefallen ist. Vielmehr wird aufgrund des Praxiszustandes deutlich, daß über einen sehr langen Zeitraum hin die für eine Vertragspraxis erforderliche Säuberung der Praxisräume und -gegenstände nicht oder zu mindest völlig unzulänglich durchgeführt worden ist. Der Senat stützt sich hinsichtlich dieser Feststellung jedoch auch auf die Aussagen der Zeuginnen M ... K ..., F ... C ... und D ..., die übereinstimmend den Zustand der Arztpraxis des Klägers als unordentlich und unsauber beschrieben haben. Ferner hat die Vernehmung der Zeuginnen M ... K ... und F ... C ... ergeben, daß während ihrer Beschäftigungszeit keine Putzfrau mit der Reinigung der Praxisräume beauftragt worden sei, sondern der Kläger dies selber gemacht haben will.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung steht fest, daß der Kläger medizinisch notwendige Beruhigungsmedikamente an gesetzlich Krankenversicherte nur auf Privatrezept verordnet hat. Dies ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen P ... sowie der Erklärung des Klägers, der ausgeführt hat, er habe nur die notwendigsten Verordnungen auf Kassenrezept vorgenommen, nicht lebensnotwendige Verordnungen jedoch nur auf Privatrezept, da allen Ärzten ein existenzvernichtender Arzneimittelregreß gedroht habe.
Diese vom Senat exemplarisch ermittelten Pflichtverletzungen rechtfertigen die vom Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Denn sie machen deutlich, daß die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen nicht mehr darauf vertrauen können, der Kläger werde eine ordnungsgemäße Leistungserbringung und peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vornehmen. Auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz sowie unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit ist die Zulassungsentziehung das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung. Das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit, das durch die Aussagen der Versicherten vor der Polizei beschrieben und durch die vom Senat gehörten Zeugen bestätigt worden ist, macht deutlich, daß der Kläger entgegen seiner Verpflichtung als Vertragsarzt, die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen besteht, nicht auf die selbst getroffenen Feststellungen durch Untersuchung des Patienten in erster Linie abstellt, sondern sich bei der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Vorstellungen und Begehrlichkeiten seiner Patienten leiten läßt. Dies ist mit den Pflichten eines Vertragsarztes in keinster Weise zu vereinbaren. Durch ein solches Verhalten fügt der Kläger den Krankenkassen und/oder Arbeitgebern ganz erhebliche Schäden zu, denn aufgrund der ohne Untersuchung ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen müssen Krankengeld oder Entgeltfortahlung geleistet werden. Aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft ist zu entnehmen, daß die Schäden bei den Krankenkassen und Arbeitgebern ein ganz erhebliches Ausmaß erreicht haben. Auch der als desolat zu bezeichnende Praxiszustand und die damit dokumentierte Einstellung des Klägers hinsichtlich der Einhaltung von Hygiene- und Ordnungsvorschriften sind weder der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen noch den gesetzlich Krankenversicherten zuzumuten. Bei einem derartigen Praxiszustand, wie er bei der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung im April 1996 bestanden hat und durch Lichtbilder dokumentiert worden ist, kann kein Vertragsarzt mehr die ordnungsgemäße und den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung erfüllende Behandlung der Patienten gewährleisten. Vielmehr birgt ein solcher Praxiszustand akute Gefahren für alle dort behandelten Patienten. Die vom Kläger dokumentierte Verordnungspraxis - etwa von medizinisch notwendigen Beruhigungsmedikamenten - zeigt weiter, daß der Kläger die von einem Vertragsarzt geforderte ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht vornehmen wollte und damit die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich beeinträchtigt hat. Denn es gehört zu den primären Pflichten eines Vertragsarztes, den gesetzlich krankenversicherten Patienten all die Leistungen zukommen zu lassen, die zur Behandlung der konkreten Gesundheitsstörung erforderlich sind. Dabei ist der Umfang der Verordnung von Medikamenten allein vom Beschwerdebild des Patienten abhängig zu machen und darf keinesfalls von einem möglicherweise drohenden Arzneimittelregreß bestimmt werden.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Senat keinerlei Bedenken, den Aussagen der (ehemaligen) Arzthelferinnen des Klägers zu folgen. Soweit der Kläger meint, es könne sich bei der Aussage der Zeugin K um eine durch Rachegedanke gefärbte Erklärung handeln, bestehen dafür keinerlei Anhalthaltspunkte. Denn die Zeugin hat erklärt, der Kläger habe ihr mehr oder weniger gekündigt, sie habe aber nach Beratung durch einen Rechtsanwalt nichts dagegen unternommen. Damit wird deutlich, die Zeugin K ... sieht zumindest im Zeitpunkt der Zeugenaussage die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Kläger ein und hat somit keinerlei Veranlassung eine von der Wahrheit abweichende Darstellung vorzunehmen.
Unter Berücksichtigung dieser vom Senat durch die Beweisaufnahme festgestellten Summierung gröblichster Pflichtverletzungen sowie der zur Abrundung des Gesamtbildes mit einbezogenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft Köln steht für den erkennenden Senat fest, daß auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die vom Beklagten getroffene Zulassungsentziehung rechtmäßig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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