Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 168/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 311/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Mai 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Klägerin, die ein Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, zu Recht mit ihren gewerblichen, nicht ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen tätigen Arbeitnehmern der Gefahrtarifstelle 24 zuordnen durfte oder ob diesbezüglich eine Differenzierung je nach der von den überlassenen Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen ist.
Mit Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995 nahm die Beklagte eine Neuzuordnung zu dem ab 01.01.1995 geltenden Gefahrtarif vor. Dabei rechnete sie die Klägerin als "besonderes Unternehmen" mit den kaufmännisch und verwaltend tätigen Mitarbeitern der Gefahrtarifstelle 23 und damit der Gefahrklasse 1,60,und mit den Beschäftigten, welche in gewerblichen Betrieben Tätigkeiten verrichteten und nicht die Voraussetzung der Gefahrtarifstelle 23 erfüllten, der Gefahrtarifstelle 24 zu. Dies hatte zur Folge, daß für letztere ab 01.01.1995 die Gefahrklasse 12,80, ab 01.01.1996 die Gefahrklasse 15,80 und ab 01.01.1997 die Gefahrklasse 18,80 galt. Mit Beitragsbescheid vom 26.04.1996 forderte die Beklagte für das Jahr 1995 Beiträge in Höhe von insgesamt 1.467.040,91 DM, fällig zum 15.05.1996, ein, wobei sie die gewerblich überlassenen Arbeitnehmer der Gefahrklasse 12,80 zuordnete. Sowohl gegen den Veranlagungsbescheid als auch gegen den Beitragsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch und brachte vor, es müsse eine Differenzierung nach einzelnen Gewerbearten und nach der dort herrschenden Unfallgefahr vorgenommen werden. Eine pauschale Zuordnung nach nur zwei Gefahrtarifstellen sei in ihrem Fall zu wenig. Schließlich übten die von ihr an andere Unternehmen verliehenen Arbeitnehmer die verschiedensten Tätigkeiten aus, vom Lageristen bis zum Hochbaueinschaler, woraus die unterschiedliche Gefährdung ersichtlich werde. Hilfsweise beantragte sie, ihr einen Nachlaß nach § 725 Abs.2 Reichsversicherungsordnung - RVO - zu gewähren. Am 25.04.1997 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid für das Jahr 1996, wobei sie wiederum die gewerblich überlassenen Arbeitnehmer der Tarifstelle 24 und der ab diesem Zeitpunkt geltenden Gefahrklasse 15,80 zuordnete. Auf den Widerspruch nahm die Beklagte insofern eine Abänderung der Bescheide vom 27.10.1995, 26.04.1996 und 25.04.1997 vor, als sie mit neuem Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 der Klägerin hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer, welche der Tarifstelle 24 zugeordnet waren, einen Nachlaß von 20 % einräumte. Auf dieser Basis erließ sie am 14.07.1997 neue Beitragsbescheide für die Jahre 1995 und 1996. Es ergab sich insoweit zugunsten der Klägerin für 1995 eine Differenz von 265.704,23 DM und für das Jahr 1996 eine Differenz von 289.874,17 DM, insgesamt 555.578,40 DM. Gegen die vorgenannten Bescheide vom 14.07.1997 legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein. Sie verlangte erneut eine differenzierendere Veranlagung ihrer gewerblichen Arbeitnehmer und beanstandete die 20 %ige Herabsetzung der Beiträge, weil dies zu einer Vermischung von Gefahrklasse und Gefahrtarifstelle führe.
Bereits am 21.05.1997 hat die Klägerin Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben, weil über ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.10.1995 ohne zureichende Gründe nicht entschieden worden sei. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte am 10.10.1997 über die Widersprüche der Klägerin gegen den Veranlagungsbescheid vom 27.10.1996 und den Beitragsbescheid 1995 vom 26.04.1996 entschieden und den Widerspruch zurückgewiesen. Im einzelnen hat sie angeführt, sie sei für die gesamte Branche der Zeitarbeit zuständig. Daß die Klägerin bundesweit tätig sei, sei ohne Bedeutung, da auch sie für das gesamte Bundesgebiet zuständig sei. Die Höhe der Beiträge richte sich nach dem Arbeitsentgelt der Versicherten und der Unfallgefahr im Unternehmen. Die Aufstellung eines Gefahrtarifs sei autonomes Recht der Unfallversicherungsträger. Es komme nicht darauf an, welche Tätigkeiten die Versicherten im einzelnen verrichteten; entscheidend sei vielmehr die Struktur des Unternehmens, in dem die Arbeitnehmer beschäftigt würden. Gerade weil die sich aus den verschiedenen Tätigkeiten dieser Unternehmen ergebende Unfallgefahr so vielfältig sei und dabei die unterschiedlichsten Kombinationen möglich seien, sei sie im Rahmen ihrer breiten Gestaltungsmöglichkeit berechtigt, diesem Gewerbezweig der Arbeitnehmerüberlassung eine besondere Gefahrtarifstelle zuzuordnen. Sie sei aber grundsätzlich nicht verpflichtet, abgrenzbare Unternehmensteile in gesonderten Gefahrtarifstellen zu veranlagen. Noch viel weniger sei sie gehalten, nach der Tätigkeit der einzelnen Versicherten zu differenzieren. Die Klägerin hat im wesentlichen ihr Vorbringen wiederholt und sich auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSG - vom 31.03.1981 (2 RU 101/79) und vom 12.12.1985 (2 RU 40/85 und 2 RU 49/84) berufen. Auf die Bitte des Gerichts, eine Aufstellung aller von der Klägerin zum Verleih angebotenen Berufstätigkeiten vorzulegen, hat die Klägerin eine Liste vorgelegt, in der über 30 verschiedene Berufe, vom Mechanikermeister über Koch, Lagerist, Helfer und Stapelfahrer aus ihren zehn Niederlassungen aufgezählt sind. Ferner hat sie der ihr von der Beklagten aufgegebenen Beitragslast eine solche gegenübergestellt, die andere Berufsgenossenschaften berechnet hätten, wenn die entliehenen Arbeitnehmer bei den Berufsgenossenschaften der Entleihfirmen versichert worden wären. Danach seien die Beiträge der Beklagten um 65 % höher. Darüber hinaus hat die Klägerin gerügt, die Ermittlung der einzelnen Gefahrklassen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung sei von der Beklagten fehlerhaft vorgenommen worden.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht im schriftlichen Verfahren entschieden und mit Urteil vom 28.05.1998 die Klage auf Aufhebung der angefochtenen Veranlagungs- und Beitragsbescheide abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 04.03.1982 (1 BvR 34/82) stelle es keine Verletzung des Art.3 Abs.1 Grundgesetz - GG - dar, wenn durch eine Typisierung den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung getragen werde, indem Gewerbezweigtarifstellen gebildet würden. Das Ziel einer individuellen Beitragsgerechtigkeit sei durch Untergliederung der Gefahrklassen nur begrenzt erreichbar. Dabei auftretende Härten in Einzelfällen seien bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen. Ob es darüber hinaus eine sozialpolitisch befriedigendere Lösung gäbe, sei hier nicht von Bedeutung. Insoweit handele die Beklagte im Rahmen der ihr eingeräumten Satzungsautonomie.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt: es sei von der Beklagten nicht bestritten worden, daß sie Arbeitnehmer aus 30 verschiedenen Berufsgruppen beschäftige und zum Verleih anbiete. Insgesamt seien bei ihr zum 27.04.1996 797 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Allein diese große Zahl mache deutlich, daß auch unter Wahrung des Rechts auf Typisierung eine wesentlich differenziertere Zuordnung zu Gefahrklassen möglich sei. Da die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung zudem ständig steige, sei es möglich, sogenannte Risikogruppen zu bilden und weit mehr als eine Tarifstelle und damit mehr als eine Gefahrklasse zu bilden. Wenn das Sozialgericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen habe, so habe es übersehen, daß darin ein anderer Fall zur Entscheidung angestanden habe. Darüber hinaus werde weiterhin bestritten, daß die Berechnung der Gefahrklassen von der Beklagten ordnungsgemäß vorgenommen worden sei. Insoweit sei auch die Entscheidung des BSG vom 18.10.1994 (2 RU 6/94) sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Koblenz vom 02.07.1998 (S 2 U 42/96) von Bedeutung. Das Sozialgericht Koblenz habe darin klar zum Ausdruck gebracht, in Ansehung der Gefahrtarifstelle 24 habe die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen überschritten; denn sie habe bei der Vielfalt der Tätigkeiten nicht nur eine Tarifstelle für gewerbliche Arbeitnehmer bilden dürfen. Auch die Berechnungsgrundlagen für den Gefahrtarif 1995 seien von der Beklagten falsch ermittelt worden.
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 zu verurteilen, den Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, den Beitragsbescheid 1995 vom 26.04.1996, den Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 sowie die Beitragsbescheide für 1995 und 1996 jeweils vom 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 zurückzuweisen,
da das angefochtene Urteil der Rechtslage entspreche. Würde man den Gedanken einer Differenzierung nach Tätigkeiten (Tätigkeitentarif) für den ganzen Gefahrtarif fortführen, bestünde auch für andere Unternehmensarten, wie z.B. Banken, Bewachungsunternehmen, Tierparks etc., das Erfordernis einer Differenzierung nach verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Auch in Banken oder Versicherungen würden Mitarbeiter als Elektriker, Hausmeister oder Kantinenpersonal beschäftigt. Eine solche Differenzierung nach Tätigkeiten würde die Aufgabe des Gewerbezweigtarifs bedeuten. Gerade der Gewerbezweigtarif habe aber eine Zusammenfassung von Unternehmen mit vergleichbaren Unfallgefährdungsgraden ermöglicht und damit zu einer Beitragsgerechtigkeit geführt. Diesem Prinzip hätten sich alle gewerblichen Berufsgenossenschaften angeschlossen. Die Berechnung der Gefahrklassen sei zutreffend nach der Gefahrengemeinschaft (Gefahrtarifstelle) für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum (Beobachtungszeitraum) bei Gegenüberstellung der von der Beklagten gezahlten Leistungen gegenüber den Arbeitsentgelten vorgenommen worden.
Im übrigen wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Akte der Beklagten (Kundennummer 850027108-7) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Streitgegenstand sind der Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, der Beitragsbescheid vom 26.04.1996, der Veranlagungsbescheid und die Beitragsbescheide für 1995 und 1996 jeweils vom 14.07.1997; letztere sind gemäß § 96 SGG bereits Gegenstand des seit 21.05.1997 beim Sozialgericht Augsburg anhängigen Klageverfahrens geworden. Die Bescheide vom 14.07.1997 ändern den ursprünglichen Veranlagungsbescheid und den Beitragsbescheid für 1995 insoweit ab, als bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer ein Beitragsnachlaß von 20 % gewährt wurde. Der Senat hat die Fortsetzung der Untätigkeitsklage als Anfechtungsklage für sachdienlich erachtet (Meyer-Ladewig, SGG, 6.Auflage, § 88 Anm.10,12).
Mit dem Sozialgericht und entgegen der Auffassung der Klägerin geht der Senat davon aus, daß die hier streitgegenständliche Veranlagung des gewerblichen Arbeitnehmeranteils zur Gefahrstelle 24 des Gefahrtarifvertrags vom 01.01.1995 rechtmäßig ist. Maßgeblich für die hier zutreffende Entscheidung sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung -RVO - gemäß § 725 Abs.1, 730, 734 Abs.1 RVO gemäß §§ 212,219 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VII -. Nach § 725 Abs.1 RVO richtet sich die Höhe der Beiträge im wesentlichen nach dem Entgelt der Versicherten in den Unternehmen und nach dem Grade der Unfallgefahr in den Unternehmen. Zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr hat die Vertreterversammlung durch einen Gefahrtarif Gefahrklassen zu bilden (§ 730 RVO). Zuständig für die Aufstellung des Gefahrtarifs ist die Vertreterversammlung, die in autonomer Rechtssetzung handelt, so daß Gerichte zwar die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs im Rahmen eines Veranlagungsstreitverfahrens prüfen können; Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen sind jedoch nicht anzustellen (BSG vom 18.10.1994;2 RU 6/94). Die Bildung der Gefahrklasse erfolgt durch Gegenüberstellung der im Beobachtungszeitraum (§ 731 RVO) erbrachten Aufwendungen mit den für denselben Zeitraum nachgewiesenen anrechnungsfähigen Arbeitsentgelten innerhalb der einzelnen Unternehmenszweige. D.h. um die Beiträge nach Gefahrklassen abzustufen, ist die Risikogemeinschaft "Berufsgenossenschaft" in kleinere Risikogemeinschaften (Tarifstelle, Gefahrengemeinschaft) zu gliedern. Gefahrklassen zeigen - gemessen in Geldwert - den durchschnittlichen Grad der Unfallgefahr jeder Tarifstelle. Je höher das Unfallrisiko, desto höher die Gefahrklasse und damit der Beitrag. In den Gefahrengemeinschaften (Tarifstellen) sind jeweils Gewerbezweige mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammengefaßt. Die Gefahrklasse erfaßt dabei nicht das Risiko des einzelnen Unternehmens, sondern das Risiko aller in einer bestimmten Gefahrtarifstelle zusammengefaßten Unternehmen. Dies entspricht dem Prinzip der Risikogemeinschaft oder der solidarischen Haftung. Würde die Gefahrklasse für ein Einzelunternehmen errechnet, müßte jeder Unternehmer im wesentlichen seine eigenen Lasten tragen. Der Grad der Unfallgefahr (Gefahrklasse) wird nicht abstrakt bestimmt, sondern laufend angepaßt. Der Gefahrtarif trägt zwar dem Versicherungsgedanken (Berücksichtigung der verschiedenen Risiken der Gewerbezweige) Rechnung, bleibt aber eine kollektivrechtliche Regelung (Bereiter-Hahn § 157 SGB VII Anm.4). Bei der Tarifstellenbildung haben die Unfallversicherungsträger ein Recht zur Pauschalierung und Typisierung, um hinreichend große Tarifstellen zu schaffen und eine Zersplitterung der Gefahrtarife zu vermeiden. Tarifstellen sollen möglichst nicht zu klein sein, um einen hinreichenden Risikoausgleich zu sichern. Bei zu kleinen Tarifstellen können sich unerwünschte Zufallsschwankungen durch einige wenige Unfälle ergeben. Eine zu große Aufspaltung der Gefahrklassen läßt sich nicht mit dem Versicherungsprinzip, dem Verlagern der Risiken auf breite Schultern, vereinbaren. Der Unfallversicherungsträger ist aber nicht verpflichtet, z.B. abgrenzbare Unternehmensteile in gesonderten Gefahrtarifstellen zu veranlagen. Die Zusammenfassung verschiedener Risikogruppen muß jedoch sachgerecht sein, ein grobes Mißverhältnis in den Belastungswerten vermeiden sowie zuverlässig nachprüfbar sein (Bereiter-Hahn, a.a.O). Diesen Anforderungen wird die Beklagte gerecht, wenn sie eine Unterteilung in zwei Gefahrtarifstellen, nämlich in die Nr.23 für Beschäftigte in ausschließlich kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen und in die Tarifstelle 24 für Beschäftigte, die die vorgenannten Voraussetzungen der Nr.23 nicht erfüllen, vornimmt. Eine darüberhinausgehende Differenzierung ist nicht geboten.
Bezeichnend ist, daß die Klägerin selbst nie einen Vorschlag unterbreitet hat, wie viele Gefahrstellen für die jetzt in der Tarifstelle 24 erfaßten Arbeitnehmer geschaffen werden sollen und nach welchen Kriterien eine Unterteilung vorgenommen werden soll. Keinesfalls kann es so sein, daß 30 verschiedene Tarifstellen geschaffen werden müßten, weil die Klägerin selbst in 30 verschiedenen Berufszweigen Arbeitnehmer zum Verleih anbietet. Ohne daß der Senat dies im einzelnen nachgeprüft hätte, ist unschwer davon auszugehen, daß andere Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen möglicherweise eine andere Berufspalette oder noch mehr Vielfalt anbieten. Wie auch die von der Klägerin vorgelegten Übersichten über ihre Beschäftigten zeigen, werden die einzelnen Arbeitnehmer zum Teil nur kurzfristig in Fremdbetrieben eingesetzt, wobei es mehr oder weniger dem Zufall überlassen bleibt, bei welcher Berufsgenossenschaft die Entleiherfirma Mitglied ist. Gerade der kurzfristige Verleih von Arbeitnehmern macht es möglich, in einem Betrieb, wie z.B. einer Bank, welche in der Regel keine Bauhandwerker beschäftigt, zur Erledigung von Umbauarbeiten kurzfristig Maurer, Installateure, Elektriker u.ä. einzusetzen. Im übrigen zeigt die verschiedene Einsatzart des einzelnen Arbeitnehmers auch die unterschiedliche Gefährdung. So ist gut vorstellbar, daß ein Bauhandwerker in einer Bank, wie im vorgenannten Beispiel, einer anderen Gefahr ausgesetzt ist als ein solcher, der im Hochbau oder Tunnelbau Verwendung findet. Die Klägerin hat in keiner Weise vorgetragen, daß sie einen Einfluß auf die Gefährdungslage nimmt, so daß es mehr oder weniger dem Zufall überlassen bleibt, wie stark oder wie wenig sich die Unfallgefahr für den einzelnen Beschäftigten auswirkt.
Es wäre zwar grundsätzlich denkbar, hinsichtlich der jetzt der Gefahrtarifstelle 24 zugeordneten Beschäftigten nach typischen Berufszweigen, wie etwa Beschäftigte im Gesundheitsdienst, Beschäftigte im Bauhandwerk, Beschäftigte in der Metallverarbeitung u.ä. zu differenzieren. Gleichwohl würde man durch eine solche Differenzierung der unterschiedlichen Unfallgefahr nicht gerecht werden. Gerade dies ist aber der Maßstab für die Bildung von Tarifstellen und Gefahrklassen. Es mag sein, daß sich in der Zukunft Spezialarbeitnehmerüberlassungsunternehmen herausbilden werden, die nur für bestimmte Gewerbezweige Arbeitnehmer anbieten. Dann könnte die Notwendigkeit geboten sein, eine differenzierendere Gefahrtarifstellenbildung vorzunehmen. Im gegenwärtigen Stadium sieht der Senat jedoch hierzu keine Veranlassung.
Bezeichnenderweise hat auch das Sozialgericht Koblenz in seiner Entscheidung vom 02.07.1998 weder ausgesprochen noch angedeutet, in welcher Art es sich eine Gefahrtarifstellendifferenzierung vorstellt. Es hat vielmehr hervorgehoben, so unterschiedlich, wie die möglichen Tätigkeiten - insbesondere im gewerblichen Bereich - seien, so unterschiedlich seien auch die denkbaren Unfallgefahren, die die einzelnen Tätigkeiten mit sich brächten. Es folgert aber dann, gerade deshalb, weil die gewerblich tätigen Versicherten der Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen nur wenig vergleichbare, dafür aber viele, sehr unterschiedliche Gefährdungsgrade aufwiesen, sei die Zusammenfassung in nur einer Gefahrtarifstelle rechtswidrig bzw. "rechtlich nicht akzeptabel". Dabei übersieht das Sozialgericht, daß gerade die Arbeitnehmerüberlassung die einzelnen Beschäftigten äußerst unterschiedlichen Gefährdungen aussetzt, was dazu berechtigt, eine Risikogemeinschaft der so Gefährdeten zu bilden. Der Senat vertritt daher die Auffassung, daß die Beklagte in der Schaffung zweier Gefahrtarifstellen, nämlich der Nrn.23 und 24 den gesetzlichen Erfordernissen genüge getan hat und sich im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens gehalten hat. Er vermag der Auffassung des Sozialgerichts Koblenz nicht beizutreten, zumal dieses nicht darlegt, gegen welches höherrangiges Recht die Satzung der Beklagten verstoße.
Auch der weitere von der Klägerin angeführte Grund, die Berechnung der Belastungsziffer hinsichtlich der Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif 1995 sei fehlerhaft, hat nicht die Rechtsfolge, daß der Tarifvertrag insoweit nichtig wäre. Wenn das Sozialgericht Koblenz insoweit meint, die Beklagte habe nach ihren Angaben den Gefahrtarifstellen 23 und 24 Daten aus dem Beobachtungszeitraum 1989 bis 1993 zugrunde gelegt, welcher nicht geeignet sei, eine Gegenüberstellung zur Unfallast zuzulassen, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Sozialgericht führt an, der Gefahrtarif 1984, welcher für das Jahr 1989 gegolten hat und der Gefahrtarif 1990, welcher ab 01.01.1990 gegolten hat, habe an andere Zuordnungsmerkmale angeknüpft, nämlich zum einen daran, ob der einzelne Versicherte als Angestellter bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder als Arbeiter bei einer der Landesversicherungsanstalten rentenversicherungspflichtig war bzw. ob der einzelne Beschäftigte in den "büromäßigen Bereich" eingegliedert war oder nicht. Es ist richtig, daß der jetzige Anknüpfungspunkt insoweit genauer ist und in der Tarifstelle 23 Beschäftigte erfaßt, die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und dort ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeit verrichten. Nicht richtig ist jedoch der Schluß, den das Sozialgericht zieht, die Unfallmeldung nach den für den Gefahrtarif 1984 bzw. 1990 geltenden Kriterien habe zu einer falschen Lohnsummengegenüberstellung und damit zu einer überhöhten Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 24 des Gefahrtarifs von 1995 geführt. Das Sozialgericht meint, die Beklagte habe die Belastungsziffern falsch ermittelt, weil sie der Gefahrtarifstelle 23 Unfälle und Lohnsummen zugeordnet habe, die der Gefahrtarifstelle 24 hätten zugeordnet werden müssen. Das habe zu der falschen Berechnung der Gefahrklassen geführt. Wenn nun aber dem "Büroteil" der Tarifstelle 23 mehr Unfälle zugeordnet worden sind, dann kann dies allenfalls zu einer Überhöhung der dortigen Gefahrklasse geführt haben; zwangsläufig muß sich dann sogar die Gefahrklasse für die Tarifstelle 24 zugunsten der Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen ausgewirkt haben. Denn insgesamt bleibt die Beitragslast für beide Bereiche gleich, da es auf die Gegenüberstellung der Lohnsummen und der Unfalllast ankommt. Da die Klägerin darüberhinaus keine detaillierte Angriffe bezüglich der Berechnungsgrundlagen gemacht hat, sondern nur sehr pauschal den Vorwurf der Unrichtigkeit erhoben hat, ist es dem Senat verwehrt, auf Details einzugehen.
Im Ergebnis ist festzustellen, daß die Veranlagung, wie sie die Beklagte in dem Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, berichtigt nach dem Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 vorgenommen hat, rechtmäßig ist, so daß auch die darauf beruhenden Beitragsbescheide für die Jahre 1995 und 1996 ordnungsgemäß sind. Damit steht fest, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung der vorgenannten Bescheide hat. Ihre Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 ersichtlich sind, obwohl es sich im vorliegenden Fall um revisibles Recht handelt, weil sich der Bezirk des Gefahrtarifs über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Klägerin, die ein Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, zu Recht mit ihren gewerblichen, nicht ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen tätigen Arbeitnehmern der Gefahrtarifstelle 24 zuordnen durfte oder ob diesbezüglich eine Differenzierung je nach der von den überlassenen Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen ist.
Mit Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995 nahm die Beklagte eine Neuzuordnung zu dem ab 01.01.1995 geltenden Gefahrtarif vor. Dabei rechnete sie die Klägerin als "besonderes Unternehmen" mit den kaufmännisch und verwaltend tätigen Mitarbeitern der Gefahrtarifstelle 23 und damit der Gefahrklasse 1,60,und mit den Beschäftigten, welche in gewerblichen Betrieben Tätigkeiten verrichteten und nicht die Voraussetzung der Gefahrtarifstelle 23 erfüllten, der Gefahrtarifstelle 24 zu. Dies hatte zur Folge, daß für letztere ab 01.01.1995 die Gefahrklasse 12,80, ab 01.01.1996 die Gefahrklasse 15,80 und ab 01.01.1997 die Gefahrklasse 18,80 galt. Mit Beitragsbescheid vom 26.04.1996 forderte die Beklagte für das Jahr 1995 Beiträge in Höhe von insgesamt 1.467.040,91 DM, fällig zum 15.05.1996, ein, wobei sie die gewerblich überlassenen Arbeitnehmer der Gefahrklasse 12,80 zuordnete. Sowohl gegen den Veranlagungsbescheid als auch gegen den Beitragsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch und brachte vor, es müsse eine Differenzierung nach einzelnen Gewerbearten und nach der dort herrschenden Unfallgefahr vorgenommen werden. Eine pauschale Zuordnung nach nur zwei Gefahrtarifstellen sei in ihrem Fall zu wenig. Schließlich übten die von ihr an andere Unternehmen verliehenen Arbeitnehmer die verschiedensten Tätigkeiten aus, vom Lageristen bis zum Hochbaueinschaler, woraus die unterschiedliche Gefährdung ersichtlich werde. Hilfsweise beantragte sie, ihr einen Nachlaß nach § 725 Abs.2 Reichsversicherungsordnung - RVO - zu gewähren. Am 25.04.1997 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid für das Jahr 1996, wobei sie wiederum die gewerblich überlassenen Arbeitnehmer der Tarifstelle 24 und der ab diesem Zeitpunkt geltenden Gefahrklasse 15,80 zuordnete. Auf den Widerspruch nahm die Beklagte insofern eine Abänderung der Bescheide vom 27.10.1995, 26.04.1996 und 25.04.1997 vor, als sie mit neuem Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 der Klägerin hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer, welche der Tarifstelle 24 zugeordnet waren, einen Nachlaß von 20 % einräumte. Auf dieser Basis erließ sie am 14.07.1997 neue Beitragsbescheide für die Jahre 1995 und 1996. Es ergab sich insoweit zugunsten der Klägerin für 1995 eine Differenz von 265.704,23 DM und für das Jahr 1996 eine Differenz von 289.874,17 DM, insgesamt 555.578,40 DM. Gegen die vorgenannten Bescheide vom 14.07.1997 legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein. Sie verlangte erneut eine differenzierendere Veranlagung ihrer gewerblichen Arbeitnehmer und beanstandete die 20 %ige Herabsetzung der Beiträge, weil dies zu einer Vermischung von Gefahrklasse und Gefahrtarifstelle führe.
Bereits am 21.05.1997 hat die Klägerin Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben, weil über ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.10.1995 ohne zureichende Gründe nicht entschieden worden sei. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte am 10.10.1997 über die Widersprüche der Klägerin gegen den Veranlagungsbescheid vom 27.10.1996 und den Beitragsbescheid 1995 vom 26.04.1996 entschieden und den Widerspruch zurückgewiesen. Im einzelnen hat sie angeführt, sie sei für die gesamte Branche der Zeitarbeit zuständig. Daß die Klägerin bundesweit tätig sei, sei ohne Bedeutung, da auch sie für das gesamte Bundesgebiet zuständig sei. Die Höhe der Beiträge richte sich nach dem Arbeitsentgelt der Versicherten und der Unfallgefahr im Unternehmen. Die Aufstellung eines Gefahrtarifs sei autonomes Recht der Unfallversicherungsträger. Es komme nicht darauf an, welche Tätigkeiten die Versicherten im einzelnen verrichteten; entscheidend sei vielmehr die Struktur des Unternehmens, in dem die Arbeitnehmer beschäftigt würden. Gerade weil die sich aus den verschiedenen Tätigkeiten dieser Unternehmen ergebende Unfallgefahr so vielfältig sei und dabei die unterschiedlichsten Kombinationen möglich seien, sei sie im Rahmen ihrer breiten Gestaltungsmöglichkeit berechtigt, diesem Gewerbezweig der Arbeitnehmerüberlassung eine besondere Gefahrtarifstelle zuzuordnen. Sie sei aber grundsätzlich nicht verpflichtet, abgrenzbare Unternehmensteile in gesonderten Gefahrtarifstellen zu veranlagen. Noch viel weniger sei sie gehalten, nach der Tätigkeit der einzelnen Versicherten zu differenzieren. Die Klägerin hat im wesentlichen ihr Vorbringen wiederholt und sich auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSG - vom 31.03.1981 (2 RU 101/79) und vom 12.12.1985 (2 RU 40/85 und 2 RU 49/84) berufen. Auf die Bitte des Gerichts, eine Aufstellung aller von der Klägerin zum Verleih angebotenen Berufstätigkeiten vorzulegen, hat die Klägerin eine Liste vorgelegt, in der über 30 verschiedene Berufe, vom Mechanikermeister über Koch, Lagerist, Helfer und Stapelfahrer aus ihren zehn Niederlassungen aufgezählt sind. Ferner hat sie der ihr von der Beklagten aufgegebenen Beitragslast eine solche gegenübergestellt, die andere Berufsgenossenschaften berechnet hätten, wenn die entliehenen Arbeitnehmer bei den Berufsgenossenschaften der Entleihfirmen versichert worden wären. Danach seien die Beiträge der Beklagten um 65 % höher. Darüber hinaus hat die Klägerin gerügt, die Ermittlung der einzelnen Gefahrklassen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung sei von der Beklagten fehlerhaft vorgenommen worden.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht im schriftlichen Verfahren entschieden und mit Urteil vom 28.05.1998 die Klage auf Aufhebung der angefochtenen Veranlagungs- und Beitragsbescheide abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 04.03.1982 (1 BvR 34/82) stelle es keine Verletzung des Art.3 Abs.1 Grundgesetz - GG - dar, wenn durch eine Typisierung den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung getragen werde, indem Gewerbezweigtarifstellen gebildet würden. Das Ziel einer individuellen Beitragsgerechtigkeit sei durch Untergliederung der Gefahrklassen nur begrenzt erreichbar. Dabei auftretende Härten in Einzelfällen seien bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen. Ob es darüber hinaus eine sozialpolitisch befriedigendere Lösung gäbe, sei hier nicht von Bedeutung. Insoweit handele die Beklagte im Rahmen der ihr eingeräumten Satzungsautonomie.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt: es sei von der Beklagten nicht bestritten worden, daß sie Arbeitnehmer aus 30 verschiedenen Berufsgruppen beschäftige und zum Verleih anbiete. Insgesamt seien bei ihr zum 27.04.1996 797 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Allein diese große Zahl mache deutlich, daß auch unter Wahrung des Rechts auf Typisierung eine wesentlich differenziertere Zuordnung zu Gefahrklassen möglich sei. Da die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung zudem ständig steige, sei es möglich, sogenannte Risikogruppen zu bilden und weit mehr als eine Tarifstelle und damit mehr als eine Gefahrklasse zu bilden. Wenn das Sozialgericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen habe, so habe es übersehen, daß darin ein anderer Fall zur Entscheidung angestanden habe. Darüber hinaus werde weiterhin bestritten, daß die Berechnung der Gefahrklassen von der Beklagten ordnungsgemäß vorgenommen worden sei. Insoweit sei auch die Entscheidung des BSG vom 18.10.1994 (2 RU 6/94) sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Koblenz vom 02.07.1998 (S 2 U 42/96) von Bedeutung. Das Sozialgericht Koblenz habe darin klar zum Ausdruck gebracht, in Ansehung der Gefahrtarifstelle 24 habe die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen überschritten; denn sie habe bei der Vielfalt der Tätigkeiten nicht nur eine Tarifstelle für gewerbliche Arbeitnehmer bilden dürfen. Auch die Berechnungsgrundlagen für den Gefahrtarif 1995 seien von der Beklagten falsch ermittelt worden.
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 zu verurteilen, den Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, den Beitragsbescheid 1995 vom 26.04.1996, den Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 sowie die Beitragsbescheide für 1995 und 1996 jeweils vom 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 zurückzuweisen,
da das angefochtene Urteil der Rechtslage entspreche. Würde man den Gedanken einer Differenzierung nach Tätigkeiten (Tätigkeitentarif) für den ganzen Gefahrtarif fortführen, bestünde auch für andere Unternehmensarten, wie z.B. Banken, Bewachungsunternehmen, Tierparks etc., das Erfordernis einer Differenzierung nach verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Auch in Banken oder Versicherungen würden Mitarbeiter als Elektriker, Hausmeister oder Kantinenpersonal beschäftigt. Eine solche Differenzierung nach Tätigkeiten würde die Aufgabe des Gewerbezweigtarifs bedeuten. Gerade der Gewerbezweigtarif habe aber eine Zusammenfassung von Unternehmen mit vergleichbaren Unfallgefährdungsgraden ermöglicht und damit zu einer Beitragsgerechtigkeit geführt. Diesem Prinzip hätten sich alle gewerblichen Berufsgenossenschaften angeschlossen. Die Berechnung der Gefahrklassen sei zutreffend nach der Gefahrengemeinschaft (Gefahrtarifstelle) für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum (Beobachtungszeitraum) bei Gegenüberstellung der von der Beklagten gezahlten Leistungen gegenüber den Arbeitsentgelten vorgenommen worden.
Im übrigen wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Akte der Beklagten (Kundennummer 850027108-7) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Streitgegenstand sind der Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, der Beitragsbescheid vom 26.04.1996, der Veranlagungsbescheid und die Beitragsbescheide für 1995 und 1996 jeweils vom 14.07.1997; letztere sind gemäß § 96 SGG bereits Gegenstand des seit 21.05.1997 beim Sozialgericht Augsburg anhängigen Klageverfahrens geworden. Die Bescheide vom 14.07.1997 ändern den ursprünglichen Veranlagungsbescheid und den Beitragsbescheid für 1995 insoweit ab, als bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer ein Beitragsnachlaß von 20 % gewährt wurde. Der Senat hat die Fortsetzung der Untätigkeitsklage als Anfechtungsklage für sachdienlich erachtet (Meyer-Ladewig, SGG, 6.Auflage, § 88 Anm.10,12).
Mit dem Sozialgericht und entgegen der Auffassung der Klägerin geht der Senat davon aus, daß die hier streitgegenständliche Veranlagung des gewerblichen Arbeitnehmeranteils zur Gefahrstelle 24 des Gefahrtarifvertrags vom 01.01.1995 rechtmäßig ist. Maßgeblich für die hier zutreffende Entscheidung sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung -RVO - gemäß § 725 Abs.1, 730, 734 Abs.1 RVO gemäß §§ 212,219 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VII -. Nach § 725 Abs.1 RVO richtet sich die Höhe der Beiträge im wesentlichen nach dem Entgelt der Versicherten in den Unternehmen und nach dem Grade der Unfallgefahr in den Unternehmen. Zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr hat die Vertreterversammlung durch einen Gefahrtarif Gefahrklassen zu bilden (§ 730 RVO). Zuständig für die Aufstellung des Gefahrtarifs ist die Vertreterversammlung, die in autonomer Rechtssetzung handelt, so daß Gerichte zwar die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs im Rahmen eines Veranlagungsstreitverfahrens prüfen können; Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen sind jedoch nicht anzustellen (BSG vom 18.10.1994;2 RU 6/94). Die Bildung der Gefahrklasse erfolgt durch Gegenüberstellung der im Beobachtungszeitraum (§ 731 RVO) erbrachten Aufwendungen mit den für denselben Zeitraum nachgewiesenen anrechnungsfähigen Arbeitsentgelten innerhalb der einzelnen Unternehmenszweige. D.h. um die Beiträge nach Gefahrklassen abzustufen, ist die Risikogemeinschaft "Berufsgenossenschaft" in kleinere Risikogemeinschaften (Tarifstelle, Gefahrengemeinschaft) zu gliedern. Gefahrklassen zeigen - gemessen in Geldwert - den durchschnittlichen Grad der Unfallgefahr jeder Tarifstelle. Je höher das Unfallrisiko, desto höher die Gefahrklasse und damit der Beitrag. In den Gefahrengemeinschaften (Tarifstellen) sind jeweils Gewerbezweige mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammengefaßt. Die Gefahrklasse erfaßt dabei nicht das Risiko des einzelnen Unternehmens, sondern das Risiko aller in einer bestimmten Gefahrtarifstelle zusammengefaßten Unternehmen. Dies entspricht dem Prinzip der Risikogemeinschaft oder der solidarischen Haftung. Würde die Gefahrklasse für ein Einzelunternehmen errechnet, müßte jeder Unternehmer im wesentlichen seine eigenen Lasten tragen. Der Grad der Unfallgefahr (Gefahrklasse) wird nicht abstrakt bestimmt, sondern laufend angepaßt. Der Gefahrtarif trägt zwar dem Versicherungsgedanken (Berücksichtigung der verschiedenen Risiken der Gewerbezweige) Rechnung, bleibt aber eine kollektivrechtliche Regelung (Bereiter-Hahn § 157 SGB VII Anm.4). Bei der Tarifstellenbildung haben die Unfallversicherungsträger ein Recht zur Pauschalierung und Typisierung, um hinreichend große Tarifstellen zu schaffen und eine Zersplitterung der Gefahrtarife zu vermeiden. Tarifstellen sollen möglichst nicht zu klein sein, um einen hinreichenden Risikoausgleich zu sichern. Bei zu kleinen Tarifstellen können sich unerwünschte Zufallsschwankungen durch einige wenige Unfälle ergeben. Eine zu große Aufspaltung der Gefahrklassen läßt sich nicht mit dem Versicherungsprinzip, dem Verlagern der Risiken auf breite Schultern, vereinbaren. Der Unfallversicherungsträger ist aber nicht verpflichtet, z.B. abgrenzbare Unternehmensteile in gesonderten Gefahrtarifstellen zu veranlagen. Die Zusammenfassung verschiedener Risikogruppen muß jedoch sachgerecht sein, ein grobes Mißverhältnis in den Belastungswerten vermeiden sowie zuverlässig nachprüfbar sein (Bereiter-Hahn, a.a.O). Diesen Anforderungen wird die Beklagte gerecht, wenn sie eine Unterteilung in zwei Gefahrtarifstellen, nämlich in die Nr.23 für Beschäftigte in ausschließlich kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen und in die Tarifstelle 24 für Beschäftigte, die die vorgenannten Voraussetzungen der Nr.23 nicht erfüllen, vornimmt. Eine darüberhinausgehende Differenzierung ist nicht geboten.
Bezeichnend ist, daß die Klägerin selbst nie einen Vorschlag unterbreitet hat, wie viele Gefahrstellen für die jetzt in der Tarifstelle 24 erfaßten Arbeitnehmer geschaffen werden sollen und nach welchen Kriterien eine Unterteilung vorgenommen werden soll. Keinesfalls kann es so sein, daß 30 verschiedene Tarifstellen geschaffen werden müßten, weil die Klägerin selbst in 30 verschiedenen Berufszweigen Arbeitnehmer zum Verleih anbietet. Ohne daß der Senat dies im einzelnen nachgeprüft hätte, ist unschwer davon auszugehen, daß andere Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen möglicherweise eine andere Berufspalette oder noch mehr Vielfalt anbieten. Wie auch die von der Klägerin vorgelegten Übersichten über ihre Beschäftigten zeigen, werden die einzelnen Arbeitnehmer zum Teil nur kurzfristig in Fremdbetrieben eingesetzt, wobei es mehr oder weniger dem Zufall überlassen bleibt, bei welcher Berufsgenossenschaft die Entleiherfirma Mitglied ist. Gerade der kurzfristige Verleih von Arbeitnehmern macht es möglich, in einem Betrieb, wie z.B. einer Bank, welche in der Regel keine Bauhandwerker beschäftigt, zur Erledigung von Umbauarbeiten kurzfristig Maurer, Installateure, Elektriker u.ä. einzusetzen. Im übrigen zeigt die verschiedene Einsatzart des einzelnen Arbeitnehmers auch die unterschiedliche Gefährdung. So ist gut vorstellbar, daß ein Bauhandwerker in einer Bank, wie im vorgenannten Beispiel, einer anderen Gefahr ausgesetzt ist als ein solcher, der im Hochbau oder Tunnelbau Verwendung findet. Die Klägerin hat in keiner Weise vorgetragen, daß sie einen Einfluß auf die Gefährdungslage nimmt, so daß es mehr oder weniger dem Zufall überlassen bleibt, wie stark oder wie wenig sich die Unfallgefahr für den einzelnen Beschäftigten auswirkt.
Es wäre zwar grundsätzlich denkbar, hinsichtlich der jetzt der Gefahrtarifstelle 24 zugeordneten Beschäftigten nach typischen Berufszweigen, wie etwa Beschäftigte im Gesundheitsdienst, Beschäftigte im Bauhandwerk, Beschäftigte in der Metallverarbeitung u.ä. zu differenzieren. Gleichwohl würde man durch eine solche Differenzierung der unterschiedlichen Unfallgefahr nicht gerecht werden. Gerade dies ist aber der Maßstab für die Bildung von Tarifstellen und Gefahrklassen. Es mag sein, daß sich in der Zukunft Spezialarbeitnehmerüberlassungsunternehmen herausbilden werden, die nur für bestimmte Gewerbezweige Arbeitnehmer anbieten. Dann könnte die Notwendigkeit geboten sein, eine differenzierendere Gefahrtarifstellenbildung vorzunehmen. Im gegenwärtigen Stadium sieht der Senat jedoch hierzu keine Veranlassung.
Bezeichnenderweise hat auch das Sozialgericht Koblenz in seiner Entscheidung vom 02.07.1998 weder ausgesprochen noch angedeutet, in welcher Art es sich eine Gefahrtarifstellendifferenzierung vorstellt. Es hat vielmehr hervorgehoben, so unterschiedlich, wie die möglichen Tätigkeiten - insbesondere im gewerblichen Bereich - seien, so unterschiedlich seien auch die denkbaren Unfallgefahren, die die einzelnen Tätigkeiten mit sich brächten. Es folgert aber dann, gerade deshalb, weil die gewerblich tätigen Versicherten der Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen nur wenig vergleichbare, dafür aber viele, sehr unterschiedliche Gefährdungsgrade aufwiesen, sei die Zusammenfassung in nur einer Gefahrtarifstelle rechtswidrig bzw. "rechtlich nicht akzeptabel". Dabei übersieht das Sozialgericht, daß gerade die Arbeitnehmerüberlassung die einzelnen Beschäftigten äußerst unterschiedlichen Gefährdungen aussetzt, was dazu berechtigt, eine Risikogemeinschaft der so Gefährdeten zu bilden. Der Senat vertritt daher die Auffassung, daß die Beklagte in der Schaffung zweier Gefahrtarifstellen, nämlich der Nrn.23 und 24 den gesetzlichen Erfordernissen genüge getan hat und sich im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens gehalten hat. Er vermag der Auffassung des Sozialgerichts Koblenz nicht beizutreten, zumal dieses nicht darlegt, gegen welches höherrangiges Recht die Satzung der Beklagten verstoße.
Auch der weitere von der Klägerin angeführte Grund, die Berechnung der Belastungsziffer hinsichtlich der Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif 1995 sei fehlerhaft, hat nicht die Rechtsfolge, daß der Tarifvertrag insoweit nichtig wäre. Wenn das Sozialgericht Koblenz insoweit meint, die Beklagte habe nach ihren Angaben den Gefahrtarifstellen 23 und 24 Daten aus dem Beobachtungszeitraum 1989 bis 1993 zugrunde gelegt, welcher nicht geeignet sei, eine Gegenüberstellung zur Unfallast zuzulassen, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Sozialgericht führt an, der Gefahrtarif 1984, welcher für das Jahr 1989 gegolten hat und der Gefahrtarif 1990, welcher ab 01.01.1990 gegolten hat, habe an andere Zuordnungsmerkmale angeknüpft, nämlich zum einen daran, ob der einzelne Versicherte als Angestellter bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder als Arbeiter bei einer der Landesversicherungsanstalten rentenversicherungspflichtig war bzw. ob der einzelne Beschäftigte in den "büromäßigen Bereich" eingegliedert war oder nicht. Es ist richtig, daß der jetzige Anknüpfungspunkt insoweit genauer ist und in der Tarifstelle 23 Beschäftigte erfaßt, die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und dort ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeit verrichten. Nicht richtig ist jedoch der Schluß, den das Sozialgericht zieht, die Unfallmeldung nach den für den Gefahrtarif 1984 bzw. 1990 geltenden Kriterien habe zu einer falschen Lohnsummengegenüberstellung und damit zu einer überhöhten Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 24 des Gefahrtarifs von 1995 geführt. Das Sozialgericht meint, die Beklagte habe die Belastungsziffern falsch ermittelt, weil sie der Gefahrtarifstelle 23 Unfälle und Lohnsummen zugeordnet habe, die der Gefahrtarifstelle 24 hätten zugeordnet werden müssen. Das habe zu der falschen Berechnung der Gefahrklassen geführt. Wenn nun aber dem "Büroteil" der Tarifstelle 23 mehr Unfälle zugeordnet worden sind, dann kann dies allenfalls zu einer Überhöhung der dortigen Gefahrklasse geführt haben; zwangsläufig muß sich dann sogar die Gefahrklasse für die Tarifstelle 24 zugunsten der Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen ausgewirkt haben. Denn insgesamt bleibt die Beitragslast für beide Bereiche gleich, da es auf die Gegenüberstellung der Lohnsummen und der Unfalllast ankommt. Da die Klägerin darüberhinaus keine detaillierte Angriffe bezüglich der Berechnungsgrundlagen gemacht hat, sondern nur sehr pauschal den Vorwurf der Unrichtigkeit erhoben hat, ist es dem Senat verwehrt, auf Details einzugehen.
Im Ergebnis ist festzustellen, daß die Veranlagung, wie sie die Beklagte in dem Veranlagungsbescheid vom 27.10.1995, berichtigt nach dem Veranlagungsbescheid vom 14.07.1997 vorgenommen hat, rechtmäßig ist, so daß auch die darauf beruhenden Beitragsbescheide für die Jahre 1995 und 1996 ordnungsgemäß sind. Damit steht fest, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung der vorgenannten Bescheide hat. Ihre Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.05.1998 war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 ersichtlich sind, obwohl es sich im vorliegenden Fall um revisibles Recht handelt, weil sich der Bezirk des Gefahrtarifs über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 SGG).
Rechtskraft
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