L 8 RA 102/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 3210/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 102/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 1999 wird zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2001 wird entsprechend geändert. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch streitig, ob bei der Neufeststellung der Rente der Klägerin glaubhaft gemachte Beitragszeiten im Beitrittsgebiet in der Zeit zwischen April 1980 und Dezember 1981 zu berücksichtigen sind.

Die am 19. September 1929 geborene Klägerin war im Beitrittsgebiet als Lehrerin tätig. Sie war Mitglied der zusätzlichen Versorgung der Pädagogen (Versorgungsordnung vom 27. Mai 1976). In dem entsprechenden Aufnahmeantrag vom 31. Oktober 1984 ist aufgeführt, sie sei von September 1951 bis August 1974 Lehrer gewesen, von 1974 bis 1982 Hausfrau und vertretungsweise Lehrer 15/22 Stunden und wieder seit dem 1. September 1982 Lehrer. Sie bezog vom 1. Oktober 1985 an eine Berufsunfähigkeits-Versorgung mit der Verpflichtung, in einem Arbeitsverhältnis eine nicht pädagogische Erwerbstätigkeit mit 30 Stunden wöchentlich auszuüben (Beschluss vom 5. September 1986 und Berechnung nach dem Bescheid vom 26. November 1986). Auf ihren Antrag vom 9. Mai 1989 hin bezog sie eine Altersrente aus der Sozialversicherung, deren Berechnung 35 Arbeitsjahre und 9 Monate zugrunde lagen (Bescheid vom 1. Juni 1989). Zeiten vom 1. Januar 1977 bis zum 31. August 1982 waren dabei nicht berücksichtigt.

Nach vorläufiger Umwertung und Anpassung der Rente zum 1. Januar 1992 nahm die Beklagte eine Neufeststellung nach § 307b SGB VI vor. Die Klägerin gab dazu unter anderem an, 1980 und 1981 als Honorarlehrerin an der Theodor-Winter-Oberschule in Berlin-Mitte tätig gewesen zu sein und legte eine Erklärung der Zeugin , der damaligen stellvertretenden Direktorin, vor. Das Bezirksamt Mitte von Berlinteilte mit, dass für die Zeit von 1972 bis zum 30. November 1981 kein Arbeitsentgelt festzustellen sei, die Klägerin aber nominell im Datenbestand geführt worden sei. Das Bezirksamt Treptow von Berlinteilte Verdienste für 1972, 1973, 1974 und 1977 mit; die Personalakte der Klägerin läge aber nicht vor.

Mit Bescheid vom 24. Januar 1996 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1990 an neu fest. Die Zeit vom 1. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1981 wurde dabei nicht als Beitragszeit anerkannt, weil der Verlust der Beitragsunterlagen bzw. die Beitragszahlung für diese Zeit nicht nachgewiesen worden sei. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein Schreiben vom 13. Dezember 1980 vor, nach dem sie für sechs Monate Mathematikunterricht an der Theodor-Winter-Oberschuleeine Prämie in Höhe von 150,- Mark erhalten hat. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Durch eine Lehrtätigkeit auf Honorarbasis sei kein Arbeitsrechtsverhältnis begründet worden und also auch keine Versicherungspflicht eingetreten. Honorare hätten nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen (§ 5 Abs. 2 der Honorarordnung für die Aus- und Weiterbildung von Hochschul- und Fachschulkadern vom 31. März 1971, GBl. II S 303; § 6 Abs. 2 der Honorarordnung für die Allgemein- und Berufsbildung vom 15. Juli 1971, GBl. II S. 530), so dass Versicherungspflicht in der streitigen Zeit nicht bestanden habe.

Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Berlin vorgetragen, der von ihr und auch dem Schulamt gebrauchte Begriff der Honorarlehrerin entspreche nicht dem, den die von der Beklagten in Bezug genommenen Honorarordnungen voraussetzten. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sei ihre Tätigkeit 1965 und 1967 bis 1969 als sozialversicherungspflichtige „Stundenlehrerin“ bzw. „Krankenvertreter bei Bedarf“ bezeichnet. Im Einstufungsbeschluss für unständig Beschäftigte für den selben Zeitraum sei die Tätigkeit dagegen mit „Honorarlehrer“ bezeichnet, was zeige, dass der Gebrauch dieser Bezeichnung keineswegs nur bei nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen üblich gewesen sei.

Das SG hat die ehemalige Direktorin, die ehemalige stellvertretende Direktorin und den im Bezirk Mitte für Personalfragen zuständig gewesenen Kaderreferenten als Zeugen vernommen und die Beklagte mit Urteil vom 15. Oktober 1999 unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Rente der Klägerin unter anderem unter Anerkennung der Zeiten von April bis Juli 1980, September 1980 bis Juli 1981 und September 1981 bis Dezember 1981 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten neu zu berechnen. Es hat dazu ausgeführt, es halte die geltend gemachten Zeiten zwar nicht für nachgewiesen, aber für glaubhaft gemacht im Sinne des § 286b SGB VI. Dabei sei zuletzt zwischen den Beteiligten angesichts der vorgelegten Unterlagen und den übereinstimmenden Zeugenaussagen zu Recht nicht mehr streitig gewesen, dass die Klägerin von April 1980 an drei Halbjahre als Vertretungslehrerin an der Theodor-Winter-Oberschule tätig gewesen sei. Die Kammer halte es vor allem unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen für überwiegend wahrscheinlich, dass diese Tätigkeit sozialversicherungspflichtig gewesen sei und Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien. Dagegen sei weniger wahrscheinlich, dass die Klägerin lediglich eine beitragsfreie Honorarvergütung erhalten habe. Zwar sei als erheblicher Gesichtspunkt mit zu berücksichtigen, dass die Zeiten nicht in den ansonsten vollständig vorhandenen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung eingetragen seien und die Entgelte vom ehemaligen Arbeitgeber nicht bestätigt hätten werden können. Es sei aber anlässlich der Aufnahme in die Zusätzliche Versorgung der Pädagogen die Vertretungstätigkeit zwischen 1974 und 1982 erwähnt. Der Abschluss von Honorarverträgen im Sinne der von der Beklagten zitierten Verordnungen sei schließlich für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen nicht vorgesehen gewesen. Der Zeuge, der glaubhaft geschildert habe, er könne sich gut an die Klägerin erinnern, habe zwar nicht ausschließen können, dass ausnahmsweise auch an allgemeinbildenden Schulen solche Verträge geschlossen worden seien, er selbst könne sich aber nur an einen solchen Fall erinnern. Soweit die Zeugin den Begriff des Honorarvertrages gebraucht habe, sei dies offenbar – wie auch aus der vorgelegten Einstufungsbescheinigung hervorgehe – eine übliche Bezeichnung für Vertretungskräfte gewesen und daher von der Zeugin nicht rechtstechnisch gemeint. Schließlich habe die Klägerin glaubhaft dargelegt, dass sie aus familiären Gründen auf eine Tätigkeit während der Schulferien (insbesondere in Ferienlagern) verzichtet habe und sich so erkläre, weshalb sie eine durchgehende Beschäftigung nicht behaupte, obwohl der Zeuge Roggenbuchdargelegt habe, dies sei die Regel gewesen. Es könne aus Sicht der Kammer möglich sein, dass die Eintragungen in der Kaderakte und dem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung deshalb unterblieben seien, weil die Personalunterlagen nicht – wie dafür wohl notwendig – vom Bezirksamt Treptow zum Bezirksamt Mitte versandt worden seien. Hinsichtlich der Höhe des erzielten Arbeitsverdienstes gehe die Kammer davon aus, dass auch insoweit die Angaben des Zeugen , wie er sie auch schriftlich niedergelegt habe, zutreffend seien.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, die sie nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1939) wegen der übrigen streitig gewesenen Berechnungsfragen zurückgenommen hat. Sie hat zuletzt die Rente mit Bescheid vom 16. Oktober 2001 für Bezugszeiten vom 1. Juli 1990 an neu festgestellt und hierbei die von der Klägerin geltend gemachten streitbefangenen Beitragszeiten erneut nicht berücksichtigt. Dieser Bescheid sei Gegenstand des anhängigen Verfahrens (§ 96 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) geworden.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Glaubhaftmachung der Zeiten, für die § 307c SGB VI und nicht § 286b SGB VI die maßgebende Norm sei, sei der Klägerin nicht gelungen. Ihre Grenze finde die Glaubhaftmachung nach dieser Vorschrift dort, wo Anhaltpunkte vorlägen, die gegen die Behauptung des Versicherten sprächen. Hier sprächen die Angaben des Bezirksamts in der Entgeltbescheinigung und die fehlenden Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung gegen die Angaben der Klägerin. Zwar gehe auch die Beklagte davon aus, dass die Klägerin – wie die Zeugen bestätigt hätten - von April 1980 bis Dezember 1981 als Vertretungslehrerin gearbeitet habe. Dass für diese Tätigkeit ein Arbeitsrechtsverhältnis begründet worden sei, das zugleich Versicherungspflicht nach sich gezogen habe, sei aber nach den Eintragungen in der PDT und den Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung nicht glaubhaft. Das Vorliegen eines Arbeitsrechtsverhältnisses könne die Klägerin nur durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages belegen. Möglich sei auch, dass sie auf Honorarbasis tätig gewesen sei, was keine Sozialversicherungspflicht nach sich gezogen hätte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 1999 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 24. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1996 und des Bescheides vom 16. Oktober 2001 die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten zwischen April 1980 und Dezember 1981 bei der Rentenberechnung begehrt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Oktober 2001 zu verurteilen, ihre Rente unter Berücksichtigung der vom Sozialgericht zugesprochenen glaubhaft gemachten Beitragszeiten neu festzustellen.

Sie hält das Urteil des SG im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten (Az 65 190929 S 569) und die Akten des Sozialgerichts Berlin (S 11 RA 3210/96) beigezogen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist, soweit sie von der Beklagten noch aufrecht erhalten worden ist, zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Beklagte unter Änderung des Ausgangsbescheides vom 24. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1996 verurteilt, bei der Gewährung der Rente die weiteren Beitragszeiten vom 1. April 1981 bis zum 30. Juni 1980, vom 1. September 1980 bis zum 31. Juli 1981 und vom 1. September 1981 bis zum 31. Dezember 1981 als glaubhaft gemacht zu berücksichtigen. Entsprechend war der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 16. Oktober 2001 zu ändern.

Der zuletzt genannte Bescheid ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen. Zwar werden Bescheide, die eine Behörde vorsorglich in Ausführung eines noch nicht rechtskräftigen und von ihr angegriffenen Urteils erlässt, nicht Gegenstand des Rechtsstreits, in dem das durch den Bescheid ausgeführte Urteil ergangen ist (zuletzt BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27). Der Bescheid vom 16. Oktober 2001, der die zuvor im Berufungsverfahren ergangenen (vorläufigen) Bescheide vollständig ersetzt hat, ist allerdings nur insoweit in Ausführung des Urteils ergangen, als er die streitig gewesene Vergleichsberechnung nach dem günstigsten 20 Jahres-Zeitraum berücksichtigt hat, die nach entsprechender Änderung des 2. AAÜG-ÄndG im Berufungsverfahren zuletzt nicht mehr streitig war. Soweit der Bescheid vom 16. Oktober 2001 bei der Feststellung des Rentenwertes unverändert (nur) von den schon im Ausgangsbescheid zugrunde gelegten Beitragszeiten ausgeht, hilft er der Beschwer der Klägerin nicht ab und wird damit kraft Gesetzes gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Auf die nach der gesetzlichen Regelung des § 96 SGG zulässige Klageerweiterung im Berufungsverfahren, war daher der Bescheid vom 16. Oktober 2001 entsprechend dem zutreffenden Urteil des SG zu ändern.

Die Neufeststellung der Rente der Klägerin erfolgt nach den Grundsätzen des § 307b SGB VI. Nach dessen Abs. 1 ist eine Rente nach den Vorschriften des SGB VI neu zu berechnen, wenn am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz überführte Rente des Beitrittsgebietes bestand. Für die Zeit vom 1. Januar 1992 an ist zusätzlich eine Vergleichsrente zu ermitteln. Die höhere der beiden Renten ist zu leisten. Eine Nachzahlung für die Zeit vor dem 1. Januar 1992 erfolgt nur, soweit der Monatsbetrag der neuberechneten Rente den Monatsbetrag der überführten Leistung einschließlich einer Rente aus der Sozialpflichtversicherung übersteigt. Die Klägerin hatte am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz überführte Rente des Beitrittsgebietes, weil sie der zusätzlichen Altersversorgung der Pädagogen angehörte; ihre Rente ist daher zur Feststellung des nach § 307b Abs. 1 Satz 1 SGB VI maßgeblichen Wertes nach den Vorschriften des SGB VI neu festzustellen.

Gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Für die persönlichen Entgeltpunkte sind die Summen aller Entgeltpunkte u. a. für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten zu berücksichtigen (§ 66 Abs. 1 SGB VI).

Gemäß § 55 Abs. 1 sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Beitragszeiten nach § 55 SGB VI liegen im streitigen Zeitraum nicht vor, da in dieser Zeit keine Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt wurden. Gemäß § 248 Abs. 3 SGB VI stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Für solche Beitragszeiten treten anstelle der ermittelten Entgeltpunkte nach § 254 d Abs. 1 Nrn. 1 und 4 SGB VI Entgeltpunkte (Ost). Die Entgeltpunkte werden in diesen Fällen nach §§ 256a ff SGB VI ermittelt, wobei Besonderheiten bei Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem (§ 259b SGB VI) im streitigen Zeitraum nicht zu berücksichtigen sind, da eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach den bindenden Feststellungen des Zusatzversorgungsträgers in diesem Zeitraum nicht bestand.

Rechtsgrundlage für die Glaubhaftmachung von Beitragszeiten im Beitrittsgebiet ist vorliegend nach Auffassung des Senats der auch vom SG herangezogene § 286b SGB VI. Danach sind Beitragszeiten als glaubhaft gemacht anzuerkennen, wenn Versicherte glaubhaft machen, dass sie im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Demgegenüber versteht der Senat die Beweisregel des § 307c Abs. 2 SGB VI (im Zusammenhang mit § 307c Abs. 1 SGB VI) dahin, dass es hier allein um den erleichterten Nachweis u.a. von Beitragszeiten und nicht um deren Glaubhaftmachung geht, was schon der Verweis auf § 256c SGB VI (der Vorschrift für die Ermittlung von Entgeltpunkten für nachgewiesene Beitragszeiten ohne feststehende Bemessungsgrundlage) in Satz 2 der Vorschrift zeigt. Jedenfalls wird mit § 307c Abs. 2 SGB VI kein strengerer Maßstab für die Anerkennung von Beitragszeiten als in § 286b SGB VI aufgestellt. Nach § 307c Abs. 2 SGB VI ist vielmehr für den Nachweis von Beitragszeiten im Regelfall nicht die Vorlage von Beweismitteln im Sinne des § 21 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderlich, sondern ohne Weiteres vom Vorbringen des Versicherten auszugehen, wenn dieses glaubhaft ist. Ermittlungen im Hinblick auf andere Beweismittel als Unterlagen werden nicht verlangt. Erst wenn Anhaltspunkte gegen das Vorbringen des Versicherten sprechen (und ausreichende andere Beweismittel nicht vorliegen), kommt ein Nachweis der Zeiten nicht mehr in Betracht. Das Gesetz gibt mit dieser sehr weitgehenden Beweiserleichterung für Bestandsrentner im Beitrittsgebiet aber keinen Anhalt für eine Auslegung dahingehend, dass für diese bei fehlgeschlagenem Nachweis eine Glaubhaftmachung von Beitragszeiten nach § 286b SGB VI mit den in §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 1 SGB X vorgesehenen Mitteln und der Folge der wertmäßigen Kürzung nach § 256b SGB VI nicht möglich sein soll. Dass im Falle der Neufeststellung von Bestandsrenten schon das bloße Vorliegen von Anhaltpunkten, die gegen die Behauptung des Versicherten sprechen, nicht aber erst deren überwiegende Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Grenze einer Glaubhaftmachung sein soll, wie die Beklagte meint, lässt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, die allein den Nachweis von Beitragszeiten betrifft, nicht ersehen. Für eine solche Ungleichbehandlung gegenüber Zugangsrentnern ist auch kein vernünftiger Grund ersichtlich. Die Beweiserleichterung des § 307c Abs. 2 SGB VI, die allein den Nachweis von Beitragszeiten regelt, tritt damit neben § 286b SGB VI, der als „Vorschrift dieses Buches“ im Sinne des § 307b Abs. 1 Satz 1 SGB VI anwendbar bleibt. Da das SG – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin - die Beklagte nur zur Berücksichtigung glaubhaft gemachter Beitragszeiten verurteilt hat, brauchte der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob auf der Grundlage der Schilderungen der Klägerin nach der Beweisregel des § 307c Abs. 2 SGB VI auch von einem Nachweis der Beitragszeiten ausgegangen werden könnte.

Die Glaubhaftmachung der streitigen Beitragszeiten ist der Klägerin jedenfalls gelungen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Zeugenvernehmung, sieht es der Senat als überwiegend wahrscheinlich an, dass die Klägerin vom 1. April 1980 bis zum 31. Dezember 1981 mit Ausnahme der Monate Juli und August 1980 und August 1981 beitragspflichtig beschäftigt war und für die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte Beiträge auch gezahlt worden sind. Der Senat schließt sich dabei der vom SG vorgenommenen ausführlichen und widerspruchsfreien Würdigung der vorliegenden Beweismittel nach eigener Prüfung und nochmaliger Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zusammenfassend und ergänzend ist dazu auszuführen:

Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestand im streitigen Zeitraum nicht nur ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, dass das von ihr erzielte Arbeitsentgelt sozialversicherungspflichtig war und Beiträge auch abgeführt worden sind. Die Tatsache, dass die Klägerin einen schriftlich geschlossenen Arbeitsvertrag für die streitige Zeit nicht mehr vorlegen konnte, schließt die Glaubhaftmachung eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Zwar war der Arbeitsvertrag nach dem Recht der DDR schriftlich abzuschließen; ihr Exemplar des Vertrages konnte die Klägerin nicht mehr vorlegen. Ihre beim Arbeitgeber geführte Personalakte liegt nicht mehr vor, wie das Bezirksamt Treptow von Berlin schon mit der Entgeltbescheinigung und das Landesschulamt für den Bezirk Mitte im Berufungsverfahren bestätigt haben und was angesichts des Ausscheidens der Klägerin aus dem Schuldienst bereits 1984 auch nachvollziehbar ist. Nach den Aussagen der Zeugen steht für den Senat gleichwohl mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin auf der Grundlage eines regulären (und also schriftlich abgeschlossenen) Arbeitsvertrages vertretungsweise gearbeitet hat. Eine Tätigkeit ohne jede zugrunde liegende Vereinbarung für den Stadtbezirk Mitte als Arbeitgeber erscheint nicht denkbar, wovon wohl auch die Beklagte ausgeht. Es ist aber auch nur wenig wahrscheinlich, dass versicherungsfreie Honorarverträge Grundlage für die unstreitig erbrachten Arbeitsleistungen waren. In der DDR war nur ausnahmsweise die Vereinbarung einer Honorartätigkeit zulässig, und zwar nur dann, wenn dies in einer Honorarordnung vorgesehen war. Die von der Beklagten zitierten Honorarordnungen (wobei die Honorarordnung vom 31. 3. 1971 durch die Anordnung über die Honorierung von Leistungen zur Aus- und Weiterbildung von Hochschul- und Fachschulkadern vom 25. 2. 1976, GBl. I S. 175, ersetzt worden ist) finden auf die von der Klägerin ausgeübte Beschäftigung an einer allgemeinbildenden Schule schon der Art nach zweifellos keine Anwendung. Es ist nicht erkennbar, dass die Verwaltungen der allgemeinbildenden Schulen gegen diese Verordnungslage in nennenswertem Umfang verstoßen hätten. Dies hat der Zeuge für die Praxis bestätigt und dargelegt, dass es Honorarverträge nur im Bereich der Volkshochschulen (also der Erwachsenenbildung, nicht der Allgemeinbildung) gegeben habe und nach seiner Erinnerung nur in einem Ausnahmefall ein an einer Volkshochschule tätig gewesener Lehrer vertretungsweise (auf der Grundlage seines Honorarvertrages) für eine allgemeinbildende Schule herangezogen worden sei. Entsprechend ist in den Unterlagen über die nachgewiesen Zeiten vor 1980 zwar vereinzelt von Honoraren die Rede, tatsächlich sind aber Arbeitsverträge geschlossen worden, die die Klägerin zum Teil noch vorlegen konnte.

Auch die Ausübung der Vertretungstätigkeit im Rahmen einer unständigen Beschäftigung liegt angesichts der vorliegenden Anhaltspunkte nicht nahe. Eine solche Beschäftigung wäre beitragspflichtig, der Arbeitnehmer aber für die Abführung der Beiträge verantwortlich gewesen. In Fällen der unständigen Beschäftigung ist im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung dann (wie bei Selbständigen) das Finanzamt als Arbeitgeber eingetragen. Eine anderthalb Jahre andauernde, ständige Aushilfstätigkeit fiel aber auch nach dem Recht der DDR nicht unter den Begriff der unständigen Beschäftigung. Unter diesen Begriff wurden vielmehr diejenigen Beschäftigten gefasst, die den Unternehmer infolge der Eigenart ihrer Tätigkeit regelmäßig wechselten, auch wenn sie mehrmals hintereinander bei dem gleichen Unternehmer arbeiteten. Im Einstufungsbescheid des Rats des Stadtbezirks Mitte vom 31. August 1970 ist zwar von einer unständigen Beschäftigung die Rede. Die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sprechen aber gegen eine unständige Beschäftigung als Vertretungslehrerin, denn hier ist der Rat des Stadtbezirks, Abteilung Volksbildung (und nicht das Finanzamt) als Arbeitgeber auch für die Zeit als „Stundenlehrerin“ eingetragen. Die Prämienzahlung für das Jahr 1980 spricht ebenfalls gegen eine unständige Beschäftigung, sondern vielmehr für das Vorliegen einer regelmäßigen Tätigkeit für den Stadtbezirk Mitte. Es ist daher davon auszugehen, dass der Begriff „unständig Beschäftigte“ im Einstufungsbescheid nicht rechtstechnisch gebraucht worden ist.

Wie das SG geht der Senat damit davon aus, dass die gezahlten Arbeitentgelte sozialversicherungspflichtig waren. Die tatsächliche Abführung der Beiträge durch den Arbeitgeber ist ebenfalls glaubhaft gemacht, da beim Stadtbezirk als Arbeitgeber von Beitragstreue ausgegangen werden kann, wogegen sich auch die Beklagte nicht gewandt hat.

Ergibt damit die Würdigung sämtlicher übriger Umstände, dass Beiträge im streitigen Zeitraum tatsächlich entrichtet worden sind, zwingt allein das Fehlen der Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung nicht zu einem anderen Schluss. Die Beklagte verkennt mit ihrer gegenteiligen Auffassung den Beweiswert, den die im Beitrittsgebiet geführten Ausweise für Arbeit und Sozialversicherung im Unterschied zu den in § 286a SGB VI genannten Unterlagen haben. Während z. B. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vor der Einführung des Lohnabzugverfahrens wirksam nur durch Kleben von Beitragsmarken auf einer Versicherungskarte entrichtet werden konnten und also der Verlust bzw. die Vernichtung dieser Unterlage in den Fällen des § 286a SGB VI im Grundsatz Voraussetzung für die Glaubhaftmachung von Beitragszeiten ist, war die Eintragung der beitragspflichtigen Entgelte im Sozialversicherungsausweis nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Beitragsentrichtung. Der Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung diente als Mittel des Nachweises für den Versicherten (§ 12 Abs. 1 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten [SVO] vom 17. 11. 1977, GBl. I 373), der den Ausweis bei sich aufzubewahren und einmal jährlich zur Vornahme der Eintragungen durch den Arbeitgeber (vgl. § 94 SVO) vorzulegen hatte. Folglich stellt einerseits § 286b SGB VI nach seinem Wortlaut – im Unterschied zu § 286a SGB VI – gerade nicht auf den Verlust der Unterlage als Voraussetzung für eine Glaubhaftmachung von Beitragszeiten ab und knüpft § 286c SGB VI andererseits an die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung nur die Vermutung, dass Beiträge in den bescheinigten Zeiten tatsächlich entrichtet worden sind. So wie die Richtigkeit dieser Vermutung durch den Versicherungsträger widerlegt werden kann, ist das Fehlen von Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung nur Indiz für die fehlende Beitragsentrichtung. Es schließt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der in § 286b SGB VI genannten, für die Glaubhaftmachung rechtserheblichen Tatsachen nicht per se aus. Nach der Funktion der Ausweise für Arbeit und Sozialversicherung können auch Nachlässigkeit oder die vom SG vermuteten Schwierigkeiten bei der Führung der Personalakten der Klägerin Grund für die fehlende Eintragung sein. Da der Zahlbetrag der Rente aus der Sozialversicherung der DDR in der Folge durch diese Zeiten wegen der Zahlung einer Zusatzversorgung nicht maßgeblich mitbestimmt worden ist, ist für den Senat schließlich auch erklärlich, weshalb die Klägerin sich nicht schon 1989 wegen der fehlenden Zeiten an den Versicherungsträger gewandt hatte.

Der Senat hatte schließlich nicht zu entscheiden, ob das SG richtigerweise wegen der Bemessungsgrundlage der glaubhaft gemachten Beiträge die von der Klägerin behaupteten Entgelte zugrunde gelegt hat oder ob die Vorschrift des § 256b Abs. 1 Sätze 1 bis 7 SGB VI in Fällen der Glaubhaftmachung zwingend für die Feststellung der Entgeltpunkte ist, denn durch die Entscheidung des SG ist die Beklagte insoweit nicht beschwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 192 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) ist nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved