Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2524/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5629/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für zwei therapeutische Apheresen (ambulante, extrakorporale Blutreinigungverfahren) iHv 3.548,21 EUR.
Die im Jahr 1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 17.09.2008, eingegangen bei der Beklagten am 22.09.2008 die Übernahme der Kosten für eine am 04.08.2008 begonnene Apheresebehandlung bei Dr. St. in F. im Wald. Die Klägerin legte ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11.07.2008 sowie ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21.02.2007 vor. Des Weiteren reichte die Klägerin einen Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Allgemeinmedizin Dr. K. vom 12.09.2008 (Bl 2 der Verwaltungsakte), eine Rechnung über die therapeutische Apheresebehandlung vom 04.08. bis 06.08.2008 iHv 1.884,54 EUR (Bl 4 der Verwaltungsakte) sowie eine Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin, Nephrologie, Hypertensiologie und Gesundheitsökonomie, Leiter der internationalen Apheresestation F. im Wald Dr. St. vom 01.10.2008 (Bl 7 der Verwaltungsakte) ein. In diesen Unterlagen werden als Diagnosen aufgeführt: toxische Enzephalopathie, Multiple Chemical Sensitivity (MCS), Lungendefekte, Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS) und Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Dr. Schulze vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) führte in einem Gutachten nach Aktenlage am 14.10.2008 aus, dass es sich bei der beantragten Apherese um eine außervertragliche Leistung handle. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe bisher kein Votum abgegeben. Er habe zwar Apheresen bei verschiedenen Indikationen bewertet, aber nur zwei Indikationen hätten unter weiteren Voraussetzungen ein positives Votum erhalten, und zwar die LDL-Apherese und die Immunapherese bei akuter rheumatoider Arthritis. Eine akut lebensbedrohliche Situation bestehe den vorliegenden Informationen zufolge nicht. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.10.2008 ab.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und fügte eine Stellungnahme von Dr. St. vom 30.10.2008 (Bl 13 der Verwaltungsakte) bei. Darin führt Dr. St. aus, dass eine Erkrankung vorliege, die unbehandelt oder unzureichend behandelt regelmäßig zur Schwerbehinderung und zum vorzeitigen Tode führe. Die therapeutische Apherese sei keine Plasma-Austauschbehandlung, sondern ein Verfahren, das der Hämofiltration als Dialyseform sehr ähnlich sei und es handle sich um ein weltweit eingesetztes, mit hoher Evidenz belegtes extrakorporales Verfahren. Der Hinweis auf den GBA sei hinfällig, da im Fall der Klägerin ein Systemversagen vorliege. Eine Alternative zu der jetzigen Behandlung bestehe nicht.
Dr. B. vom MDK erstellte am 22.12.2008 ein weiteres Gutachten nach Aktenlage und führte darin aus, dass es sich bei der Apheresebehandlung um eine neue Behandlungsmethode handle, die eingehend vom GBA hinsichtlich ihrer Evidenz für verschiedene Krankheitsbilder überprüft und von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Auch sei bei der Klägerin keine abschließende fachärztliche Diagnostik und Differenzialdiagnostik bezüglich der Hauptsymptome erfolgt. Für keine bei der Klägerin angegebenen Verdachtsdiagnosen sei durch relevante Studien bisher ein therapeutischer Nutzen für die Apheresebehandlung belegt. Ein akut lebensbedrohliche notstandsähnliche Situation sei durch die in den vorliegenden Unterlagen geäußerten Verdachtsdiagnosen bei unauffälligen Laborwerten nicht anzunehmen. Die üblichen vertragsärztlichen diagnostischen Untersuchungen bei Fachärzten auf dem Gebiet der Rheumatologie, Neurologie und Psychiatrie sowie Endokrinologie seien indiziert und bisher nicht durchgeführt worden.
Die Klägerin reichte am 17.03.2009 eine weitere Rechnung über eine Apheresebehandlung am 02.12.2008 von Dr. St. über einen Betrag von 1.663,35 EUR sowie weitere umfangreiche Unterlagen ein. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 19/29 sowie Blatt 35/39 der Verwaltungsakte verwiesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Erstellung eines weiteren MDK-Gutachtens durch Dr. B. am 28.04.2009 mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 zurück und führte zur Begründung aus, dass es sich bei der therapeutischen Apherese um eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 92 iVm § 135 SGB V handle. Diese könne nur ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn eine positive Bewertung des GBA vorläge. Die therapeutische Apherese sei eingehend vom GBA geprüft und von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Es liege auch keine schwere lebensbedrohliche oder regelmäßig zum Tode führende Erkrankung im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 vor.
Die Klägerin hat am 20.07.2009 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei den Erkrankungen FMS und MCS nicht um Erkrankungen handle, die lebensbedrohlich wären oder unbehandelt zum Tod führen würden. Es handle sich bei beiden Erkrankungen vielmehr um über Jahre bestehende, möglicherweise chronische Erkrankungen, deren Entstehung, jedenfalls derzeit, nicht geklärt sei. Dass diese beiden Erkrankungen allein oder kombiniert lebensbedrohlich wären, sei der einschlägigen Literatur und auch den medizinischen Aufsätzen der Klägerin nicht zu entnehmen. Lediglich der Mediziner, der die Apheresebehandlung bei der Klägerin durchgeführt habe, Dr. St., habe in seinen Attesten bescheinigt, dass die Krankheiten unbehandelt zum Tode führen. Demnach komme eine Kostenerstattung im Falle einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V auch unter Berücksichtigung des so genannten Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az 1 BvR 347/98) nicht in Betracht.
Die Klägerin hat gegen den am 21.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid am 21.12.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das SG die Lebensbedrohlichkeit der schweren funktionellen Erkrankungen der Klägerin verkannt habe. Bei den Erkrankungen handle es sich auch unabhängig von der Einschätzung des Behandlers um schwere funktionelle Störungen, die wertungsmäßig zu einem ebenso großen Verlust an Körperfunktionen führen könnten, sodass es der Lebensbedrohlichkeit im Sinne des Nikolaus-Beschlusses gleichstehe. Fibromyalgie sei mit den heutigen Mitteln kausal nicht ausheilbar. Allenfalls könne gleichermaßen von Schulmedizin, Naturheilkunde und auch den so genannten neuartigen Therapiemethoden etwas Linderung und Hinauszögern der Schübe und Verschlechterung erwartet werden. Insoweit sei hier der Therapieversuch vertretbar. Bei der Klägerin drohe ein Multiorganversagen insbesondere der Nieren. Zudem gebe es wegen der MCS immer wieder die Gefahr, dass Vergiftungserscheinungen und Vergiftungsanfälle aufträten und damit auch unmittelbar drohende Erstickungs- und Ohnmachtsanfälle gegeben seien, wenn sich die Klägerin aus der Wohnung hinaus begebe. Diese führten dann je nach Situation, etwa im Straßenverkehr, zu lebensgefährlichen Situationen. Auch habe das SG fälschlich die Apheresebehandlung als neuartige Behandlung betrachtet. Apherese sei gerade für toxische Erscheinungen das Mittel der Wahl. Ferner liege ein Systemversagen vor, da sich der Gemeinsame Bundesausschuss zwar mit den so genannten Lipidapheresen bereits auseinander gesetzt habe, nicht aber mit den anderen, ebenso gut belegten, in der Literatur beschriebenen Aphereseformen.
Die Klägerin beantragt,
das Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die Apheresebehandlungen (Rechnungen vom 02.09.2008 sowie 02.12.2008) iHv 3.548,21 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 sowie die Gutachten des MDK vom 14.10.2008, 27.04.2009 und 28.04.2009 verwiesen. Die therapeutische Apherese sei durch den GBA eingehend geprüft und von der vertragsärztlichen Behandlung ausgeschlossen worden. Eine weitergehende Leistungspflicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 sei nach wie vor nicht erkennbar. Es lägen weiterhin keine substantiierten medizinischen Informationen vor, die über konkrete Gesundheitsschäden, den Schweregrad und deren Verlauf Auskunft geben würden. Eine lebensbedrohliche Erkrankung habe der Gutachter ebenso wenig bestätigen können, wie die Ausschöpfung schulmedizinischer Therapien. Auch ein therapeutischer Nutzen der Apheresebehandlung sei bisher für keine der angegebenen Diagnose durch relevante Studien bestätigt worden.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.02.2012 auf das Senatsurteil vom 28.09.2010, Az: L 11 KR 5288/09, hingewiesen, wonach der Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Kostenerstattung für therapeutische Apherese zur Behandlung einer MCS- oder CFS-Erkrankung hat.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ba. hat am 15.03.2012 mitgeteilt, dass er die Klägerin letztmalig am 29.07.2008 behandelt habe. Dr. K., Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Allgemeinmedizin hat am 25.04.2012 mitgeteilt, dass er ein Fibromyalgiesyndrom und ein chronisches Müdigkeitssyndrom diagnostiziert habe. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege nicht vor. Der Internist, Nephrologe, Hypertensiologe sowie Umweltmediziner Dr. St. hat mit Schreiben vom 02.05.2012 ausgeführt, dass er eine Multiple Chronic Illness mit toxischer Encephalopathien, chronischem Erschöpfungssyndrom infolge MCS, eine multiple genetische Dysfunktion, eine familiäre Vorbelastung mit vorzeitigem cardiovaskulären Ereignissen, eine Autoimmunthyreoditis, eine aktuell kompensierte Hypothyreose, eine Fibromyalgie, ein toxisches Leaky - gut - Syndrom, einen massiven Nachweis von zirkulierenden Immunkomplexen sowie eine Dyslipoproteinämie diagnostiziert habe. Es liege eine lebenszerstörende und letztlich lebensbedrohende Erkrankung vor. Diese Einschätzung ergebe sich aus dem klinischen Bild und der Anamnese der Klägerin und aus der Tatsache, dass "normale schulmedizinisch stationäre Aufenthalte" der Klägerin vor den Apheresebehandlungen keinen Effekt gehabt hätten. Der Allgemeinmediziner Dr. D. hat mit Schreiben vom 21.08.2012 mitgeteilt, dass er eine Multisystemerkrankung mit dem Bild einer CFS und eines MCS durch chronische Chemikalienbelastung, eine Störung im Fremdstoffmetabolismus sowie eine Autoimmunthyreoditis vom Hashimototyp diagnostiziert habe. Ohne adäquate Behandlung sei bei der Klägerin eine Schädigung lebenswichtiger Organe, wie beispielsweise des Nervensystems zu erwarten. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege daher vor.
Der Senat hat des Weiteren Befundunterlagen von der Deutschen Rentenversicherung Bund aus dem Verwaltungsverfahren über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente beigezogen. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat am 12.03.2010 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über die Klägerin erstellt und eine anhaltende wahnhafte Störung sowie eine coenästhetische Schizophrenie diagnostiziert. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Gutachtens und der weiteren Befundunterlagen wird auf Bl 58/82 der Berufungsakte verwiesen.
Die Beklagte hat ein Gutachten von Dr. B. vom MDK vom 11.10.2012 vorgelegt, wonach eine lebensbedrohliche, regelmäßig tödliche Erkrankung nicht vorliege. Auch sei ein Wirksamkeitsnachweis für die beantragte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht ersichtlich. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 162/182 der Berufungsakte verwiesen.
Die Klägerin hat am 28.11.2012 die Einholung eines umweltmedizinischen Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Untersuchung des Eluats zum Nachweis der durch die Apherese ausgefilterten Belastungen beantragt und als Gutachter Prof. Dr. W. H. benannt. Prof. Dr. H. hat mit Schreiben vom 20.02.2013 mitgeteilt, dass es ihm nicht möglich sei das Gutachten zu erstellen und er eine Begutachtung durch Prof. Dr. Ko. empfehle. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 19.04.2013 ihr Einverständnis mit einer Begutachtung durch Prof. Dr. Ko. mitgeteilt hat, hat der Senat am 22.04.2013 Prof. Dr. Ko. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt.
Nach mehrfachen Erinnerungen an die Erstattung des Gutachtens (Verfügung vom 01.07.2013, Bl 207 der Berufungsakte sowie Verfügung vom 01.08.2013, Bl 209 der Berufungsakte) hat Prof. Dr. Ko. mit Schreiben vom 30.07.2013 mitgeteilt, dass er nach erster Durchsicht der Unterlagen nicht in der Lage sei, eine Begutachtung durchzuführen. Er hat zur Begründung ausgeführt, dass die diversen Erkrankungen diagnostisch nicht oder nicht ausreichend valide erstellt seien. Die angegebenen Störungen auf zellulär-molekularer Basis seien spekulativ, da sie nicht auf gemessenen Daten beruhten. Dr. St. habe nicht dargelegt, welche Erkrankungen der Klägerin durch eine therapeutische Apherese günstig beeinflusst werden könnten. Es gebe bislang keine wissenschaftlichen Befunde über charakteristische Bestandteile im Blut von MCS, CFS und FMS-Patienten, deren Verminderung zu einer Besserung des Krankheitsbildes führen könnte. Die gegenüber der Klägerin geltend gemachten aktenkundige ärztliche Prognose einer Wiederherstellung der Gesundheit durch 12 Apheresebehandlungen im Laufe eines Jahres sei ethisch nicht mehr zu akzeptieren. Falls sich Dr. St. durch das ihm zur Verfügung stehende Datenmaterial zu dieser Erfolgsprognose berechtigt sehe, seien diese Daten in ausgearbeiteter Form zur Verfügung zu stellen. Wenn Dr. St. diese Daten vorlege, wonach eine Apheresebehandlung bei MCS/CFS/FM zu einem definierten Therapieeffekt führe, auch wenn zugrunde liegende Mechanismen nicht bekannt seien, sei er zu einer Begutachtung bereit. Anderenfalls sei er nicht der richtige Gutachter. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 210/213 der Berufungsakte verwiesen.
Der Senat hat mit Schreiben vom 01.08.2013 mitgeteilt, dass eine nochmalige Beauftragung eines Gutachters nach § 109 SGG nicht beabsichtigt ist.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.08.2013 um Ermittlungen von Amts wegen gebeten, da die Ausführungen von Prof. Dr. Ko. noch nicht zu zielführenden Ermittlungsergebnissen geführt hätten. Es besteht die Möglichkeit, dass der Behandler Dr. St. die vom Sachverständigen, gewünschten Unterlagen vorlege. Erst dann könne festgestellt werden, ob die hier streitgegenständlichen Apheresestandards erfüllt seien. Der Sachverständige erscheine ausweislich seines Anschreibens bereits jetzt zu wissen, dass 12 Apheresen pro Jahr keinesfalls vertretbar sein sollten. Dies stütze er allenfalls abstrakt auf den von ihm zitierten Apheresestandard, nicht aber auf nähere Ermittlungen, da er das Fehlen von Unterlagen selbst einräume und auch die Klägerin nicht körperlich untersucht habe. Es seien daher weitere Ermittlungen durchzuführen und ein anderer Sachverständiger zu benennen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die zwei therapeutischen Apheresebehandlungen iHv 1.884,54 EUR über den Zeitraum vom 04.08. bis zum 06.08.2008 sowie vom 02.12.2008 iHv 1.663,35 EUR.
Streitgegenstand ist sowohl die erste Apheresebehandlung vom 04.08.2008 bis zum 06.08.2008 als auch die am 02.12.2008 durchgeführte Behandlung. Die Beklagte hat zwar in ihrem Bescheid vom 27.10.2008 zunächst nur die erste Apheresebehandlung abgelehnt, im Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 jedoch bezüglich der zweiten Apheresebehandlung am 02.12.2008 ausgeführt, dass auch für diese ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe.
Da die Klägerin die Behandlung bereits in Anspruch genommen hat und die Kosten hierfür selbst verauslagt hat, kommt lediglich ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V, in der Fassung vom 26.03.2007) in Betracht. Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V hat die Klägerin nicht gewählt. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und dadurch dem Versicherte für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gibt demnach einen Kostenerstattungsanspruch für den Fall, dass der Versicherte wegen eines Systemversagens gezwungen ist, sich eine Behandlung, die ihm die Krankenkasse an sich als Sachleistung schuldet, außerhalb des für Sachleistungen vorgesehenen Weges selbst zu beschaffen.
Bezüglich der vom 04.08. bis zum 06.08.2008 durchgeführten Apheresebehandlung hat die Klägerin bereits unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Systemversagens schon wegen der Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Beschaffungsweges keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach rechtswidriger Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung der Krankenkasse und der Selbstbeschaffung (BSG 01.04.2010, B 1 KR 114/09 B, juris; BSG 30.06.2009 B 1 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 15 stRspr). Die Klägerin hatte die Behandlung bereits vom 04.08.2008 bis zum 06.08.2008 durchgeführt und abgeschlossen, bevor sie erstmals am 22.09.2008 die Übernahme der Kosten bei der Beklagten beantragte. Die Leistungsablehnung der Beklagten war daher nicht kausal für das Entstehen der Kosten, da die Klägerin die Behandlung bereits vorher durchgeführt hatte.
Die Leistung war auch nicht unaufschiebbar, da es der Klägerin ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit oder Behandlung möglich gewesen wäre, vor Beginn der Leistungsinanspruchnahme die Beklagte einzuschalten. Es liegen keine Anhaltspunkte dergestalt vor, dass die Apheresebehandlung derart dringend war, dass der Klägerin es nicht zuzumuten gewesen wäre, einen vorherigen Leistungsantrag bei der Beklagten zu stellen und zumindest eine Entscheidung hierüber abzuwarten. Damit liegt auch kein Notfall im Sinne von § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V vor. Eine Notfallbehandlung hätte zudem als Sachleistung erbracht werden müssen, sodass sich der Vergütungsanspruch nicht gegen die Klägerin, sondern allein gegen die Krankenkasse gerichtet hätte (BSG 19.10.2001, B 1 KR 6/01 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 25). Damit scheide ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V aus.
Eine vorherige Entscheidung der Krankenkasse im Rahmen von § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa aufgrund von Erfahrung aus anderen Fällen - von vornherein feststeht (BSG 01.04.2010, B 1 KR 114/09 B, juris; BSG 30.06.2009, B 1 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 15 stRspr). Dies hat zur Folge, dass auch für die am 02.12.2008 durchgeführte Apheresebehandlung ein vorheriger Leistungsantrag bei der Beklagten hätte gestellt werden müssen. Allein die Tatsache, dass die Beklagte bereits mit Bescheid vom 27.10.2008 die Übernahme der Kosten für die erste Apheresebehandlung abgelehnt hatte, macht einen vorherigen Leistungsantrag bei der nachfolgenden Behandlung nach der dargestellten Rechtsprechung nicht entbehrlich. Auch für die Behandlung vom 02.12.2008 fehlt somit der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung der Krankenkasse und der Selbstbeschaffung.
Darüber hinaus hätte die Klägerin auch bei Einhaltung des Beschaffungsweges keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die zwei Apheresebehandlungen entstandenen Kosten.
Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur oder als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse erfüllt eine Leistungserbringung dann, wenn sie nicht nur von einzelnen Ärzten, sondern von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte und Wissenschaftler) befürwortet wird und, von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, ein Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode, die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist, zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG 13.12.2005, B 1 KR 21/04 R, SozR 4-2500 § 18 Nr 5 mwN). Deshalb sind die Krankenkassen nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben.
Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann von der Leistungspflicht der GKV umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird sowohl geregelt, unter welchen Voraussetzungen zugelassene Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen, als auch der Umfang der den Versicherten geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (stRspr BSG, vgl zB BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 8 mwN). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG 16.11. 2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 mwN). "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (BSG 27.09. 2005, B 1 KR 28/03 R, SozR 3-2500 § 135 Nr 4).
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 28.09.2010 (Az: L 11 KR 5288/09, juris) entschieden, dass die Methode der therapeutischen Apherese eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des Krankenversicherungsrechts darstellt, für die es an der erforderlichen positiven Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fehlt. Nach Anlage I Nr 1 § 3 der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (MVV-RL) können LDL-Apheresen nur durchgeführt werden bei Patienten mit bestimmten Formen der Hypercholesterinämie oder isolierter Lp(a)-Erhöhung und Immunapheresen unter bestimmten Voraussetzungen bei aktiven rheumatoiden Arthritis. Diese Indikationen liegen bei der Klägerin unstreitig nicht vor.
Zwar werden in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung des EBM-Ä unter der Nummer 13620 (Stand 30.09.2013) die ärztliche Betreuung bei LDL-Apheresen, auch bei isolierter Lp(a)-Erhöhung, und bei einer Apherese bei rheumatoider Arthritis als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen genannt. Dennoch ist die bei der Klägerin angewandte Behandlungsmethode als "neu" anzusehen und deshalb dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V unterworfen. Denn die bei der Klägerin angewandte Therapieform wird von dem EBM-Ä nicht erfasst. Gemäß § 2 Abs 1 des 2. Kapitels 1. Abschnitt der Verfahrensordnung des GBA (in der seit Inkrafttreten am 1. April 2009 geltenden Fassung) gelten als "neue" Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht nur Leistungen, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im EBM-Ä enthalten sind, sondern auch solche, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat. Darum geht es hier. Denn die Klägerin führt als Indikation für die therapeutische Apherese Erkrankungen an, für die im EBM-Ä keine abrechnungsfähigen Leistungen genannt sind.
Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Weder ergeben sich angesichts der erheblichen Verbreitung des Krankheitsbildes Anhaltspunkte für einen Seltenheitsfall (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 1 mwN) noch für ein Systemversagen. Ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 12 mwN). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem Bundesausschuss antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim GBA offensichtlich nicht gestellt worden ist. Denn der GBA hat sich zwar mit bestimmten Indikationen der therapeutischen Apherese befasst, zB im Jahr 2003 mit der altersabhängigen Makuladegeneration, der Myasthenia gravis und vielen anderen Indikationen. Zum Anwendungsbereich bei Borreliose, CFS oder Fibromyalgie-Syndrom liegen jedoch keine Anträge vor. Der Umstand, dass in Bezug auf diese Krankheitsbilder bislang kein Antrag beim GBA gestellt worden ist, beruht nach Ansicht des Senats nicht auf Willkür oder sachfremden Erwägungen seitens der antragsberechtigten Stellen (vgl hierzu BSG 07.05.2013, B 1 KR 41/12 R, juris). Hierfür ist nichts ersichtlich.
Es kann somit offen bleiben, ob der Methode der therapeutischen Apherese bei den bei der Klägerin vorliegenden Indikationen überhaupt ein nachvollziehbares theoretisches Konzept zugrunde liegt, über dessen Wirksamkeit zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen getroffen werden können. Zweifel hieran bestehen, da nach den Aussagen von Prof. Dr. Ko. eine nachvollziehbare Begründung für die Behandlung des CFS, der FMS und des MCS mit der therapeutischen Apherese auch durch den Behandler Dr. St. nicht vorgelegt wurde. Prof. Dr. Ko. weist, wie auch schon der MDK in seinen Stellungnahmen und Gutachten, darauf hin, dass eine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit der Methode zur Besserung oder Linderung der Beschwerden der Klägerin nicht dargelegt ist. Valide wissenschaftlich fundierte Studien hierzu fehlen. Auch der Senat hat bereits im Urteil vom 28.09.2010 (L 11 KR 5288/09, Rdnr 33, juris) dargelegt, dass zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Konzept und die Wirksamkeit der Apherese bei den Erkrankungen der Klägerin fehlen. Diese Einschätzung ist auch nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nach wie vor zutreffend. Dr. St. führt zwar in seinen Stellungnahmen vom 30.10.2008 und vom 11.02.2009 an, dass die Entscheidung des GBA zur therapeutischen Apherese mit erheblichen Systemmänglen behaftet sei und nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche. Den Nachweis hierfür bleibt er jedoch schuldig. Allein der Verweis auf 20.000 durchgeführte Apherese - Behandlungen vermag einen fundierten wissenschaftlichen Nachweis über die Evidenz der Apherese - Behandlungen bei den in Frage stehenden Indikationen nicht zu ersetzen. Im Übrigen wurden bei der Klägerin nach Aussage von Dr. St. seit dem 05.08.2008 mittlerweile 6 Apherese - Behandlungen durchgeführt, ohne dass eine durchgreifende Besserung des Zustandes der Klägerin zu erkennen wäre. Dr. St. führt vielmehr in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Senat am 02.05.2012 an, dass weitere Behandlungen indiziert seien. Insofern sind die Voraussetzungen, dass die Leistung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, nicht dargelegt.
Hinzu kommt, dass alternative Behandlungsmöglichkeiten innerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung vorhanden und im Fall der Klägerin sogar dringend indiziert sind. Nach Auffassung des Senats liegt bei der Klägerin behandlungsbedürftige Erkrankung auf psychiatrischen Fachgebiet vor. Der Senat schließt dies aus den von Dr. C. in ihrem neurologisch - psychiatrischen Gutachten vom 12.03.2010 erhobenen Befunden. Danach lebt die Klägerin sozial völlig zurückgezogen und ist fixiert auf den Gedanken, hoch allergisch gegen Duftstoffe und andere Umweltgifte zu sein. Die gesamte Lebensgestaltung ist auf die Erkrankung eingerichtet. Dr. C. diagnostiziert eine anhaltende wahnhafte Störung und coenästhethische Schizophrenie. Eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung findet jedoch nicht statt.
Schließlich liegen keine Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 06.12.2005 (Aktenzeichen 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5) zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art 2 Abs 1 iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine solche verfassungskonforme Auslegung setzt voraus, dass drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: - Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor, - bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Stand entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und - eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Auch der Senat ist, wie schon das SG, davon überzeugt, dass eine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung bei der Klägerin nicht vorliegt. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19 mwN).
Entsprechend diesen Grundsätzen können die bei der Klägerin gestellten Diagnosen eines CFS, eines FMS bei toxischer Encephalopathie und eines MCS, ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt nachgewiesen sind, nicht als lebensbedrohliche Erkrankungen angesehen werden. Denn eine konkret auf die Klägerin bezogene Begründung ist auch den Stellungnahmen von Dr. St. und Dr. D. nicht zu entnehmen. Befunde, wonach mit dem Verlust wichtiger Sinnesorgane oder herausgehobener Körperfunktionen alsbald zu rechnen ist, werden nicht genannt. Dr. St. selbst begründet dies in seiner sachverständigen Zeugenaussage lediglich mit dem klinischen Bild und der Anamnese. Dies allein belegt jedoch noch nicht das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit. Die Behauptung von Dr. St., es liege eine lebensbedrohliche Erkrankung bei der Klägerin vor, ist durch nichts belegt. Gleiches gilt für die Ausführungen von Dr. D., wonach eine Schädigung lebenswichtiger Organe wie zB das Nervensystem drohe. Nach den Befunden von Dr. C. in ihrem Gutachten vom 12.03.2010 liegt zwar eine behandlungsbedürftige psychiatrische Erkrankung vor. Die erhobenen Befunden zeigen jedoch, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Vermeidungsstrategie zwar völlig zurückgezogen und sozial isoliert ist und somit eine erheblich beeinträchtigte Lebensqualität vorliegt, eine akute Lebensbedrohung aber nicht gegeben ist. Auch Dr. K. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2012 eine lebensbedrohliche Erkrankung verneint. Soweit Dr. St. darauf abhebt, dass schulmedizinische Maßnahme keinen Effekt gehabt hätten und diesbezüglich auf eine Rehabilitationsmaßnahme aus dem Jahr 2002/2003 verweist, zeigt dies nur, dass seither keine engmaschigen schulmedizinischen Behandlungsmaßnahmen mehr wahrgenommen wurden, belegt jedoch nicht die Lebensbedrohlichkeit der Symptomatik.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für zwei therapeutische Apheresen (ambulante, extrakorporale Blutreinigungverfahren) iHv 3.548,21 EUR.
Die im Jahr 1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 17.09.2008, eingegangen bei der Beklagten am 22.09.2008 die Übernahme der Kosten für eine am 04.08.2008 begonnene Apheresebehandlung bei Dr. St. in F. im Wald. Die Klägerin legte ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11.07.2008 sowie ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21.02.2007 vor. Des Weiteren reichte die Klägerin einen Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Allgemeinmedizin Dr. K. vom 12.09.2008 (Bl 2 der Verwaltungsakte), eine Rechnung über die therapeutische Apheresebehandlung vom 04.08. bis 06.08.2008 iHv 1.884,54 EUR (Bl 4 der Verwaltungsakte) sowie eine Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin, Nephrologie, Hypertensiologie und Gesundheitsökonomie, Leiter der internationalen Apheresestation F. im Wald Dr. St. vom 01.10.2008 (Bl 7 der Verwaltungsakte) ein. In diesen Unterlagen werden als Diagnosen aufgeführt: toxische Enzephalopathie, Multiple Chemical Sensitivity (MCS), Lungendefekte, Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS) und Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Dr. Schulze vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) führte in einem Gutachten nach Aktenlage am 14.10.2008 aus, dass es sich bei der beantragten Apherese um eine außervertragliche Leistung handle. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe bisher kein Votum abgegeben. Er habe zwar Apheresen bei verschiedenen Indikationen bewertet, aber nur zwei Indikationen hätten unter weiteren Voraussetzungen ein positives Votum erhalten, und zwar die LDL-Apherese und die Immunapherese bei akuter rheumatoider Arthritis. Eine akut lebensbedrohliche Situation bestehe den vorliegenden Informationen zufolge nicht. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.10.2008 ab.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und fügte eine Stellungnahme von Dr. St. vom 30.10.2008 (Bl 13 der Verwaltungsakte) bei. Darin führt Dr. St. aus, dass eine Erkrankung vorliege, die unbehandelt oder unzureichend behandelt regelmäßig zur Schwerbehinderung und zum vorzeitigen Tode führe. Die therapeutische Apherese sei keine Plasma-Austauschbehandlung, sondern ein Verfahren, das der Hämofiltration als Dialyseform sehr ähnlich sei und es handle sich um ein weltweit eingesetztes, mit hoher Evidenz belegtes extrakorporales Verfahren. Der Hinweis auf den GBA sei hinfällig, da im Fall der Klägerin ein Systemversagen vorliege. Eine Alternative zu der jetzigen Behandlung bestehe nicht.
Dr. B. vom MDK erstellte am 22.12.2008 ein weiteres Gutachten nach Aktenlage und führte darin aus, dass es sich bei der Apheresebehandlung um eine neue Behandlungsmethode handle, die eingehend vom GBA hinsichtlich ihrer Evidenz für verschiedene Krankheitsbilder überprüft und von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Auch sei bei der Klägerin keine abschließende fachärztliche Diagnostik und Differenzialdiagnostik bezüglich der Hauptsymptome erfolgt. Für keine bei der Klägerin angegebenen Verdachtsdiagnosen sei durch relevante Studien bisher ein therapeutischer Nutzen für die Apheresebehandlung belegt. Ein akut lebensbedrohliche notstandsähnliche Situation sei durch die in den vorliegenden Unterlagen geäußerten Verdachtsdiagnosen bei unauffälligen Laborwerten nicht anzunehmen. Die üblichen vertragsärztlichen diagnostischen Untersuchungen bei Fachärzten auf dem Gebiet der Rheumatologie, Neurologie und Psychiatrie sowie Endokrinologie seien indiziert und bisher nicht durchgeführt worden.
Die Klägerin reichte am 17.03.2009 eine weitere Rechnung über eine Apheresebehandlung am 02.12.2008 von Dr. St. über einen Betrag von 1.663,35 EUR sowie weitere umfangreiche Unterlagen ein. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 19/29 sowie Blatt 35/39 der Verwaltungsakte verwiesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Erstellung eines weiteren MDK-Gutachtens durch Dr. B. am 28.04.2009 mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 zurück und führte zur Begründung aus, dass es sich bei der therapeutischen Apherese um eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 92 iVm § 135 SGB V handle. Diese könne nur ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn eine positive Bewertung des GBA vorläge. Die therapeutische Apherese sei eingehend vom GBA geprüft und von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Es liege auch keine schwere lebensbedrohliche oder regelmäßig zum Tode führende Erkrankung im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 vor.
Die Klägerin hat am 20.07.2009 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei den Erkrankungen FMS und MCS nicht um Erkrankungen handle, die lebensbedrohlich wären oder unbehandelt zum Tod führen würden. Es handle sich bei beiden Erkrankungen vielmehr um über Jahre bestehende, möglicherweise chronische Erkrankungen, deren Entstehung, jedenfalls derzeit, nicht geklärt sei. Dass diese beiden Erkrankungen allein oder kombiniert lebensbedrohlich wären, sei der einschlägigen Literatur und auch den medizinischen Aufsätzen der Klägerin nicht zu entnehmen. Lediglich der Mediziner, der die Apheresebehandlung bei der Klägerin durchgeführt habe, Dr. St., habe in seinen Attesten bescheinigt, dass die Krankheiten unbehandelt zum Tode führen. Demnach komme eine Kostenerstattung im Falle einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V auch unter Berücksichtigung des so genannten Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az 1 BvR 347/98) nicht in Betracht.
Die Klägerin hat gegen den am 21.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid am 21.12.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das SG die Lebensbedrohlichkeit der schweren funktionellen Erkrankungen der Klägerin verkannt habe. Bei den Erkrankungen handle es sich auch unabhängig von der Einschätzung des Behandlers um schwere funktionelle Störungen, die wertungsmäßig zu einem ebenso großen Verlust an Körperfunktionen führen könnten, sodass es der Lebensbedrohlichkeit im Sinne des Nikolaus-Beschlusses gleichstehe. Fibromyalgie sei mit den heutigen Mitteln kausal nicht ausheilbar. Allenfalls könne gleichermaßen von Schulmedizin, Naturheilkunde und auch den so genannten neuartigen Therapiemethoden etwas Linderung und Hinauszögern der Schübe und Verschlechterung erwartet werden. Insoweit sei hier der Therapieversuch vertretbar. Bei der Klägerin drohe ein Multiorganversagen insbesondere der Nieren. Zudem gebe es wegen der MCS immer wieder die Gefahr, dass Vergiftungserscheinungen und Vergiftungsanfälle aufträten und damit auch unmittelbar drohende Erstickungs- und Ohnmachtsanfälle gegeben seien, wenn sich die Klägerin aus der Wohnung hinaus begebe. Diese führten dann je nach Situation, etwa im Straßenverkehr, zu lebensgefährlichen Situationen. Auch habe das SG fälschlich die Apheresebehandlung als neuartige Behandlung betrachtet. Apherese sei gerade für toxische Erscheinungen das Mittel der Wahl. Ferner liege ein Systemversagen vor, da sich der Gemeinsame Bundesausschuss zwar mit den so genannten Lipidapheresen bereits auseinander gesetzt habe, nicht aber mit den anderen, ebenso gut belegten, in der Literatur beschriebenen Aphereseformen.
Die Klägerin beantragt,
das Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die Apheresebehandlungen (Rechnungen vom 02.09.2008 sowie 02.12.2008) iHv 3.548,21 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 sowie die Gutachten des MDK vom 14.10.2008, 27.04.2009 und 28.04.2009 verwiesen. Die therapeutische Apherese sei durch den GBA eingehend geprüft und von der vertragsärztlichen Behandlung ausgeschlossen worden. Eine weitergehende Leistungspflicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 sei nach wie vor nicht erkennbar. Es lägen weiterhin keine substantiierten medizinischen Informationen vor, die über konkrete Gesundheitsschäden, den Schweregrad und deren Verlauf Auskunft geben würden. Eine lebensbedrohliche Erkrankung habe der Gutachter ebenso wenig bestätigen können, wie die Ausschöpfung schulmedizinischer Therapien. Auch ein therapeutischer Nutzen der Apheresebehandlung sei bisher für keine der angegebenen Diagnose durch relevante Studien bestätigt worden.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.02.2012 auf das Senatsurteil vom 28.09.2010, Az: L 11 KR 5288/09, hingewiesen, wonach der Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Kostenerstattung für therapeutische Apherese zur Behandlung einer MCS- oder CFS-Erkrankung hat.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ba. hat am 15.03.2012 mitgeteilt, dass er die Klägerin letztmalig am 29.07.2008 behandelt habe. Dr. K., Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Allgemeinmedizin hat am 25.04.2012 mitgeteilt, dass er ein Fibromyalgiesyndrom und ein chronisches Müdigkeitssyndrom diagnostiziert habe. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege nicht vor. Der Internist, Nephrologe, Hypertensiologe sowie Umweltmediziner Dr. St. hat mit Schreiben vom 02.05.2012 ausgeführt, dass er eine Multiple Chronic Illness mit toxischer Encephalopathien, chronischem Erschöpfungssyndrom infolge MCS, eine multiple genetische Dysfunktion, eine familiäre Vorbelastung mit vorzeitigem cardiovaskulären Ereignissen, eine Autoimmunthyreoditis, eine aktuell kompensierte Hypothyreose, eine Fibromyalgie, ein toxisches Leaky - gut - Syndrom, einen massiven Nachweis von zirkulierenden Immunkomplexen sowie eine Dyslipoproteinämie diagnostiziert habe. Es liege eine lebenszerstörende und letztlich lebensbedrohende Erkrankung vor. Diese Einschätzung ergebe sich aus dem klinischen Bild und der Anamnese der Klägerin und aus der Tatsache, dass "normale schulmedizinisch stationäre Aufenthalte" der Klägerin vor den Apheresebehandlungen keinen Effekt gehabt hätten. Der Allgemeinmediziner Dr. D. hat mit Schreiben vom 21.08.2012 mitgeteilt, dass er eine Multisystemerkrankung mit dem Bild einer CFS und eines MCS durch chronische Chemikalienbelastung, eine Störung im Fremdstoffmetabolismus sowie eine Autoimmunthyreoditis vom Hashimototyp diagnostiziert habe. Ohne adäquate Behandlung sei bei der Klägerin eine Schädigung lebenswichtiger Organe, wie beispielsweise des Nervensystems zu erwarten. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege daher vor.
Der Senat hat des Weiteren Befundunterlagen von der Deutschen Rentenversicherung Bund aus dem Verwaltungsverfahren über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente beigezogen. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat am 12.03.2010 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über die Klägerin erstellt und eine anhaltende wahnhafte Störung sowie eine coenästhetische Schizophrenie diagnostiziert. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Gutachtens und der weiteren Befundunterlagen wird auf Bl 58/82 der Berufungsakte verwiesen.
Die Beklagte hat ein Gutachten von Dr. B. vom MDK vom 11.10.2012 vorgelegt, wonach eine lebensbedrohliche, regelmäßig tödliche Erkrankung nicht vorliege. Auch sei ein Wirksamkeitsnachweis für die beantragte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht ersichtlich. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 162/182 der Berufungsakte verwiesen.
Die Klägerin hat am 28.11.2012 die Einholung eines umweltmedizinischen Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Untersuchung des Eluats zum Nachweis der durch die Apherese ausgefilterten Belastungen beantragt und als Gutachter Prof. Dr. W. H. benannt. Prof. Dr. H. hat mit Schreiben vom 20.02.2013 mitgeteilt, dass es ihm nicht möglich sei das Gutachten zu erstellen und er eine Begutachtung durch Prof. Dr. Ko. empfehle. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 19.04.2013 ihr Einverständnis mit einer Begutachtung durch Prof. Dr. Ko. mitgeteilt hat, hat der Senat am 22.04.2013 Prof. Dr. Ko. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt.
Nach mehrfachen Erinnerungen an die Erstattung des Gutachtens (Verfügung vom 01.07.2013, Bl 207 der Berufungsakte sowie Verfügung vom 01.08.2013, Bl 209 der Berufungsakte) hat Prof. Dr. Ko. mit Schreiben vom 30.07.2013 mitgeteilt, dass er nach erster Durchsicht der Unterlagen nicht in der Lage sei, eine Begutachtung durchzuführen. Er hat zur Begründung ausgeführt, dass die diversen Erkrankungen diagnostisch nicht oder nicht ausreichend valide erstellt seien. Die angegebenen Störungen auf zellulär-molekularer Basis seien spekulativ, da sie nicht auf gemessenen Daten beruhten. Dr. St. habe nicht dargelegt, welche Erkrankungen der Klägerin durch eine therapeutische Apherese günstig beeinflusst werden könnten. Es gebe bislang keine wissenschaftlichen Befunde über charakteristische Bestandteile im Blut von MCS, CFS und FMS-Patienten, deren Verminderung zu einer Besserung des Krankheitsbildes führen könnte. Die gegenüber der Klägerin geltend gemachten aktenkundige ärztliche Prognose einer Wiederherstellung der Gesundheit durch 12 Apheresebehandlungen im Laufe eines Jahres sei ethisch nicht mehr zu akzeptieren. Falls sich Dr. St. durch das ihm zur Verfügung stehende Datenmaterial zu dieser Erfolgsprognose berechtigt sehe, seien diese Daten in ausgearbeiteter Form zur Verfügung zu stellen. Wenn Dr. St. diese Daten vorlege, wonach eine Apheresebehandlung bei MCS/CFS/FM zu einem definierten Therapieeffekt führe, auch wenn zugrunde liegende Mechanismen nicht bekannt seien, sei er zu einer Begutachtung bereit. Anderenfalls sei er nicht der richtige Gutachter. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 210/213 der Berufungsakte verwiesen.
Der Senat hat mit Schreiben vom 01.08.2013 mitgeteilt, dass eine nochmalige Beauftragung eines Gutachters nach § 109 SGG nicht beabsichtigt ist.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.08.2013 um Ermittlungen von Amts wegen gebeten, da die Ausführungen von Prof. Dr. Ko. noch nicht zu zielführenden Ermittlungsergebnissen geführt hätten. Es besteht die Möglichkeit, dass der Behandler Dr. St. die vom Sachverständigen, gewünschten Unterlagen vorlege. Erst dann könne festgestellt werden, ob die hier streitgegenständlichen Apheresestandards erfüllt seien. Der Sachverständige erscheine ausweislich seines Anschreibens bereits jetzt zu wissen, dass 12 Apheresen pro Jahr keinesfalls vertretbar sein sollten. Dies stütze er allenfalls abstrakt auf den von ihm zitierten Apheresestandard, nicht aber auf nähere Ermittlungen, da er das Fehlen von Unterlagen selbst einräume und auch die Klägerin nicht körperlich untersucht habe. Es seien daher weitere Ermittlungen durchzuführen und ein anderer Sachverständiger zu benennen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die zwei therapeutischen Apheresebehandlungen iHv 1.884,54 EUR über den Zeitraum vom 04.08. bis zum 06.08.2008 sowie vom 02.12.2008 iHv 1.663,35 EUR.
Streitgegenstand ist sowohl die erste Apheresebehandlung vom 04.08.2008 bis zum 06.08.2008 als auch die am 02.12.2008 durchgeführte Behandlung. Die Beklagte hat zwar in ihrem Bescheid vom 27.10.2008 zunächst nur die erste Apheresebehandlung abgelehnt, im Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 jedoch bezüglich der zweiten Apheresebehandlung am 02.12.2008 ausgeführt, dass auch für diese ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe.
Da die Klägerin die Behandlung bereits in Anspruch genommen hat und die Kosten hierfür selbst verauslagt hat, kommt lediglich ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V, in der Fassung vom 26.03.2007) in Betracht. Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V hat die Klägerin nicht gewählt. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und dadurch dem Versicherte für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gibt demnach einen Kostenerstattungsanspruch für den Fall, dass der Versicherte wegen eines Systemversagens gezwungen ist, sich eine Behandlung, die ihm die Krankenkasse an sich als Sachleistung schuldet, außerhalb des für Sachleistungen vorgesehenen Weges selbst zu beschaffen.
Bezüglich der vom 04.08. bis zum 06.08.2008 durchgeführten Apheresebehandlung hat die Klägerin bereits unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Systemversagens schon wegen der Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Beschaffungsweges keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach rechtswidriger Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung der Krankenkasse und der Selbstbeschaffung (BSG 01.04.2010, B 1 KR 114/09 B, juris; BSG 30.06.2009 B 1 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 15 stRspr). Die Klägerin hatte die Behandlung bereits vom 04.08.2008 bis zum 06.08.2008 durchgeführt und abgeschlossen, bevor sie erstmals am 22.09.2008 die Übernahme der Kosten bei der Beklagten beantragte. Die Leistungsablehnung der Beklagten war daher nicht kausal für das Entstehen der Kosten, da die Klägerin die Behandlung bereits vorher durchgeführt hatte.
Die Leistung war auch nicht unaufschiebbar, da es der Klägerin ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit oder Behandlung möglich gewesen wäre, vor Beginn der Leistungsinanspruchnahme die Beklagte einzuschalten. Es liegen keine Anhaltspunkte dergestalt vor, dass die Apheresebehandlung derart dringend war, dass der Klägerin es nicht zuzumuten gewesen wäre, einen vorherigen Leistungsantrag bei der Beklagten zu stellen und zumindest eine Entscheidung hierüber abzuwarten. Damit liegt auch kein Notfall im Sinne von § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V vor. Eine Notfallbehandlung hätte zudem als Sachleistung erbracht werden müssen, sodass sich der Vergütungsanspruch nicht gegen die Klägerin, sondern allein gegen die Krankenkasse gerichtet hätte (BSG 19.10.2001, B 1 KR 6/01 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 25). Damit scheide ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V aus.
Eine vorherige Entscheidung der Krankenkasse im Rahmen von § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa aufgrund von Erfahrung aus anderen Fällen - von vornherein feststeht (BSG 01.04.2010, B 1 KR 114/09 B, juris; BSG 30.06.2009, B 1 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 15 stRspr). Dies hat zur Folge, dass auch für die am 02.12.2008 durchgeführte Apheresebehandlung ein vorheriger Leistungsantrag bei der Beklagten hätte gestellt werden müssen. Allein die Tatsache, dass die Beklagte bereits mit Bescheid vom 27.10.2008 die Übernahme der Kosten für die erste Apheresebehandlung abgelehnt hatte, macht einen vorherigen Leistungsantrag bei der nachfolgenden Behandlung nach der dargestellten Rechtsprechung nicht entbehrlich. Auch für die Behandlung vom 02.12.2008 fehlt somit der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung der Krankenkasse und der Selbstbeschaffung.
Darüber hinaus hätte die Klägerin auch bei Einhaltung des Beschaffungsweges keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die zwei Apheresebehandlungen entstandenen Kosten.
Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur oder als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse erfüllt eine Leistungserbringung dann, wenn sie nicht nur von einzelnen Ärzten, sondern von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte und Wissenschaftler) befürwortet wird und, von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, ein Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode, die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist, zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG 13.12.2005, B 1 KR 21/04 R, SozR 4-2500 § 18 Nr 5 mwN). Deshalb sind die Krankenkassen nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben.
Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann von der Leistungspflicht der GKV umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch derartige Richtlinien wird sowohl geregelt, unter welchen Voraussetzungen zugelassene Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen, als auch der Umfang der den Versicherten geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (stRspr BSG, vgl zB BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 8 mwN). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG 16.11. 2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 9 mwN). "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (BSG 27.09. 2005, B 1 KR 28/03 R, SozR 3-2500 § 135 Nr 4).
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 28.09.2010 (Az: L 11 KR 5288/09, juris) entschieden, dass die Methode der therapeutischen Apherese eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des Krankenversicherungsrechts darstellt, für die es an der erforderlichen positiven Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fehlt. Nach Anlage I Nr 1 § 3 der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (MVV-RL) können LDL-Apheresen nur durchgeführt werden bei Patienten mit bestimmten Formen der Hypercholesterinämie oder isolierter Lp(a)-Erhöhung und Immunapheresen unter bestimmten Voraussetzungen bei aktiven rheumatoiden Arthritis. Diese Indikationen liegen bei der Klägerin unstreitig nicht vor.
Zwar werden in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung des EBM-Ä unter der Nummer 13620 (Stand 30.09.2013) die ärztliche Betreuung bei LDL-Apheresen, auch bei isolierter Lp(a)-Erhöhung, und bei einer Apherese bei rheumatoider Arthritis als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen genannt. Dennoch ist die bei der Klägerin angewandte Behandlungsmethode als "neu" anzusehen und deshalb dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V unterworfen. Denn die bei der Klägerin angewandte Therapieform wird von dem EBM-Ä nicht erfasst. Gemäß § 2 Abs 1 des 2. Kapitels 1. Abschnitt der Verfahrensordnung des GBA (in der seit Inkrafttreten am 1. April 2009 geltenden Fassung) gelten als "neue" Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht nur Leistungen, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im EBM-Ä enthalten sind, sondern auch solche, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat. Darum geht es hier. Denn die Klägerin führt als Indikation für die therapeutische Apherese Erkrankungen an, für die im EBM-Ä keine abrechnungsfähigen Leistungen genannt sind.
Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Weder ergeben sich angesichts der erheblichen Verbreitung des Krankheitsbildes Anhaltspunkte für einen Seltenheitsfall (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 1 mwN) noch für ein Systemversagen. Ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 12 mwN). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem Bundesausschuss antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim GBA offensichtlich nicht gestellt worden ist. Denn der GBA hat sich zwar mit bestimmten Indikationen der therapeutischen Apherese befasst, zB im Jahr 2003 mit der altersabhängigen Makuladegeneration, der Myasthenia gravis und vielen anderen Indikationen. Zum Anwendungsbereich bei Borreliose, CFS oder Fibromyalgie-Syndrom liegen jedoch keine Anträge vor. Der Umstand, dass in Bezug auf diese Krankheitsbilder bislang kein Antrag beim GBA gestellt worden ist, beruht nach Ansicht des Senats nicht auf Willkür oder sachfremden Erwägungen seitens der antragsberechtigten Stellen (vgl hierzu BSG 07.05.2013, B 1 KR 41/12 R, juris). Hierfür ist nichts ersichtlich.
Es kann somit offen bleiben, ob der Methode der therapeutischen Apherese bei den bei der Klägerin vorliegenden Indikationen überhaupt ein nachvollziehbares theoretisches Konzept zugrunde liegt, über dessen Wirksamkeit zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen getroffen werden können. Zweifel hieran bestehen, da nach den Aussagen von Prof. Dr. Ko. eine nachvollziehbare Begründung für die Behandlung des CFS, der FMS und des MCS mit der therapeutischen Apherese auch durch den Behandler Dr. St. nicht vorgelegt wurde. Prof. Dr. Ko. weist, wie auch schon der MDK in seinen Stellungnahmen und Gutachten, darauf hin, dass eine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit der Methode zur Besserung oder Linderung der Beschwerden der Klägerin nicht dargelegt ist. Valide wissenschaftlich fundierte Studien hierzu fehlen. Auch der Senat hat bereits im Urteil vom 28.09.2010 (L 11 KR 5288/09, Rdnr 33, juris) dargelegt, dass zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Konzept und die Wirksamkeit der Apherese bei den Erkrankungen der Klägerin fehlen. Diese Einschätzung ist auch nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nach wie vor zutreffend. Dr. St. führt zwar in seinen Stellungnahmen vom 30.10.2008 und vom 11.02.2009 an, dass die Entscheidung des GBA zur therapeutischen Apherese mit erheblichen Systemmänglen behaftet sei und nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche. Den Nachweis hierfür bleibt er jedoch schuldig. Allein der Verweis auf 20.000 durchgeführte Apherese - Behandlungen vermag einen fundierten wissenschaftlichen Nachweis über die Evidenz der Apherese - Behandlungen bei den in Frage stehenden Indikationen nicht zu ersetzen. Im Übrigen wurden bei der Klägerin nach Aussage von Dr. St. seit dem 05.08.2008 mittlerweile 6 Apherese - Behandlungen durchgeführt, ohne dass eine durchgreifende Besserung des Zustandes der Klägerin zu erkennen wäre. Dr. St. führt vielmehr in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Senat am 02.05.2012 an, dass weitere Behandlungen indiziert seien. Insofern sind die Voraussetzungen, dass die Leistung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, nicht dargelegt.
Hinzu kommt, dass alternative Behandlungsmöglichkeiten innerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung vorhanden und im Fall der Klägerin sogar dringend indiziert sind. Nach Auffassung des Senats liegt bei der Klägerin behandlungsbedürftige Erkrankung auf psychiatrischen Fachgebiet vor. Der Senat schließt dies aus den von Dr. C. in ihrem neurologisch - psychiatrischen Gutachten vom 12.03.2010 erhobenen Befunden. Danach lebt die Klägerin sozial völlig zurückgezogen und ist fixiert auf den Gedanken, hoch allergisch gegen Duftstoffe und andere Umweltgifte zu sein. Die gesamte Lebensgestaltung ist auf die Erkrankung eingerichtet. Dr. C. diagnostiziert eine anhaltende wahnhafte Störung und coenästhethische Schizophrenie. Eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung findet jedoch nicht statt.
Schließlich liegen keine Anhaltspunkte für eine gebotene grundrechtsorientierte Auslegung vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 06.12.2005 (Aktenzeichen 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5) zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art 2 Abs 1 iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine solche verfassungskonforme Auslegung setzt voraus, dass drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: - Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor, - bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Stand entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und - eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Auch der Senat ist, wie schon das SG, davon überzeugt, dass eine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung bei der Klägerin nicht vorliegt. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19 mwN).
Entsprechend diesen Grundsätzen können die bei der Klägerin gestellten Diagnosen eines CFS, eines FMS bei toxischer Encephalopathie und eines MCS, ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt nachgewiesen sind, nicht als lebensbedrohliche Erkrankungen angesehen werden. Denn eine konkret auf die Klägerin bezogene Begründung ist auch den Stellungnahmen von Dr. St. und Dr. D. nicht zu entnehmen. Befunde, wonach mit dem Verlust wichtiger Sinnesorgane oder herausgehobener Körperfunktionen alsbald zu rechnen ist, werden nicht genannt. Dr. St. selbst begründet dies in seiner sachverständigen Zeugenaussage lediglich mit dem klinischen Bild und der Anamnese. Dies allein belegt jedoch noch nicht das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit. Die Behauptung von Dr. St., es liege eine lebensbedrohliche Erkrankung bei der Klägerin vor, ist durch nichts belegt. Gleiches gilt für die Ausführungen von Dr. D., wonach eine Schädigung lebenswichtiger Organe wie zB das Nervensystem drohe. Nach den Befunden von Dr. C. in ihrem Gutachten vom 12.03.2010 liegt zwar eine behandlungsbedürftige psychiatrische Erkrankung vor. Die erhobenen Befunden zeigen jedoch, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Vermeidungsstrategie zwar völlig zurückgezogen und sozial isoliert ist und somit eine erheblich beeinträchtigte Lebensqualität vorliegt, eine akute Lebensbedrohung aber nicht gegeben ist. Auch Dr. K. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2012 eine lebensbedrohliche Erkrankung verneint. Soweit Dr. St. darauf abhebt, dass schulmedizinische Maßnahme keinen Effekt gehabt hätten und diesbezüglich auf eine Rehabilitationsmaßnahme aus dem Jahr 2002/2003 verweist, zeigt dies nur, dass seither keine engmaschigen schulmedizinischen Behandlungsmaßnahmen mehr wahrgenommen wurden, belegt jedoch nicht die Lebensbedrohlichkeit der Symptomatik.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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