L 5 KR 1819/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 2653/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1819/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.3.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer operativen Bauchdeckenstraffung (Entfernung von Fettgewebe im Bauchbereich bzw. Resektion einer Bauchfettschürze) als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die 1960 geborene Klägerin, Mitglied der Beklagten, beantragte am 8.8.2011 die Gewährung einer operativen Bauchdeckenstraffung. Sie legte das Attest des Prof. Dr. Sch. (M. St., Zentrum für Plastische Chirurgie) vom 1.8.2011 vor. Darin ist ausgeführt, bei der Klägerin liege eine Bauchfettschürze vor. Deswegen komme es nach ihren Angaben seit mehr als einem Monat immer wieder zu Entzündungen im Bereich des Unterbauches. Eine wesentliche Gewichtsreduktion habe nicht stattgefunden. Im Unterbauchbereich zeige sich ein deutliches Überhängen von Haut-auf-Haut, intertriginös, mit deutlicher Rötung. Durch eine Bauchdeckenstraffung könne man das Haut-auf-Haut-Überhängen beheben.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Im nach Aktenlage erstellten MDK-Gutachten vom 2.9.2011 führte Dr. Sch. aus, die vorgelegten Dokumente objektivierten, dass bei der Klägerin keine ausgeprägte Bauchfettschürze bestehe. Ein entstellender Körperzustand liege fraglos nicht vor. Wegen der entzündlichen Hautreizung sei ein plastisch-chirurgischer Eingriff nicht notwendig; für eine hautärztliche Behandlung gebe es keine Hinweise.

Mit Bescheid vom 6.9.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer operativen Bauchdeckenstraffung unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 2.9.2011 ab.

Auf den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin befragte die Beklagte erneut den MDK. Dr. D., dem (u.a.) eine Fotodokumentation der Klägerin in unbekleideten Zustand vorlag und der die Klägerin auch untersuchte, führte im MDK-Gutachten vom 13.1.2012 aus, die Klägerin habe angegeben, es komme teilweise zu starkem Schwitzen und zu Geruchsentwicklung in der Bauchfalte und teilweise auch zu kleinen Blutungen mit Juckreiz. Miktionsstörungen oder Bewegungseinschränkungen lägen nicht vor. Den Hautarzt habe die Klägerin im vergangenen Jahr etwa dreimal aufgesucht; pflegerische Maßnahmen hätten nicht geholfen. Die Hautfettschürze habe sich infolge einer Gewichtszunahme nach zwei Schwangerschaften entwickelt. Dr. D. fand bei der Klägerin (Gewicht 68 kg, Größe 160 cm, BMI 26) eine Fettschürze von 13 cm Länge ab Nabel und einer Dicke bzw. Breite von 5 cm und 28 cm. In der Umschlagsfalte rechts bestehe eine diskrete Rötung ohne Blutung, ohne Pustelbildung mit einer Länge von ca. 5 cm und einer Breite von 0,2 mm. Es bestehe weder eine Geruchsentwicklung noch eine Funktionseinschränkung. Beugung und Streckung beider Hüftgelenke sei ohne Probleme möglich. Der Intimbereich werde 2 cm überlappt. Dr. D. diagnostizierte Cutis laxa abdominalis. Es handele sich um eine mäßiggradige Schürzenbildung der Bauchdecke mit vorhangartigem Absacken und teilweisem Überlappen des Intimbereichs. Funktionelle Einschränkungen (wie Unmöglichkeit der Intimpflege, Verdauungsstörungen, schwere Bewegungseinschränkungen) seien nicht vorhanden und würden auch nicht benannt. Eine adipöse Bauchdecke mit Entwicklung einer Fettschürze, wie bei der Klägerin, stelle eine Veränderung der Körperform dar, die als solche keine eigentliche Gesundheitsstörung bedeute. Es handele sich auch nicht um eine schwere Entstellung; Funktionsstörungen würden nicht verursacht. Damit liege eine behandlungsbedürftige Krankheit nicht vor. Empfohlen werde das Tragen stützender Kleidungsstücke. Zur Vermeidung intertriginöser Ekzeme sei die Einlage von Leinenstreifen zur Vermeidung eines Haut-Haut-Kontakts und die Verwendung adstringierender Puder und Cremes unter entsprechender dermatologischer Aufsicht/Mitbehandlung anzuraten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.4.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; zur Begründung bezog sie sich im Wesentlichen auf die MDK-Gutachten vom 2.9.2011 und 13.1.2012.

Am 8.5.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Sie legte weitere Arztatteste vor (u.a. Hautärztin Dr. G. vom 21.5.2012: Vorstellung der Klägerin am 19.7.2011, operative Sanierung wäre die optimale Lösung zur Vermeidung weiterer Ekzeme; Allgemeinärzte K., Ch./T. vom 26.5.2012: u.a. rezidivierende depressive Verstimmung und Bandscheibenveränderungen im LWS-Bereich wegen Haltungsfehlern) und machte geltend, wegen der überhängenden Haut komme es zu äußerst schmerzhaften Entzündungen, Blutungen und Juckreiz. Diesen Beschwerden könne nur durch eine operative Bauchdeckenstraffung abgeholfen werden; die Anwendung von Creme und Puder und ähnliche Behandlungsmethoden genügten nicht. Außerdem leide sie wegen der Bauchfettschürze unter einem verminderten Selbstwertgefühl und rezidivierender depressiver Verstimmung. Konservative Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft.

Die Beklagte teilte mit, die letzte Heilmittelanwendung der Klägerin sei im Jahr 2010 abgerechnet worden.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte:

Die Hautärztin Dr. G. teilte im Bericht vom 30.7.2012 Behandlungstermine (19.7.2011 und 21.5.2012) mit und führte aus, bei der Klägerin liege ein intertriginöses Ekzem, teilweise candidaüberlagert bei hochgradiger Adipositas mit Fettlappenbildung am Bauch vor. Es habe eine Therapie mit Tannosynt Lotion (austrocknende Behandlung), durch Einlegen von Leinenläppchen und mit Selergo Creme zur Beseitigung des sekundären Pilzbefalls stattgefunden. Aus der Sicht ihres Fachgebiets sehe sie eine operative Entfernung der Bauchfettschürze als medizinisch nicht indiziert an. Eine regelmäßige Behandlung mit austrocknenden Lotionen dürfte erfolgreich und der Klägerin zuzumuten sein. Die operative Sanierung stelle freilich eine optimale Lösung dar.

Die Allgemeinärzte K., Ch./T. teilten im Bericht vom 5.8.2012 eine rezidivierende Depression von mittelschwerer Ausprägung mit. Medikamentöse Therapien seien erfolglos gewesen bzw. hätten wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden müssen. Außerdem liege (u.a.) ein chronisches Wirbelsäulensyndrom aller Abschnitte mit deutlicher Betonung der LWS bei degenerativen Veränderungen (operierter Bandscheibenvorfall im Jahr 2006) vor. Eine operative Entfernung der Bauchfettschürze werde als medizinisch indiziert angesehen. Dadurch würden rezidivierende Infekte der Unterbauchfalte verhindert und man könne positive Effekte auf die Rückenschmerzen und die depressive Symptomatik der Klägerin erwarten.

Prof. Dr. Sch. (M. St.) gab im Bericht vom 2.8.2012 an, die Klägerin sei am 27.7.2011 und am 28.9.2011 ambulant behandelt worden. Er halte eine operative Bauchdeckenstraffung für medizinisch indiziert, da dadurch das Aufliegen von Haut auf Haut mit feuchtwarmem Milieu beseitigt und die Pilzinfektion voraussichtlich geheilt werden könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.3.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die bei der Klägerin vorliegende Fettschürze stelle keine Krankheit i. S. d. § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dar. Die dadurch bedingte Abweichung in der Körpererscheinungsform zu normalgewichtigen und normalfigurierten Menschen habe nur ästhetische Bedeutung. Weder die Bauchdecke noch die diese umgebende Haut sei durch die Fettschürze oder die Fettzellen in ihrer Funktion beeinträchtigt. Das gehe insbesondere aus den von der Beklagten erhobenen Gutachten des MDK und den vorliegenden Arztberichten hervor. Unter dauerhaft therapieresistenten Hautreizerscheinungen (Pilzbefall, Sekretionen oder entzündliche Veränderungen) leide die Klägerin nicht (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.9.2004, L 9 KR 56/03 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.11.2006, - L 4 KR 60/04 -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.11.2008, - L 11 KR 3379/08 -). Die behandelnde Hautärztin (Dr. G.) habe nur über ein intertriginöses Ekzem berichtet, das mit austrocknenden Lotionen voraussichtlich erfolgreich behandelt werden könne, und eine operative Entfernung der Bauchfettschürze nicht für medizinisch indiziert gehalten. In hautärztliche Behandlung habe sich die Klägerin auch nur an zwei Tagen (19.7.2011 und 21.5.2012) begeben. Eine entstellende Wirkung durch die Bauchfettschürze liege ebenfalls nicht vor. Aus der vorliegenden Bilddokumentation der Klägerin sei ersichtlich, dass sich die Fettschürze durch Alltagskleidung ausreichend kaschieren lasse. Für - zudem degenerativ bedingte und nicht durch die Bauchfettschürze verursachte - Rückenbeschwerden und für psychische Beschwerden stelle die begehrte Operation keine kausale Behandlung dar und sei hierfür nicht gerechtfertigt. Rückenbeschwerden müssten in erster Linie orthopädisch und physiotherapeutisch, psychische Beschwerden müssten psychiatrisch oder psychotherapeutisch behandelt werden.

Auf den ihr am 28.3.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.4.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht hätte ein Gutachten erheben müssen. Die bei ihr vorliegende Fettschürze stelle eine behandlungsbedürftige Krankheit dar und sei nicht nur ästhetisch bedeutsam. Deren Entfernung sei von behandelnden Ärzten als medizinisch indiziert eingestuft worden, um rezidivierende Infekte zu verhindern und positive Auswirkungen auf die Rückenschmerzen und die depressive Symptomatik zu erzielen. Ihr gehe es auch nicht um eine äußerliche Entstellung durch die Bauchfettschürze, sondern um die dadurch verursachten permanenten Entzündungen, die eine Operation erforderlich machten; ihr Problem liege nicht in der Ästhetik. Ihre orthopädischen und psychischen Beschwerden seien ursächlich auf die Bauchfettschürze zurückzuführen. Das Sozialgericht habe dies verkannt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.3.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2012 zu verurteilen, ihr eine operative Bauchdeckenstraffung (Resektion einer Bauchfettschürze) zu gewähren bzw. die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Bauchfettschürze der Klägerin stelle weder eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne dar noch seien hinsichtlich der geltend gemachten dermatologischen, orthopädischen und psychischen Beschwerden die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, weshalb ein operativer Eingriff an einem gesunden Organ auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gewährt werden könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr eine operative Bauchdeckenstraffung (Resektion der Bauchfettschürze) als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren bzw. die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.

I. Rechtsgrundlage des Leistungsbegehrens der Klägerin ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht; § 33 Abs. 1 SGB V bewirkt mit dem Abstellen auf eine Behinderung bzw. eine drohende Behinderung keine sachliche Änderung, setzt vielmehr nur einen anderen Akzent. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Psychische Krankheiten können die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls begründen (zu alledem näher: Senatsurteile vom 5.4.2006, - L 5 KR 3888/05 -, und vom 22.11.2006, - L 5 KR 4488/05 - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, insbesondere Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R –-Mammareduktionsplastik).

Die begehrte Krankenbehandlung muss außerdem notwendig sein. Hierzu bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergänzend und präzisierend, dass alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, und damit auch Krankenbehandlungen, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R -; BSGE 85, 86). Im Hinblick darauf sind Operationen am gesunden Körper (wie hier: an der Bauchdecke bzw. der Bauchfettschürze) zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, vor allem, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren sind (vgl. etwa Senatsurteile vom 27.5.2009, - L 5 KR 5573/07 - und vom 28.9.2011, - L 5 KR 5058/10 -).

II. Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer operativen Bauchdeckenstraffung bzw. einer operativen Entfernung (Resektion) der Bauchfettschürze als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Sozialgericht hat das im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, weshalb der Senat auf dessen Entscheidungsgründe Bezug nehmen kann (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Die bei der Klägerin vorliegende Bauchfettschürze bzw. die adipöse Bauchdecke (selbst) stellt eine Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dar. Wie aus dem MDK-Gutachten des Dr. D. vom 13.1.2012 überzeugend hervorgeht verursacht sie keine funktionellen Einschränkungen (etwa hinsichtlich der Möglichkeit zur Intimpflege, des Verdauungsapparats oder der Beweglichkeit der Hüftgelenke). Ihr kommt auch eine entstellende Wirkung nicht zu (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.7.2004, - L 11 KR 896/04 -). Die Klägerin macht das mit dem Berufungsvorbringen ausdrücklich nicht geltend; danach geht es ihr nicht um eine äußerliche Entstellung und ihr Problem liegt nicht in der Ästhetik. Deswegen und auch im Hinblick auf die in den Verwaltungs- und Gerichtsakten vorliegende Fotodokumentation der Klägerin, die einen ausreichenden Eindruck vom Erscheinungsbild der Klägerin vermittelt, sind hierzu weitere Feststellungen, etwa durch gerichtlichen Augenschein vom Erscheinungsbild der Klägerin in einer mündlichen Verhandlung, nicht zu treffen. Die Klägerin hat das zuletzt auch nicht mehr beantragt, vielmehr ihr Einverständnis mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Die orthopädischen Beschwerden der Klägerin sind degenerativ bedingt und können ursächlich auf ihre adipöse Bauchdecke nicht zurückgeführt werden. Das geht aus dem Bericht der Allgemeinärzte K., Ch./T. vom 5.8.2012 hervor, die über ein Wirbelsäulensyndrom aller Abschnitte mit deutlicher Betonung der LWS bei degenerativen Veränderungen (und einen im Jahr 2006 operierten Bandscheibenvorfall) berichtet haben (vgl. auch zum fehlenden Ursachenzusammenhang orthopädischer Erkrankungen und (überhöhter) Brustgewichte bei Mammahypertrophie bzw. Makromastie Senatsurteile vom 28.9.2011, - L 5 KR 5058/10 - und vom 23.11.2011, - L 5 KR 5892/10 -). Dass sich die genannten Ärzte von einer operativen Bauchdeckenstraffung positive Effekte auf die Rückenbeschwerden der Klägerin versprechen, ändert daran nichts. Im Übrigen sind orthopädische Beschwerden, namentlich Rückenbeschwerden, nicht durch operative Eingriffe an einem gesunden Organ (hier der Bauchdecke), sondern durch orthopädische bzw. physiotherapeutische (konservative) Behandlungsmaßnahmen zu therapieren (auch dazu Senatsurteile vom 28.9.2011, - L 5 KR 5058/10 - und vom 23.11.2011, - L 5 KR 5892/10 -). Dass die Klägerin Heilbehandlungen dieser Art ausgeschöpft hätte, ist nicht ersichtlich, zumal nach Mitteilung der Beklagten im sozialgerichtlichen Verfahren die letzte Heilmittelanwendung der Klägerin im Jahr 2010 abgerechnet worden ist. Adäquate orthopädische oder physiotherapeutische Behandlungen sind auch nicht dokumentiert.

Wie eingangs dargelegt, wäre auch eine Depressionserkrankung durch psychiatrische und ggf. psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen - die ebenfalls nicht dokumentiert sind - zu therapieren und nicht durch einen operativen Eingriff an einem gesunden Organ (vgl. auch LSG Sachsen, Urt. v. 23.3.2005, - L 1 KR 24/04 -).

Die auf die Bauchfettschürze zurückzuführenden dermatologischen Beschwerden der Klägerin (wie Ekzeme oder Entzündungen im Bereich der Bauchfettfalte) rechtfertigen die operative Bauchdeckenstraffung schließlich ebenfalls nicht. Wie die behandelnde Dermatologin Dr. G. im Bericht vom 30.7.2012 überzeugend dargelegt hat, sind diese Beschwerden konservativ hautärztlich und nicht operativ durch Entfernung von Bauchfett zu behandeln; dies deckt sich mit der Auffassung von Dr. D. im MDK-Gutachten vom 13.1.2012. Außerdem ist auch hier eine adäquate Therapie (bei nur 2 Vorstellungen der Klägerin bei Dr. G. am 19.7.2011 und am 21.5.2012) nicht dokumentiert. Dass die begehrte Operation möglicherweise eine "optimale" Lösung für die (Gesamtheit der) Beschwerden der Klägerin darstellen mag, begründet einen Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse nicht. Dafür genügen auch die abweichenden und im Hinblick auf die vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze und das MDK-Gutachten von Dr. D. vom 13.1.2012 und den Bericht der Dermatologin Dr. G. vom 30.7.2012 nicht überzeugenden Auffassungen einzelner Ärzte, wie des plastischen Chirurgen Prof. Dr. Sch. (der die Operation nach Kostenzusage der Beklagten durchführen will), nicht.

Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden MDK-Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, etwa die Erhebung von Gutachten, nicht auf.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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