L 3 AS 3558/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 854/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3558/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Rückforderung einer darlehensweise gewährten Mietkaution bzw. die Gewährung der Mietkaution als Zuschuss statt als Darlehen streitig.

Der Kläger bezog seit dem Jahr 2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Er war in S., Gartenweg 8, wohnhaft.

Mit Bescheid vom 04.05.2011 bewilligte der Beklagten dem Kläger für die Stellung einer Mietkaution für die Wohnung Ertinger Straße 8, 88525 D. ein Darlehen in Höhe von 900,00 EUR. Ausweislich des Bescheides wurde das Darlehen an den Vermieter überwiesen. Als Darlehensauflage wurde verfügt, das Darlehen ab dem 01.05.2011 in monatlichen Raten von 61,50 EUR an den Beklagten zurückzuzahlen. In der Folgezeit wurden von den Leistungen der Beklagten eine monatliche Rate von 61,50 EUR bis zur Höhe des Darlehensbetrages einbehalten. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 30.05.2011 hob der Beklagte den Bescheid über die darlehensweise Bewilligung der Kaution vom 04.05.2011 auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2012 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 12.03.2012 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

In der mündlichen Verhandlung am 25.06.2013 haben beide Beteiligten übereinstimmend erklärt, das Darlehen sei inzwischen voll zurückgezahlt worden.

Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Darlehensbestimmungen und die Abtretungserklärung vom 04.05.2011 aufzuheben und ihm 900,00 EUR Mietkaution als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren.

Mit Urteil gleichfalls vom 25.06.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung eine Klageänderung vorgenommen, indem nunmehr die Gewährung der Mietkaution als Zuschuss anstelle eines Darlehens beantragt worden sei. Die Klageänderung sei gemäß § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da sich der Beklagte durch die Beantragung der Klageabweisung auf die Änderung eingelassen ha-be. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG sei jedoch unzu-lässig. Dahingestellt bleiben könne, ob der Beklagte mit dem Bescheid vom 04.05.2011 auch (ggf. konkludent) über die Bewilligung einer Mietkaution als Darlehen entschieden habe. Sofern dies verneint werde, sei die Klage bereits deshalb unzulässig, weil noch kein Bescheid über die Gewährung einer Mietkaution als Zuschuss ergangen sei. Soweit der Bescheid auch eine ent-sprechende Regelung getroffen habe und insoweit vom Anfechtungsantrag des Klägers umfasst sei, sei die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vor Klageerhebung unzulässig.

Gegen das am 04.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.08.2013 Berufung eingelegt. Auf die Berufungsbegründung wird insoweit Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 07.11.2013 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.11.2013 gegeben. Daraufhin hat der Kläger mit undatiertem Schreiben, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg am 03.12.2013 eingegangen, den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangen-heit abgelehnt mit der Begründung, dieser hielte sich nicht an die Gesetze, es sei völlig unehren-haft und verbrecherisch, diese nicht zu beachten (Bl 9 des Schriftsatzes); der Berichterstatter habe ihn - dem Kläger - im Erörterungstermin am 30.10.2013 nicht zu den Umständen befragt, die sich regelrecht aufdrängten, z.B. weshalb keine Wohnungsbeschaffungs-, Umzugs- und Heizkosten übernommen würden oder weshalb keine Vorauszahlungen für Strom und Wasser erfolgten, auch seien seine Fragen nicht beantwortet worden. Zudem sei im Anhörungsschreiben vom 07.11.2013 nicht mitgeteilt worden, wie der Senat zu entscheiden beabsichtige (Bl. 15 des Schriftsatzes). Der Kläger hat ohne weitere Begründung auch die Vorsitzende Richterin am LSG Seidel und den Richter am LSG Waldeis wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Juni 2013 aufzuheben und den Beklagten un-ter Abänderung des Bescheides vom 04. Mai 2011 zu verurteilen, ihm eine Mietkaution in Höhe von 900,00 EUR als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Rich-ter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich hält (§ 154 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 07.11.2013 zu dieser Verfahrensweise gehört und ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da er sie einstimmig für unbegründet hält. Soweit der Kläger in seiner am 03.12.2013 beim Landessozialgericht ein-gegangenen Stellungnahme die Auffassung vertreten hat, ihm sei nicht mitgeteilt worden, wie das Gericht zu entscheiden beabsichtige, deshalb könne er sich auch nicht zu den Gründen äu-ßern, verkennt er den Zweck der Hinweispflicht. Ihm ist mitgeteilt worden, dass das Gericht be-absichtigt, die Berufung zurückzuweisen. Weitere Ausführungen, insbesondere zu den Gründen der erst zu treffenden Entscheidung, sind für den verfahrensrechtlichen Hinweis nicht erforder-lich. Ausreichend ist, dass durch den Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise den Betei-ligten konkret deutlich gemacht wird, dass der Senat die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (Hk-SGG/Littmann, § 153 Rn. 42; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 153 Rn. 19). Die Befangenheitsgesuche des Klägers gegen den Berichterstatter bzw. die weiteren an der Ent-scheidung beteiligten Mitglieder des Senats sind rechtsmissbräuchlich und deshalb unbeachtlich, so dass der Senat in der für die Entscheidung zuständigen Besetzung entscheiden konnte. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Aus-übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befan-genheit abgelehnt werden. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilich-keit eines Richters zu rechtfertigen. Ein zulässiges Ablehnungsgesuch setzt voraus, dass ein Ab-lehnungsgrund angefühlt wird. Einem fehlenden Ablehnungsgrund steht es gleich, wenn die vor-gebrachten Tatsachen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Befangenheit rechtfertigen können.

Der Vorwurf des Klägers, der Berichterstatter halte sich nicht an die Gesetze, ist nicht substan-tiiert worden. Eine konkrete Norm, gegen die verstoßen worden sein soll, hat der Kläger in dem 22 Seiten umfassenden Schriftsatz nicht genannt. Auch soweit er vorgetragen hat, es liege ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht vor, hat der Kläger keine konkreten Umstände ge-nannt, deren Aufklärung zur Entscheidung des vorliegenden Verfahrens erforderlich ist und de-nen das Gericht nicht nachgekommen ist. Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Danach müssen alle Tatsachen ermittelt werden, die für die Entscheidung in prozessualer und materieller Hinsicht entscheidungserheblich sind. Bei einer Leistungs- oder Verpflichtungsklage - wie vorliegend - muss das Gericht allein prüfen, in welchem Umfang und in welcher Höhe der vom Kläger verfolgte Anspruch besteht (Leitherer, a.a.O. §103 Rn. 6).

Die Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Insbesondere ist die Berufungssumme erreicht, da die Gewährung einer Mietkaution in Höhe von 900 EUR geltend gemacht wird.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das SG hat zutreffend ausgeführt, das die vom Kläger in der mündlichen Ver-handlung vorgenommene Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1 SGG zulässig war. Es hat weiter zutreffend die nunmehr auf die Gewährung einer Mietkaution als Zuschuss gerichtete kombinier-te Anfechtungs- und Leistungsklage als unzulässig erachtet. Auch dies begegnet keinen rechtli-chen Bedenken. Gem. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprü-fen. Dies gilt auch in den Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (Hk-SGG/Binder, § 78 Rn. 5). Vorliegend ist nicht nur kein Widerspruchsbescheid ergangen, sondern es fehlt bereits an einem Bescheid, mit dem die Beklagte über die im Klageverfahren geltend gemachte Leistung (Mietkaution als Zuschuss) entschieden hätte. Nach der Regelung in § 22 Abs. 6 SGB II kann eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden, eine Mietkaution soll nach § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II als Darlehen erbracht werden. Dies stellt somit den gesetzlichen Regelfall dar. In der Bewilligung einer Mietkaution als Darlehen kann nicht zugleich die Ableh-nung eines Antrags der Bewilligung der Mietkaution als Zuschuss gesehen werden. Hierfür spricht vorliegend zudem, dass der Kläger die vom Beklagten weiter formulierten Darlehensbe-stimmungen bezüglich des Zinses und der RückZahlungsverpflichtung am 04.05.2011 unter-zeichnet und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass zum damaligen Zeitpunkt keine weiterge-henden Leistungen bezüglich der Mietkaution beantragt waren. Das Verfahren war auch nicht auszusetzen, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, das Widerspruchsverfahren durchzufüh-ren. Denn dies setzt voraus, dass zumindest schon ein Bescheid erlassen worden ist, dessen Überprüfung geltend gemacht wird. Damit war die Klage mangels Bescheides über die Gewäh-rung einer Mietkaution als Zuschuss bereits unzulässig.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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