Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 17 BL 10/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 BL 2/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 BL 1/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Vererblichkeit des Blindengeldanspruchs ist nicht wegen einer höchstpersönlichen bedarfsorientierten Natur des Blindengelds ausgeschlossen.
2. Bei der Prüfung, ob faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BayBlindG vorliegt, ist nicht nur das Gesichtsfeld zu berücksichtigen. Maßgeblich sind vielmehr auch alle weiteren Störungen des Sehvermögens, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind (BSG v. 26.10.2004, Az .: B 7 SF 2/03 R).
3. Wenn bereits die erhobenen Befunde die nach Art. 1 BayBlindG, Teil A Ziff. 6 VG maßgeblichen Werte nicht erreichen, geht die in den VG festgelegte Vorgabe, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklären muss, regelmäßig ins Leere. Auch wenn morphologische Veränderungen mit Blindheit zu vereinbaren sind oder diese sogar nahelegen, stellen sie per se keinen Nachweis für Blindheit dar.
2. Bei der Prüfung, ob faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BayBlindG vorliegt, ist nicht nur das Gesichtsfeld zu berücksichtigen. Maßgeblich sind vielmehr auch alle weiteren Störungen des Sehvermögens, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind (BSG v. 26.10.2004, Az .: B 7 SF 2/03 R).
3. Wenn bereits die erhobenen Befunde die nach Art. 1 BayBlindG, Teil A Ziff. 6 VG maßgeblichen Werte nicht erreichen, geht die in den VG festgelegte Vorgabe, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklären muss, regelmäßig ins Leere. Auch wenn morphologische Veränderungen mit Blindheit zu vereinbaren sind oder diese sogar nahelegen, stellen sie per se keinen Nachweis für Blindheit dar.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom
26. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des im Jahr 1928 geborenen und 2010 verstorbenen Ehemanns (im Folgenden: Antragsteller) der Klägerin zu 1) und Vaters des Klägers zu 2) auf Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG). Zum Zeitpunkt des Todes lebte die Klägerin zu 1) mit ihrem Ehemann in häuslicher Gemeinschaft.
Der Antragsteller beantragte beim Beklagten am 29.03.2006 Blindengeld. Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Augenarztes lehnte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.05.2006 den Antrag ab, da die Sehschärfe auf dem besseren linken Auge mehr als 1/50 betrage. Hinweise für relevante Gesichtsfeldeinschränkungen fänden sich nicht.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 19.05.2006 Widerspruch. Er begründete diesen im Wesentlichen mit einem Irrtum des Sekretariats des behandelnden Augenarztes, das falsche Werte geliefert habe. Im Widerspruchsverfahren korrigierte dieser den Befundbericht und legte einen weiteren vor, in dem neben den Diagnosen Makulopathie, Katarakt, Myopie, Astigmatismus und Presbyopie ein Visus von (an beiden Augen jeweils) Fingerzählen festgehalten wurde. Am 04.08.2006 erstellte Prof. Dr. K. im Auftrag des Beklagten ein augenärztliches Gutachten. Der Facharzt stellte für beide Augen jeweils einen Visus für die Ferne von Fingerzählen und bei den vorderen Augenabschnitten jeweils eine Linse mit Trübungen von Kern und Rinde fest. Prof. Dr. K. berichtete, dass es bei der Untersuchung im Hinblick auf die Verhaltensbeobachtung einige Auffälligkeiten gegeben habe. Weiter wies er darauf hin, dass der optokinetische Nystagmus (OKN) sehr gut auslösbar gewesen sei. Stark erhärtet werde der Verdacht auf Aggravation durch das beidseits konzentrisch eingeschränkte Goldmanngesichtsfeld auf eine zentrale Restinsel von 5 Grad; bei der zugrunde liegenden Erkrankung sei jedoch grundsätzlich keine konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung zu beobachten. Beim Antragsteller liege sicher eine deutliche Visusminderung aufgrund des Netzhautbefundes vor. Aufgrund des starken Verdachts auf Aggravation lasse sich jedoch keine Blindheit im Sinne des BayBlindG feststellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2006 wies der Beklagte mit Verweis auf die sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. K. gewonnenen Erkenntnisse und den Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 11.12.2006 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Zur Begründung hat er auf die Befundberichte des behandelnden Augenarztes sowie auf den Ablauf der Untersuchung durch Prof. Dr. K. abgestellt. Im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass mit einer schweren altersbedingten Makuladegeneration (AMD) bekanntermaßen eine Minderung der Restsehschärfe einhergehe, welche einen Visus von weniger als 0,02 zur Folge habe.
Zur Sachverhaltsermittlung hat das SG einen Befundbericht von Dr. B. vom 27.01.2007 eingeholt. Nach einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Beklagten, in der dieser u.a. darauf hingewiesen hat, dass es unzutreffend sei, Patienten mit einer schweren AMD würden nur noch über eine Restsehschärfe von weniger als 0,02 verfügen, hat das SG Dr. K. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Facharzt hat in seinem Gutachten vom 09.12.2007 u.a. einen Visusbefund von 1/30 (rechtes Auge und beide Augen) und folgende Gesichtsfelduntersuchungen (Kugelperimeter nach Goldmann mit Reizmarken III/4e bzw. V/4e) festgehalten:
* Rechtes Auge: Die Außengrenzen seien nach zentral erheblich konzentrisch eingeschränkt. Werde in und an den angegebenen Grenzen per Einzelabfrage die Reizmarke noch einmal wiederholt angeboten, werde sie vom Antragsteller jeweils als nicht wahrgenommen angegeben. Auffallend sei, dass die von peripher nach zentral geführte Reizmarke schon viel früher Blickzielbewegungen auszulösen in der Lage sei, nicht aber als wahrgenommen angegeben werde. Ein zentraler Gesichtsfeldausfall könne nicht eindeutig perimetriert werden.
* Linkes Auge: Die von oben herangeführte Reizmarke werde nicht als wahrgenommen angegeben. Auffallend sei auch hier, dass die Grenzen nur schwer reproduzierbar seien und dass Blickzielbewegungen vor allem von der von oben herangeführten Reizmarke bereits bei maximal 35 Grad zu beobachten seien, ohne dass die Reizmarke als wahrgenommen angegeben werde.
Nach der ersten Gesichtsfelduntersuchung habe der Antragsteller eine Wiederholung der Prüfung gewünscht. Diese sei dann am 01.10.2007 erfolgt:
* Rechtes Auge: Die Außengrenzen bezüglich der Reizmarke III/4e seien zwar noch immer konzentrisch eingeschränkt, jedoch deutlich weniger als bei der Voruntersuchung. Dennoch könnten auch hier noch Blickzielbewegungen beobachtet werden, die außerhalb dieses angegebenen Bereichs lägen. Die Fixation sei dabei nur mäßig. Werde die Reizmarke, die Degeneration der Stelle des schärfsten Sehens berücksichtigend, von innen nach außen geführt, so würden jetzt neue Grenzen des zentralen Gesichtsfeldausfalls angegeben; das heiße, dass innerhalb eines bestimmten Areals die Reizmarke nun nicht als wahrgenommen angegeben werde, anders als bei der Gesichtsfelduntersuchung vom 20.09.2007.
* Linkes Auge: Die Gesichtsfeldaußengrenzen bezüglich der Reizmarke III/4e seien ebenfalls immer noch konzentrisch eingeschränkt, aber deutlich geringer als bei der Voruntersuchung. Werde die Reizmarke von innen nach außen geführt, lägen die Außengrenzen des Zentralskotoms zumeist noch weiter peripher, was bedeuten würde, dass ein Zentralskotom nun die zuvor angegebenen Außengrenzen bei der von außen nach innen geführten Reizmarke überdecke.
Der OKN sei sowohl am rechten wie am linken Auge auslösbar; es seien Muster mit einem Visusäquivalent von maximal 0,7 in der Lage, musterwechselsynchrone Augenbewegungen hervorzurufen. Beim Kontrastmuster-VECP könnten bei Stimulation keine sicher identifizierbaren und reproduzierbaren Reizantworten kortikal abgeleitet werden. Dies könne aber allein schon dadurch bedingt sein, dass der Antragsteller während der Untersuchung bisweilen die Augen schließe bzw. relativ stark bewege.
Hinsichtlich des Verhaltens des Antragstellers hat Dr. K. festgestellt, dass dieser sich in für ihn fremden Räumen auch ohne Begleitung gut zurecht finde. Er habe sich zielsicher auf den Untersuchungsstuhl gesetzt sowie die Armlehnen des Untersuchungsstuhls, die Untersucherhand und den Türgriff ergriffen. Auch der von unten zurückgegebene Personalausweis sei zielsicher entgegengenommen worden. Bei der Gesichtsfelduntersuchung sei aufgrund der schlechten Reproduzierbarkeit und der vorhandenen Blickzielbewegungen der Eindruck entstanden, dass die Reizmarke nicht zum Zeitpunkt des Wahrnehmens als erkannt quittiert worden sei. Aufgrund der Diskrepanzen zwischen den Außengrenzen bei Reizführung von außen nach innen im Gegensatz zur Reizführung von innen nach außen am linken Auge und aufgrund der weiterhin vorhandenen Blickzielbewegungen beider Augen, noch bevor die Außengrenzen als wahrgenommen angegeben würden, werde klar, dass tatsächlich noch weitere Außengrenzen im Gesichtsfeld als angegeben vorliegen würden.
Dr. K. hat die folgende Diagnosen gestellt: Schlupflid des Oberlids, Myopie, Astigmatismus, Presbyopie, Cataracta incipiens bis provecta, Makuladegeneration sowie (rechtes Auge) Verdacht auf Oberlidblutschwamm.
Zusammenfassend hat der Gutachter im Wesentlichen festgestellt, dass die Fehlsichtigkeiten nur unwesentlich zur Minderung des Sehvermögens an beiden Augen beitragen würden. Der Graue Star sei mittelstark ausgeprägt und trage somit zur Minderung des Sehvermögens, insbesondere zur erhöhten Blendempfindlichkeit bei. Hauptursache für die Minderung des Sehvermögens, insbesondere die Reduktion der Sehschärfe, sei jedoch die Makuladegeneration, die rein strukturell betrachtet am linken Auge stärker ausgeprägt sei als am rechten. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die im Gutachten festgestellten strukturellen Befunde als Ursachen für die funktionellen Beeinträchtigungen mindestens schon zum 31.03.2006 vorgelegen hätten. Da bei seiner Untersuchung eine Sehschärfe von maximal 1/30 mit bester Korrektion, geprüft nach der DIN 58220, erreicht worden sei und da es sich bei der Makuladegeneration wie auch bei der Katarakt um langsam zunehmende Augenerkrankungen mit funktioneller Verschlechterung und nicht Verbesserung handele, könne davon ausgegangen werden, dass beim Antragsteller zu früheren Zeitpunkten auch eine Sehschärfe von mindestens 1/30 vorgelegen habe. Eine grobe Objektivierung der subjektiv angegebenen Sehschärfe mittels elektrophysiologischer Methoden gelinge im Muster-VECP nicht, weil eine entsprechende Fixation nicht gewährleistet sei. Auch wenn das sogenannte Visusäquivalent des Kotowskitests nicht mit der Sehzeichenschärfe gleichgesetzt werden dürfe, so sei eine Auslösbarkeit dieses Nystagmus mit Mustern des Visusäquivalents von 0,7 durchaus mit einer besseren Sehzeichenschärfe als den angegebenen 1/30 vereinbar. Schenke man den Angaben des Antragstellers hinsichtlich der Gesichtsfeldaußengrenzen bei der zweiten Begutachtungsuntersuchung Glauben, so seien maximale Gesichtsfeldaußengrenzen am rechten Auge von 32 Grad und am linken Auge von ca. 38 Grad zu verzeichnen. Damit würden beim Antragsteller keine Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe im Sinne des Gesetzes gleichzustellen seien.
In der Stellungnahme des Bevollmächtigten zum Gutachten ist u.a. darauf hingewiesen worden, dass eine Gesichtsfeldmessung beim Antragsteller im Hinblick auf die ständigen Lichtblitze in den Augen und die mäßige Fixation gar nicht mehr richtig durchführbar sei; die ständigen Blickzielbewegungen der Augen seien der Versuch einer Fixation. Der geäußerte Verdacht auf Aggravation beruhe nur auf Vermutungen. Die Betrachtung des Verhaltens des Antragstellers sei subjektiv.
Sodann hat das SG Prof. Dr. N. auf Antrag des Antragstellers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Das Gutachten vom 15.12.2008 basiert auf ambulanten Untersuchungen des Antragstellers in der Praxis von Prof. Dr. N. in den Jahren 2005 und 2006 sowie den letzten Untersuchungen am 29.10. und 21.11.2008. Als korrigierte Sehschärfe seien, so der Facharzt, folgende Werte erhoben worden: Am 21.12.2005 rechtes Auge 1/50, linkes Auge 0,2; am 17.02.2006 rechtes Auge 1/50, linkes Auge 0,1; am 08.05.2006 rechtes Auge 1/50; linkes Auge 1/35 sowie am 29.10. und 21.11.2008 rechtes Auge und linkes Auge Handbewegungen; binokular sei in 0,33 m das größte Sehzeichen erkannt worden, was einem Visus von 0,3/50, also weniger als 1/50 entspreche. U.a. sei am linken Auge eine riesige Junius-Kuhnt-Veränderung festgestellt worden. Die objektiven Befunde könnten mit der gemessenen Sehschärfe ohne ersichtlichen Widerspruch in Einklang gebracht werden. Basierend auf den Untersuchungen in der Praxis seien die Kriterien für Blindheit erstmals am 29.10.2008 erfüllt worden. Es müsse jedoch angenommen werden, dass beim Antragsteller Blindheit schon mindestens seit der Untersuchung am 27.11.2006 bestanden habe. Bei deutlich progredientem Krankheitsverlauf liege es nahe, dass sich die Sehschärfe seit der Untersuchung am 08.05.2006 bis zum 27.11.2006 tatsächlich auf kleiner/gleich 1/50 verringert habe. Es bestehe somit kein Widerspruch, dass beim Antragsteller Blindheit seit dem 27.11.2006 bestehe. Dass jedoch schon am 29.03.2006 (Antragstellung) Blindheit vorgelegen habe, könne nicht angenommen werden.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. N. hat der Beklagte am 20.01.2009 Stellung genommen und die aus seiner Sicht bestehenden Defizite aufgezeigt. Vor allem hat er darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. N. im Gegensatz zu den Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. K. die Angaben zum Sehvermögen nicht durch objektivierende Untersuchungsverfahren oder elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen überprüft habe. Die Gutachten der beiden Universitätskliniken hätten dagegen durch entsprechende Untersuchungen nachgewiesen, dass die tatsächliche Sehschärfe deutlich oberhalb der Blindheitsgrenze liegen müsse. Bemerkenswert sei, dass der gemäß § 109 SGG beauftragte Gutachter auf eine Gesichtsfelduntersuchung verzichtet habe. Im Juli 2007 sei bei einem neuen Antrag auf Blindengeld (Anm. des Senats: Dieser hat sich inzwischen erledigt, da der Antragsteller im Erörterungstermin am 01.08.2013 eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, ebenso hinsichtlich des weiteren Blindengeldantrags vom 05.08.2009.) vorgetragen worden, dass sich die Sehfähigkeit erneut verschlechtert habe. Spätestens hier stelle sich die Frage, was sich bei einem Visus von Handbewegungen bzw. Lichtscheinprojektion noch wesentlich verschlechtern könne. Die immer wieder erfolgten Angaben einer erneuten bzw. massiven Verschlechterung des Sehvermögens seien daher ebenso wenig plausibel wie die jeweils angegebenen Sehschärfenwerte.
Auf die mündliche Verhandlung vom 26.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. K. abgestellt.
Am 07.05.2009 hat der Antragsteller hiergegen Berufung eingelegt. Er hat diese damit begründet, dass Prof. Dr. N. eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der AMD sei. Entgegen der erstrichterlichen Feststellung lägen hinsichtlich des festgestellten Visus von 1/50 keine subjektiven Angaben vor. Die bei der Untersuchung am 29.10.2008 festgestellten Visuswerte würden bedingen, dass kein Gesichtsfeld mehr erstellt werden könne. Die AMD sei eine deutlich progrediente Krankheit. Auch der Beklagte sage, dass der morphologische Befund mit Blindheit vereinbar sei. Die eingehenden Stellungnahmen der Klagepartei seien nicht hinreichend gewürdigt und berücksichtigt worden. Das SG sei verpflichtet gewesen, ein weiteres Sachverständigengutachten/Obergutachten einzuholen. Es sei keine der Erkrankung des Antragstellers entsprechende Beweiserhebung erfolgt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch ein augenärztliches Sachverständigengutachten. In seinem Gutachten vom 28.08.2009 hat PD Dr. E. als Visuswerte für beide Augen jeweils (bei der Prüfung mittels Landoltringen) in der Ferne und in der Nähe Handbewegungen, kein Fingerzählen angegeben. Mit dem Visometer hat der Sachverständige an beiden Augen jeweils einen Visus von 0,12 festgestellt. Das Gesichtsfeld sei durch die kinetische Perimetrie (Goldmann III/4) nicht prüfbar gewesen; es hätten sich keine verwertbaren Angaben ergeben. Bei vitaler Papille seien signifikante Gesichtsfeldeinschränkungen allerdings extrem unwahrscheinlich. Der OKN sei sowohl am rechten als auch am linken Auge horizontal und vertikal auslösbar gewesen. Zusammenfassend hat der Sachverständige festgestellt, dass die bestehende Makuladegeneration ausgebrannt, d.h. ein weiteres Fortschreiten nicht wahrscheinlich sei. Die typisch erreichbare Sehkraft vergleichbarer Patienten liege bei 0,1, wie dies beim Antragsteller (Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer) auch der Fall sei. Der Antragsteller sei nicht nachweisbar blind im Sinne des BayBlindG.
Auf die Nachfrage des Senats, ob die Berufung zurückgenommen werde, hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13.10.2009 zu dem Gutachten umfangreich Stellung genommen. Dieses sei widersprüchlich. Aus allen Gutachten ergebe sich Blindheit des Antragstellers; der Gutachter PD Dr. E. begebe sich bei der Ablehnung von Blindheit in den Bereich der Spekulation. Soweit der Gutachter einen Visus von 0,1 mutmaße, sei dies medizinisch nicht haltbar. Ein Gesichtsfeld habe wegen mangelnder Fixation und ständigen Lichtblitzen, Sternchen und Flimmern in den Augen nicht mehr erstellt werden können.
Im Auftrag des Gerichts hat der Sachverständige PD Dr. E. am 05.11.2009 zu dem Schriftsatz der Antragstellerseite ergänzend Stellung genommen. Dabei hat er zunächst darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellte typisch erreichbare Sehfähigkeit von 0,1 an jedem Auge sich auf die klinische Untersuchung vom 20.08.2009 gründe, bei der eine ausgebrannte feuchte AMD festgestellt worden sei; dies sei ein Endstadium der AMD, das typischerweise über Jahre stabil bleibe bei ca. 0,1 und zu der vom Antragsteller angegebenen Stabilisierung seiner Sehkraft an beiden Augen passe. Die Prüfung der Makulafunktion sei mit einem Visometer erfolgt, also einem Test, der unabhängig von Trübungen im Auge (fortgeschrittene Katarakt) die erreichbare Sehstärke im Falle klarer Medien ermittle und auch bei vermuteter Aggravation Anwendung finde, somit dem klinischen Befund der vorliegenden Form der Makuladegeneration entspreche und eine erreichbare Sehfunktion nachweise, die eine Zahlung von Blindengeld ausschließe. Die vom Antragsteller angegebene Sehkraft von Handbewegungen lasse sich am ehesten über die Kombination der oben genannten Diagnosen hinaus durch Aggravation erklären. Eindeutig feststellbar seien bei seiner Untersuchung eine ausgeprägte Katarakt und eine retinale Sehschärfe von rechts und links jeweils 0,12 gewesen. Bei der Gesichtsfeldprüfung sei ebenfalls die Kooperation des Antragstellers erforderlich gewesen. Bei einer wie beim Antragsteller unauffälligen Papille hätte - entsprechende Kooperation vorausgesetzt - der Antragsteller zumindest die Gesichtsfeldaußengrenzen erkennen müssen, was Aggravation auch bei seinem, PD Dr. Sch., Gutachten sehr nahe lege.
Auch zu der ergänzenden Stellungnahme hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten umfassend Stellung genommen. Dem Antragsteller Aggravation zu unterstellen, sei nicht nachvollziehbar. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass der Test mit einem Visometer falsche Ergebnisse liefere und bei einer Makulaerkrankung in diesem Ausmaß nicht mehr aussagekräftig sei, sowie darauf, dass nach der DIN 58220 die Sehschärfeprüfung (nur) anhand von Landoltringen zu erfolgen habe.
Sodann hat der Senat erneut ein augenärztliches Sachverständigengutachten eingeholt und Prof. Dr. G. beauftragt. Bei der Sehschärfeprüfung mit objektiver Fernkorrektur unter Vorgabe von Addition + 1,0 Dioptrin für 1 m Prüfdistanz hat der Gutachter hinsichtlich beider Augen Lichtscheinwahrnehmung und fehlerhafte Angabe der Lichteinfallsrichtung (sog. defekte Lichtprojektion) festgehalten. Prof. Dr. G. hat auch eine Gesichtsfelduntersuchung mit dem Projektionsperimeter nach Goldmann (Marken V/4 und III/4, weiß) durchzuführen versucht. Hinsichtlich beider Augen hat er festgehalten, dass nach subjektiven Angaben des Antragstellers keine Prüfmarken erkannt worden seien. Er hat nach den Blickzielbewegungen in Richtung der unvermittelt auftauchenden Lichtmarken - obwohl der Antragsteller behaupte, keine Prüfmarken wahrzunehmen - Gesichtsfeldgrenzen erstellt. Die Reproduzierbarkeit der Blickzielbewegungen beider Augen sei mehrfach geprüft und bestätigt worden. Das Ergebnis entspreche einer allseitig leicht eingeschränkten Außengrenze. Bei der Prüfung des beidäugigen Einfachsehens und des räumlichen Sehvermögens habe der Antragsteller angegeben, das helle Untersuchungslicht (Bonnoskop) nur mit beiden Augen wahrzunehmen. Jeweils einäugig erfolge keine Lichtscheinwahrnehmung mehr. Trotzdem seien Blickfolgebewegungen auslösbar gewesen.
Der Sachverständige hat u.a. die Diagnose "Narbenstadium einer feuchten altersbedingten Makuladegeneration" gestellt.
Die subjektiven Angaben bei der Gesichtsfelduntersuchung würden in einem krassen Gegensatz zu den aufgrund der objektiven morphologischen Untersuchungsbefunde erwarteten Gesichtsfeldaußengrenzen stehen. Der morphologische Augenbefund lasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die verwendeten Lichtmarken praktisch normale Außengrenzen erwarten. Insofern seien die Angaben des Antragstellers bei der Gesichtsfelduntersuchung nicht glaubhaft.
Nach den subjektiven Angaben sei der Antragsteller sowohl bezüglich der Sehschärfe als auch des Gesichtsfelds blind im Sinne des Gesetzes. Jedoch stünden seine Angaben im krassen Gegensatz zum objektiven Befund, der sich bis auf eine geringe Zunahme der Linsentrübung im Vergleich zu den vier Vorgutachten nicht verändert habe. Bei der Gesichtsfelduntersuchung aggraviere der Antragsteller. Er stütze sich in einem ihm unbekannten Raum zielsicher auf dem Schreibtisch ab und greife zielgenau die dargebotene Hand zum Gruß. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei aufgrund des objektiven Untersuchungsbefundes und des gleichzeitigen massiven Verdachts auf Aggravation beim Antragsteller keine Erblindung im Sinne des Gesetzes anzunehmen.
Auf das Gutachten hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten am 25.08.2010 umfassend Stellung genommen. Er hat dabei u.a. auf Presseinformationen und eine Statistik zur AMD verwiesen. Die Gesichtsfeldmessung sei gegenstandslos, da aufgrund des herabgesunkenen Visus nur dieser ausschlaggebend sei. Der Gutachter habe lediglich Wahrnehmungen von Lichtschein bestätigt. Daher sei die Unterstellung von Aggravation absurd.
2010 ist der Antragsteller verstorben.
Im Auftrag des Gerichts hat Prof. Dr. G. am 21.03.2011 zu dem genannten Schriftsatz ergänzend Stellung genommen. Der Sachverständige hat zunächst klargestellt, dass der Gesichtsfeldmessung nur dann keine Bedeutung zukomme, wenn die vom Antragsteller angegebene Sehschärfe objektiv bestätigt werden könne und keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der subjektiven Angaben bestünden. In allen Gutachten falle auf, dass sich der Antragsteller offensichtlich besser orientieren und bewegen könne, als nach seinen subjektiven Angaben zur Sehschärfe zu erwarten sei.
Die Einschätzung der tatsächlich vorliegenden Sehschärfeminderung beim Antragsteller bleibe weiterhin unsicher. Der Sachverständige hat im Folgenden die Angaben des Antragstellers zur Sehschärfe in ihrem Verlauf dargestellt und kritisch gewürdigt. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, dass es, obwohl sich der morphologische Untersuchungsbefund zwischen 04.08.2006 (Gutachten Prof. Dr. K.) und 05.08.2010 (Gutachten Prof. Dr. G.) nicht wesentlich geändert habe, subjektiv zu einer dramatischen Minderung der Sehschärfe bis auf Lichtscheinwahrnehmung mit falscher Angabe der Lichteinfallsrichtung gekommen sei.
Hinsichtlich des Gesichtsfelds hat Prof. Dr. G. hervorgehoben, dass in allen augenärztlichen Berichten der Sehnervenkopf in beiden Augen als vital beschrieben worden sei. Zusammen mit der stets als normal beschriebenen Peripherie des Augenhintergrundes gewährleiste dieser morphologische Befund eine annähernd normale Gesichtsfeldaußengrenze. Ein zentraler Gesichtsfeldausfall sei aufgrund der Makuladegeneration obligat anzunehmen. Die Untersuchung mit dem Goldmann-Projektionsperimeter im Rahmen des Gutachtens von Dr. K. habe zweifelsfrei unglaubwürdige Angaben des Antragstellers zu den Gesichtsfeldgrenzen aufgedeckt. Die gleiche Unglaubwürdigkeit habe nach der Untersuchung des Gesichtsfelds im Gutachten von Prof. Dr. K. bestätigt werden müssen. Im Gegensatz zur Aussage des Bevollmächtigten, habe er, Prof. Dr. G., am Goldmann-Projektionsperimeter und am automatischen Perimeter Humphrey keine Angaben zur Gesichtsfeldmessung und Lichtscheinwahrnehmungsschwelle gewonnen. Der Antragsteller habe bei seiner, Prof. Dr. M., Untersuchung (am 31.03.2010) angegeben, auch den größten und hellsten Prüfpunkt V/4 nicht zu sehen. Allerdings sei bei gleichzeitiger unmittelbarer Beobachtung des untersuchten Auges mühelos erkennbar gewesen, dass der Antragsteller dem sich von außen nach innen bewegenden Prüfpunkt V/4 in allen untersuchten Meridianen korrekt entgegengeblickt habe. Dadurch habe die Außengrenze des Gesichtsfelds für den Prüfpunkt V/4 relativ zuverlässig festgelegt werden können.
Die Diskrepanz zwischen objektivem Untersuchungsbefund und den subjektiven Angaben zur Sehschärfeprüfung, mehr jedoch noch die Diskrepanz bei der Gesichtsfelduntersuchung seien am 31.03.2010 so groß gewesen, dass nicht nur ein Verdacht auf Aggravation geäußert habe werden müssen.
Auf diese gutachterliche Äußerung hin hat das Gericht bei der Klägerseite angefragt, ob die Berufung zurückgenommen werde. Dies ist jedoch nicht erfolgt; vielmehr hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 06.05.2011 sehr umfangreich Stellung genommen. Das Gutachten, so der Bevollmächtigte, sei nicht objektiv und auch unzutreffend. Die Gesichtsfeldmessung und deren Einschätzungen seien gegenstandslos. Es sei insgesamt nicht nachvollziehbar, wenn der Sachverständige eine solche Messung dennoch durchführe, obwohl er dem Antragsteller nur Lichtschein attestiere. Die Visuswerte des Antragstellers seien objektiv festgestellt, daher sei nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige sich weigere, alleine diese Werte anzuerkennen. Andere europäische Länder würden Blindheit bereits bei einem Visus von 1/10 annehmen. Es biete sich an, das gegenständliche Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. In einigen Bundesländern würden sogar Werte von 1/20 genügen. Aus subjektiven Beobachtungen abzuleiten, der Antragsteller könne sich besser orientieren und bewegen als vorausgesetzt, entspreche keinerlei gesetzlichen Erhebungen. Weiter hat der Bevollmächtigte darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten von Prof. Dr. N. zu keinem Zeitpunkt eine angebliche Aggravation des Antragstellers festgestellt worden sei. Die Gutachten von PD Dr. E. und Prof. Dr. G. seien vom Antragsteller widerlegt worden. Die Sehschärfe von 1/30, die Dr. K. erhoben habe, sei nur durch eine Überkorrektur zustande gekommen. Alle sonstigen Feststellungen in den Gutachten, mit Ausnahme dem Gutachten von Prof. Dr. N., seien teils subjektiver Natur und würden versuchen, trotz der festgestellten minimalen Sehschärfen dem verstorbenen Antragsteller Aggravation zu unterstellen. Ein endgültiger objektiver Beweis, dass an den Angaben und Messwerten des Antragstellers zu zweifeln gewesen sei, könne auch Prof. Dr. G. nicht führen. Schließlich hat der Bevollmächtigte auf die vorhandene Linsentrübung, die mangelnde Fixation, Reizerscheinungen, kratzende, brennende Augen, Lichtblitze in den Augen und sonstige Erkrankungen der Augen hingewiesen, die dem ermittelten 1/50 noch hinzuzuaddieren seien.
Am 01.08.2013 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Dabei hat sich die Klägerseite vor allem gegen die von Prof. Dr. G. geschilderten Verhaltensbeobachtungen gewandt.
Nach einem gerichtlichen Hinweis auf die mangelnden Erfolgsaussichten der Berufung und auf die wohl fehlende Aktivlegitimation des Klägers zu 2) hat die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 21.08.2013 erklärt, dass die Berufung aufrecht erhalten bleibe. Mit Blick auf die objektive Beweislast habe der Antragsteller durch das Gutachten von Prof. Dr. N. die Beweise erbracht. Einem fast blinden Menschen mit einem bestätigten Visus von 1/50 Aggravation zu unterstellen, sei diskriminierend und würdelos.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.03.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 03.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2006 zu verurteilen, den Klägern ab Antragsstellung bis 30.11.2010 Blindengeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (Art. 7 Abs. 3 BayBlindG i.V.m. §§ 143, 151 SGG), jedoch nicht begründet.
I. Kläger zu 2)
Der Kläger zu 2) ist bereits nicht aktivlegitimiert. Seine Berufung kann daher unabhängig von der Frage der Blindheit des Antragstellers keinen Erfolg haben. Sie erweist sich damit als unbegründet; die Aktivlegitimation ist eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit eines Rechtsmittels (klarstellend z.B. Keller, in: Meyer-Ladewig/ ders./Leitherer, SGG, 10. Aufl., vor § 51, Rn. 11).
Zwar ist nach Auffassung des Senats die Vererblichkeit des Blindengeldanspruchs nicht wegen einer etwaigen höchstpersönlichen, bedarfsorientierten Natur des Blindengelds ausgeschlossen, da in den gesetzlichen Vorschriften des BayBlindG keine entgegenstehende Regelung enthalten ist und die Leistung nach dem BayBlindG ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erfolgt (vgl. Demmel, Die Entwicklung und Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Blindengeldleistung als Sozialleistung, S. 460). Damit scheiden Sonderrechtsnachfolge und auch die Vererblichkeit nicht generell aus.
Der Kläger zu 2) als Sohn des verstorbenen Antragstellers ist aber von der Sonderrechtsnachfolge ausgeschlossen. Sind mehrere nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) Bezugsberechtigte vorhanden, ist die dort geregelte Rangfolge maßgeblich. Ein Rechtsnachfolger mit schlechterem Rang wird nur berechtigt, wenn ihm vorgehende Sonderrechtsnachfolger gem. § 57 SGB I verzichten (s. § 57 Abs. 1 Satz 3). Mehrere Personen der gleichen Rangstufe sind zu gleichen Teilen berechtigt (Abs. 1 Satz 2). Vorliegend ist die Klägerin zu 1) dem Kläger zu 2) vorgehende Sonderrechtsnachfolgerin. Es ist zur Gewissheit des Senats nachgewiesen, dass die Klägerin zu 1) als Witwe des verstorbenen Antragstellers die Voraussetzungen des § 56 SGB I erfüllt, da sie mit dem Berechtigten (dem Antragsteller) zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
Anders als der Kläger zu 2) meint, kommt es auf seine Erbenstellung nicht an, § 58 SGB I. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger - von der klaren Gesetzeslage, insbesondere dem eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, und dem unmissverständlichen Hinweis des Gerichts unbeeindruckt - sein Verfahren weiterbetrieben hat und damit zumindest an die Grenze der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung gelangt ist, vgl. § 192 SGG.
II. Klägerin zu 1)
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsteller blind im Sinne des BayBlindG war und ihm deshalb ab dem Monat der Antragstellung Blindengeld zustand. Dies hat das SG zu Recht verneint. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 03.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2006 ist rechtmäßig und hat den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Damit scheidet auch eine Rechtsverletzung der Klägerin zu 1) aus.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayBlindG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayBlindG v. 20.07.2011 (GVBl. Nr. 14/2011, S. 311) erhalten blinde Menschen, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Bayern haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl L 166 S. 1, ber. ABl L 200 S. 1, 2007 ABl L 204 S. 30) in der jeweils geltenden Fassung dies vorsieht, zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen auf Antrag ein monatliches Blindengeld. Dabei beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG die Formulierung "zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen" keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, sondern umschreibt lediglich die allgemeine Zielsetzung der gesetzlichen Regelung (BSG v. 26.10.2004, Az.: B 7 SF 2/03 R).
Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG). Als blind gelten gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG auch Personen,
1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
2. bei denen durch Nr. 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachten sind.
Vorübergehende Sehstörungen sind nicht zu berücksichtigen. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten.
Eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 (0,02) oder weniger gleichzusetzende Sehstörung im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG liegt, den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) folgend, bei folgenden Fallgruppen vor (siehe Teil A Nr. 6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VG, Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung):
aa) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
bb) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
cc) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
dd) bei einer Einengung des Gesichtsfelds, auch bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
ee) bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist,
ff) bei homonymen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser besitzt,
gg) bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und kein Binokularsehen besteht.
Dass dem Antragsteller das Augenlicht vollständig gefehlt oder dass bei ihm faktische Blindheit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG vorgelegen hätte, steht nicht zur Gewissheit des Senats fest. Vielmehr hat der Senat hieran ganz erhebliche Zweifel.
Wie der Senat u.a. in den Entscheidungen vom 05.02.2013 (Az.: L 15 SB 23/10) und 18.06.2013 (Az.: L 15 BL 6/10) unterstrichen hat, sind nach den Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren die einen Anspruch begründenden Tatsachen grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen möchte.
Wie sich aus der obigen Darstellung des Sachverhalts bereits ergibt, kann nicht die Rede davon sein, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des vorliegenden Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der blindheitsbegründenden Tatsachen zweifeln würde. Vielmehr hat keiner der in den Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren von Amts wegen beauftragten Sachverständigen die Blindheit des Antragstellers bestätigt. Lediglich der vom Antragsteller selbst benannte Prof. Dr. N. hat eine Erblindung angenommen; dieses Gutachten kann jedoch nicht überzeugen (siehe hierzu unten). Alle anderen Gutachter haben jeweils zahlreiche Aspekte aufgezeigt, die sie zu erheblichen Zweifeln am Vorliegen faktischer Blindheit des Antragstellers veranlasst haben. Der Senat macht sich diese sachverständigen Feststellungen zu eigen.
1. Lichtlosigkeit/Rindenblindheit
Dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Blindengeld hatte, weil ihm das Augenlicht vollständig gefehlt hätte (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG), ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Darlegungen.
2. Faktische Blindheit durch Beeinträchtigung der Sehschärfe
Dass ein Visus von 1/50 oder weniger (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBlindG) mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen wäre, ist zwar von der Klägerseite im Verfahren wiederholt behauptet worden, jedoch unzutreffend. Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Denn keines der vom SG und vom Senat von Amts wegen eingeholten Gutachten und auch nicht das Gutachten von Prof. Dr. K., das im Auftrag des Beklagten erstellt worden ist, sieht einen Nachweis hier als gegeben an. Es ist somit nicht zur Gewissheit des Senats dargelegt, dass die Sehschärfe des Antragstellers entsprechend der gesetzlichen Vorgabe auf 1/50 (0,02) oder weniger herabgesunken wäre.
Maßgeblich ist, ob die Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung (Teil A Nr. 6 a VG; vgl. z.B. die Entscheidung des Senats v. 17.03.2009, Az.: L 15 BL 3/08, sowie v. 31.01.2013, Az. L 15 BL 6/07) einen besseren Wert erreicht.
Dass eine Sehschärfe des Antragstellers von 1/50 (0,02) oder weniger nicht nachgewiesen ist, ergibt sich bereits aus dem vom Sachverständigen Dr. K. erhobenen Visus-Befund. Denn der Facharzt hat bei der Prüfung mit optimaler Korrektion (objektive Refraktion und + 1,0 Dioptrin) bei 1 m Abstand (Landoltringe) auf dem rechten Auge und beidäugig einen Visus von 1/30 festgestellt. Diese Visuserhebung erfolgte (jedenfalls aus heutiger Sicht) methodisch einwandfrei - sowohl was die Prüfentfernung betrifft (vgl. z.B. Rohrschneider, Augenärztliche Begutachtung im sozialen Entschädigungs- und Schwerbehindertenrecht und bei Blindheit, in: Med Sach 2012, S. 6; Wesemann/Schiefer/Bach, Neue DIN-Normen zur Sehschärfebestimmung, in: Der Ophthalmologe, 2010, S. 821 ff;) als auch im Hinblick auf die Korrektur (objektive Refraktion und + 1,0 Dioptrin). So sind die Vorbehalte der Klägerseite gegen Letztere auch diffus geblieben; sie konnten auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht erläutert werden. Maßgeblich ist, dass durch die Korrektur das bestmögliche Ergebnis bei der Sehpüfung erzielt werden kann. Nicht gehört werden kann die Klägerin auch mit dem Argument, dass wegen des typischen Verlaufs einer AMD eine Verbesserung des Visus auf 1/30 gar nicht möglich sei. Denn der Sachverständige Dr. K. ist nachvollziehbar gerade davon ausgegangen, dass der Visus in der festgestellten Höhe bereits auch zu früheren Zeitpunkten vorgelegen hat.
Dem Nachweis einer relevanten Herabsetzung des Visus stehen weiter aber auch die Feststellungen aller anderen Sachverständigen, mit Ausnahme des gemäß § 109 SGG beauftragten, entgegen. Bereits der vom Beklagten beauftragte Facharzt Prof. Dr. K. hat deutliche Zweifel an einer Herabsetzung aufgrund der Verhaltensbeobachtung und der sehr guten Auslösbarkeit des OKN mit der Catfort-Trommel sowie des starken Verdachts auf Aggravation geäußert. Der gerichtlich bestellte Sachverständige PD Dr. E. hat auf die typisch erreichbare Sehkraft vergleichbarer Patienten sowie auf die Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer verwiesen. Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Facharzt als festgestellte Sehschärfe nur "unkorrigiert und korrigiert Handbewegungen" angibt und dass sich die interferometrische Sehschärfeprüfung (Visometer) in den Fällen einer AMD als problematisch darstellt (vgl. Lachenmayr, Begutachtung in der Augenheilkunde, 2. Auflage, S. 71). Der interferometrischen Sehschärfe dürfte jedoch gewisse Indizwirkung zukommen, worauf es letztlich aber nicht ankommt. PD Dr. E. hat als Ursache für die Differenz zwischen der typisch erreichbaren Sehkraft und der angegebenen jedenfalls (zumindest auch) Aggravation angegeben; er hat ausdrücklich hervorgehoben, dass sich wegen Letzterer die tatsächliche Sehschärfe nicht exakt bestimmen läßt.
Auch Prof. Dr. G. hat nachvollziehbar festgestellt, dass die subjektiven Angaben des Antragstellers - auch bezüglich der Sehschärfe - im krassen Gegensatz zum objektiven Befund stehen, welcher sich bis auf eine geringe Zunahme der Linsentrübung im Vergleich zu den vier Vorgutachten nicht verändert hatte, wie der Gutachter ausdrücklich festgehalten hat. Danach verursacht die bestehende Makuladegeneration beim Kläger zweifellos eine erhebliche Verminderung der Sehschärfe. Bei der hohen Häufigkeit dieses Krankheitsbilds ist mit Prof. Dr. G. aber davon auszugehen, dass für medizinische Experten aufgrund des morphologischen Befunds eine gewisse Abschätzung der resultierenden Sehminderung möglich ist und dass nur sehr selten eine Makuladegeneration zu einer Minderung der Sehschärfe unter 1/50 des Normalen führt. Wie der Sachverständige plausibel dargelegt hat, ist aber beim Kläger die subjektive Angabe zur Sehschärfe von nur Lichtscheinwahrnehmung mit fehlerhafter Angabe der Lichteinfallsrichtung (Prüfung mit objektiver Fernkorrektur unter Vorgabe von Addition + 1,0 Dioptrin bei 1 m Anstand, s. hierzu oben) mit dem objektiven Untersuchungsbefund keinesfalls vereinbar. Von einem Nachweis eines Visus von 1/50 oder weniger kann also nicht die Rede sein.
Dies gilt aus Sicht des Senats im Übrigen nicht nur wegen der von den Gutachtern geschilderten Zweifel hinsichtlich der einzelnen konkreten Sehschärfeangaben, sondern weil gegen die Zuverlässigkeit der klägerischen Angaben allgemein bei den Untersuchungen im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren massivste Bedenken bestehen. Beispielhaft seien hier die Untersuchung mit dem Bonnoskop durch den Sachverständigen Prof. Dr. G., die fragwürdigen Angaben immer weiterer Verschlechterungen trotz eines vorher bereits geltend gemachten Niedrigstniveaus und die fehlerhaften bzw. widersprüchlichen Visusangaben im Verlauf genannt, wie von den Gutachtern und auch dem Beklagten zu Recht thematisiert.
3. Faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG
3.1 Faktische Blindheit ist auch nicht im Hinblick auf die Gesichtsfeldeinschränkungen des Antragstellers nachgewiesen. Auch hiervon kann aufgrund der massiven Zweifel, die vor allem in den Gutachten von Prof. Dr. K., Dr. K. und Prof. Dr. G. mit Verweis auf u.a. die Blickzielbewegungen, den entgegenstehenden morphologischen Befund sowie weitere Widersprüche festgehalten sind, nicht die Rede sein. Ebenso spielt auch hier der Aggravationsverdacht eine erhebliche Rolle. Kennzeichnend für die Problematik ist, dass nach der plausiblen Darstellung des Gutachters Dr. K. der Antragsteller bei der ersten Gesichtsfelduntersuchung (am 20.09.2007) einen Gesichtsfeldausfall angegeben hat, der invers zu dem zu erwartenden Gesichtsfeldausfall gewesen ist, indem der Antragsteller ein röhrenförmig eingeschränktes Gesichtsfeld (konzentrischer Gesichtsfeldausfall) angegeben hat, bei dem gerade im Zentrum noch die beste Gesichtsfeldleistung besteht, obwohl wegen der beim Antragsteller vorhandenen Makuladegeneration ein zentraler Gesichtsfeldausfall (Zentralskotom) zu erwarten gewesen wäre. Bei der Wiederholungsuntersuchung (am 01.10.2007) sind dann deutlich weitere Außengrenzen und ein Zentralskotom im Gesichtsfeld angegeben worden. Die schlechte Reproduzierbarkeit und vor allem die Blickzielbewegungen haben aber nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen darauf hingewiesen, dass die Außengrenzen wohl noch weiter als bei der zweiten Gesichtsfelduntersuchung angegeben waren; teilweise hat das jetzt angegebene Zentralskotom die am vorangegangenen Untersuchungstag angegebenen Außengrenzen überdeckt. Ein solcher konzentrischer Gesichtsfeldausfall kann aber, wie Dr. K. überzeugend ausgeführt hat, nicht durch weitere strukturelle krankhafte Veränderungen erklärt werden, da solche nicht vorlagen.
Dass vor diesem Hintergrund keine Gewissheit des Senats bezüglich des Vorliegens faktischer Blindheit (im Zusammenhang mit Einschränkungen des Gesichtsfelds) hergestellt werden kann, liegt auf der Hand.
3.2 Bei der vorliegenden Prüfung, ob faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG gegeben ist, ist jedoch nicht nur das Gesichtsfeld zu berücksichtigen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Entscheidung vom 26.10.2004, Az.: B 7 SF 2/03 R) sind für den Begriff der faktischen Blindheit zu Recht nicht nur Sehschärfe und Gesichtsfeld maßgeblich. Zu berücksichtigen sind vielmehr alle (weiteren) Störungen des Sehvermögens, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind. Schon nach dem Wortlaut des Art. 1 BayBlindG ist nicht maßgeblich, auf welchen Ursachen die Störung des Sehvermögens beruht und ob das Auge (Auge, Sehbahn) selbst geschädigt ist (a.a.O.). Maßgeblich sind somit auch andere Störungen - wie die vorliegend in Rede stehende(n) Linsentrübung, Reizerscheinungen, kratzende und brennende Augen, Lichtblitze. Es ist grundsätzlich also möglich, dass - unabhängig vom Gesichtsfeld - selbst bei einer höheren Sehschärfe als 1/50 Blindheit anzunehmen ist, wenn zusätzliche Störungen erschwerend hinzutreten. So hat der Senat denn auch bereits entschieden (Urteil vom 31.01.2013, Az.: L 15 BL 6/07), dass in besonderen Ausnahmefällen spezieller Krankheitsbilder die Annahme von Blindheit auch außerhalb der normierten Fallgruppen der VG bzw. der Richtlinien der DOG nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Diese zusätzlichen, neben Sehschärfe und Gesichtsfeld relevanten Aspekte werden jedoch in der Regel nur in Grenzfällen eine eigenständige Bedeutung haben (vgl. hierzu z.B. Rohrschneider, a.a.O., S. 8).
Vorliegend steht nicht zur Gewissheit des Senats fest, dass sich die (o.g.) geltend gemachten zusätzlichen Störungen des Antragstellers maßgeblich auswirken.
Im Hinblick auf die konkreten Einflüsse auf das Sehvermögen dürften hier wohl ausschließlich die geltend gemachten Lichtblitze und die Linsentrübung relevant sein, also Faktoren, die bereits in der Sehschärfe aufgehen (vgl. für die Linsentrübung die Darstellungen der Sachverständigen PD Dr. E. und Prof. Dr. G.); sie haben also keine eigenständige, erhöhende Bedeutung. Der Einfluss dieser beiden oder der weiteren geltend gemachten zusätzlichen Störungen kann im Hinblick auf die allgemein anzunehmende Aggravation des Antragstellers auch nicht im Einzelnen festgestellt bzw. bewertet werden. So hat der Sachverständige PD Dr. E. nachvollziehbar erklärt, dass sich die Differenz zwischen der bei einer AMD typisch erreichbaren Sehkraft (0,1 - wie bei Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer beim Kläger der Fall) und der angegebenen Sehschärfe durch die rechts und links fortgeschrittene Katarakt oder durch Aggravation erklären lasse. Ein entsprechender Nachweis ist somit nicht möglich; spezielle Untersuchungen hierzu stehen aus naheliegenden Gründen nicht mehr im Raum.
Etwas Anderes, also ein Nachweis der Blindheit gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG, ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht aus dem gemäß § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N ... Wie der Beklagte (am 20.01.2009) zutreffend darauf hingewiesen hat, kann es die Zweifel an den im Übrigen vielfach erhobenen Sehschärfewerten nicht ausräumen bzw. den von Dr. K. erhobenen Wert nicht in Frage stellen. Vor allem enthält das - ungewöhnlich kurze - Gutachten keine objektiven Funktionsbefunde und es lässt eine Verhaltensbeobachtung sowie die dringend erforderliche Besprechung der zahlreichen Widersprüchen (s.o.) vollständig vermissen.
Im Übrigen weist der Senat der Vollständigkeit halber noch auf Folgendes hin:
Wegen den von Dr. K. erhobenen Visus- und Gesichtsfeldbefunden und den durchgängigen massiven Zweifeln an den klägerischen Angaben spielt für den vorliegenden Rechtsstreit die Frage nach den Ursachen der - zweifellos erheblichen - Sehstörung nur eine nachrangige Rolle. Wie der Senat bereits in der o.g. Entscheidung vom 31.01.2013 (a.a.O.) hervorgehoben hat, geht, wenn bereits die erhobenen Befunde die maßgeblichen Werte nicht erreichen, auch die in den VG festgelegte Vorgabe, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklären müsse, ins Leere (VG Teil B Nr. 4). Es kommt vorliegend nicht darauf an, dass die morphologischen Veränderungen am Augenhintergrund des Antragstellers mit Blindheit zu vereinbaren sein dürften. Denn dies bedeutet nicht, dass sie Blindheit belegen würden. Zwischen dem Ausmaß morphologischer Veränderungen und dem Sehvermögen besteht schon keine eindeutige bzw. keine lineare Beziehung, worauf der Beklagte plausibel hingewiesen hat. Entsprechend z.B. der Feststellung von Dr. K. ist für die Feststellung von Blindheit nicht der strukturelle Befund entscheidend, sondern seine Auswirkung auf die Funktion, also die funktionelle Beeinträchtigung des Sehvermögens.
Somit mangelt es vorliegend am notwendigen Beweis. Kann das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen (non liquet), so gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. z.B. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O., § 103, Rdnr. 19a, mit Nachweisen der höchtsrichterlichen Rspr.). Die Klägerin zu 1) als Rechtsnachfolgerin des Antragstellers muss daher nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen tragen, dass eine (große) Ungewissheit bezüglich der für sie günstigen Tatsachen verblieben ist. Denn für das Vorliegen der Voraussetzungen der Blindheit gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG trägt der sehbehinderte Mensch die objektive Beweislast. Der Senat hat alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Gesichtspunkte, die zu weiteren Ermittlungen hätten veranlassen müssen, sind nicht erkennbar und zielgerichtete Ermittlungen wären aufgrund des Ablebens des Antragstellers auch nicht mehr möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG). Die Rechtssache ist zwar in tatsächlicher Hinsicht kompliziert. Dies reicht jedoch nicht aus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Mit Blick auf die von der Klägerseite geltend gemachten Unterschiede der Anspruchsvoraussetzungen für Blindengeld in Bayern und in anderen (Bundes-)Ländern besteht keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, da die Antwort "von vornherein praktisch außer Zweifel steht" (vgl. Leitherer, a.a.O., § 160, Rdnr. 8a), dass nämlich eine Verletzung von Gleichheitsrechten auch nicht nur im Entferntesten anzunehmen ist, da unterschiedliche Regelungsbereiche gegeben sind (vgl. z.B. BVerfGE 51, 43, 58). Dem Senat drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass die diesbezüglichen Rechtsansichten der Klägerseite stark von dem Wunsch beeinflusst sind, in dem Rechtsstreit - gewissermaßen außerplanmäßig - eine weitere Instanz zu erhalten.
26. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des im Jahr 1928 geborenen und 2010 verstorbenen Ehemanns (im Folgenden: Antragsteller) der Klägerin zu 1) und Vaters des Klägers zu 2) auf Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG). Zum Zeitpunkt des Todes lebte die Klägerin zu 1) mit ihrem Ehemann in häuslicher Gemeinschaft.
Der Antragsteller beantragte beim Beklagten am 29.03.2006 Blindengeld. Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Augenarztes lehnte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.05.2006 den Antrag ab, da die Sehschärfe auf dem besseren linken Auge mehr als 1/50 betrage. Hinweise für relevante Gesichtsfeldeinschränkungen fänden sich nicht.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 19.05.2006 Widerspruch. Er begründete diesen im Wesentlichen mit einem Irrtum des Sekretariats des behandelnden Augenarztes, das falsche Werte geliefert habe. Im Widerspruchsverfahren korrigierte dieser den Befundbericht und legte einen weiteren vor, in dem neben den Diagnosen Makulopathie, Katarakt, Myopie, Astigmatismus und Presbyopie ein Visus von (an beiden Augen jeweils) Fingerzählen festgehalten wurde. Am 04.08.2006 erstellte Prof. Dr. K. im Auftrag des Beklagten ein augenärztliches Gutachten. Der Facharzt stellte für beide Augen jeweils einen Visus für die Ferne von Fingerzählen und bei den vorderen Augenabschnitten jeweils eine Linse mit Trübungen von Kern und Rinde fest. Prof. Dr. K. berichtete, dass es bei der Untersuchung im Hinblick auf die Verhaltensbeobachtung einige Auffälligkeiten gegeben habe. Weiter wies er darauf hin, dass der optokinetische Nystagmus (OKN) sehr gut auslösbar gewesen sei. Stark erhärtet werde der Verdacht auf Aggravation durch das beidseits konzentrisch eingeschränkte Goldmanngesichtsfeld auf eine zentrale Restinsel von 5 Grad; bei der zugrunde liegenden Erkrankung sei jedoch grundsätzlich keine konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung zu beobachten. Beim Antragsteller liege sicher eine deutliche Visusminderung aufgrund des Netzhautbefundes vor. Aufgrund des starken Verdachts auf Aggravation lasse sich jedoch keine Blindheit im Sinne des BayBlindG feststellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2006 wies der Beklagte mit Verweis auf die sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. K. gewonnenen Erkenntnisse und den Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 11.12.2006 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Zur Begründung hat er auf die Befundberichte des behandelnden Augenarztes sowie auf den Ablauf der Untersuchung durch Prof. Dr. K. abgestellt. Im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass mit einer schweren altersbedingten Makuladegeneration (AMD) bekanntermaßen eine Minderung der Restsehschärfe einhergehe, welche einen Visus von weniger als 0,02 zur Folge habe.
Zur Sachverhaltsermittlung hat das SG einen Befundbericht von Dr. B. vom 27.01.2007 eingeholt. Nach einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Beklagten, in der dieser u.a. darauf hingewiesen hat, dass es unzutreffend sei, Patienten mit einer schweren AMD würden nur noch über eine Restsehschärfe von weniger als 0,02 verfügen, hat das SG Dr. K. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Facharzt hat in seinem Gutachten vom 09.12.2007 u.a. einen Visusbefund von 1/30 (rechtes Auge und beide Augen) und folgende Gesichtsfelduntersuchungen (Kugelperimeter nach Goldmann mit Reizmarken III/4e bzw. V/4e) festgehalten:
* Rechtes Auge: Die Außengrenzen seien nach zentral erheblich konzentrisch eingeschränkt. Werde in und an den angegebenen Grenzen per Einzelabfrage die Reizmarke noch einmal wiederholt angeboten, werde sie vom Antragsteller jeweils als nicht wahrgenommen angegeben. Auffallend sei, dass die von peripher nach zentral geführte Reizmarke schon viel früher Blickzielbewegungen auszulösen in der Lage sei, nicht aber als wahrgenommen angegeben werde. Ein zentraler Gesichtsfeldausfall könne nicht eindeutig perimetriert werden.
* Linkes Auge: Die von oben herangeführte Reizmarke werde nicht als wahrgenommen angegeben. Auffallend sei auch hier, dass die Grenzen nur schwer reproduzierbar seien und dass Blickzielbewegungen vor allem von der von oben herangeführten Reizmarke bereits bei maximal 35 Grad zu beobachten seien, ohne dass die Reizmarke als wahrgenommen angegeben werde.
Nach der ersten Gesichtsfelduntersuchung habe der Antragsteller eine Wiederholung der Prüfung gewünscht. Diese sei dann am 01.10.2007 erfolgt:
* Rechtes Auge: Die Außengrenzen bezüglich der Reizmarke III/4e seien zwar noch immer konzentrisch eingeschränkt, jedoch deutlich weniger als bei der Voruntersuchung. Dennoch könnten auch hier noch Blickzielbewegungen beobachtet werden, die außerhalb dieses angegebenen Bereichs lägen. Die Fixation sei dabei nur mäßig. Werde die Reizmarke, die Degeneration der Stelle des schärfsten Sehens berücksichtigend, von innen nach außen geführt, so würden jetzt neue Grenzen des zentralen Gesichtsfeldausfalls angegeben; das heiße, dass innerhalb eines bestimmten Areals die Reizmarke nun nicht als wahrgenommen angegeben werde, anders als bei der Gesichtsfelduntersuchung vom 20.09.2007.
* Linkes Auge: Die Gesichtsfeldaußengrenzen bezüglich der Reizmarke III/4e seien ebenfalls immer noch konzentrisch eingeschränkt, aber deutlich geringer als bei der Voruntersuchung. Werde die Reizmarke von innen nach außen geführt, lägen die Außengrenzen des Zentralskotoms zumeist noch weiter peripher, was bedeuten würde, dass ein Zentralskotom nun die zuvor angegebenen Außengrenzen bei der von außen nach innen geführten Reizmarke überdecke.
Der OKN sei sowohl am rechten wie am linken Auge auslösbar; es seien Muster mit einem Visusäquivalent von maximal 0,7 in der Lage, musterwechselsynchrone Augenbewegungen hervorzurufen. Beim Kontrastmuster-VECP könnten bei Stimulation keine sicher identifizierbaren und reproduzierbaren Reizantworten kortikal abgeleitet werden. Dies könne aber allein schon dadurch bedingt sein, dass der Antragsteller während der Untersuchung bisweilen die Augen schließe bzw. relativ stark bewege.
Hinsichtlich des Verhaltens des Antragstellers hat Dr. K. festgestellt, dass dieser sich in für ihn fremden Räumen auch ohne Begleitung gut zurecht finde. Er habe sich zielsicher auf den Untersuchungsstuhl gesetzt sowie die Armlehnen des Untersuchungsstuhls, die Untersucherhand und den Türgriff ergriffen. Auch der von unten zurückgegebene Personalausweis sei zielsicher entgegengenommen worden. Bei der Gesichtsfelduntersuchung sei aufgrund der schlechten Reproduzierbarkeit und der vorhandenen Blickzielbewegungen der Eindruck entstanden, dass die Reizmarke nicht zum Zeitpunkt des Wahrnehmens als erkannt quittiert worden sei. Aufgrund der Diskrepanzen zwischen den Außengrenzen bei Reizführung von außen nach innen im Gegensatz zur Reizführung von innen nach außen am linken Auge und aufgrund der weiterhin vorhandenen Blickzielbewegungen beider Augen, noch bevor die Außengrenzen als wahrgenommen angegeben würden, werde klar, dass tatsächlich noch weitere Außengrenzen im Gesichtsfeld als angegeben vorliegen würden.
Dr. K. hat die folgende Diagnosen gestellt: Schlupflid des Oberlids, Myopie, Astigmatismus, Presbyopie, Cataracta incipiens bis provecta, Makuladegeneration sowie (rechtes Auge) Verdacht auf Oberlidblutschwamm.
Zusammenfassend hat der Gutachter im Wesentlichen festgestellt, dass die Fehlsichtigkeiten nur unwesentlich zur Minderung des Sehvermögens an beiden Augen beitragen würden. Der Graue Star sei mittelstark ausgeprägt und trage somit zur Minderung des Sehvermögens, insbesondere zur erhöhten Blendempfindlichkeit bei. Hauptursache für die Minderung des Sehvermögens, insbesondere die Reduktion der Sehschärfe, sei jedoch die Makuladegeneration, die rein strukturell betrachtet am linken Auge stärker ausgeprägt sei als am rechten. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die im Gutachten festgestellten strukturellen Befunde als Ursachen für die funktionellen Beeinträchtigungen mindestens schon zum 31.03.2006 vorgelegen hätten. Da bei seiner Untersuchung eine Sehschärfe von maximal 1/30 mit bester Korrektion, geprüft nach der DIN 58220, erreicht worden sei und da es sich bei der Makuladegeneration wie auch bei der Katarakt um langsam zunehmende Augenerkrankungen mit funktioneller Verschlechterung und nicht Verbesserung handele, könne davon ausgegangen werden, dass beim Antragsteller zu früheren Zeitpunkten auch eine Sehschärfe von mindestens 1/30 vorgelegen habe. Eine grobe Objektivierung der subjektiv angegebenen Sehschärfe mittels elektrophysiologischer Methoden gelinge im Muster-VECP nicht, weil eine entsprechende Fixation nicht gewährleistet sei. Auch wenn das sogenannte Visusäquivalent des Kotowskitests nicht mit der Sehzeichenschärfe gleichgesetzt werden dürfe, so sei eine Auslösbarkeit dieses Nystagmus mit Mustern des Visusäquivalents von 0,7 durchaus mit einer besseren Sehzeichenschärfe als den angegebenen 1/30 vereinbar. Schenke man den Angaben des Antragstellers hinsichtlich der Gesichtsfeldaußengrenzen bei der zweiten Begutachtungsuntersuchung Glauben, so seien maximale Gesichtsfeldaußengrenzen am rechten Auge von 32 Grad und am linken Auge von ca. 38 Grad zu verzeichnen. Damit würden beim Antragsteller keine Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe im Sinne des Gesetzes gleichzustellen seien.
In der Stellungnahme des Bevollmächtigten zum Gutachten ist u.a. darauf hingewiesen worden, dass eine Gesichtsfeldmessung beim Antragsteller im Hinblick auf die ständigen Lichtblitze in den Augen und die mäßige Fixation gar nicht mehr richtig durchführbar sei; die ständigen Blickzielbewegungen der Augen seien der Versuch einer Fixation. Der geäußerte Verdacht auf Aggravation beruhe nur auf Vermutungen. Die Betrachtung des Verhaltens des Antragstellers sei subjektiv.
Sodann hat das SG Prof. Dr. N. auf Antrag des Antragstellers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Das Gutachten vom 15.12.2008 basiert auf ambulanten Untersuchungen des Antragstellers in der Praxis von Prof. Dr. N. in den Jahren 2005 und 2006 sowie den letzten Untersuchungen am 29.10. und 21.11.2008. Als korrigierte Sehschärfe seien, so der Facharzt, folgende Werte erhoben worden: Am 21.12.2005 rechtes Auge 1/50, linkes Auge 0,2; am 17.02.2006 rechtes Auge 1/50, linkes Auge 0,1; am 08.05.2006 rechtes Auge 1/50; linkes Auge 1/35 sowie am 29.10. und 21.11.2008 rechtes Auge und linkes Auge Handbewegungen; binokular sei in 0,33 m das größte Sehzeichen erkannt worden, was einem Visus von 0,3/50, also weniger als 1/50 entspreche. U.a. sei am linken Auge eine riesige Junius-Kuhnt-Veränderung festgestellt worden. Die objektiven Befunde könnten mit der gemessenen Sehschärfe ohne ersichtlichen Widerspruch in Einklang gebracht werden. Basierend auf den Untersuchungen in der Praxis seien die Kriterien für Blindheit erstmals am 29.10.2008 erfüllt worden. Es müsse jedoch angenommen werden, dass beim Antragsteller Blindheit schon mindestens seit der Untersuchung am 27.11.2006 bestanden habe. Bei deutlich progredientem Krankheitsverlauf liege es nahe, dass sich die Sehschärfe seit der Untersuchung am 08.05.2006 bis zum 27.11.2006 tatsächlich auf kleiner/gleich 1/50 verringert habe. Es bestehe somit kein Widerspruch, dass beim Antragsteller Blindheit seit dem 27.11.2006 bestehe. Dass jedoch schon am 29.03.2006 (Antragstellung) Blindheit vorgelegen habe, könne nicht angenommen werden.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. N. hat der Beklagte am 20.01.2009 Stellung genommen und die aus seiner Sicht bestehenden Defizite aufgezeigt. Vor allem hat er darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. N. im Gegensatz zu den Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. K. die Angaben zum Sehvermögen nicht durch objektivierende Untersuchungsverfahren oder elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen überprüft habe. Die Gutachten der beiden Universitätskliniken hätten dagegen durch entsprechende Untersuchungen nachgewiesen, dass die tatsächliche Sehschärfe deutlich oberhalb der Blindheitsgrenze liegen müsse. Bemerkenswert sei, dass der gemäß § 109 SGG beauftragte Gutachter auf eine Gesichtsfelduntersuchung verzichtet habe. Im Juli 2007 sei bei einem neuen Antrag auf Blindengeld (Anm. des Senats: Dieser hat sich inzwischen erledigt, da der Antragsteller im Erörterungstermin am 01.08.2013 eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, ebenso hinsichtlich des weiteren Blindengeldantrags vom 05.08.2009.) vorgetragen worden, dass sich die Sehfähigkeit erneut verschlechtert habe. Spätestens hier stelle sich die Frage, was sich bei einem Visus von Handbewegungen bzw. Lichtscheinprojektion noch wesentlich verschlechtern könne. Die immer wieder erfolgten Angaben einer erneuten bzw. massiven Verschlechterung des Sehvermögens seien daher ebenso wenig plausibel wie die jeweils angegebenen Sehschärfenwerte.
Auf die mündliche Verhandlung vom 26.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. K. abgestellt.
Am 07.05.2009 hat der Antragsteller hiergegen Berufung eingelegt. Er hat diese damit begründet, dass Prof. Dr. N. eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der AMD sei. Entgegen der erstrichterlichen Feststellung lägen hinsichtlich des festgestellten Visus von 1/50 keine subjektiven Angaben vor. Die bei der Untersuchung am 29.10.2008 festgestellten Visuswerte würden bedingen, dass kein Gesichtsfeld mehr erstellt werden könne. Die AMD sei eine deutlich progrediente Krankheit. Auch der Beklagte sage, dass der morphologische Befund mit Blindheit vereinbar sei. Die eingehenden Stellungnahmen der Klagepartei seien nicht hinreichend gewürdigt und berücksichtigt worden. Das SG sei verpflichtet gewesen, ein weiteres Sachverständigengutachten/Obergutachten einzuholen. Es sei keine der Erkrankung des Antragstellers entsprechende Beweiserhebung erfolgt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch ein augenärztliches Sachverständigengutachten. In seinem Gutachten vom 28.08.2009 hat PD Dr. E. als Visuswerte für beide Augen jeweils (bei der Prüfung mittels Landoltringen) in der Ferne und in der Nähe Handbewegungen, kein Fingerzählen angegeben. Mit dem Visometer hat der Sachverständige an beiden Augen jeweils einen Visus von 0,12 festgestellt. Das Gesichtsfeld sei durch die kinetische Perimetrie (Goldmann III/4) nicht prüfbar gewesen; es hätten sich keine verwertbaren Angaben ergeben. Bei vitaler Papille seien signifikante Gesichtsfeldeinschränkungen allerdings extrem unwahrscheinlich. Der OKN sei sowohl am rechten als auch am linken Auge horizontal und vertikal auslösbar gewesen. Zusammenfassend hat der Sachverständige festgestellt, dass die bestehende Makuladegeneration ausgebrannt, d.h. ein weiteres Fortschreiten nicht wahrscheinlich sei. Die typisch erreichbare Sehkraft vergleichbarer Patienten liege bei 0,1, wie dies beim Antragsteller (Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer) auch der Fall sei. Der Antragsteller sei nicht nachweisbar blind im Sinne des BayBlindG.
Auf die Nachfrage des Senats, ob die Berufung zurückgenommen werde, hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13.10.2009 zu dem Gutachten umfangreich Stellung genommen. Dieses sei widersprüchlich. Aus allen Gutachten ergebe sich Blindheit des Antragstellers; der Gutachter PD Dr. E. begebe sich bei der Ablehnung von Blindheit in den Bereich der Spekulation. Soweit der Gutachter einen Visus von 0,1 mutmaße, sei dies medizinisch nicht haltbar. Ein Gesichtsfeld habe wegen mangelnder Fixation und ständigen Lichtblitzen, Sternchen und Flimmern in den Augen nicht mehr erstellt werden können.
Im Auftrag des Gerichts hat der Sachverständige PD Dr. E. am 05.11.2009 zu dem Schriftsatz der Antragstellerseite ergänzend Stellung genommen. Dabei hat er zunächst darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellte typisch erreichbare Sehfähigkeit von 0,1 an jedem Auge sich auf die klinische Untersuchung vom 20.08.2009 gründe, bei der eine ausgebrannte feuchte AMD festgestellt worden sei; dies sei ein Endstadium der AMD, das typischerweise über Jahre stabil bleibe bei ca. 0,1 und zu der vom Antragsteller angegebenen Stabilisierung seiner Sehkraft an beiden Augen passe. Die Prüfung der Makulafunktion sei mit einem Visometer erfolgt, also einem Test, der unabhängig von Trübungen im Auge (fortgeschrittene Katarakt) die erreichbare Sehstärke im Falle klarer Medien ermittle und auch bei vermuteter Aggravation Anwendung finde, somit dem klinischen Befund der vorliegenden Form der Makuladegeneration entspreche und eine erreichbare Sehfunktion nachweise, die eine Zahlung von Blindengeld ausschließe. Die vom Antragsteller angegebene Sehkraft von Handbewegungen lasse sich am ehesten über die Kombination der oben genannten Diagnosen hinaus durch Aggravation erklären. Eindeutig feststellbar seien bei seiner Untersuchung eine ausgeprägte Katarakt und eine retinale Sehschärfe von rechts und links jeweils 0,12 gewesen. Bei der Gesichtsfeldprüfung sei ebenfalls die Kooperation des Antragstellers erforderlich gewesen. Bei einer wie beim Antragsteller unauffälligen Papille hätte - entsprechende Kooperation vorausgesetzt - der Antragsteller zumindest die Gesichtsfeldaußengrenzen erkennen müssen, was Aggravation auch bei seinem, PD Dr. Sch., Gutachten sehr nahe lege.
Auch zu der ergänzenden Stellungnahme hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten umfassend Stellung genommen. Dem Antragsteller Aggravation zu unterstellen, sei nicht nachvollziehbar. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass der Test mit einem Visometer falsche Ergebnisse liefere und bei einer Makulaerkrankung in diesem Ausmaß nicht mehr aussagekräftig sei, sowie darauf, dass nach der DIN 58220 die Sehschärfeprüfung (nur) anhand von Landoltringen zu erfolgen habe.
Sodann hat der Senat erneut ein augenärztliches Sachverständigengutachten eingeholt und Prof. Dr. G. beauftragt. Bei der Sehschärfeprüfung mit objektiver Fernkorrektur unter Vorgabe von Addition + 1,0 Dioptrin für 1 m Prüfdistanz hat der Gutachter hinsichtlich beider Augen Lichtscheinwahrnehmung und fehlerhafte Angabe der Lichteinfallsrichtung (sog. defekte Lichtprojektion) festgehalten. Prof. Dr. G. hat auch eine Gesichtsfelduntersuchung mit dem Projektionsperimeter nach Goldmann (Marken V/4 und III/4, weiß) durchzuführen versucht. Hinsichtlich beider Augen hat er festgehalten, dass nach subjektiven Angaben des Antragstellers keine Prüfmarken erkannt worden seien. Er hat nach den Blickzielbewegungen in Richtung der unvermittelt auftauchenden Lichtmarken - obwohl der Antragsteller behaupte, keine Prüfmarken wahrzunehmen - Gesichtsfeldgrenzen erstellt. Die Reproduzierbarkeit der Blickzielbewegungen beider Augen sei mehrfach geprüft und bestätigt worden. Das Ergebnis entspreche einer allseitig leicht eingeschränkten Außengrenze. Bei der Prüfung des beidäugigen Einfachsehens und des räumlichen Sehvermögens habe der Antragsteller angegeben, das helle Untersuchungslicht (Bonnoskop) nur mit beiden Augen wahrzunehmen. Jeweils einäugig erfolge keine Lichtscheinwahrnehmung mehr. Trotzdem seien Blickfolgebewegungen auslösbar gewesen.
Der Sachverständige hat u.a. die Diagnose "Narbenstadium einer feuchten altersbedingten Makuladegeneration" gestellt.
Die subjektiven Angaben bei der Gesichtsfelduntersuchung würden in einem krassen Gegensatz zu den aufgrund der objektiven morphologischen Untersuchungsbefunde erwarteten Gesichtsfeldaußengrenzen stehen. Der morphologische Augenbefund lasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die verwendeten Lichtmarken praktisch normale Außengrenzen erwarten. Insofern seien die Angaben des Antragstellers bei der Gesichtsfelduntersuchung nicht glaubhaft.
Nach den subjektiven Angaben sei der Antragsteller sowohl bezüglich der Sehschärfe als auch des Gesichtsfelds blind im Sinne des Gesetzes. Jedoch stünden seine Angaben im krassen Gegensatz zum objektiven Befund, der sich bis auf eine geringe Zunahme der Linsentrübung im Vergleich zu den vier Vorgutachten nicht verändert habe. Bei der Gesichtsfelduntersuchung aggraviere der Antragsteller. Er stütze sich in einem ihm unbekannten Raum zielsicher auf dem Schreibtisch ab und greife zielgenau die dargebotene Hand zum Gruß. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei aufgrund des objektiven Untersuchungsbefundes und des gleichzeitigen massiven Verdachts auf Aggravation beim Antragsteller keine Erblindung im Sinne des Gesetzes anzunehmen.
Auf das Gutachten hat der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten am 25.08.2010 umfassend Stellung genommen. Er hat dabei u.a. auf Presseinformationen und eine Statistik zur AMD verwiesen. Die Gesichtsfeldmessung sei gegenstandslos, da aufgrund des herabgesunkenen Visus nur dieser ausschlaggebend sei. Der Gutachter habe lediglich Wahrnehmungen von Lichtschein bestätigt. Daher sei die Unterstellung von Aggravation absurd.
2010 ist der Antragsteller verstorben.
Im Auftrag des Gerichts hat Prof. Dr. G. am 21.03.2011 zu dem genannten Schriftsatz ergänzend Stellung genommen. Der Sachverständige hat zunächst klargestellt, dass der Gesichtsfeldmessung nur dann keine Bedeutung zukomme, wenn die vom Antragsteller angegebene Sehschärfe objektiv bestätigt werden könne und keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der subjektiven Angaben bestünden. In allen Gutachten falle auf, dass sich der Antragsteller offensichtlich besser orientieren und bewegen könne, als nach seinen subjektiven Angaben zur Sehschärfe zu erwarten sei.
Die Einschätzung der tatsächlich vorliegenden Sehschärfeminderung beim Antragsteller bleibe weiterhin unsicher. Der Sachverständige hat im Folgenden die Angaben des Antragstellers zur Sehschärfe in ihrem Verlauf dargestellt und kritisch gewürdigt. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, dass es, obwohl sich der morphologische Untersuchungsbefund zwischen 04.08.2006 (Gutachten Prof. Dr. K.) und 05.08.2010 (Gutachten Prof. Dr. G.) nicht wesentlich geändert habe, subjektiv zu einer dramatischen Minderung der Sehschärfe bis auf Lichtscheinwahrnehmung mit falscher Angabe der Lichteinfallsrichtung gekommen sei.
Hinsichtlich des Gesichtsfelds hat Prof. Dr. G. hervorgehoben, dass in allen augenärztlichen Berichten der Sehnervenkopf in beiden Augen als vital beschrieben worden sei. Zusammen mit der stets als normal beschriebenen Peripherie des Augenhintergrundes gewährleiste dieser morphologische Befund eine annähernd normale Gesichtsfeldaußengrenze. Ein zentraler Gesichtsfeldausfall sei aufgrund der Makuladegeneration obligat anzunehmen. Die Untersuchung mit dem Goldmann-Projektionsperimeter im Rahmen des Gutachtens von Dr. K. habe zweifelsfrei unglaubwürdige Angaben des Antragstellers zu den Gesichtsfeldgrenzen aufgedeckt. Die gleiche Unglaubwürdigkeit habe nach der Untersuchung des Gesichtsfelds im Gutachten von Prof. Dr. K. bestätigt werden müssen. Im Gegensatz zur Aussage des Bevollmächtigten, habe er, Prof. Dr. G., am Goldmann-Projektionsperimeter und am automatischen Perimeter Humphrey keine Angaben zur Gesichtsfeldmessung und Lichtscheinwahrnehmungsschwelle gewonnen. Der Antragsteller habe bei seiner, Prof. Dr. M., Untersuchung (am 31.03.2010) angegeben, auch den größten und hellsten Prüfpunkt V/4 nicht zu sehen. Allerdings sei bei gleichzeitiger unmittelbarer Beobachtung des untersuchten Auges mühelos erkennbar gewesen, dass der Antragsteller dem sich von außen nach innen bewegenden Prüfpunkt V/4 in allen untersuchten Meridianen korrekt entgegengeblickt habe. Dadurch habe die Außengrenze des Gesichtsfelds für den Prüfpunkt V/4 relativ zuverlässig festgelegt werden können.
Die Diskrepanz zwischen objektivem Untersuchungsbefund und den subjektiven Angaben zur Sehschärfeprüfung, mehr jedoch noch die Diskrepanz bei der Gesichtsfelduntersuchung seien am 31.03.2010 so groß gewesen, dass nicht nur ein Verdacht auf Aggravation geäußert habe werden müssen.
Auf diese gutachterliche Äußerung hin hat das Gericht bei der Klägerseite angefragt, ob die Berufung zurückgenommen werde. Dies ist jedoch nicht erfolgt; vielmehr hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 06.05.2011 sehr umfangreich Stellung genommen. Das Gutachten, so der Bevollmächtigte, sei nicht objektiv und auch unzutreffend. Die Gesichtsfeldmessung und deren Einschätzungen seien gegenstandslos. Es sei insgesamt nicht nachvollziehbar, wenn der Sachverständige eine solche Messung dennoch durchführe, obwohl er dem Antragsteller nur Lichtschein attestiere. Die Visuswerte des Antragstellers seien objektiv festgestellt, daher sei nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige sich weigere, alleine diese Werte anzuerkennen. Andere europäische Länder würden Blindheit bereits bei einem Visus von 1/10 annehmen. Es biete sich an, das gegenständliche Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. In einigen Bundesländern würden sogar Werte von 1/20 genügen. Aus subjektiven Beobachtungen abzuleiten, der Antragsteller könne sich besser orientieren und bewegen als vorausgesetzt, entspreche keinerlei gesetzlichen Erhebungen. Weiter hat der Bevollmächtigte darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten von Prof. Dr. N. zu keinem Zeitpunkt eine angebliche Aggravation des Antragstellers festgestellt worden sei. Die Gutachten von PD Dr. E. und Prof. Dr. G. seien vom Antragsteller widerlegt worden. Die Sehschärfe von 1/30, die Dr. K. erhoben habe, sei nur durch eine Überkorrektur zustande gekommen. Alle sonstigen Feststellungen in den Gutachten, mit Ausnahme dem Gutachten von Prof. Dr. N., seien teils subjektiver Natur und würden versuchen, trotz der festgestellten minimalen Sehschärfen dem verstorbenen Antragsteller Aggravation zu unterstellen. Ein endgültiger objektiver Beweis, dass an den Angaben und Messwerten des Antragstellers zu zweifeln gewesen sei, könne auch Prof. Dr. G. nicht führen. Schließlich hat der Bevollmächtigte auf die vorhandene Linsentrübung, die mangelnde Fixation, Reizerscheinungen, kratzende, brennende Augen, Lichtblitze in den Augen und sonstige Erkrankungen der Augen hingewiesen, die dem ermittelten 1/50 noch hinzuzuaddieren seien.
Am 01.08.2013 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Dabei hat sich die Klägerseite vor allem gegen die von Prof. Dr. G. geschilderten Verhaltensbeobachtungen gewandt.
Nach einem gerichtlichen Hinweis auf die mangelnden Erfolgsaussichten der Berufung und auf die wohl fehlende Aktivlegitimation des Klägers zu 2) hat die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 21.08.2013 erklärt, dass die Berufung aufrecht erhalten bleibe. Mit Blick auf die objektive Beweislast habe der Antragsteller durch das Gutachten von Prof. Dr. N. die Beweise erbracht. Einem fast blinden Menschen mit einem bestätigten Visus von 1/50 Aggravation zu unterstellen, sei diskriminierend und würdelos.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.03.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 03.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2006 zu verurteilen, den Klägern ab Antragsstellung bis 30.11.2010 Blindengeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (Art. 7 Abs. 3 BayBlindG i.V.m. §§ 143, 151 SGG), jedoch nicht begründet.
I. Kläger zu 2)
Der Kläger zu 2) ist bereits nicht aktivlegitimiert. Seine Berufung kann daher unabhängig von der Frage der Blindheit des Antragstellers keinen Erfolg haben. Sie erweist sich damit als unbegründet; die Aktivlegitimation ist eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit eines Rechtsmittels (klarstellend z.B. Keller, in: Meyer-Ladewig/ ders./Leitherer, SGG, 10. Aufl., vor § 51, Rn. 11).
Zwar ist nach Auffassung des Senats die Vererblichkeit des Blindengeldanspruchs nicht wegen einer etwaigen höchstpersönlichen, bedarfsorientierten Natur des Blindengelds ausgeschlossen, da in den gesetzlichen Vorschriften des BayBlindG keine entgegenstehende Regelung enthalten ist und die Leistung nach dem BayBlindG ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erfolgt (vgl. Demmel, Die Entwicklung und Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Blindengeldleistung als Sozialleistung, S. 460). Damit scheiden Sonderrechtsnachfolge und auch die Vererblichkeit nicht generell aus.
Der Kläger zu 2) als Sohn des verstorbenen Antragstellers ist aber von der Sonderrechtsnachfolge ausgeschlossen. Sind mehrere nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) Bezugsberechtigte vorhanden, ist die dort geregelte Rangfolge maßgeblich. Ein Rechtsnachfolger mit schlechterem Rang wird nur berechtigt, wenn ihm vorgehende Sonderrechtsnachfolger gem. § 57 SGB I verzichten (s. § 57 Abs. 1 Satz 3). Mehrere Personen der gleichen Rangstufe sind zu gleichen Teilen berechtigt (Abs. 1 Satz 2). Vorliegend ist die Klägerin zu 1) dem Kläger zu 2) vorgehende Sonderrechtsnachfolgerin. Es ist zur Gewissheit des Senats nachgewiesen, dass die Klägerin zu 1) als Witwe des verstorbenen Antragstellers die Voraussetzungen des § 56 SGB I erfüllt, da sie mit dem Berechtigten (dem Antragsteller) zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
Anders als der Kläger zu 2) meint, kommt es auf seine Erbenstellung nicht an, § 58 SGB I. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger - von der klaren Gesetzeslage, insbesondere dem eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, und dem unmissverständlichen Hinweis des Gerichts unbeeindruckt - sein Verfahren weiterbetrieben hat und damit zumindest an die Grenze der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung gelangt ist, vgl. § 192 SGG.
II. Klägerin zu 1)
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsteller blind im Sinne des BayBlindG war und ihm deshalb ab dem Monat der Antragstellung Blindengeld zustand. Dies hat das SG zu Recht verneint. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 03.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2006 ist rechtmäßig und hat den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Damit scheidet auch eine Rechtsverletzung der Klägerin zu 1) aus.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayBlindG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayBlindG v. 20.07.2011 (GVBl. Nr. 14/2011, S. 311) erhalten blinde Menschen, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Bayern haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl L 166 S. 1, ber. ABl L 200 S. 1, 2007 ABl L 204 S. 30) in der jeweils geltenden Fassung dies vorsieht, zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen auf Antrag ein monatliches Blindengeld. Dabei beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG die Formulierung "zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen" keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, sondern umschreibt lediglich die allgemeine Zielsetzung der gesetzlichen Regelung (BSG v. 26.10.2004, Az.: B 7 SF 2/03 R).
Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG). Als blind gelten gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG auch Personen,
1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
2. bei denen durch Nr. 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachten sind.
Vorübergehende Sehstörungen sind nicht zu berücksichtigen. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten.
Eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 (0,02) oder weniger gleichzusetzende Sehstörung im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG liegt, den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) folgend, bei folgenden Fallgruppen vor (siehe Teil A Nr. 6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VG, Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung):
aa) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
bb) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
cc) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfelds in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
dd) bei einer Einengung des Gesichtsfelds, auch bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
ee) bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist,
ff) bei homonymen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser besitzt,
gg) bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und kein Binokularsehen besteht.
Dass dem Antragsteller das Augenlicht vollständig gefehlt oder dass bei ihm faktische Blindheit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG vorgelegen hätte, steht nicht zur Gewissheit des Senats fest. Vielmehr hat der Senat hieran ganz erhebliche Zweifel.
Wie der Senat u.a. in den Entscheidungen vom 05.02.2013 (Az.: L 15 SB 23/10) und 18.06.2013 (Az.: L 15 BL 6/10) unterstrichen hat, sind nach den Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren die einen Anspruch begründenden Tatsachen grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen möchte.
Wie sich aus der obigen Darstellung des Sachverhalts bereits ergibt, kann nicht die Rede davon sein, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des vorliegenden Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der blindheitsbegründenden Tatsachen zweifeln würde. Vielmehr hat keiner der in den Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren von Amts wegen beauftragten Sachverständigen die Blindheit des Antragstellers bestätigt. Lediglich der vom Antragsteller selbst benannte Prof. Dr. N. hat eine Erblindung angenommen; dieses Gutachten kann jedoch nicht überzeugen (siehe hierzu unten). Alle anderen Gutachter haben jeweils zahlreiche Aspekte aufgezeigt, die sie zu erheblichen Zweifeln am Vorliegen faktischer Blindheit des Antragstellers veranlasst haben. Der Senat macht sich diese sachverständigen Feststellungen zu eigen.
1. Lichtlosigkeit/Rindenblindheit
Dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Blindengeld hatte, weil ihm das Augenlicht vollständig gefehlt hätte (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG), ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Darlegungen.
2. Faktische Blindheit durch Beeinträchtigung der Sehschärfe
Dass ein Visus von 1/50 oder weniger (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBlindG) mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen wäre, ist zwar von der Klägerseite im Verfahren wiederholt behauptet worden, jedoch unzutreffend. Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Denn keines der vom SG und vom Senat von Amts wegen eingeholten Gutachten und auch nicht das Gutachten von Prof. Dr. K., das im Auftrag des Beklagten erstellt worden ist, sieht einen Nachweis hier als gegeben an. Es ist somit nicht zur Gewissheit des Senats dargelegt, dass die Sehschärfe des Antragstellers entsprechend der gesetzlichen Vorgabe auf 1/50 (0,02) oder weniger herabgesunken wäre.
Maßgeblich ist, ob die Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung (Teil A Nr. 6 a VG; vgl. z.B. die Entscheidung des Senats v. 17.03.2009, Az.: L 15 BL 3/08, sowie v. 31.01.2013, Az. L 15 BL 6/07) einen besseren Wert erreicht.
Dass eine Sehschärfe des Antragstellers von 1/50 (0,02) oder weniger nicht nachgewiesen ist, ergibt sich bereits aus dem vom Sachverständigen Dr. K. erhobenen Visus-Befund. Denn der Facharzt hat bei der Prüfung mit optimaler Korrektion (objektive Refraktion und + 1,0 Dioptrin) bei 1 m Abstand (Landoltringe) auf dem rechten Auge und beidäugig einen Visus von 1/30 festgestellt. Diese Visuserhebung erfolgte (jedenfalls aus heutiger Sicht) methodisch einwandfrei - sowohl was die Prüfentfernung betrifft (vgl. z.B. Rohrschneider, Augenärztliche Begutachtung im sozialen Entschädigungs- und Schwerbehindertenrecht und bei Blindheit, in: Med Sach 2012, S. 6; Wesemann/Schiefer/Bach, Neue DIN-Normen zur Sehschärfebestimmung, in: Der Ophthalmologe, 2010, S. 821 ff;) als auch im Hinblick auf die Korrektur (objektive Refraktion und + 1,0 Dioptrin). So sind die Vorbehalte der Klägerseite gegen Letztere auch diffus geblieben; sie konnten auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht erläutert werden. Maßgeblich ist, dass durch die Korrektur das bestmögliche Ergebnis bei der Sehpüfung erzielt werden kann. Nicht gehört werden kann die Klägerin auch mit dem Argument, dass wegen des typischen Verlaufs einer AMD eine Verbesserung des Visus auf 1/30 gar nicht möglich sei. Denn der Sachverständige Dr. K. ist nachvollziehbar gerade davon ausgegangen, dass der Visus in der festgestellten Höhe bereits auch zu früheren Zeitpunkten vorgelegen hat.
Dem Nachweis einer relevanten Herabsetzung des Visus stehen weiter aber auch die Feststellungen aller anderen Sachverständigen, mit Ausnahme des gemäß § 109 SGG beauftragten, entgegen. Bereits der vom Beklagten beauftragte Facharzt Prof. Dr. K. hat deutliche Zweifel an einer Herabsetzung aufgrund der Verhaltensbeobachtung und der sehr guten Auslösbarkeit des OKN mit der Catfort-Trommel sowie des starken Verdachts auf Aggravation geäußert. Der gerichtlich bestellte Sachverständige PD Dr. E. hat auf die typisch erreichbare Sehkraft vergleichbarer Patienten sowie auf die Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer verwiesen. Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Facharzt als festgestellte Sehschärfe nur "unkorrigiert und korrigiert Handbewegungen" angibt und dass sich die interferometrische Sehschärfeprüfung (Visometer) in den Fällen einer AMD als problematisch darstellt (vgl. Lachenmayr, Begutachtung in der Augenheilkunde, 2. Auflage, S. 71). Der interferometrischen Sehschärfe dürfte jedoch gewisse Indizwirkung zukommen, worauf es letztlich aber nicht ankommt. PD Dr. E. hat als Ursache für die Differenz zwischen der typisch erreichbaren Sehkraft und der angegebenen jedenfalls (zumindest auch) Aggravation angegeben; er hat ausdrücklich hervorgehoben, dass sich wegen Letzterer die tatsächliche Sehschärfe nicht exakt bestimmen läßt.
Auch Prof. Dr. G. hat nachvollziehbar festgestellt, dass die subjektiven Angaben des Antragstellers - auch bezüglich der Sehschärfe - im krassen Gegensatz zum objektiven Befund stehen, welcher sich bis auf eine geringe Zunahme der Linsentrübung im Vergleich zu den vier Vorgutachten nicht verändert hatte, wie der Gutachter ausdrücklich festgehalten hat. Danach verursacht die bestehende Makuladegeneration beim Kläger zweifellos eine erhebliche Verminderung der Sehschärfe. Bei der hohen Häufigkeit dieses Krankheitsbilds ist mit Prof. Dr. G. aber davon auszugehen, dass für medizinische Experten aufgrund des morphologischen Befunds eine gewisse Abschätzung der resultierenden Sehminderung möglich ist und dass nur sehr selten eine Makuladegeneration zu einer Minderung der Sehschärfe unter 1/50 des Normalen führt. Wie der Sachverständige plausibel dargelegt hat, ist aber beim Kläger die subjektive Angabe zur Sehschärfe von nur Lichtscheinwahrnehmung mit fehlerhafter Angabe der Lichteinfallsrichtung (Prüfung mit objektiver Fernkorrektur unter Vorgabe von Addition + 1,0 Dioptrin bei 1 m Anstand, s. hierzu oben) mit dem objektiven Untersuchungsbefund keinesfalls vereinbar. Von einem Nachweis eines Visus von 1/50 oder weniger kann also nicht die Rede sein.
Dies gilt aus Sicht des Senats im Übrigen nicht nur wegen der von den Gutachtern geschilderten Zweifel hinsichtlich der einzelnen konkreten Sehschärfeangaben, sondern weil gegen die Zuverlässigkeit der klägerischen Angaben allgemein bei den Untersuchungen im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren massivste Bedenken bestehen. Beispielhaft seien hier die Untersuchung mit dem Bonnoskop durch den Sachverständigen Prof. Dr. G., die fragwürdigen Angaben immer weiterer Verschlechterungen trotz eines vorher bereits geltend gemachten Niedrigstniveaus und die fehlerhaften bzw. widersprüchlichen Visusangaben im Verlauf genannt, wie von den Gutachtern und auch dem Beklagten zu Recht thematisiert.
3. Faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG
3.1 Faktische Blindheit ist auch nicht im Hinblick auf die Gesichtsfeldeinschränkungen des Antragstellers nachgewiesen. Auch hiervon kann aufgrund der massiven Zweifel, die vor allem in den Gutachten von Prof. Dr. K., Dr. K. und Prof. Dr. G. mit Verweis auf u.a. die Blickzielbewegungen, den entgegenstehenden morphologischen Befund sowie weitere Widersprüche festgehalten sind, nicht die Rede sein. Ebenso spielt auch hier der Aggravationsverdacht eine erhebliche Rolle. Kennzeichnend für die Problematik ist, dass nach der plausiblen Darstellung des Gutachters Dr. K. der Antragsteller bei der ersten Gesichtsfelduntersuchung (am 20.09.2007) einen Gesichtsfeldausfall angegeben hat, der invers zu dem zu erwartenden Gesichtsfeldausfall gewesen ist, indem der Antragsteller ein röhrenförmig eingeschränktes Gesichtsfeld (konzentrischer Gesichtsfeldausfall) angegeben hat, bei dem gerade im Zentrum noch die beste Gesichtsfeldleistung besteht, obwohl wegen der beim Antragsteller vorhandenen Makuladegeneration ein zentraler Gesichtsfeldausfall (Zentralskotom) zu erwarten gewesen wäre. Bei der Wiederholungsuntersuchung (am 01.10.2007) sind dann deutlich weitere Außengrenzen und ein Zentralskotom im Gesichtsfeld angegeben worden. Die schlechte Reproduzierbarkeit und vor allem die Blickzielbewegungen haben aber nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen darauf hingewiesen, dass die Außengrenzen wohl noch weiter als bei der zweiten Gesichtsfelduntersuchung angegeben waren; teilweise hat das jetzt angegebene Zentralskotom die am vorangegangenen Untersuchungstag angegebenen Außengrenzen überdeckt. Ein solcher konzentrischer Gesichtsfeldausfall kann aber, wie Dr. K. überzeugend ausgeführt hat, nicht durch weitere strukturelle krankhafte Veränderungen erklärt werden, da solche nicht vorlagen.
Dass vor diesem Hintergrund keine Gewissheit des Senats bezüglich des Vorliegens faktischer Blindheit (im Zusammenhang mit Einschränkungen des Gesichtsfelds) hergestellt werden kann, liegt auf der Hand.
3.2 Bei der vorliegenden Prüfung, ob faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBlindG gegeben ist, ist jedoch nicht nur das Gesichtsfeld zu berücksichtigen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Entscheidung vom 26.10.2004, Az.: B 7 SF 2/03 R) sind für den Begriff der faktischen Blindheit zu Recht nicht nur Sehschärfe und Gesichtsfeld maßgeblich. Zu berücksichtigen sind vielmehr alle (weiteren) Störungen des Sehvermögens, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind. Schon nach dem Wortlaut des Art. 1 BayBlindG ist nicht maßgeblich, auf welchen Ursachen die Störung des Sehvermögens beruht und ob das Auge (Auge, Sehbahn) selbst geschädigt ist (a.a.O.). Maßgeblich sind somit auch andere Störungen - wie die vorliegend in Rede stehende(n) Linsentrübung, Reizerscheinungen, kratzende und brennende Augen, Lichtblitze. Es ist grundsätzlich also möglich, dass - unabhängig vom Gesichtsfeld - selbst bei einer höheren Sehschärfe als 1/50 Blindheit anzunehmen ist, wenn zusätzliche Störungen erschwerend hinzutreten. So hat der Senat denn auch bereits entschieden (Urteil vom 31.01.2013, Az.: L 15 BL 6/07), dass in besonderen Ausnahmefällen spezieller Krankheitsbilder die Annahme von Blindheit auch außerhalb der normierten Fallgruppen der VG bzw. der Richtlinien der DOG nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Diese zusätzlichen, neben Sehschärfe und Gesichtsfeld relevanten Aspekte werden jedoch in der Regel nur in Grenzfällen eine eigenständige Bedeutung haben (vgl. hierzu z.B. Rohrschneider, a.a.O., S. 8).
Vorliegend steht nicht zur Gewissheit des Senats fest, dass sich die (o.g.) geltend gemachten zusätzlichen Störungen des Antragstellers maßgeblich auswirken.
Im Hinblick auf die konkreten Einflüsse auf das Sehvermögen dürften hier wohl ausschließlich die geltend gemachten Lichtblitze und die Linsentrübung relevant sein, also Faktoren, die bereits in der Sehschärfe aufgehen (vgl. für die Linsentrübung die Darstellungen der Sachverständigen PD Dr. E. und Prof. Dr. G.); sie haben also keine eigenständige, erhöhende Bedeutung. Der Einfluss dieser beiden oder der weiteren geltend gemachten zusätzlichen Störungen kann im Hinblick auf die allgemein anzunehmende Aggravation des Antragstellers auch nicht im Einzelnen festgestellt bzw. bewertet werden. So hat der Sachverständige PD Dr. E. nachvollziehbar erklärt, dass sich die Differenz zwischen der bei einer AMD typisch erreichbaren Sehkraft (0,1 - wie bei Prüfung der Makulafunktion mit dem Visometer beim Kläger der Fall) und der angegebenen Sehschärfe durch die rechts und links fortgeschrittene Katarakt oder durch Aggravation erklären lasse. Ein entsprechender Nachweis ist somit nicht möglich; spezielle Untersuchungen hierzu stehen aus naheliegenden Gründen nicht mehr im Raum.
Etwas Anderes, also ein Nachweis der Blindheit gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG, ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht aus dem gemäß § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N ... Wie der Beklagte (am 20.01.2009) zutreffend darauf hingewiesen hat, kann es die Zweifel an den im Übrigen vielfach erhobenen Sehschärfewerten nicht ausräumen bzw. den von Dr. K. erhobenen Wert nicht in Frage stellen. Vor allem enthält das - ungewöhnlich kurze - Gutachten keine objektiven Funktionsbefunde und es lässt eine Verhaltensbeobachtung sowie die dringend erforderliche Besprechung der zahlreichen Widersprüchen (s.o.) vollständig vermissen.
Im Übrigen weist der Senat der Vollständigkeit halber noch auf Folgendes hin:
Wegen den von Dr. K. erhobenen Visus- und Gesichtsfeldbefunden und den durchgängigen massiven Zweifeln an den klägerischen Angaben spielt für den vorliegenden Rechtsstreit die Frage nach den Ursachen der - zweifellos erheblichen - Sehstörung nur eine nachrangige Rolle. Wie der Senat bereits in der o.g. Entscheidung vom 31.01.2013 (a.a.O.) hervorgehoben hat, geht, wenn bereits die erhobenen Befunde die maßgeblichen Werte nicht erreichen, auch die in den VG festgelegte Vorgabe, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklären müsse, ins Leere (VG Teil B Nr. 4). Es kommt vorliegend nicht darauf an, dass die morphologischen Veränderungen am Augenhintergrund des Antragstellers mit Blindheit zu vereinbaren sein dürften. Denn dies bedeutet nicht, dass sie Blindheit belegen würden. Zwischen dem Ausmaß morphologischer Veränderungen und dem Sehvermögen besteht schon keine eindeutige bzw. keine lineare Beziehung, worauf der Beklagte plausibel hingewiesen hat. Entsprechend z.B. der Feststellung von Dr. K. ist für die Feststellung von Blindheit nicht der strukturelle Befund entscheidend, sondern seine Auswirkung auf die Funktion, also die funktionelle Beeinträchtigung des Sehvermögens.
Somit mangelt es vorliegend am notwendigen Beweis. Kann das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen (non liquet), so gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. z.B. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O., § 103, Rdnr. 19a, mit Nachweisen der höchtsrichterlichen Rspr.). Die Klägerin zu 1) als Rechtsnachfolgerin des Antragstellers muss daher nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen tragen, dass eine (große) Ungewissheit bezüglich der für sie günstigen Tatsachen verblieben ist. Denn für das Vorliegen der Voraussetzungen der Blindheit gemäß Art. 1 Abs. 2 BayBlindG trägt der sehbehinderte Mensch die objektive Beweislast. Der Senat hat alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Gesichtspunkte, die zu weiteren Ermittlungen hätten veranlassen müssen, sind nicht erkennbar und zielgerichtete Ermittlungen wären aufgrund des Ablebens des Antragstellers auch nicht mehr möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG). Die Rechtssache ist zwar in tatsächlicher Hinsicht kompliziert. Dies reicht jedoch nicht aus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Mit Blick auf die von der Klägerseite geltend gemachten Unterschiede der Anspruchsvoraussetzungen für Blindengeld in Bayern und in anderen (Bundes-)Ländern besteht keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, da die Antwort "von vornherein praktisch außer Zweifel steht" (vgl. Leitherer, a.a.O., § 160, Rdnr. 8a), dass nämlich eine Verletzung von Gleichheitsrechten auch nicht nur im Entferntesten anzunehmen ist, da unterschiedliche Regelungsbereiche gegeben sind (vgl. z.B. BVerfGE 51, 43, 58). Dem Senat drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass die diesbezüglichen Rechtsansichten der Klägerseite stark von dem Wunsch beeinflusst sind, in dem Rechtsstreit - gewissermaßen außerplanmäßig - eine weitere Instanz zu erhalten.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved