L 16 RJ 243/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 742/02 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 243/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 5. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 1246, 1247 Reichsversicherungsordnung - RVO -), auf medizinische Versorgung von Unfallverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland und auf Schadensersatz für 1943 erlittene Kriegsschäden.

Der 1939 geborene, in der Staatlichen Gemeinschaft Serbien und Montenegro wohnhafte Kläger beantragte am 26.05.1989 die Ge- währung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (JU 201).

Er hat im früheren Jugoslawien nach Mitteilung des dortigen Versicherungsträgers in der Zeit vom 15.04.1957 bis 03.04.1971 insgesamt zwei Jahre, zehn Monate und 21 Tage an Versicherungszeiten zurückgelegt (JU 205 vom 07.07.1992) und war in Deutschland in der Zeit vom 26.11.1971 bis 10.01.1972, 11.01. bis 23.02.1972 und 09.03. bis 14.04.1972 für insgesamt sechs Monate versicherungspflichtig beschäftigt (Schreiben der AOK Überlingen vom 23.11.1973, der AOK Bodenseekreis vom 23.11.1993 und der AOK Spaichingen vom 07.12.1993).

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 06.09.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.1994), weil mit einer Versicherungszeit von 41 Kalendermonaten die für eine Rentengewährung erforderliche allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt sei. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Landshut - SG - vom 26.10.1994, Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts - LSG - vom 25.04.1996, Beschluss des Bundessozialgerichts - BSG - vom 25.11.1996). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, die Eintragungen in einer vom Kläger vorgelegten Rentenversicherungskarte seien offensichtlich nachträglich abgeändert worden, um weitere, tatsächlich nicht zurückgelegte Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung geltend zu machen. Aus den Angaben der zuständigen Krankenkassen und den in der Versicherungskarte eingetragenen Verdiensten ergebe sich indes eine Beitragszeit von nur sechs Monaten.

Am 23.05.2002 - beim SG eingegangen am 06.06.2002 - hat der Kläger Klage gegen die Beklagte erhoben. Er habe die Wartezeit für die Gewährung einer Rente erfüllt, denn er habe vom 04.09.1962 bis 06.12.1969 in Jugoslawien und vom 26.11.1971 bis 26.11.1974 in Deutschland in einem Arbeitsverhältnis gestanden. In Deutschland habe er einen Arbeitsunfall erlitten und sei bewusstlos nach Montenegro gebracht worden. Seitdem habe er seine Leistungsfähigkeit verloren. Durch körperliche Misshandlungen in Montenegro 1980 sei er zehn Jahre lang gehbehindert gewesen und inzwischen als Invalide der 1. Kategorie anerkannt. Außerdem sei er in Montenegro seit 1980 bestohlen und ihm eine ärztliche Behandlung vorenthalten worden. Seine dortigen Klagen seien erfolglos geblieben. 1943 sei sein Elternhaus von Angehörigen der deutschen Wehrmacht in Brand gesteckt worden, wobei zwei seiner Brüder verbrannt seien. Entsprechende Angaben hatte der Kläger bereits im früheren Verwaltungsverfahren und anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren gemacht, wobei er allerdings angegeben hatte, das Elternhaus sei von Angehörigen der italienischen Armee niedergebrannt worden.

Der Kläger hat eine deutsche Teilrente, Hilfe bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Krankenbehandlung in Montenegro sowie 500.000,00 Euro Schadensersatz für den Verlust seines Elternhauses und den Tod seiner Brüder 1943 gefordert und zwei Bescheinigungen der Holdinggesellschaft E. AG vom 04.04. und 25.04.2002 vorgelegt, wonach er dort vom 15.05.1957 bis 19.08.1959 und vom 01.10.1963 bis 12.04.1964 in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 05.02.2003). Über den Rentenanspruch des Klägers sei mit rechtskräftigem Urteil des SG vom 26.10.1994 und des LSG vom 25.04.1996 entschieden worden. Da sich zwischenzeitlich weder die Anspruchsgrundlage geändert noch die Beklagte eine neue Verwaltungsentscheidung erlassen habe, sei die Klage insoweit unzulässig. Für einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz für Schäden, die der Kläger in Montenegro erlitten habe, gebe es keine Rechtsgrundlage. Insoweit sei die Klage unbegründet.

Gegen den am 19.02.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 25.02.2003, beim SG am 03.03.2003 und beim LSG am 29.04.2003 eingegangen, Berufung eingelegt. Er trägt erneut vor, er habe in Deutschland vier Jahre gearbeitet, sei am Arbeitsplatz von einem Gerüst verletzt worden, habe dort einen tödlichen Schlag erlitten, sei in bewusstlosem Zustand außer Landes gebracht worden und beantragt sinngemäß, die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung, eine Entschädigung für die 1943 erlittenen Schäden sowie eine ärztliche Behandlung der Unfallfolgen in Deutschland zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten, Prozessakten des SG (S 5 Ar 199/94 A, S 5 Ar 340/94 A und S 5 RJ 742/02 A) sowie die Berufungsakte des LSG L 8 Ar 140/95 beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Die vom Kläger am 06.06.2002 erhobene Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

Sofern der Kläger - was seinen Ausführungen im Klage- und Berufungsverfahren nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist - Rente auf Grund seines Rentenantrags vom 26.05.1989 begehrt, ist die Klage unzulässig. Der diesen Rentenantrag ablehnende Bescheid der Beklagten vom 06.09.1993 ist mit Zurückweisung der gegen das Urteil des LSG vom 25.04.1996 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Eine erneute kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist wegen der Rechtskraft (§ 141 Abs.1 SGG) des den Ablehnungsbescheid bestätigenden Urteils des LSG nicht zulässig (zum Meinungsstand vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage, § 141 Rdnr.6).

Sofern der Kläger eine Überprüfung dieses Bescheides nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) im Wege der Verpflichtungsklage oder für die Zeit nach Erlass des Urteils vom 25.04.1996 (zu dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt bei Anfechtungs- und Leistungsklagen vgl. Meyer-Ladewig a.a.O., § 54 Rdnr.34) die Gewährung einer Rente im Wege der Leistungsklage begehrt, ist die Klage unzulässig, da der Kläger weder einen Überprüfungsantrag noch einen erneuten Rentenantrag bei der Beklagten gestellt hat (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 54 Rdnrn.20, 39). Dasselbe gilt für eine Leistungsklage auf medizinische Behandlung in Deutschland unabhängig davon, ob hierfür überhaupt eine (Erst-)Zuständigkeit der Beklagten gegeben wäre.

Im Übrigen ist die für die Gewährung einer Rente aus der deutschen Rentenversicherung erforderliche allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten weiterhin nicht erfüllt. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine neuen Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer, bisher nicht berücksichtigter deutscher Beitragszeiten oder jugoslawischer Versicherungszeiten. Auch für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung (§ 1252 RVO) ergeben sich keine neuen Anhaltspunkte. Der Kläger hat für den von ihm behaupteten "tödlichen Schlag" mit anschließender Verbringung nach Montenegro in bewusstlosem Zustand weder Nachweise erbracht noch konkrete Tatsachenangaben gemacht, die zu weitergehenden Ermittlungen Anlass geben würden.

Die Klage auf Schadensersatz für einen 1943 nach Angaben des Klägers erlittenen Verlust des Elternhauses und den Tod zweier Brüder ist als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Es gibt keine gesetzliche Grundlage für einen Individualanspruch auf Schadensersatz für im Zweiten Weltkrieg durch Angehörige der deutschen Wehrmacht erlittene Schäden (vgl. zuletzt Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 26.06.2003 - III ZR 245/98 -), so dass eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht in Betracht kommt. Deshalb kann offen bleiben, ob die vom Kläger behaupteten Schäden tatsächlich von Angehörigen der deutschen Wehrmacht oder - wie er früher vorgetragen hat - der italienischen Armee verursacht worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved