L 5 KR 2727/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 3385/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2727/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24.05.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 30.721,22 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 30.721,22 EUR (inkl. Säumniszuschlägen) für die Beschäftigung polnischer Saisonarbeiter über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Betriebes im Garten- und Landschaftsbau in N ... In den Jahren 2004 bis 2007 beschäftigte sie über jeweils verschiedene Zeiträume p. Saisonarbeitnehmer.

Im Rahmen einer am 31.03.2008 durchgeführten Betriebsprüfung prüfte die Beklagte die Beschäftigungsverhältnisse im Zeitraum vom 01.06.2004 bis 30.06.2007. Hierbei stellte die Beklagte fest, dass für die Arbeitnehmer J. K., P. O., K. R. und St. P. eine Beschäftigung in dem genannten Zeitraum von jährlich mehr als 50 Tagen bzw. zwei Monaten von der Beklagten durchgeführt wurde, obgleich eine Anmeldung lediglich als geringfügig Beschäftigte erfolgt war. Es lagen für folgende Zeiträume Einstellungszusagen/Arbeitsverträge vor: J. K.: 20.09.2004 bis 28.10.2004 und 08.11.2004 bis 08.12.2004 70 Tage 28.02.2005 bis 28.05.2005 und 01.10.2005 bis 29.10.2005 118 Tage 20.04.2006 bis 19.07.2006 90 Tage

P. O.:

01.06.2004 bis 31.08.2004 90 Tage 04.07.2005 bis 30.09.2005 88 Tage 04.08.2006 bis 03.12.2006 121 Tage

K. R.:

01.06.2004 bis 31.08.2004 90 Tage 02.05,2005 bis 02.08.2005 92 Tage 05.02.2007 bis 04.06.2007 118 Tage

St. P.;

01.09.2004 bis 28.10.2004 und 08.11.2004 bis 08.12.2004 89 Tage 12.09.2005 bis 10.12.2005 89 Tage Einreise 18.9.2005, Arb.-Aufnahme 22.09.2005 79 Tage 05.02.2007 bis 04.06.2007 118 Tage

In den Arbeitsverträgen war ein Monatslohn von 1.330,- EUR für eine Arbeitsleistung von 40 Stunden an fünf Tagen in der Woche vereinbart. Weiter erhielten die Arbeitnehmer Unterkunft gegen einen Kostenbeitrag von 5 EUR/Tag.

Auf der Grundlage der festgestellten Beschäftigungszeiten berechnete die Beklagte die Sozialversicherungsbeiträge nach. Dabei legte sie den Bruttolohn entsprechend den Einstellungszusagen (errechneter Stundenlohn 7,64 EUR) zugrunde sowie den Sachbezugswert für die Unterkunft abzüglich des Eigenanteils des Arbeitnehmers. Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Festsetzung der Sozialversicherungsbeiträge ließ die Klägerin durch ihren Steuerberater vortragen, die polnischen Mitarbeiter hätten in keinem Jahr mehr als 50 Tage in ihrem Betrieb gearbeitet. Die Einstellungsverträge wichen von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit ab. Sie legte hierzu handschriftliche Aufstellungen über die tatsächlichen Arbeitstage für die Mitarbeiter J. K. und P. O. für die Jahre 2006 und 2007 vor. Die Klägerin machte ferner geltend, für die Mitarbeiter R. und P. seien die Anträge ab dem Jahr 2006 als gegenstandslos zu betrachten, da sich nach der Antragstellung ergeben habe, dass diese sich in Rente befinden würden und nach E 101 zu berücksichtigen seien. Die beantragte Tätigkeit sei von ihnen nicht aufgenommen worden. Sie legte einen Lohnsteuerhaftungsbescheid des Finanzamtes H. vom 05.05.2008 vor.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.08.2008 einen Nachforderungsbetrag für die genannten Arbeitnehmer von insgesamt 30.721,22 EUR (incl. 7.438,50 EUR Säumniszuschläge) fest und forderte die Klägerin zur Zahlung auf.

Gegen den Ehemann der Klägerin und vormaligen Betriebsinhaber war von der Beklagten in der Vergangenheit bereits ein Beitragsbescheid vom 17.01.2001 auf derselben Tatsachengrundlage erlassen worden. Die hiergegen erhobene Klage war mit Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.12.2002 (S 1 RJ 374/02) als unbegründet zurückgewiesen worden. Im dagegen geführten Berufungsverfahren vor dem LSG Baden-Württemberg hatten die Beteiligten am 17.09.2003 einen Vergleich (L 4 KR 4881/02) geschlossen, in dem sich der Ehemann der Klägerin zur Zahlung der Hälfte der festgesetzten Beitragsforderung verpflichtet hatte.

Die Klägerin erhob am 14.08.2008 Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 04.08.2008. Zur Begründung verwies sie auf ihre Einlassung im Anhörungsverfahren. Der Ehemann der Klägerin machte ergänzend geltend, aufgrund von Heimfahrten der polnischen Arbeitnehmer werde in einer Gesamtzeit von drei Monaten effektiv nur an 50 Tagen gearbeitet. Es sei zudem fraglich, ob die Einstellungszusagen überhaupt Gültigkeit hätten, da sie von den Antragstellern nicht unterzeichnet worden seien.

Weitere Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass für die Arbeiter R. und P. der Agentur für Arbeit im Jahr 2007 die Ankunft am 05.02.2007 und der Arbeitsbeginn am 06.02.2007 unter Vorlage von Passkopien mitgeteilt worden sind.

Den Widerspruch wies die Beklagte daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2008 zurück. Es liege keine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vor, da die Beschäftigung weder im Voraus auf längstens zwei Monate oder 50 Tage begrenzt worden sei, noch aufgrund der Eigenart der Tätigkeit von einer entsprechenden Begrenzung ausgegangen werden könne. Eine zeitliche Befristung der Saisonarbeit in der Landwirtschaft bedinge nicht automatisch, dass der Arbeitsumfang nur maximal 50 Tage betrage. Selbst der behauptete Erfahrungssatz, dass polnische Arbeiter nie länger als 50 Tage arbeiten würden, spreche nicht für eine Begrenzung der Tätigkeit aufgrund ihrer Eigenart. Soweit sich aus den vorgelegten Aufschrieben der geleisteten Arbeitstage jeweils weniger als 50 Arbeitstage in den einzelnen Zeitabschnitten ergeben würden, komme dem keine Bedeutung zu, da eine Begrenzung nicht in Voraus erfolgt sei. Dass die Arbeitsverträge/Einstellungszusagen nicht von den Arbeitnehmern unterschrieben worden seien, bleibe unerheblich, da es genüge, dass sich die Klägerin durch ihre Unterschrift auf den zu leistenden Arbeitsumfang festgelegt habe. Hinsichtlich der Arbeitnehmer R. und P. sei aufgrund der Unterlagen der Agentur für Arbeit eindeutig geklärt, dass diese die Arbeit im Jahr 2007 tatsächlich aufgenommen hätten.

In einem strafgerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht H. (Az.: Cs 34 Js 22259/07) wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt wurde die Klägerin am 17.11.2008 durch Urteil freigesprochen. In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 12.01.2009 ist hierzu festgehalten, der Freispruch sei aufgrund der Zeugenaussage des Ehemannes der Klägerin erfolgt, dass deren Gewerbeinhaberschaft nur vorgeschoben sei und tatsächlich er die Geschäfte leite.

Daraufhin ließ die Klägerin durch ihren Steuerberater mit Schreiben vom 22.12.2008 gegenüber der Beklagten mitteilen, dass im Rahmen des Strafverfahrens darauf abgestellt worden sei, dass Bemessungsgrundlage für die Zahlungsverpflichtung nicht die Feststellungen anhand der Anträge, sondern die tatsächlich geleisteten Stunden seien.

Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und wies diesen mit Bescheid vom 23.03.2009 zurück. Schriftliche Gründe des Strafurteils lägen nicht vor. Die abschließende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen sei durch die Sozialversicherungsträger sowie durch die Sozialgerichte zu treffen.

Die Klägerin erhob am 30.03.2009 auch gegen diesen Bescheid Widerspruch, der von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2009, zur Post gegeben am 19.08.2009, als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Dagegen erhob die Klägerin am 21.09.2009 Klage zum Sozialgericht Ulm. Sie machte geltend, es komme auf die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden an. Es sei nicht klar, was die Beklagte konkret ermittelt habe. Diese habe ihre Berechnung wohl auf der Grundlage der Verträge vorgenommen, nicht aber auf der Grundlage tatsächlich geleisteter Stunden. Es stehe auch Saisonkräften frei, innerhalb eines dreimonatigen Visums den Umfang der Arbeit aus familiären Gründen oder aufgrund mangelnder Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitgebers so zu regeln, dass maximal 50 Arbeitstage - auch nicht zusammenhängend - geleistet werden könnten. Bei den beiden Arbeitern P. und R. habe es sich um selbständige Landwirte gehandelt, weshalb eine Sozialversicherungspflicht nicht bestehe. Dies hätte die Beklagte nachprüfen müssen. Dies ergebe sich auch aus der unterschiedlichen steuerrechtlichen Erfassung. Die Beklagte habe bei ihrer Bewertung zu Unrecht unterstellt, dass die Arbeiter auch an Samstagen und Sonntagen gearbeitet hätten. Weiter hätten die Arbeiter K. und O. gegenüber der Klägerin geäußert, sie würden in P. als Frührentner erfasst. Es sei davon auszugehen, dass sich die gearbeiteten Zeiten innerhalb der zulässigen Zeiten für eine Saisonbeschäftigung hielten, weshalb das Vorgehen der Beklagten nicht nachvollzogen werden könne. Aus den Lohnaufzeichnungen sei ersichtlich, dass die Aufenthaltszeiten nicht identisch mit der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit seien. Für die Beigeladenen R. und P. wurden außerdem für das Jahr 2007 Vorauszahlungsbescheide zur Einkommensteuer vorgelegt, aus denen sich keine Vorauszahlungspflicht ergab. Daraus ergebe sich nach Auffassung der Klägerin deren selbständige Tätigkeit.

Die Beklagte verwies darauf, es sei nach Art. 13/14 VO (EWG) 1408/71 Voraussetzung für die Anwendung des p. Sozialversicherungsrechtes auf eine in Deutschland ausgeübte Saisonbeschäftigung, dass der Betroffene während dieser Zeit in P. in einem Beschäftigungsverhältnis stehe oder selbständig tätig oder - etwa als Rentner - gar nicht erwerbstätig sei. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe der Arbeitgeber zur prüfen und nachzuweisen; dies sei nicht Aufgabe der Beklagten. Weiter gelte gemäß der geschaffenen Übergangsregel zu Art. 17 der genannten VO für Beschäftigungen, die bis 30.06.2005 aufgenommen worden seien, ausschließlich deutsches Recht. Schon deshalb sei für einen Teil der Beschäftigungszeiten kein p. Recht anwendbar. Für die Beitragsberechnung komme es nicht auf die tatsächlich geleisteten Stunden an, sondern gemäß dem Anspruchsprinzip auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 24.05.2011 ab. Die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Nach dem anzuwendenden deutschen Recht sei eine Versicherungspflicht der betroffenen Arbeitnehmer als nur geringfügig Beschäftigte nicht anzunehmen. Bis zum 30.06.2005 sei gemäß der Übergangsregelung zu Art. 17 VO (EWG)1408/71 unabhängig vom ausländischen Versicherungsstatus deutsches Sozialversicherungsrecht anzuwenden. Grundsätzlich würden nach § 3 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung für alle Personen, die im Geltungsbereich des Gesetzes beschäftigt seien, gelten (Territorialitätsprinzip). Unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Beschäftigten gelte bei einem Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses im Inland grundsätzlich deutsches Sozialversicherungsrecht. Betreffend den weiteren Zeitraum über den 30.06.2005 hinaus scheitere die Klägerin daran, dass ihre Behauptung, die Arbeiter seien in P. entweder selbständig oder Rentner, nicht belegt worden sei. Die Klägerin sei gegenüber der Beklagten verpflichtet gewesen, durch Vorlage der Formulare E 101 bzw. der Vorgängerformulare, den Nachweis für eine Versicherungspflicht in P. zu erbringen, sodass die Beklagte die Beiträge dorthin hätte abführen können. Auch im Rahmen der Amtsermittlung bestehe keine Verpflichtung, den nun von der Klägerin aufgestellten Behauptungen zu der bestehenden Sozialversicherung in P. über die Grenzen Deutschlands hinaus nachzugehen. Auch die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, von sich aus Datenabgleiche mit Sozialversicherungsträgern in P. durchzuführen. Der Nachweis, in welchem Land die Pflicht zur Sozialversicherung bestehe, sei durch den Arbeitgeber gegenüber dem deutschen Sozialversicherungsträger zu erbringen. Erbringe der Arbeitgeber den Nachweis nicht, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Beiträge zur deutschen Sozialversicherung abzuführen seien (vgl. BGH, Urteil v. 24.10.2006 - 1 StR 44706; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.08.2009 -L 2 U 136/07; Umkehrschluss aus: LSG Bayern, Urteil v. 27.02.2007 - L 5 KR 32/04). Eine verbindliche Bindungswirkung für die Behörden entfalte die Entsendebescheinigung E 101 nur, wenn diese auch tatsächlich vorgelegt werde (vgl. EuGH v. 10.12.2000 - C 202/97; EuGH v. 09.11.2000 - C 404/98). In materieller Hinsicht sei von einer Versicherungspflicht auszugehen, und zwar auch für die Arbeitnehmer R. und P. im Jahr 2007. Die Klägerin sei im Rahmen des Klageverfahrens aufgefordert worden Belege dafür vorzulegen, dass diese beiden Beigeladenen tatsächlich nicht mehr ab 2006 für sie tätig gewesen seien. Dem sei sie nicht nachgekommen, so dass sie die vorliegenden Arbeitsverträge nicht habe entkräften können. Im Jahr 2007 seien der Agentur für Arbeit die Pässe dieser Arbeitnehmer übersandt und von der Klägerin mitgeteilt worden, dass diese ihre Arbeit aufgenommen hätten. Deshalb sei davon auszugehen, dass diese beiden Arbeitnehmer auch tatsächlich für die Klägerin tätig geworden seien. Auch aus der Vorlage der Vorauszahlungsbescheide zur Einkommenssteuer für das Jahr 2007 folge, dass beide Arbeitnehmer in Deutschland anwesend gewesen seien. Eine selbständige Tätigkeit ergebe sich daraus nicht, da eine solche für Saisonarbeitshelfer wohl auszuschließen sei. Die Beschäftigung der Saisonarbeitnehmer im Gartenbaubetrieb der Klägerin stelle keine geringfügige Beschäftigung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dar. Die Beschäftigung sei gerade nicht schon nach ihrer Eigenart zeitlich begrenzt (Nr. 2 Alt. 1). Die Arbeitnehmer seien über das ganze Jahr verteilt im Betrieb eingesetzt worden, so dass eine Eingrenzung auf einen sehr geringen Zeitraum nicht gegeben sei. Der Arbeitsanfall in gärtnerischen Betrieben sei nachfrage- und witterungsabhängig, damit ungewiss und nicht schon von der Natur her begrenzt (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 15.02.2005 - L 4 KR 84/01). Die Beschäftigung der genannten Arbeitnehmer sei auch nicht zeitlich auf längstens 50 Tage begrenzt worden (Nr. 2 Alt. 2 von § 8 Abs. 1 SGB IV). Maßgeblich hierfür sei eine bei Beginn der Beschäftigung vorzunehmende vorausschauende Betrachtungsweise der Arbeitszeit. Bereits zu diesem Zeitpunkt müsse feststehen, dass die zeitlichen Grenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nicht überschritten würden. Dies müsse sich aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung unzweifelhaft ergeben (vgl. Seewald, in Kassler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB IV, Rn. 17a). Aus den im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Arbeitsverträgen gehe hervor, dass sämtliche genannten Arbeitnehmer jeweils über einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten im Jahr von der Klägerin arbeitsvertraglich verpflichtet wurden, nachdem hier die genauen Beginn- und Enddaten angegeben worden seien. Darüber hinaus beinhalteten die Arbeitsverträge eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden bei 5 Tagen die Woche, sodass jeweils auf eine vereinbarte Arbeitstätigkeit von mehr als 50 Tagen geschlossen werden müsse. Dass tatsächlich nur maximal 50 Tage gearbeitet worden sein solle, bleibe unerheblich. Es komme im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV allein auf die tatsächliche Möglichkeit an, die Beigeladenen arbeiten zu lassen. Die Höhe der Beitragsforderung habe die Beklagte zutreffend aus dem arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsentgelt - ausgehend von einem ermittelten Stundenlohn von 7,64 EUR - errechnet. Die Klägerin habe nicht unter Beweis gestellt, dass tatsächlich geringere Lohnzahlungen erfolgt seien. So seien lediglich handschriftliche Stundenaufstellungen vorgelegt worden, wonach nur 5,00 EUR an die Beigeladenen ausbezahlt worden sein sollen. Es sei aber nicht dargelegt worden, dass eine Änderung des Arbeitsvertrages überhaupt vereinbart worden und in zulässiger Weise erfolgt sei. Die Einbeziehung der Kosten der Unterkunft in die Beitragsberechnung sei nicht zu beanstanden, da es sich hierbei gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV um Arbeitseinkommen handele. Die Berechnung auf der Grundlage der Sachbezugsverordnung bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung begegne gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB IV keinen Bedenken.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 01.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.06.2011 Berufung eingelegt. Sie macht zur Begründung geltend, die Versicherungspflicht der Arbeitnehmer in P. sei auch ohne die Vorlage der E 101-Bescheinigungen zu berücksichtigen, da diese Bescheinigungen in Unkenntnis der Rechtslage durch den Arbeitgeber nicht vorgelegt worden seien und nur auf Antrag des Arbeitnehmers hätten ausgestellt werden können. Entsprechende Erkenntnisse hätten auch durch einen kurzfristigen Datenabgleich mit den polnischen Sozialversicherungsträgern erlangt werden können. Zudem sprächen die Gewerbeanmeldungen der Beigeladenen für eine selbständige Tätigkeit. Das Sozialgericht hätte hierzu die Beigeladenen R. und K. als Zeugen vernehmen müssen. Diese hätten auch Angaben dazu machen könne, dass tatsächlich längstens 50 Tage gearbeitet worden sei. Die Klägerin habe aufgrund falscher Beratung durch die Arbeitsverwaltung in den Arbeitsverträgen den Anfangs- und Endzeitpunkt angegeben, so dass der unzutreffende Eindruck entstanden sei, es sei mehr als 50 Tage gearbeitet worden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ermögliche es, innerhalb der vereinbarten Zeitspanne durch die Gewährung von Heimaturlaub und entsprechend den Witterungsverhältnissen den tatsächlichen Arbeitseinsatz zu konkretisieren und auf eine geringere Anzahl von Tagen zu beschränken. Ein Stundenzettel müsse insoweit als Nachweis ausreichen. Dies gelte auch für den sich daraus ergebenden geringeren Stundenlohn von 5 EUR. Der Arbeitsvertrag habe insoweit auch mündlich geändert werden können. Ferner sei bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt worden, dass die Unterkunft nicht kostenlos, sondern nach den Arbeitsverträgen gegen einen Kostenbetrag von 5 EUR pro Tag zur Verfügung gestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24.05.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.08.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 04.08.2008 und den Widerspruchsbescheid vom 13.11.2008 zurück zu nehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, aus dem Bescheid vom 04.08.2008 ergebe sich eindeutig, dass der von den Arbeitnehmern zu tragende Anteil an den Sachbezügen in Höhe von 5 EUR bei der Beitragsnachforderung berücksichtigt worden sei. Dass die Bescheinigung E 101 nur auf Antrag des Arbeitnehmers ausgestellt werde, ändere nichts daran, dass bei Fehlen dieser Bescheinigung deutsches Recht anzuwenden sei. Hieran würde auch eine Vernehmung der beigeladenen Arbeitnehmer nichts ändern. Wenn ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer keine Beiträge zur deutschen Sozialversicherung entrichten wolle, habe allein er nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Nichtzahlung vorliegen würden. Eine Gewerbeanmeldung oder die Veranlagung beim Finanzamt als Selbständiger sei nach ständiger Rechtsprechung kein hinreichender Beleg für eine Selbständigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn. Andere Anhaltspunkte dafür, dass die beigeladenen Arbeitnehmer im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit für die Klägerin gearbeitet haben könnten, würden nicht vorliegen. Die gesamten Umstände würden für abhängige Beschäftigungen sprechen. Eine zeitliche Begrenzung der Beschäftigungsverhältnisse im Voraus (vor Beschäftigungsaufnahme) entsprechend den Regelungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sei weiterhin nicht nachgewiesen. Auf den tatsächlich geleisteten Arbeitsumfang komme es nicht an. Das der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Arbeitsentgelt folge aus dem Anspruchsprinzip und richte sich nach den vorliegenden Arbeitsverträgen. Für eine rechtswirksame Änderung der vorliegenden Arbeitsverträge gebe es keinerlei Beweise. Wenn die betroffenen Arbeitnehmer die geringeren Zahlungen in Unkenntnis ihrer Rechtsposition bzw. im Bewusstsein ihrer Abhängigkeit vom Arbeitgeber stillschweigend hingenommen hätten, ergebe sich hieraus kein übereinstimmender Wille, den schriftlichen Arbeitsvertrag rechtswirksam zu ändern.

Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Bescheid über die Beitragsnachforderung vom 04.08.2008 nach § 44 SGB X abzuändern. Denn dieser ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte war zum Erlass dieses Bescheides zuständig und hat zu Recht angenommen, dass die Beschäftigung der Beigeladenen Nr. 4 bis 7 der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung (nach Maßgabe der im Nachforderungszeitraum - hier Jahre 2004 bis 2007 - geltenden Gesetzesbestimmungen) unterlag. Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung lag bei der Beschäftigung dieser Beigeladenen nicht vor. Die Klägerin muss für sie daher die noch ausstehenden und zutreffend berechneten Sozialversicherungsbeiträge nachentrichten.

Zu Recht ist das Sozialgericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Dies folgt aus dem Territorialprinzip des § 3 Nr. 1 SGB IV, wonach die Vorschriften über die Sozialversicherungspflicht für alle im Geltungsbereich des SGB IV beschäftigten Personen gilt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus zwischenstaatlichem Recht, § 6 SGB IV, oder aufgrund einer Entsendung der Arbeitnehmer, § 5 SGB IV. Die zum Nachweis der im Entsendestaat fortbestehenden Sozialversicherungspflicht aufgrund dortiger abhängiger Beschäftigung dienenden Entsendebescheinigungen (sog. E 101-Bescheinigungen) sind für keinen der Arbeitnehmer, für die im maßgeblichen Prüfzeitraum eine Nachverbeitragung erfolgt ist, vorgelegt worden. Ebenso wenig hat die Klägerin nachgewiesen, dass die Beigeladenen Ziff. 5 und 7 im maßgeblichen Zeitraum als selbständige Landwirte in P. tätig bzw. in dieser Tätigkeit sozialversicherungspflichtig waren. Die Ausübung der Tätigkeit als Helfer im Betrieb der Klägerin war zudem nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung möglich, da die Kriterien für eine selbständige Tätigkeit (unternehmerisches Risiko, Weisungsfreiheit) nicht erfüllt sind. Darauf hat das Sozialgericht bereits zu Recht hingewiesen.

Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zum Erlass von Nachforderungsbescheiden nach durchgeführter Betriebsprüfung folgt aus § 28p SGB IV. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflicht und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die in Zusammenhang mit der Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

Personen, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), sind in dieser Beschäftigung grundsätzlich versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V; § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI; § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI; § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, SGB III). Versicherungsfreiheit besteht, wenn die Beschäftigung als geringfügig i. S. d. § 8 Abs. 1 SGB IV einzustufen ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB V – in entsprechender Anwendung auch für die Pflegeversicherung, jurisPK/Schlegel, SGB IV § 8 Rdnr. 17 -; § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI; § 27 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB III). Ob in einer bestimmten Beschäftigung Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit besteht, ist bei Aufnahme der Beschäftigung vorausschauend zu beurteilen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung nach § 8 SGB IV.

Eine geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8 SGB IV liegt vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig 400 EUR nicht übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV - Entgeltgeringfügigkeit -) oder wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 EUR im Monat übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV - Zeitgeringfügigkeit -). Der Tatbestand der Entgeltgeringfügigkeit unterscheidet sich vom Tatbestand der Zeitgeringfügigkeit dadurch, dass die Beschäftigung bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV regelmäßig und bei § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nur gelegentlich ausgeübt wird (BSG, Urt. v. 23.05.1995, -12 RK 60/93 -). Hinsichtlich der Versicherungsfreiheit wegen Zeitgeringfügigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) kann die zeitliche Begrenzung einer Beschäftigung in ihrer Eigenart begründet sein. Andernfalls liegt Zeitgeringfügigkeit nur vor, wenn die zeitliche Begrenzung der Beschäftigung im Arbeitsvertrag festgelegt ist. Dessen Abreden sind für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblich.

Die Beigeladenen Nr. 4 bis 7 übten bei der Klägerin danach in den Jahren 2004 bis 2007 versicherungspflichtige Beschäftigungen aus. Sie standen bei der Klägerin in Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnissen gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Eine selbständige Ausübung der Tätigkeit als Helfer in der Landwirtschaft bzw. im Gartenbau kommt - wie bereits ausgeführt - nicht in Betracht. Da die Beschäftigungen jeweils mehr als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wurden, scheidet Entgeltgeringfügigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) schon deshalb von vornherein aus. Die Voraussetzungen der Zeitgeringfügigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) waren ebenfalls nicht erfüllt. Die Beschäftigungen waren nämlich weder nach ihrer Eigenart noch vertraglich im Voraus innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt.

Zeitgeringfügigkeit wegen der Eigenart der Beschäftigung als Helfer in der Landwirtschaft (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGB IV) kann bei den beigeladenen Arbeitnehmern nicht angenommen werden. Vielmehr ist die Dauer des Arbeitseinsatzes nach der Art der Tätigkeit zeitlich nicht begrenzt und hätte die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV auch überschreiten können (vgl. dazu etwa zum Einsatz p. Erntehelfer LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 15.02.2005, - L 4 KR 84/01 -, in Juris). Die Tätigkeitszeiträume waren von Februar bis Dezember über das ganze Jahr verteilt, woraus sich bereits ergibt, dass eine zeitliche Begrenzung nach der Art der Tätigkeit nicht vorliegt.

Da die Beschäftigung an mindestens fünf Tagen in der Woche ausgeübt wurde, ist für die Frage der Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB IV auf den Zeitraum von zwei (Kalender-)Monaten und nicht auf den Zeitraum von 50 Arbeitstagen abzustellen. Den Beschäftigungen der Beigeladenen Nr. 4 bis 7 lagen jeweils befristete Arbeitsverträge (Zeitarbeitsverträge) zugrunde. Als solche sind die mit "Einstellungszusage/Arbeitsvertrag" überschriebenen Formularverträge einzustufen, die die Beigeladenen Nr. 4 bis 7 jeweils vor Beginn der Beschäftigung mit der Klägerin abgeschlossen hatten. Die in diesen Arbeitsverträgen vereinbarte Beschäftigungszeit ist für die Beurteilung der Entgeltgeringfügigkeit maßgeblich. Dabei bestimmen sich Beginn und Ende der Beschäftigung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nach dem jeweiligen Datum des hierfür in den Arbeitsverträgen festgelegten Tages (vgl. Urteil des Senats vom 23.11.2011 - L 5 KR 217/09 -).

Die formularmäßigen (Zeit-)Arbeitsverträge (Einstellungszusagen) bieten den Vertragspartnern für die genaue Festlegung der Beschäftigungszeit als Erntehelfer verschiedene Regelungsmöglichkeiten an. Als erstes ist die datumsmäßige Bestimmung von Anfangs- und Endtermin der Beschäftigungszeit vorgesehen. Dabei handelt es sich um die primäre, weil für Arbeitgeber und Arbeitnehmer klare und unmissverständliche Regelungsmöglichkeit. Die übrigen Regelungsmöglichkeiten - Beginn der Beschäftigung ab dem Anreisetag oder auf Abruf und Ende der Beschäftigung nach Maßgabe der Zahl der Beschäftigungstage, -wochen oder -monate - sind dem nachgeordnet. Das folgt im Grundsatz schon daraus, dass sie mit der an erster Stelle aufgeführten datumsmäßigen Festlegung durch die Wendung "oder" verknüpft sind. Haben die Vertragspartner von der (primären) datumsmäßigen Festlegung Gebrauch gemacht, ist die Abrede über die Beschäftigungszeit regelmäßig rechtsverbindlich getroffen und einer weiteren Regelung durch alternative (sekundäre) Regelungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht mehr zugänglich. Ist im Arbeitsvertrag durch entsprechende Datumsangabe festgelegt, an welchem konkreten Tag die Beschäftigung beginnen und an welchem konkreten Tag sie enden soll, ist diese Festlegung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Ansehung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung verbindlich (vgl. Urteil des Senats vom 23.11.2011 - L 5 KR 217/09 -).

Die Beschäftigungszeit als Helfer im Betrieb der Klägerin war hier für alle beigeladenen Arbeitnehmer in den vor Beschäftigungsbeginn abgeschlossenen Arbeitsverträgen und damit im Voraus gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB IV durch die datumsmäßige Angabe des Tages des Beschäftigungsbeginns und des Tages des Beschäftigungsendes festgelegt worden. Das ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigungen allein maßgeblich. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zutreffend festgestellt, dass die Beigeladenen Ziff. 4 bis 7, soweit sie von der Klägerin in den Jahren 2004 bis 2007 beschäftigt waren, jeweils für Zeiträume von mehr als zwei Monaten pro Jahr tätig waren.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass tatsächlich von den Beigeladenen Ziff. 4 bis 7 nur maximal 50 Arbeitstage im Jahr geleistet worden seien. Das Unter- bzw. Überschreiten der vertraglich vereinbarten Zeitgrenzen, das nicht auf einer inhaltlichen Änderung des Beschäftigungsverhältnisses beruht, ist unbeachtlich (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 15.02.2005, - L 4 KR 84/01 - in Juris). Die Klägerin kann sich deshalb auch nicht auf ihr Dispositionsrecht als Arbeitgeberin berufen, die Beigeladenen Ziff. 4 bis 7 innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens etwa auch in geringerem Umfang zu beschäftigen. Eine mündliche Änderung der Einstellungszusage/des Arbeitsvertrags, die mit den beigeladenen Saisonarbeitskräften geschlossen worden wäre, dahingehend, dass nur nach Arbeitsanfall und nur geringfügig gearbeitet wird, wäre nach den jeweiligen Verträgen rechtsunwirksam, da jede Modifizierung des Vertragsformulars der Schriftform bedurft hätte. Dies ist auf der Rückseite der jeweils verwendeten Formulare für die Einstellungszusage festgehalten. Eine wirksame schriftliche Abänderung der Einstellungszusage/Arbeitsverträge, die die Arbeitszeit der Saisonarbeitskräfte auf einen Umfang von lediglich 50 Tagen reduziert hätte, liegt nicht vor (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.10.2012 - L 1 KR 273/11 - in Juris, unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 31.08.2011 - L 1 KR 361/10 -, nachgehend BSG, Beschluss vom 10.09.2012 - B 12 KR 110/11 ). Auf die handschriftlichen Aufzeichnungen über die von den Beigeladenen Ziff. 4 und 6 in den Jahren 2006 und 2007 geleisteten Arbeitstage kommt es damit nicht an.

Mit diesen Aufzeichnungen ist mithin auch keine wirksame Abänderung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung erfolgt. Die aufgrund des von der Beklagten errechneten Stundenlohns von 7,64 EUR berechnete Nachforderung ist deshalb der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in der Quittierung des Erhalts von Arbeitslohn zu einem geringeren Stundensatz keinesfalls eine schriftliche Abänderung des vereinbarten Arbeitslohns gesehen werden kann.

Entgegen den Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren ist die Höhe der Beitragsnachforderung auch im Hinblick auf die als Arbeitseinkommen angesetzten Kosten der Unterkunft nicht zu beanstanden. Aus dem Bescheid vom 04.08.2008 ergibt sich insoweit eindeutig, dass die Beklagte hierfür die Kosten nach der Sachbezugsverordnung abzüglich des jeweiligen Eigenanteils der Arbeitnehmer angesetzt hat. Der Einwand der Klägerin, die Unterkunft sei nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden, geht deshalb ins Leere.

Die Beigeladenen waren daher nicht geringfügig beschäftigt, so dass die Klägerin zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet war.

Schließlich geht der zuletzt von der Klägerin erhobene Einwand fehl, in ihrem Falle komme das "Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung" vom 15.07.2013 - BGBl. I 2013 S. 2423 - zur Anwendung. Dieses Gesetz erfasst nach Art. 1 Nr. 2d (Neufassung von § 256 a SGB V) allein Beitragsschulden von Versicherten gegenüber ihren Krankenkassen. Da es sich vorliegend um eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin handelt, die zudem von einer anderen Behörde, nämlich der Rentenversicherung als der nach § 28p Abs. 1 SGB IV zuständigen Nachprüfungsstelle, geltend gemacht wird, ist dieses Gesetz nicht einschlägig.

Die Berufung bleibt deshalb ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 54 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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