L 6 RJ 457/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 99/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 457/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30. April 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung über den 31.01. 1999 hinaus.

Der 1952 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger und hat dort nach dem Besuch der Schule für Metallverarbeitungswesen in B. die Abschlussprüfung zum qualifizierten Schlosser bestanden. Nach einer Tätigkeit vom 21.07.1970 bis 06.05.1971 in seiner Heimat hat er am 23.11.1972 eine versicherungspflichte Beschäftigung in Deutschland aufgenommen und war hier nach seinen Angaben zunächst in einer Metallbaufirma und anschließend vom 15.05.1974 bis 31.01.1987 bei der Firma S. L. beschäftigt. Ab 02.02.1987 war er überwiegend arbeitslos und hat nur noch in der Zeit vom 21.09. bis 31.12.1989 aushilfsweise als Schankkellner bei einem befreundeten Gastwirt gearbeitet. Anschließend kehrte er in seine Heimat zurück und hat dort vom 01.01.1990 bis 31.11.1997 weitere 7 Jahre und 11 Monate Versicherungszeiten als selbständiger Landwirt zurückgelegt. Der Kläger gibt zu seiner Tätigkeit bei der Firma S. L. (nunmehr A. AG) an, dass er in dieser Zeit als Mechaniker für die Instandhaltung von Maschinen zur Herstellung von Elektromagneten tätig gewesen sei. Auf Anfrage des Sozialgerichts teilt die Firma A. mit Schreiben vom 28.02.2001 mit, dass wegen Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen eine nähere Auskunft zur Qualifikation der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten nicht mehr gegeben werden könne. Auf Anfrage des Senates hinsichtlich weiterer Unterlagen zur Qualifikation der beruflichen Tätigkeit in Deutschland und insbesondere eines Arbeitszeugnisses, hat der Kläger einen Abdruck der DÜVO Meldung der Betriebskrankenkasse vorgelegt. Nach den darin enthaltenen Schlüsselnummern war er als Facharbeiter - Werkzeugmacher - in den Jahren 1974 und 1979 gemeldet gewesen.

Auf den Antrag des Klägers vom 02.12.1979 gewährte die Beklagte aufgrund eines beim Kläger aufgetretenen Rektum-Adnenocarcinoms mit Bescheid vom 06.05.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.12.1997 bis 31.01.1999.

Den Weitergewährungsantrag lehnte sie mit Bescheid vom 13. September 1999 ab, weil über den 31.01.1999 hinaus weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit beim Kläger vorlägen. Der Kläger sei wieder in der Lage vollschichtig einer leichten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1999 mit derselben Begründung zurück.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zur Klärung der beruflichen Qualifikation der in Deutschland versicherungspflichtig verrichteten Tätigkeit Anfragen an die A. AG und die Gaststätte L. G. gerichtet sowie ein Gutachten nach klinischer Untersuchung durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. vom 21.03.2001 eingeholt. Darin hat der ärztliche Sachverständige als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Rektumamputation mit anschließender Chemotherapie wegen eines Rektum-Adenocarcinoms mit Anlage eines Anus praeter, Wirbelsäulensyndrom bei Abnutzungserscheinungen ohne neurologische Ausfallserscheinungen und ein psychovegetatives Syndrom festgestellt. Der Kläger sei mit Rücksicht darauf mit Ablauf der Zeitrente wieder zu leichten körperlichen Arbeiten vollschichtig in der Lage. Schweres Heben und Tragen von Lasten, dauerndes Stehen, Sitzen oder Gehen und Arbeiten in Zwangshaltungen sowie mit besonderer nervlicher Belastbarkeit oder in Schicht oder Akkord seien zu vermeiden. Insbesondere seien mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten als Pförtner oder Maschinenbediener wie in der Metallindustrie mit körperlich leichten Tätigkeiten möglich.

Der Kläger weist dagegen darauf hin, dass er in Deutschland überwiegend den Beruf des Maschinenschlossers verrichtet habe und deshalb Berufsschutz genieße. Die erlernte Tätigkeit könne er jedoch auch nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht mehr verrichten.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 30.04.2001 die Klage abgewiesen. Der Kläger sei über den 31.01.1999 hinaus weder berufs- noch erwerbsunfähig, da er wieder zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit körperlich leichten Arbeiten in der Lage sei. Ermittlungen hinsichtlich der bei S. L. verrichteten Tätigkeit seien ergebnislos verlaufen. Zuletzt sei der Kläger als ungelernter Schankkellner beschäftigt gewesen. Mit Rücksicht darauf sei er in die Gruppe der ungelernten Arbeitnehmer mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten einzureihen und deshalb auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und mitgeteilt, dass er seinerzeit bei der Firma S. L. als Mechaniker beschäftigt gewesen sei und dafür den Entgeltnachweis der Sozialversicherung vorlege. Er sei deshalb als qualifizierter Schlosser bzw. Mechaniker zu beurteilen.

Der Senat hat ein internistisches Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers von Dr.E. vom 23.04.2003 eingeholt. Darin beschreibt der ärztliche Sachverständige als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Rektumcarcinom und Hemicholektomie mit der Anlage eines endständigen Anus praeter ohne Hinweis für ein Rezidiv, Bauchwandschwäche im Bereich des Stomas links lateral und Verdacht auf adominelle Verwachsungen, leichte bis grenzwertige Hyperlipidämie und Verdacht auf beginnende Aortensklerose sowie Verdacht auf rezidivierende Wirbelsäulensyndrome und Schulter-Arm-Syndrome. Dem Kläger seien nur noch leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des Positionswechsels vollschichtig möglich. Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken oder Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten oder Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten oder im Freien mit ungeschützten Einflüssen von Kälte, Nässe oder Hitze seien zu vermeiden. Das Leistungsvermögen bestehe im Wesentlichen seit dem Ende der zeitlich begrenzten Rente.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.04. 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.01.1999 hinaus, hilfsweise - ab 01.01.2001 - wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.-

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil er über den 31.01.1999 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung - hat. Ebenso wenig hat er ab 01.01.2001 gemäß § 43 SGB VI Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er angesichts seines restlichen Leistungsvermögens weder die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch für eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Senat sieht gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung abweist.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers, das vom Sozialgericht Landshut seiner Entscheidung zugrunde gelegte Beweisergebnis bestätigt.

Auch der vom Senat bestellte ärztliche Sachverständige Dr.E. ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen weder von ihrer Art noch in ihrem Ausmaß so schwerwiegend seien, dass sie es dem Kläger unmöglich machen würden, zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit körperlich leichten Arbeiten auszuüben. Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen begründen lediglich Einschränkungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, die jedoch eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zulassen. Der Senat folgt insoweit der ihn überzeugenden Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen.

Ebenso wenig kann der Kläger, wie das Sozialgericht in seinen Entscheidungsgründen zu Recht ausführt, den Berufsschutz eines Facharbeiters oder auch nur eines angelernten Arbeiternehmers des oberen Bereiches nach dem vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema beanspruchen. Die Qualifikation der vom Kläger in Deutschland versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit ließ sich nämlich nicht mehr mit der für einen Vollbeweis erforderlichen Sicherheit feststellen. Der Kläger hat zwar in seiner Heimat einen metallverarbeitenden Beruf erlernt, andererseits hat die Firma S. L. - nunmehr A. AG - nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen ihrer Unterlagen keine Auskunft zur Tätigkeit des Klägers mehr geben können. Ebenso wenig konnte der Kläger selbst Unterlagen vorlegen, die mit ausreichender Sicherheit die qualifizierte Beschäftigung nachgewiesen hätten. Als einzige Unterlage, die für eine qualifizierte Beschäftigung des Klägers spricht, wurde der Sozialversicherungsnachweis vorgelegt, der nach den darin angegebenen Schlüsselnummern eine Facharbeitertätigkeit als Werkzeugmacher beinhaltet. Jedoch lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Kläger insbesondere zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit im Jahre 1987 eine qualifizierte Beschäftigung ausgeübt hat. In den im Sozialversicherungsnachweis enthaltenen Schlüsselnummern kann nicht mehr als ein Indiz für eine Beschäftigung in der entsprechenden Art gesehen werden. Die Schlüsselnummern dienen bei der Meldung der Sozialversicherung lediglich statistischen Zwecken und sind daher von derartig untergeordneter Bedeutung, dass sie nicht als Vollbeweis für die tatsächlich vom Kläger verrichtete Beschäftigung bewertet werden können. Dementsprechend ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast eine höhere Qualifikation der in Deutschland verrichteten Tätigkeit als die eines angelernten im unteren Anlernbereich nicht mit der für den Vollbeweis entsprechenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist und der Kläger deshalb auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht allereinfachster Art verweisbar ist. Im Hinblick darauf hat das Sozialgericht den Rechtsstreit entsprechend der Sach- und Rechtslage entschieden. Der Kläger erfüllt für die Zeit ab 31.01.1999 weder die gesetzlichen Voraussetzungen der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch - ab 01.01.2001 - der Erwerbsminderung.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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