Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SB 372/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 76/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.07.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin schwerbehindert iS des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) bzw. des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX) ist, ferner ob ihr das Merkzeichen "G" zuzuerkennen ist.
Bei der am 1946 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 22.01.1999 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest wegen folgender Behinderungen: "Fibromyalgie, Polyarthrose."
Mit Neufeststellungsantrag vom 16.09.1999 beantragte sie die Erhöhung des GdB sowie die Eintragung des Merkzeichens "G" wegen eines neu aufgetretenen Darmleidens und eines Morbus Ledderhose. Nach Beiziehung von Unterlagen der W.lKliniken und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Allgemeinmediziners B. erging am 18.11.1999 ein Bescheid, mit dem eine Neufeststellung abgelehnt wurde, da keine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse eingetreten sei.
Im Widerspruchsverfahren wurden Befundberichte des Rheumatologen Dr.K. und des prakt. Arztes Dr.G. beigezogen, die versorgungsärztlich durch Dr.T. sowie Dr.B. geprüft wurden. Die letztgenannte Chirurgin kam in ihrer Stellungnahme vom 11.04.2000 zu der Auffassung, dass es sich bei dem Morbus Ledderhose um strangförmige Verdickungen der Plantar-facies (Fußsohlen) handele, die in der Regel wenig Beschwerden verursachten. Im Falle von Schmerzen könnten die Knoten operativ entfernt werden. Da die Widerspruchsführerin offenbar mit Einlagenversorgung zurecht komme und keine Operation wünsche, sei kein höherer Einzel-GdB als 10 gerechtfertigt. Daraufhin erging am 26.04.2000 ein Widerspruchsbescheid, in dem ausgeführt wurde, dass der GdB nach wie vor mit 30 richtig bewertet sei, auch wenn als eine weitere Behinderung "2. Morbus Ledderhose" hinzugekommen sei.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und weiterhin die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und das Merkzeichen "G" beantragt.
Das Sozialgericht hat nochmals von den vorgenannten Ärzten Befundberichte beigezogen und ein Gutachten von Prof.Dr.M. vom BRK Rheumazentrum Bad A. eingeholt. Dieser Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 16.02.2001 nach Untersuchung der Klägerin zu der Auffassung gelangt, dass die Behinderungen der Klägerin weiterhin mit GdB 30 ausreichend bewertet seien. Es lägen bei ihr folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: 1. Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzgeneralisierung iS eines beginnenden Fibromyalgie-Syndroms (Einzel-GdB 20) 2. Geringgradige Fingerpolyarthrosen (Einzel-GdB 20) 3. Coxarthrosekrankheit rechts (Einzel-GdB 10) 4. Morbus Ledderhose beidseits (Einzel-GdB 20) 5. Geringgradiges degeneratives Wirbelsäulensyndrom im Schul ter-, Nacken- und Lumbalbereich (Einzel-GdB 0). Das Gehvermögen der Kläger sei zwar eingeschränkt. Sie könne jedoch die üblichen Fußwege im Ortsverkehr (bis 2 km in 30 Minuten) ohne erhebliche Schwierigkeiten zurücklegen. Von Klägerseite ist gegen das Gutachten mit Schriftsatz vom 13.03.2001 u.a. eingewandt worden, dass die von Prof.Dr.M. erwähnte starke Migräne nicht bei der GdB-Bewertung berücksichtigt worden sei.
Das Sozialgericht hat am 16.07.2001 durch Urteil die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf das schlüssige Gutachten von Prof.Dr.M. gestützt, das mit den Vorgaben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 (AP) übereinstimme. Der gerichtliche Sachverständige habe im Übrigen auch die Kopfschmerzen der Klägerin mitberücksichtigt.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.08.2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht einlegen lassen. Zur Begründung ist vorgetragen worden, nach den AP ergebe sich bei einer Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform ein Einzel-GdB von 40. Daher sei der Gesamt-GdB von 30 zu niedrig. Es werde nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein internistisch-rheumatologisches Gutachten von Chefarzt Dr.H. beantragt.
Dieser hat mit Schreiben vom 15.01.2002 mitgeteilt, seines Erachtens sei zunächst eine fachneurologische Begutachtung wegen der geltend gemachten starken Migräne erforderlich.
Auf Antrag der Klägerin vom 25.02.2002 ist nach § 109 SGG der Neurologe und Psychiater Dr.P. in B. gehört worden. In seinem Gutachten vom 30.04.2002 hat der Sachverständige die Auffassung vertreten, dass seit September 1999 auf seinem Fachgebiet keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sei. Auf seinem Fachgebiet lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: "Somatoforme Schmerzstörung mit multiplen und multitopen funktionellen Beschwerden: Kombinationskopfschmerz (vasomotorisch und Spannungskopfschmerz), Tinnitus, vegetative Dysregulationen." Die geschilderte Kopfschmerzsymptomatik beruhe auf Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule. Eine derzeit mehr im Hintergrund stehende Migränekomponente sei u.a. unter die somatoforme Schmerzstörung subsumiert. Eine erhebliche Gehbehinderung bestehe aus seiner Sicht nicht.
Mit Schriftsatz vom 13.05.2002 hat die Klägerin anschließend nach § 109 SGG beantragt, ein Gutachten von Oberarzt Dr. H. (Internist, Rheumatologe) in Bad W. einzuholen.
Dieser hat in seinem vom Senat eingeholten Gutachten vom 13.11.2002 bei der Klägerin ab September 1999, spätestens jedoch zu Beginn des Jahres 2000 einen GdB von 50, derzeit einen GdB von 60 vorgeschlagen. Es liege jetzt ein Fibromyalgie-Syndrom mit Einzel-GdB 50 und ein Morbus Ledderhose mit Einzel-GdB 20 vor; spätestens ab Januar 2000 sei das Fibromyalgie-Syndrom mit Einzel-GdB 40, der Morbus Ledderhose mit Einzel-GdB 10 einzuschätzen. Die Klägerin sei auch erheblich gehbehindert, da sie 2 km nicht in 1/2 Stunde zurücklegen könne. In der Gutachtensanamnese ist festgehalten, dass die Klägerin nach einem Studium der Betriebswirtschaft über 20 Jahre eine leitende Stellung in einem Verbund mehrerer Reformhäuser inne gehabt habe. Bis 1998 habe sie ihre Mutter, teilweise auch ihre Schwiegermutter gepflegt. Sie sei in 2. Ehe kinderlos verheiratet, ihre Ehe sei harmonisch. Bereits vor 20 Jahren seien immer wieder unerklärliche Schmerzzustände im Bewegungapparat aufgetreten. Vor etwa 15 Jahren habe sie erstmals Symptome eines Morbus Ledderhose beidseits verspürt. Im Oktober 2002 habe sie einen Hexenschuss gehabt und es sei ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert worden. Es bestehe ein "Ohrenton und eine Lärmempfindlichkeit sowie Schwindelerscheinungen". In den letzten Jahren habe sie zunehmend Kopfschmerzen, jedoch nicht mehr als 5 bis 7 Tage pro Monat. Sie sei bei allen Verrichtungen des Alltags eingeschränkt (zB Kartoffelschälen, Drehdeckel von Gläsern aufschrauben). Sie könne zu Fuß nur unterschiedlich weit gehen, manchmal kaum 100 m schmerzbedingt. Manchmal könne sie auch ca 2 km am Stück langsam gehen. Fahrrad fahren könne sie 2 bis 10 km am Stück. Sie könne nicht mehr wie früher Tennis spielen oder schwimmen. Auch Theaterbesuche seien erschwert, da es ihr schmerzbedingt schwer falle, längere Zeit zu sitzen. Am meisten Zeit und Aufwand stecke sie noch in die Betreuung von Asylbewerbern. Dr.H. kritisierte, dass in den Gutachten von Prof. Dr.M. und von Dr.P. nicht ordnungsgemäß auf die Tenderpoints eingegangen worden sei. Insbesondere sei es nicht richtig - wie Dr.P. es getan habe -, die Tenderpoints unter Ablenkung der Patientin festzustellen. Auch müsse generell zwischen Fibromyalgie und Polyarthrose unterschieden werden. Obwohl nach der Sozialgerichtsrechtsprechung die Bewertung des Fibromyalgie-Syndroms in Analogie zu Neurosen, Persönlichkeitsstörungen (S. 60, 61 der AP) zu erfolgen habe, sei dies bei der Klägerin nahezu paradox, da diese keine psychischen Störungen aufweise. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin Konzerte oder Theateraufführungen nicht mehr besuche, weil sie vor Schmerzen nicht so lange sitzen könne und auch einfache Hausarbeiten teils nur mit Mühe bewältige, sei die Annahme einer mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeit mit Sicherheit nicht übertrieben. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Symptomatik des Fibromyalgie-Syndroms sukzessive verschlimmert habe - auch nach der Lösung des Arbeitsverhältnisses - und sich die morphologische Veränderung an den Fußsohlen ausgedehnt habe.
Für den Beklagten hat der Nervenarzt Dr.K. am 14.01.2003 versorgungsärztlich zu diesem Gutachten Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass nach den von Dr.H. erhobenen Befunden ein GdB von 30 für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in den Bereichen der Hausarbeit und der Freizeit- sowie Sportaktivitäten ausreichend erscheine. Andererseits würden Schmerzmittel nur bedarfsweise aber nicht regelmäßig eingenommen, sei die Klägerin auf sozialem Gebiet erfolgreich tätig und führe eine harmonische Ehe.
Ein weiterer Antrag vom 21.02.2003, ein psychiatrisches Gutachten von Dr.S. in S. einzuholen, ist mit gerichtlichem Schreiben vom 25.02.2003 abgelehnt worden auch unter Hinweis darauf, dass bereits nach § 109 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr.P. vorliege.
Mit Schriftsatz vom 07.03.2003 hat die Klägerin kritisiert, dass Dr.K. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme lediglich 3 Einzelpunkte aus dem Spektrum an Beeinträchtigungen herausgepickt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten nach Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 16.07.2001 sowie des Bescheides vom 18.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 zu verurteilen, ab September 1999 einen GdB von 50 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.07.2001 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 51 Abs.1 Nr.7 SGG i.V.m. § 69 SGB IX, §§ 143, 151 SGG), erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht Augsburg hat zu Recht die Entscheidungen des Beklagten von 1999/2000 bestätigt, weil in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin seit dem Bescheid vom 22.01.1999 keine wesentliche Änderung eingetreten ist und der GdB weiterhin mit 30 einzuschätzen ist.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3 - 1300 § 48 Nr.57 und SozR 1300 § 46 Nr.13).
Ein Vergleich mit den dem Bescheid des Beklagten vom 22.01.1999 zugrundeliegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin hat ergeben, dass trotz einer hinzugekommenen Funktionsbeeinträchtigung, nämlich des Morbus Ledderhose, weiterhin ein GdB von 30 zutreffend ist und die Schwerbehinderteneigenschaft nicht festgestellt werden kann.
Diese Auffassung haben nachvollziehbar die gerichtlichen Sachverständigen Prof.Dr.M. (Gutachten vom 16.02.2001) und Dr.P. (Gutachten vom 30.04.2002) dargelegt. Beide fanden bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung mit einer komplexen Beschwerdesymptomatik, nämlich nach eigenen Angaben eher seltenen Migräneanfällen, Spannungskopfschmerzen, Ohrgeräuschen, Darmbeschwerden und im übrigen hauptsächlich Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates. Diagnostisch haben bereits die W.-Kliniken im September 1999 ein Fibromyalgie-Syndrom, einen Morbus Ledderhose und eine Fingerpolyarthrose festgestellt. Umstritten war insbesondere durch das Gutachten von Dr.H. die Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen und des Gesamt-GdB. Während Prof.Dr.M. bei der Klägerin lediglich ein beginnendes Fibromyalgie-Syndrom (GdB 20) bestätigt hatte, ging Dr.H. von einem ausgeprägten Krankheitsstadium aus (GdB 40 bzw. 50). Der Morbus Ledderhose wurde vom erstgenannten Gutachter mit GdB 20, von Dr.H. zunächst mit GdB 10, derzeit ebenfalls mit GdB 20 wegen der vermehrten Schmerzempfindsamkeit im Rahmen der Fibromyalgie eingeschätzt. Prof.Dr.M. bewertete die geringgradie Fingerpolyarthrose mit GdB 20, Dr.H. setzte hierfür ebensowenig wie für ein von ihm gefundenes Rotatoren-Manschetten-Syndrom sowie den hypotonen Symptomenkomplex einen Einzel-GdB an.
Angesichts der vielfachen von der Klägerin geklagten Schmerzen und damit verbundenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, insbesondere der Beweglichkeit ohne entsprechenden Nachweis organischer Ursachen stimmt der Senat in erster Linie der Diagnose des Nervenarztes Dr.P. zu, der bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat. Geht man jedoch davon aus, dass die Klägerin an der Umweltkrankheit "Fibromyalgie" leidet, ist zu berücksichtigen, dass diese medizinisch-wissenschaftlich umstrittene Erkrankung nach den AP 1996 (Nr. 26.18 Seite 136) als nicht entzündliche Erkrankung der Weichteile nach Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie nach ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand zu beurteilen und zu bewerten ist. Der für den Inhalt der AP verantwortliche ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Sektion "Versorgungsmedizin", hat in Ergänzung hierzu auf seiner Tagung am 25./26.11.1998 beschlossen, dass bei Krankheitsbildern mit vegetativen Symptomen, gestörter Schmerzverarbeitung, Leistungseinbußen und Körperfunktionsstörungen, denen kein oder primär kein organischer Befund zugrundeliegt, als Vergleichsmaßstab z.B. die in Nr. 26.3 der AP unter "Neurologischen und Persönlichkeitsstörungen" genannten psycho-vegetativen oder psychischen Störungen mit Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eventuellen sozialen Anpassungschwierigkeiten in Betracht kommen. Der erfolgte therapeutische oder rehabilitative Aufwand könne als zusätzlicher Hinweis auf das Ausmaß der Beeinträchtigung angesehen werden. Ausgehend von dieser Prämisse, die auch Dr.H. - wenn auch mit kritischen Anmerkungen - zugrundegelegt hat, erscheint nach Auffassung des Senats für die schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin nach wie vor ein GdB von 30 ausreichend. Nach AP 1996 Nr. 26.3 Seite 30 ist ein GdB-Rahmen von 30-40 vorgesehen für stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert somatoforme Störungen). Auch wenn die Klägerin nach ihren Angaben schmerzbedingt verschiedene Sportarten, die sie früher ausgeübt hat, nun nicht mehr oder nur eingeschränkt betreiben kann, ihr manche Handgriffe im Haushalt ebenso wie langes Sitzen im Theater oder Konzert schwerfallen, wird dadurch die Klägerin in ihrer Lebensgestaltung zwar eingeschränkt, dies aber nicht so stark, dass der GdB-Rahmen von 30-40 nach oben hin ausgeschöpft werden müßte. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin im familiären Bereich, insbesondere in ihrer Ehe, nach ihren Angaben keine Probleme hat, dass sie sich in der Asylantenbetreuung weiterhin engagieren kann, insbesondere Arztfamilien aus Äthiopien finanziell und ideell betreuen, sie auch in Äthiopien besuchen konnte. Bei der Untersuchung durch Dr.P. gab sie als Hobby "Walking" an, bei Dr.H. "Fahrradfahren von 2 bis 10 Kilometer am Stück". Der Versorgungsarzt Dr.K. hat auch in seiner Stellungnahme vom 14.01.2003 zu Recht darauf hingewiesen, dass Schmerzmedikamente nur bedarfsweise aber nicht regelmäßig eingenommen werden. Gegen eine besondere Beeinträchtigung durch die Verdickungen an den Fußsohlen und die damit verbundenen Schmerzen sprechen auch der im Untersuchungsbefund von Dr.H. erwähnte flüssige Gang und die Tatsache, dass die Klägerin bisher eine mögliche Operation abgelehnt hat und möglicherweise sogar ohne orthopädische Schuhe bzw. Schuheinlagen zurechtkommt. Gerade auch aus dem weitgehend fehlenden therapeutischen Aufwand auf psychologischem, pyschotherapeutischem oder psychiatrischem sowie orthopädischem Sektor ergibt sich, dass der Gesamt-GdB der Klägerin keinesfalls im Bereich der Schwerbehinderteneigenschaft anzusiedeln ist (vgl. auch Schulte, Medizinischer Sachverständiger 1999, Seite 52 f.).
Der Nachteilsausgleich bzw. das Merkzeichen "G" wird nach §§ 59, 60 SchwbG bzw. seit 01.07.2001 nach §§ 145, 146 SGB IX schwerbehinderten Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, zuerkannt. Da der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft nach wie vor fehlt, erübrigen sich weitere Ausführungen dazu, dass ihr auch das Merkzeichen "G" nicht zusteht.
Aus diesen Gründen war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge als §§ 183, 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin schwerbehindert iS des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) bzw. des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX) ist, ferner ob ihr das Merkzeichen "G" zuzuerkennen ist.
Bei der am 1946 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 22.01.1999 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest wegen folgender Behinderungen: "Fibromyalgie, Polyarthrose."
Mit Neufeststellungsantrag vom 16.09.1999 beantragte sie die Erhöhung des GdB sowie die Eintragung des Merkzeichens "G" wegen eines neu aufgetretenen Darmleidens und eines Morbus Ledderhose. Nach Beiziehung von Unterlagen der W.lKliniken und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Allgemeinmediziners B. erging am 18.11.1999 ein Bescheid, mit dem eine Neufeststellung abgelehnt wurde, da keine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse eingetreten sei.
Im Widerspruchsverfahren wurden Befundberichte des Rheumatologen Dr.K. und des prakt. Arztes Dr.G. beigezogen, die versorgungsärztlich durch Dr.T. sowie Dr.B. geprüft wurden. Die letztgenannte Chirurgin kam in ihrer Stellungnahme vom 11.04.2000 zu der Auffassung, dass es sich bei dem Morbus Ledderhose um strangförmige Verdickungen der Plantar-facies (Fußsohlen) handele, die in der Regel wenig Beschwerden verursachten. Im Falle von Schmerzen könnten die Knoten operativ entfernt werden. Da die Widerspruchsführerin offenbar mit Einlagenversorgung zurecht komme und keine Operation wünsche, sei kein höherer Einzel-GdB als 10 gerechtfertigt. Daraufhin erging am 26.04.2000 ein Widerspruchsbescheid, in dem ausgeführt wurde, dass der GdB nach wie vor mit 30 richtig bewertet sei, auch wenn als eine weitere Behinderung "2. Morbus Ledderhose" hinzugekommen sei.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und weiterhin die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und das Merkzeichen "G" beantragt.
Das Sozialgericht hat nochmals von den vorgenannten Ärzten Befundberichte beigezogen und ein Gutachten von Prof.Dr.M. vom BRK Rheumazentrum Bad A. eingeholt. Dieser Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 16.02.2001 nach Untersuchung der Klägerin zu der Auffassung gelangt, dass die Behinderungen der Klägerin weiterhin mit GdB 30 ausreichend bewertet seien. Es lägen bei ihr folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: 1. Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzgeneralisierung iS eines beginnenden Fibromyalgie-Syndroms (Einzel-GdB 20) 2. Geringgradige Fingerpolyarthrosen (Einzel-GdB 20) 3. Coxarthrosekrankheit rechts (Einzel-GdB 10) 4. Morbus Ledderhose beidseits (Einzel-GdB 20) 5. Geringgradiges degeneratives Wirbelsäulensyndrom im Schul ter-, Nacken- und Lumbalbereich (Einzel-GdB 0). Das Gehvermögen der Kläger sei zwar eingeschränkt. Sie könne jedoch die üblichen Fußwege im Ortsverkehr (bis 2 km in 30 Minuten) ohne erhebliche Schwierigkeiten zurücklegen. Von Klägerseite ist gegen das Gutachten mit Schriftsatz vom 13.03.2001 u.a. eingewandt worden, dass die von Prof.Dr.M. erwähnte starke Migräne nicht bei der GdB-Bewertung berücksichtigt worden sei.
Das Sozialgericht hat am 16.07.2001 durch Urteil die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf das schlüssige Gutachten von Prof.Dr.M. gestützt, das mit den Vorgaben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 (AP) übereinstimme. Der gerichtliche Sachverständige habe im Übrigen auch die Kopfschmerzen der Klägerin mitberücksichtigt.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.08.2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht einlegen lassen. Zur Begründung ist vorgetragen worden, nach den AP ergebe sich bei einer Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform ein Einzel-GdB von 40. Daher sei der Gesamt-GdB von 30 zu niedrig. Es werde nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein internistisch-rheumatologisches Gutachten von Chefarzt Dr.H. beantragt.
Dieser hat mit Schreiben vom 15.01.2002 mitgeteilt, seines Erachtens sei zunächst eine fachneurologische Begutachtung wegen der geltend gemachten starken Migräne erforderlich.
Auf Antrag der Klägerin vom 25.02.2002 ist nach § 109 SGG der Neurologe und Psychiater Dr.P. in B. gehört worden. In seinem Gutachten vom 30.04.2002 hat der Sachverständige die Auffassung vertreten, dass seit September 1999 auf seinem Fachgebiet keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sei. Auf seinem Fachgebiet lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: "Somatoforme Schmerzstörung mit multiplen und multitopen funktionellen Beschwerden: Kombinationskopfschmerz (vasomotorisch und Spannungskopfschmerz), Tinnitus, vegetative Dysregulationen." Die geschilderte Kopfschmerzsymptomatik beruhe auf Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule. Eine derzeit mehr im Hintergrund stehende Migränekomponente sei u.a. unter die somatoforme Schmerzstörung subsumiert. Eine erhebliche Gehbehinderung bestehe aus seiner Sicht nicht.
Mit Schriftsatz vom 13.05.2002 hat die Klägerin anschließend nach § 109 SGG beantragt, ein Gutachten von Oberarzt Dr. H. (Internist, Rheumatologe) in Bad W. einzuholen.
Dieser hat in seinem vom Senat eingeholten Gutachten vom 13.11.2002 bei der Klägerin ab September 1999, spätestens jedoch zu Beginn des Jahres 2000 einen GdB von 50, derzeit einen GdB von 60 vorgeschlagen. Es liege jetzt ein Fibromyalgie-Syndrom mit Einzel-GdB 50 und ein Morbus Ledderhose mit Einzel-GdB 20 vor; spätestens ab Januar 2000 sei das Fibromyalgie-Syndrom mit Einzel-GdB 40, der Morbus Ledderhose mit Einzel-GdB 10 einzuschätzen. Die Klägerin sei auch erheblich gehbehindert, da sie 2 km nicht in 1/2 Stunde zurücklegen könne. In der Gutachtensanamnese ist festgehalten, dass die Klägerin nach einem Studium der Betriebswirtschaft über 20 Jahre eine leitende Stellung in einem Verbund mehrerer Reformhäuser inne gehabt habe. Bis 1998 habe sie ihre Mutter, teilweise auch ihre Schwiegermutter gepflegt. Sie sei in 2. Ehe kinderlos verheiratet, ihre Ehe sei harmonisch. Bereits vor 20 Jahren seien immer wieder unerklärliche Schmerzzustände im Bewegungapparat aufgetreten. Vor etwa 15 Jahren habe sie erstmals Symptome eines Morbus Ledderhose beidseits verspürt. Im Oktober 2002 habe sie einen Hexenschuss gehabt und es sei ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert worden. Es bestehe ein "Ohrenton und eine Lärmempfindlichkeit sowie Schwindelerscheinungen". In den letzten Jahren habe sie zunehmend Kopfschmerzen, jedoch nicht mehr als 5 bis 7 Tage pro Monat. Sie sei bei allen Verrichtungen des Alltags eingeschränkt (zB Kartoffelschälen, Drehdeckel von Gläsern aufschrauben). Sie könne zu Fuß nur unterschiedlich weit gehen, manchmal kaum 100 m schmerzbedingt. Manchmal könne sie auch ca 2 km am Stück langsam gehen. Fahrrad fahren könne sie 2 bis 10 km am Stück. Sie könne nicht mehr wie früher Tennis spielen oder schwimmen. Auch Theaterbesuche seien erschwert, da es ihr schmerzbedingt schwer falle, längere Zeit zu sitzen. Am meisten Zeit und Aufwand stecke sie noch in die Betreuung von Asylbewerbern. Dr.H. kritisierte, dass in den Gutachten von Prof. Dr.M. und von Dr.P. nicht ordnungsgemäß auf die Tenderpoints eingegangen worden sei. Insbesondere sei es nicht richtig - wie Dr.P. es getan habe -, die Tenderpoints unter Ablenkung der Patientin festzustellen. Auch müsse generell zwischen Fibromyalgie und Polyarthrose unterschieden werden. Obwohl nach der Sozialgerichtsrechtsprechung die Bewertung des Fibromyalgie-Syndroms in Analogie zu Neurosen, Persönlichkeitsstörungen (S. 60, 61 der AP) zu erfolgen habe, sei dies bei der Klägerin nahezu paradox, da diese keine psychischen Störungen aufweise. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin Konzerte oder Theateraufführungen nicht mehr besuche, weil sie vor Schmerzen nicht so lange sitzen könne und auch einfache Hausarbeiten teils nur mit Mühe bewältige, sei die Annahme einer mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeit mit Sicherheit nicht übertrieben. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Symptomatik des Fibromyalgie-Syndroms sukzessive verschlimmert habe - auch nach der Lösung des Arbeitsverhältnisses - und sich die morphologische Veränderung an den Fußsohlen ausgedehnt habe.
Für den Beklagten hat der Nervenarzt Dr.K. am 14.01.2003 versorgungsärztlich zu diesem Gutachten Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass nach den von Dr.H. erhobenen Befunden ein GdB von 30 für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in den Bereichen der Hausarbeit und der Freizeit- sowie Sportaktivitäten ausreichend erscheine. Andererseits würden Schmerzmittel nur bedarfsweise aber nicht regelmäßig eingenommen, sei die Klägerin auf sozialem Gebiet erfolgreich tätig und führe eine harmonische Ehe.
Ein weiterer Antrag vom 21.02.2003, ein psychiatrisches Gutachten von Dr.S. in S. einzuholen, ist mit gerichtlichem Schreiben vom 25.02.2003 abgelehnt worden auch unter Hinweis darauf, dass bereits nach § 109 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr.P. vorliege.
Mit Schriftsatz vom 07.03.2003 hat die Klägerin kritisiert, dass Dr.K. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme lediglich 3 Einzelpunkte aus dem Spektrum an Beeinträchtigungen herausgepickt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten nach Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 16.07.2001 sowie des Bescheides vom 18.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 zu verurteilen, ab September 1999 einen GdB von 50 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.07.2001 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 51 Abs.1 Nr.7 SGG i.V.m. § 69 SGB IX, §§ 143, 151 SGG), erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht Augsburg hat zu Recht die Entscheidungen des Beklagten von 1999/2000 bestätigt, weil in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin seit dem Bescheid vom 22.01.1999 keine wesentliche Änderung eingetreten ist und der GdB weiterhin mit 30 einzuschätzen ist.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3 - 1300 § 48 Nr.57 und SozR 1300 § 46 Nr.13).
Ein Vergleich mit den dem Bescheid des Beklagten vom 22.01.1999 zugrundeliegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin hat ergeben, dass trotz einer hinzugekommenen Funktionsbeeinträchtigung, nämlich des Morbus Ledderhose, weiterhin ein GdB von 30 zutreffend ist und die Schwerbehinderteneigenschaft nicht festgestellt werden kann.
Diese Auffassung haben nachvollziehbar die gerichtlichen Sachverständigen Prof.Dr.M. (Gutachten vom 16.02.2001) und Dr.P. (Gutachten vom 30.04.2002) dargelegt. Beide fanden bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung mit einer komplexen Beschwerdesymptomatik, nämlich nach eigenen Angaben eher seltenen Migräneanfällen, Spannungskopfschmerzen, Ohrgeräuschen, Darmbeschwerden und im übrigen hauptsächlich Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates. Diagnostisch haben bereits die W.-Kliniken im September 1999 ein Fibromyalgie-Syndrom, einen Morbus Ledderhose und eine Fingerpolyarthrose festgestellt. Umstritten war insbesondere durch das Gutachten von Dr.H. die Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen und des Gesamt-GdB. Während Prof.Dr.M. bei der Klägerin lediglich ein beginnendes Fibromyalgie-Syndrom (GdB 20) bestätigt hatte, ging Dr.H. von einem ausgeprägten Krankheitsstadium aus (GdB 40 bzw. 50). Der Morbus Ledderhose wurde vom erstgenannten Gutachter mit GdB 20, von Dr.H. zunächst mit GdB 10, derzeit ebenfalls mit GdB 20 wegen der vermehrten Schmerzempfindsamkeit im Rahmen der Fibromyalgie eingeschätzt. Prof.Dr.M. bewertete die geringgradie Fingerpolyarthrose mit GdB 20, Dr.H. setzte hierfür ebensowenig wie für ein von ihm gefundenes Rotatoren-Manschetten-Syndrom sowie den hypotonen Symptomenkomplex einen Einzel-GdB an.
Angesichts der vielfachen von der Klägerin geklagten Schmerzen und damit verbundenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, insbesondere der Beweglichkeit ohne entsprechenden Nachweis organischer Ursachen stimmt der Senat in erster Linie der Diagnose des Nervenarztes Dr.P. zu, der bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat. Geht man jedoch davon aus, dass die Klägerin an der Umweltkrankheit "Fibromyalgie" leidet, ist zu berücksichtigen, dass diese medizinisch-wissenschaftlich umstrittene Erkrankung nach den AP 1996 (Nr. 26.18 Seite 136) als nicht entzündliche Erkrankung der Weichteile nach Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie nach ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand zu beurteilen und zu bewerten ist. Der für den Inhalt der AP verantwortliche ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Sektion "Versorgungsmedizin", hat in Ergänzung hierzu auf seiner Tagung am 25./26.11.1998 beschlossen, dass bei Krankheitsbildern mit vegetativen Symptomen, gestörter Schmerzverarbeitung, Leistungseinbußen und Körperfunktionsstörungen, denen kein oder primär kein organischer Befund zugrundeliegt, als Vergleichsmaßstab z.B. die in Nr. 26.3 der AP unter "Neurologischen und Persönlichkeitsstörungen" genannten psycho-vegetativen oder psychischen Störungen mit Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eventuellen sozialen Anpassungschwierigkeiten in Betracht kommen. Der erfolgte therapeutische oder rehabilitative Aufwand könne als zusätzlicher Hinweis auf das Ausmaß der Beeinträchtigung angesehen werden. Ausgehend von dieser Prämisse, die auch Dr.H. - wenn auch mit kritischen Anmerkungen - zugrundegelegt hat, erscheint nach Auffassung des Senats für die schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin nach wie vor ein GdB von 30 ausreichend. Nach AP 1996 Nr. 26.3 Seite 30 ist ein GdB-Rahmen von 30-40 vorgesehen für stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert somatoforme Störungen). Auch wenn die Klägerin nach ihren Angaben schmerzbedingt verschiedene Sportarten, die sie früher ausgeübt hat, nun nicht mehr oder nur eingeschränkt betreiben kann, ihr manche Handgriffe im Haushalt ebenso wie langes Sitzen im Theater oder Konzert schwerfallen, wird dadurch die Klägerin in ihrer Lebensgestaltung zwar eingeschränkt, dies aber nicht so stark, dass der GdB-Rahmen von 30-40 nach oben hin ausgeschöpft werden müßte. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin im familiären Bereich, insbesondere in ihrer Ehe, nach ihren Angaben keine Probleme hat, dass sie sich in der Asylantenbetreuung weiterhin engagieren kann, insbesondere Arztfamilien aus Äthiopien finanziell und ideell betreuen, sie auch in Äthiopien besuchen konnte. Bei der Untersuchung durch Dr.P. gab sie als Hobby "Walking" an, bei Dr.H. "Fahrradfahren von 2 bis 10 Kilometer am Stück". Der Versorgungsarzt Dr.K. hat auch in seiner Stellungnahme vom 14.01.2003 zu Recht darauf hingewiesen, dass Schmerzmedikamente nur bedarfsweise aber nicht regelmäßig eingenommen werden. Gegen eine besondere Beeinträchtigung durch die Verdickungen an den Fußsohlen und die damit verbundenen Schmerzen sprechen auch der im Untersuchungsbefund von Dr.H. erwähnte flüssige Gang und die Tatsache, dass die Klägerin bisher eine mögliche Operation abgelehnt hat und möglicherweise sogar ohne orthopädische Schuhe bzw. Schuheinlagen zurechtkommt. Gerade auch aus dem weitgehend fehlenden therapeutischen Aufwand auf psychologischem, pyschotherapeutischem oder psychiatrischem sowie orthopädischem Sektor ergibt sich, dass der Gesamt-GdB der Klägerin keinesfalls im Bereich der Schwerbehinderteneigenschaft anzusiedeln ist (vgl. auch Schulte, Medizinischer Sachverständiger 1999, Seite 52 f.).
Der Nachteilsausgleich bzw. das Merkzeichen "G" wird nach §§ 59, 60 SchwbG bzw. seit 01.07.2001 nach §§ 145, 146 SGB IX schwerbehinderten Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, zuerkannt. Da der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft nach wie vor fehlt, erübrigen sich weitere Ausführungen dazu, dass ihr auch das Merkzeichen "G" nicht zusteht.
Aus diesen Gründen war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge als §§ 183, 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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