Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 42 R 1880/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 712/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - Befreiung nach § 20 SVG
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12. September 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das, von der Beklagten festgestellte, Bestehen der Versicherungspflicht der Klägerin als arbeitnehmerähnliche Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1. November 2001 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie über die daraus resultierende Beitragspflicht der Klägerin seit 2. November 2004.
Die 1960 geborene Klägerin war – auf dem Gebiet der neuen Bundesländer – im Zeitraum von Juli 1990 bis Dezember 1998 als selbständige Einzelhändlerin mit dem Verkauf von Blumen tätig; die Ausübung des Gewerbes wurde ihr mit Gewerbegenehmigung des Rates der Gemeinde E vom 21. März 1990 mit Wirkung vom 1. April 1990 erteilt. Zusätzlich war sie im Zeitraum vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 als freie Mitarbeiterin für Buchführungsarbeiten und Kundenakquisition bei der Firma "Sanitätshaus M " beschäftigt. Am 1. August 1997 nahm sie eine Angestelltentätigkeit als Medizinprodukteberaterin für orthopädische Hilfsmittel bei der Firma "T " in G auf. Im Zeitraum von März 1999 bis Dezember 1999 war sie als angestellte Medizinproduktberaterin für orthopädische Hilfsmittel bei der Firma "m " B beschäftigt.
Am 1. November 2001 nahm sie eine selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte auf. Auftraggeber ihrer Handelsvertretertätigkeit ist bis dato die Firma "m " B , W & V GmbH & Co. KG. Seit 1. Februar 2006 ist sie zudem – ebenfalls bis dato – als Handelsvertreterin für Produkte für Sanitätshäuser, orthopädische Schuhmacher und Apotheken im Auftrag der Firma "M " Deutschland GmbH tätig. Seit 2004 beschäftigt sie verschiedene Arbeitnehmer geringfügig im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Handelsvertretertätigkeit regelmäßig im Rahmen von Bürohilfsarbeiten.
Im Rahmen eines familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens, welches später mit Beschluss des Amtsgerichts Bad L –Familiengericht– vom 30. März 2011 vom Scheidungsverfahren abgetrennt und ausgesetzt wurde, beantragte die Klägerin am 18. Mai 2000 die Klärung ihres Versicherungskontos. Der Kontenklärungsantrag ging bei der Beklagten am 19. Juli 2000 ein. Mit Bescheid vom 24. Januar 2001 stellte die Beklagte im Rahmen des mit dem Versorgungsausgleich zusammenhängenden Verfahrens unter anderem die Zeit vom 26. April 1985 bis 24. April 1995 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung fest und wies darauf hin, dass Berücksichtigungszeiten während der vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit, die mehr als geringfügig gewesen sei, nur eingeschränkt angerechnet werden könnten. Im Nachgang zum Kontenklärungsverfahren übersandte die Beklagte der Klägerin am 30. Januar 2002 einen "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige", den die Klägerin am 10. März 2002 ausfüllte. Nach Auswertung der im Fragebogen getätigten Angaben informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10. April 2002 dahingehend, nach den getroffenen Feststellungen unterliege die seit 1. November 2001 ausgeübte selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin der Versicherungspflicht als Selbständige mit einem Auftraggeber und wies auf die, befristete, Möglichkeit der dreijährigen Befreiung von dieser Versicherungspflicht hin. Auf den entsprechenden Antrag der Klägerin vom 15. April 2002 erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2002 die befristete Befreiung nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI für Existenzgründer von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI für die Tätigkeit als Handelsvertreterin für den Zeitraum vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 und wies darauf hin, dass nach Ende der Befristung die Versicherungspflicht erneut eintrete und die befristete Befreiung tätigkeitsbezogen sei. Mit Schreiben vom 17. September 2004 erinnerte die Beklagte die Klägerin an das Ende der Befreiung und übersandte der Klägerin erneut einen "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach Beendigung der befristeten Befreiung als Selbständige mit einem Auftraggeber". Nachdem die Klägerin den Fragebogen nicht zurücksandte, stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 27. Oktober 2004 das Bestehen der Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab 1. November 2001 sowie die auf den Antrag der Klägerin vom 30. Januar 2002 für den Zeitraum vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 erteilte befristete Befreiung von dieser Versicherungspflicht fest und setzte für den Zeitraum ab 2. November 2004 die zu entrichtenden Pflichtbeiträge fest (für den Zeitraum vom 2. November 2004 bis 30. November 2004 in Höhe von 101,33 Euro sowie für den Zeitraum ab 1. Dezember 2004 in Höhe von monatlich 197,93 Euro).
Hiergegen legte die Klägerin am 12. November 2004 Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens reichte sie am 9. März 2006 den von ihr ausgefüllten "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach Beendigung der befristeten Befreiung als Selbständiger mit einem Auftraggeber" ein, in dem ausgeführt war, dass sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit seit dem Beginn der Befreiung nicht verändert habe und ihr monatliches Arbeitseinkommen regelmäßig 400 Euro übersteige. In Auswertung des Fragebogens informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2006 und 26. Oktober 2006 über das unveränderte Bestehen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und bat in dem Schreiben vom 26. Oktober 2006 sowie in einem weiteren Schreiben vom 2. März 2007 um Übersendung von Kopien der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre ab 2003, soweit die Klägerin ab dem 2. November 2004 eine einkommensgerechte Beitragsentrichtung wünsche. Nachdem die Klägerin auch auf die Schreiben der Beklagten vom 2. März 2007, 4. Mai 2007 und 4. Oktober 2007 nicht reagierte, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 12. November 2004 gegen die Bescheide vom 27. Oktober 2004 mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 zurück und führte zur Begründung aus: Die Klägerin unterliege als selbständig Tätige der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Die befristete Befreiung für drei Jahre sei nach der Existenzgründungsphase ausgelaufen, so dass die Versicherungspflicht wieder eintrete. Die Klägerin habe angegeben, dass sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit seit dem Beginn der Befreiung nicht verändert habe, so dass ab dem 2. November 2004 die Versicherungspflicht wieder eintrete. Nachdem sie den Anforderungen vom 26. Oktober 2006 und 2. März 2007 zur Einsendung von Unterlagen zur einkommensgerechten Beitragsberechnung nicht nachgekommen sei, sei der halbe Regelbeitrag für versicherungspflichtige Selbständige erhoben worden, die von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erfasst worden seien.
Hiergegen erhob die Klägerin am 19. Dezember 2007 Klage zum Sozialgericht Dresden, mit der sie vortrug, sie sei in ihrer bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Einzelhändlerin im Blumenverkauf nach § 20 des Sozialversicherungsgesetzes (SVG) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Einen Bescheid hierüber habe sie nicht mehr. Es ergebe sich aber aus dem mit der Beklagten geführten Schriftwechsel bzw. aus dem Umstand, dass die Beklagte umfangreiche Kontenklärungsverfahren geführt und die Anerkennung von in diesem Zeitraum liegenden Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung abgelehnt habe, dass sie befreit gewesen sei. Außerdem habe sie die damals erforderlichen Privatversicherungen abgeschlossen. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Beklagte hinsichtlich der Befreiung über keine Unterlagen mehr verfüge. Sie sei auf Grund der Befreiung nach § 20 SVG bei jeder weiteren Beschäftigung oder Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Im Übrigen beschäftige sie seit März 2008 eine Vollzeitkraft. Auch habe sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit geändert. Seit Februar 2006 sei sie nicht mehr ausschließlich für einen Auftraggeber tätig.
Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte am 16. August 2010 einen Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI, mit dem sie die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31. Dezember 2003, verbindlich feststellte, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden seien. In dem Bescheid ist unter anderem ausgeführt, dass für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil in dieser Zeit eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sei und keine Pflichtbeiträge vorhanden seien.
Die Klage hat das Sozialgericht Dresden, nachdem die Klägerin die mit gerichtlichen Schreiben vom 1. Februar 2010 und 16. Juni 2011 angeforderten Unterlagen (Auflistung der Betriebseinnahmen der Klägerin nach Jahr und Auftraggeber, Vorlage des Arbeitsvertrages der Vollzeitkraft und Anmeldung zur Sozialversicherung oder Lohnbescheinigungen, aus welcher eine Rentenversicherungspflicht hervorgehe, sowie genaue Auflistung der Tätigkeit der Klägerin nach Jahr und Art) nicht vorlegte, mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin unterliege in der seit 1. November 2001 ausgeübten Tätigkeit als Handelsvertreterin der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, da sie seit November 2001 für die Firma "m " B , W & V GmbH & Co KG als Handelsvertreterin tätig sei. Der behauptete Umstand, dass sie ab 2006 nicht mehr nur im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sei, sei nicht nachgewiesen, da sie zwar einen weiteren Handelsvertretervertrag mit der Firma "M " Deutschland GmbH vorgelegt habe, trotz mehrfacher Aufforderungen aber die erbetene Auflistung der Betriebseinnahmen getrennt nach Jahr und Auftraggeber nicht eingereicht habe. Sie habe auch nicht nachgewiesen, dass sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftige. Denn ausweislich der vorhandenen Unterlagen seien die von Januar 2004 bis März 2006 beschäftigten Arbeitnehmer nur geringfügig Beschäftigte gewesen. Auch der behauptete Umstand, dass sie seit 2008 eine versicherungspflichtige Vollzeitkraft beschäftigt habe, sei nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin sei auch nicht nach § 20 SVG in Verbindung mit § 231a SGB VI von der Versicherungspflicht befreit worden. Es sei weder ersichtlich, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht bezüglich ihrer selbständigen Tätigkeit als Blumenverkäuferin nach § 20 SVG gestellt habe, noch, dass eine entsprechende Entscheidung ergangen wäre. Entsprechende Unterlagen habe die Klägerin nicht vorgelegt. Auch aus den Bescheiden der Beklagten vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 ergäbe sich keine Befreiung von der Versicherungspflicht.
Gegen den am 14. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. Oktober 2011 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Der Ausgang des Verfahrens sei für sie existenziell, so dass eine umfassende und sorgfältige Sachverhaltsaufklärung, die das Sozialgericht unterlassen habe, erforderlich sei, zumal auf Seiten der Beklagten beweiserhebliche Unterlagen, zu deren sorgfältiger Archivierung die Beklagte verpflichtet sei, abhandengekommen seien bzw. nicht mehr vorliegen würden. Sie gehe nach wie vor davon aus, dass sich aus der Gesamtschau der vorliegenden Unterlagen und Indizien ergäbe, dass sie von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 20 SVG befreit worden sei und zwar mit Wirkung für alle zukünftigen Erwerbstatbestände. Das Sozialgericht gehe mit seiner Ansicht fehl, dass den Vormerkungsbescheiden vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukomme. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausgeführt, dass dem Feststellungsbescheid eine Beweissicherungsfunktion zukomme. Es sei deshalb vor Erteilung des Bescheides ganz konkret zu prüfen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung und Aberkennung von rentenrechtlichen Zeiträumen im Zeitpunkt der Vormerkung vorlägen. Die Vormerkung der Daten umfasse die Feststellung, dass ein bestimmter Tatbestand für die jeweiligen Bezugsmuster verbindlich vorliegen würde. Auch Negativentscheidungen, mit denen die Feststellung derartiger Zeiten abgelehnt werde, seien bindend. Vor Erteilung eines Feststellungsbescheides seien daher seitens des Rentenversicherungsträgers alle Sachverhalte sorgfältig zu überprüfen. Auch im Ehescheidungsverfahren, wie es bei der Klägerin durchgeführt worden sei, sei eine Kontenklärung notwendig und bindend. Hier werde der Rentenversicherungsträger vom Familiengericht aufgefordert, eine Auskunft über die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften für den durchzuführenden Versorgungsausgleich zu erteilen. So müsse bei der Prüfung von Kinderberücksichtigungszeiten eine sorgfältige inzidente Prüfung erfolgen, ob eine mehr als geringfügig ausgeübte selbständige Tätigkeit vorliege und ob im maßgeblichen Zeitraum eine Beitragspflicht bestehe. Nur wenn beide Tatbestände kumulativ vorliegen würden, würden Kindererziehungszeiten bei Selbständigen als rentenrelevante Zeiten berücksichtigt. Ausweislich der Feststellungsbescheide vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 seien für die Klägerin Kindererziehungszeiten auf Grund ihrer Selbständigkeit für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 nicht berücksichtigt und bis zum 31. Dezember 1998 nur eingeschränkt berücksichtigt worden. Zu diesem Ergebnis habe man nur kommen können, wenn man eine Beitragspflicht für diese Zeiten positiv ablehne, da der Grundsatz einer Beitragspflicht bestehe. Gegenüber der Klägerin könne daher nur eine Beitragsbefreiung erteilt worden sein. Hiervon sei die Klägerin auf Grund der vorliegenden Bescheidlage immer ausgegangen. Insoweit sei die Beklagte an ihre Feststellungen gebunden. Die Klägerin habe auf die Feststellungen der Beklagten vertraut. Die jeweiligen Bescheide der Beklagten seien erheblich für die Entscheidung in diesem Verfahren, dies sei durch das erstinstanzlich erkennende Gericht nicht genügend gewürdigt worden. Soweit die Beklagte trotz der eindeutigen Bescheidlage vortrage, es habe keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gegeben, sei sie hierfür beweisbelastet. Insoweit komme eine Beweislastumkehr in Betracht; es könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass sämtliche maßgeblichen Verwaltungsakten bei der Beklagten nicht mehr vorhanden seien, obwohl diese im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben zur lückenlosen Archivierung verpflichtet sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12. September 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 4. Juni 2013 Unterlagen von der Klägerin angefordert. Mit Schriftsatz vom 20. August 2013 reichte die Klägerin eine Aufstellung der im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit beschäftigten Arbeitnehmer aus den Jahren 2004, 2009 – 2013, Lohnabrechnungsunterlagen, Aushilfskräftearbeitsverträge, Meldebescheinigungen für Arbeitnehmer nach § 25 DEÜV, ein Lohnjournal aus dem Jahr 2013 mit Stand vom 31. Juli 2013 sowie eine vom Steuerberater, M G , bestätigte Übersicht zu den Provisionsgutschriften/Bruttobetriebseinnahmen für die Firmen "m " B , W & V GmbH & Co. KG sowie "M " Deutschland GmbH für den Zeitraum von November 2004 bis Mai 2013 ein.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2011 im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 27. Oktober 2004 (über die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab 1. November 2001 und die Beitragsberechnung für die Zeit ab 2. November 2004) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2007. Sie sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und andere Sanitätshaus- und Medizinprodukte ab 1. November 2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und ab 2. November 2004 der Beitragspflicht unterliegt, wobei sie in der Zeit vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 (befristet) nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsbefreit war.
1. Eine (vorab zu prüfende) – in der Vergangenheit erteilte und für jede Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit fortwirkende (vgl. § 231a SGB VI) – Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG ist nicht nachgewiesen.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) vom 28. Juni 1990 (DDR-GBl. I, S. 486) konnten Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausübten, innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auf Antrag in der Rentenversicherung von der Versicherungspflicht befreit werden, wenn sie Anspruch auf Leistungen, die den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertig sind, aus einer anderen Versicherung hatten. Über den Antrag hatte nach § 20 Abs. 2 Satz 3 SVG der Versicherungsträger zu entscheiden. Nach § 231a SGB VI bleiben selbständig Tätige, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet aufgrund eines Versicherungsvertrages von der Versicherungspflicht befreit waren (und nicht bis zum 31. Dezember 1994 erklärt haben, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht enden soll), in jeder Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (und bei Wehrdienstleistungen) von der Versicherungspflicht befreit.
Zwar hat die Klägerin behauptet, von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG im Jahr 1990 oder 1991 befreit worden zu sein. Diese Behauptung ist jedoch weder belegt, noch im Zusammenhang mit den von ihr aufgeführten "Indizien" nachvollziehbar.
Einen Befreiungsbescheid hat sie nicht vorgelegt und wiederholt ausgeführt, einen solchen auch nicht in ihren Unterlagen zu besitzen. Zweifel daran, dass der Klägerin ein solcher Befreiungsbescheid erteilt wurde und ihr später dieser abhandengekommen sei, ergeben sich bereits aus dem Umstand, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Klägerin einerseits ein so wichtiges Dokument nicht mehr in ihren Unterlagen findet, andererseits aber so nebensächliche Dokumente, wie den vom 21. März 1990 datierenden Gewerbegenehmigungsbescheid des Rates der Gemeinde E (Bl. 78 und 174 der Gerichtsakte) auch heute noch in ihren Unterlagen verwahrt.
Bei der Beklagten existieren gleichfalls weder Unterlagen noch rekonstruierbare Vorgänge, die die Behauptung der Klägerin unterlegen könnten. Vielmehr spricht gegen ihre Behauptung die der Verwaltungsakte der Beklagten vorgeheftete sog. Kontoübersicht, der entnommen werden kann, dass die Vergabe bzw. Übernahme einer Versicherungsnummer für die Klägerin erstmals zum 7. Oktober 1997 und die Ausstellung eines Sozialversicherungsheftes am 26. November 1997 erfolgte. Diese zeitliche Abfolge ist nachvollziehbar, weil dies im Zusammenhang mit der von ihr, zunächst nebenbei aufgenommenen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als angestellte Medizinprodukteberaterin bei der Firma T in G zum 1. August 1997 steht.
Zu den von der Klägerin angeführten "Indizien", die in der Zusammenschau belegen würden, ein entsprechender Befreiungsbescheid von der Versicherungs- und Beitragspflicht müsse ergangen sein, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Aus den Tatsachen, dass sie am 1. Juli 1990 ein selbständiges Gewerbe (als Blumenverkäuferin) aufgenommen hatte, ihr am 21. März 1990 mit Wirkung vom 1. April 1990 die Gewerbeerlaubnis vom Rat der Gemeinde E (Bl. 78 und 174 der Gerichtsakte) hierfür erteilt worden war und sie zum Zwecke der Beitragsbefreiung einen zum damaligen Zeitpunkt den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, was ein Zeuge bestätigen könne, kann weder auf eine Antragstellung noch auf eine erteilte Versicherungsbefreiung geschlossen werden, weil es noch wesentlicher, nicht belegter und belegbarer Zwischenschritte bedurft hätte, bis aus diesen Tatsachen schlüssig eine erteilte Befreiung geschlussfolgert werden könnte. Soweit die Klägerin im Klageverfahren ein Bestätigungsschreiben ihrer Lebensversicherung, der IDEAL Lebensversicherung a.G., vom 18. Mai 2009 (Bl. 99 der Gerichtsakte) übersandte, ergibt sich aus diesem vielmehr, dass im Zeitpunkt der Geltung des § 20 SVG, nämlich im Zeitraum vom 1. Juli 1990 (§ 84 SVG) bis 31. Dezember 1991 (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 2 Buchstabe b des "Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag -" vom 31. August 1990 [BGBl. II S. 889, berichtigt S. 1239]), die Kapitallebensversicherung noch gar nicht bestand. Sie begann laut diesem Schreiben erst am 1. Mai 1992. Zu diesem Zeitpunkt konnte eine Befreiung nach § 20 SVG aber nicht mehr erteilt werden, weil die Vorschrift bereits außer Kraft war. Sollte die Kapitallebensversicherung für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 229a Abs. 1 SGB VI gedient haben, ist darauf hinzuweisen, dass eine Befreiung nach dieser Vorschrift sich lediglich auf die zum damaligen Zeitpunkt ausgeübte selbständige Tätigkeit als Einzelhändlerin in einem Blumenverkaufsladen bezogen, jedoch nicht zukünftige oder weitere selbständige Tätigkeiten erfasst hätte.
Auch aus den von der Beklagten erlassenen Vormerkungs- oder vormerkungsähnlichen Bescheiden kann nicht gefolgert werden, die Klägerin sei von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden. Der, im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahren veranlasste, Feststellungsbescheid vom 24. Januar 2001 (vollständig nur auf Bl. 163 – 164 der Gerichtsakte) trifft weder eine Aussage zu einer Befreiung noch zu einer nicht bestehenden Versicherungspflicht, sondern enthält lediglich den Hinweis, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt hat. Festgestellt ist damit Nichts, weil keine positive Aussage zu einer nicht bestehenden Versicherungs- oder Beitragspflicht getroffen wird und die Aussage als solche nicht auf einer Recherche der Beklagten in den Versicherungsakten oder Versicherungsdatenbanken, sondern allein auf den Angaben der Klägerin im Kontenklärungsantrag vom 18. Mai 2000 (Bl. 6-10 der Verwaltungsakte), der bei der Beklagten am 19. Juli 2000 einging, basiert. Auch der Vormerkungsbescheid vom 16. August 2010 (Bl. 175-176 der Gerichtsakte; Versicherungsverlauf auf Bl. 118 der Gerichtsakte) trifft ebenfalls weder eine Aussage zu einer in der Vergangenheit erteilten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht noch zu einer aktuell nicht bestehenden Versicherungspflicht. Auch dieser Vormerkungsbescheid enthält lediglich die Aussage, dass "für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht mehr berücksichtigt werden können, weil in dieser Zeit eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt wurde und keine Pflichtbeiträge vorhanden sind". Dieser Passus beruht in tatsächlicher Hinsicht ebenfalls lediglich auf den, der Beklagten am 19. Juli 2000 bekannt gewordenen, Angaben der Klägerin, dass sie in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 als selbständige Einzelhändlerin in Vollzeit tätig war, während dieser Zeit keine Beiträge entrichtet hat und ihre Tochter N in den zehn Jahren nach deren Geburt am 1985 erzogen hat (Bl. 8 der Verwaltungsakte). In rechtlicher Hinsicht beruht der Passus auf § 57 Satz 2 SGB VI, der mit Art. 1 Nr. 11 des Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens – Altersvermögensergänzungsgesetz – vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) mit Wirkung ab 1. Januar 2002 eingeführt wurde, wonach die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung nur noch dann berücksichtigt wird, wenn bei einer während der Kindererziehung zugleich mehr als geringfügig ausgeübten Selbständigkeit diese Zeit zugleich auch eine Pflichtbeitragszeit ist. Da die Klägerin aber keine Beiträge entrichtet hatte, konnte die ursprüngliche Berücksichtigungszeit nicht mehr berücksichtigt werden. Aus der Aussage des Bescheides, dass im Beitragskonto keine Versicherungsbeiträge gespeichert sind, folgt nicht, dass keine Beitragspflicht bestanden hat, weil der Mitteilung, dass "keine Pflichtbeiträge vorhanden sind" keine positive Feststellungswirkung dergestalt zukommt, Beiträge wären nicht zu entrichten gewesen. Lücken im Versicherungsverlauf kommt positiv lediglich die Feststellungswirkung zu, dass die Frage des Versicherungsstatus nicht feststeht. Ihnen kann aber zugleich nicht auch entnommen werden, dass eine Versicherungspflicht nicht bestanden hat.
Soweit der Klägerprozessbevollmächtigte, unter Verweis auf angeblich höchstrichterliche Rechtsprechung meint, in Vormerkungsbescheiden getroffene Negativentscheidungen, mit denen die Feststellung von unter anderem Beitragszeiten abgelehnt werde, seien bindend, trifft dies nicht zu und ergibt sich auch nicht aus der mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 30. August 2001 (- B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6). Die Feststellungsbescheide vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 und die diesen Bescheiden beigefügten Versicherungsverläufe (§ 149 Abs. 3 SGB VI) treffen nur die Aussage, dass die festgestellten Zeiten als derzeit festgestellt gelten, nicht hingegen, diejenige die die Klägerin im Sinne eines Umkehrschlusses begehrt, nämlich, dass die nicht festgestellten Zeiten ebenfalls verbindlich festgestellt sind. Die Beklagte kann nur die Zeiten verbindlich feststellen, hinsichtlich derer ihr hinreichende Unterlagen vorliegen und Auskünfte erteilt werden. Im Rahmen des sog. Vormerkungsverfahrens wird lediglich auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab geklärt, ob ein bestimmter potentiell rentenrelevanter Tatbestand (Beitrags-, Anrechnungs-, Berücksichtigungs- oder Ersatzzeit) im Sinne des SGB VI nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann (BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen). Insbesondere geht es nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von "rentenrechtlichen Zeiten" für den späteren Leistungsfall; ob der Sachverhalt, der nach heutigem Recht als Tatbestand einer bestimmten rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, im späteren Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht den Tatbestand dieser rentenrechtlichen Zeit, den einer anderen Zeit oder aber keinen mehr erfüllt, wird hier nicht verbindlich geklärt (BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen). Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf eines Vormerkungsbescheids enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (§ 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Die Bescheide der Beklagten vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 sprechen vielmehr gegen die Behauptung der Klägerin, sie wäre nach § 20 SVG von der Versicherungspflicht befreit worden. Denn wäre dem so gewesen, hätte also die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin einen Befreiungsbescheid erlassen, dann wäre die Klägerin auch durch eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin nicht wieder versicherungspflichtig geworden (§ 231a SGB VI). Da in den Bescheiden jedoch als versicherungspflichtige Zeiten die, nach der behaupteten Befreiung liegenden, Zeiträume vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 und vom 1. August 1997 bis 31. Januar 2000 (Bl. 118 der Gerichtsakte = Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 24. Januar 2001) bzw. bis 31. Oktober 2001 (Bl. 229 der Gerichtsakte = Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 16. August 2010) jeweils als Pflichtbeitragszeiten aufgeführt sind, ergibt sich, dass eine erteilte, für alle Beschäftigungen und selbständigen Tätigkeiten wirkende Befreiung der Beklagten nicht vorgelegen haben kann.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren ein Formularschreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1998 vorlegte (Bl. 93 der Gerichtsakte), mit dem sie gebeten wurde, eines Kopie des Schreibens der Beklagten vom 1. Oktober 1998 vorzulegen, und zu dem sie hinzufügte, ihrer Erinnerung nach und der zeitlichen Zuordnung nach müsse es sich bei dem angeforderten Schreiben vom 1. Oktober 1998 um ein Schreiben bezüglich der Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund ihres Lebensversicherungsvertrages im Zusammenhang mit ihrer Selbstständigkeit gehandelt haben, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn im Oktober 1998 hätte eine Befreiung nach § 20 SVG nicht mehr erteilt werden können, da zu diesem Zeitpunkt die Vorschrift nicht mehr galt und auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 SVG ("innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit") nicht (mehr) vorgelegen hatten. Eine Befreiung nach § 229 Abs. 1 Satz 2 SGB VI oder § 231 Abs. 6 SGB VI hätte sich lediglich auf die bis 31. Dezember 1998 konkret von der Klägerin verrichtete selbständige Tätigkeit als Einzelhändlerin im Blumenverkauf, nicht aber auf sämtliche anderen und bzw. oder späteren selbständigen Tätigkeiten bezogen, so dass ein eventuell solchermaßen verstandener Bezug des Schreibens der Beklagten vom 1. Oktober 1998 keine Auswirkungen auf den anhängigen Rechtsstreit hätte. Plausibel und im zeitlichen Zusammenhang nachvollziehbar ist vielmehr, dass das Formularschreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1998 sowie das in Kopie angeforderte Schreiben vom 1. Oktober 1998 im Zusammenhang mit dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis der Klägerin als angestellte Medizinproduktberaterin bei der Firma "T " in G ab August 1997 und der daraus resultierenden erstmaligen Vergabe bzw. Übernahme einer Versicherungsnummer der Klägerin und der erstmaligen Ausstellung eines Sozialversicherungsheftes im Oktober und November 1997 gestanden hat.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren schließlich Unterlagen der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) B zur "Klärung ihres Versicherungsverhältnisses aufgrund ihrer Beschäftigung bzw. Tätigkeit bei Sanitätshaus M , Frau H K " aus dem Monat August 1998 (Bl. 129-131 der Gerichtsakte) vorlegte, beziehen sich diese ausschließlich auf das Beschäftigungsverhältnis vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 als freie Mitarbeiterin für Büroführung und Kundenakquise, welches die Klägerin neben ihrem zum damaligen Zeitpunkt noch verrichteten selbständigen Gewerbe als Einzelhändlerin im Blumenverkauf inne hatte. Den Betriebsprüfungsunterlagen der LVA B kann zu einer Befreiung nach § 20 SVG nichts entnommen werden, zumal sich die im Betrieb "Sanitätshaus M " durchgeführte Prüfung nur auf die konkreten Beschäftigungsverhältnisse der dort Beschäftigten bezogen haben kann. Denn die sozialversicherungsrechtliche Arbeitgeberprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV, die im Betrieb "Sanitätshaus M " stattfanden, dienten lediglich der Überprüfung der Sozialversicherungsverhältnisse der Beschäftigten und der damit mit den Gesamtversicherungsbeiträgen im Zusammenhang stehenden Arbeitgeberpflichten nach §§ 28a ff. SGB IV, nicht aber der Überprüfung sonstiger Versicherungspflichttatbestände dort angestellter Beschäftigter, weil die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet sind (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R - SozR 4-2400 § 22 Nr. 2 = JURIS-Dokument, RdNr. 44).
Soweit die Klägerin schließlich meint, weil bei der Beklagten die Verwaltungsakte der Klägerin für die maßgeblichen Zeiträume von 1990 bis 1998 abhandengekommen sei, müsse dies zu Lasten der Beklagten gehen und eine Beweislastumkehr dahingehend bewirken, dass nicht die Klägerin ihre Befreiung nach § 20 SVG sondern die Beklagte die nicht erteilte Befreiung nach § 20 SVG beweisen müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob tatsächlich Verwaltungsvorgänge zur Klägerin aus den Jahren 1990 bis 1998 bei der Beklagten abhandengekommen sind, zumal die Beklagte mehrfach darauf hingewiesen hat, dass erstmals zum 7. Oktober 1997 die Übernahme bzw. Vergabe einer Versicherungsnummer und zum 26. November 1997 die Ausstellung eines ersten Sozialversicherungsheftes erfolgte, wie sich aus dem Aktenstammblatt der Verwaltungsakte entnehmen lässt. Selbst wenn Verwaltungsvorgänge abhandengekommen wären, käme eine Beweislastumkehr nicht in Betracht. Eine Beweislastumkehr kommt nur für vereinzelte und bestimmte Fallgestaltungen in Betracht, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R - BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr. 6; BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 88/03 R - SozR 4-1500 § 128 Nr. 5, RdNr. 10 und 15 zur Beweiserleichterung wegen Beweisvereitelung und RdNr. 17 zur Beweislastumkehr bei Beweiserschwerung); also in Konstellationen in denen in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Versicherten wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe des Betroffenen vorliegt.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kommt vorliegend keine Beweislastumkehr in Betracht, weil die Beklagte weder die Beweisführung vereitelt noch erschwert und sich die zu beweisende Tatsache auch nicht lediglich in ihrem Bereich abgespielt hat. Denn wenn der Vortrag der Klägerin zutreffend wäre und sie von der Versicherungspflicht befreit worden wäre, dann wäre ein entsprechender Bescheid nicht nur in den Akten der Beklagten vorhanden, sondern wäre auch der Klägerin erteilt worden. Den in diesem, als wahr unterstellten Fall, nicht mehr vorhandenen Befreiungsbescheid hat die Klägerin aber selbst und in ihrem Einfluss- und Machtbereich verlegt, verloren oder anderweitig in Verlust geraten lassen. Die Beklagte hat hierauf keinen Einfluss. In einem solchen Fall, in dem beide Beteiligten ein, als wahr unterstellt ursprünglich vorhandenes, schriftliches Dokument nicht mehr vorlegen können, verbleibt es bei der normalen Beweisführungs- bzw. Feststellungslast.
Eine unzutreffende Sachbehandlung kann der Beklagten lediglich insofern, wie von dieser im Schriftsatz vom 2. Juli 2010 auch bereits eingeräumt wurde (Bl. 152 der Gerichtsakte), zur Last gelegt werden, als sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Kontenklärung, das im Juli 2000 durch den Antrag der Klägerin vom 18. Mai 2000 in Gang gesetzt wurde, auf Grund der Angaben der Klägerin zu ihrer im Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Einzelhändlerin, das Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 229a SGB VI hätte prüfen müssen und dabei möglicherweise die Klägerin auf die insoweit zu diesem Zeitpunkt noch (nämlich bis zum 30. September 2001) mögliche Befreiungsoption des § 231 Abs. 6 SGB VI hinweisen müssen. Die Befreiung nach § 231 Abs. 6 SGB VI bzw. eine über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu fingierende Befreiung nach dieser Vorschrift hätte jedoch nur für die konkrete selbständige Tätigkeit, nämlich die im Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübte Tätigkeit als selbständige Einzelhändlerin im Blumenverkauf, Wirkung entfaltet. Die insoweit in Betracht kommende Befreiung von der Versicherungspflicht hat damit für den vorliegenden konkreten Sachverhalt keinerlei Bedeutung.
2. Die Klägerin unterliegt in ihrer selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und andere Sanitätshaus- und Medizinprodukte ab 1. November 2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, wobei sie in der Zeit vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 (befristet) auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 23. Mai 2002 nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsbefreit war.
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind selbständig tätige Personen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843), novelliert durch das Gesetz zur Förderung zur Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000 S. 2), mit Wirkung zum 1. Januar 1999 eingeführt.
Sämtliche Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind erfüllt:
a) Die Klägerin beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Ausweislich der gerichtlich angeforderten und von ihr vorgelegten Lohn-, Quittungs- und Vertragsunterlagen sowie der Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung (Bl. 49-56, 63-64, 230-250, 252-253, 255-256, 258-259 der Gerichtsakte) beschäftigt sie regelmäßig lediglich geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, wie: - M S (Januar 2004 bis Mai 2004), - C W (Juni 2004 bis Oktober 2004, Dezember 2005 bis Januar 2005), - W W (März 2005 bis Juni 2005, Oktober 2005 bis Dezember 2005, Januar 2011 bis Dezember 2011), - C Z (Juli 2005 bis August 2005), - C S (Januar 2006 bis März 2006, Januar 2010 bis Januar 2013) und - N W (Januar 2009 bis Dezember 2011). Geringfügig beschäftigte Personen gelten gemäß § 9 Satz 2 SGB VI jedoch nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren mehrfach vorgetragen hat, sie habe seit April 2004 einen Arbeitnehmer in Teilzeit für Büroarbeiten und seit 1. März 2008 einen Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt, hat sie diese Behauptung nicht durch Unterlagen belegt, obwohl sie hierzu wiederholt aufgefordert wurde.
Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen geht lediglich hervor, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin teilweise, neben den nicht maßgeblich geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern, gelegentlich auch versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt hat. Es handelt sich dabei um: - den Arbeitnehmer R K , der ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lohntabellen von Juni 2011 bis Dezember 2012 regelmäßig monatlich 480 Euro (Bl. 232 der Gerichtsakte) und von Januar 2013 bis Mai 2013 regelmäßig monatlich 595 Euro verdiente (Bl. 233 der Gerichtsakte), ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Aushilfskräftearbeitsvertrages vom 5. August 2011 (Bl. 251 der Gerichtsakte) ab 1. August 2011 unbefristet als Aushilfskraft für Transportdienste mit einer Arbeitszeit von mindestens 32 Stunden im Monat angestellt war, ausweislich der von der Klägerin vorgelegten "Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gemäß § 25 DEÜV" (Bl. 254 der Gerichtsakte) mindestens vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und ausweislich des von der Klägerin vorgelegten "Lohnjournals [Jahreswerte bis einschließlich Juli 2013]" vom 31. Juli 2013 im Jahr 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 256 der Gerichtsakte) war sowie - die Arbeitnehmerin I B , die ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lohntabelle von Februar 2013 bis Mai 2013 regelmäßig monatlich 721,25 Euro verdiente (Bl. 233 der Gerichtsakte), ausweislich der von der Klägerin vorgelegten "Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gemäß § 25 DEÜV" (Bl. 257 der Gerichtsakte) vom 1. Februar 2013 bis 31. Mai 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und ausweislich des von der Klägerin vorgelegten "Lohnjournals [Jahreswerte bis einschließlich Juli 2013]" vom 31. Juli 2013 im Jahr 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 256 der Gerichtsakte) war. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der beiden vorbenannten Arbeitnehmer in der Zeit von Juni 2011 bis Mai 2013 führt jedoch nicht zu der Bewertung, die Voraussetzung des § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a) SGB VI, dass die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt" hat, liege nicht vor, weil die Beschäftigungen nur vorübergehend und nicht regelmäßig erfolgten.
Seinem Wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten Muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend". Bezogen auf das in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse oder versicherungspflichtige befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (vgl. zutreffend: SG Lübeck, Urteil vom 20. März 2009 - S 15 R 551/07 - JURIS-Dokument, RdNr. 36 mit weiteren Nachweisen aus der Kommentarliteratur). Der Sinn und Zweck des § 2 Satz 1 Nr. SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat. Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a) SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll. Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6).
Dies zu Grunde gelegt, stellt sich die versicherungspflichtige Beschäftigung zweier Arbeitnehmer durch die Klägerin von Juni 2011 bis maximal Juli 2013 (R K ) und von Februar 2013 bis Mai 2013 (I B ) nicht als regelmäßig dar, weil weder eine kontinuierliche, noch auf Dauer angelegte Beschäftigung erfolgte, weil ein Konzept der Regelhaftigkeit und immer wiederkehrenden sozialversicherungspflichtigen Anstellung nicht erkennbar ist, weil grundsätzliche und fortgesetzt beabsichtigte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nicht begründet wurden und weil sich die zweijährige Beschäftigung im Verhältnis zur Dauer der bereits ausgeübten Selbständigkeit von knapp zwölf Jahren (gerechnet ab Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im November 2001) nicht als wesentlich darstellt.
b) Die Klägerin ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Hauptauftraggeber ihrer selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte ist die Firma "m " B , W & V GmbH & Co. KG, für die sie seit 1. November 2001 auf Dauer angelegt aufgrund des Handelsvertretervertrages vom 23. Juli 2002 (Bl. 37-42 der Gerichtsakte) tätig wird. Seit 1. Februar 2006 ist die Klägerin zwar zusätzlich auch als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte im Auftrag der Firma "M " Deutschland GmbH auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages vom 2. Februar 2006 (Bl. 21-24 und 43-47 der Gerichtsakte) tätig. Dieser (weitere) Auftragsgeber hat für die selbständige Tätigkeit der Klägerin jedoch keine wesentliche Bedeutung.
Die Bewertung der Frage, ob der Selbständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b) SGB VI im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist, ist auf der Grundlage der erzielten Bruttoeinkünfte zu beurteilen, wobei sich eine mathematisch exakte Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze dem Gesetz nicht entnehmen lässt. Klar ist lediglich, dass das Einkommen aus der zu beurteilenden selbständigen Tätigkeit deutlich mehr als 50 Prozent des Gesamteinkommens ausmachen muss. In der Praxis wird nach dem "Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit" vom 20. Dezember1999 das Erfordernis der Wesentlichkeit als erfüllt angesehen, wenn der Selbständige mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber erzielt (NZA 2000, 190, 191; ZIP 1999, 252, 254), wobei es sich naturgemäß nur um einen Orientierungsrahmen handeln kann. Zu betrachten sind grundsätzlich die Einkünfte innerhalb eines Kalenderjahres, wobei die Einkünfte des Vorjahres sowie die voraussichtlichen Einkünfte in einer wertenden Betrachtung zu berücksichtigen sind (vgl. dazu insgesamt und der Praktikabilitätsgröße der 5/6-Bewertung zustimmend: LSG für das Saarland, Urteil vom 1. Dezember 2005 - L 1 RA 11/04 - JURIS-Dokument, RdNr. 23; Fichte in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 84 [Stand: Mai 2007]; Boecken in: Ruland/Försterling, Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 201 [Stand: Oktober 2007]; Pietrek in: Schlegel/Voelzke, JURIS-Praxiskommentar zum SGB VI, 2008, § 2, RdNr. 189; Brand, BB 1999, 1162, 1166; Oberthür/Lohr, NZA 2001, 126, 128).
Aus der gerichtlich angeforderten und von der Klägerin vorgelegten Übersicht zu den Provisionsgutschriften/Bruttobetriebseinnahmen (Bl. 261-264 der Gerichtsakte) ergibt sich, dass ihre Einkünfte aus der Tätigkeit für den zweiten Auftraggeber, die Firma "M " Deutschland GmbH, regelmäßig wesentlich weniger als ein Sechstel (= ca. 16,66 Prozent) ihrer Gesamteinkünfte ausmachen. Diese Einkünfte betrugen im Jahr 2006 lediglich 2,02 Prozent, im Jahr 2007 lediglich 1,69 Prozent, im Jahr 2008 lediglich 5,26 Prozent, im Jahr 2009 lediglich 1,1 Prozent, im Jahr 2010 lediglich 1,45 Prozent, im Jahr 2011 lediglich 5,96 Prozent, im Jahr 2012 lediglich 4,9 Prozent und im Jahr 2013 lediglich 4,44 Prozent der Gesamteinkünfte und damit regelmäßig weniger als die Hälfte eines Sechstels, also im Ergebnis sogar weniger als ein Zwölftel.
3. Auch die mit Bescheid vom 27. Oktober 2004 festgesetzte Beitragsforderung für den Zeitraum ab 2. November 2004 ist nicht zu beanstanden. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entspricht der monatliche Regelbeitrag bei selbständig Tätigen einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Eine einkommensgerechte Beitragszahlung (§ 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI) wurde von der Klägerin bislang weder beantragt, noch mit Einkommensunterlagen belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Schnell Schuler
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das, von der Beklagten festgestellte, Bestehen der Versicherungspflicht der Klägerin als arbeitnehmerähnliche Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1. November 2001 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie über die daraus resultierende Beitragspflicht der Klägerin seit 2. November 2004.
Die 1960 geborene Klägerin war – auf dem Gebiet der neuen Bundesländer – im Zeitraum von Juli 1990 bis Dezember 1998 als selbständige Einzelhändlerin mit dem Verkauf von Blumen tätig; die Ausübung des Gewerbes wurde ihr mit Gewerbegenehmigung des Rates der Gemeinde E vom 21. März 1990 mit Wirkung vom 1. April 1990 erteilt. Zusätzlich war sie im Zeitraum vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 als freie Mitarbeiterin für Buchführungsarbeiten und Kundenakquisition bei der Firma "Sanitätshaus M " beschäftigt. Am 1. August 1997 nahm sie eine Angestelltentätigkeit als Medizinprodukteberaterin für orthopädische Hilfsmittel bei der Firma "T " in G auf. Im Zeitraum von März 1999 bis Dezember 1999 war sie als angestellte Medizinproduktberaterin für orthopädische Hilfsmittel bei der Firma "m " B beschäftigt.
Am 1. November 2001 nahm sie eine selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte auf. Auftraggeber ihrer Handelsvertretertätigkeit ist bis dato die Firma "m " B , W & V GmbH & Co. KG. Seit 1. Februar 2006 ist sie zudem – ebenfalls bis dato – als Handelsvertreterin für Produkte für Sanitätshäuser, orthopädische Schuhmacher und Apotheken im Auftrag der Firma "M " Deutschland GmbH tätig. Seit 2004 beschäftigt sie verschiedene Arbeitnehmer geringfügig im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Handelsvertretertätigkeit regelmäßig im Rahmen von Bürohilfsarbeiten.
Im Rahmen eines familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens, welches später mit Beschluss des Amtsgerichts Bad L –Familiengericht– vom 30. März 2011 vom Scheidungsverfahren abgetrennt und ausgesetzt wurde, beantragte die Klägerin am 18. Mai 2000 die Klärung ihres Versicherungskontos. Der Kontenklärungsantrag ging bei der Beklagten am 19. Juli 2000 ein. Mit Bescheid vom 24. Januar 2001 stellte die Beklagte im Rahmen des mit dem Versorgungsausgleich zusammenhängenden Verfahrens unter anderem die Zeit vom 26. April 1985 bis 24. April 1995 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung fest und wies darauf hin, dass Berücksichtigungszeiten während der vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit, die mehr als geringfügig gewesen sei, nur eingeschränkt angerechnet werden könnten. Im Nachgang zum Kontenklärungsverfahren übersandte die Beklagte der Klägerin am 30. Januar 2002 einen "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige", den die Klägerin am 10. März 2002 ausfüllte. Nach Auswertung der im Fragebogen getätigten Angaben informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10. April 2002 dahingehend, nach den getroffenen Feststellungen unterliege die seit 1. November 2001 ausgeübte selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin der Versicherungspflicht als Selbständige mit einem Auftraggeber und wies auf die, befristete, Möglichkeit der dreijährigen Befreiung von dieser Versicherungspflicht hin. Auf den entsprechenden Antrag der Klägerin vom 15. April 2002 erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2002 die befristete Befreiung nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI für Existenzgründer von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI für die Tätigkeit als Handelsvertreterin für den Zeitraum vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 und wies darauf hin, dass nach Ende der Befristung die Versicherungspflicht erneut eintrete und die befristete Befreiung tätigkeitsbezogen sei. Mit Schreiben vom 17. September 2004 erinnerte die Beklagte die Klägerin an das Ende der Befreiung und übersandte der Klägerin erneut einen "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach Beendigung der befristeten Befreiung als Selbständige mit einem Auftraggeber". Nachdem die Klägerin den Fragebogen nicht zurücksandte, stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 27. Oktober 2004 das Bestehen der Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab 1. November 2001 sowie die auf den Antrag der Klägerin vom 30. Januar 2002 für den Zeitraum vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 erteilte befristete Befreiung von dieser Versicherungspflicht fest und setzte für den Zeitraum ab 2. November 2004 die zu entrichtenden Pflichtbeiträge fest (für den Zeitraum vom 2. November 2004 bis 30. November 2004 in Höhe von 101,33 Euro sowie für den Zeitraum ab 1. Dezember 2004 in Höhe von monatlich 197,93 Euro).
Hiergegen legte die Klägerin am 12. November 2004 Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens reichte sie am 9. März 2006 den von ihr ausgefüllten "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach Beendigung der befristeten Befreiung als Selbständiger mit einem Auftraggeber" ein, in dem ausgeführt war, dass sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit seit dem Beginn der Befreiung nicht verändert habe und ihr monatliches Arbeitseinkommen regelmäßig 400 Euro übersteige. In Auswertung des Fragebogens informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2006 und 26. Oktober 2006 über das unveränderte Bestehen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und bat in dem Schreiben vom 26. Oktober 2006 sowie in einem weiteren Schreiben vom 2. März 2007 um Übersendung von Kopien der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre ab 2003, soweit die Klägerin ab dem 2. November 2004 eine einkommensgerechte Beitragsentrichtung wünsche. Nachdem die Klägerin auch auf die Schreiben der Beklagten vom 2. März 2007, 4. Mai 2007 und 4. Oktober 2007 nicht reagierte, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 12. November 2004 gegen die Bescheide vom 27. Oktober 2004 mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 zurück und führte zur Begründung aus: Die Klägerin unterliege als selbständig Tätige der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Die befristete Befreiung für drei Jahre sei nach der Existenzgründungsphase ausgelaufen, so dass die Versicherungspflicht wieder eintrete. Die Klägerin habe angegeben, dass sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit seit dem Beginn der Befreiung nicht verändert habe, so dass ab dem 2. November 2004 die Versicherungspflicht wieder eintrete. Nachdem sie den Anforderungen vom 26. Oktober 2006 und 2. März 2007 zur Einsendung von Unterlagen zur einkommensgerechten Beitragsberechnung nicht nachgekommen sei, sei der halbe Regelbeitrag für versicherungspflichtige Selbständige erhoben worden, die von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erfasst worden seien.
Hiergegen erhob die Klägerin am 19. Dezember 2007 Klage zum Sozialgericht Dresden, mit der sie vortrug, sie sei in ihrer bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Einzelhändlerin im Blumenverkauf nach § 20 des Sozialversicherungsgesetzes (SVG) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Einen Bescheid hierüber habe sie nicht mehr. Es ergebe sich aber aus dem mit der Beklagten geführten Schriftwechsel bzw. aus dem Umstand, dass die Beklagte umfangreiche Kontenklärungsverfahren geführt und die Anerkennung von in diesem Zeitraum liegenden Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung abgelehnt habe, dass sie befreit gewesen sei. Außerdem habe sie die damals erforderlichen Privatversicherungen abgeschlossen. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Beklagte hinsichtlich der Befreiung über keine Unterlagen mehr verfüge. Sie sei auf Grund der Befreiung nach § 20 SVG bei jeder weiteren Beschäftigung oder Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Im Übrigen beschäftige sie seit März 2008 eine Vollzeitkraft. Auch habe sich die Ausgestaltung ihrer selbständigen Tätigkeit geändert. Seit Februar 2006 sei sie nicht mehr ausschließlich für einen Auftraggeber tätig.
Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte am 16. August 2010 einen Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI, mit dem sie die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31. Dezember 2003, verbindlich feststellte, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden seien. In dem Bescheid ist unter anderem ausgeführt, dass für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil in dieser Zeit eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sei und keine Pflichtbeiträge vorhanden seien.
Die Klage hat das Sozialgericht Dresden, nachdem die Klägerin die mit gerichtlichen Schreiben vom 1. Februar 2010 und 16. Juni 2011 angeforderten Unterlagen (Auflistung der Betriebseinnahmen der Klägerin nach Jahr und Auftraggeber, Vorlage des Arbeitsvertrages der Vollzeitkraft und Anmeldung zur Sozialversicherung oder Lohnbescheinigungen, aus welcher eine Rentenversicherungspflicht hervorgehe, sowie genaue Auflistung der Tätigkeit der Klägerin nach Jahr und Art) nicht vorlegte, mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin unterliege in der seit 1. November 2001 ausgeübten Tätigkeit als Handelsvertreterin der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, da sie seit November 2001 für die Firma "m " B , W & V GmbH & Co KG als Handelsvertreterin tätig sei. Der behauptete Umstand, dass sie ab 2006 nicht mehr nur im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sei, sei nicht nachgewiesen, da sie zwar einen weiteren Handelsvertretervertrag mit der Firma "M " Deutschland GmbH vorgelegt habe, trotz mehrfacher Aufforderungen aber die erbetene Auflistung der Betriebseinnahmen getrennt nach Jahr und Auftraggeber nicht eingereicht habe. Sie habe auch nicht nachgewiesen, dass sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftige. Denn ausweislich der vorhandenen Unterlagen seien die von Januar 2004 bis März 2006 beschäftigten Arbeitnehmer nur geringfügig Beschäftigte gewesen. Auch der behauptete Umstand, dass sie seit 2008 eine versicherungspflichtige Vollzeitkraft beschäftigt habe, sei nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin sei auch nicht nach § 20 SVG in Verbindung mit § 231a SGB VI von der Versicherungspflicht befreit worden. Es sei weder ersichtlich, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht bezüglich ihrer selbständigen Tätigkeit als Blumenverkäuferin nach § 20 SVG gestellt habe, noch, dass eine entsprechende Entscheidung ergangen wäre. Entsprechende Unterlagen habe die Klägerin nicht vorgelegt. Auch aus den Bescheiden der Beklagten vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 ergäbe sich keine Befreiung von der Versicherungspflicht.
Gegen den am 14. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. Oktober 2011 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Der Ausgang des Verfahrens sei für sie existenziell, so dass eine umfassende und sorgfältige Sachverhaltsaufklärung, die das Sozialgericht unterlassen habe, erforderlich sei, zumal auf Seiten der Beklagten beweiserhebliche Unterlagen, zu deren sorgfältiger Archivierung die Beklagte verpflichtet sei, abhandengekommen seien bzw. nicht mehr vorliegen würden. Sie gehe nach wie vor davon aus, dass sich aus der Gesamtschau der vorliegenden Unterlagen und Indizien ergäbe, dass sie von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 20 SVG befreit worden sei und zwar mit Wirkung für alle zukünftigen Erwerbstatbestände. Das Sozialgericht gehe mit seiner Ansicht fehl, dass den Vormerkungsbescheiden vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukomme. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausgeführt, dass dem Feststellungsbescheid eine Beweissicherungsfunktion zukomme. Es sei deshalb vor Erteilung des Bescheides ganz konkret zu prüfen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung und Aberkennung von rentenrechtlichen Zeiträumen im Zeitpunkt der Vormerkung vorlägen. Die Vormerkung der Daten umfasse die Feststellung, dass ein bestimmter Tatbestand für die jeweiligen Bezugsmuster verbindlich vorliegen würde. Auch Negativentscheidungen, mit denen die Feststellung derartiger Zeiten abgelehnt werde, seien bindend. Vor Erteilung eines Feststellungsbescheides seien daher seitens des Rentenversicherungsträgers alle Sachverhalte sorgfältig zu überprüfen. Auch im Ehescheidungsverfahren, wie es bei der Klägerin durchgeführt worden sei, sei eine Kontenklärung notwendig und bindend. Hier werde der Rentenversicherungsträger vom Familiengericht aufgefordert, eine Auskunft über die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften für den durchzuführenden Versorgungsausgleich zu erteilen. So müsse bei der Prüfung von Kinderberücksichtigungszeiten eine sorgfältige inzidente Prüfung erfolgen, ob eine mehr als geringfügig ausgeübte selbständige Tätigkeit vorliege und ob im maßgeblichen Zeitraum eine Beitragspflicht bestehe. Nur wenn beide Tatbestände kumulativ vorliegen würden, würden Kindererziehungszeiten bei Selbständigen als rentenrelevante Zeiten berücksichtigt. Ausweislich der Feststellungsbescheide vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 seien für die Klägerin Kindererziehungszeiten auf Grund ihrer Selbständigkeit für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 nicht berücksichtigt und bis zum 31. Dezember 1998 nur eingeschränkt berücksichtigt worden. Zu diesem Ergebnis habe man nur kommen können, wenn man eine Beitragspflicht für diese Zeiten positiv ablehne, da der Grundsatz einer Beitragspflicht bestehe. Gegenüber der Klägerin könne daher nur eine Beitragsbefreiung erteilt worden sein. Hiervon sei die Klägerin auf Grund der vorliegenden Bescheidlage immer ausgegangen. Insoweit sei die Beklagte an ihre Feststellungen gebunden. Die Klägerin habe auf die Feststellungen der Beklagten vertraut. Die jeweiligen Bescheide der Beklagten seien erheblich für die Entscheidung in diesem Verfahren, dies sei durch das erstinstanzlich erkennende Gericht nicht genügend gewürdigt worden. Soweit die Beklagte trotz der eindeutigen Bescheidlage vortrage, es habe keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gegeben, sei sie hierfür beweisbelastet. Insoweit komme eine Beweislastumkehr in Betracht; es könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass sämtliche maßgeblichen Verwaltungsakten bei der Beklagten nicht mehr vorhanden seien, obwohl diese im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben zur lückenlosen Archivierung verpflichtet sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12. September 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 4. Juni 2013 Unterlagen von der Klägerin angefordert. Mit Schriftsatz vom 20. August 2013 reichte die Klägerin eine Aufstellung der im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit beschäftigten Arbeitnehmer aus den Jahren 2004, 2009 – 2013, Lohnabrechnungsunterlagen, Aushilfskräftearbeitsverträge, Meldebescheinigungen für Arbeitnehmer nach § 25 DEÜV, ein Lohnjournal aus dem Jahr 2013 mit Stand vom 31. Juli 2013 sowie eine vom Steuerberater, M G , bestätigte Übersicht zu den Provisionsgutschriften/Bruttobetriebseinnahmen für die Firmen "m " B , W & V GmbH & Co. KG sowie "M " Deutschland GmbH für den Zeitraum von November 2004 bis Mai 2013 ein.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2011 im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 27. Oktober 2004 (über die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab 1. November 2001 und die Beitragsberechnung für die Zeit ab 2. November 2004) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2007. Sie sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und andere Sanitätshaus- und Medizinprodukte ab 1. November 2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und ab 2. November 2004 der Beitragspflicht unterliegt, wobei sie in der Zeit vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 (befristet) nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsbefreit war.
1. Eine (vorab zu prüfende) – in der Vergangenheit erteilte und für jede Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit fortwirkende (vgl. § 231a SGB VI) – Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG ist nicht nachgewiesen.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) vom 28. Juni 1990 (DDR-GBl. I, S. 486) konnten Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausübten, innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auf Antrag in der Rentenversicherung von der Versicherungspflicht befreit werden, wenn sie Anspruch auf Leistungen, die den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertig sind, aus einer anderen Versicherung hatten. Über den Antrag hatte nach § 20 Abs. 2 Satz 3 SVG der Versicherungsträger zu entscheiden. Nach § 231a SGB VI bleiben selbständig Tätige, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet aufgrund eines Versicherungsvertrages von der Versicherungspflicht befreit waren (und nicht bis zum 31. Dezember 1994 erklärt haben, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht enden soll), in jeder Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (und bei Wehrdienstleistungen) von der Versicherungspflicht befreit.
Zwar hat die Klägerin behauptet, von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG im Jahr 1990 oder 1991 befreit worden zu sein. Diese Behauptung ist jedoch weder belegt, noch im Zusammenhang mit den von ihr aufgeführten "Indizien" nachvollziehbar.
Einen Befreiungsbescheid hat sie nicht vorgelegt und wiederholt ausgeführt, einen solchen auch nicht in ihren Unterlagen zu besitzen. Zweifel daran, dass der Klägerin ein solcher Befreiungsbescheid erteilt wurde und ihr später dieser abhandengekommen sei, ergeben sich bereits aus dem Umstand, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Klägerin einerseits ein so wichtiges Dokument nicht mehr in ihren Unterlagen findet, andererseits aber so nebensächliche Dokumente, wie den vom 21. März 1990 datierenden Gewerbegenehmigungsbescheid des Rates der Gemeinde E (Bl. 78 und 174 der Gerichtsakte) auch heute noch in ihren Unterlagen verwahrt.
Bei der Beklagten existieren gleichfalls weder Unterlagen noch rekonstruierbare Vorgänge, die die Behauptung der Klägerin unterlegen könnten. Vielmehr spricht gegen ihre Behauptung die der Verwaltungsakte der Beklagten vorgeheftete sog. Kontoübersicht, der entnommen werden kann, dass die Vergabe bzw. Übernahme einer Versicherungsnummer für die Klägerin erstmals zum 7. Oktober 1997 und die Ausstellung eines Sozialversicherungsheftes am 26. November 1997 erfolgte. Diese zeitliche Abfolge ist nachvollziehbar, weil dies im Zusammenhang mit der von ihr, zunächst nebenbei aufgenommenen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als angestellte Medizinprodukteberaterin bei der Firma T in G zum 1. August 1997 steht.
Zu den von der Klägerin angeführten "Indizien", die in der Zusammenschau belegen würden, ein entsprechender Befreiungsbescheid von der Versicherungs- und Beitragspflicht müsse ergangen sein, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Aus den Tatsachen, dass sie am 1. Juli 1990 ein selbständiges Gewerbe (als Blumenverkäuferin) aufgenommen hatte, ihr am 21. März 1990 mit Wirkung vom 1. April 1990 die Gewerbeerlaubnis vom Rat der Gemeinde E (Bl. 78 und 174 der Gerichtsakte) hierfür erteilt worden war und sie zum Zwecke der Beitragsbefreiung einen zum damaligen Zeitpunkt den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, was ein Zeuge bestätigen könne, kann weder auf eine Antragstellung noch auf eine erteilte Versicherungsbefreiung geschlossen werden, weil es noch wesentlicher, nicht belegter und belegbarer Zwischenschritte bedurft hätte, bis aus diesen Tatsachen schlüssig eine erteilte Befreiung geschlussfolgert werden könnte. Soweit die Klägerin im Klageverfahren ein Bestätigungsschreiben ihrer Lebensversicherung, der IDEAL Lebensversicherung a.G., vom 18. Mai 2009 (Bl. 99 der Gerichtsakte) übersandte, ergibt sich aus diesem vielmehr, dass im Zeitpunkt der Geltung des § 20 SVG, nämlich im Zeitraum vom 1. Juli 1990 (§ 84 SVG) bis 31. Dezember 1991 (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 2 Buchstabe b des "Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag -" vom 31. August 1990 [BGBl. II S. 889, berichtigt S. 1239]), die Kapitallebensversicherung noch gar nicht bestand. Sie begann laut diesem Schreiben erst am 1. Mai 1992. Zu diesem Zeitpunkt konnte eine Befreiung nach § 20 SVG aber nicht mehr erteilt werden, weil die Vorschrift bereits außer Kraft war. Sollte die Kapitallebensversicherung für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 229a Abs. 1 SGB VI gedient haben, ist darauf hinzuweisen, dass eine Befreiung nach dieser Vorschrift sich lediglich auf die zum damaligen Zeitpunkt ausgeübte selbständige Tätigkeit als Einzelhändlerin in einem Blumenverkaufsladen bezogen, jedoch nicht zukünftige oder weitere selbständige Tätigkeiten erfasst hätte.
Auch aus den von der Beklagten erlassenen Vormerkungs- oder vormerkungsähnlichen Bescheiden kann nicht gefolgert werden, die Klägerin sei von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden. Der, im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahren veranlasste, Feststellungsbescheid vom 24. Januar 2001 (vollständig nur auf Bl. 163 – 164 der Gerichtsakte) trifft weder eine Aussage zu einer Befreiung noch zu einer nicht bestehenden Versicherungspflicht, sondern enthält lediglich den Hinweis, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt hat. Festgestellt ist damit Nichts, weil keine positive Aussage zu einer nicht bestehenden Versicherungs- oder Beitragspflicht getroffen wird und die Aussage als solche nicht auf einer Recherche der Beklagten in den Versicherungsakten oder Versicherungsdatenbanken, sondern allein auf den Angaben der Klägerin im Kontenklärungsantrag vom 18. Mai 2000 (Bl. 6-10 der Verwaltungsakte), der bei der Beklagten am 19. Juli 2000 einging, basiert. Auch der Vormerkungsbescheid vom 16. August 2010 (Bl. 175-176 der Gerichtsakte; Versicherungsverlauf auf Bl. 118 der Gerichtsakte) trifft ebenfalls weder eine Aussage zu einer in der Vergangenheit erteilten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht noch zu einer aktuell nicht bestehenden Versicherungspflicht. Auch dieser Vormerkungsbescheid enthält lediglich die Aussage, dass "für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 25. April 1995 wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht mehr berücksichtigt werden können, weil in dieser Zeit eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt wurde und keine Pflichtbeiträge vorhanden sind". Dieser Passus beruht in tatsächlicher Hinsicht ebenfalls lediglich auf den, der Beklagten am 19. Juli 2000 bekannt gewordenen, Angaben der Klägerin, dass sie in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 als selbständige Einzelhändlerin in Vollzeit tätig war, während dieser Zeit keine Beiträge entrichtet hat und ihre Tochter N in den zehn Jahren nach deren Geburt am 1985 erzogen hat (Bl. 8 der Verwaltungsakte). In rechtlicher Hinsicht beruht der Passus auf § 57 Satz 2 SGB VI, der mit Art. 1 Nr. 11 des Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens – Altersvermögensergänzungsgesetz – vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) mit Wirkung ab 1. Januar 2002 eingeführt wurde, wonach die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung nur noch dann berücksichtigt wird, wenn bei einer während der Kindererziehung zugleich mehr als geringfügig ausgeübten Selbständigkeit diese Zeit zugleich auch eine Pflichtbeitragszeit ist. Da die Klägerin aber keine Beiträge entrichtet hatte, konnte die ursprüngliche Berücksichtigungszeit nicht mehr berücksichtigt werden. Aus der Aussage des Bescheides, dass im Beitragskonto keine Versicherungsbeiträge gespeichert sind, folgt nicht, dass keine Beitragspflicht bestanden hat, weil der Mitteilung, dass "keine Pflichtbeiträge vorhanden sind" keine positive Feststellungswirkung dergestalt zukommt, Beiträge wären nicht zu entrichten gewesen. Lücken im Versicherungsverlauf kommt positiv lediglich die Feststellungswirkung zu, dass die Frage des Versicherungsstatus nicht feststeht. Ihnen kann aber zugleich nicht auch entnommen werden, dass eine Versicherungspflicht nicht bestanden hat.
Soweit der Klägerprozessbevollmächtigte, unter Verweis auf angeblich höchstrichterliche Rechtsprechung meint, in Vormerkungsbescheiden getroffene Negativentscheidungen, mit denen die Feststellung von unter anderem Beitragszeiten abgelehnt werde, seien bindend, trifft dies nicht zu und ergibt sich auch nicht aus der mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 30. August 2001 (- B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6). Die Feststellungsbescheide vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 und die diesen Bescheiden beigefügten Versicherungsverläufe (§ 149 Abs. 3 SGB VI) treffen nur die Aussage, dass die festgestellten Zeiten als derzeit festgestellt gelten, nicht hingegen, diejenige die die Klägerin im Sinne eines Umkehrschlusses begehrt, nämlich, dass die nicht festgestellten Zeiten ebenfalls verbindlich festgestellt sind. Die Beklagte kann nur die Zeiten verbindlich feststellen, hinsichtlich derer ihr hinreichende Unterlagen vorliegen und Auskünfte erteilt werden. Im Rahmen des sog. Vormerkungsverfahrens wird lediglich auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab geklärt, ob ein bestimmter potentiell rentenrelevanter Tatbestand (Beitrags-, Anrechnungs-, Berücksichtigungs- oder Ersatzzeit) im Sinne des SGB VI nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann (BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen). Insbesondere geht es nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von "rentenrechtlichen Zeiten" für den späteren Leistungsfall; ob der Sachverhalt, der nach heutigem Recht als Tatbestand einer bestimmten rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, im späteren Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht den Tatbestand dieser rentenrechtlichen Zeit, den einer anderen Zeit oder aber keinen mehr erfüllt, wird hier nicht verbindlich geklärt (BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen). Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf eines Vormerkungsbescheids enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (§ 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Die Bescheide der Beklagten vom 24. Januar 2001 und 16. August 2010 sprechen vielmehr gegen die Behauptung der Klägerin, sie wäre nach § 20 SVG von der Versicherungspflicht befreit worden. Denn wäre dem so gewesen, hätte also die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin einen Befreiungsbescheid erlassen, dann wäre die Klägerin auch durch eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin nicht wieder versicherungspflichtig geworden (§ 231a SGB VI). Da in den Bescheiden jedoch als versicherungspflichtige Zeiten die, nach der behaupteten Befreiung liegenden, Zeiträume vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 und vom 1. August 1997 bis 31. Januar 2000 (Bl. 118 der Gerichtsakte = Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 24. Januar 2001) bzw. bis 31. Oktober 2001 (Bl. 229 der Gerichtsakte = Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 16. August 2010) jeweils als Pflichtbeitragszeiten aufgeführt sind, ergibt sich, dass eine erteilte, für alle Beschäftigungen und selbständigen Tätigkeiten wirkende Befreiung der Beklagten nicht vorgelegen haben kann.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren ein Formularschreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1998 vorlegte (Bl. 93 der Gerichtsakte), mit dem sie gebeten wurde, eines Kopie des Schreibens der Beklagten vom 1. Oktober 1998 vorzulegen, und zu dem sie hinzufügte, ihrer Erinnerung nach und der zeitlichen Zuordnung nach müsse es sich bei dem angeforderten Schreiben vom 1. Oktober 1998 um ein Schreiben bezüglich der Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund ihres Lebensversicherungsvertrages im Zusammenhang mit ihrer Selbstständigkeit gehandelt haben, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn im Oktober 1998 hätte eine Befreiung nach § 20 SVG nicht mehr erteilt werden können, da zu diesem Zeitpunkt die Vorschrift nicht mehr galt und auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 SVG ("innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit") nicht (mehr) vorgelegen hatten. Eine Befreiung nach § 229 Abs. 1 Satz 2 SGB VI oder § 231 Abs. 6 SGB VI hätte sich lediglich auf die bis 31. Dezember 1998 konkret von der Klägerin verrichtete selbständige Tätigkeit als Einzelhändlerin im Blumenverkauf, nicht aber auf sämtliche anderen und bzw. oder späteren selbständigen Tätigkeiten bezogen, so dass ein eventuell solchermaßen verstandener Bezug des Schreibens der Beklagten vom 1. Oktober 1998 keine Auswirkungen auf den anhängigen Rechtsstreit hätte. Plausibel und im zeitlichen Zusammenhang nachvollziehbar ist vielmehr, dass das Formularschreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1998 sowie das in Kopie angeforderte Schreiben vom 1. Oktober 1998 im Zusammenhang mit dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis der Klägerin als angestellte Medizinproduktberaterin bei der Firma "T " in G ab August 1997 und der daraus resultierenden erstmaligen Vergabe bzw. Übernahme einer Versicherungsnummer der Klägerin und der erstmaligen Ausstellung eines Sozialversicherungsheftes im Oktober und November 1997 gestanden hat.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren schließlich Unterlagen der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) B zur "Klärung ihres Versicherungsverhältnisses aufgrund ihrer Beschäftigung bzw. Tätigkeit bei Sanitätshaus M , Frau H K " aus dem Monat August 1998 (Bl. 129-131 der Gerichtsakte) vorlegte, beziehen sich diese ausschließlich auf das Beschäftigungsverhältnis vom 15. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 als freie Mitarbeiterin für Büroführung und Kundenakquise, welches die Klägerin neben ihrem zum damaligen Zeitpunkt noch verrichteten selbständigen Gewerbe als Einzelhändlerin im Blumenverkauf inne hatte. Den Betriebsprüfungsunterlagen der LVA B kann zu einer Befreiung nach § 20 SVG nichts entnommen werden, zumal sich die im Betrieb "Sanitätshaus M " durchgeführte Prüfung nur auf die konkreten Beschäftigungsverhältnisse der dort Beschäftigten bezogen haben kann. Denn die sozialversicherungsrechtliche Arbeitgeberprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV, die im Betrieb "Sanitätshaus M " stattfanden, dienten lediglich der Überprüfung der Sozialversicherungsverhältnisse der Beschäftigten und der damit mit den Gesamtversicherungsbeiträgen im Zusammenhang stehenden Arbeitgeberpflichten nach §§ 28a ff. SGB IV, nicht aber der Überprüfung sonstiger Versicherungspflichttatbestände dort angestellter Beschäftigter, weil die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet sind (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R - SozR 4-2400 § 22 Nr. 2 = JURIS-Dokument, RdNr. 44).
Soweit die Klägerin schließlich meint, weil bei der Beklagten die Verwaltungsakte der Klägerin für die maßgeblichen Zeiträume von 1990 bis 1998 abhandengekommen sei, müsse dies zu Lasten der Beklagten gehen und eine Beweislastumkehr dahingehend bewirken, dass nicht die Klägerin ihre Befreiung nach § 20 SVG sondern die Beklagte die nicht erteilte Befreiung nach § 20 SVG beweisen müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob tatsächlich Verwaltungsvorgänge zur Klägerin aus den Jahren 1990 bis 1998 bei der Beklagten abhandengekommen sind, zumal die Beklagte mehrfach darauf hingewiesen hat, dass erstmals zum 7. Oktober 1997 die Übernahme bzw. Vergabe einer Versicherungsnummer und zum 26. November 1997 die Ausstellung eines ersten Sozialversicherungsheftes erfolgte, wie sich aus dem Aktenstammblatt der Verwaltungsakte entnehmen lässt. Selbst wenn Verwaltungsvorgänge abhandengekommen wären, käme eine Beweislastumkehr nicht in Betracht. Eine Beweislastumkehr kommt nur für vereinzelte und bestimmte Fallgestaltungen in Betracht, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R - BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr. 6; BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 88/03 R - SozR 4-1500 § 128 Nr. 5, RdNr. 10 und 15 zur Beweiserleichterung wegen Beweisvereitelung und RdNr. 17 zur Beweislastumkehr bei Beweiserschwerung); also in Konstellationen in denen in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Versicherten wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe des Betroffenen vorliegt.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kommt vorliegend keine Beweislastumkehr in Betracht, weil die Beklagte weder die Beweisführung vereitelt noch erschwert und sich die zu beweisende Tatsache auch nicht lediglich in ihrem Bereich abgespielt hat. Denn wenn der Vortrag der Klägerin zutreffend wäre und sie von der Versicherungspflicht befreit worden wäre, dann wäre ein entsprechender Bescheid nicht nur in den Akten der Beklagten vorhanden, sondern wäre auch der Klägerin erteilt worden. Den in diesem, als wahr unterstellten Fall, nicht mehr vorhandenen Befreiungsbescheid hat die Klägerin aber selbst und in ihrem Einfluss- und Machtbereich verlegt, verloren oder anderweitig in Verlust geraten lassen. Die Beklagte hat hierauf keinen Einfluss. In einem solchen Fall, in dem beide Beteiligten ein, als wahr unterstellt ursprünglich vorhandenes, schriftliches Dokument nicht mehr vorlegen können, verbleibt es bei der normalen Beweisführungs- bzw. Feststellungslast.
Eine unzutreffende Sachbehandlung kann der Beklagten lediglich insofern, wie von dieser im Schriftsatz vom 2. Juli 2010 auch bereits eingeräumt wurde (Bl. 152 der Gerichtsakte), zur Last gelegt werden, als sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Kontenklärung, das im Juli 2000 durch den Antrag der Klägerin vom 18. Mai 2000 in Gang gesetzt wurde, auf Grund der Angaben der Klägerin zu ihrer im Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Einzelhändlerin, das Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 229a SGB VI hätte prüfen müssen und dabei möglicherweise die Klägerin auf die insoweit zu diesem Zeitpunkt noch (nämlich bis zum 30. September 2001) mögliche Befreiungsoption des § 231 Abs. 6 SGB VI hinweisen müssen. Die Befreiung nach § 231 Abs. 6 SGB VI bzw. eine über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu fingierende Befreiung nach dieser Vorschrift hätte jedoch nur für die konkrete selbständige Tätigkeit, nämlich die im Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1998 ausgeübte Tätigkeit als selbständige Einzelhändlerin im Blumenverkauf, Wirkung entfaltet. Die insoweit in Betracht kommende Befreiung von der Versicherungspflicht hat damit für den vorliegenden konkreten Sachverhalt keinerlei Bedeutung.
2. Die Klägerin unterliegt in ihrer selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und andere Sanitätshaus- und Medizinprodukte ab 1. November 2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, wobei sie in der Zeit vom 1. November 2001 bis 1. November 2004 (befristet) auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 23. Mai 2002 nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsbefreit war.
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind selbständig tätige Personen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843), novelliert durch das Gesetz zur Förderung zur Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000 S. 2), mit Wirkung zum 1. Januar 1999 eingeführt.
Sämtliche Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind erfüllt:
a) Die Klägerin beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Ausweislich der gerichtlich angeforderten und von ihr vorgelegten Lohn-, Quittungs- und Vertragsunterlagen sowie der Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung (Bl. 49-56, 63-64, 230-250, 252-253, 255-256, 258-259 der Gerichtsakte) beschäftigt sie regelmäßig lediglich geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, wie: - M S (Januar 2004 bis Mai 2004), - C W (Juni 2004 bis Oktober 2004, Dezember 2005 bis Januar 2005), - W W (März 2005 bis Juni 2005, Oktober 2005 bis Dezember 2005, Januar 2011 bis Dezember 2011), - C Z (Juli 2005 bis August 2005), - C S (Januar 2006 bis März 2006, Januar 2010 bis Januar 2013) und - N W (Januar 2009 bis Dezember 2011). Geringfügig beschäftigte Personen gelten gemäß § 9 Satz 2 SGB VI jedoch nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren mehrfach vorgetragen hat, sie habe seit April 2004 einen Arbeitnehmer in Teilzeit für Büroarbeiten und seit 1. März 2008 einen Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt, hat sie diese Behauptung nicht durch Unterlagen belegt, obwohl sie hierzu wiederholt aufgefordert wurde.
Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen geht lediglich hervor, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin teilweise, neben den nicht maßgeblich geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern, gelegentlich auch versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt hat. Es handelt sich dabei um: - den Arbeitnehmer R K , der ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lohntabellen von Juni 2011 bis Dezember 2012 regelmäßig monatlich 480 Euro (Bl. 232 der Gerichtsakte) und von Januar 2013 bis Mai 2013 regelmäßig monatlich 595 Euro verdiente (Bl. 233 der Gerichtsakte), ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Aushilfskräftearbeitsvertrages vom 5. August 2011 (Bl. 251 der Gerichtsakte) ab 1. August 2011 unbefristet als Aushilfskraft für Transportdienste mit einer Arbeitszeit von mindestens 32 Stunden im Monat angestellt war, ausweislich der von der Klägerin vorgelegten "Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gemäß § 25 DEÜV" (Bl. 254 der Gerichtsakte) mindestens vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und ausweislich des von der Klägerin vorgelegten "Lohnjournals [Jahreswerte bis einschließlich Juli 2013]" vom 31. Juli 2013 im Jahr 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 256 der Gerichtsakte) war sowie - die Arbeitnehmerin I B , die ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lohntabelle von Februar 2013 bis Mai 2013 regelmäßig monatlich 721,25 Euro verdiente (Bl. 233 der Gerichtsakte), ausweislich der von der Klägerin vorgelegten "Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gemäß § 25 DEÜV" (Bl. 257 der Gerichtsakte) vom 1. Februar 2013 bis 31. Mai 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und ausweislich des von der Klägerin vorgelegten "Lohnjournals [Jahreswerte bis einschließlich Juli 2013]" vom 31. Juli 2013 im Jahr 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 256 der Gerichtsakte) war. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der beiden vorbenannten Arbeitnehmer in der Zeit von Juni 2011 bis Mai 2013 führt jedoch nicht zu der Bewertung, die Voraussetzung des § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a) SGB VI, dass die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt" hat, liege nicht vor, weil die Beschäftigungen nur vorübergehend und nicht regelmäßig erfolgten.
Seinem Wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten Muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend". Bezogen auf das in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse oder versicherungspflichtige befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (vgl. zutreffend: SG Lübeck, Urteil vom 20. März 2009 - S 15 R 551/07 - JURIS-Dokument, RdNr. 36 mit weiteren Nachweisen aus der Kommentarliteratur). Der Sinn und Zweck des § 2 Satz 1 Nr. SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat. Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a) SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll. Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6).
Dies zu Grunde gelegt, stellt sich die versicherungspflichtige Beschäftigung zweier Arbeitnehmer durch die Klägerin von Juni 2011 bis maximal Juli 2013 (R K ) und von Februar 2013 bis Mai 2013 (I B ) nicht als regelmäßig dar, weil weder eine kontinuierliche, noch auf Dauer angelegte Beschäftigung erfolgte, weil ein Konzept der Regelhaftigkeit und immer wiederkehrenden sozialversicherungspflichtigen Anstellung nicht erkennbar ist, weil grundsätzliche und fortgesetzt beabsichtigte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nicht begründet wurden und weil sich die zweijährige Beschäftigung im Verhältnis zur Dauer der bereits ausgeübten Selbständigkeit von knapp zwölf Jahren (gerechnet ab Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im November 2001) nicht als wesentlich darstellt.
b) Die Klägerin ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Hauptauftraggeber ihrer selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte ist die Firma "m " B , W & V GmbH & Co. KG, für die sie seit 1. November 2001 auf Dauer angelegt aufgrund des Handelsvertretervertrages vom 23. Juli 2002 (Bl. 37-42 der Gerichtsakte) tätig wird. Seit 1. Februar 2006 ist die Klägerin zwar zusätzlich auch als Handelsvertreterin für orthopädische Hilfsmittel und Medizinprodukte im Auftrag der Firma "M " Deutschland GmbH auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages vom 2. Februar 2006 (Bl. 21-24 und 43-47 der Gerichtsakte) tätig. Dieser (weitere) Auftragsgeber hat für die selbständige Tätigkeit der Klägerin jedoch keine wesentliche Bedeutung.
Die Bewertung der Frage, ob der Selbständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b) SGB VI im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist, ist auf der Grundlage der erzielten Bruttoeinkünfte zu beurteilen, wobei sich eine mathematisch exakte Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze dem Gesetz nicht entnehmen lässt. Klar ist lediglich, dass das Einkommen aus der zu beurteilenden selbständigen Tätigkeit deutlich mehr als 50 Prozent des Gesamteinkommens ausmachen muss. In der Praxis wird nach dem "Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit" vom 20. Dezember1999 das Erfordernis der Wesentlichkeit als erfüllt angesehen, wenn der Selbständige mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber erzielt (NZA 2000, 190, 191; ZIP 1999, 252, 254), wobei es sich naturgemäß nur um einen Orientierungsrahmen handeln kann. Zu betrachten sind grundsätzlich die Einkünfte innerhalb eines Kalenderjahres, wobei die Einkünfte des Vorjahres sowie die voraussichtlichen Einkünfte in einer wertenden Betrachtung zu berücksichtigen sind (vgl. dazu insgesamt und der Praktikabilitätsgröße der 5/6-Bewertung zustimmend: LSG für das Saarland, Urteil vom 1. Dezember 2005 - L 1 RA 11/04 - JURIS-Dokument, RdNr. 23; Fichte in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 84 [Stand: Mai 2007]; Boecken in: Ruland/Försterling, Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 201 [Stand: Oktober 2007]; Pietrek in: Schlegel/Voelzke, JURIS-Praxiskommentar zum SGB VI, 2008, § 2, RdNr. 189; Brand, BB 1999, 1162, 1166; Oberthür/Lohr, NZA 2001, 126, 128).
Aus der gerichtlich angeforderten und von der Klägerin vorgelegten Übersicht zu den Provisionsgutschriften/Bruttobetriebseinnahmen (Bl. 261-264 der Gerichtsakte) ergibt sich, dass ihre Einkünfte aus der Tätigkeit für den zweiten Auftraggeber, die Firma "M " Deutschland GmbH, regelmäßig wesentlich weniger als ein Sechstel (= ca. 16,66 Prozent) ihrer Gesamteinkünfte ausmachen. Diese Einkünfte betrugen im Jahr 2006 lediglich 2,02 Prozent, im Jahr 2007 lediglich 1,69 Prozent, im Jahr 2008 lediglich 5,26 Prozent, im Jahr 2009 lediglich 1,1 Prozent, im Jahr 2010 lediglich 1,45 Prozent, im Jahr 2011 lediglich 5,96 Prozent, im Jahr 2012 lediglich 4,9 Prozent und im Jahr 2013 lediglich 4,44 Prozent der Gesamteinkünfte und damit regelmäßig weniger als die Hälfte eines Sechstels, also im Ergebnis sogar weniger als ein Zwölftel.
3. Auch die mit Bescheid vom 27. Oktober 2004 festgesetzte Beitragsforderung für den Zeitraum ab 2. November 2004 ist nicht zu beanstanden. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entspricht der monatliche Regelbeitrag bei selbständig Tätigen einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Eine einkommensgerechte Beitragszahlung (§ 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI) wurde von der Klägerin bislang weder beantragt, noch mit Einkommensunterlagen belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Schnell Schuler
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