Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KR 115/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 62/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.11.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die beklagte Krankenkasse dem Kläger eine Behandlung mittels Atlastherapie nach Arlen zu gewähren bzw. die dem Kläger die durch die Selbstbeschaffung dieser Behandlung entstandenen Kosten zu erstatten hat.
Bei dem am 1995 geborenen und bei der Beklagten krankenversicherten Kläger liegt eine zentrale Bewegungsstörung im Sinne einer Tetraparese, ein Zustand nach Frühgeburt mit Kaiserschnitt und eine rechtsbetonte tonische Spitzfußstellung vor. Durch Bescheid vom 09.06.1998 entschied die Beklagte über den vom Kläger gestellten Antrag auf Beteiligung an den Kosten einer vorgesehenen Behandlung in der Ambulanz für Manuelle Medizin der U-klinik C GmbH: In Betracht kämen lediglich Leistungen der Chirotherapie, Massagen und sensomotorische Entwicklungs- und Übungsbehandlungen; die Gewährung von Atlastherapie nach Arlen sowie extrakorporaler Stoßwellentherapie sei nicht möglich. Auf die vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen hin holte die Beklagte ein Gutachten des Dr. B, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 12.08.1998 ein und lehnte sodann durch Bescheid vom 15.10.1998, abgesandt am 21.10.1998, die Gewährung der Atlastherapie nach Arlen sowie extrakorporale Stoßwellenbehandlung mit der Begründung ab, dass es sich um nicht ausreichend erprobte bzw. nicht bewährte Behandlungsverfahren handele.
Dagegen legte der Kläger am 18.11.1998 Widerspruch ein, den die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 18.03.1999 zurückwies: In der vertragsärztlichen Versorgung dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erbracht werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei gemäß § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ermächtigt, Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu beschließen. Die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) sei in der Anlage B der Richtlinien aufgeführt, die die Behandlungsmaßnahmen enthalte, die als vertragsärztliche Leistung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürften. Auch die Atlastherapie könne nicht bewilligt werden, weil diese nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien ausgeschlossen sei.
Der Kläger hat am 01.04.1999 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Atlastherapie nach Arlen könne durch die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien nicht ausgeschlossen werden, weil es sich bei der von ihm begehrten Behandlungsmaßnahme um eine ärztliche Leistung handele. Die Beklagte sei verpflichtet, ihm diese Behandlungsmaßnahme künftig zu gewähren bzw. ihm entstandene Kosten zu erstatten, obwohl eine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen insoweit nicht vorliege. Es müsse davon ausgegangen werden, dass diesbezüglich ein Systemmangel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den neuen, nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden gegeben sei. Die Atlastherapie nach Arlen werde etwa von 250 Ärzten in Deutschland als Teil der manuellen Therapie zur Anwendung gebracht. Sie habe wissenschaftliche Resonanz erfahren, so dass es sich als Systemmangel darstelle, dass der Bundesausschuss sich mit dieser Behandlungsmethode nicht auseinander gesetzt habe. Es könne auch nicht entscheidend sein, dass es sich bei den Ärzten der Ambulanz für Manuelle Medizin in der U-klinik C GmbH nicht um Vertragsärzte der Beklagten handele.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 09.06.1998 und 15.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1999 zu verurteilen, ihm die für die Atlastherapie nach Arlen entstandenen Kosten zu erstatten und diese Therapie künftig zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Atlastherapie nach Arlen nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährenden Leistungen zähle.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung, hat in seinen Auskünften vom 18.10.1999 und 05.11.1999 unter anderem mitgeteilt, dass der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) vorgeschlagen habe, sich auch im Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung mit der Atlastherapie nach Arlen zu befassen. Dieser Vorschlag sei durch den Arbeitsausschuss bisher jedoch nicht als prioritäres Beratungsthema angenommen worden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. E, Department of neurology, T-klinik, A. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 22.01.2001 unter anderem ausgeführt: Der Kläger leide an den Folgen einer infantilen Cerebralparese. In den letzten Jahren habe sich die manuelle Therapie als eine Reflextherapie in dem Behandlungskonzept der Cerebralparase bei Kindern zunehmend durchgesetzt. Bei der Atlastherapie nach Arlen handele es sich um eine Verfeinerung der Reflextherapie im Bereich der oberen Halswirbelsäule. Die wissenschaftliche Erprobung sei nicht abgeschlossen, erste Studienergebnisse zugunsten der Effektivität der Atlastherapie seien unter anderem in der Zeitschrift Kinderheilkunde veröffentlicht worden. Die empirischen Erfahrungen wie auch einige Grundlagenarbeiten seien als erste Stufe der wissenschaftlichen Studien wichtig und auch haltbar.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.11.2001 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihm am 19.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.04.2002 Berufung eingelegt.
Zur Begründung bringt er vor: Bisher seien ihm aufgrund der Behandlung in der Ambulanz für Manuelle Medizin in C 25.320,83 Euro an Kosten entstanden, die sich aus den ärztlichen Behandlungskosten, Unterkunftskosten sowie Fahrtkosten zusammensetzten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihm diese Kosten zu erstatten und ihm künftig die Behandlung mittels Arlen in der Ambulanz für Manuelle Medizin der Rheintalklinik zu gewähren. Der Bundesausschuss sei dem Antrag des VdAK auf Beratung der Behandlungsmethode nach Arlen nicht nachgekommen. Dies alleine begründe ein Systemversagen. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. E ergebe sich zudem, dass die Atlastherapie nach Arlen im Begriff sei, sich als Standard bei der Behandlung von Kindern mit einer infantilen Cerebralparese durchzusetzen. Schließlich ergebe sich auch ein Anspruch unter Zugrundelegung der Entscheidungsgründe der "Off-Label-Use" Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.03.2002.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.11.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1999 zu verurteilen, 1. ihm für den Zeitraum bis September 2001 25.320,83 Euro zu erstatten, 2. ihm künftig Atlastherapie nach Arlen in der Ambulanz für Manuelle Medizin der Rheintalklinik zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung der ihm in der Vergangenheit durch die Inanspruchnahme der Atlastherapie nach Arlen entstandenen Kosten in Höhe von 25.320,83 Euro noch auf künftige Gewährung dieser Therapie.
Als Rechtsgrundlage für den Klageantrag zu 1. kommt nur § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung aufgewendeten Kosten zu erstatten. Da der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle eines an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs tritt, kann er nur bestehen, soweit die selbstbeschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, welche die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09.12.1997, Az.: 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 9; BSG Urteil vom 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Dies trifft auf die Atlastherapie nach Arlen nicht zu. Demgemäß besteht auch der vom Kläger mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Sachleistungsanspruch auf künftige Gewährung der Atlastherapie nach Arlen nicht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung unter anderem die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung. Die Atlastherapie nach Arlen zählt nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Dies folgt aus § 135 Abs. 1 SGB V i.V.m. den von dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V erlassenen Richtlinien (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V, BUB-Richtlinien, Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21.03.2000). Da die Atlastherapie nach Arlen - was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist, handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Solche neuen Methoden dürfen zu Lasten der Krankenkassen in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens abgegeben hat. Eine solche Empfehlung des Bundesausschusses liegt für den Zeitraum, in dem der Kläger in der Vergangenheit diese Therapie durch Ärzte der Ambulanz für Manuelle Medizin der U-klinik in C GmbH in Anspruch genommen hat, nicht vor. Für die Zeit ab 22.06.2002 liegt sogar eine negative Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hinsichtlich der Atlastherapie nach Arlen vor, denn durch Beschluss vom 21.06.2002 ist die oben genannte Therapie in die Anlage B, also der Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, aufgenommen worden. Bei dieser Sachlage ist eine Erbringung der Atlastherapie nach Arlen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. insoweit BSG SozR § 135 Nrn. 4, 5, 7, 12, 14). Bei den Richtlinien handelt es sich nach der neueren Rechtsprechung des BSG (grundlegend BSGE 78, 70, ferner BSG a.a.O), der der Senat folgt (siehe etwa Senatsurteil vom 08.08.2000, Az.: L 5 KR 6/00, Urteil vom 20.03.2001, L 5 KR 38/00) um untergesetzliche Rechtsnormen, die auch für die Versicherten verbindlich festlegen, welche Leistungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind. Ein Versicherter, der eine Leistung begehrt, für die eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nicht vorliegt bzw. eine Leistung verlangt, die in die Anlage B aufgenommen worden ist, hat keinen Anspruch auf die entsprechende Leistung.
Hier kommt ein Anspruch des Klägers auch nicht ausnahmsweise deshalb in Betracht, weil die fehlende Anerkennung der neuen Behandlungsmethode (Atlastherapie nach Arlen) darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden ist. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Behandlungsanspruchs in § 27 Abs. 1 SGB V. Das präventive Verbot in § 135 Abs. 1 SGB V dient allein der Qualitätssicherung; insoweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Heilmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Wird dagegen die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke muss zu Gunsten des Versicherten geschlossen werden (BSG Urteil vom 28.03.2000, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14 m.w.N). Konkrete Hinweise darauf, dass das zur Anerkennung der Atlastherapie erforderliche Verfahren vor dem Bundesausschuss aus sachfremden Erwägungen nicht zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden ist, liegen nicht vor. Der Bundesausschuss selbst hatte sich zunächst dahingehend geäußert, dass entsprechende Anträge bisher nicht gestellt worden seien. Zu einem späteren Zeitpunkt ist dann von Seiten des VdAK die Anregung geäußert worden, die entsprechende Therapie zu beraten. Dass bei den Beratungsthemen eine Rangfolge nach Dringlichkeit wie die Antwort des Bundesausschusses erkennen lässt, vorgenommen werden muss, erscheint durchaus sachdienlich. Es muss auch nicht abschließend entschieden werden, ob eine Kapazität zur Beratung von 10 Themen pro Jahr den Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man zu Gunsten des Klägers Versäumnisse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen unterstellt, begründet das keine Leistungspflicht der Beklagten. Die in diesem Falle ersatzweise vom Gericht anzustellende Prüfung (vgl. BSG Urteil vom 28.03.2000 a.a.O) führt zu dem Ergebnis, dass die Atlastherapie nach Arlen als Behandlungsmethode bislang nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
Dies ist auch im Falle des sogenannten Systemversagens erst dann der Fall, wenn die Wirksamkeit der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt ist. Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der Praxis durchgesetzt hat (BSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Atlastherapie nach Arlen nicht erfüllt. Der Sachverständige Prof. Dr. E hat in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erste Ergebnisse der durchgeführten grundlegenden Arbeiten durchaus erfolgversprechend seien. Er hat ferner dargelegt, dass in der Schweiz gerade erst eine randomisierte Studie zur Erprobung der Atlastherapie nach Arlen angelaufen sei. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Atlastherapie nach Arlen in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sei. Ein Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung des BSG kann erst angenommen werden, wenn die fragliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode das in der Regel mehrjährige Erprobungsstadium - üblicherweise an Universitätskliniken und anderen orthopädischen Zentren - "erfolgreich durchlaufen hat". Dies ist nicht der Fall.
Darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die in Anspruch genommene Therapie in der Praxis bereits durchgesetzt hat. Die Klägerseite spricht selbst davon, dass etwa 250 bis 300 Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland diese Behandlungsmethode anwenden. Das ist angesichts der Gesamtzahl praktizierender Ärzte auch auf dem hier in Rede stehenden Fachgebiet keine so große Anzahl, dass hier davon ausgegangen werden könnte, dass sich die fragliche Behandlungsmethode in der Praxis bereits durchgesetzt habe.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch aus der "Off-Label- Use"-Entscheidung des BSG vom 19.03.2002 (B 1 KR 37/00 R) nichts anderes. Diese betraf eine völlig andere Fallkonstellation, nämlich die Frage, inwieweit eine Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen bei einer Behandlung mit Arzneimitteln ausserhalb des Anwendungsgebiets der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung besteht.
Da die Atlastherapie nach Arlen nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen zählt, kommt auch eine Gewährung von mit dieser Behandlung in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen (Fahrtkosten, Unterkunftskosten usw.) nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die beklagte Krankenkasse dem Kläger eine Behandlung mittels Atlastherapie nach Arlen zu gewähren bzw. die dem Kläger die durch die Selbstbeschaffung dieser Behandlung entstandenen Kosten zu erstatten hat.
Bei dem am 1995 geborenen und bei der Beklagten krankenversicherten Kläger liegt eine zentrale Bewegungsstörung im Sinne einer Tetraparese, ein Zustand nach Frühgeburt mit Kaiserschnitt und eine rechtsbetonte tonische Spitzfußstellung vor. Durch Bescheid vom 09.06.1998 entschied die Beklagte über den vom Kläger gestellten Antrag auf Beteiligung an den Kosten einer vorgesehenen Behandlung in der Ambulanz für Manuelle Medizin der U-klinik C GmbH: In Betracht kämen lediglich Leistungen der Chirotherapie, Massagen und sensomotorische Entwicklungs- und Übungsbehandlungen; die Gewährung von Atlastherapie nach Arlen sowie extrakorporaler Stoßwellentherapie sei nicht möglich. Auf die vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen hin holte die Beklagte ein Gutachten des Dr. B, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 12.08.1998 ein und lehnte sodann durch Bescheid vom 15.10.1998, abgesandt am 21.10.1998, die Gewährung der Atlastherapie nach Arlen sowie extrakorporale Stoßwellenbehandlung mit der Begründung ab, dass es sich um nicht ausreichend erprobte bzw. nicht bewährte Behandlungsverfahren handele.
Dagegen legte der Kläger am 18.11.1998 Widerspruch ein, den die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 18.03.1999 zurückwies: In der vertragsärztlichen Versorgung dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erbracht werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei gemäß § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ermächtigt, Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu beschließen. Die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) sei in der Anlage B der Richtlinien aufgeführt, die die Behandlungsmaßnahmen enthalte, die als vertragsärztliche Leistung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürften. Auch die Atlastherapie könne nicht bewilligt werden, weil diese nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien ausgeschlossen sei.
Der Kläger hat am 01.04.1999 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Atlastherapie nach Arlen könne durch die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien nicht ausgeschlossen werden, weil es sich bei der von ihm begehrten Behandlungsmaßnahme um eine ärztliche Leistung handele. Die Beklagte sei verpflichtet, ihm diese Behandlungsmaßnahme künftig zu gewähren bzw. ihm entstandene Kosten zu erstatten, obwohl eine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen insoweit nicht vorliege. Es müsse davon ausgegangen werden, dass diesbezüglich ein Systemmangel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den neuen, nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden gegeben sei. Die Atlastherapie nach Arlen werde etwa von 250 Ärzten in Deutschland als Teil der manuellen Therapie zur Anwendung gebracht. Sie habe wissenschaftliche Resonanz erfahren, so dass es sich als Systemmangel darstelle, dass der Bundesausschuss sich mit dieser Behandlungsmethode nicht auseinander gesetzt habe. Es könne auch nicht entscheidend sein, dass es sich bei den Ärzten der Ambulanz für Manuelle Medizin in der U-klinik C GmbH nicht um Vertragsärzte der Beklagten handele.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 09.06.1998 und 15.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1999 zu verurteilen, ihm die für die Atlastherapie nach Arlen entstandenen Kosten zu erstatten und diese Therapie künftig zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Atlastherapie nach Arlen nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährenden Leistungen zähle.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung, hat in seinen Auskünften vom 18.10.1999 und 05.11.1999 unter anderem mitgeteilt, dass der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) vorgeschlagen habe, sich auch im Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung mit der Atlastherapie nach Arlen zu befassen. Dieser Vorschlag sei durch den Arbeitsausschuss bisher jedoch nicht als prioritäres Beratungsthema angenommen worden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. E, Department of neurology, T-klinik, A. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 22.01.2001 unter anderem ausgeführt: Der Kläger leide an den Folgen einer infantilen Cerebralparese. In den letzten Jahren habe sich die manuelle Therapie als eine Reflextherapie in dem Behandlungskonzept der Cerebralparase bei Kindern zunehmend durchgesetzt. Bei der Atlastherapie nach Arlen handele es sich um eine Verfeinerung der Reflextherapie im Bereich der oberen Halswirbelsäule. Die wissenschaftliche Erprobung sei nicht abgeschlossen, erste Studienergebnisse zugunsten der Effektivität der Atlastherapie seien unter anderem in der Zeitschrift Kinderheilkunde veröffentlicht worden. Die empirischen Erfahrungen wie auch einige Grundlagenarbeiten seien als erste Stufe der wissenschaftlichen Studien wichtig und auch haltbar.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.11.2001 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihm am 19.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.04.2002 Berufung eingelegt.
Zur Begründung bringt er vor: Bisher seien ihm aufgrund der Behandlung in der Ambulanz für Manuelle Medizin in C 25.320,83 Euro an Kosten entstanden, die sich aus den ärztlichen Behandlungskosten, Unterkunftskosten sowie Fahrtkosten zusammensetzten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihm diese Kosten zu erstatten und ihm künftig die Behandlung mittels Arlen in der Ambulanz für Manuelle Medizin der Rheintalklinik zu gewähren. Der Bundesausschuss sei dem Antrag des VdAK auf Beratung der Behandlungsmethode nach Arlen nicht nachgekommen. Dies alleine begründe ein Systemversagen. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. E ergebe sich zudem, dass die Atlastherapie nach Arlen im Begriff sei, sich als Standard bei der Behandlung von Kindern mit einer infantilen Cerebralparese durchzusetzen. Schließlich ergebe sich auch ein Anspruch unter Zugrundelegung der Entscheidungsgründe der "Off-Label-Use" Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.03.2002.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.11.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1999 zu verurteilen, 1. ihm für den Zeitraum bis September 2001 25.320,83 Euro zu erstatten, 2. ihm künftig Atlastherapie nach Arlen in der Ambulanz für Manuelle Medizin der Rheintalklinik zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung der ihm in der Vergangenheit durch die Inanspruchnahme der Atlastherapie nach Arlen entstandenen Kosten in Höhe von 25.320,83 Euro noch auf künftige Gewährung dieser Therapie.
Als Rechtsgrundlage für den Klageantrag zu 1. kommt nur § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung aufgewendeten Kosten zu erstatten. Da der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle eines an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs tritt, kann er nur bestehen, soweit die selbstbeschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, welche die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09.12.1997, Az.: 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 9; BSG Urteil vom 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Dies trifft auf die Atlastherapie nach Arlen nicht zu. Demgemäß besteht auch der vom Kläger mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Sachleistungsanspruch auf künftige Gewährung der Atlastherapie nach Arlen nicht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung unter anderem die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung. Die Atlastherapie nach Arlen zählt nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Dies folgt aus § 135 Abs. 1 SGB V i.V.m. den von dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V erlassenen Richtlinien (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V, BUB-Richtlinien, Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21.03.2000). Da die Atlastherapie nach Arlen - was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist, handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Solche neuen Methoden dürfen zu Lasten der Krankenkassen in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens abgegeben hat. Eine solche Empfehlung des Bundesausschusses liegt für den Zeitraum, in dem der Kläger in der Vergangenheit diese Therapie durch Ärzte der Ambulanz für Manuelle Medizin der U-klinik in C GmbH in Anspruch genommen hat, nicht vor. Für die Zeit ab 22.06.2002 liegt sogar eine negative Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hinsichtlich der Atlastherapie nach Arlen vor, denn durch Beschluss vom 21.06.2002 ist die oben genannte Therapie in die Anlage B, also der Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, aufgenommen worden. Bei dieser Sachlage ist eine Erbringung der Atlastherapie nach Arlen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. insoweit BSG SozR § 135 Nrn. 4, 5, 7, 12, 14). Bei den Richtlinien handelt es sich nach der neueren Rechtsprechung des BSG (grundlegend BSGE 78, 70, ferner BSG a.a.O), der der Senat folgt (siehe etwa Senatsurteil vom 08.08.2000, Az.: L 5 KR 6/00, Urteil vom 20.03.2001, L 5 KR 38/00) um untergesetzliche Rechtsnormen, die auch für die Versicherten verbindlich festlegen, welche Leistungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind. Ein Versicherter, der eine Leistung begehrt, für die eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nicht vorliegt bzw. eine Leistung verlangt, die in die Anlage B aufgenommen worden ist, hat keinen Anspruch auf die entsprechende Leistung.
Hier kommt ein Anspruch des Klägers auch nicht ausnahmsweise deshalb in Betracht, weil die fehlende Anerkennung der neuen Behandlungsmethode (Atlastherapie nach Arlen) darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden ist. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Behandlungsanspruchs in § 27 Abs. 1 SGB V. Das präventive Verbot in § 135 Abs. 1 SGB V dient allein der Qualitätssicherung; insoweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Heilmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Wird dagegen die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke muss zu Gunsten des Versicherten geschlossen werden (BSG Urteil vom 28.03.2000, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14 m.w.N). Konkrete Hinweise darauf, dass das zur Anerkennung der Atlastherapie erforderliche Verfahren vor dem Bundesausschuss aus sachfremden Erwägungen nicht zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden ist, liegen nicht vor. Der Bundesausschuss selbst hatte sich zunächst dahingehend geäußert, dass entsprechende Anträge bisher nicht gestellt worden seien. Zu einem späteren Zeitpunkt ist dann von Seiten des VdAK die Anregung geäußert worden, die entsprechende Therapie zu beraten. Dass bei den Beratungsthemen eine Rangfolge nach Dringlichkeit wie die Antwort des Bundesausschusses erkennen lässt, vorgenommen werden muss, erscheint durchaus sachdienlich. Es muss auch nicht abschließend entschieden werden, ob eine Kapazität zur Beratung von 10 Themen pro Jahr den Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man zu Gunsten des Klägers Versäumnisse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen unterstellt, begründet das keine Leistungspflicht der Beklagten. Die in diesem Falle ersatzweise vom Gericht anzustellende Prüfung (vgl. BSG Urteil vom 28.03.2000 a.a.O) führt zu dem Ergebnis, dass die Atlastherapie nach Arlen als Behandlungsmethode bislang nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
Dies ist auch im Falle des sogenannten Systemversagens erst dann der Fall, wenn die Wirksamkeit der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt ist. Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der Praxis durchgesetzt hat (BSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Atlastherapie nach Arlen nicht erfüllt. Der Sachverständige Prof. Dr. E hat in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erste Ergebnisse der durchgeführten grundlegenden Arbeiten durchaus erfolgversprechend seien. Er hat ferner dargelegt, dass in der Schweiz gerade erst eine randomisierte Studie zur Erprobung der Atlastherapie nach Arlen angelaufen sei. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Atlastherapie nach Arlen in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sei. Ein Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung des BSG kann erst angenommen werden, wenn die fragliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode das in der Regel mehrjährige Erprobungsstadium - üblicherweise an Universitätskliniken und anderen orthopädischen Zentren - "erfolgreich durchlaufen hat". Dies ist nicht der Fall.
Darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die in Anspruch genommene Therapie in der Praxis bereits durchgesetzt hat. Die Klägerseite spricht selbst davon, dass etwa 250 bis 300 Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland diese Behandlungsmethode anwenden. Das ist angesichts der Gesamtzahl praktizierender Ärzte auch auf dem hier in Rede stehenden Fachgebiet keine so große Anzahl, dass hier davon ausgegangen werden könnte, dass sich die fragliche Behandlungsmethode in der Praxis bereits durchgesetzt habe.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch aus der "Off-Label- Use"-Entscheidung des BSG vom 19.03.2002 (B 1 KR 37/00 R) nichts anderes. Diese betraf eine völlig andere Fallkonstellation, nämlich die Frage, inwieweit eine Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen bei einer Behandlung mit Arzneimitteln ausserhalb des Anwendungsgebiets der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung besteht.
Da die Atlastherapie nach Arlen nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen zählt, kommt auch eine Gewährung von mit dieser Behandlung in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen (Fahrtkosten, Unterkunftskosten usw.) nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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